Strategien der Sprachförderung im Kita-Alltag -  - E-Book

Strategien der Sprachförderung im Kita-Alltag E-Book

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Beschreibung

Im Fokus dieses Praxisbuches steht die alltagsintegrierte und dialogorientierte Sprachförderung 3- bis 6-jähriger Kinder im Kita-Alltag. Ganz zentral ist dabei, dass pädagogische Fachkräfte mit den Kindern in einen Dialog treten und so jedes Kind individuell und optimal fördern. Mit fünf Strategien können Kinder ermuntert und befähigt werden, sich durch Sprache auszudrücken. Die Strategien, wie z.B. das Modellieren der kindlichen Aussagen oder das Stellen bestimmter Fragen, lassen sich leicht erlernen und anwenden. Sie eignen sich für alle Kinder, auch für solche mit Deutsch als Zweitsprache.

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Seitenzahl: 168

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Cordula Löffler · Franziska Vogt (Hg.)

Strategien der Sprachförderung im Kita-Alltag

Mit 2 Abbildungen und 15 TabellenMit Online-Materialien

3., aktualisierte AuflageMit Beiträgen von Andrea Haid, Nadine Itel, Cordula Löffler, Elke Reichmann, Mandy Schönfelder, Franziska Vogt, Bea Zumwald

Ernst Reinhardt Verlag München

Cordula Löffler, Sonderpädagogin und Germanistin, lehrt „Sprachliches Lernen“ im Fach Deutsch an der PH Weingarten.

Prof. Dr. Franziska Vogt, Primarlehrerin, leitet das Institut Frühe Bildung 0 bis 8 an der PH St. Gallen und lehrt dort Pädagogik und Psychologie, insbesondere im internationalen Masterstudiengang „Early Childhood Studies“.

Außerdem von C. Löffler (zusammen mit I. Füssenich) im Ernst Reinhardt Verlag erschienen:

– Schriftspracherwerb. Einschulung, erstes und zweites Schuljahr (3., akt. Aufl. 2018, ISBN 978-3-497-02748-4)

– Materialheft Schriftspracherwerb. Einschulung, erstes und zweites Schuljahr (2., überarb. Aufl. 2009, ISBN 978-3-497-02116-1)

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-497-03320-1 (Print)

ISBN 978-3-497-61996-2 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61997-9 (EPUB)

3., aktualisierte Auflage

Diese Publikation wurde gefördert durch die Stiftung Ravensburger Verlag

© 2025 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag Ernst Reinhardt GmbH & Co KG behält sich eine Nutzung seiner Inhalte für Text- und Data-Mining i.S.v. § 44b UrhG einschließlich Einspeisung/Nutzung in KI-Systemen ausdrücklich vor.

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Printed in EU

Cover unter Verwendung eines Fotos von © Robert Kneschke – fotolia.com

Satz: JÖRG KALIES – Satz, Layout, Grafik & Druck, Unterumbach

Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de  E-Mail: [email protected]

Inhalt

Vorwort

1Sprache im Alltag fördernVon Bea Zumwald und Mandy Schönfelder

1.1Formen sprachlicher Förderung

1.2Dialogorientierte Sprachfördersettings

1.3Leitprinzipien alltagsintegrierter Sprachförderung

1.4Strategien der Sprachförderung

1.5Vereinigung der Strategien im Dialog

1.6Entwicklungsangemessene und adaptive Unterstützung

2Kindlicher SpracherwerbVon Andrea Haid und Cordula Löffler

2.1Meilensteine des Spracherwerbs

2.2Deutsch als Zweitsprache erwerben

2.3Sprachbeobachtung

3Erste Strategie: Im Dialog mit KindernVon Franziska Vogt und Bea Zumwald

3.1Im Dialog konkret

3.2Weiterführende Fördervorschläge

4Zweite Strategie: Schritt für Schritt den Wortschatz fördernVon Nadine Itel und Andrea Haid

4.1Wortschatzförderung konkret

4.2Weiterführende Fördervorschläge

5Dritte Strategie: Sprache modellierenVon Cordula Löffler und Nadine Itel

5.1Modellierung konkret

5.2Weiterführende Fördervorschläge

6Vierte Strategie: Den Spracherwerb mit Fragen fördern und begleitenVon Mandy Schönfelder

6.1Sprachfördernde Fragen konkret

6.2Weiterführende Fördervorschläge

7Fünfte Strategie: RedirectVon Elke Reichmann

7.1Redirect konkret

7.2Weiterführende Fördervorschläge

8Alle Strategien im ÜberblickVon Nadine Itel und Mandy Schönfelder

8.1Von der Beobachtung zur Sprachförderung

8.2Der entwicklungsangemessene Einsatz der Sprachförderstrategien

8.3Schlusswort

9Literatur

Die Autorinnen

Sachregister

Passwort für die Online-Materialien

Online-Materialien

Übersichten, Vorlagen und Dialogbeispiele zu den Kapiteln können Leserinnen und Leser dieses Praxisbuchs auf der Homepage des Ernst ­Reinhardt Verlags unter http://www.reinhardt-verlag.de herunterladen. Das ­Zusatz-Material ist passwortgeschützt, das Passwort zum Öffnen der ­Dateien finden Sie am Ende des Buches. Dieses Onlinematerial ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag Ernst Reinhardt GmbH & Co KG behält sich eine Nutzung seiner Inhalte für Text- und Data-Mining i.S.v. § 44b UrhG einschließlich Einspeisung/Nutzung in KI-Systemen ausdrücklich vor.

Vorwort

Die Wichtigkeit und Bedeutung von gezielter Sprachförderung ist inzwischen unbestritten, in Kindergarten und Schule ist sie unverzichtbarer Bestandteil geworden. Zahlreiche Förderprogramme werden entwickelt, eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Materialien ist erhältlich und für frühpädagogische Fach­personen werden viele Fortbildungen angeboten. Der Markt ist kaum überschaubar. Die Autorinnen haben sich die Frage gestellt, wie sie als Alternative zu Sprachförderprogrammen die Integration der Sprachförderung in den Alltag unterstützen können. So entstand unser Forschungsprojekt „Sprachförderung im Alltag von Spielgruppe, Kita und Kindergarten (Sprima)“, in dem alle Autorinnen dieses Buches mitgearbeitet haben. Das vorliegende Buch entstand im Rahmen dieses Forschungsprojektes. Es ist aber kein Forschungsbericht, sondern ein Praxisbuch für alle, die Sprachförderung zu ihren Aufgaben zählen.

Die Autorinnen lehren und forschen an unterschiedlichen Hochschulen in Deutschland und in der Schweiz: der Pädagogischen Hochschule Weingarten, der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, der Pädagogischen Hochschule St. Gallen und der Hochschule für Logopädie Ostschweiz. Am Projekt nahmen 45 Spielgruppenleiterinnen, Erzieherinnen und Kindergarten-Lehrpersonen teil. Die Frühpädagoginnen besuchten unsere zweieinhalbtägige Weiterbildung zur alltagsintegrierten Sprachförderung. Vor und nach der Weiter­bildung wurde ihre Sprachförderkompetenz mittels Videoaufzeichnungen erfasst, um die Wirkung der Intervention zu überprüfen. Aus diesen Aufnahmen stammen die zahlreichen Beispiele in diesem Buch. In den Schweizer Beispielen wurde das Schweizerdeutsche, in den Beispielen aus dem Raum Oberschwaben / Bodensee das Schwäbische ins Standarddeutsche übertragen.

Unsere Arbeit im Projekt wurde von unterschiedlichen Seiten unterstützt. Unser Dank gilt vor allem der Internationalen Bodenseehochschule IBH, die das Projekt durch die finanzielle Förderung erst ermöglicht hat. Daneben wurden wir von der Stadt St. Gallen, der Schweizer Arbeitsgemeinschaft für Logopädie und der Stiftung Ravensburger Verlag finanziell unterstützt. Wir danken den Praktikantinnen des Master-Studiengangs Early Childhood Studies (PH St. Gallen und PH Weingarten) für ihre Mitarbeit bei der Kodierung des Videomaterials: Lena Hollenstein, Sarah Kaye, Susanne Mock Tributsch, Karine Müller, Monika Schwitter und Silvia Suter. Daniel Berwanger danken wir für seine Unterstützung bei der Korrektur und Formatierung des Textes. Für das intensive Lektorat bedanken wir uns bei Stefan Klotter.

Im Text verwenden wir die geschlechtsneutrale Bezeichnung frühpädagogische Fachperson, bei den Beispielen dagegen Frühpädagogin, weil am Projekt ausschließlich weibliche Fachpersonen teilgenommen haben. Auch ihnen danken wir für ihr großes Interesse und die Teilnahme am Forschungsprojekt.

Wir freuen uns, wenn unser Buch dazu anregt, das Potenzial für Sprach­förderung in den verschiedensten Alltagssituationen in Kita und Kindergarten zu nutzen.

Cordula Löffler und Franziska Vogt

Weingarten und St. Gallen im Februar 2015 sowie 2020 und im Februar 2025

1 Sprache im Alltag fördern

Von Bea Zumwald und Mandy Schönfelder

Der Spracherwerb stellt die Jüngsten unserer Gesellschaft vor eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Kinder müssen ein Lautinventar aufbauen, Wortbedeutungen sammeln (Wortschatzerwerb) und grammatische Regelmäßigkeiten ableiten (Szagun 2019). Dieser eigenaktive Prozess basiert auf einer anregenden Interaktion mit Erwachsenen oder anderen Kindern (Gasteiger-Klicpera et al. 2010; Gretsch / Fröhlich-Gildhoff 2012). Je vielfältiger der Input in Quantität und Qualität ist, desto mehr sprachliche Erfahrungen kann das Kind dabei sammeln. Deshalb ist es pädagogisch sinnvoll, Kinder im Erst- und Zweitspracherwerb zu begleiten und zu fördern. Die Inhalte der Sprachförderung entstammen den Bausteinen des Spracherwerbs. Dazu zählen Lautbildung, Wortschatz, Grammatik und Sprachhandeln, aber auch Sprachverständnis und Literalität (Adler 2011).

1.1 Formen sprachlicher Förderung

Frühe Förderung im Vorschulalter hat das Ziel, den Lernerfolg, die Chancengleichheit und die Integration positiv zu beeinflussen (Fried / Briedigkeit 2008; Dickinson / Porche 2011). Insbesondere der frühen sprachlichen Bildung – praktisch umgesetzt von frühpädagogischen Fachpersonen – soll Rechnung getragen werden.

Für die sprachliche Begleitung in Kindergarten und Kita stehen sich zwei Ansätze gegenüber: spezifische Förderprogramme und alltagsintegrierte Sprachförderung (Gasteiger-Klicpera et al. 2010; Kieferle et al. 2013; Vogt / Stern / Filliettaz 2022).

Sprachförderprogramme basieren auf der Annahme, dass sich Sprachlernen durch Wissensvermittlung und Übung erfolgreich steuern lässt. Dazu wird ein geplantes und schrittweise aufbauendes Förderschema benötigt. Der Spracherwerb wird in Einzelbausteine zergliedert, systematisch strukturiert und allgemeingültig umgesetzt. Sprache wird als festes System vermittelt. Die Aufgabe der frühpädagogischen Fachperson liegt dabei in der Anleitung und Durchführung vorstrukturierter Aktivitäten wie Übungen oder Lernspiele. Darüber hinaus kennzeichnen sich Sprachförderprogramme durch eine verbindliche Reihenfolge der Inhalte, eine Lernzielkontrolle und eine sprachzentrierte Lern­umgebung (Wiedenmann 2007). Da Sprachförderprogramme auf festgelegten Unterrichtseinheiten basieren, ignorieren sie das Potenzial der Sprachförderung in Alltagssituationen. Soziale, motivationale und emotionale Aspekte, die für einen erfolgreichen Spracherwerb bedeutsam sind, werden eher vernachlässigt. Wenn sprachliche Strukturen ohne natürlichen Anlass gelernt und eingeübt werden, kann eine Übertragung auf den konkreten Alltag scheitern, sodass eine Kluft zwischen erworbenem Sprachwissen und dem Sprachhandeln entsteht. Es zeigt sich,

„dass es […] kein Wissen als abgespeicherte […] Repräsentationen gibt, die in einem […] Kontext erworben und in einen anderen Kontext umgewandelt werden können“ (Renkl 2018, 839).

Vielmehr wird Sprache zwischen Person(en) und Situation konstruiert. Diese Schwachstellen bestätigen sich auch in Wirkungsanalysen. So zeigen stark strukturierte Konzepte keine Wirkung (Gasteiger-Klicpera et al. 2010; Hasselbach et al. 2010; Sachse et al. 2012; Egert / Hopf 2016).

Den Gegensatz zu den Sprachförderprogrammen bildet eine Sprachförderung, die in den Alltag integriert ist und alle Kinder – dem Stand ihres (Zweit-)Sprach­erwerbs entsprechend – einbezieht. Diese alltagsintegrierte Vorgehensweise für die Sprachförderung entspricht auch den curricularen Vorgaben:

„Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen wird nicht als isoliertes Sprach­training verstanden, sondern als gezielte Erweiterung der Sprachkompetenz durch in den Alltag integrierte sprachanregende Angebote“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg 2011, 36).

In der alltagsintegrierten Sprachförderung ist Sprache ein Werkzeug situationsorientierter Interaktion (König 2009). Vor dem Hintergrund, dass jeder Tag ein Sprachlerntag ist, bieten sich alltägliche Situationen und natürliche Gespräche (Fachperson-Kind, Kind-Kind) jederzeit zur Sprachförderung an. Bei der erfolgreichen Begleitung des kindlichen Spracherwerbs sollen alle Kinder entsprechend ihrer Fähigkeiten unterstützt werden.

1.2 Dialogorientierte Sprachfördersettings

Gemeinhin wird in der Kita, in der Spielgruppe und im Kindergarten zwischen strukturierten Angeboten und offenen Aktivitäten unterschieden (Kucharz 2012; Wildgruber et al. 2016). Beide Formen eignen sich gleichermaßen, um mit den Kindern in sprachförderliche Dialoge einzusteigen (Vogt et al. 2015a, 2015b), da dialogorientierte Sprachförderung immer stattfinden kann.

In strukturierten Angeboten wie Regelspielen oder Bastelarbeiten bestimmt die frühpädagogische Fachperson ein Stück weit, was zu tun ist. Sie verfolgt ein klares Ziel und gibt das Material oder einen Ablauf vor. Trotzdem soll das Kind im vorgegebenen Rahmen seine eigenen Ideen einbringen. Häufig werden in Kitas und Spielgruppen als strukturiertes Angebot auch Bilderbücher erzählt. Um die Kinder zum Sprechen anzuregen, ist die dialogische Bilderbuchbetrachtung (Kappeler Suter / Plangger 2015; Whitehurst et al. 1988) besonders hilfreich. Dabei liest die frühpädagogische Fachperson nicht nur vor oder erzählt, sondern sie führt mit den Kindern ein Gespräch über das Buch. Die Kinder bringen ihre eigenen Gedanken und Überlegungen ein. Die frühpädagogische Fachperson greift im Bilderbuch angesprochene Themen auf und erweitert und vertieft sie. Dadurch wird das Denken des Kindes angeregt und der Sprachinput sowie der Sprachgebrauch werden intensiviert.

Offene Aktivitäten sind weniger geplant, kommen jedoch in der Einrichtung häufig vor. Die Kinder essen, ziehen sich an und aus, basteln oder gehen nach draußen. Diese Tätigkeiten eignen sich sehr gut, um mit den Kindern zu sprechen. Neben diesen Alltagstätigkeiten bietet das Freispiel unzählige Möglichkeiten für Dialoge. Das Spielen ist für Kinder im Vorschulalter ein wichtiges sprachliches Lernfeld (Hauser 2013;). Denn die Entwicklung des Spiels ist eng mit der Entwicklung der Sprache verbunden. Beides beeinflusst sich gegenseitig. Insbesondere unterstützt das Spiel das Symbolverständnis des Kindes. Dieses spielt für den Spracherwerb eine zentrale Rolle, da Wörter auch Symbole sind. In einer anregenden Spielumgebung soll den Kindern interessantes Material zur Verfügung gestellt werden, das sie motiviert, in ihre Fantasiewelten einzutauchen (Rüdisüli 2021). Die Rolle der frühpädagogischen Fachperson beschränkt sich jedoch nicht darauf, das Spiel über Material anzuregen (Tournier et al. 2014). Sie sollte dazu beitragen, dass die Kinder miteinander ins Spiel und somit ins Gespräch kommen. Auch Kinder mit geringen Sprachkenntnissen sollten in das Spiel involviert werden. Damit sind sie gefordert, sich in Worten und Handlungen spontan auszudrücken. Die frühpädagogische Fachperson kann auch selbst am Spiel teilnehmen (Vogt 2020). Sie übernimmt eine Rolle, fasst das Geschehen in Worte, geht auf die Kinder ein. Durch das Eintreten in den Dialog regt sie kognitive Prozesse an und dient den Kindern als wertvolles Sprachvorbild (Siraj-Blatchford / Sylva 2004).

1.3 Leitprinzipien alltagsintegrierter Sprachförderung

■ Für die Sprachförderung im Alltag ist die Interaktion von Fachperson und Kind von zentraler Bedeutung. Eine professionelle Form dieser dialogisch ausgerichteten Gesprächsführung stellt die Interaktionsform des gemeinsam geteilten Denkens (Sustained Shared Thinking) (Siraj-Blatchford / Sylva 2004) dar. Dabei werden gemeinsam herausfordernde Gedanken entwickelt und fortgeführt.

■ Eng damit verbunden ist der Ansatz sensitiver und erweiternderResponsivität (Remsperger 2013). Sensitive Responsivität meint, dass die Signale der Kinder aufgegriffen und die sprachlichen Äußerungen der Kinder ergänzt werden. Die erweiternde Responsivität wird durch den Einsatz sprachfördernder Strategien umgesetzt (Inputmanagement nach Dannenbauer 1994).

■ Die Kontextoptimierung (Motsch 2017) zielt darauf ab, dass Kinder die Formen und Funktionen sprachlicher Strukturen stets in konkreten Situationen erfahren können.

■ Auch die Entwicklungsangemessenheit (Adaptivität) (Ruberg / Rothweiler 2012) gilt als Qualitätskriterium. Die sprachförderlichen Verhaltensweisen werden an den kindlichen Sprachstand angepasst. Dazu bedarf es des Wissens um die kindlichen Sprachfähigkeiten, damit Förderstrategien adaptiv und wirksam eingesetzt werden können.

Mit den Eigenschaften der Adaptivität und der Einbettung in konkrete Situationen grenzt sich die alltagsintegrierte Förderung von den Sprachförderprogrammen ab und verankert sich zunehmend in der frühpädagogischen Praxis.

1.4 Strategien der Sprachförderung

Um Kinder in ihrem Spracherwerb wirksam fördern zu können, sollte die frühpädagogische Fachperson konkrete Strategien zur Verwendung im Alltag kennen. Für das IBH-Forschungsprojekt „Sprima – Sprachförderung im Alltag von Spielgruppe, Kita und Kindergarten“ (Vorwort)wurden fünf Strategien ausgewählt und weiterentwickelt, die aufgrund der Literatur zu Sprachförderung als wirksam einzustufen sind (Übersicht „Vergissmeinnicht der Sprachförderung“ im Online-Material).

Die fünf Strategien werden in den Kapiteln drei bis sieben ausführlich vorgestellt. Vorab ein kurzer Überblick:

■ Erste Strategie „Im Dialog mit Kindern“: Der Dialog mit den Kindern ist von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Sprachförderung (König 2009). Dazu muss die frühpädagogische Fachperson für von den Kindern ausgehende Impulse offen sein. Sie greift die Themen des Kindes auf, erweitert diese und fragt nach. Sie interessiert sich für die Welt des Kindes. Von sich aus vertieft sie Themen, die sich im Alltag ergeben (Waibel 2021). Ein echter Dialog zeichnet sich dadurch aus, dass das Kind auch aktiv eigene Gedanken einbringt. Im Dialog versprachlicht die frühpädagogische Fachperson Handlungen, die das Kind oder sie selber ausführt. Indem das Kind seine Aufmerksamkeit auf die Handlung richtet und gleichzeitig in Worten hört, was es sieht, erweitert sich sein Verständnis. Es lernt neue Wörter und Zusammenhänge.

■ Zweite Strategie „Schritt für Schritt den Wortschatz fördern“: Die früh­pädagogische Fachperson verwendet oft neue Wörter, die das Kind noch nicht kennt. So findet Wortschatzförderung im Alltag häufig statt. In den ersten Lebensjahren sind Kinder wie Wort-Staubsauger. Sie können sich Wörter bereits nach nur einmaligem Hören merken. Damit sie die Bedeutung und die korrekte Verwendung von Begriffen verinnerlichen, müssen sie diese immer wieder in verschiedenen Situationen hören und erleben. Erst zu einem späteren Zeitpunkt können die Kinder die Wörter bewusst anwenden (Apeltauer 2012).

■ Dritte Strategie „Sprache modellieren“: Durch die korrekte Wiederholung fehlerhafter Äußerungen korrigiert die frühpädagogische Fachperson das Kind nebenbei. Sie kann dem Kind eine bessere Satzstruktur anbieten oder das Gesagte inhaltlich erweitern (Dannenbauer 2002; Motsch 2017). Dabei weist sie das Kind nicht explizit auf einen Fehler hin, weil solch ein „Tadel“ seine Sprechfreude beeinträchtigen kann. Während die frühpädagogische Fachperson dem Kind zeigt, dass sie es richtig verstanden hat, hört das Kind gleichzeitig die korrekte Äußerung. Es wird indirekt korrigiert und kann die richtigen Formen abspeichern. Ursprünglich stammen diese Techniken aus den frühen Eltern-Kind-Dialogen. Sie wirken jedoch auch bei älteren Kindern, wenn sie gezielt eingesetzt werden (Ruberg / Rothweiler 2012).

■ Vierte Strategie „Den Spracherwerb mit Fragen fördern und begleiten“: Durch Fragen hält die frühpädagogische Fachperson den Dialog aufrecht und bekundet Interesse an dem Thema des Kindes. Die gestellten Fragen regen das Kind an, Äußerungen zu formulieren, eigene Gedanken auszusprechen und über etwas nachzudenken (König 2009; Schmidt et al. 2019).

■ Fünfte Strategie „Redirect“: Nicht nur der Dialog mit der frühpädagogischen Fachperson wirkt sprachförderlich, sondern auch die Interaktionen der Kinder untereinander (Licandro / Lüdtke 2013; Schuele et al. 1995). Wenn die Kinder mit anderen spielen und kommunizieren, verbessern sie nebenbei ihre Sprachfähigkeiten. Die Technik des Redirects zielt deshalb darauf, dass die frühpädagogische Fachperson Gespräche zwischen den Kindern initiiert und unterstützt. Wenn ein Kind mit einem Anliegen an die Fachperson herantritt, leitet sie es an ein anderes Kind weiter. Oder sie schlägt zum Beispiel einem allein spielenden Kind vor, was es einem anderen Kind sagen kann, damit es eventuell zu einem gemeinsamen Spiel kommt.

1.5 Vereinigung der Strategien im Dialog

Während eines Dialogs der frühpädagogischen Fachperson mit einem Kind oder einer Kindergruppe verwendet sie alle Strategien. Sie stellt Fragen und bietet neue Wörter an. Mittels Modellierungsstrategien reagiert sie auf Äußerungen des Kindes, korrigiert und erweitert sie. Ab und zu lässt sie ein Redirect einfließen. Im folgenden Beispiel schaut eine frühpädagogische Fachperson mit einem Kind ein Bilderbuch an (Tab. 1).

1.6 Entwicklungsangemessene und adaptive Unterstützung

Zur Förderung der Sprache tritt die frühpädagogische Fachperson in den Dialog mit den Kindern. Dabei setzt sie flexibel die beschriebenen Strategien ein. Da die Strategien ins Gespräch eingebunden sind, müssen sie inhaltlich und von der sprachlichen Form den Äußerungen des Kindes angepasst sein. Forschungsergebnisse zeigen, dass sprachliche Interaktionen mit Kindern besonders dann wirksam sind, wenn sie der sprachlichen Entwicklung des Kindes angepasst werden (Ruberg / Rothweiler 2012). Die sprachliche Entwicklung des Kindes erfolgt nach einem bestimmten natürlichen Ablauf. Somit lässt sich bei exakter Beobachtung des Sprechverhaltens des Kindes der nächste Entwicklungsschritt voraussehen. Eine wirksame Förderung orientiert sich an diesem nächsten Entwicklungsschritt (Vygotskij 1972). Dabei dient die frühpädagogische Fachperson als Sprachvorbild und liefert dem Kind die Strukturen, die es erwerben soll. Das Kind wird darin unterstützt, seine eigenen Sprachfähigkeiten der Zielsprache anzupassen. Es kann neue Wörter und Sprachmuster entdecken (Albers 2009; Dannenbauer 1984; Gibbons 2002). Kinder sind in der Lage, aus dem sprachlichen Angebot die Strukturen herauszunehmen, die sie brauchen. Deshalb sollten diese möglichst häufig in natürlichen Gesprächssituationen angeboten werden (Ruberg / Rothweiler 2012, 47). Da jedes Kind angemessen gefördert werden soll, entfällt die ausschließliche Konzentration auf wenig Deutsch sprechende Kinder mit Migrationshintergrund oder auf Kinder mit Spracherwerbsverzögerungen.

Tab. 1: Vereinigung der Strategien am Beispiel

Beispiel

Gewählte Strategie

FP:

Wer ist das?

Frage (Ergänzungsfrage; vgl.

Kapitel 6

)

Nadja:

Der Ennetrack.

 

FP:

Der Traktor, genau.

Modellierung (auf der Wortebene; vgl.

Kapitel 5

)

N:

Der Ennetrack, das kenn ich. Macht viel Lärm.

 

FP:

Ah, ja. Woher kennst du das?

Frage (Ergänzungsfrage)Dialog (Thema des Kindes aufnehmen und weiterführen)

N:

Hab ich als Spielzeugtraktor. Spiel ich oft mit meine Buder.

 

FP:

Ach so. Mit deinem Bruder spielst du das!

Modellierung (auf Laut- und Grammatik­ebene)

FP:

Schau mal, wer lebt noch auf dem Hof und steht hinter dem Traktor?

Frage (Ergänzungsfrage)

N:

Hund!

 

FP:

Der Hund! Genau, ein Dalmatiner!

Modellierung (Erweiterung auf Satz­ebene)Wortschatz (Anbieten eines neuen Wortes; vgl.

Kapitel 4

)

N:

Wau, wau

 

FP:

Wau, wau, genau. Der Hund bellt. Warum bellt der Hund den Traktor laut an?

Versprachlichen (vgl.

Kapitel 3

)Frage (Ergänzungsfrage mit Warum)

N:

Weiss nicht …

N. kann die Frage nicht beantworten.

FP:

Meinst du, er freut sich, weil der Bauer gleich losfährt, oder möchte er gern etwas zu fressen?

Frage (Alternativfrage, die N. beant­worten kann)

Voraussetzung für die Sprachförderkompetenz (Fried 2009; Müller et al. 2014) ist ein hinreichendes Wissen über den Spracherwerb des Kindes sowie die Fähigkeit, dessen aktuelles sprachliches Lernen zu beobachten und einzuschätzen. Sprach­diagnose ist als Grundlage für wirksames pädagogisches Handeln unabdingbar (Ruberg / ­Rothweiler 2012). Für die alltagsintegrierte Sprachförderung sind nicht in erster Linie Diagnoseinstrumente wie Sprachtests, Screenings oder Portfolios (Fried 2013; Kany / Schöler 2010; Reichert-Garschhammer / Kieferle 2011) zielführend. Wichtiger ist die laufende Beobachtung des Kindes während der Inter­aktion. Wie reagiert das Kind auf den Input? Wie zeigt es, ob es verstanden hat? Welche sprachlichen Strukturen verwendet es? Was kann es? Wo macht es noch Fehler? Auf der Basis solcher Beobachtungen kann die frühpädagogische Fachperson das eigene Sprechen anpassen und das Kind entwicklungsangemessen unterstützen. Im Projekt Sprimawird neben der laufenden Beobachtung des Kindes im Gespräch ein Beobachtungsbogen als Instrument vorgeschlagen. Damit kann die frühpädagogische Fachperson detaillierter festhalten, wie die einzelnen Kinder sprechen und Sprache verstehen (Kap. 2) und kann daraus geeignete Fördermaßnahmen ableiten.

Durch eine entwicklungsangemessene Unterstützung wird das Kind angeregt, seine grammatikalischen Strukturen, den Wortschatz und sein Sprachverständnis zu erweitern.