Star Wars™  - Rogue One - Alexander Freed - E-Book

Star Wars™ - Rogue One E-Book

Alexander Freed

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Beschreibung

Während der finstere Schatten des Imperiums auf immer weitere Teile der Galaxis fällt, machen beunruhigende Gerüchte die Runde. Die Rebellion hat Kenntnis von einer finsteren Verschwörung des Imperiums, die das alleinige Ziel verfolgt, sämtliche Welten des Universums zu unterjochen. Weit vom Imperium beherrschten Raum nähert sich der Bau einer Raumstation von unvorstellbarer Zerstörungskraft angeblich zusehends seiner Fertigstellung – und das Schicksal des Universums liegt allein in den Händen einer Rebellengruppe …

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Seitenzahl: 552

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Alexander Freed

ROGUE ONE

Der Roman zum Film

Nach einer Story von John Knoll und Gary Whitta

Basierend auf dem Drehbuch vonChris Weitz und Tony Gilroy

Deutsch von Andreas Kasprzak

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen. 

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel »Star Wars™: Rogue One. A Star Wars Story« bei Del Rey, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York.

1. Auflage

Copyright der Originalausgabe

Copyright © 2016 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2017 by Penhaligon in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Rainer Michael Rahn

Umschlaggestaltung: Isabelle Hirtz, Inkcraft, nach einer Originalvorlage

Cover Art Copyright: © 2016 Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated. All rights reserved.

JvN · Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-20447-1V002www.penhaligon.de

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Prolog

Galen Erso war kein guter Farmer. Das war nur einer seiner vielen Fehler, aber auch der Grund, warum er noch lebte.

Ein Mann mit vielfältigeren Talenten – ein anderer Galen, ein Galen, der wüsste, wie man Feldfrüchte in der Erde einer fremden Welt zum Gedeihen brachte, der in der Lage wäre, einen Baum auf Fäulnis zu überprüfen, ohne die Rinde abzukratzen – wäre schnell der Langeweile anheimgefallen. Sein Geist wäre auf den Feldern nicht ausgelastet gewesen und hätte sich Dingen zugewandt, denen er abgeschworen hatte. Ein solcher Galen wäre – bewusst oder durch simple Gewohnheit – zu der Arbeit zurückgekehrt, die ihn überhaupt erst ins Exil getrieben hatte. Er hätte in die Herzen von Sternen gestarrt und Theorien von kosmischer Tragweite aufgestellt.

Und früher oder später hätte er Aufmerksamkeit erregt. Seine Besessenheit wäre sein Ende gewesen.

Doch ein talentloser Farmer konnte es sich nicht leisten, seine Gedanken schweifen zu lassen, und so hatte der echte Galen – der Galen, der in der Realität existierte und nicht in diesen müßigen Fantasien – kein Problem, seine Tage auf Lah’mu zu füllen, ohne dieser Versuchung zu erliegen. Er nahm Bakterienproben von Felsen, die einst Teil prähistorischer Vulkane gewesen waren; er untersuchte voller Bewunderung das immergrüne Moos und Gras und Unkraut, das aus jeder Oberfläche zu sprießen schien; er erforschte die endlosen Hügel seiner neuen Heimat; und er war dankbar, dass er seine neue Tätigkeit erst noch meistern musste.

Galen setzte diese Gedanken zusammen wie die Elemente einer Gleichung, während er aus dem Fenster blickte, vorbei an den geraden Reihen aufkeimenden Getreides hin zum schwarzen Sand des Strands. Ein kleines Mädchen spielte dort und schickte ihren Spielzeugsoldaten in der Nähe des Getreides auf Abenteuer.

»Gräbt sie schon wieder Löcher? Ich habe ihr ganz sicher nicht das Wort Raubbau beigebracht, aber falls sie so weitermacht, werden wir nächstes Jahr verhungern.«

Die Worte durchdrangen Galens Konzentration nur mit Verzögerung. Als sie zu ihm durchgesickert waren, lächelte er und schüttelte den Kopf. »Die Erntedroiden werden die Löcher schon wieder zuschütten. Lass sie nur machen.«

»Oh, ich hatte nicht vor, etwas zu unternehmen. Du bist dran.«

Er drehte sich um, und Lyras Lippen verzogen sich zu einem Schmunzeln. Sie hatte das Lächeln schnell wieder gelernt, nachdem sie Coruscant verlassen hatten.

Er setzte zu einer Entgegnung an, da ließ ein Grollen den Himmel erbeben, aber es war kein Donner. Ein Teil von Galens Verstand konzentrierte sich ganz auf seine Frau vor ihm und seine Tochter draußen am Strand; der Rest analysierte die Situation mit mechanischer Präzision. Er setzte sich in Bewegung, ohne bewusst mit seinen Gliedmaßen zu kommunizieren, schob sich an Lyra und dem überfüllten Küchentisch und dem abgewetzten Sofa vorbei, das nach altem Rasierwasser roch, dann durch die Tür und zu einem Gerät, das aussah, als wäre es auf den Schrottplätzen einer Maschinenzivilisation entstanden – eine Ansammlung rissiger Bildschirme und loser Drähte, welche nur darauf wartete, den Geist aufzugeben. Galen stellte einen Regler ein und betrachtete die Darstellung auf einem der Schirme.

Ein Shuttle ging über seiner Farm nieder.

Genauer gesagt, ein T-3c der Delta-Klasse, ganz aus nacktem Metall und scharfen Kanten bestehend. Er führte aktive Scans der Landschaft durch, während er seine breiten Flügel für die Landung einklappte und seine Sublichttriebwerke ihren Schub drosselten. Galen musterte die Datenwiedergabe neben dem Bild und versuchte, sich die Angaben einzuprägen – nicht etwa, weil es nützlich sein konnte, sondern um sich abzulenken, um einen Moment lang nicht über die Bedeutung dessen nachdenken zu müssen, was er sah.

Er schloss die Augen und gab sich drei Sekunden. Drei, zwei, eins.

Zeit zu akzeptieren, dass das Leben seiner Familie auf Lah’mu vorbei war.

»Lyra«, sagte Galen. Er nahm an, dass sie in der Nähe war, blickte aber nicht auf, um sich zu vergewissern.

»Ist er es?«, fragte sie. Sie klang furchtlos, was ihm mehr Angst machte als alles andere.

»Ich weiß es nicht. Aber wir müssen …«

»Ich fange gleich an«, erklärte sie.

Er nickte, behielt den Blick aber auch jetzt auf die Konsole gerichtet.

Galen neigte nicht zur Panik. Er wusste, was getan werden musste, hatte es immer wieder geübt, an den seltenen Tagen, wenn die Farm sich um sich selbst kümmerte, oder in den nicht ganz so seltenen Nächten, wenn er nicht schlafen konnte. Diese Vorbereitungen waren die einzige Obsession, die er sich gestattet hatte. Er wirbelte zu einer anderen Maschine herum, tippte einen Code ein und riss mit schnellen Bewegungen eine Reihe Kabel von der Wand. In seinem Kopf begann nun ein weiterer Countdown; falls die Datenlöschung in fünf Minuten noch nicht abgeschlossen wäre, würde er das Terminal mit eigenen Händen zerstören.

Er hörte Schritte vor der Eingangstür, schnell und leicht, und als er den Kopf drehte, sah er, wie Jyn hereinhuschte, das braune Haar matt, das Gesicht von Schmutz verschmiert. Ihr Spielzeug hatten sie draußen im Feld gelassen. Galen spürte einen unerwarteten Stich, und so absurd es war, er sorgte sich, dass der Verlust von Stormy ihr zusetzen würde, wenn sie die Farm hinter sich gelassen hätten.

»Mama …«

Lyra trat von dem Bündel mit Kleidern, Datenblöcken und Feldrationen zurück, das sie zusammengeschnürt hatte, und kniete sich vor das Mädchen, dessen bleiche, schmale Züge ihren eigenen so sehr glichen. »Wir wissen es. Alles ist gut.«

Galen trat zu den beiden hinüber, wartete, bis seine Tochter zu ihm aufblickte, und sagte dann mit leiser, aber ernster Stimme: »Pack deine Sachen zusammen, Jyn. Es ist Zeit.«

Sie verstand natürlich, was los war. Sie verstand immer, wenn etwas Wichtiges geschah. Aber Galen hatte jetzt keine Zeit, stolz zu sein.

Während Jyn in ihr Zimmer sprintete, wandte er sich wieder seinen Maschinen zu. Die Datenlöschung war noch nicht abgeschlossen. Es gab noch andere Dateien, um die er sich ebenfalls kümmern musste; Dateien, die er eigentlich schon auf Coruscant hätte löschen sollen, aber nach Lah’mu mitgebracht hatte. (Warum hatte er das getan? Aus Nostalgie? Aus Eitelkeit?) Er öffnete eine Schublade mit Droiden-Ersatzteilen und nahm den Arm einer Ernteeinheit heraus, dann klappte er ein kleines Fach auf, schob die Fingerspitzen zwischen die Drähte und zog den Datenchip hervor.

»Reiche mir bitte den Zerhacker«, sagte er.

Lyra reichte ihm die Metallkugel, die in etwa so groß war wie seine Handfläche. Galen steckte den Datenchip in das Gerät und drückte den Schalter, bevor er es sich anders überlegen konnte. Die Kugel erhitzte sich, und ein Geruch wie von verbranntem Haar ging davon aus, als er sie mit dem Arm zurück in die Schublade warf. Ein kalter Knoten bildete sich in seinem Magen.

»Falls du noch mehr hast, beeil dich.« Lyras Ton klang angespannt. An der Sensorkonsole hatte ein Licht zu blinken begonnen.

»Gib das Signal und nimm Jyn«, wies er sie an. »Ich kümmere mich hier um den Rest.«

Lyra, die gerade noch einmal den Inhalt des Bündels durchgegangen war, hielt abrupt inne. »Das war nicht der Plan, Galen.«

»Ich komme nach.«

»Wir gehen alle zusammen.«

Ihre Augen blieben hart. Bitte, lächle, dachte er.

»Ich muss euch mehr Zeit verschaffen«, erklärte er.

Das Sensorlämpchen erlosch, aber Galen bezweifelte, dass es eine Fehlfunktion war.

Lyra starrte ihn nur weiter an.

»Ich bin der Einzige, der sie aufhalten kann«, sagte er.

An diesem Argument gab es nichts zu rütteln, und Lyra versuchte es auch gar nicht. Sie trat in die Küche und tippte das Komm an, während Galen zu Jyns Zimmer eilte. So hörte er nur ihre ersten Worte: »Saw – es ist so weit. Er hat uns gefunden.«

Jyn hatte sich über ihren ausgebeulten Rucksack gebeugt, als er eintrat. Sein Blick huschte über die Einrichtung des winzigen Zimmers: das Bett, der Schrank. Viele Versteckmöglichkeiten. Genug, um ihnen ein paar zusätzliche Minuten zu erkaufen. Er schob eine Puppe unter das Bett und ging dann zur Tür zurück.

»Jyn, komm her.«

Was sollte er ihr sagen? Welchen Eindruck wollte er bei ihr hinterlassen, sollte das hier in einem Desaster enden.

»Vergiss nie …« Er sprach bewusst langsam, wollte, dass sich ihr jedes Wort einprägte. »Was immer ich tue, ich tue es, um dich zu schützen. Verstehst du?«

»Ich verstehe«, sagte sie.

Nur dass sie es diesmal natürlich nicht verstand. Welche Achtjährige könnte das schon? Galen hörte seine eigene Torheit, sein eigenes Ego in ihrer Stimme widerhallen. Er nahm sie in die Arme, drückte ihren schlanken, warmen Körper an sich und beschloss, dass es eine bessere Erinnerung gab, die er ihr hinterlassen wollte.

»Ich liebe dich, Sternenstaub.«

»Ich hab dich auch lieb, Papa.«

Das musste reichen.

Er blickte zu seiner Frau hinüber, die wartend im Wohnzimmer stand. »Galen«, begann sie, und jegliche Härte war aus ihrem Gesicht verschwunden.

»Geht«, sagte er.

Und sie ging, wobei sie Jyn neben sich herführte. Galen gestattete sich den Luxus, ihnen nachzublicken. Er hörte, wie seine Tochter ein verwirrtes »Papa?« ausstieß, dann waren sie aus dem Haus, und er machte sich wieder an die Arbeit.

Er sammelte einige Gegenstände ein – weitere Spielsachen, Lyras Kleider, ungewaschenes Geschirr aus der Küche – und verstaute sie in einer Nische, die er und Lyra schon vor Langem vorbereitet hatten. Anschließend sah er nach, wie es mit Datenlöschung stand – noch immer nicht abgeschlossen –, und er widmete sich wieder seinem mentalen Countdown: Er war bereits ein paar Sekunden über der Fünf-Minuten-Marke. Nun, zumindest würde ihm nicht langweilig werden, während er auf seine Besucher wartete.

Als Galen gedämpfte Stimmen vor dem Farmhaus hörte, quoll beißender Rauch aus den geschmolzenen Schaltkreisen der beiden selbstgebauten Datenverarbeitungsterminals. Er trat durch die Vordertür nach draußen, um die Neuankömmlinge unter dem wolkenbedeckten Himmel zu begrüßen.

Ein Trupp Soldaten in grellem Weiß und tiefem Schwarz näherte sich dem Haus. Ihr Anführer war ein Mann in Galens Alter, gekleidet in die makellose, elfenbeinfarbene Uniform eines Offiziers, den Kopf hoch erhoben, seine Bewegungen steif. Die Brise zerrte an dem sandbraunen Haar unter seiner Kappe. Seine Begleiter trugen ihre schwarzen Rüstungen, wie ein Käfer seinen Panzer trägt, und sie hielten ihre Waffen erhoben, als wären sie auf einen Kampf vorbereitet. Ihre Füße berührten den Boden, wenn der Fuß ihres Anführers den Boden berührte; sie hatten sich perfekt seinem Tempo angepasst, schienen nichts weiter zu sein als eine Erweiterung ihres Vorgesetzten.

Der Mann in Weiß blieb keine drei Meter entfernt stehen. »Du bist nicht leicht zu finden, Galen«, sagte er mit dem Ansatz eines Lächelns.

»Genau das war die Absicht.« Galen erwiderte das Lächeln nicht, obwohl er am liebsten gegrinst hätte. Wie leicht wäre es, die Farm und den Himmel auszublenden, die Soldaten in den Hintergrund zu rücken und das Bild eines Büros auf Coruscant heraufzubeschwören – sich einzureden, dass dies nur ein verbaler Schlagabtausch mit seinem alten Freund und Kollegen Orson Krennic wäre, so wie in alten Tagen.

Doch Nostalgie änderte nichts an der Situation, und Orson wusste das ebenfalls.

Er zupfte an seinen Handschuhen, während er übertrieben auffällig den Hals reckte und die Felder ringsum betrachtete. »Aber ein Leben als Farmer? Was für eine Verschwendung deiner Talente.«

»Es ist ein friedliches Leben«, erwiderte Galen.

»Und einsam, könnte ich mir vorstellen.«

Diese Worte reichten, um Krennics Absichten und Ziele offensichtlich zu machen. Galen hatte mit nichts anderem gerechnet.

»Seit Lyras Tod ist es einsam, ja.«

Orsons Mundwinkel zuckten, als wäre er verwirrt. »Mein aufrichtiges Beileid«, erklärte er, dann fuhr er mit einer Geste in Richtung seiner Soldaten fort: »Durchsucht das Haus. Schaltet alle Maschinen ab – die Techniker sollen sie untersuchen.«

Vier der Soldaten gingen gehorsam und mit weiten Schritten auf den Eingang zu. Galen trat beiseite, um sie durchzulassen.

»Ich hoffe doch, du hast uns keine Fallen gestellt«, wandte sich Orson wieder an ihn. »Nichts, was einen Patrioten bei der Erfüllung seiner Pflicht behindern würde.«

»Nein.«

»Nein«, nickte Orson. »Das fand ich schon immer so erfrischend an dir. Deine Beständigkeit. Galen Erso ist ein ehrlicher Mensch, ungeachtet der Situation oder der Umstände.«

Hinter Galen riefen die Soldaten einander im Inneren des Hauses zu, und er unterdrückte den Impuls, sich umzudrehen. »Tatsächlich? Vielleicht. Aber ich bin trotzdem nur ein Mensch.«

Orson erkannte das Argument mit ausgebreiteten Händen an. Er trat vor, um sich zu seinen Leuten zu gesellen, blieb dann aber wieder stehen. »Wann ist sie gestorben?«, fragte er.

»Vor zwei, drei Jahren glaube ich. Es ist alles ein wenig verschwommen.«

»Sie war eine wundervolle Frau. Stark. Ich weiß, du hast sie sehr geliebt.«

»Was willst du?«

Die Frage war ein Fehler. Galen musste sich zusammenreißen, um nicht das Gesicht zu verzerren, als er die Anspannung in seiner Stimme hörte. Je länger er Orson hinhielt, desto mehr Zeit hatten Lyra und Jyn, um zu fliehen. Doch stattdessen hatte er die Geduld verloren.

Krennic antwortete mit der unverblümten Ehrlichkeit eines Mannes, der des Wartens überdrüssig wurde. »Das Projekt steckt fest, Galen. Ich möchte, dass du zurückkommst.«

»Ich habe volles Vertrauen, dass du und deine Leute eine Lösung finden werdet.«

»Nein, hast du nicht«, schnappte Orson. »Du warst nie der bescheidene Typ.«

»Und du hast zu wenig Vertrauen in deine eigenen Fähigkeiten«, erwiderte Galen leichtfertig. »Das habe ich dir schon gesagt, als wir fast noch Kinder waren. Alles, was ich getan habe, hättest du auch tun können. Aber du hast dich nur oberflächlich an der Wissenschaft versucht. Dir war es lieber, Leute zu dirigieren, als Theorien zu formulieren. Ich habe deine Entscheidung immer respektiert, aber du solltest dich nicht unterschätzen.«

Jedes Wort davon stimmte, und ebenso wie Galens aufreizend ruhiger, beifälliger Ton waren sie alle sorgfältig gewählt, um Orson zu verletzen, an seiner alten Verunsicherung zu rühren. Er hatte keine Angst vor Krennics Wut. Was ihm Angst machte, waren Konzentration, Effizienz, Schnelligkeit – nicht unkontrollierter Zorn.

Orson setzte ein gezwungenes Lächeln auf, das eher an eine Grimasse erinnerte. »Du wirst mit mir zurückkommen.«

So viel dazu. Galen straffte die Schultern. »Nein. Ich gehöre hierher.«

»Um was zu tun? Mit einer Schaufel im Dreck zu graben? Wir standen vor einem gewaltigen Durchbruch, Galen. Wir waren so nahe dran, der Galaxis Frieden und Sicherheit zu bringen.«

Hinter Galen erklang das Geräusch zersplitternden Glases, als die Soldaten ihre Durchsuchung fortsetzten. In Gedanken listete er alles an Geschirr, Gläsern und Vasen auf, was sie besaßen, brach dann aber seine Überlegung ab. Nichts, was sich noch in dem Haus befand, war wichtig.

»Du verwechselst Frieden mit Terror. Außerdem hast du mich belogen, was das Ziel des Projekts angeht.«

»Nur weil du es glauben wolltest.«

»Du willst Leute damit umbringen.«

Unbeeindruckt von dem Argument, zog Orson die Schultern hoch. »Irgendwo müssen wir anfangen.«

Beinahe hätte Galen gelacht. Er erinnerte sich noch an die Zeit, als er mit Orson lachen konnte, anstatt von hohlem Trotz erfüllt zu werden.

Knackende Geräusche drangen aus dem Haus: Möbel, die auf der Suche nach Verstecken zertrümmert wurden. Nicht mehr lange, und Krennic würde seinen Beweis haben.

»Ich wäre dir keine Hilfe.« Mach ihn wütend. Sorg dafür, dass er sich auf dich konzentriert. »Mein Verstand ist nicht mehr, was er mal war.« Mehr konnte er nicht mehr tun: reden, Orson verärgern, um ein paar Sekunden mehr zu erkaufen, ein paar wertvolle Momente für Lyra und Jyn. »Zuerst dachte ich, es wäre nur die Arbeit. Manchmal lag ich nachts wach und dachte über die alten Gleichungen und Theoreme nach, aber irgendwann konnte ich sie nicht länger im Kopf behalten. Ich habe es auf die Erschöpfung geschoben, darauf, dass ich nicht länger meinen Intellekt schärfe …« Er schüttelte den Kopf. »Aber es ist mehr als das. Heutzutage kann ich mich oft nicht mal mehr an die einfachsten Dinge erinnern.«

Orson verschränkte die behandschuhten Finger, und grausame Belustigung funkelte in seinen Augen. »An dein Kind, zum Beispiel? Galen, du bist ein hervorragender Wissenschaftler, aber ein lausiger Lügner.«

Krennic musste nicht warten, bis seine Soldaten ein zusätzliches Bett meldeten, oder ein Spielzeug, das sie draußen bei den Feldern gefunden hatten. Er wusste, dass Galens Familie hier auf Lah’mu war, und es gab nichts, was Erso tun konnte, um ihn hinzuhalten.

Er betete, dass Lyra mehr Erfolg beschieden war. Sie hatte ihn noch nie enttäuscht.

Dann schob er auch diesen Gedanken beiseite, um daran zu denken, wie er seine Tochter in die Arme genommen hatte.

Lyra rannte, die Finger um das zierliche Handgelenk ihrer Tochter geschlossen. Sie zog das Mädchen grob neben sich her, hörte, wie es vor Schmerz wimmerte, spürte, wie es immer wieder stolperte. Nur zu gern hätte sie Jyn auf den Arm genommen, an ihre Brust gepresst und über die Felsen getragen.

Doch sie konnte nicht gleichzeitig ihre Tochter tragen und sich tief genug bücken, um zwischen den Hügeln verborgen zu bleiben. Sie konnte nicht weitere fünfundzwanzig Kilogramm zu dem Gewicht der Vorräte auf ihrem Rücken hinzufügen und ihr Tempo aufrechthalten. Lyra liebte Jyn, aber Liebe würde sie an diesem Tag nicht retten.

Sie war schon immer die praktisch Denkende in der Familie gewesen.

Warum hast du uns nur weggeschickt, Galen, dachte sie.

Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr, und sie wirbelte herum und warf sich gemeinsam mit Jyn auf den feuchten Boden, um nachzusehen, ob es nur der Wind war. Ihr Bauch schmerzte vom Rennen, und die kühle Erde fühlte sich gut an ihrem Körper an, aber ihre Stirn prickelte vor Schweiß und Furcht, während sie zwischen den Felsen hindurchlinste. Ein halbes Dutzend Gestalten: schwarz uniformierte, imperiale Soldaten, angeführt von einem Offizier in Weiß, die sich rasch der Farm näherten.

Und nicht nur irgendein Offizier – es war Orson Krennic, der die Todesschwadron zu dem Gebäude führte. Zu Galen.

»Mama …«, flüsterte Jyn, wobei sie an ihrer Hand zog. »Ich kenne diesen Mann.«

Das überraschte Lyra im ersten Moment. Doch Jyn hatte den Verstand ihres Vaters geerbt, wenn auch nicht seine Obsession, und ihr Gedächtnis war besser, als Lyras Gedächtnis es je gewesen war.

Das ist Orson, ein spezieller Freund deines Vaters, wollte sie sagen. Ein verlogener Mistkerl, der glaubt, er wäre ein Visionär. Stattdessen wisperte sie »Schh«, presste zwei Finger an Jyns Lippen und küsste sie auf die Stirn. »Wir müssen weiter. Sie dürfen uns nicht sehen, in Ordnung?«

Das Mädchen nickte, aber sie wirkte zutiefst verängstigt.

Sie eilten weiter, so schnell, wie es Lyra in ihrer geduckten Haltung möglich war. Ihre Muskeln verkrampften sich, und nachdem sie eine Kommsäule umrundet hatten, blieb sie noch einmal stehen, um zur Farm zurückzublicken. Sie konnte Krennic nicht länger zwischen den Soldaten sehen, und auch nicht, ob Galen sich ihnen gestellt hatte, aber in jedem Fall hatte die Gruppe vor dem Eingang innegehalten. Vor ihrem geistigen Auge sah Lyra die gepanzerten Gestalten, wie sie Flammenwerfer auf das Haus richteten und es zu Asche und verkohltem Metall verbrannten, während ihr Mann eingeschlossen in dem Inferno um sein Leben schrie …

Eigentlich sollte sie es besser wissen. Solange Krennic das Kommando hatte, würde Galen am Leben bleiben. Er würde ihn zwingen, für ihn zu arbeiten, bis Galen alt und kraftlos war, bis sein Intellekt ihn im Stich ließ und das Imperium zu dem Schluss gelangte, dass er nicht länger von Nutzen war.

In diesem Moment wurde Lyra bewusst, dass sie eine Entscheidung getroffen hatte.

Sie nahm die Tasche ab und wühlte darin herum, bis sie fand, wonach sie gesucht hatte. Anschließend stellte sie das Bündel Kleider auf dem Boden ab und legte Jyn die Hände auf die Schultern. Das Mädchen zitterte, aber es begegnete dem Blick ihrer Mutter.

»Du weißt, wo du hinmusst, richtig?«, sagte sie. »Warte dort auf mich. Zeig dich für niemanden, außer für mich.«

Jyn antwortete nicht. Lyra sah die Tränen in ihren Augen, und eine Stimme in ihrem Kopf warnte: Falls du sie jetzt alleinlässt und nicht zurückkommst, wird sie sterben. Sie hat keine Kraft mehr.

Doch sie hatte sich bereits entschieden. Ihr Ehemann brauchte sie im Moment mehr als ihre Tochter.

Hastig griff sie nach ihrem Hals, schob den rauen Stoff ihrer Kleidung beiseite und tastete mit ihren Fingern nach der ausgefransten Kordel. Als sie die Kette abnahm, schwang der Anhänger in der Brise hin und her: ein gezackter, trüber Kristall, auf einer Seite mit einer Inschrift versehen. Behutsam streifte sie ihn Jyn über den Kopf. Das Mädchen rührte sich nicht.

»Vertrau der Macht«, sagte Lyra und zwang sich zu einem Lächeln.

»Mama …«

»Ich komme nach«, wisperte sie. »Jetzt geh.«

Sie umarmte Jyn – halt sie nicht zu lange, gib ihr keine Zeit nachzudenken –, dann drehte sie sie an den Schultern um und schob sie von sich fort. Ihre Tochter stolperte zwischen den Felsen dahin, und kurz darauf war sie außer Sicht verschwunden.

Es war Zeit, sich wieder zu konzentrieren. Jyn würde nichts geschehen. Sie war sicher – natürlich noch sicherer, falls Lyras Plan aufging, aber auch so: sicher. Also wandte sie sich der Farm und der Gruppe vor dem Eingang zu, hob das Bündel Kleider wieder auf und ging zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war. Auch jetzt hielt sie sich gebückt, und sie beschleunigte ihre Schritte, als vier Soldaten das Haus betraten und dabei den Blick auf Galen und Krennic freigaben. Schwach konnte sie sogar die Stimmen der beiden hören. Krennic erklärte gerade salbungsvoll: Irgendwo müssen wir anfangen.

Sie hatte nicht erwartet, dass sich ihr so schnell eine Möglichkeit eröffnen würde, und eigentlich brauchte sie mehr Zeit, um ihren nächsten Schritt zu planen. Aber sie wusste nicht, wann Krennic wieder so schlecht bewacht sein würde, und so richtete sie sich auf und rannte los, das Bündel dicht an sich gepresst.

Orson sah sie zuerst, und er sagte zu Galen: »Sieh nur! Da ist Lyra. Von den Toten auferstanden. Das muss ein Wunder sein.«

Galen drehte sich in ihre Richtung herum, und tiefer Schmerz sprach aus seinen Zügen. »Lyra …« Doch er blickte an ihr vorbei, suchte die Felder nach Jyn ab.

Beinahe wollte sie lächeln.

Die schwarz uniformierten Soldaten hoben ihre Waffen. »Stopp!«, schnappte Krennic.

Lyra ließ das Bündel fallen und riss den Blaster hoch, den sie darunter verborgen hatte. Das kalte Metall des Abzugs ließ ihren Finger prickeln, als sie auf Krennic zielte. Seine Begleiter beachtete sie gar nicht; sollten die Soldaten auf sie schießen, wäre nur ein Muskelzucken nötig, um Orson zu erledigen.

Die Uniformierten rührten sich nicht, und Krennic lächelte Lyra an. »Wie immer machen Sie die Dinge komplizierter, als sie eigentlich sein müssten.«

»Du nimmst ihn nicht mit«, erklärte Lyra.

»Nein, natürlich nicht. Ich nehme Sie alle mit. Sie, Ihr Kind. Sie werden alle ein angenehmes Leben haben.«

»Als Geiseln.«

Sie hatte diese Art Leben schon einmal geführt, zumindest mehr oder weniger, und sie verspürte keinerlei Verlangen, die Erfahrung noch einmal zu wiederholen.

Krennic wirkte unbeeindruckt. »Als ›Helden des Imperiums‹.«

Außerhalb ihres Blickfelds erklang Galens Stimme. »Lyra. Nimm die Waffe runter.« Die Sorge in seiner Stimme war wie ein schweres Gewicht auf ihrem Arm, ihrer Hand, aber sie hielt den Blaster erhoben und ignorierte die Bitte ihres Mannes.

Krennics Lächeln erstarb, als Lyra ihren Drohungen Luft machte. Sie hatte sich diesen Moment schon oft ausgemalt, hatte überlegt, was sie dem Mann sagen würde, der ihr Leben wieder und wieder ruiniert hatte, und diese Worte nun tatsächlich auszusprechen fühlte sich ironischerweise an, als würde sie träumen. »Du wirst uns gehen lassen«, begann sie. »Und weißt du, warum? Weil du ein egomanischer Feigling bist. Ich bin sicher, falls deine Vorgesetzten dich am Leben lassen, wirst du dich wieder auf die Suche nach uns machen. Das ist in Ordnung. Aber jetzt wirst du uns gehen lassen. Hast du mich verstanden?«

Krennic nickte lediglich. »Sie sollten sich das genau überlegen.«

Sie spürte, wie die Soldaten ihre Körper anspannten, und auch wenn sie es nicht sehen konnte, wusste sie doch, dass Galen sie gerade voller Entsetzen anstarrte. Sie hatte Orson Krennic und seine Feigheit falsch eingeschätzt. Entweder er hatte sich in den Jahren seit ihrer letzten Begegnung verändert, oder sie hatte damals schon ein falsches Bild von ihm gehabt.

Trotzdem, Jyn würde sicher sein.

Und vielleicht konnte sie auch ihren Ehemann noch retten.

»Du wirst nie gewinnen«, sagte sie.

Krennic legte den Kopf schräg; eine herablassende Geste für einen überlisteten Widersacher.

»Jetzt«, befahl er.

Lyra drückte den Abzug, spürte, wie der Blaster in ihrer Hand ruckte, und im selben Moment blitzte in der Nähe Licht auf, und versengende Hitze brannte sich in ihre Brust. Sie hörte die Schüsse der Soldaten erst, als sie den Schmerz bereits fühlte – ein dumpfes, fast schon taubes Prickeln überall in ihrem Körper, das sich dort verstärkte, wo sie getroffen worden war. Ihre Muskeln vibrierten wie angeschlagene Saiten. Galen brüllte ihren Namen und rannte zu ihr herüber, ab sie konnte ihn nicht sehen. Alles, was sie sah, war Krennic, der sich mit verzerrtem Gesicht die geschwärzte, rauchende Schulter hielt.

Wäre sie in der Lage gewesen zu schreien, hätte sie es getan – nicht vor Schmerz, sondern vor Wut –, aber sie brachte keinen Laut hervor, und so versank sie voll stummer Verbitterung in der Schwärze.

Ihr letzter Gedanke war: Ich wünschte, Galen müsste das nicht sehen.

Das Letzte, was sie hörte, war Galen, wie er ihren Namen rief, und dann eine wütende Stimme, die grollte: »Sie haben ein Kind. Findet das Kind!« Doch da war sie bereits so weit weggetreten, dass sie die Worte nicht mehr verstehen konnte.

Jyn war kein unartiges Kind. Es machte ihr keinen Spaß, sich ihren Eltern zu widersetzen. Wenn sie ihr etwas sagten, dann tat sie es – meistens. Vielleicht nicht sofort, aber früher oder später … meistens. Sie hatte es nicht verdient, bestraft zu werden.

Sie wusste, sie hätte nicht umkehren sollen, um zu beobachten, wie Mama und Papa mit dem Mann in Weiß sprachen. Aber sie hatte ja nicht ahnen können, was geschehen würde. Wie hätte sie wissen sollen, was die Soldaten tun würden …?

Hatten sie über Jyn geredet? War das alles ihre Schuld?

Papa hielt Mama in den Armen, und Mama rührte sich nicht. Jyn konnte nicht aufhören zu weinen, aber sie unterdrückte ein Schluchzen. Sie wusste, dass sie jetzt stark sein musste – sie musste ganz einfach.

Sie hatte gesehen, wie viel Angst Mama gehabt hatte. Wer immer die Fremden waren, Jyn wusste, dass sie auch ihr wehtun würden.

Und sie wusste, was sie tun sollte. Sie würde artig sein und sich an das halten, was Mama ihr gesagt hatte.

Das Atmen fiel ihr schwer, während sie dahinrannte. Ihre Nase lief, Tränen quollen ihr aus den Augen, und ihr Hals fühlte sich geschwollen und verstopft an. In der Ferne waren Stimmen zu hören, elektronische Stimmen wie von Droiden oder verzerrten Komms. Die Soldaten verfolgten sie.

Das hohe Keuchen ihres Atems musste sie verraten haben, und ihr brennendes Gesicht musste so rot sein, dass man es vermutlich kilometerweit sehen konnte. Doch sie wusste, wo sie hinmusste. Papa hatte so getan, als wäre es ein Spiel, wenn er sie zu Wettrennen zu dem Versteck herausforderte, aber sie hatte schnell erkannt, dass es mehr als nur das war. Einmal hatte sie Mama danach gefragt, und Mama hatte ihre Hand genommen und mit einem Lächeln erklärt: »Tu einfach, als wäre es trotzdem ein Spiel. Deinem Vater zuliebe.«

Jyn versuchte auch jetzt so zu tun, aber es war nicht leicht.

Sie fand den Platz zwischen den aufgetürmten Felsen, den Papa ihr gezeigt hatte. Ihre Hände zitterten so stark, dass sie es fast nicht schaffte, die gut getarnte Luke anzuheben, die direkt in die Seite des Hügels eingelassen war. Im Innern führte eine Leiter zu einem Schutzraum hinab, aber Jyn blieb oben beim Ausgang und zog die Luke so weit zu, dass nur ein schmaler Streifen Licht von draußen hereinfiel und die staubige Düsternis erhellte.

Sie zog die Knie an die Brust und summte eines der Lieder, die ihre Mutter ihr vorgesungen hatte, während sie vor- und zurückwippte, ohne auf ihr tränennasses Gesicht oder ihre schmutzigen Hände zu achten. Sie redete sich ein, dass sie nur lange genug warten müsste – schließlich hatten ihre Eltern ihr das gesagt: Geh ins Versteck und warte.

Sie würden kommen. Mama oder Papa würden kommen.

Rauch stieg Jyn in die Nase, und er brannte sogar noch schlimmer in ihren Augen als die Tränen. Sie konnte die Umrisse von Soldaten sehen, die zwischen den Felsen dahinmarschierten, aber obwohl sie wieder und wieder vorbeigingen, schien keiner von ihnen die Luke zu bemerken. Niemand entdeckte ihr Versteck. Als das Tageslicht schwächer wurde, verschwanden sie, und Jyn kletterte die Leiter nach unten.

Der Schutzraum war zu klein, um es sich dort bequem zu machen, zumal alles voller Nahrungsvorräte und Maschinen und Kisten war, aber sie hatte genug Platz, um zu sitzen. Sie fand eine Lampe und verbrachte die Nacht in ihrem flackernden Schein, während sie dem Tosen eines Sturms und dem Gluckern von Regenwasser lauschte, das über ihr den Hügel hinabplätscherte. Obwohl sie versuchte zu schlafen, wachte sie meist schon nach wenigen Minuten wieder auf – Regentropfen fanden einen Weg durch die Luke und klatschten ihr auf die Stirn und die Ärmel, ganz gleich, wie sie sich auch drehte und wendete.

Selbst wenn sie träumte, ging es immer um dieses beharrliche Tropfen, diese willkürlichen, feuchten Attacken. Manchmal sah sie auch Mama zu Boden stürzen, wenn der Regen sie traf.

Dann kam der Morgen, und das Geräusch von quietschendem Metall über ihr ließ sie hochschrecken. Einen Moment lang konnte sie nicht zwischen Traum und Realität unterscheiden, und sie glaubte, dass zu guter Letzt Mama oder Papa gekommen wären. Was sie am Vortag gesehen hatte, erschien in diesem Moment wie ein Alptraum, und dass sie hier war, war nur ein weiteres von Papas Spielen.

Doch dann war der Moment vorbei.

Sie hob den Kopf. Die Luke öffnete sich, und über ihr ragte die Silhouette einer Gestalt in schwerer Rüstung auf. Das dunkle Gesicht des Mannes war von Narben durchzogen, und seine Augen glänzten im Licht der Lampe, als er zu Jyn hinabblickte. Mit respekteinflößender Stimme sagte er: »Komm, mein Kind. Wir haben eine lange Reise vor uns.«

An Bord des Shuttles beobachtete Orson Krennic seinen Gefangenen, und er überlegte, wann der Mann sich wohl endlich von der Trage mit der Leiche seiner Frau losreißen würde. »Wir bringen sie nach Hause«, sagte er. »Du hast mein Wort.«

Galen sagte nichts, streichelte weiter die Hand der Toten.

Was hätte ich auch anderes erwarten sollen, fragte sich Krennic.

Wäre Lyra nicht so töricht gewesen, hätte sie nicht sterben müssen. Orson hatte sein Leben für Galen und seine Familie riskiert, hatte Lyra ausreichend Gelegenheit gegeben, sich zu ergeben, anstatt seinen Männern sofort den Feuerbefehl zu geben – was von seiner Warte aus die sicherste Option gewesen wäre. Seine Todestruppler waren harte Männer, und sie hätten kein Problem damit gehabt, die Situation schnell und brutal zu lösen.

Und dann hatte sie ihn angeschossen!

Er hatte versucht, Lyra zu verschonen, um Galens willen. Weil er verstand, dass der geniale Wissenschaftler die beste Leistung erbrachte, wenn er nicht abgelenkt war – und auch, weil er die Freundschaft oder zumindest die Freundschaftlichkeit ehren wollte, die ihn und Galen einst verbunden hatte. Doch sein selbstauferlegtes Exil hatte Erso verändert: Er war nicht länger ein Mann unvoreingenommenen Denkens, der Fakten objektiv interpretieren konnte. Was immer Krennic sagte, was immer er tat, Galen würde es für den skrupellosen Trick eines machthungrigen Intriganten halten.

Das ärgerte ihn – eine jahrelange Beziehung so gründlich zerstört zu sehen war immer ärgerlich –, aber er konnte es nutzen. Falls Galen nicht mitspielen wollte (aber ein Mann, der sich so schnell verändert hatte, sollte eigentlich in der Lage sein, sein Denken noch einmal zu ändern, oder?), dann würde Orson eben das Monster spielen, um seine Kooperation zu erzwingen.

Wegen des Verbands um seine Schulter konnte Krennic den Arm nicht bewegen. Es würde sicher Wochen, wenn nicht gar Monate – und etliche Stunden in medizinischen Bacta-Tanks – dauern, bis er wieder vollständig genesen wäre. Vermutlich würde die Wunde höllisch wehtun, sobald die Schmerzmittel nachließen, aber damit konnte er leben; die verlorene Zeit hingegen wäre völlig inakzeptabel.

Falls er Galen je etwas schuldig gewesen war, betrachtete er diese Schuld jetzt als beglichen.

»Wir werden das Kind finden«, sagte er mit Nachdruck.

Erso wandte den Blick nicht von Lyras Leiche ab (ein weiteres Geschenk Krennics – wer sonst hätte sie mitgenommen, damit sie in der Heimat ein angemessenes Begräbnis haben konnte?). »Falls du sie bislang noch nicht gefunden hast«, murmelte Galen, »wirst du sie vermutlich nie finden.«

Orsons Wut loderte hoch, aber er konnte nicht leugnen, dass Wahrheit in diesen Worten steckte. Jyn hatte offensichtlich Hilfe von außen gehabt – das Kommsignal, das von der Farm ausgegangen war, deutete darauf hin –, und es wäre ein Fehler, die Talente ihres Retters zu unterschätzen. Dennoch war Krennic zuversichtlich. Sie würden die Kommstationen untersuchen, und ganz gleich, wie schwer Galen sie beschädigt hatte, es sollte ihnen gelingen, den Geräten genauere Informationen zu entnehmen. Basierend auf diesen Ergebnissen würde Orson dann entscheiden, wie er die Situation zu seinem Vorteil nutzen konnte.

Falls Galen im Ungewissen war, was das Schicksal seiner Tochter anging – falls er einfach nur einen allgemeinen Hilferuf in den Äther geschickt und jedem Schmuggler oder Kopfgeldjäger in Reichweite eine Belohnung versprochen hatte, falls sie Jyn von Lah’mu fortbrachten –, dann sollte eine konsequente Suche nach dem Mädchen Galen eigentlich zur Zusammenarbeit anspornen. Er würde es natürlich nie zugeben, aber auch ihm musste klar sein, dass das Mädchen in den Händen des Imperiums sicherer wäre als bei irgendwelchen Kriminellen.

Falls Erso hingegen wusste, wer Jyn gerettet hatte, dann wäre es vielleicht besser, die Sache auf sich beruhen zu lassen und ihm nur damit zu drohen, dass man sie suchen und finden würde, um ihn zur Kooperation zu zwingen.

Doch darum, fuhr es Krennic durch den Kopf, konnte er sich später noch Gedanken machen. Er war so in seine Mission vertieft gewesen, dass er noch gar nicht dazu gekommen war, seinen Triumph zu genießen.

Nach all den Monaten der Suche war Galen endlich wieder in seiner Gewalt. Die Rückschläge bei der Forschung, die Verzögerungen bei der Konstruktion, all die Probleme, die Krennics Team plagten, würden sich schon bald in Wohlgefallen auflösen. Und auch die ständige Kritik von Personen wie Wilhuff Tarkin – Bürokraten ohne echtes Verständnis für die Größenordnung von Orsons Ambitionen – würde ein Ende finden. Das war etwas, was gefeiert werden musste.

Krennic lächelte Galen an und schüttelte gutmütig den Kopf. »Deine Frau wird ein würdiges Begräbnis bekommen. Wir werden sie bestatten, sobald wir Coruscant erreichen. Aber jetzt … sollten wir uns erst mal über deine Arbeit unterhalten.«

Endlich drehte Galen sich zu ihm, seine Augen erfüllt von Abscheu.

Dann eine Bewegung, so minimal, dass man sie kaum wahrnahm. Er nickte.

ERGÄNZENDE DATEN: GEHEIMDIENSTBERICHT DER REBELLENALLIANZ

[Dokument #NI3814 (»Situationsanalyse betr. Jedha, u. a.«), Zeitstempel: dreizehn Jahre nach der Verpflichtung von Galen Erso durch Orson Krennic; aus den persönlichen Akten von Mon Mothma.]

Es gibt keine konkreten Beweise für ein interplanetares Bauprojekt, das die Ressourcen des Imperiums (Arbeiter, Finanzen, Material) in extremem Maße beansprucht. Das war bereits zu Beginn das Fazit unserer Untersuchungen, und das ist es auch heute noch.

Doch wie zuvor gilt: Die Lage ist zu ernst, und unsere Bedenken sind zu groß, um sie zu ignorieren.

Das Imperium verlagert weiterhin Truppen auf strategisch unbedeutende Welten: Jedha, Patriim, Eadu, Horuz und zwölf weitere. Häufige Kommunikationsausfälle erschweren die Analyse dieser Truppenverschiebungen zusehends, und wir haben den dringenden Verdacht, dass unsere Liste weder akkurat noch vollständig ist. Wir wissen jedoch, dass der Großteil dieser Planeten Bergbau-, Konstruktions- oder Forschungseinrichtungen beherbergt. Vor Kurzem haben wir außerdem erfahren, dass auf mehreren der betreffenden Welten ungewöhnliche Sicherheitsprotokolle gelten, die weit über die imperiale Norm hinausgehen.

Wir haben mehrere Nachrichten abgefangen, die von diesen Planeten an Orson Krennic geschickt wurden, dem Direktor der imperialen Waffenforschung.

Leider ist es uns jedoch noch nicht gelungen, sie zu entschlüsseln.

Ebenfalls abgefangen haben wir Nachrichten an einen gewissen »Galen Erso«. Die Entschlüsselung erweist sich auch hier als kompliziert, weswegen sich noch nicht bestätigen lässt, dass dieser »Galen Erso« tatsächlich der ehemalige Leiter mehrerer Forschungsprojekte zur Energieanreicherung ist (einschließlich des »Projekts Himmelsenergie« – siehe Notizen).

Einige der abgefangenen Nachrichten bezogen sich auf einen geplanten Waffentest von bislang unbekannter Größenordnung.

Unsere Bemühungen, die imperialen Aktivitäten in dieser Angelegenheit zu überwachen, haben uns mehrere Agenten gekostet. Wir bitten daher um zusätzliches Personal. Jegliche Versuche, uns die Zusammenarbeit von Saw Gerrera auf Jedha zu sichern, wurden auf Anraten von General Jan Dodonna eingestellt.

Uns ist bewusst, dass unsere Bedenken im Führungsrat der Allianz kontrovers aufgenommen werden. Wir bestreiten nicht, dass wir unsere Ressourcen auf den Senat konzentrieren müssen, falls es eine friedliche, politische Lösung des größeren Konflikts geben soll. Mehrere Analytiker haben sich geweigert, ihren Namen unter dieses Dokument zu setzen, aus Sorge, es könnte ihrer Glaubwürdigkeit schaden.

Aber dies ist nicht nur eine Verschwörungstheorie, und woran immer das Galaktische Imperium arbeitet, Unwissenheit wird uns nicht davor schützen.

Mein vollständiger Bericht ist beigefügt.

1. Kapitel

Der Ring von Kafrene war ein monumentales Gebilde aus Durastahl und Plastoid, verankert auf zwei unförmigen Planetoiden innerhalb des Kafrene-Asteroidengürtels. Adelige der Alten Republik hatten den Ring einst als Bergbaukolonie gegründet, in der Absicht, die Mineralressourcen jedes Felsens in einem Umkreis von zehntausend Kilometern abzubauen und so die galaktische Nachfrage zu decken. Doch wie sie feststellen mussten, waren wertvolle Minerale im Kafrene-Gürtel Mangelware, und ihre Enttäuschung hatte der Anlage ihr inoffizielles Motto eingebracht, welches in glühenden Graffiti über der steuerbordseitigen Andockbucht prangte: WOSCHÖNETRÄUMEHÄSSLICHWERDEN.

Heute war der Ring von Kafrene ein Tiefraum-Handelsposten und eine Zwischenstation für die verzweifeltsten Reisenden des Sektors – eine Gruppe, zu der Cassian Andor sich auch selbst zählte.

Er hinkte seinem Zeitplan hinterher, und falls er bei seiner Ankunft keine Aufmerksamkeit erregt hatte, dann tat er es spätestens jetzt: Er ging zu schnell den Korridor hinab, schob sich grob vorbei an Männern und Frauen und Nichtmenschen unbestimmbaren Geschlechts, die mit schlurfenden Schritten dahinstapften, wie man es von Wesen erwarten konnte, die lebenslänglich an einem Ort wie Kafrene festsaßen.

Zwischen der Straße und den fernen Steinbrüchen standen tausend Wellblechhütten und zweitklassige Fertigbau-Wohneinheiten, die schon auf etlichen anderen Kolonien zum Einsatz gekommen waren. Jenseits des Tores gab es keine festen Strukturen, der Aufbau der Siedlung änderte sich praktisch täglich, und selbst die alteingesessenen Arbeiter hielten sich an die großen Straßen, wenn sie im künstlichen Zwielicht nach Hause zurückmarschierten. Cassian versuchte seine Schritte zu verlangsamen, sich von der Menge mittragen zu lassen, statt sich gewaltsam hindurchzuschieben, aber es gelang ihm nicht, und er konnte sich die Enttäuschung seines Mentors deutlich vorstellen: Was immer du da tust, bei der Rebellenallianz hast du das jedenfalls nicht gelernt.

Doch er war schon zu lange unterwegs. Seine Reise hatte ihn von Coruscant bis Corulag und jetzt hierher geführt, kreuz und quer durch die Galaxis, während er an den losen Fäden eines komplexen Wandteppichs zerrte, den er nicht klar erkennen konnte. Die wenigen Informationen, die er erbeutet hatte, hatten einen hohen Preis gefordert, in Credits und in Blut, und im Grunde bestätigten sie nur, was bereits bekannt war. Er hatte zu viel investiert, um jetzt mit leeren Händen zur Basis zurückzukehren. Seine Frustration musste ihm deutlich ins Gesicht geschrieben stehen.

Andor überquerte die Straße, und aus dem Abzugschacht eines Wohnkomplexes für Nichtmenschen wehte ihm der Geruch von Ammoniak entgegen. Er unterdrückte ein Husten, schob sich durch die Lücke zwischen zwei Behausungen und arbeitete sich durch ein Labyrinth aus Gassen, bis er schließlich eine Sackgasse erreichte, die kaum breit genug war, um darin die Arme auszustrecken.

»Ich wollte gerade verschwinden«, sagte eine Stimme, erfüllt von Nervosität und Verärgerung, und dann tauchte der Sprecher aus den Schatten auf: ein Mensch mit weichem, rundem Gesicht und harten Augen, gekleidet in fleckige, ausgebleichte Kleidung. Sein rechter Arm hing schlaff in einer Schlinge. Während Cassian ihn musterte, lauschte er gleichzeitig auf die fernen Geräusche der Straßen: Stimmen, klappernde Fahrzeuge, das Zischen von gebratenem Fleisch, Schreie. Aber kein Aufruhr, keine quäkenden Kommlinks.

Das musste reichen. Sollten ihn doch Sturmtruppen verfolgen, schienen sie ihn zumindest nicht gleich erschießen zu wollen.

»Glaub mir, schneller ging es nicht«, erklärte Cassian. Er sperrte die Paranoia in seinem Hinterkopf ein, wo sie nicht im Weg, aber trotzdem nur einen Handgriff entfernt wäre.

Tivik trat auf die Mündung der Gasse zu, wobei er sich die Handfläche an der Hüfte abwischte. »Ich muss wieder an Bord. Reden wir auf dem Weg.«

»Wohin geht es?«, erkundigte sich Andor. »Zurück nach Jedha?«

Tivik ging ungerührt weiter. Noch eine Sekunde, und er müsste sich an Cassian vorbeizwängen, falls er weitergehen wollte. »Sie werden nicht auf mich warten«, sagte er. »Wir stehlen Munition von …«

Andor verlagerte das Gewicht und spreizte die Beine, um seinem Gegenüber den Weg zu versperren; er war nicht sonderlich stämmig, aber er wusste, wie man Präsenz vortäuschte. Tivik stutzte und machte rasch einen Schritt nach hinten.

Cassian hatte schon mit vielen Informanten gearbeitet, aber nur wenige hatten ihn derart genervt wie Tivik. Was immer man über ihn sagen mochte, der Mann war ein überzeugter Verfechter der Rebellion … aber er war auch ein erbärmlicher Feigling und stets auf der Flucht vor der moralischen Verantwortung für sein Handeln. Druck wirkte bei ihm Wunder, und nach den letzten paar Tagen – nachdem er wegen Tiviks vager Nachricht von Corulag hierher geeilt war –, hatte Andor nicht übel Lust, ein wenig Druck auszuüben.

»Warte! Hast du Neuigkeiten von Jedha?«, grollte er. »Raus damit. Ich bin deinetwegen durch die halbe Galaxis gereist.«

Tivik hielt seinem Blick kurz stand, dann gab er nach. »Ein imperialer Pilot – von einem der Frachtschiffe auf der Jedha-Route – ist gestern desertiert.«

»Und?« Es war nicht ungewöhnlich, dass Personen aus den unteren Rängen des Imperiums die Seiten wechselten. Knapp die Hälfte der Rebellentruppen setzten sich aus solchen Überläufern zusammen, und Tivik wusste das ebenso gut wie Cassian.

»Dieser Pilot … nun, er behauptet zu wissen, worum es bei den Förderarbeiten auf Jedha wirklich geht. Er sagt, sie bauen eine Waffe.« Er spuckte die Worte aus wie eine faule Frucht. »Die Kyber-Kristalle werden dafür gebraucht. Er hat eine Nachricht aufgezeichnet, bevor er sich abgesetzt hat, angeblich ein Beweis …«

Andor filterte den Schwall von Informationen, glich sie mit dem ab, was er bereits wusste, und verschob seine Prioritäten entsprechend. Es hatte bereits früher Hinweise auf eine Waffe gegeben, aber jede Spur – sei es nun auf Adalog oder in Zemiahs Hort – war im Sande verlaufen.

Sein Puls beschleunigte sich. Vielleicht würde er doch nicht mit leeren Händen zur Basis zurückkehren.

»Was für eine Waffe?«, wollte er wissen.

Auf der Straße wurden Stimmen laut, verzerrt von den Echos in der Gasse. Tivik sank in sich zusammen, ein kleiner Mann, der sich noch kleiner machte. »Ehrlich, ich muss jetzt gehen.«

»Du hast mich gerufen. Du wusstest, dass diese Sache wichtig ist …«

»Du hättest nicht zu spät kommen sollen!«, presste Tivik hervor, seine Augen glasig vor Besorgnis.

Cassian packte den Informanten unter den Armen, grub die Finger in den rauen Stoff und das weiche Fleisch darunter. Der nach Zimt riechende Atem des Mannes schlug ihm entgegen. »Was für eine Waffe?«, wiederholte er, lauter, als er eigentlich beabsichtigt hatte.

»Ein Planetenkiller«, wisperte Tivik. »So hat er sie genannt.«

Frostige Kälte kroch Cassians Wirbelsäule hinab.

In Gedanken ging er alte Berichte, spekulative Geheimdienstmeldungen und technische Details durch, um das Gehörte als Lüge zu enttarnen. Ein Planetenkiller? Das war ein Mythos, ein Hirngespinst, eine Obszönität, erträumt von Fanatikern, die im Imperator keinen korrupten Tyrannen sahen, sondern einen rachsüchtigen Gott. Trotzdem …

Er war nicht stolz darauf, aber die Kälte zwischen seinen Schultern machte einer Mischung aus Aufregung und Abscheu Platz. Falls etwas Wahres an der Sache dran war, hätte seine Arbeit sich vielleicht doch gelohnt.

Er setzte Tivik auf dem Boden ab, so sanft es eben ging. »Weiter.«

»Jemand namens Erso hat ihn geschickt. Den Piloten, meine ich. Muss wohl ein alter Freund von Saw sein.«

Ein weiteres Puzzleteil. »Galen Erso?«, fragte Cassian, während er versuchte, seine Ruhe wiederzufinden. »Ist das der Name?«

»Weiß nicht! Ich hätte ihn nicht mal erwähnen sollen.« Der Informant schüttelte den Kopf. »Die Leute, die den Piloten fanden … Nun, als wir uns auf den Weg machten, meinten sie, sie wären auf der Suche nach Saw.«

Saw Gerrera. Ein übergelaufener Pilot. Jedha. Kyber-Kristalle. Eine Waffe. Nein, ein Planetenkiller. Und dazu Galen Erso. Andor listete die Hinweise auf, aber er wusste nicht genug, um sie richtig zusammenzusetzen. Da waren zu viele Karten in diesem Blatt. Tivik sah aus, als würde er jeden Moment davonrennen, und Cassian hatte keine Zeit, nach den richtigen Fragen zu suchen. »Wer weiß noch davon?«, blaffte er.

»Keine Ahnung!« Der Kerl beugte sich vor, und sein Zimtatem kam in schnellen Stößen. »Es bricht alles zusammen. Saw hat recht: Ihr spuckt große Töne und vertröstet uns, aber wir hängen dort draußen in der Luft. Überall lauern Spione …«

Tivik beendete den Satz nicht. Er starrte über Cassians Schulter, und als er hinter sich eine Bewegung hörte, drehte sich auch Andor zur Mündung der Gasse um. Zwei Gestalten versperrten den Weg, genauso wie zuvor Cassian Tivik den Weg versperrt hatte. Sie trugen weiße Rüstungen und Helme, die an stilisierte Totenschädel erinnerten: Imperiale Sturmtruppen, ihre Gewehre beiläufig in der Armbeuge, sodass die Mündung in Cassians Richtung zielte.

Andor stieß einen lautlosen Fluch aus und zwang sich zu lächeln.

»Was soll das hier?« Die Stimme des Sturmtrupplers war so verzerrt, dass sie regelrecht surrte. Seine Worte klangen knapp, herrisch, aber nicht alarmiert. Vielleicht ließ sich da etwas machen.

»He.« Cassian zog in einer übertriebenen Geste die Schultern hoch. »Ich unterhalte mich nur mit meinem Freund. Falls wir stören, gehen wir gerne aus dem Weg …«

»Ihr geht nirgendwohin.« Jetzt sprach der zweite Sturmtruppler. Er wirkte ungeduldig. »Los, Scandokumente vorzeigen.«

Cassian behielt die Augen auf Tivik gerichtet. Mehr konnte er nicht tun, um den Mann zum Mitspielen zu drängen, ihn zu warnen, dass er um Himmels willen nicht in Panik geraten sollte. Die ganze Zeit über lächelte er die Imperialen weiter mit seinem schmalen, beruhigenden Lächeln an, obwohl das Blut rauschend durch seine Adern pumpte, angetrieben vom Gedanken an einen Planetenkiller. »Ja, natürlich«, sagte er. »Sie sind in meinen Handschuhen.«

Er deutete auf eine Hosentasche. Die Sturmtruppen erhoben keinen Einspruch; Diebe waren auf Kafrene keine Seltenheit, und sie hatten vermutlich schon seltsamere Verstecke gesehen.

Keiner von ihnen reagierte rechtzeitig, als Andors Hand nach unten zuckte und das kühle Metall seines Pistolengriffs berührte. Er bewegte das Handgelenk um eine Winzigkeit und drückte zweimal in rascher Folge ab, wobei er den Blick gerade so weit abwandte, dass er nicht direkt in die Energieentladung starrte. Das elektronische Geräusch der Waffe war tief und leise, halb verschluckt durch den illegalen Schalldämpfer, den man beinahe als effektiv bezeichnen konnte.

Einen Moment später lagen die Soldaten tot in der Gasse. Es war ein Wunder, dass die gedämpften Blasterstrahlen ihre Rüstung durchschlagen hatten, fuhr es Cassian durch den Kopf. Normalerweise müsste er derjenige sein, der jetzt im Staub lag, mit einem schwelenden Loch dort, wo sich sein Herz befand.

»Nein …« Tivik schüttelte den Kopf. »Was hast du getan?«

Andor sah etwas Weißes aufblitzen, und er hörte eine verzerrte Stimme hinter der nächsten Ecke. Jetzt würden noch mehr Sturmtruppen auftauchen – viel mehr –, und sie würden nicht zögern, das Feuer zu eröffnen. Er packte Tivik am Ellbogen und eilte tiefer in die Gasse hinein, wobei sein Blick über die Wände huschte. Es gab keine Ausgänge, keine Luftschächte oder Hintertüren, aber die Dächer waren nicht mehr als ein bis zwei Meter außer Reichweite. Cassian war kein Kletterexperte, aber selbst er könnte innerhalb von ein paar Sekunden hochgeklettert, auf der anderen Seite wieder heruntergesprungen und in den labyrinthartigen Tiefen von Kafrene verschwunden sein.

Tivik erkannte, was er vorhatte. »Bist du verrückt? Ich schaffe es nie da hoch.« Er riss sich aus Andors Griff los – eigentlich war es eher so dass Andor ihn losließ, als er sich zu wehren begann – und rückte seine Schlinge zurecht. »Mein Arm …« Er drehte sich unbeholfen in die Richtung, aus der die Sturmtruppen gekommen waren.

Ferne Schritte und ein verzerrter Ruf drangen an Cassians Ohren, während er Tivik von Kopf bis Fuß musterte. Der Informant hatte recht: Er würde es nicht die Wand hoch schaffen, nicht ohne Hilfe, und ganz sicher nicht schnell genug. Selbst im besten Falle hätten die Sturmtruppen das Gebiet bereits abgeriegelt, ehe sie es beide nach oben auf die Dächer geschafft hatten.

»He.« Er berührte Tivik an der Schulter, seine Hand ebenso behutsam wie seine Stimme. »Beruhige dich. Beruhige dich. Du hast dich gut geschlagen. Was du mir erzählt hast, das ist alles wahr, ja?«

»Es stimmt«, bestätigte Tivik. Er klang wie ein verwirrtes Kind.

Und der Blutzoll steigt weiter.

»Alles wird gut«, flüsterte Cassian, dann drückte er zum dritten Mal an diesem Tag den Abzug seines Blasters. Er hörte das leise, elektrische Jaulen, roch den verbrannten Stoff, das verbrannte Fleisch, sah, wie Tivik zusammenbrach. Der Informant stieß ein letztes Ächzen aus, als hätte ihn etwas im Schlaf gestört, dann lag er reglos auf dem Boden.

Sie hätten dich erwischt, Tivik. Du hättest ihnen alles erzählt, und letztlich hätten sie dich trotzdem umgebracht. Und dann wäre keiner von uns mehr übrig geblieben, um deine Nachricht zu übermitteln.

Cassians Hände zitterten, während er sich an fleckigen Fenstersimsen und alten Rohren entlang nach oben zog und die Beine über den Rand des Daches schwang. Irgendwo hinter ihm meldeten die Sturmtruppen gerade den Fund der Leichen, und er kroch hastig weiter, dicht über das Dach gebeugt.

Eine Stunde später hatte er den Ring von Kafrene an Bord eines Shuttles verlassen. Seine Haare und sein Bart glänzten feucht, nachdem er sich in einem öffentlichen Erfrischer mit einem kalten Schwamm das Gesicht abgewischt hatte – nicht nur, um den Schweiß von seiner Stirn zu waschen, sondern auch, um das taube Gefühl in seinem Inneren zu verdrängen und sich wieder zu konzentrieren. Es gab einiges, worüber er nachdenken musste, und er hatte noch eine weite Reise vor sich, bevor er Draven und dem Geheimdienst der Allianz Bericht erstatten konnte.

Cassian schloss die Augen und dachte über die Karten nach, die er in der Hand hielt.

Jedha. Der Pilgermond. Eine trostlose Welt, die eng mit einem streng geheimen Großprojekt des Imperiums verbunden zu sein schien.

Die Kyber-Kristalle. Jedhas einziger Bodenschatz, der irgendeinen Wert hatte. Das Imperium baute die Kristalle im großen Stil ab und transportierte sie an einen unbekannten Ort.

Ein übergelaufener imperialer Pilot mit einer Nachricht für Saw Gerrera. Vielleicht konnte man ihm trauen, vielleicht auch nicht.

Saw Gerrera selbst. Dem Namen nach ein Mitglied der Rebellion, tatsächlich aber nicht ganz so klar einzuordnen.

Dann war da noch Galen Erso, der legendäre Wissenschaftler. Er hatte mit dem imperialen Megaprojekt zu tun, aber in welcher Form, darüber konnte die Allianz nur spekulieren. Außerdem war er angeblich der Mann, von dem die Nachricht des Piloten stammte.

Und zu guter Letzt: die Waffe. Der Planetenkiller. Der Albtraum der Galaxis, entworfen und erbaut und auf Hochglanz poliert von Erso und seinen Kameraden.

Das waren mehr Informationen, als Cassian sich zu Beginn seiner Mission erhofft hätte: ein Füllhorn an Fakten, Theorien und möglichen Verbindungen, das ausreichen sollte, um die Analytiker wochen-, monate- oder gar jahrelang zu beschäftigen.

Falls er Glück hatte, würde es auch ihn beschäftigt halten, damit er auf dem langen Shuttleflug in die Sicherheit nicht immer und immer wieder an das Todesröcheln des Mannes denken müsste, den er ermordet hatte.

Die einzige Konstante in Bodhi Rooks Leben war, dass er an sich zweifelte, und auch dieser Tag bildete keine Ausnahme.

Die Leute, die ihn gefangen genommen hatten, hatten ihm nicht wehgetan. Sie hatten ihm gedroht, ja, und sie hatten ihm weder Wasser noch zu essen gegeben, und auch nichts gegen die Kopfschmerzen, die sich anfühlten, als würde sein geschwollenes Gehirn gegen seine Schädeldecke drücken. Sie behandelten ihn weniger wie eine Person und mehr wie ein Ding, und sie sprachen nur selten, weder zu ihm noch untereinander, während sie ihn durch die kalte Wüste von Jedha führten. Der imperiale Fliegeroverall, den er unter einem weiten Kaftan trug, schützte ihn mehr schlecht als recht, außerdem konnte er nicht ganz mit dem Tempo mithalten, das sie vorgaben; in der Zeit, in der seine Begleiter drei Schritte machten, berührten seine Stiefel den Boden lediglich zweimal, und so wurde er alle drei Schritte nach vorne gezerrt, und ihr Griff um seine Arme wurde unangenehm fest.

Er sagte sich, dass er überleben würde. Er hatte die richtige Entscheidung getroffen, die richtigen Leute aufgesucht. Und wenn er erst seine Nachricht übermittelt hätte, würden sie verstehen. Sie würden ihn als guten, als tapferen Mann akzeptieren.

Oder zumindest hoffte er das.

»Wie weit noch?«, fragte er.

Die anderen umringten ihn in einem engen Kreis – so eng, dass er kaum etwas von der Wüste sehen konnte, nur die fahle, frostige Sonne, die niedrigen Berge, die das Tal umgaben, und hin und wieder eine der zerbröckelnden, monolithischen Statuen, für die Jedha berühmt war: hier ein strenges, humanoides Gesicht, dessen Lippen im Verlauf von Jahrtausenden glatt geschliffen worden waren, da ein Paar abgebrochener Beine, halb im rissigen rostbraunen Boden des Tals versunken. Wenn der Wind auffrischte, wehten ihm lose Strähnen seines langen, dunklen Haares in die Augen.

»Ich weiß, ihr wollt nur auf Nummer sicher gehen«, sagte er, wobei er sich um einen besonnenen Tonfall bemühte. »Das ist schlau … ich könnte schließlich ein Spion sein, und Spione bereiten Leuten wie euch große Probleme.«

Sag nicht dass du ein Spion sein könntest!, ermahnte er sich, aber gleichzeitig versicherte ihm ein anderer Teil seines Gehirns: Nur Ehrlichkeit wird dich retten. Verbirg nichts vor ihnen.

Es dauerte einen Moment, ehe er den Faden wieder aufgenommen hatte. »Aber … aber!« Er sog zwischen ausgetrockneten Lippen die Luft ein. »Ihr müsst mir eine Chance geben. Nicht um meinetwillen, sondern um euretwillen. Ich möchte euch helfen …«

Die Revolutionäre in der zerlumpten Kleidung der Einheimischen – jeder bewaffnet mit einem illegalen Blastergewehr – zerrten ihn grob nach vorne, und er stolperte durch den Staub. Niemand sah ihn an, stattdessen waren ihre vernarbten, ungewaschenen Gesichter auf seine gefesselten Hände oder die endlose Wüste ringsum gerichtet.

Bodhi wusste nicht, wie viel Zeit verging, bevor er einen neuen Versuch wagte.

»Hast du eine Familie?«, fragte er einen hünenhaften Mann, aus dessen Stiefel ein langes Messer ragte.

Alles, was ihm das einbrachte, war ein kurzer Seitenblick.

»Ich habe eine Familie«, erklärte er, obwohl das nur teilweise stimmte.

Die Widerständler wechselten wortlos die Formation und fächerten aus, sodass Bodhi sich im Zentrum eines weiten Halbkreises wiederfand. Jetzt, wo er eine bessere Sicht hatte, konnte er eine zweite Gruppe erkennen, die vor ihnen in der Wüste stand – kleine, dunkle Gestalten vor einem hellen Horizont.

»Ist er das etwa?«, fragte er, und natürlich erhielt er keine Antwort.

Der Halbkreis näherte sich weiter der zweiten Gruppe. Deren Mitglieder ähnelten Bodhis Begleitern, mit Ausnahme ihrer Waffen: ein Gigoraner mit weißem Fell hielt eine Repetierkanone, die Menschen trugen Patronengurte und Gürtel mit Granaten. An ihrer Spitze stand ein Tognath, eine schlaksige Erscheinung, gekleidet in schwarzes Leder, deren bleicher Kopf an einen Totenschädel erinnerte und teilweise unter einem mechanischen Atemgerät verborgen lag. Das Wesen richtete seine Augenhöhlen auf Bodhi und rief in einem akzentbehafteten Dialekt: »Es ist der Pilot. Der Deserteur. Verlieren wir keine Zeit.«

Auf eine Geste des Tognath hin schlossen sich die beiden Gruppen schnell und mit militärischer Präzision zusammen. Bodhi zuckte zusammen, als er den finsteren Blick des Gigoraners auf sich spürte, und sofort überkam ihn eine Woge der Scham; vor seiner Zeit beim Imperium hatten Nichtmenschen ihn nicht so nervös gemacht.

Er zwang sich zur Konzentration. »Also, sind Sie … Saw Gerrera?«, fragte er, mehr, weil er es hoffte und weniger, weil er es wirklich glaubte.

Jemand lachte. Der Tognath musterte ihn mit einem Gesichtsausdruck, der bei seiner Spezies Verachtung zum Ausdruck bringen mochte.

»Nein?« Bodhi schüttelte den Kopf. »Gut, wir verschwenden Zeit, die wir nicht haben. Ich muss mit Saw Gerrera sprechen! Das sage ich ihnen schon die ganze Zeit …« Er hob die Schulter, um auf ein Mitglied seiner ursprünglichen Eskorte zu deuten. »Wir … wir haben nicht viel Zeit.«

Er glaubte, jemanden abfällig schnauben zu hören. Vielleicht war es nur der Wind, der über den Sand strich, aber es reichte, um seine Wut zu schüren.

Sie brauchen dich. Bring sie dazu, das zu verstehen.

»Wir müssen nach Jedha-City. Wir sind hier mitten im Nirgendwo …« Seine Stimme schwoll zu einem frustrierten Schrei an. »Welchen Teil von dringender Nachricht versteht ihr Kerle nicht?«

Er sah einen Schatten über sich, fühlte rauen Stoff auf seinem Haar und der Schutzbrille, die er auf die Stirn hochgeschoben hatte, dann stülpten sie ihm den Sack über den Kopf, sodass er gegen seine Nase und seinen Bart drückte. Durch die Nähte konnte er das Glühen der Sonne erkennen. »He!«, stieß er hervor, während er versuchte, nicht in den Stoff zu beißen. »He – wir stehen auf derselben Seite. Achtet nicht auf meine Uniform …«

Ständig redest du, hatte seine Mutter gesagt, und wirklich sagen tust du nichts! Lern zuzuhören, Bodhi Rook.

Doch im Moment war Reden das Einzige, was er tun konnte.

»Ich muss mit Saw Gerrera sprechen!«, rief er, während ein Paar Hände seine Arme losließ und ein anderes, schrecklich kräftiges Paar nach ihm griff – der Gigoraner. »Wisst ihr was? Sagt ihm einfach … sagt ihm, was ich euch erzählt habe, dann wird er garantiert mit mir sprechen wollen.«

Ich habe alles aufgegeben, um hierherzukommen. Ich will doch nur helfen!

Jemand zog den Sack um seinen Hals zu, sodass er bei jedem Atemzug gegen Bodhis Kehle drückte.

Er dachte daran, warum er nach Jedha zurückgekehrt war, und im Stillen verfluchte er Galen Erso.

Jyn war schon früher der Gnade des Imperiums ausgeliefert gewesen. Manchmal hatte sie zu Recht Ärger bekommen – sie konnte es einem kleingeistigen Diktator nicht wirklich übel nehmen, dass er sie in Fesseln legen und in eine Arrestzelle werfen ließ, wo sie doch tatsächlich vorgehabt hatte, sein Schiff in die Luft zu jagen und seine Waffen zu stehlen. Man hatte schon mit Blastern auf sie gezielt, hatte ihr mit Schockstäben Stromschläge verpasst und ihr auch sonst so ziemlich alles angetan, was ein Sturmtruppler einem Zivilisten antun durfte, ohne dafür Probleme zu bekommen.

Doch diesmal war etwas anders. Diesmal gab es keinen Fluchtweg. Keine Partner, die vor dem Gefängnis warteten, um ein Loch in die Mauer zu sprengen; keinen bestechlichen Sicherheitsoffizier, der sich durch das Versprechen von (meist nicht wirklich existenten) Credits erweichen ließ; nicht mal ein Messer, das sie so verbergen könnte, dass die Wachen es nicht fanden.

Ihr waren die Freunde ausgegangen, und nun fand sie sich allein im Wobani-Arbeitslager wieder. Sie war überzeugt, dass sie hier sterben würde, und vermutlich würde es nicht mal sonderlich lange dauern.