Strengt euch an! - Wolf Lotter - E-Book

Strengt euch an! E-Book

Wolf Lotter

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Beschreibung

Engagiert, motiviert und leistungsbewusst: Kernkompetenzen für die Zukunft! Wissen, Ideen, Innovationen, Problemlösungen: Dass das alles ohne Mühe verfügbar sei, ist eine Illusion. Doch allzu oft fehlt der innere Antrieb, sich selbst zu Höchstleistungen anzuspornen – ist es doch viel angenehmer, nach den Vorgaben anderer zu arbeiten. Unsere Gesellschaft scheint gelähmt durch ihren Wohlstand. »Noch nie haben die Menschen so wenig gearbeitet wie heute, und noch nie, so scheint es, waren sie dabei so erschöpft«, schreibt Wolf Lotter. Sein Buch ist ein flammendes Plädoyer dafür, Leistung neu zu denken und die Herausforderungen der Zukunft in Angriff zu nehmen – jetzt! - Komfortzonen, die Feinde der Transformation: Warum ein Umdenken dringend notwendig ist - Selbstverantwortung und Leistungsbereitschaft: Wie wir wieder lernen, uns anzustrengen - »Gib dein Bestes. Tu es für dich!« – So nutzen wir die Schubkraft der intrinsischen Motivation - Arbeiten aus innerem Antrieb statt äußerem Zwang: So gelingt es! Aufruf zur Selbstwirksamkeit: Raus aus der Komfortzone! Wir befinden uns am Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Veraltete Routinen und ein falsch verstandener Leistungsanspruch haben ausgedient. Die Wissensgesellschaft braucht selbstmotivierte Hochleister, für die Engagement und selbstbestimmtes Handeln keine Last, sondern eine Lust bedeuten. Wolf Lotter beleuchtet komplexe geschichtliche und politische Zusammenhänge und skizziert Wege, um den Begriff »Leistung« positiv zu besetzen. Harte Arbeit muss wieder etwas werden, das sich für alle lohnt. Wir haben es umso leichter, je mehr wir uns anstrengen. Wenn wir das verstanden haben, ist der erste Schritt in Richtung einer neuen Leistungsgesellschaft getan. Ein Buch, das den Nerv der Zeit trifft und die Augen öffnet!

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Seitenzahl: 116

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WOLF LOTTER

STRENGT EUCH AN!

WARUM SICH LEISTUNGWIEDER LOHNEN MUSS

Sämtliche Angaben in diesem Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren bzw.

Herausgeber und des Verlages ist ausgeschlossen.

1. Auflage

© 2021 Ecowin Verlag bei Benevento Publishing München – Salzburg, eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Red Bull Media House GmbH

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15

5071 Wals bei Salzburg, Österreich

Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT

Gesetzt aus der Palatino, Cera Condensed Pro, Cera Pro

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie, Zürich

ISBN 978-3-7110-0283-9

eISBN 978-3-7110-5308-4

»Der Idealzustand ist erreicht,wenn man jeden Tag bei bester Launeein wenig überfordert ist.«1

FRITZ B. SIMON

1Fritz B. Simon in: Wolf Lotter: »Lassen wir das!«. In: brand eins 8, 19/2017, S. 28–34.

Inhalt

1. KAPITEL - DIE MÜHEN DER EBENE

KOMFORTZONEN, DIE FEINDE DER TRANSFORMATION

DIE NEUE ANSTRENGUNG

WAS LEISTUNG IST

DAS PROBLEM DES BEGREIFENS

DAS DIENEN

DAS GLEIS DER VERBINDLICHKEIT

2. KAPITEL - MAN ON THE MOON

DAS SIEGERPROBLEM

DAS VERLIERERSYNDROM

EIGENLOB

SELBSTVERGEWISSERUNG

ANGEKOMMEN

DIE KRÄNKUNG

MOSKAU, PEKING UND ZURÜCK

DIE SELBSTVERPFLICHTUNG

3. KAPITEL - DAS FEUER DER LEISTUNG

PROMETHEUS

DIE PROTESTANTISCHE ETHIK

ARBEIT, LEISTUNG, WIE WIR SIE KENNEN

DAS ELEND DER FLEISSGESELLSCHAFT

DER KRAFTAKT

DIE UNIVERSALMASCHINE

LEISTUNGSADEL

ARBEITERBEWEGUNG

LEISTUNGSTRÄGER

DER CORONAEFFEKT

DIE ARBEITSLOSEN VON MARIENTHAL

DIE EINGEBILDETE ANSTRENGUNG

DAS FALSCHE WIR, DIE ECHTE DEMOKRATIE

FALSCHE FREUNDE

LEISTUNGSKRANK?

BORE-OUT

GIB DEIN BESTES. TU ES FÜR DICH.

1. KAPITEL

DIE MÜHEN DER EBENE

Im Jahr 1949, vier Jahre nach dem Ende des größten Krieges, den diese Welt je ertragen musste, schrieb Bertolt Brecht sein Gedicht »Wahrnehmung«.2 Darin heißt es:

»Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns / Vor uns liegen die Mühen der Ebenen«

Als das Gedicht entstand, war man – nicht nur in der kommunistischen Hälfte des Globus – noch weit von jener industriellen Wohlstandsgesellschaft entfernt, die zu der heute üblichen Ausdehnung der Komfortzonen geführt hat, die vielen im Westen als Realität erscheint.

Konsum – das war für die meisten Menschen in den Mangeljahren der Nachkriegszeit eine Frage des Überlebens. Vielleicht war das auch der Grund, weshalb sich damals weit weniger Menschen mit ihrem Konsum so identifizierten, dass sie ihn von ihrer eigenen Identität kaum noch zu trennen vermögen. Man war noch nicht, was man kaufte. Dem Schlimmsten, der allgegenwärtigen Todesgefahr des Krieges und – jedenfalls im Westen – auch der mörderischen Tyrannenherrschaft entronnen war man »überm Berg«, wie man so treffend sagt. Aber nicht nur Brecht wusste, dass man noch lange nicht im Paradies angekommen war. Auf die Überlebenden, die «Nachgeborenen«, warteten neue Mühen und Anstrengungen. Sie traten weniger sichtbar zutage als die Mühen des Gebirges, wo die Etappen schwierig waren, aber als solche erkennbar. Man hatte die Gipfel – die Ziele – vor Augen. Die Mühe des Gebirges bestand sozusagen aus ehrlicher Arbeit – also transparenten Leistungen. Erbrachte man sie, dann überstand man den Tag.

Die Mühen der Ebene hingegen sind perfide.

In der endlosen Weite der Ebene kann man überallhin – aber man muss seine Ziele auch kennen und definieren, sonst kommt man nirgendwo an, weil man die Orientierung verliert. Wenn der Himmel weit ist und offen, dann kann es sein, dass sich auch die fest ins Auge genommenen Ziele vor dem weiten Horizont verlieren.

Dieses Phänomen ist weithin bekannt. Als Napoleons Truppen in die schier unendlichen Weiten Russlands strömten, in die großen Ebenen, verloren sie bald die Orientierung, aber auch den Sinn für Dimensionen. Sie waren nicht mehr in der Lage, die richtigen Einschätzungen zu treffen über das Land, durch das sie marschierten, wie auch über den Gegner, der dieses Land, ohne sich zu zeigen, verteidigte. Der Feind war unsichtbar geworden. So kam die Grande Armée des großen Feldherrn und Kaisers Napoleon Bonaparte in die Ebene, und dort ging sie zugrunde, wie die Revolution, die ganz am Anfang ihres Aufbruchs stand.

Ideen, die keine Ziele mehr haben, die nicht mehr wissen wohin, sie verlieren sich, und verloren gehen auch die Menschen, die keinen Weg mehr finden. Das sind die Mühen der Ebene.

Dieser Untergang muss nicht wehtun. Er verläuft, eine weitere Tücke der Mühen der Ebene, unmerklich, ja, sogar komfortabel.

KOMFORTZONEN, DIE FEINDE DER TRANSFORMATION

Es ist viel schwieriger, sich unter guten Bedingungen anzustrengen als in Zeiten bitterer Not, in denen es um Leben oder Tod geht. Aus den Komfortzonen heraus Ziele zu schaffen und Zukunft zu denken, damit haben Menschen kaum Erfahrung. Aber wenn wir uns nicht anstrengen, genau das zu tun, führt die Ebene in den Untergang.

Wir leben im Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Dieser Vorgang wird Transformation genannt. Er betrifft keineswegs nur einen Bereich unserer Ordnung und Kultur. Die Transformation unserer Tage verlangt von uns die Neuorientierung in nahezu allem, was uns bisher normal schien und gewohnt. Und was bisher »normal« war, bedarf nun einer neuen, möglichst kritischen Bewertung. Vieles von dem, was wir vermeintlich »immer schon so gemacht haben«, ist nichts anderes als das kulturelle und soziale Abbild der Industriegesellschaft und ihres sehr spezifischen Leistungsdenkens. Natürlich ist auch dieses Leistungsdenken nicht im luftleeren Raum entstanden. Religionen und Kulturen, politische Interessen und ökonomische Notwendigkeiten haben das Bild von dem, was Leistung ist und was nicht, beeinflusst.

Wir befinden uns bereits in einer Wissensgesellschaft, in der Denken und Kreativität die wichtigsten Ressourcen für Wohlstand und Fortschritt sind. In der Industriegesellschaft, die wir allmählich verlassen, deren Kultur aber nach wie vor noch herrscht, waren Routinen und Normen das Wichtigste. Wo Denken und Kreativität zählen, ist konstruktives Zweifeln und Erneuern eine weitaus wichtigere Arbeit. Wer also wissen will, was in der Wissensgesellschaft zu leisten ist, wofür wir uns dort anstrengen, muss erst mal wissen wollen, was die Grundlagen der Beurteilung unserer Bemühungen bis heute sind – denn diese bestimmen nach wie vor unser Denken und führen uns aber in die Irre. Um es auf den Punkt zu bringen:

Wir sind fleißig, aber wir strengen uns nicht an.

Es ist deshalb höchste Zeit, darüber nachzudenken, was Leistung ist und was sie in den neuen Zeiten sein könnte. Das wird unseren Blick auf dieses zentrale Thema der menschlichen Natur verändern. Es wird darum gehen, Leistung als positive Vorstellung zu sehen – und die Anstrengung und Bemühung als unerlässlichen Preis, den alle zahlen, die etwas wollen.

Die Herausforderungen der Ebene sind gewaltig, sie bestehen nicht nur aus der Klimakrise, zukunftsfesten Sozialsystemen und einer neuen Vorstellung von Arbeit und Leben, die das Zwanghafte der Gewaltmärsche, die wir in der Industrie auf uns genommen haben, hinter sich lässt – und zu mehr Selbstständigkeit und Selbstbestimmung führen wird. Die alte Welt ist damit beschäftigt, hart daran zu arbeiten, dass alles so bleibt, wie es ist. Wer Interesse an einer Veränderung hat, muss hingegen auf ein neues Leistungsbild schauen – und nicht einfach an die Stelle alter Routinen neue Dogmen setzen. Es geht also nicht nur darum, was wir denken – sondern ganz entscheidend auch: wie.

Machen wir uns nichts vor: Niemand verändert sich ohne Aussicht auf Besseres. Und reden allein hilft nicht. Es gilt auch dabei der Satz Ernst Blochs aus seinem Das Prinzip Hoffnung: Wir müssen »ins Gelingen verliebt sein«. Doch können wir das überhaupt noch?

Die Mühen der Ebenen bestehen eben darin, dass wir lernen müssen, uns zu entscheiden, welchen Weg wir gehen – und dafür Verantwortung übernehmen. Nicht erst mit der Coronakrise hat das für die Ausbildung einer freien und selbstbestimmten Gesellschaft so wesentliche Subsidiaritätsprinzip schwere Rückschläge einstecken müssen. Dass man sich erst einmal selber anstrengt, bevor man anderen die Mühen aufbürdet, seinen Kram zu erledigen, das war stets der soziale und kulturelle Kitt, aus dem funktionierende Gemeinschaften bestanden. Jeder und jede tut, was er und sie kann.

Streng Dich an! Das ist nicht einfach ein Imperativ an die Komfortzonenbewohner des Konsumkapitalismus, die auf ihr Dasein als Verbraucher, Konsumenten und Klienten gedrillt wurden, weil sich damit Wahlen gewinnen und Produkte und Dienstleistungen leichter absetzen lassen. Selbstständigkeit als Lebensprinzip, nach Selbstbestimmung strebende und Selbstverantwortung lebende Bürgerinnen und Bürger, die Klasse der Citoyens, ist nur schwach ausgeprägt. Es ist leichter, sich eine Identität zuzulegen als eine zu entwickeln. Auch das hat damit zu tun, dass wir es uns zu leicht machen. Viele beten nach, was andere predigen, statt die Welt mit eigenen Augen und kritischem Verstand verstehen und gestalten zu wollen.

Der Wohlstand hat uns in einen Zustand von intellektueller Faulheit und Feigheit gebracht. Faulheit, weil man die wirklichen Probleme der Transformation mangels Bemühung nicht löst, Feigheit, weil man diesen Umstand auch noch vertuscht. Viele haben was zu verlieren, und offenbar ist das mehr, als sie glauben, gewinnen zu können. In einer solchen Welt strengt sich niemand mehr für etwas Neues, Besseres an – man ist vollkommen damit ausgelastet, seinen Status quo zu verteidigen.

Die Forderungen nach weniger, nach mehr Übersicht, mehr Regeln – sie sind reaktionär, wenn sie nicht die eigene Leistung fordern und Lösungen erarbeiten. Der Kampf gegen Krankheiten und Krisen wird nicht auf der Straße gewonnen, sondern in Labors und an Schreibtischen, in Experimenten und nächtelanger Anstrengung bis zur Erschöpfung. Nicht Parteien und Politik retten uns. Wir müssen uns am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen. Das gilt in der Wissensgesellschaft, die mit dem Kopf arbeitet, im Wortsinn.

Strengt euch an!

DIE NEUE ANSTRENGUNG

Merkwürdig, dass man das heute sagen muss. Freiheit, Selbstbestimmung, Selbstständigkeit – das Streben danach – das sind die klassischen Fundamente von Aufklärung und Humanismus. Es ist noch gar nicht so lange her, da feierten fortschrittliche Kräfte und Menschenfreunde die Leistung als besten Freund der Gerechtigkeit. Wo man sich – mit dem Köpfchen – anstrengte, war ein besseres Leben in Sicht.

Man wird nicht eine einzige Utopie der Neuzeit finden, bei der der Lohn der Mühe nicht in einem freien Leben bestanden hätte. Damit lässt sich freilich auch Leiden im Diesseits legitimieren. Das Leben ist eine Plage, aber danach geht’s ins Paradies. Karl Marx, einer der heftigsten Kritiker der alten Machtstrukturen und damit auch der Religion, hat seinen »Kommunismus« auf derselben Grundlage errichtet. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Arbeit, Anstrengung, Mühe, das ist sein »Reich der Notwendigkeiten«, in dem alle materiellen Grundlagen für das »Reich der Freiheit« errichtet werden, das naturgemäß darauf aufbaut. Nicht nur die Geschichte des »real existierenden Sozialismus« hat eindrucksvoll gezeigt, dass dabei das Versprechen auf Besserung die einzige verlässliche Botschaft ist. Erst muss »der (echte) Sozialismus aufgebaut« werden, dann aber geht’s zum gemütlichen Teil, der sich freilich im sogenannten »real existierenden Sozialismus« nicht blicken ließ. Der Paradiestrick der Religionen, er wurde zum politischen Konzept der Moderne.

Tatsächlich geht es in der aktuellen Transformation im 21. Jahrhundert um eine dritte Option zwischen Mühsal und leeren Versprechungen. Die Mühen der Ebene fordern uns heraus, uns selbst Orientierung zu geben, statt sie von Religionen, Ideologien und Heilsversprechen zu leihen. Es lohnt sich also, sich für sich anzustrengen, für das, was man wirklich will. Das herauszufinden, ist erst einmal ziemlich viel Arbeit, aber unerlässlich, um aus den Mühen der Ebene ein gelungenes Leben zu machen.

Die Voraussetzungen waren noch nie so gut wie heute. Allerdings gibt es viele Interessen, die einer stärkeren Selbstbestimmung des Individuums zuwiderlaufen: ein Fürsorgestaat, der lieber Klienten betreut als freien, selbstständigen Bürgerinnen und Bürgern Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Um das nicht falsch zu verstehen: Es geht nicht um weniger Staat oder eine Rede gegen einen »tiefen Staat«. Es geht um die Frage, wer dort das Sagen hat, wer sich wie gut und ohne Barrieren bewegen kann. Ein guter Staat ermöglicht seinen Bürgern ein freies, gelungenes Leben, indem er den Spagat zwischen Gemeinwohl und Individualität ständig neu bewältigt. Es gibt Bürokratien, die nur selbstsüchtig sind, und Verwaltungen, die das Leben von Menschen erleichtern.

Eine gute Gemeinschaft hilft einander, die Ziele der Einzelnen zu erreichen. Sie macht sie nicht gleich, sie fördert die Differenz, ohne zu diskriminieren, sie gestattet und erlaubt nicht, sie ermöglicht. Jedes andere zivilgesellschaftliche «Betriebssystem« ist inakzeptabel. Wir sehen also, wie viel wir noch tun müssen, um diesem Ziel näher zu kommen. Die wichtigste Aufgabe lastet dabei auf uns: Wie findet jeder Einzelne seine neue Rolle, wie verstehen wir Freiheit als Recht darauf, seinen eigenen, jeweils richtigen Weg zu gehen – nicht als sozialer Amokläufer, sondern als selbstbestimmtes Individuum, das gerne, und aus Vernunftgründen, mit anderen Individuen kooperiert?

Die Mühen der Ebenen bestehen also darin, herauszufinden, was wir wollen. Das ist eine Prüfung der Sonderklasse. Keine Not, keine existenzielle Bedrohung ist heute unser größter Feind, sondern das Neuland der eigenen Entscheidung, die einem niemand mehr abnimmt. Wir müssen lernen, uns ohne Zwang anzustrengen und aus der Not, arbeiten zu müssen, eine Tugend machen, ohne uns dabei selbst zu betrügen. Es gibt kein richtiges Leben im falschen, hat Theodor W. Adorno gesagt. Sein Vorgänger Ludwig Feuerbach hat über hundert Jahre vorher gefordert, dass der Mensch »die Illusion über seinen Zustand« aufgeben, also sich nüchtern gegenübertreten soll, was Adornos Satz vorwegnimmt. Und Karl Marx wiederum hat in seiner Kritik an Feuerbach diese Idee weiterentwickelt, ausgerechnet mit einem Appell an das Individuum, dem er sonst so wenig zutraute: Es gehe nicht darum, die Illusionen aufzugeben, sondern den Zustand, »der der Illusion bedarf«.3

So sieht es aus: Unsere Anstrengungen verlangen von uns Aufrichtigkeit, Selbstkritik, Selbsterkenntnis und die große Bemühung, uns selbst ernst zu nehmen und aus unserem Leben etwas zu machen. Man muss für Veränderungen arbeiten. So einfach ist das. Die Mühen der Ebenen verlangen nach einer neuen Leistungsgesellschaft. Die besteht erst einmal darin, dass wir uns ehrlich machen, so gut das geht. Ernsthaft.

WAS LEISTUNG IST