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Todgeglaubte leben länger – Großadmiral Thrawn kehrt zurück!
Vor zehn Jahren wurde Großadmiral Thrawn getötet. So glaubten es die Anhänger der Neuen Republik um Prinzessin Leia, Luke Skywalker und Han Solo zumindest. Doch nun mehren sich die Gerüchte, dass die größte Bedrohung in der Galaxis seit dem Imperator noch lebt. Hat die mysteriöse Hand des Thrawn etwas damit zu tun, von der niemand weiß, worum es sich dabei eigentlich handelt? Luke Skywalker und seine Gefährten müssen es herausfinden, wenn das Imperium am Schluss nicht doch noch triumphieren soll.
»Großadmiral Thrawn – Die Legende« ist die erfolgreichste Star-Wars-Buchtrilgoie aller Zeiten. »Die Hand von Thrawn« ist die spektakuläre Fortsetzung, und endlich ist auch diese Trilogie wieder lieferbar.
»Die Hand von Thrawn« ist wie »Großadmiral Thrawn – Die Legende« eine Star-Wars-Legends-Trilogie. Die beschriebenen Geschehnisse können daher von der Geschichte der Filme und Streamingserien abweichen.
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Seitenzahl: 632
Veröffentlichungsjahr: 2025
»Die Hand von Thrawn« ist wie »Großadmiral Thrawn – Die Legende« eine Star-Wars-Legends-Trilogie. Die beschriebenen Geschehnisse können daher von der Geschichte der Filme und Streamingserien abweichen. »Thrawn – Der Aufstieg« sowie »Thrawn – Im Dienste des Imperiums« entsprechen dem offiziellen Kanon.
Großadmiral Thrawn – Die Legende
1. Erben des Imperiums
2. Die dunkle Seite der Macht
3. Das letzte Kommando
Die Hand von Thrawn
1. Schatten der Vergangenheit
2. Blick in die Zukunft
3. Der Zorn des Admirals
Thrawn – Der Aufstieg
1. Drohendes Unheil
2. Verborgener Feind
3. Teurer Sieg
Thrawn – Im Dienste des Imperiums
1. Thrawn
2. Allianzen
3. Verrat
Buch
Vor zehn Jahren wurde Großadmiral Thrawn getötet. So glaubten es die Anhänger der Neuen Republik um Prinzessin Leia, Luke Skywalker und Han Solo zumindest. Doch nun mehren sich die Gerüchte, dass die größte Bedrohung in der Galaxis seit dem Imperator noch lebt. Hat die mysteriöse Hand des Thrawn etwas damit zu tun, von der niemand weiß, worum es sich dabei eigentlich handelt? Luke Skywalker und seine Gefährten müssen es herausfinden, wenn das Imperium am Schluss nicht doch noch triumphieren soll.
Timothy Zahn
Die Hand von Thrawn
Schatten der Vergangenheit
Deutsch von Ralf Schmitz
Die Originalausgabe erschien 1997 unter dem Titel »Star Wars: The Hand of Thrawn: Specter of the Past« bei Bantam Spectra, New York.
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Copyright der Originalausgabe © 1997 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.
All rights reserved.
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2025 by Blanvalet
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)
Redaktion: Alexander Groß
Covergestaltung: © Isabelle Hirtz, Hamburg
HK · Herstellung: fe
Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-641-32985-3V001
www.blanvalet.de
Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …
Langsam und geräuschlos glitt der imperiale Sternzerstörer Schimäre durch das Weltall.
Durch leeren Raum. Bedrückend schwarzen Raum. Die Positionslichter waren nur ein schwaches Glimmen von Leben inmitten der Finsternis. Das Schiff trieb, viele Lichtjahre entfernt von den nächsten winzigen Inseln, den Sternsystemen der Galaxis, an der Grenzlinie zwischen den Welten des Äußeren Rands und jenen Weiten, die man die Unbekannten Regionen nannte. Am äußersten Rand des Imperiums.
Oder besser: am Rand der bemitleidenswerten Überreste dessen, was einst das Imperium gewesen war.
Admiral Pellaeon, der Oberkommandierende der Imperialen Flotte, stand an einem der großen seitlichen Sichtfenster der Schimäre und blickte in die Leere hinaus; das Gewicht zu vieler Jahre lastete schwer auf seinen Schultern. Zu viele Jahre, zu viele Schlachten, zu viele Niederlagen.
Vielleicht spürte die Brückenbesatzung der Schimäre die Last ebenso wie er. Auf jeden Fall schienen die Geräusche der Betriebsamkeit in seinem Rücken heute gedämpfter als sonst. Aber vielleicht lag das auch nur daran, dass sie so weit draußen waren. So weit weg von irgendeinem bekannten Ort.
Ja. Das musste es sein. Die Männer der Schimäre waren die besten, die die Flotte zur Verfügung stellen konnte. Imperiale Offiziere und Mannschaftsgrade; und Imperiale gaben niemals auf. Niemals.
Er hörte einen vorsichtigen Schritt an seiner Seite. »Admiral?«, sagte Captain Ardiff leise. »Wir können jetzt anfangen, Sir.«
Einen Moment lang erinnerte sich Pellaeon an einen ähnlichen Augenblick vor zehn Jahren. Damals hatten er selbst und Großadmiral Thrawn hier auf der Kommandobrücke der Schimäre gestanden und den abschließenden Test des Prototyps eines Tarnfelds beobachtet, das Thrawn unter den Trophäen des Imperators im Innern des Mount Tantiss entdeckt hatte. Pellaeon wusste noch, wie aufgeregt er gewesen war – trotz der Ressentiments, die er gegen den wahnsinnigen Jedi-Klon C’baoth hegte –, als er zusah, wie Thrawn dem Imperium mit eigener Hand neues Leben und Energie einhauchte.
Aber Mount Tantiss gab es nicht mehr; Agenten der Neuen Republik sowie C’baoths Wahnsinn und Verrat hatten alles zerstört. Großadmiral Thrawn war tot.
Und das Imperium starb.
Mühsam schüttelte Pellaeon die Schatten der Vergangenheit ab. Er war ein Offizier des Imperiums, und Imperiale gaben niemals auf. »Danke«, wandte er sich an Ardiff. »Handeln Sie nach Ihrem Ermessen, Captain.«
»Jawohl, Sir.« Ardiff drehte sich zur Seite und gab dem Gefechtskoordinator im Backbord-Mannschaftsschacht ein Zeichen. »Signal zum Angriff«, sagte er.
Der Offizier bestätigte den Befehl und gab nun seinerseits einem seiner Untergebenen einen Wink. Pellaeon richtete seine volle Aufmerksamkeit wieder auf das Aussichtsfenster …
… gerade rechtzeitig, um acht SoroSuub-Sternjäger der Preybird-Klasse in enger Formation und mit hoher Geschwindigkeit hinter ihnen auftauchen zu sehen. Sie rasten haarscharf über die Kommandoaufbauten der Schimäre hinweg, passierten den Bugkamm des Schiffes und beharkten es mit schwachem Blasterfeuer – dann löste sich die Formation lautlos auf. Die acht Jäger entfernten sich in Spiralbahnen und feuerten weiter, bis sie die primäre Angriffszone des Sternzerstörers hinter sich gelassen hatten. Danach wendeten sie in weit ausholenden Kehren und gruppierten sich neu.
»Admiral?«, fragte Ardiff.
»Gönnen wir ihnen noch einen Versuch«, erwiderte Pellaeon. »Je mehr Flugdaten der Predictor verarbeiten kann, desto besser sollte er funktionieren.« Er fing den Blick eines der Offiziere im Mannschaftsschacht auf. »Schadensbericht?«
»Geringe Schäden am Bugkamm, Sir«, meldete der Offizier. »Eine Sensorenphalanx ist ausgefallen, also müssen fünf Turbolaser ohne Zielerfassungsdaten auskommen.«
»Verstanden.« All diese Schäden existierten natürlich nur in der Theorie und waren unter der Voraussetzung berechnet worden, dass die Preybirds hochenergetische Turbolaser einsetzten, wie sie an Bord von Großkampfschiffen üblich waren. Pellaeon hatte diese Art Kriegsspiele in seinen jüngeren Jahren geliebt; er hatte Geschmack an der Möglichkeit gefunden, ohne die Risiken einer wirklichen Schlacht mit Technik und Taktik zu spielen. Doch irgendwann im Laufe der Jahre war ihm diese Begeisterung abhandengekommen. »Steuermann, bringen Sie uns zwanzig Grad nach steuerbord«, befahl er. »Die Steuerbord-Turbolaser werden sie bei ihrem nächsten Anflug mit Streufeuer belegen.«
Die Preybirds kehrten in geschlossener Formation zurück und näherten sich einmal mehr ihrem Ziel. Die Turbolaser der Schimäre eröffneten das Feuer, als sie angriffen; ihr schwacher Beschuss prasselte auf die überlappenden Deflektorschilde der Preybirds ein. Ein paar Sekunden lang beschossen die Gegner einander, dann lösten die Preybirds abermals die Formation auf und entfernten sich voneinander wie die Fingerspitzen einer sich öffnenden Hand. Sie rasten über und unter der Schimäre hinweg und suchten das Weite.
»Schadensbericht?«, rief Pellaeon.
»Drei Turbolaser-Batterien an Steuerbord ausgefallen«, antwortete der Offizier. »Außerdem haben wir einen Traktorstrahlprojektor und zwei Ionenkanonen verloren.«
»Feindschäden?«
»Ein Angreifer scheint seine Deflektorschilde eingebüßt zu haben, und zwei weitere melden verminderte Turbolaser-Kapazitäten.«
»Das kann man kaum als Schäden bezeichnen«, murmelte Ardiff. »Aber natürlich ist die Situation hier nicht ganz fair. Raumschiffe dieser Größe und Manövrierfähigkeit würden in Wirklichkeit niemals über die Schilde oder die Feuerkraft verfügen, die wir ihnen zugedacht haben.«
»Wenn Sie Fairplay wollen, stellen Sie ein Schockball-Turnier auf die Beine«, entgegnete Pellaeon ätzend. »Suchen Sie nicht im Krieg danach.«
Ardiffs Wangen röteten sich. »Es tut mir leid, Sir.«
Pellaeon seufzte. Die besten Männer, die die Imperiale Flotte zur Verfügung stellen konnte … »Behalten Sie das Tarnfeld im Auge, Captain«, befahl er und beobachtete den fahlen Rückstrahl der Preybirds, die sich in einiger Entfernung erneut formierten. »Aktivierung auf mein Kommando!«
»Ja, Admiral.«
Es gab ein plötzliches Flimmern des Rückstrahls, das teilweise von den Preybirds verdeckt wurde, als der Feind auf hohe Geschwindigkeit beschleunigte. »Sie kommen«, sagte Pellaeon und sah zu, wie der einzelne glühende Punkt sich in acht in geschlossener Formation fliegende Schiffe aufteilte. »Koppeln Sie den Predictor mit der Feuerleitstelle. Tarnfeld bereithalten.«
»Predictor und Tarnfeld bereit«, bestätigte Ardiff.
Pellaeon nickte. Seine ganze Aufmerksamkeit galt den Preybirds. Sie hatten jetzt fast den Punkt erreicht, an dem sie beim letzten Mal die Formation aufgelöst hatten. »Tarnfeld … Jetzt!«
Und mit einem kurzen Aufflackern der Brückenbeleuchtung verschwanden die Sterne und die sich nähernden Preybirds, als das Tarnfeld die Schimäre in tiefe Finsternis hüllte.
»Tarnfeld aktiviert und stabil«, meldete Ardiff.
»Steuermann, dreißig Grad Strich acht backbord«, befahl Pellaeon. »Vorwärtsbeschleunigung null Komma eins. Turbolaser … Feuer!«
»Verstanden«, rief einer der Offiziere. »Turbolaser feuern.«
Pellaeon trat einen Schritt näher an das Sichtfenster heran und ließ den Blick über die Flanken der Schimäre wandern. Die fahlen Detonationen des schwachen Beschusses waren gut sichtbar. Sie spien ihr Feuer ein Stück weit von dem Sternzerstörer in den Raum und verschwanden, als sie den sphärischen Rand des Tarnfelds durchdrangen. Die Schimäre, die von ebender Vorrichtung, die sie vor ihren Gegnern schützte, gleichsam geblendet war, feuerte unkontrolliert, in dem Versuch, die Angreifer zu vernichten.
Oder vielleicht doch nicht ganz so unkontrolliert. Wenn der Predictor so zuverlässig arbeitete, wie dessen Erfinder hofften, hatte das Imperium in diesem Krieg vielleicht doch noch eine echte Chance.
Es verging viel Zeit, bis die Turbolaser der Schimäre ihr Feuer einstellten. Viel zu viel Zeit. »War es das?« fragte er Ardiff.
»Ja, Sir«, antwortete der andere. »Fünfhundert Schüsse wie vorgesehen.«
Pellaeon nickte. »Deaktivieren Sie das Tarnfeld. Lassen Sie uns sehen, was wir ausrichten konnten.«
Wieder flackerte das Licht an Bord, und die Sterne kehrten zurück. Pellaeon drückte sich innerlich die Daumen und blickte durch das Aussichtsfenster.
Im ersten Moment sah er gar nichts. Dann entdeckte er an Steuerbord die näher kommenden Glühpunkte. Sieben von ihnen.
»Ein Signal des Feind-Commanders, Admiral«, rief ihm der Kommoffizier zu. »Ziel Nummer drei meldet den Erhalt eines Ausfalltreffers und hat sich abgemeldet; alle übrigen Ziele haben nur unbedeutende Schäden erlitten. Man erwartet Ihre Befehle.«
Pellaeon verzog das Gesicht. Eines. Von acht Zielen hatte es die Schimäre lediglich geschafft, eines zu treffen. Und diese Meisterleistung hatte fünfhundert Schüsse erfordert.
Das war’s also. Der wunderbare computergesteuerte Gefechtspredictor, der von seinen Schöpfern und Sponsoren als der beste Weg zur praktischen Nutzung des Tarnfelds angepriesen wurde, hatte soeben seinen ersten echten Test durchlaufen. Und, um gerecht zu sein, es war immerhin besser gewesen, als einfach ins Blaue zu schießen.
Aber nicht sehr viel besser. Nicht annähernd.
»Informieren Sie den Feind-Commander, dass die Übung vorbei ist«, wies Pellaeon den Kommoffizier an. »Ziel drei kann seine Systeme reaktivieren; alle Schiffe sollen zur Schimäre zurückkehren. Ich wünsche binnen zwei Stunden ihre Berichte.«
»Jawohl, Sir.«
»Ich bin sicher, man wird die Leistung noch steigern können, Sir«, sagte Ardiff, der neben Pellaeon stand. »Das war nur der erste praktische Test. Sie werden die Leistung ganz sicher noch verbessern.«
»Wie?«, entgegnete Pellaeon scharf. »Indem man dem Predictor beibringt, allwissend zu sein? Oder indem man ihn einfach lehrt, die Gedanken unserer Feinde zu lesen?«
»Sie hatten lediglich zwei Durchgänge angeordnet, um die Flugmuster der Ziele zu studieren«, erinnerte ihn Ardiff. »Bei weiteren Daten hätte der Predictor ihre Bewegungen besser vorhersehen können.«
Pellaeon schnaubte verhalten. »Eine nette Theorie, Captain, die in bestimmten kontrollierten Situationen sogar funktionieren könnte. Doch eine Schlacht kann man kaum als kontrollierte Situation bezeichnen. Es gibt viel zu viele Variable und Unbekannte; vor allem, wenn man die vielen Hundert nichtmenschlichen Spezies und deren Kampfstile in Betracht zieht, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Ich wusste von Anfang an, dass diese Predictor-Idee ein Schlag ins Wasser sein würde. Aber wir mussten es trotzdem versuchen.«
»Nun, dann fangen wir eben wieder bei null an«, sagte Ardiff, »und lassen uns etwas anderes einfallen. Es muss doch irgendeinen praktischen Nutzen für dieses Tarnfeld geben.«
»Selbstverständlich gibt es den«, pflichtete Pellaeon ihm nachdrücklich bei. »Großadmiral Thrawn hat allein drei davon hinterlassen. Aber leider gibt es im Imperium niemanden mehr mit seinem militärischen Genie.« Er seufzte. »Nein, Captain. Es ist vorbei. Alles ist vorbei. Wir haben verloren.«
Einen langen Moment war das gedämpfte Murmeln der Gespräche im Hintergrund das einzige Geräusch auf der Brücke. »Das kann nicht Ihr Ernst sein, Admiral«, erwiderte Ardiff schließlich. »Und, wenn ich das sagen darf, Sir, das sind nicht die Worte, die das Oberkommando der Imperialen Streitkräfte wird hören wollen.«
»Und wieso nicht?«, konterte Pellaeon. »Die Tatsachen sind für niemanden zu übersehen.«
»Das ist ganz sicher nicht der Fall, Sir«, entgegnete Ardiff steif. »Wir halten noch immer acht Sektoren – das sind über tausend bewohnte Systeme. Wir haben die Flotte, fast zweihundert Sternzerstörer. Wir sind immer noch eine Streitmacht, mit der zu rechnen ist.«
»Sind wir das?«, wollte Pellaeon wissen. »Sind wir das wirklich?«
»Natürlich«, insistierte Ardiff. »Wie könnten wir uns sonst gegen die Neue Republik halten?«
Pellaeon schüttelte den Kopf. »Wir halten uns allein deshalb, weil die Neue Republik zurzeit viel zu sehr mit ihren internen Querelen beschäftigt ist, um sich mit uns zu befassen.«
»Was uns unmittelbar zum Vorteil gereicht«, erwiderte Ardiff. »Es verschafft uns die Zeit, die wir brauchen, um uns zu reorganisieren und neu zu bewaffnen.«
»Neu bewaffnen?« Pellaeon runzelte fragend die Stirn. »Haben Sie auch nur einen flüchtigen Blick auf das Material geworfen, mit dem wir hier arbeiten?« Er deutete auf den Raum vor dem Sichtfenster, auf die Preybirds, die auf ihrem Weg in den Hangar des Sternzerstörers soeben unter dem Rand der Schiffshülle verschwanden. »Sehen Sie sich die Schiffe doch an, Captain. SoroSuub-Preybirds. Wir haben nichts mehr als SoroSuub-Preybirds.«
»An den Preybirds ist doch nichts auszusetzen, Sir«, erwiderte Ardiff stur. »Sie sind recht zuverlässige mittelgroße Sternjäger.«
»Der springende Punkt ist bloß, dass sie nicht vom Imperium hergestellt wurden«, sagte Pellaeon. »Wir haben sie uns praktisch von überall her zusammengeschnorrt – wahrscheinlich von irgendwelchen Randpiraten oder Söldnern. Und schnorren mussten wir deshalb, weil wir nur noch über eine einzige große Schiffswerft verfügen, die unsere Nachfrage nach Großschiffen – ganz zu schweigen von Sternjägern – unmöglich befriedigen kann. Und jetzt erzählen Sie mir mal, wie Sie uns neu zu bewaffnen gedenken.«
Ardiff starrte aus dem Aussichtsfenster. »Es ist trotzdem noch nicht vorbei, Sir.«
Doch, das war es. Und Pellaeon war sich sicher, dass Ardiff dies tief in seinem Innern ebenso gut wusste wie er selbst. Noch tausend Systeme – von einem Imperium, das einst eine Million Systeme umspannte. Noch zweihundert Sternzerstörer – von einer Flotte, die einmal aus über fünfundzwanzigtausend Einheiten bestanden hatte.
Und, was vielleicht am meisten besagte: Hunderte von Sternsystemen, die früher eine vorsichtige Neutralität gewahrt hatten, suchten nun um Aufnahme in die Neue Republik nach. Auch sie wussten, dass der Ausgang des Krieges nicht länger ungewiss war.
Großadmiral Thrawn wäre vielleicht dazu fähig gewesen, die verbliebenen Funken zu einem imperialen Siegesfeuer anzufachen. Aber Großadmiral Thrawn war tot.
»Lassen Sie den Navigator einen Kurs zum Bastion-System setzen«, wandte sich Pellaeon an Ardiff. »Senden Sie Botschaften an alle Moffs, instruieren Sie sie, bei Moff Disra mit mir zusammenzutreffen. Wir starten, sobald alle Preybirds an Bord sind.«
»Jawohl, Admiral«, erwiderte Ardiff. »Soll ich den Moffs mitteilen, worum es bei dem Treffen geht?«
Pellaeon betrachtete durch das Sichtfenster die fernen Sterne. Sterne, die das Imperium einst sein Eigen genannt hatte. Sie hatten so viel besessen … und irgendwie war ihnen alles durch die Finger geglitten. »Sagen Sie ihnen«, erwiderte er mit leiser Stimme, »dass es an der Zeit ist, einen Unterhändler zur Neuen Republik zu entsenden, um über die Bedingungen unserer Kapitulation zu verhandeln.«
Die Konsole des Millennium Falken gab ein letztes pfeifendes Annäherungssignal von sich und riss Han Solo aus einem leichten Schlummer. Er streckte die Arme, dehnte die müden Glieder und warf einen kurzen Blick auf die Anzeigen. Sie waren fast da. »Mach schon, Chewie, komm zu dir«, sagte er und versetzte dem Wookiee hinter ihm in schneller Folge ein paar aufmunternde Schläge mit dem Handrücken.
Chewbacca schreckte aus dem Schlaf auf und grollte eine Frage. »Wir sind da, das ist los«, erklärte Han und riss für einen Moment die Augen auf, um den Blick zu klären. Er umfasste die Hebel, die den Hyperantrieb steuerten, und sah zu, wie der Countdown lief. »Klar bei Sublichtantrieb. Und … los geht’s!«
Der Zähler sprang auf null, und er drückte die Hebel langsam nach vorn. Jenseits der Pilotenkanzel des Falken verwandelte sich der gesprenkelte Himmel des Hyperraums zuerst in Lichtstreifen, die schließlich zu Sternen kollabierten. Sie hatten ihr Ziel erreicht.
»Genau auf den Punkt«, bemerkte Han und nickte in Richtung des bläulich roten planetaren Halbkreises, der vor ihnen lag.
Neben ihm knurrte Chewbacca.
»Ja, klar, um Iphigin ist immer eine Menge los«, entgegnete Han und betrachtete die Hundertschaften winziger Antriebslichter, die sich um den Planeten bewegten wie ein durchgedrehter Mückenschwarm. »Der Planet ist der wichtigste Umschlagplatz des gesamten Sektors und mindestens noch zwei weiterer dazu. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb Puffers das Meeting hier anberaumt hat: Man fängt nicht an zu schießen, wenn das eigene Material in die Schusslinie geraten könnte.«
Chewbacca knurrte verärgert.
»Oh, Verzeihung«, entschuldigte sich Han sarkastisch, »dann eben Präsident Gavrisom. Ich wusste ja nicht, dass du so ein großer Fan von ihm bist.«
Das Komm meldete sich mit einem Signalton. Chewbacca schlug mit seiner gewaltigen Pranke auf den Schalter und nahm den Ruf brüllend entgegen.
»He, Chewie«, drang Luke Skywalkers Stimme aus dem Lautsprecher. »Ihr seid pünktlich auf die Minute. Der Falke muss zur Abwechslung mal ohne Probleme geflogen sein.«
»Außer einem Kommschalter ist nichts kaputt«, grummelte Han und warf dem Wookiee einen finsteren Blick zu. »Chewie hat bloß versucht, das Ding zu plätten. Wo steckst du, Luke?«
»Ich nähere mich von der Nachtseite«, antwortete Luke. »Was hat Chewie denn?«
»Nicht viel«, erwiderte Han. »Wir hatten nur eine kleine politische Meinungsverschiedenheit, sonst nichts.«
»Aha«, sagte Luke wissend. »Du hast Präsident Gavrisom mal wieder Puffers genannt, richtig?«
»Jetzt fang du nicht auch noch an«, brummte Han und starrte düster auf den Kommlautsprecher.
Chewbacca kollerte eine Frage.
»Also, zum einen scheint er niemals etwas anderes zu tun, als zu reden«, erklärte Han.
»Das können Calibops eben am besten«, stellte Luke fest. »Sieh es endlich ein, Han: Heutzutage sind Worte das passende Handwerkszeug.«
»Ich weiß, ich weiß«, erwiderte Han und schnitt eine Grimasse. »Leia hat mir das ein für alle Mal eingebläut.« Seine Stimme wurde unversehens zu einer beinahe unbewussten Parodie seiner Frau: »Wir sind nicht länger die Rebellenallianz, die mit nur einer Handvoll Kämpfer den ganzen Laden schmeißt – wir sind jetzt Unterhändler und Vermittler, und wir sind hier, um den Regierungen der Systeme und Sektoren dabei zu helfen, hübsch artig miteinander umzugehen.«
»Hat Leia das wirklich so ausgedrückt?«
»Ich habe es ein bisschen ausgeschmückt.« Han blickte mit einem Stirnrunzeln aus der Kanzel des Falken und sah dann wieder auf die Anzeigen. »Bist du das in dem X-Flügler?«
»Ja, das bin ich«, bestätigte Luke. »Warum? Glaubst du, ich habe vergessen, wie man so ein Ding fliegt?«
»Nein, ich dachte bloß, du benutzt mittlerweile meistens eine der Lambda-Fähren der Akademie.«
»Das tue ich nur, weil ich für gewöhnlich nicht allein fliege«, erwiderte Luke. »Schüler und so. R2 war mit mir auf Yavin, um ein paar Daten durchs Raster laufen zu lassen, und als dein Ruf kam, sind wir sogleich in unsere alte Stumpfnase gestiegen und losgeflogen. Worum geht es eigentlich?«
»Worum es auf dieser Seite des Galaktischen Kerns immer geht«, antwortete Han säuerlich. »Die Diamala und die Ishori sind mal wieder so weit.«
Luke seufzte. Das Geräusch drang als leises Zischen aus dem Lautsprecher. »Lass mich raten: Handels- und Rohstoffstreitigkeiten?«
»Nah dran«, erwiderte Han. »Aber dieses Mal geht es um die Sicherheit ihrer Schiffe. Den Diamala gefällt es nicht, sich auf lokale Patrouillenschiffe verlassen zu müssen, wenn sie die Raumhäfen der Ishori anfliegen; die Ishori auf der anderen Seite wollen keine bewaffneten Diamala-Raumer in ihre Systeme hineinlassen.«
»Hört sich vertraut an«, meinte Luke. »Hat Gavrisom irgendeine Idee, wie man dieses Problem lösen könnte?«
»Falls ja, hat er mir nichts davon gesagt«, antwortete Han. »Er hat mich bloß auf Wayland verständigt und gemeint, ich solle mich wie der Blitz hierherbegeben. Um dabei zu helfen, dass alle hübsch artig miteinander umgehen, schätze ich.«
»Gavrisom hat dich gebeten, als Vermittler aufzutreten?«
Han zog eine Schnute. »Na ja … nicht ganz. Er denkt irgendwie, dass Leia bei uns ist.«
»Ah.«
»Sieh mal, Luke, ich bin ein offizieller Verbindungsmann der Assoziation Unabhängiger Transportschiffer«, rief Han ihm gereizt in Erinnerung. »Es ist also nicht so, als hätte ich so etwas nicht schon früher gemacht. Und Leia hat bereits seit langer Zeit keine richtigen Ferien mehr gehabt – sie und die Kinder brauchen einfach ein bisschen Zeit miteinander. Und dieses eine Mal lasse ich es nicht zu, dass sie zu irgendeiner stupiden diplomatischen Angelegenheit abberufen wird – vor allem dann nicht, wenn sie eigentlich offiziell beurlaubt ist. Sie hat was Besseres verdient.«
»Darüber lässt sich nicht streiten«, räumte Luke ein. »Schließlich waren die letzten Male, da sie von der Präsidentschaft beurlaubt war, nicht gerade erholsam. Obwohl ich mir persönlich nicht vorstellen kann, dass Wayland auf irgendjemandes Liste der beliebtesten Ferienorte besonders weit oben steht.«
»Du wärst überrascht«, entgegnete Han. »Es ist dort nicht mehr so wie damals, als wir auf dem Weg zum Mount Tantiss durch die Wälder gestapft sind. Nicht mit all den Noghri, die sich dort niedergelassen haben.«
»Ich nehme dich beim Wort«, versprach Luke. »Also, wie kann ich helfen?«
»Ich habe einen Plan«, sagte Han. »Du weißt ja selbst, wie die Diamala sich gebärden, wenn sie nachdenken: ruhig, kalt, ohne Emotionen, nicht wahr? Nun, das fällt in dein Metier als Jedi und so; du könntest dir also ihre Delegation vornehmen. Die Ishori sind genau das Gegenteil: Sie können über nichts reden, ohne gleich aus der Haut zu fahren und sich gegenseitig anzuschreien.«
»Aber sie meinen es ja nicht so«, warf Luke ein. »Es ist hormonell bedingt; eine unwillkürliche Reaktion nennt man das, glaube ich.«
»Ja, ich weiß, ich weiß«, sagte Han, der angesichts der Belehrung einen Anflug von Verärgerung empfand. Jedi-Meister hin oder her, Luke besaß nicht einmal die Hälfte seiner Erfahrung, wenn es darum ging, in der Galaxis herumzufliegen und mit fremden Spezies zurechtzukommen. »Der Punkt ist, die können so viel brüllen, wie sie wollen, einen Wookiee kratzt das nicht im Geringsten. Chewie wird also mit ihrer Gruppe verhandeln. Dann kommen wir alle drei zusammen, präsentieren eine Lösung, und das war’s.«
»Das ist ein ganz neuer Ansatz, das muss ich zugeben«, sagte Luke mit nachdenklicher Stimme. »Ich persönlich würde es immer noch vorziehen, wenn Leia hier wäre. Sie besitzt die natürliche Gabe der Versöhnung.«
»Ein weiterer Grund, ihr diese Sache abzunehmen«, erwiderte Han düster. »So wie die Dinge da draußen stehen, könnten Gavrisom und der Hohe Rat sie für den Rest ihres Lebens von einem Ort zum andern springen lassen, um sämtliche Buschfeuer höchstpersönlich auszutreten.«
»Die Neue Republik scheint in der Tat mehr als die üblichen Wachstumsschmerzen zu erleiden«, stimmte ihm Luke nüchtern zu. »Vielleicht sind das nur die normalen Anpassungsschwierigkeiten nach dem Zusammenbruch der imperialen Herrschaft.«
»Das, oder die Überreste des Imperiums rühren noch in der Suppe«, sagte Han und verzog das Gesicht. »Komm, lass uns irgendwo runtergehen. Je eher wir loslegen, desto schneller sind wir wieder zu Hause.«
Sie setzten in einer Andockbucht von doppelter Größe auf, die für sie im nördlichen Raumhafenkomplex der Hauptstadt vorbereitet worden war. Han und Chewbacca standen am Fuß der Landerampe des Falken und sprachen bereits mit einer Dreiergruppe weißmähniger Diamala, während Luke seinen X-Flügler noch in ein Landemanöver zwang, das nur andeutungsweise verriet, dass er ein wenig aus der Übung war.
Er hatte die Repulsoren noch nicht abgeschaltet, als er auch schon spürte, dass es Ärger geben würde.
»Du bleibst beim Schiff, R2«, befahl er dem Droiden, während er die Kanzel aufklappte und den Helm abnahm. »Behalte alles im Auge, ja?«
R2 gab ein zustimmendes Trillern von sich. Luke ließ Helm und Handschuhe auf den Pilotensitz fallen, sprang leichtfüßig über die Flanke des X-Flüglers auf den Boden und ging auf die Gruppe zu, die ihn unter dem Falken erwartete. Die drei Diamala, so stellte er unbehaglich fest, fassten ihn genau ins Auge … und ihr Gesichtsausdruck kam ihm nicht sonderlich freundlich vor.
»Ich grüße Sie«, begann er und nickte höflich, als er neben Han trat. »Ich bin Luke Skywalker.«
Der Diamala, der Han am nächsten stand, rührte sich. »Wir grüßen Euch ebenfalls, Jedi-Meister Skywalker«, sagte er mit flacher und emotionsloser Stimme. Das an Leder erinnernde Gesicht blieb undurchdringlich. »Aber wir heißen Euch zu dieser Unterredung nicht willkommen.«
Luke blinzelte. Er warf Han einen Blick zu und registrierte Anspannung in den Mienen und Gedanken der anderen, dann sah er wieder den Diamala an. »Ich verstehe nicht …«
»Dann will ich deutlicher werden«, erwiderte der Nichtmensch, dessen linkes Ohr einmal zuckte. »Wir wünschen nicht, dass Ihr an diesen Verhandlungen teilnehmt. Wir beabsichtigen nicht, irgendeine der anstehenden Fragen mit Euch zu erörtern. Wir würden es sogar vorziehen, wenn Ihr dieses System ganz verlasst.«
»Jetzt mach aber mal halblang«, mischte sich Han ein. »Er ist mein Freund, klar? Ich habe ihn hergebeten, und er kommt von weit her, um uns zu helfen.«
»Wir wollen seine Hilfe nicht.«
»Nun, aber ich will sie«, entgegnete Han. »Und ich werde ihn nicht auffordern, von hier wegzugehen.«
Es entstand ein Augenblick peinlichen Schweigens. Luke ließ die Diamala nicht aus den Augen und dachte darüber nach, ob er die Meinungsverschiedenheit durch seine Abreise einseitig beenden sollte. Wenn sie ihn hier wirklich nicht haben wollten …
Der Sprecher der Diamala ließ erneut sein Ohr zucken. »Also schön«, sagte er, »der Jedi-Meister mag bleiben. Aber nur als Ihr Berater, der bei den eigentlichen Verhandlungen nicht anwesend sein wird. Die Diamala werden keine der anstehenden Fragen in seinem Beisein diskutieren.«
Han verzog das Gesicht, doch dann nickte er. »Wenn Sie es denn so haben wollen – gut. Warum zeigen Sie uns jetzt nicht unsere Quartiere, damit wir beginnen können?«
Der Diamala machte eine Geste, und einer seiner Begleiter reichte Chewbacca einen Datenblock. »Man hat Ihnen eine Suite im Kontrollbereich des Raumhafens zugewiesen«, erklärte er. »Dieser Plan weist Ihnen den Weg. Die Ishori haben sich schon im Versammlungssaal eingefunden. Wir fangen an, sobald Sie bereit sind.«
Die drei Nichtmenschen drehten sich wie ein Mann um und überquerten die Landeplattform in Richtung einer Treppe, die ins Freie führte. »Nun, das war eine interessante Begegnung«, sagte Luke leise, während er zusah, wie sie davongingen. »Irgendeine Idee, was das sollte?«
»Ja-ah«, antwortete Han. »Na ja, so ungefähr.«
»Ungefähr? Was soll das heißen?«
Han warf Luke einen Seitenblick zu; seine Miene schien ebenso merkwürdig bewegt wie seine Gedanken. »He, vergessen wir das mal für den Moment, in Ordnung? Sie … na ja, sie können dich eben nicht leiden. Belassen wir es dabei.«
Luke starrte den Rücken der davonmarschierenden Diamala nach, deren glänzende Mähnen leicht im Wind flatterten. Er musste es natürlich keineswegs dabei belassen – er könnte auf der Stelle mit der Macht hinausgreifen und das nötige Wissen aus ihnen herausholen. Bestimmt war das Problem, was immer es sein mochte, auf irgendein Missverständnis zurückzuführen, zu dessen Aufklärung er kaum beitragen konnte, solange er nicht wusste, worum es ging. Ja, das war es, was er tun sollte.
Und doch …
Er sah Han an. Han erwiderte den Blick, und noch immer lag der seltsam bewegte Ausdruck auf seinem Gesicht. Vielleicht fragte er sich, ob Luke sein Vorhaben in die Tat umsetzen würde.
Nein. Er würde es ihnen, Hans Bitte folgend, durchgehen lassen. Für den Moment. »Also gut«, sagte er. »Wie sieht die neue Strategie aus?«
»Chewie und ich führen die Gespräche«, antwortete Han und wandte sich dem Wookiee zu. Obwohl er seine Miene zu beherrschen versuchte, war der Anflug von leiser Erleichterung nicht zu übersehen. »Wenn es dir nichts ausmacht zu warten, bis wir fertig sind, kannst du uns vielleicht dabei helfen, den Handel zu einem Abschluss zu bringen.«
»Sicher.« Luke blickte in die Richtung, in die die Diamala verschwunden waren. »Er hat gesagt, ich könnte dein Berater sein. Also werde ich dich beraten.« Er wandte sich wieder um und stellte fest, dass Han sein Gesicht studierte.
»Das hier gefällt dir nicht, oder?«, fragte der ältere Mann.
Luke zuckte die Achseln. »Na ja, das ist nicht gerade der Höhepunkt des Tages für mich«, gab er zu. »Es ist immer ein wenig peinlich, wenn man jemandem seine Hilfe anbietet und zurückgewiesen wird. Aber ich vermute, ein wenig Ratlosigkeit dann und wann hat noch niemandem geschadet.«
»Ja«, sagte Han. »Manchmal hilft sie sogar.«
Luke fand diese Bemerkung ziemlich seltsam. Doch ehe er nachfragen konnte, war Han schon neben Chewbacca getreten und nahm den Datenblock, den der Diamala diesem übergeben hatte.
»Hast du herausgefunden, wo wir hingehen sollen?«, erkundigte er sich.
Der Wookiee knurrte eine Bestätigung und wies mit einem zottigen Finger auf das Display des Datenblocks.
»Ja, alles klar«, sagte Han und gab den Block zurück. »Du gehst vor.« Er grinste schief in Lukes Richtung. »Niemand scheucht dir die Leute so gut aus dem Weg wie ein Wookiee.«
»Dir ist doch klar, dass es noch eine andere Möglichkeit gibt«, sagte Luke mit gesenkter Stimme, während sie sich in Bewegung setzten, um die Landebucht zu durchqueren. »Sie könnten uns zu trennen versuchen, um uns irgendwie anzugreifen.«
Han schüttelte den Kopf. »Ich denke nicht, dass es das ist.«
»Ich würde deine Verhandlungen trotzdem gerne im Auge behalten«, beharrte Luke. »Es sollte mir möglich sein, deiner Präsenz von jedem Ort aus zu folgen, an den sie uns schicken. Auf diese Weise kann ich jederzeit zu dir stoßen, falls du mich brauchst.«
»Aber nur meiner Präsenz, ja?«
Luke runzelte die Stirn. »Natürlich. Ich würde niemals ohne Erlaubnis in deine Gedanken eindringen. Das weißt du.«
»Ja«, erwiderte Han. »Sicher.«
Es erwies sich, dass Luke die Macht gar nicht einsetzen musste, um über den Fortgang der Ereignisse auf dem Laufenden zu bleiben. Ihre Iphigini-Gastgeber hatten irgendwie davon erfahren, dass die Diamala seine Teilnahme an der Zusammenkunft abgelehnt hatten, und als Han und Chewbacca mit den Verhandlungen begannen, hatten sie längst eine Monitorverbindung zwischen Lukes Suite und dem Konferenzraum installiert, die es ihm gestattete, das Meeting unmittelbar zu beobachten.
Er benötigte zwei Stunden, um herauszufinden, dass die Gespräche nirgendwo hinführten. Es dauerte eine weitere Stunde, bis Han zu dem gleichen Ergebnis gelangte – oder wenigstens, bis er bereit war, dies auch offen auszusprechen.
»Die sind verrückt«, brummte Han und warf eine Handvoll Datenkarten auf einen niedrigen Tisch in der Raummitte, als er und Chewbacca sich Luke in dessen Suite anschlossen. »Die ganze verdammte Bande, total verrückt.«
»Ich würde nicht sagen verrückt«, wies Luke ihn zurecht. »Starrsinnig und stur vielleicht, aber nicht verrückt.«
»Vielen Dank«, knurrte Han düster. »Das hilft mir wirklich weiter.«
Chewbacca grollte eine Warnung.
»Mir gehen keineswegs die Nerven durch«, teilte Han ihm steif mit. »Ich habe mich vollkommen unter Kontrolle.«
Luke sah seinen Freund an und verbarg wohlweislich ein Lächeln. In diesem Moment war Han wieder ganz der Alte: der nassforsche, selbstsichere Schmuggler, dem er und Obi-Wan damals in der Mos-Eisley-Bar zum ersten Mal begegnet waren. Der sich freudig in unbekannte Situationen stürzte und sich dabei in den meisten Fällen in ernsthafte Schwierigkeiten brachte. Es war gut zu wissen, dass Han auch als respektabler Familienvater und verantwortungsvoller Amtsträger der Neuen Republik seinen Wagemut, der seine Freunde einstmals ebenso in den Wahnsinn getrieben hatte wie die Imperialen, noch nicht völlig verloren hatte. Han funktionierte einfach am besten, wenn er bis zum Hals in Schwierigkeiten steckte. Vielleicht hatte ihn die Gewohnheit dahin gebracht, dass er sich nur in diesem Zustand wirklich wohlfühlte.
»Also gut«, sagte er jetzt und ließ sich in einen Sessel fallen, der Luke auf der anderen Seite des Tisches gegenüberstand. »Gehen wir die Sache mal durch. Es muss doch einen Ausweg geben.«
»Wie wär’s, wenn du eine dritte Partei ins Spiel bringst?«, schlug Luke vor. »Vielleicht kann die Neue Republik die Sicherheit der Diamala-Frachter gewährleisten, wenn diese sich in den Systemen der Ishori aufhalten.«
Chewbacca brachte brüllend die offensichtliche Schwierigkeit dabei vor.
»Ja, ich weiß, wir können nicht viele Raumschiffe entbehren«, sagte Luke, »aber der Hohe Rat wird schon irgendwas auftreiben.«
»Nicht genug, um irgendwie von Nutzen zu sein«, meinte Han und schüttelte den Kopf. »Die Diamala betreiben Schifffahrt im großen Stil, und ich glaube, dir ist nicht bewusst, wie dünn unsere Hardware da draußen gesät ist.«
»Aber es wäre auf lange Sicht immer noch billiger als die Kosten, die entstünden, wenn wir die Diamala und die Ishori trennen müssten, sobald sie aufeinander zu schießen begonnen haben«, wandte Luke ein.
»Wahrscheinlich«, gab Han zu und spielte mit einer der Datenkarten herum. »Das Problem ist bloß, ich glaube nicht, dass die Diamala dieses Angebot annehmen würden, selbst wenn wir genug Schiffe dafür abstellen könnten. Ich glaube nicht, dass sie bereit sind, irgendjemandem ihre Sicherheit anzuvertrauen.«
»Nicht mal der Neuen Republik?«
Han schüttelte den Kopf. Sein Blick zielte eine Sekunde lang verstohlen auf Lukes Gesicht und huschte dann ebenso schnell weiter. »Nein.«
Luke legte die Stirn in Falten. In diesem Moment fing er einen Anflug der gleichen angespannten Stimmung auf, die er bereits beim Falken gespürt hatte. »Verstehe.«
»Ja«, sagte Han, der sich wieder ganz geschäftsmäßig gab. »Hat jemand noch andere Ideen?«
Luke warf Chewbacca einen kurzen Blick zu und suchte nach einem Weg, seine nächsten Worte diplomatisch zu formulieren. Aber es gab keinen. »Du weißt, Han, es ist noch nicht zu spät, Leia hinzuzuziehen. Wir können Wayland verständigen und die Noghri bitten, sie herzubegleiten.«
»Nein«, erwiderte Han entschieden.
Chewbacca indes äußerte seine Übereinstimmung mit Luke.
»Ich habe Nein gesagt«, betonte Han und starrte den Wookiee an. »Wir schaffen das hier auch allein.«
Die in den Tisch eingebaute Konsole ließ ein Trillern hören. Luke sah Han an, der jedoch nach wie vor mit Chewbacca in einem Wettstreit im gegenseitigen Anstarren lag. Er griff mit der Macht hinaus und drückte die entsprechende Taste. »Skywalker«, meldete er sich.
Über dem Holoblock in der Mitte des Tisches erschien die auf ein Viertel seiner Größe reduzierte Abbildung eines jungen Iphigini, dessen geflochtener Lippenbart das Symbol des Iphiginischen Raumhafendirektoriums am Hals nicht ganz zu verdecken vermochte. »Ich bitte um Verzeihung, dass ich Eure Beratungen unterbreche, Jedi Skywalker«, sagte er mit einer Stimme, die weit melodischer war, als das zerklüftete Gesicht und der kantige Körperbau vermuten ließen, »aber wir haben eine Mitteilung von der Handelskammer der Neuen Republik erhalten, nach der sich ein sarkanischer Frachter auf dem Weg hierher befindet, der dem Zollstatus Rot unterliegt.«
Luke sah Han an. Zollstatus Rot: eine Warnung, der zufolge das Schiff illegale und hochgefährliche Fracht an Bord hatte. »Konnte die Handelskammer den Captain und die Crew identifizieren?«
»Nein«, erwiderte der Iphigini. »Man sagte uns eine weitere Übertragung zu, die bislang jedoch nicht eingetroffen ist. Der verdächtige Frachter nähert sich Iphigin, und wir haben die Vorhut unserer Zollfregatten und Patrouillenschiffe in Marsch gesetzt, um ihn abzufangen. Der Gedanke kam auf, dass Ihr und Captain Solo als Repräsentanten der Neuen Republik vielleicht wünscht, den Vorgang zu beobachten.«
Plötzlich gab es eine Veränderung in Hans Emotionen. Luke warf ihm einen Blick zu und sah, dass sein Freund gedankenverloren an die Decke starrte. »Wir wissen die Einladung zu schätzen«, sagte Luke und wandte sich wieder dem Hologramm zu. »Im Augenblick allerdings …«
»Woher kommt dieser Sarkan-Frachter?«, fiel ihm Han ins Wort.
»Sektor Drei-Besch.« Das Abbild des Iphigini wurde durch eine schematische Darstellung von Iphigin und dem umgebenden Weltraum ersetzt. Ein paar Grad jenseits einer Linie, die den Planeten Iphigin mit seiner Sonne verband, blinkte ein roter Punkt; fast zwanzig blinkende grüne Punkte näherten sich ihm vom Planeten sowie aus dem Raum ringsum. »Wie Sie sehen können, haben wir uns entschlossen, eine Streitmacht zu entsenden, die dazu in der Lage ist, jedweden Widerstand zu brechen.«
»Ja-ah«, sagte Han langsam. »Und Sie sind ganz sicher, dass es sich um ein sarkanisches Raumschiff handelt?«
»Wir haben die Transpondercodes überprüft«, erklärte der Iphigini. »Das Schiff ist eine corellianische Action-Keynne XII, ein Schiffstyp, den man in diesem Teil des Kerns nur selten zu Gesicht bekommt, es sei denn, unter sarkanischer Führung.«
Luke pfiff lautlos durch die Zähne. Er hatte einmal Gelegenheit gehabt, mit einer Action-Keynne XII zu fliegen, und war tief beeindruckt gewesen von der hervorragenden Ausstattung im Innern sowie der vielfältigen äußeren Bewaffnung. Der Raumer, der zum Transport wertvollster Güter entwickelt worden war, konnte fast schon als kapitales Kriegsschiff gelten.
Das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb die Iphigini so viele Einheiten losschickten, um ihn abzufangen. Falls der Captain beschloss, nicht zu kooperieren, waren die Iphigini zum Kampf bereit.
»Das hört sich allerdings nach einem Sarkan-Raumer an«, stimmte Han zu, dessen Stimme ein wenig zu gleichgültig klang. »Machen Sie weiter, und fangen Sie das Schiff ab. Vielleicht kommen wir nach und sehen uns die Sache mal an.«
»Danke, Captain Solo«, sagte der Iphigini. »Ich werde die Beamten unterrichten, dass Sie sich ihnen anschließen werden. Leben Sie wohl.«
Das Hologramm verschwand. »Verlass dich lieber nicht darauf«, murmelte Han, sammelte die Datenkarten ein, die er über den Tisch verstreut hatte, und ging sie rasch durch. »Chewie, beweg dich zu dieser Konsole und sieh zu, ob du eine komplette Aufstellung aller Verkehrsbewegungen da draußen aufrufen kannst.«
»Was ist denn los?«, wollte Luke wissen, der Han mit einem Stirnrunzeln ansah und versuchte, seine Stimmung zu ergründen. Das frühere Unbehagen war mit einem Mal verflogen und einer Art kaum verhohlener Erregung gewichen. »Du kennst diesen Schmuggler?«
»Das ist kein Schmuggler«, antwortete Han. Er fand die Karte, nach der er gesucht hatte, und schob sie in seinen Datenblock. »Hast du es, Chewie? Sehr gut. Lade alles auf das Holofeld da drüben.«
Chewbacca grollte bestätigend, und über dem Tisch erschien eine vollständigere schematische Darstellung.
Han richtete zuerst den Blick darauf und schaute dann auf den Datenblock in seiner Hand. »Großartig! Okay, komm her und hilf mir mal hierbei.«
»Was gibt es denn?«, fragte Luke.
»Hier sind die Liste der Bodenstationen sowie die Orbitaldaten ihrer Golan-I-Verteidigungsplattform«, erklärte Han und winkte mit dem Datenblock, während Chewie zurück an seine Seite schlurfte. »Mal sehen …«
Eine Minute steckten die beiden die Köpfe zusammen, blickten angestrengt entweder auf das Holo oder auf Hans Datenblock und unterhielten sich mit gesenkter Stimme. Luke studierte derweil die schematische Darstellung, betrachtete die farbkodierten Transporter und die anderen Raumschiffe, die an- und abflogen, und fragte sich, worum es hier eigentlich ging.
»In Ordnung«, sagte Han schließlich. »Von dort werden sie hereinkommen. Also müssen wir bloß irgendwo in der Mitte von diesem Kegel sitzen und abwarten. Ausgezeichnet! Geh zurück zum Falken und mach das Schiff startklar. Ich komme gleich nach.«
Chewbacca knurrte zustimmend und stapfte mit schnellen Wookiee-Schritten durch die Tür.
»Werde ich jetzt erfahren, was hier los ist?«, wollte Luke wissen.
»Klar doch«, antwortete Han, sammelte die Datenkarten ein und verstaute sie wieder. »Piraten sind auf dem Weg hierher.«
»Piraten?« Luke blinzelte. »Hierher?«
»Sicher. Wieso auch nicht?«
»Ich hatte nicht erwartet, dass Piratenbanden so weit im Innern des Galaktischen Kerns operieren, das ist alles«, erklärte Luke. »Das Sarkan-Schiff ist also nur eine Finte.«
»Ja«, erwiderte Han und kam auf die Füße. »Das wissen die an Bord bloß nicht. Ein uralter Trick: Man provoziert einen Alarm wegen irgendeines Raumschiffes, das sich von der Sonnenseite her nähert, dann schlägt man bei einem Ziel auf der Nachtseite zu, während der Zoll weit entfernt beschäftigt ist. Der einzige knifflige Teil ist, dafür zu sorgen, dass die Boden- und Orbitalverteidigung einem nichts anhaben kann. Und vor allem, sich zu überlegen, wie man den Alarm fingiert. Komm, lass uns aufbrechen.«
»Sollten wir nicht zuerst die Iphigini verständigen?«, fragte Luke und griff nach dem Komm.
»Wozu?«, entgegnete Han. »Du, Chewie und ich sollten in der Lage sein, allein damit fertigzuwerden.«
»Was? Mit einer ganzen Piratenbande?«
»Klar, wieso denn nicht? Die Banden, die in diesem Sektor arbeiten, sind alle ziemlich klein – höchstens zwei oder drei Schiffe.« Hans Mundwinkel zuckten. »Eigentlich brauchst du uns nicht mal dazu.«
»Ich weiß dein Vertrauen zu schätzen«, erwiderte Luke eisig. »Aber ich werde mich nicht so ohne Weiteres ganz allein mit ihnen anlegen, vielen Dank.«
Han hob die Hände. »He, nichts für ungut.«
»Keine Ursache.« Luke deutete auf das Hologramm und die Patrouillenschiffe, die ihr Netz um den sich nähernden sarkanischen Frachter webten. »Ich denke immer noch, wir sollten die Iphigini hinzuziehen.«
»Das können wir nicht«, sagte Han. »Die Piraten haben wahrscheinlich längst einen Spion hier. Das geringste Anzeichen eines Alarms, und sie blasen den Überfall einfach ab. Am Ende stehen wir mit dummem Gesicht da, und die Meinung der Diamala über die Neue Republik sinkt noch ein bisschen tiefer. Und wenn das geschieht, wird der Hohe Rat mir das Fell über die Ohren ziehen.«
Luke seufzte. »Alles war so viel einfacher, als die militärischen Aktivitäten der Allianz sich nicht jedes Mal in der Politik verhedderten.«
»Wem sagst du das?«, brummte Han. »Wir müssen jetzt los. Bist du dabei oder nicht?«
Luke zuckte die Achseln. »Ich bin dabei«, sagte er und griff nach seinem Kommlink. »R2?«
R2-D2 gefiel diese Sache nicht, ganz und gar nicht. Die Worte, die über den Computerbildschirm des X-Flüglers rollten, ließen daran nicht den geringsten Zweifel.
»Ach, komm schon, R2«, schalt ihn Luke, »wir haben einen ganzen Krieg zusammen durchgemacht und gegen die mächtigste Kriegsmaschinerie gekämpft, die die Galaxis je gesehen hat. Da wirst du mir doch nicht weismachen, dass du dich vor ein paar zusammengeflickten Piratenschiffen fürchtest, oder?«
Der Droide schnarrte beleidigt.
»Schon besser«, sagte Luke beifällig. »Halt bloß die Augen offen, und uns wird nichts geschehen.«
R2, der offenbar nicht wirklich überzeugt war, trillerte abermals und verstummte dann. Luke spähte aus dem Cockpit des X-Flüglers und versuchte, die eigenen nagenden Zweifel abzuschütteln: das seltsame Unbehagen, das immer wieder an die Oberfläche von Hans Emotionen stieg, die unerklärliche Weigerung der Diamala, ihn an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen … all das gesellte sich zu der merkwürdigen Unruhe, die seit den vergangenen zwei Wochen in ihm schwelte und wuchs.
Er hatte bereits zweimal mit Leia darüber gesprochen, da er hoffte, ihre Einsicht und Erfahrung würden ihm helfen, das vage Flimmern in ein scharfes Bild zu verwandeln. Aber ihr war auch nicht mehr eingefallen als die Vermutung, dass es sich dabei um eine Art unterschwelliger Regung der Macht handelte. Sie nahm an, dass Luke irgendetwas Bestimmtes tun oder vielleicht gerade nicht tun sollte.
Auf ihr Drängen hin hatte er in letzter Zeit mehr Stunden auf Meditationen verwendet, in der Hoffnung, die Selbstversenkung in der Macht würde ihm helfen. Doch bisher hatte er damit auch nichts erreicht.
»Luke?«, ließ sich Hans Stimme in seinem Helm vernehmen. »Wo bist du?«
Luke schüttelte die Gedanken ab und wandte sich den anstehenden Aufgaben zu. »Über dir und ein Stück weit backbord«, antwortete er. »Ich sehe hier draußen nichts, was wie ein Piratenschiff aussieht. Du?«
»Noch nicht«, sagte Han. »Keine Sorge. Wenn sie auftauchen, wirst du es mitbekommen.«
»Klar.« Luke drehte langsam den Kopf und betrachtete das Glühen der Antriebsdüsen und die Positionslichter der verschiedenen Frachtraumer.
Und im nächsten Moment waren sie da.
Allerdings waren es nicht bloß zwei oder drei. Nicht weniger als acht Raumschiffe fielen aus der Lichtgeschwindigkeit, keines von ihnen war gekennzeichnet, und alle waren mit Turbolaser-Batterien gespickt.
Hinter Luke erklang ein alarmiertes Schrillen. »Keine Panik, R2«, beruhigte Luke den Droiden. »Erzähl mir lieber was über sie.«
R2 piepste unsicher, dann erschien eine Liste auf Lukes Sensoranzeigen. Zwei ramponiert aussehende corellianische Kanonenboote, ein alter, aber dennoch beeindruckend großer Kaloth-Schlachtkreuzer mit einer gleichermaßen alten KDY-a-4-Ionenkanone, die mehr schlecht als recht an den Bug des Raumschiffes geschweißt worden war, sowie fünf Angriffsjäger der Korsar-Klasse. Die Gruppe bewegte sich in einer Umklammerungsformation und näherte sich einem Paar mittelschwerer Transporter, das einige Kilometer vor und unter ihnen flog.
Die Transporter trugen die Insignien der Neuen Republik.
»Han?«, rief Luke.
»Ja, ich sehe sie«, antwortete Han knapp. »Okay. Was willst du tun?«
Luke hielt nach den näher kommenden Piraten Ausschau und fühlte, wie sich sein Magen plötzlich zusammenzog. Es gab natürlich viele Möglichkeiten: Er konnte mit der Macht hinausgreifen, die Kontrollen an den Tragflächen der Schiffe beschädigen und sie damit lähmen; er könnte vielleicht sogar ganze Platten aus den Schiffshüllen reißen oder die Waffenbänke deformieren, sie allein mit der Macht zerfetzen; oder er könnte einfach in die Gedanken der Besatzungen eindringen, sie in ohnmächtige Beobachter verwandeln oder gar zur Kapitulation zwingen. Für einen Jedi-Meister, dessen Verbündeter die Macht war, gab es keine Grenzen – absolut keine.
Und dann erstarrte er plötzlich, sein Atem schien ihm in der Kehle zu gefrieren. Genau vor ihm hoben sich vor der Schwärze des Weltraums matt die Abbilder von Imperator Palpatine und Exar Kun ab, zwei der stärksten Anführer der Dunklen Seite, denen er sich jemals hatte stellen müssen. Und jetzt standen sie vor ihm und starrten ihn an.
Und lachten.
»Luke?«
Hans Stimme ließ ihn zusammenfahren, und im gleichen Augenblick lösten sich die Abbilder auf. Der eisige Schrecken jedoch blieb. Etwas Bestimmtes, das er tun sollte …
»Luke! He, komm zu dir, Kumpel!«
»Ich bin voll da«, brachte Luke heraus. Sein Mund, so stellte er fest, war mit einem Mal wie ausgedörrt. »Ich … du übernimmst besser die Führung, Han.«
»Bist du in Ordnung? Kannst du fliegen?«
Luke schluckte. »Ja. Es geht mir gut.«
»Sicher«, entgegnete Han, offenbar nicht recht überzeugt. »Hör zu, du bleibst besser zurück. Chewie und ich kommen schon klar.«
»Nein«, rief Luke. »Nein, ich begleite dich. Sag mir bloß, was ich tun soll.«
»Also gut, wenn du sicher bist, dass du es schaffst, kannst du mir Deckung geben«, antwortete Han. »Wir müssen zuerst mal die Ionenkanone ausschalten.«
Luke atmete tief durch, entspannte seinen Geist und griff hinaus nach der Macht. Zwei Schiffe gegen acht. Es war wie in den alten Tagen, als die Rebellenallianz gegen die ehrfurchtgebietende Macht des Imperiums gekämpft hatte. Er war damals nicht annähernd so stark in der Macht gewesen. Im Grunde kaum stark genug, um seine natürlichen Talente als Kämpfer und Pilot zu erweitern.
Und doch kamen ihm die Erinnerungen an jene Tage seltsam rein vor. Reiner, als sein Geist sich seit langer Zeit gefühlt hatte.
Etwas Bestimmtes, das er tun sollte …
Na schön, beschied er den Erinnerungen, sehen wir das hier als eine Art Prüfung. »In Ordnung«, wandte er sich an Han. »Ich bin direkt hinter dir.«
Es war in der ersten Minute nicht ersichtlich, ob die Piraten, die sich weiter auf ihre ursprüngliche Beute konzentrierten, den alten YT-1300-Frachter und den X-Flügel-Sternjäger, die längsseits flogen, überhaupt bemerkten. Doch es war mehr als deutlich, dass ein plötzlicher Angriff von außerhalb ihrer Umklammerung das Letzte war, womit sie rechneten. Der Falke schoss zwischen zwei der Korsare hindurch, ohne das geringste Feuer auf sich zu ziehen, bis er sie hinter sich gelassen hatte. Sie feuerten eine einzige ungenaue Turbolaser-Salve ab, bevor Luke sich unbemerkt hinter sie setzte und je einen Protonentorpedo in ihren Antriebssektionen platzierte. Es gab einen leuchtenden Doppelblitz, und sie schieden ein für alle Mal aus dem Kampf aus.
Der X-Flügler schoss zwischen ihnen hindurch und schraubte sich aus der Schusslinie der handlungsunfähigen Schiffe in die Höhe. Doch dann richtete der Schlachtkreuzer seine Geschütztürme auf die Angreifer …
Hinter Luke ließ sich unversehens ein warnendes Kreischen vernehmen. »Ich sehe sie, R2«, sagte er und lenkte den X-Flügler in eine Spirale, die ihm den Magen umstülpte und ihn von dem Schlachtkreuzer wegbrachte, als auch schon zwei der verbliebenen Korsare an ihm vorbeisausten. Als er sich umdrehte, nahm er aus dem Augenwinkel einen Lichtblitz wahr: Er wandte sich ganz herum und sah, wie der Bug des Schlachtkreuzers zu Schrapnell zerbarst. »Han? Alles klar?«
»Ja«, antwortete Hans Stimme. »Ich habe die Ionenkanone erwischt. Allerdings konnte sie vorher noch einen Schuss auf einen der Transporter abgeben. Keine Ahnung, ob der getroffen wurde oder nicht. Wie sieht’s bei dir aus?«
»Bisher keine Probleme«, erwiderte Luke. Sein Gefahrensinn flackerte auf, und er ließ den X-Flügler in eine neue steile Kehre sinken, als eine zerstörerische Bahn aus Laserfeuer den Punkt im Raum durchschnitt, den er soeben verlassen hatte. Er stieg auf, wendete und setzte sich hinter einen der angreifenden Korsare. Es war lange her, seit er so etwas gemacht hatte, doch er schien bei Weitem nicht so eingerostet, wie er befürchtet hatte. »Diese Dinger sind besser gepanzert als TIE-Jäger, aber längst nicht so wendig.«
Die Worte waren kaum über seine Lippen gekommen, als sie ihm auch schon fast wieder in die Kehle gerammt wurden. Im nächsten Moment zog der Korsar vor ihm scharf nach steuerbord, drehte sich aus Lukes Schusslinie und versuchte, hinter ihn zu gelangen. Luke biss die Zähne zusammen und folgte dem Manöver, und für ein paar Sekunden jagten sie einander in einem engen Kreis, wobei jeder auf einen sauberen Schuss hoffte. Luke obsiegte nur um die Länge eines einzigen Herzschlags, und der Korsar detonierte in einem Feuerball.
Aus seinem Komm drang ein besorgtes Wookiee-Knurren. »Ich bin okay, Chewie«, versicherte Luke und griff hinaus in die Macht, um Ruhe zu finden. Das war ein wenig zu knapp gewesen. »Bei euch auch noch alles in Ordnung?«
»Bis jetzt schon«, warf Han ein. »Sei auf der Hut – die werden wahrscheinlich jetzt erst richtig sauer.«
Luke lächelte schief und blickte sich rasch um. Die beiden letzten Korsare kamen mit Höchstgeschwindigkeit auf ihn zu, aber ihm blieben noch ein paar Sekunden, ehe er etwas gegen sie unternehmen musste. In näherer Entfernung konnte er den Schlachtkreuzer erkennen, der wie rasend auf den viel kleineren Falken feuerte, der wiederum wie ein Moskito um den Rumpf des großen Schiffes sauste und dabei systematisch Turbolaser-Bänke ausschaltete. Auf der anderen Seite war es zu einem Schusswechsel zwischen den beiden Kanonenbooten und den Transportern der Neuen Republik gekommen, die eindeutig besser bewaffnet waren, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Die übrigen Frachter rings um sie verließen das Kampfgebiet, so schnell es irgend ging.
Luke runzelte die Stirn und konzentrierte sich wieder auf den Schlachtkreuzer. Mit seiner Entscheidung, auf den Einsatz des gesamten Potenzials der Macht gegen die Freibeuter zu verzichten, schien sich ein großer Teil der Konfusion und Anspannung seines Geistes gelöst zu haben.
Und jetzt, inmitten des Schweigens, konnte er etwas Seltsames um jenes große Raumschiff dort draußen spüren. Etwas Seltsames, das er seit langer Zeit nicht mehr gespürt hatte …
R2 schrillte eine weitere Warnung. »Alles klar«, antwortete Luke und schüttelte die Empfindung ab. Die beiden Korsare kamen schnell auf ihn zu, der Flügelmann flog backbord und ein Stück hinter dem Führer. »Hier ist mein Plan«, teilte Luke dem Droiden mit. »Auf mein Zeichen gibst du volle Leistung auf den oberen Steuerbordantrieb und beide Bremsventile an Backbord. Vier Sekunden danach schließt du die Ventile und lenkst halbe Kraft in alle Maschinen. Verstanden?«
Der Droide pfiff bestätigend. Lukes Daumen ruhten auf den Abzugsschaltern der Protonentorpedos; er sah zu, wie die Korsare auf ihn zuschossen, und griff mit der Macht hinaus, um den Geist der beiden Crews zu berühren. Nicht, um sie zu kontrollieren oder zu beugen, sondern nur, um die Struktur ihrer Gedanken zu erfassen. Er hielt Kurs und wartete … »Jetzt«, rief er R2 zu. Das Zwitschern des Droiden wurde von dem plötzlichen Aufbrüllen der Triebwerke verschluckt, und in der nächsten Sekunde drehte sich der X-Flügler wie wild um den eigenen Schwerpunkt. Mit halb geschlossenen Augen überließ es Luke der Macht, den richtigen Zeitpunkt für seinen Schuss auszuwählen …
Und dann, als der Sternjäger eine neue Flugbahn einschlug und widerstrebend in gerader Linie aus seiner Drehbewegung heraus startete, wurde er in seinen Sitz gepresst. Luke blinzelte gegen das plötzliche Schwindelgefühl an und schaute sich nach den Korsaren um.
Der Schachzug war gelungen. Während sie sich noch auf seine Kreiselbewegungen konzentrierten und vorherzusehen versuchten, in welche Richtung er sich wenden würde, wenn er diese beendete, hatten sie die sich nähernden Protonentorpedos wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, bevor es zu spät war.
»Luke?«, drang Hans Stimme aus der Kommeinheit. »Sieht aus, als würden sie abziehen.«
Luke wendete den X-Flügler erneut. Der Schlachtkreuzer strebte dem Tiefraum zu, und die beiden Kanonenboote folgten ihm. Eines der Schiffe, so stellte er fest, wies beachtliche Schäden auf. »R2, gib mir deine Einschätzung der Schäden«, sagte Luke und stellte seine Kommkontrollen auf eine der offiziellen Frequenzen der Neuen Republik ein. »Transporter, hier spricht der X-Flügler AA-589 der Neuen Republik«, meldete er sich. »Wie ist Ihre Lage?«
»Wesentlich besser als noch vor ein paar Minuten«, kam prompt die Antwort. »Danke für die Hilfe, X-Flügler. Brauchen Sie oder Ihr Freund Unterstützung?«
R2s Schadensbericht erschien soeben auf dem Computerschirm. »Nein, bei mir ist alles in Ordnung«, erwiderte Luke. »Han?«
»Keine Probleme hier«, sagte Han. »Wir eskortieren Sie bis nach unten, wenn Sie wollen.«
»Das hört sich gut an«, entgegnete der Transporter-Captain. »Nochmals vielen Dank.«
Die beiden Transporter setzten ihre Reise nach Iphigin fort. Luke ließ den X-Flügler auf ihren Kurs einschwenken und schaltete wieder auf die private Frequenz um. »Wie in den alten Zeiten«, wandte er sich ironisch an Han.
»Ja …«, entgegnete Han, dessen Stimme irgendwie abgelenkt klang. »Hast du irgendwelche Symbole oder Kennzeichen an den Schiffen gesehen?«
»An den Korsaren war überhaupt nichts zu erkennen«, antwortete Luke. »An die anderen bin ich nicht nahe genug herangekommen, um etwas ausmachen zu können. Wieso? Glaubst du, das waren vielleicht gar keine Piraten?«
»Oh, das waren Piraten«, antwortete Han. »Das Problem ist nur, die meisten Freibeuter stehen darauf, Riesenklauen oder Feuerbälle überall auf ihre Schiffe zu pinseln. Damit versuchen sie, ihre Opfer dermaßen einzuschüchtern, dass sie kampflos aufgeben. Der einzige Grund, warum sie sich so bedeckt halten, besteht gewöhnlich darin, dass sie für jemand anderen arbeiten.«
Luke blickte aus der Kanzel auf die Lichter der übrig gebliebenen Frachter ringsum, die langsam und eher zaghaft wieder den normalen Verkehr aufnahmen. Hundert exotische Ladungen von hundert verschiedenen Welten … und trotzdem hatten sich die Piraten für jenes Paar republikanischer Transporter entschieden. »Freibeuter also«, überlegte er, »die vom Imperium angeworben wurden.«
»Ich würde sagen, das ist ein guter Tipp«, pflichtete Han ihm grimmig bei. »Ich frage mich, zu welcher Bande sie gehörten.«
»Oder woher das Imperium die Mittel hat, sie anzuwerben«, fügte Luke nachdenklich hinzu. Er griff mit der Macht hinaus und rief sich die Erinnerung an die seltsame Empfindung zurück, die ihm der Schlachtkreuzer beschert hatte. »Ich weiß noch, wie Leia mir mal erzählt hat, was Freibeuter damals gekostet haben, als die Allianz sie anheuerte, um die imperiale Schifffahrt zu treffen. Die sind nicht gerade billig.«
»Jedenfalls nicht die guten«, betonte Han. »Was nicht heißen soll, dass dieser Haufen was Besonderes war.«
»Ich bin mir da nicht so sicher«, gab Luke zu bedenken und richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf jene Erinnerung. Er hatte so etwas ganz bestimmt früher schon mal gespürt … Und dann rastete der richtige Gedanke ein. »Ich könnte mich irren, Han«, sagte er, »aber ich glaube, an Bord des Schlachtkreuzers befand sich eine Gruppe Klone.«
Das Komm blieb für einen langen Moment stumm. »Bist du sicher?«
»Die Sinneswahrnehmung war genau wie jene damals, als wir die Klon-Krieger von Großadmiral Thrawn um die Katana jagten.«
Han seufzte gedankenvoll in die Kommeinheit. »Schrecklich! Ich frage mich bloß, wo das Imperium die Klone während der vergangenen zehn Jahre versteckt hat. Ich dachte, sie hätten bereits so ziemlich alle gegen uns in Marsch gesetzt.«
»Das dachte ich auch«, erwiderte Luke. »Vielleicht haben sie eine neue Kloning-Fabrik in Betrieb genommen.«
»Oh, das ist wirklich mal ein erfreulicher Gedanke«, grummelte Han. »Hör zu, wir sollten uns nur einer Krise auf einmal annehmen. Wir sehen zu, dass wir hier fertig werden, und setzen dann den Geheimdienst auf diese Sache an.«
»Ich hatte den Eindruck, dass der Geheimdienst nicht besonders viel Geschick darin bewiesen hat, die Banden festzunageln.«
»Nein, hat er nicht«, räumte Han ein. »Das Gleiche gilt übrigens für meine Kontakte zu den Unabhängigen Transportschiffern.«
»Das klingt, als bräuchten wir hier jemanden, der über bessere Verbindungen zum Rand verfügt.« Luke zögerte. »Jemanden wie Talon Karrde zum Beispiel.«
Am anderen Ende entstand ein kurzes Schweigen. »Das klang jetzt nicht ganz aufrichtig«, unterstellte Han. »Scherereien?«
»Nein, nicht wirklich«, antwortete Luke und wünschte sich, den Mund gehalten zu haben. »Es ist bloß … nein, nichts.«
»Lass mich raten. Mara?«
Luke verzog das Gesicht. »Es ist nichts, Han. Okay? Belassen wir es dabei.«
»Klar doch«, versicherte Han. »Kein Problem. Sobald wir hier fertig sind, kannst du zurück nach Yavin fliegen und das alles vergessen. Chewie und ich können mit Karrde reden. Einverstanden?«
»Einverstanden«, erwiderte Luke. »Danke.«
»Kein Problem. Lass uns noch mit den Diamala reden. Mal sehen, ob das hier ihre Haltung gegenüber dem Schutz durch die Neue Republik vielleicht geändert hat.«
»Wir können es versuchen.« Luke zögerte. »Han, was ist es, was die Diamala an mir nicht mögen? Ich muss es wissen.«
Es gab eine kurze Pause. »Nun, um es mal so zu umschreiben … sie trauen dir nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil du zu mächtig bist«, antwortete Han. »Sie behaupten, dass Jedi, die über so große Macht verfügen wie du, am Ende immer auf die Dunkle Seite abgleiten.«
Ein unbehagliches Gefühl machte sich in Lukes Magengrube breit. »Denkst du, sie haben recht?«, wollte er wissen.
»He, Luke, ich verstehe überhaupt nichts von diesen Dingen«, protestierte Han. »Ich habe dich ein paar ziemlich schräge Dinge tun sehen, und ich gebe zu, dass ich mir manchmal Sorgen mache. Aber wenn du mir sagst, dass du alles unter Kontrolle hast, dann reicht mir das. Und du hast dich heute hier draußen ganz bestimmt nicht auffällig verhalten.«
»Nein, das habe ich nicht«, pflichtete ihm Luke ein wenig abwehrend bei. Denn Han hatte ja recht: Er hatte sich bei anderen Gelegenheiten in der Vergangenheit tatsächlich ein wenig auffällig verhalten. Eigentlich sehr häufig.
Aber nur, wenn es erforderlich gewesen war, und nur, um ein großes und nobles Ziel zu erreichen. Seine Fähigkeiten in der Macht hatten ihm unzählige Male das Leben gerettet – und Hans Leben sowie das Leben zahlloser anderer Wesen. Und bei keiner dieser Gelegenheiten hatte er eine andere Wahl gehabt.
Und dennoch …
Luke blickte aus der Pilotenkanzel auf die fernen Sterne. Da war auch noch Obi-Wan Kenobi, sein erster Mentor in der Macht. Ein machtvoller Jedi, der gleichwohl zugelassen hatte, auf dem ersten Todesstern niedergestreckt zu werden, anstatt Vader und seine Sturmtruppen mit einer Handbewegung einfach hinwegzufegen.
Und Yoda, der gewiss tiefere Einsichten in die Macht besaß als irgendjemand sonst in der jüngeren Geschichte. Wenn Lukes eigener gegenwärtiger Wissensstand ihn nicht trog, hätte Yoda den Imperator mit Sicherheit auch alleine besiegen können. Doch er hatte stattdessen beschlossen, diese Aufgabe Luke und der Rebellenallianz zu überlassen.
Und es gab Callista. Eine Frau, die er einmal geliebt hatte … und die ihn verlassen hatte, weil seine Fähigkeiten sie irgendwie einschüchterten und ängstigten.
»Sieh mal, Luke, es muss ja gar nichts bedeuten«, drang Hans Stimme in seine Gedanken. »Du weißt doch, wie die Gehirne von Nichtmenschen manchmal funktionieren.«
»Ja«, murmelte Luke. Aber dies war etwas, das er nicht einfach so abtun konnte. Er würde dieser Frage nachgehen müssen, er würde darüber meditieren und mit seiner Familie und den engsten Freunden darüber sprechen müssen.
Er erschauerte; die entsetzliche Vision des lachenden Imperators geisterte wieder durch seine Erinnerung. Er sollte sich besser bald damit befassen.
Doch wie Han gesagt hatte: nur eine Krise auf einmal. Er zog die Nase des X-Flüglers hoch und ließ sich in die Eskortformation an der Seite der beiden Transporter fallen.
Einen langen Augenblick stand Leia Organa Solo einfach nur da, die nie ruhenden Winde der Wälder von Wayland zerzausten ihr Haar, und sie blickte den goldenen Protokolldroiden an, der nervös vor ihr herumzappelte. Es gab, so überlegte sie vage, nur noch sehr wenige Dinge in der Galaxis, die ihr die Sprache verschlagen konnten. Han Solo, ihr Gatte und Vater ihrer drei Kinder, gehörte anscheinend dazu. »Er hat was getan?«
Das war natürlich nur eine rhetorische Frage. Möglicherweise auch ein Weg, sich zu vergewissern, dass ihre Stimme noch funktionierte. C-3PO erkannte das allerdings nicht. »Er und Chewbacca sind nach Iphigin gereist, Eure Hoheit«, wiederholte der Droide mit kläglicher Stimme. »Vor einigen Stunden, kurz nachdem Ihr zu Eurer Rundreise aufgebrochen seid. Ich habe noch versucht, sie aufzuhalten, aber er wollte nicht hören. Bitte, schaltet mich nicht ab.«
Leia schöpfte mit Bedacht Atem, griff in die Macht hinaus, um sich zu beruhigen – offenbar sah sie wütender aus, als sie in Wirklichkeit war –, und versuchte nachzudenken. Han war inzwischen sicher auf Iphigin und wahrscheinlich in eine Diskussion mit den Delegationen von Diamalan und Ishori verwickelt. Sie könnte ihrer Ehrengarde auftragen, sie mit einem ihrer Raumschiffe dorthin zu fliegen, zuvor einen Funkspruch absetzen und Han auffordern, bis zu ihrer Ankunft eine Unterbrechung der Gespräche zu veranlassen. Die Kinder konnte sie hier zurücklassen. Die Noghri würden sich, bis sie und Han zurückkamen, um sie kümmern. Die Alternative war, Kontakt mit Präsident Gavrisom aufzunehmen, damit dieser jemand anderen dorthin entsandte.
Aber jeder dieser Wege würde Hans Bemühungen zu einem offensichtlich peinlichen Fehlschlag machen, was die ohnehin niedrige Meinung der Diamala über die Fähigkeiten der Neuen Republik kaum verbessern würde. Je nachdem, wie ernst die Diamala die Angelegenheit nahmen, könnte dies sogar alles noch schlimmer machen, als wenn sie Han einfach gewähren ließ.
Außerdem war er ein Held der Rebellion, und sowohl die Diamala als auch die Ishori wussten dergleichen zu schätzen. Und nach all den Jahren, in denen er beobachtet hatte, wie sie