Störungsfreier Unterricht trotz ADHS - Caterina Gawrilow - E-Book

Störungsfreier Unterricht trotz ADHS E-Book

Caterina Gawrilow

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Beschreibung

Eine praxiserprobte Hilfe für Kinder und Jugendliche mit ADHS im Schulalltag: Das wissenschaftlich fundierte und evaluierte Trainingsprogramm setzt genau dort an, wo SchülerInnen mit dieser Diagnose Unterstützung brauchen, bei der Selbstregulation. Mit einfachen Wenn-Dann-Plänen lernen SchülerInnen, ihre Handlungsimpulse im Unterricht besser zu steuern. Lehrkräfte erhalten konkrete Anleitungen, wie sie solche Pläne mit den SchülerInnen erarbeiten können. Online-Zusatzmaterial gibt es kostenlos zum Download.

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Caterina Gawrilow • Lena Guderjahn • Andreas Gold

Störungsfreier Unterricht trotz ADHS

Mit Kindern und Jugendlichen Selbstregulation trainieren – ein Manual für Lehrkräfte

Unter Mitarbeit von Thomas Dahm3., aktualisierte Auflage

Mit Online-Arbeitsblättern

Ernst Reinhardt Verlag München

Prof. Dr. Caterina Gawrilow lehrt und forscht an der Eberhard Karls Universität Tübingen und am Zentrum für Individuelle Entwicklung und Lernförderung (IDeA) in Frankfurt/Main. Von der Autorin außerdem im Ernst Reinhardt Verlag erhältlich: „ADHS“ (UTB-Profile 978-8252-3289-4) und „Lehrbuch ADHS“ (UTB-M 978-8252-4614-3).

Dr. Lena Guderjahn ist Mitarbeiterin an der Psychotherapeutischen Beratungsstelle für Studierende der Goethe-Universität Frankfurt/Main.

Prof. Dr. Andreas Gold ist Seniorprofessor am Institut für Psychologie der Goethe-Universität Frankfurt/Main.

Thomas Dahm war bis 2021 Schulleiter des privaten Gymnasiums in Esslingen (PGE).

Hinweis: Soweit in diesem Werk eine Dosierung, Applikation oder Behandlungsweise erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass die Autoren große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen oder sonstige Behandlungsempfehlungen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. – Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnungen nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-03150-4 (Print)

ISBN 978-3-497-61705-0 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61706-7 (EPUB)

© 2022 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag Ernst Reinhardt GmbH & Co KG behält sich eine Nutzung seiner Inhalte für Text- und Data-Mining i.S.v. § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Printed in EU

Covermotiv: © contrastwerkstatt – Fotolia.com

Fotos im Innenteil: © image 100 ltd.

Satz: JORG KALIES – Satz, Layout, Grafik & Druck, Unterumbach

Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Inhalt

Vorwort zur 3. Auflage

1Was ist ADHS? Ein Überblick

Entstehung der ADHS

Diagnostik der ADHS

Möglichkeiten zur Behandlung der ADHS

2ADHS und Schule

Schulrechtliche Rahmenbedingungen

ADHS und Unterricht

Gelingendes Miteinander von Elternhaus und Schule

3ADHS – eine Störung der Selbstkontrolle

Die „Lücke“ zwischen dem „Wollen“ und dem „Tun“

Wie wirken Wenn-Dann-Pläne bei Kindern mit ADHS?

4Mit Plänen den Schulalltag meistern

Der Einsatz von Wenn-Dann-Plänen in der Schule

Einsatzbereiche von Wenn-Dann-Plänen

Schritt 1:Sich selbst einen Überblick verschaffen

Schritt 2:Gemeinsam ein Ziel festlegen

Schritt 3:Zielrelevante Situationen und Handlungen aus-wählen

Schritt 4:Einen Wenn-Dann-Plan erstellen

Schritt 5:Den Wenn-Dann-Plan überprüfen und endgültig festlegen

Schritt 6:Den Wenn-Dann-Plan durchführen und einen neuen Wenn-Dann-Plan erstellen

Übersicht über die Trainingsschritte: Wer, wie lange, wo?

Fragen und Antworten zum Training

Literatur

Materialien

Informationen für Eltern

Arbeitsblatt 1: Welche Ziele hast Du?

Arbeitsblatt 2: Festlegen des Wenn-Dann-Plans

Arbeitsblatt 3: Beispiele von Zielen und Wenn-Dann-Plänen

Beispiele für bearbeitete Arbeitsblätter 1 & 2

Die Informations- und Arbeitsblätter stehen auf der Homepage des Ernst Reinhardt Verlags unter http://www.reinhardt-verlag.de zum Download zur Verfügung.

Vorwort zur 3. Auflage

Beinahe jede Lehrerin und jeder Lehrer kennt diese Kinder und Jugendlichen: Sie kommen im Unterricht nicht mit und träumen häufig. Oder sie stören andere durch ihre Unruhe, können nicht warten, bis sie an der Reihe sind, und haben Wutausbrüche. Möglicherweise leiden sie unter der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Unter Lehrerinnen und Lehrern ist die ADHS in den letzten Jahren immer häufiger Gesprächsthema. Trotzdem sind sich Lehrkräfte oft unsicher: Was ist ADHS eigentlich genau? Was mache ich beim Verdacht auf ADHS? Und vor allem: Was kann ich im Unterricht tun, um Schülerinnen und Schüler mit ADHS besser zu unterstützen?

Mit diesem Buch, das nun in der 3., aktualisierten Auflage vorliegt, möchten wir zunächst versuchen, die Fragen zum Thema ADHS zu beantworten, die aus Sicht der Lehrkräfte von Bedeutung sind. Anschließend stellen wir ein Trainingsprogramm vor, das Sie als Lehrerin oder Lehrer selbstständig im Unterricht einsetzen können. Da die Inhalte des Trainings von Ihnen und den SchülerInnen festgelegt werden, kann das Training mit Schülern aller Altersstufen und Schulformen durchgeführt werden.

Bei der Erstellung dieses Trainingsprogramms haben wir in einem interdisziplinären AutorInnenteam zusammengearbeitet: Prof. Caterina Gawrilow leitete seit 2002 das ADHS-Projekt, welches seit 2009 am IDeA-Zentrum der Goethe-Universität und des DIPF Frankfurt verortet war und lehrt nun Schulpsychologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Dr. Lena Guderjahn promovierte mit einer Arbeit zur empirischen Überprüfung von Selbstkontrolltrainings für Kinder mit ADHS und ist nun Mitarbeiterin an der Psychotherapeutischen Beratungsstelle für Studierende der Goethe-Universität Frankfurt. Prof. Andreas Gold ist seit 1998 Professor für Pädagogische Psychologie an der Goethe-Universität Frankfurt. Schließlich hat Thomas Dahm, ehemaliger Englischlehrer und Schulleiter des Privaten Gymnasiums in Esslingen, nicht unwesentlich an der ersten Auflage dieses Buches mitgearbeitet. Thomas Dahm hat Kinder und Jugendliche mit ADHS unterrichtet und kann somit Ihre Anliegen als Lehrerin bzw. Lehrer von Kindern mit Lern- und Verhaltensproblemen gut nachvollziehen.

Ein Trainingsprogramm für den Unterricht sollte auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und empirisch fundiert sein. Gleichzeitig sollte ein Training aber so knapp und anwendungssicher wie möglich gestaltet sein. Lehrkräfte sollten es selbstständig und ohne viel Aufwand in der Schule einsetzen können. Und: Es sollte ein Training sein, das es den Kindern mit ADHS ermöglicht, in ihrem (Schul-)Alltag besser zurecht zu kommen.

Mit diesem Buch haben wir ein Trainingsprogramm entwickelt, das diese Anforderungen erfüllt. Seit Erscheinen der ersten Auflage sind gut acht Jahre vergangen, in denen wir weitere umfangreiche wissenschaftliche und praktische Erfahrungen mit Selbstregulationstrainings sammeln konnten. Aus wissenschaftlicher Sicht wurden weitere Entwicklungen der Wenn-Dann-Pläne vorgenommen, die zum Teil in dieser neuen Auflage enthalten sind. Aus praktischer Sicht haben wir vor allem Erfahrungen in Workshops und Kursen gewinnen können, die zum Ziel hatten, das in diesem Buch vorgestellte Training Lehrkräften nahezubringen. Rückmeldungen aus diesen Workshops sind ebenfalls in die Überarbeitung eingeflossen.

Wir möchten uns an dieser Stelle bei Peter Gollwitzer und Gabriele Oettingen, die in den vergangenen Jahren unter dem Akronym „WOOP“ (woopmylife.org) eine wirksame Selbstregulationsstrategie entwickelt, untersucht und verbreitet haben, für die intensive Zusammenarbeit bedanken. Außerdem danken wir den Kooperationspartnerinnen Gertraud Stadler, Beate Ditzen, Nina Knoll und Urte Scholz, mit denen in zahlreichen Treffen und Diskussionen die Arbeit zu dyadischen Plänen vorangeschritten und gediehen ist. Ein weiterer Dank gilt unseren Arbeitsgruppen, und insbesondere dem Arbeitsbereich Schulpsychologie der Eberhard Karls Universität Tübingen. Wir bedanken uns weiterhin bei Frau Annika Löffler sowie bei Frau Ulrike Landersdorfer vom Ernst Reinhardt Verlag für die tatkräftige Unterstützung bei der Erstellung dieses Trainingsprogramms. Ein Dank gilt zudem der Robert Bosch Stiftung für die Projektförderung, die die Erstellung und empirische Überprüfung des Lehrkräftemanuals ermöglicht hat.

Jetzt wünschen wir Ihnen viel Spaß und Erfolg beim Ausprobieren!

Tübingen, Frankfurt/Main, August 2022

Caterina Gawrilow

Lena Guderjahn

Andreas Gold

Thomas Dahm

1Was ist ADHS? Ein Überblick

Beispiel

Lukas ist 9 Jahre alt und besucht die 3. Klasse. Als Lukas im Kindergarten war, hörte er oft nicht richtig zu und war oft „in seiner eigenen Welt“. Außerdem war Lukas häufig trotzig und konnte auch ziemlich wütend werden, wenn er seinen Willen nicht bekam. Lukas wollte ständig beschäftigt werden und alle Spiele, die er anfing, wurden ihm sehr schnell zu langweilig. Dass Lukas sich nicht gerne länger mit einer einzigen Sache beschäftigt, hat sich mit Eintritt in die Schule nicht gebessert, im Gegenteil: Jetzt wurde es zu einem noch größeren Problem. Hinzu kommt, dass er im Unterricht nicht richtig zuhört und die LehrerInnen und MitschülerInnen durch sein fast permanentes Kippeln und Zappeln nervt. Außerdem ist er sehr aufbrausend und impulsiv und hat daher kaum Freunde gefunden. Zuhause ist die Situation ähnlich problematisch: Lukas macht seine Hausaufgaben nur nach mehrmaliger Ermahnung und es gibt regelrechte Machtkämpfe zwischen ihm und seiner Mutter. Wenn er etwas zuhause erledigen soll, weigert er sich fast immer und ist entweder wütend oder beleidigt. Die Situation ist mittlerweile sehr belastend für die gesamte Familie und auch Lukas selbst leidet extrem darunter.

Wie viele Kinder sind betroffen?

Lukas hat die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Kinder wie Lukas sind in Deutschland keine Seltenheit: Rund 6–10% der Kinder und Jugendlichen sind von einer ADHS betroffen – damit zählt die ADHS zu den am häufigsten diagnostizierten Störungen im Kindes- und Jugendalter. Kinder mit ADHS sind unaufmerksam und/oder zeigen impulsives und hyperaktives Verhalten. Im Gegensatz zu der früher weit verbreiteten Annahme, die ADHS wachse sich mit dem Alter aus, ist heute bekannt, dass ADHS-Betroffene häufig bis in das Erwachsenenalter hinein unter den Symptomen leiden.

Die Wahrscheinlichkeit, als Lehrkraft auf ein Kind mit ADHS zu treffen, ist hoch. Daher ist es aus unserer Sicht äußerst wichtig, mit dem Thema ADHS vertraut zu sein. Besonders in der Schule zeigen sich die Probleme von Kindern und Jugendlichen mit ADHS. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass die ADHS häufig gemeinsam mit anderen schulischen Lern- und Leistungsstörungen (wie z. B. der Legasthenie oder Dyskalkulie) sowie anderen Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen (wie oppositionellen und aggressiven Verhaltensweisen, Angststörungen oder Depressionen) auftritt. Andererseits führen die Kernsymptome der ADHS (Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität) auch unabhängig von eventuell zusätzlich auftretenden Störungen dazu, dass Kinder mit ADHS in der Schule vermehrt Schwierigkeiten haben und Lern- und Leistungsprobleme aufweisen: Kinder mit ADHS bekommen eher schlechtere Noten, müssen öfter eine Klasse wiederholen und verlassen häufiger als andere Kinder (ohne ADHS) die Schule ohne einen qualifizierenden Abschluss.

Grundlegende Fragen

In diesem Einführungskapitel sollen zunächst grundlegende Fragen zur ADHS beantwortet werden: Wie entsteht die ADHS? Was sind die Symptome der ADHS? Was können Sie als LehrerIn tun, wenn Sie den Verdacht haben, dass eines Ihrer Schulkinder an ADHS leidet?

Entstehung der ADHS

Entstehungs-modell

Eine ADHS entsteht im Zusammenspiel biologischer und psychosozialer Faktoren. Ein übersichtliches Rahmenmodell zu den Ursachen der ADHS haben Döpfner und Banaschewski (2013) entwickelt.

Dieses biopsychosoziale Modell geht davon aus, dass zunächst genetische Dispositionen zu Störungen des Neurotransmitter-Stoffwechsels führen (neurobiologische Ebene). Diese Störungen beeinträchtigen wiederum Denk- und Wahrnehmungsabläufe sowie motivationale Prozesse (neuropsychologische Ebene). Kognitionspsychologische Erklärungsmodelle sprechen in diesem Zusammenhang von Defiziten der exekutiven Funktionen (d. h. von Defiziten in der Handlungssteuerung; z. B. bei der Reaktionsunterdrückung, im Planen usw.), unzureichend ausgeprägten Hemmungsmechanismen und von einer gestörten Selbstkontrolle – diese Sichtweise wird in Kapitel 3 dieses Buches noch ausführlicher dargestellt.

Die neuropsychologischen Veränderungen führen schließlich auf der Verhaltensebene zu den typischen Symptomen der ADHS, die auch und vor allem im Unterricht beobachtet werden können: Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität.