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Im Abschluss der Trilogie: Mentale Stärke gewinnen wird das Fundament für wahre Stärke gelegt. Selbstverteidigung ist nicht nur physische Abwehr, sondern vor allem mentale Vorbereitung. Dieses Buch bietet keine praktischen Techniken der Selbstverteidigung, sondern beleuchtet neben der mentalen Vorbereitung auch die entscheidende Phase danach: die Verarbeitung körperlicher Übergriffe. Die größte Stärke liegt nicht im Kampf, sondern in der Fähigkeit, sich zu behaupten und aus jeder Situation hervorzugehen. Diese Trilogie hilft dabei, mentale Stärke und Resilienz zu gewinnen.
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2023
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„Um kämpfen zu können, brauchen wir nicht nur starke Arme und einen schnellen Geist, wir brauchen den Glauben.“
Japanische Weisheit
„Wissen ist die mächtigste Waffe in der Selbstverteidigung.“
Kano Jigoro
I. Geleitwort von Dennis Müssener
II. Selbstbehauptung vor Selbstverteidigung
II.1 Was ist Selbstbehauptung?
II.2 Was ist Selbstverteidigung?
II.3 Gibt es einen Unterschied zwischen Selbstverteidigung und Kampfsport?
II.4 Warum werden Selbstverteidigungskurse von Frauen oft nicht angenommen?
III. Kampfsportarten
III.1 Karate
III.2 Jiu-Jitsu
III.3 Kung Fu
III.4 Krav Maga
III.5 Kickboxen
III.6 Taekwondo
IV.1 Gewalt
IV.2 Gewaltprävention
IV.3 Vier Gruppen von Gewalttätern
V.1 Täter und Opfer
V.2 Den Täter verstehen
V.3 Dem Täter gegenüber sicher auftreten
V.4 Zum Opfer werden
VI. Das Ampelmodell
VII. Die vier Formen der Distanz
VIII. Werde zum Tier
IX.1 Ablenkung und Täuschung: Die Kunst der Manipulation
IX.2 Sich Hilfe holen
X. Waffen
X.1 Der Einsatz von Waffen
X.2 Körpereigene Waffen
X.3 Schläge
X.4 Tritte
XI. Empfindliche Körperstellen
XII. Sexualdelikte
XIII. Folgen eines körperlichen Übergriffs
XIV. Der Schockzustand und die akute Belastungsreaktion
XV. Richtig mit Zorn umgehen
XVI. Schuldgefühle loswerden
XVII. Trauma
XVII.1 Verarbeitung eines Trauma
XVII.2 Betroffenen helfen
XVII.3 Psychotraumatische Belastungsstörung (PTBS)
XVIII. Schlusswort
XIX. Literaturverzeichnis
Dies ist nun der letzte Teil der Trilogie „Anthologie: Mentale Stärke gewinnen“. Noch vor zwei Jahren hätte ich nicht zu träumen gewagt, dass ich jemals ein Buch schreiben und veröffentlichen werde, geschweige denn eine zusammenhängende Trilogie.
Mein Grundgedanke war es, die Themen Kampfsport, Deeskalation, mentale Stärke, Trauer, Selbstverteidigung und Trauma irgendwie miteinander zu verknüpfen. Was alle verbindet, ist die Resilienz. Somit sind all die gerade genannten Themen auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Eine starke psychische Widerstandsfähigkeit ermöglicht es uns, im (Kampf-) Sport Disziplin an den Tag zu legen, in der Deeskalation besonnen zu handeln, mental stark zu sein, Trauer zuzulassen, und mit ihr zu leben, den Mut aufzubringen, sich zu verteidigen und traumatische Erlebnisse zu verarbeiten.
Der Schwerpunkt lag in den beiden vorherigen Büchern auf Deeskalation und Resilienz bzw. mentaler Stärke. Nun beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema Selbstverteidigung. Dies beinhaltet vor allem die Vor- und Nachsorge. Vorbereitet zu sein ist gut, aber was geschieht, wenn trotz aller Vorbereitung etwas schiefläuft und man gegen alle Erwartungen aus heiterem Himmel dennoch zum „Opfer“ wird?
Zur Selbstverteidigung gehört für mich nicht nur das Erlernen irgendwelcher Kampftechniken, die dann bei physischen Angriffen auf Leib und Leben angewendet werden, sondern vielmehr die mentale Vor- und Nachbereitung. Das beinhaltet unter anderem ein sicheres Auftreten und den Glauben an sich selbst/daran, sich wehren zu können, wenn dies erforderlich ist.
Unter Nachsorge verstehe ich das Aufarbeiten eines belastenden Ereignisses nach einem Angriff auf die eigene Person. Denn wie schon im ersten Buch erwähnt, sind Kampfsport- oder Selbstverteidigungstechniken kein Freifahrtschein, um aus jeder noch so gefährlichen Situation unbeschadet herauszukommen. Vielmehr dient dies der Chancenoptimierung, um besser vorbereitet zu sein.
Sollte man aufgrund von fehlender Vorbereitung oder intensiver Vorbereitung dennoch zum „Opfer“ eines Gewaltverbrechens werden, ist die Nachsorge noch wichtiger, um wieder auf die Beine zu kommen und am Leben weiter teilzunehmen.
Wie sich vielleicht schon schlussfolgern lässt, ist auch hier Vorsorge besser als Nachsorge.
Ich verzichte ganz bewusst in diesem Buch auf fotografische Darstellungen von diversen Angriffen und den dementsprechenden Abwehrtechniken, da ich der Meinung bin, dass diese nicht anhand von Bildern zu erlernen sind. Dennoch werde ich zur Veranschaulichung einige Zeichnungen miteinbringen. (Hierbei wurde ich unterstützt von Linn und Pia.)
Die mentale Vorbereitung hat für mich in der Selbstverteidigung den höchsten Stellenwert und mit ihr ist die Möglichkeit erhöht, einen Angriff schon im Vorfeld wahrzunehmen und ihn im Keim zu ersticken.
In den Frauenselbstverteidigungskursen, die ich leite, höre ich immer wieder nach einiger Zeit von vereinzelten Teilnehmerinnen, dass es ihnen viel Spaß macht, aber sie im Ernstfall die Techniken nicht anwenden würden, da sie niemanden verletzen möchten. Die Aussage, jemandem keinen Schaden zufügen zu können, ist hier nicht ganz treffend. Passender wäre es zu sagen, jemandem nicht schaden zu wollen. Der Kopf ist noch nicht in der mentalen Verfassung, sich zur Wehr zu setzen.
Mit dieser Einstellung lässt sich jedoch leider kein körperlicher Angriff abwehren. Daher sage ich allen Teilnehmerinnen am Anfang direkt, dass eine gewisse Gewaltbereitschaft vorhanden sein muss. Es klingt hart, und einige werden die Augen verdrehen, aber so ist es bedauerlicherweise nun mal, wenn es während eines Kampfes um Leben und Tod gehen könnte. Wichtig ist es, den Frauen den Irrglauben zu nehmen, dass Männer immer stärker sind. Auch bei zum Teil selbstsicheren Frauen hört die Emanzipation hier plötzlich auf. Auf einmal ist der Mann doch wieder das starke Geschlecht, und als Frau ist man unterlegen. Überlegene Stärke kann mit Schnelligkeit und Geschick besiegt werden.
Ich bin bei neuen Kursen anfangs immer noch schockiert darüber, wie hilflos viele Teilnehmerinnen auf körperliche Angriffe reagieren würden. Es besteht nicht ein kleiner Funken von Gegenwehr. Die Erziehung und der gesunde Menschenverstand, jemandem nicht schaden zu wollen, blockiert in solchen Momenten und lässt uns zu „Opfern“ werden. Das ist ein Grund, dass wir unvorbereitet sind und der Angreifer im Vorteil ist. Ein Ziel dieser Kurse sollte es daher sein, Frauen aus der Opferrolle zu holen.
Das untermauert meine These, wie wichtig die mentale Vorbereitung ist.
„Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft, vielmehr aus unbeugsamen Willen.“ Gandhi
Der Meister und sein Schüler wandeln unter den Blüten des Pflaumenhains in dem sorgsam angelegten Garten.
„Meister,“ fragt der Schüler „warum lehrst du uns den Kampf, wo doch die Weisen davon sprechen, den inneren Frieden zu erlangen und Gewaltlosigkeit zu preisen. Wäre es nicht friedvollerer Zeitvertreib und dem inneren Frieden zuträglicher, wenn wir einen Garten anlegen würden?“
„Mein Schüler,“ antwortet der Meister „ist es nicht besser, ein Krieger in einem Garten zu sein als ein Gärtner in einem Krieg? Ich lehre euch die Kunst des Kampfes, damit ihr den Frieden auch in unruhigen Zeiten erhalten könnt.“
„Wenn du wissen willst, wer du warst, dann schau, wer du bist. Wenn du wissen willst, wer du sein wirst, dann schau, was du tust.“ Buddha
Entscheidend ist, was man selbst von sich hält. Der größte Gegner der Selbstbehauptung befindet sich tief in uns selbst. Es macht ihn unberechenbar, da er viele Gestalten wie Hass oder Habsucht annehmen kann. Diese wiederum zehren an uns und rauben Kraft. Daher ist es von großer Bedeutung, mit sich im inneren Einklang zu bleiben.
Das ist leider leichter gesagt, als getan. In der Theorie klingt immer alles ganz einfach. Die innere Waage im Gleichgewicht halten und alles wird gut. Gerade in Stresssituationen gerät diese Waage ins Wanken. Solche Gegebenheiten können schon einfache Begegnungen mit anderen Menschen sein. Diese Kontakte können schon ausreichen, um die innere Waage zum Wackeln zu bringen.
Dies wird meist gar nicht bewusst wahrgenommen und man lässt sich schnell zu Machtkämpfen verleiten. Ist der innere Einklang nicht mehr gegeben, wird der Organismus leichter angreifbar. Dies führt zur allgemeinen Verunsicherung. Selbstbehauptung ist das Vertrauen in sich selbst und das eigene Handeln. Das beinhaltet auch, dass man sein Leben nicht in andere Hände gibt und ungeduldig darauf wartet, dass sich etwas oder das Umfeld auf einmal schlagartig ändert. Vielmehr erfordert es Mut, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen und etwas zu verändern. Dazu gehört es auch, seine Meinung klar zum Ausdruck zu bringen und auch mal „nein“ zu sagen und seinem Gegenüber kontra zu geben. Es geht vor allem darum, die eigenen Werte und Interessen zu schützen.
Das Vertrauen in sich selbst entsteht bereits durch das eigenständige Treffen von Entscheidungen. Dabei muss es sich nicht gleich um den Entschluss von gravierenden Ereignissen handeln, wie den Kauf eines Hauses, einen Berufswechsel oder das Aufnehmen eines Kredits. Es reicht schon aus, zu wissen, dass Entscheidungen frei getroffen werden können. Wenn man hierbei nichts überstürzt und sich die nötige Zeit und den Rahmen gibt, bietet dies Möglichkeiten, die vorher undenkbar schienen.
Das Ergebnis, etwas zum Positiven zu verändern und zu schaffen, erzeugt ein gesteigertes Selbstwertgefühl, welches den natürlichen Schutz gegenüber allen äußeren Reizen steigert. Gedanken sind es unter anderem, die uns stärken und ermutigen weiter zu machen. Ebenso können sie aber auch hemmen, blockieren und uns zur Kapitulation zwingen. Daher ist es von enormer Bedeutung, positiv gestimmt zu sein und an sich zu glauben.
Reagiert man zu hastig und unüberlegt, entsteht Stress, welcher Unsicherheit mit sich zieht. Der eigentliche Schutz geht damit verloren. Eine fatale Folge daraus kann sein, dass Bedürfnisse anderer Menschen über die eigenen gestellt werden und die eigene Person somit in den Hintergrund rutscht.
Gedanken werden von uns oftmals belächelt und unterschätzt, aber dieses Verhalten ist nicht zielführend. Der Glaube kann im menschlichen Körper ungeheure Kräfte freisetzen, die man sich selbst im Vorfeld nie zugetraut hätte. Jede Art von Gedanken, positive wie negative, beinhalten Überzeugungen und Wünsche. Sie nehmen im Hirn eine geistige Form an. Hält man sich seine positiven Gedanken immer wieder vor Augen und verwurzelt sie tief im Inneren, erzeugen diese enorme Energie. Aber wie kann man sich positive Gedanken machen?
Zuerst sollte sich jeder verinnerlichen, dass er einzigartig ist und über Fähigkeiten verfügt, die andere zum Teil nicht besitzen. Natürlich gibt es auch Menschen, deren Gaben unsere übertreffen. Das bedeutet nichts anderes, als seine Stärken und Schwächen zu kennen. Wer sich selbst akzeptiert und von seiner Einzigartigkeit weiß, besitzt ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl. Verfügt man über diese wichtige Eigenschaft, vertraut man sich, da die eigenen Grenzen, aber auch Fähigkeiten bekannt sind.
Den katastrophalen Fehler, den viele Menschen machen, indem sie sich mit anderen ständig vergleichen, begehen Personen, die über ein gesundes Selbstwertgefühl verfügen, nicht. Durch das Vergleichen mit anderen kann der innere Einklang gefährdet werden, da man sich gegebenenfalls anderen unterlegen fühlt und Neid entstehen kann. Man ist nie zufrieden mit dem, was man hat, und hätte lieber noch das, was andere auch haben. Andererseits kann es aber sein, dass wir uns anderen gegenüber überlegen fühlen und sie in ihre Schranken weisen wollen. Man kann vieles besser, besitzt mehr und nimmt sich dadurch das Recht heraus, andere zu unterdrücken. Das Resultat ist bei beidem dasselbe, nur der Weg ist anders dorthin. Überlegen- sowie Unterlegenheit schaden dem Selbstwertgefühl und machen die Ausgewogenheit zunichte. Die eigene Persönlichkeit trägt Schaden davon.
Halten sie sich täglich vor Augen, was sie imstande sind zu erreichen und was sie bereits geschafft haben, und sei es noch so klein. Diese zum Teil gering erscheinenden Erfolge bewirken, dass sich das Selbstwertgefühl festigt, und daraus entsteht eine gesunde Selbstwahrnehmung.
In meinen Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskursen hat sich die Nutzung von Schlag- und Trittpolstern bewährt. Anfängliche Hemmungen sind schnell beiseite geräumt, und es wird mit aller Kraft auf die Polster eingeschlagen und getreten. Dabei werden Glücksgefühle im Körper freigesetzt. Nach einigen Einheiten werden die eingeübten Schläge dann in Form von Bruchtests überprüft. Dies senkt erneut die Hemmschwelle des Zuschlagens. Das Zerschlagen eines Bretts ist natürlich etwas anderes als das Einschlagen auf Polster. Es ist nicht das sinnlose Zerstören von Brettern, Steinen, Eisblöcken etc. Hier kommt es auf das Zusammenspiel von Technik, Schnelligkeit und Kraft an. Jede meiner Teilnehmerinnen ist nach einer kurzen Zeit in der Lage, die Bruchtests erfolgreich zu absolvieren. Alle sind erleichtert und stolz auf sich selbst, etwas geschafft zu haben, was man sich noch vor einigen Wochen nicht zugetraut hätte, da man mit seinen eigenen Kräften und Gedanken nicht vertraut war. Die Frauen werden sich somit ihrer eigenen Aggressivität und Gefährlichkeit bewusst und verinnerlichen, dass auch sie anderen Schaden zufügen können.
Zudem erzeugt das Training an Schlagpolstern eine Treffsicherheit. Es gibt unzählige Schläge und Tritte, die man anwenden kann. Beim Üben an diesen Polstern erkennt man schnell, welche Techniken einem in welcher Situation nützlich sein können und welche man nicht einsetzen würde. Daher ist es ratsam, verschiedene Schlag- und Tritttechniken in unterschiedlichen Distanzen zu trainieren. Man erkennt zum Beispiel schnell, dass sich Ellbogenschläge und Kniestöße für die Nahdistanz eignen, während Fäuste und Füße bei einem etwas größeren Abstand effektiver sind.
Eine ausgeprägte Selbstbehauptung hält die innere Balance im Gleichgewicht und ermöglicht es, geerdet zu bleiben, wenn es die Situation erfordert. Ständig werden wir mit den unterschiedlichsten Energien konfrontiert und kollidieren mit ihnen. Wie schon zuvor erwähnt, können die Kräfte positiver oder negativer Natur sein. Dabei kann uns die Wahrnehmung helfen, diese einzuordnen. Denn nicht nur wir senden Gedanken an unser Umfeld, sondern wir nehmen auch Gedanken des Umfelds wahr. So kann es passieren, dass sich zwei Menschen begegnen, deren Energien wohlgesonnen sind. Das bedeutet, dass sich die Energien vereinigen und dadurch verstärken können, wie zum Beispiel unter Freunden oder in einer Partnerschaft. Andersherum kann es jedoch auch geschehen, dass Kräfte aufeinander treffen, die einander schwächen. Dies ist oftmals der Fall bei Streitigkeiten oder Konflikten (am Arbeitsplatz).
Nach diesen Begegnungen fühlt sich meist keine der beiden Seiten wohl. Dies ist das Resultat, wenn (ausgesprochene) Gedanken anderer in unser Inneres eindringen. Dies wird als Fremdenergie bezeichnet. Ein Kritikgespräch mit dem Vorgesetzten hinterlässt ein missliches Gefühl, welches sogar zu Zorn oder Wut heranwachsen kann. Hier ist wieder deutlich zu sehen, welche riesigen Kräfte die Gedanken in Kombination mit Emotionen besitzen, zum Guten, wie auch zum Schlechten. Mit Achtsamkeit (in Band 2 ausführlich thematisiert) und einer ausgeprägten Selbstbehauptung ist man jedoch in der Lage, diese Fremdenergien wieder loszuwerden, sonst werden sie einen immer aufs Neue heimsuchen.
„Selbstverteidigung ist die Kunst, Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen.“ Sprichwort
Selbstverteidigung bedeutet für mich nicht bloß das Anwenden körperlicher Techniken, um sich in Notsituationen schützen zu können. Glücklicherweise ist es nicht erforderlich, während jeder Konfliktsituation auf körperliche Abwehrtechniken zurückzugreifen. Die Verteidigung beginnt schon viel eher, und zwar mit der mentalen Vorbereitung. Imstande zu sein, sich zur Wehr zu setzen und dies auch verinnerlicht zu haben, ist der erste Schritt zur Selbstverteidigung, denn die Entschlossenheit, sich verteidigen zu wollen, beginnt im Kopf.
Dabei könnten die Angriffe auf die eigene Person nicht unterschiedlicher sein. Es sind nicht immer körperliche Übergriffe, wie Gewaltverbrechen, gegen die es sich zu verteidigen gilt. Täglich sind wir zum Teil unzähligen Angriffen und Reizen ausgesetzt, die auf uns wirken. Das kann schon am Arbeitsplatz mit einer Kritik an der eigenen Person beginnen. Auch gegen diese Angriffe muss man in der Lage sein, sich zu schützen. Natürlich ist eine physische Abwehrtechnik hier völlig fehl am Platz (so gerne man es vielleicht manchmal auch täte).
Ich finde es wichtig, sich im Vorfeld mit einer Vielzahl von möglichen (Gefahren) Situationen auseinander zu setzen. Das ist keine Spinnerei oder das Herbeisehnen eines Angriffs, um die körperlichen Techniken endlich einzusetzen. Darum geht es in der Selbstverteidigung nicht. Je mehr man sich mit Konfliktsituationen und dem eigenen Handeln beschäftigt, desto vorbereiteter ist man, wenn die oder eine ähnliche Situation eintrifft. Diese mentale Auseinandersetzung ermöglicht es, dann, wenn es erforderlich ist, schnell zu reagieren. Es muss ja nicht direkt eine wilde Schlägerei sein, auf die man sich mental vorbereitet, wobei dies auch nicht von Nachteil ist. Es ist ebenso wichtig, auf Kritikgespräche mit Vorgesetzten mental vorbereitet zu sein, denn auch hier geht es um den Selbstschutz. In diesen Situationen würde ich klar von körperlichen Techniken abraten. (Wobei ich mir sicher bin, dass die eine oder andere Technik super funktionieren würde.)
Das Trainieren von diesen Techniken soll und darf nicht die Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft herabsetzen oder das eigene Aggressionspotential antreiben. Das ist die falsche Motivation, um Selbstverteidigung oder Kampfsport zu erlernen. Individuelles Training soll vielmehr verinnerlichen, dass man im Ernstfall in der Lage ist, sich zu verteidigen. Die Techniken sind immer das letzte Mittel der Wahl, wenn alle Versuche, die Situation gewaltfrei zu lösen, gescheitert sind.