Systemische Augentherapie - Marianne Wiendl - E-Book

Systemische Augentherapie E-Book

Marianne Wiendl

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  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Bücher über Sehtraining bieten meist Anleitungen zu besserem Sehen auf der körperlichen Ebene. Eine Verschlechterung der Sehfähigkeit hängt jedoch stark mit emotionalen Ursachen zusammen. Die Systemische Augentherapie ist eine neue Methode, Gefühle die mit dem Symptom "schlechteres Sehen" in Verbindung stehen, zu erkennen. Wie in der Familienaufstellung werden hier die Augen aufgestellt und zur eigenen Person und zu Familienmitgliedern in Verbindung gestellt. So können Gefühle, die sich in Familienkonstellationen und sogar über mehrere Generationen manifestiert haben, erkannt und neu besetzt werden. Oft wird dann der Schutz des "Nicht-Sehen-Könnens" nicht mehr benötigt und das Symptom kann sich auflösen.

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Seitenzahl: 208

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Marianne Wiendl Uschi Ostermeier-Sitkowski

Systemische Augentherapie

Wichtiger Hinweis: Die in diesem Buch ausgesprochenen (therapeutischen) Empfehlungen wurden von den Autorinnen nach dem aktuellen Wissensstand sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder die Autorinnen noch der Verlag können für eventuelle Nachteile und Schäden eine Haftung übernehmen, die aus den im Buch gemachten Hinweisen resultieren. Die in diesem Buch enthaltenen Ratschläge können und sollen eine fachliche Beratung durch Arzt oder Heilpraktiker ersetzen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

© 2015 Marianne Wiendl

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

Fotos:

Uschi Ostermeier-Sitkowski

Grafiken:

paper-back gmbh, München

Abb.28:

Suchbild, Mirek Kolar

Titelfoto:

© drubig-photo – Fotolia.com

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem Weg und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, auch nur bei auszugsweiser Verwertung, bleiben vorbehalten.

Vorwort zur Neuauflage

Vor vielen Jahren entwickelte ich die »Systemische Augentherapie«. Im Sehforum Bayern, damals noch Münchner Forum für ganzheitliches Sehen, fing ich an, die Aufstellungsarbeit mit den Augen zu verknüpfen. Frisch von der Ausbildung zur Aufstellungsleiterin bei Professor Dr. Franz Ruppert (München), ließ ich das Erlernte in den Arbeitskreis einfließen. Die erste Augenaufstellung fand statt. Es war für alle Beteiligten spannend, Sehen und Gefühle im Kontext wahrzunehmen. Erstaunliche Lösungen entstanden mit positiver Wirkung auf die Sehkraft. Wie sehr Gesundheit von der inneren Wahrnehmung abhängt, ist faszinierend. Gelingt es ursächliche Konflikte aufzudecken, regt dies Selbstheilungskräfte an, Symptome verschwinden.

Damals entstand bei mir das Bedürfnis, meine Erkenntnisse niederzuschreiben. Uschi Ostermeier-Sitkowski, Teilnehmerin im Sehforum Bayern, war begeistert und wir beschlossen gemeinsam dieses Buch zu schreiben. Ihre Unterstützung und ihre langjährige Erfahrung aus vielen Seminaren und als Autorin einiger Bücher halfen mir sehr. Dafür möchte ich ihr und auch den Mitgliedern des „Münchner Forum für gesundes Sehen“ herzlich danken. Außerdem bedanken möchte ich mich bei Gisela Haberer, die mir mit Ihren Reflexionen und Kommentaren sehr geholfen hat zu schreiben. Zahlreiche Leser fesselte der systemische Ansatz, sie berichteten von bemerkenswerten Einsichten. Es wurde sogar ins Holländische übersetzt.

Inzwischen habe ich viele Jahre Augenaufstellungs-Seminare geleitet, mit verblüffenden Ergebnissen. Die Rückmeldungen bestanden nicht nur aus verändertem Sehen. Die Aufstellungsarbeit hilft unbewusste Widerstände aufzuzeigen, lässt Veränderung erleben. Entwicklung heißt, sich aus den Verstrickungen der Familie zu lösen, der Weg für das Eigene wird sichtbar. Die Freiheit bisher verdeckte Potenziale zu entdecken, macht »selbst – bewusst« und hält gesund. Die Augen, das Tor zur Seele, bleiben für mich ein faszinierender Einstieg.

2001 gründete ich das Naturheilzentrum für Sehen und Gesundheit in Starnberg. Dort finden Menschen mit vielerlei Sehproblem therapeutische Hilfe. Die Praxis betreut Patienten mit Augenerkrankungen und Fehlsichtigkeiten. Nicht nur der seelische Aspekt wird betrachtet. Wie wenden Therapien aus der Augenakupunktur, der Augenkinesiologie, Naturheilkunde und dem klassischen Sehtraining mit viel Erfolg an. Das Besondere ist, der systemische Aspekt schwingt in der Therapie mit. So kann es passieren, dass mitten in einer »körperlichen« Behandlung, eine seelische Beratung mit einfließt. Körper und Seele gehören zusammen, sie können nicht getrennt behandelt werden. Mittlerweile gibt es eine Ausbildung im Sehtraining und Weiterbildungen in ganzheitlicher Augenheilkunde. Auch die Aufstellungsseminare, „Sehen in Balance“, finden weiterhin statt.

Das Buch besteht aus einem theoretischen Teil zur Anatomie des Auges und zur kindlichen Sehentwicklung und einem Teil zur systemischen Sichtweise. Ergänzt wird es durch die Beschreibung der Methode der „systemischen Augentherapie“ anhand von Fallbeispielen aus der Praxis. Im letzten Teil finden Sie Seh-Übungen, die für die eigene Übungspraxis zu Hause geeignet sind. Ich freue mich sehr, dass unser Buch wieder erhältlich ist.

Starnberg 2015

Marianne Wiendl

Inhalt:

Geleitwort

Vorwort

Sehentwicklung und Störmöglichkeiten

Anatomie des Auges

Physiologische Entwicklung der Augen

Das Zusammenspiel zwischen Augen und Gehirn

Faktoren, die die Entwicklung des Sehens beeinflussen

Störungen und Krankheiten der Augen

Die systemische Sichtweise

Verschiedene Ansätze in der Psychotherapie

Familienstruktur

Die Bindung

Das Phänomen des Traumas

Persönlichkeitsanteile und ihre Dynamik

Symptome und ihre Funktion

Die Augen und das Familiensystem

Die Methode der systemischen Augentherapie und Beispiele aus der Praxis

Methode

Fallbeispiele

Gedanken zu Aufstellungen

Ressourcen stärken – Augenübungen aus der Praxis

Übersicht – Augenübungen

Übung  1 – Akkommodationsübungen

Übung  2 – Nachbilder

Übung  3 – Koordinationsübungen – Sehen mit beiden Augen

Übung  4 – Visualisieren

Übung  5 – Übungen zur Gehirnintegration

Übung  6 – Ballspiele

Übung  7 – Wechsel zwischen Fixation und Peripherie

Übung  8 – Körperbewegung

Übung  9 – Fusion

Übung 10 – Entspannung für die Augen

Übung 11 – Gähnen

Übung 12 – Das innere Lächeln und die Fünf Elemente

Übung 13 – Wellness für die Augen

Übung 14 – Meditation in die einzelnen Augen

Übung 15 – Erstellen eines Stammbaums

Übung 16 – Sehen mit einem Auge

Übung 17 – Erden

Anhang

Glossar

Literatur

Adressen

Bildnachweis

Geleitwort

„Die Augen sind das Fenster zur Seele“. Der Volksmund kennt diese Weisheit seit langem. In ihrer praktischen Arbeit suchen Marianne Wiendl und Uschi Ostermeier-Sitkowski nach neuen Möglichkeiten, über die Augen die Seele zu erreichen und über die Heilung der seelischen Verletzungen auch die Augen zu einem neuen Sehen zu führen.

Sie verwenden dabei die Methode der Aufstellung als Zugang zur menschlichen Seele. „Aufstellung“ bedeutet, Menschen stellen sich zur Verfügung, die seelische Struktur eines anderen Menschen widerzuspiegeln. Es gibt meines Erachtens kein besseres diagnostisches Verfahren, die psychische Struktur eines anderen Menschen zu erfassen. Gleichzeitig eröffnet dieses Vorgehen die Möglichkeit, tiefgreifende seelische Veränderungen bei einem Patienten oder Klienten zu bewirken.

Durch die Entdeckung der Spiegelnervenzellen im menschlichen Gehirn haben wir nun die Möglichkeit, das Phänomen der Aufstellung in seinen physiologischen Grundlagen besser zu verstehen. Es gibt demnach einen eigenen menschlichen Sinn für Beziehungen und unsere Augen spielen dabei eine wesentliche Rolle. Mit unseren Augen nehmen wir einen Großteil der Informationen auf, die zur Spiegelung und inneren Repräsentation anderer Menschen in uns führen. Wir nehmen von unseren Bindungs- und Beziehungsbedürfnissen geleitet, von Kindheit an das Hilfreiche und Stärkende ebenso unbewusst auf wie das Schwächende und Verstrickende. Was uns stützt, muss durch keine Therapie ans Licht geholt werden. Was uns aber schwächt, muss vom Unbewussten in das Bewusste gehoben werden, um es verändern zu können. Je früher dies geschieht, umso besser sind die Chancen, Fehlentwicklungen zu vermeiden. Die Arbeit mit Kindern ist daher bei der Erforschung der Zusammenhänge zwischen dem Sehen und der Seele ein überaus begrüßenswerter Ansatz.

Die beiden Autorinnen schlagen mit diesem Buch eine erste Brücke zwischen der Aufstellungsmethode, die sich bei vielen Symptombildern psychischer Störungen immer besser als Diagnose- und Interventionsverfahren bewährt, und den Fehlsichtigkeiten unseres menschlichen „Sehapparates“, der wohl eben doch kein bloßer „Apparat“ ist, sondern etwas zutiefst Beseeltes. Sie entwickeln eine neue Sichtweise über die Anomalien des Sehens und liefern in ihren Fallbeispielen kreative Hypothesen. Es sollte diesen forschend weiter nachgegangen werden.

München, Juni 2005

Prof. Dr. Franz Ruppert

Vorwort

Seit vielen Jahren gehöre ich dem Arbeitskreis „Münchner Forum für gesundes Sehen“ an, den Gisela Wesche-Nielsen mit einigen anderen Sehtrainern und Sehtrainerinnen 1990 in München gründete. In regelmäßigen Treffen tauschen wir seitdem unsere Erfahrungen und Erkenntnisse im ganzheitlichen Sehtraining aus und arbeiten gemeinsam an neuen Ansätzen und Ideen. Es ist ein Forum, in dem viele Themen rund um das Sehen besprochen werden, Experimente möglich sind und Rückmeldungen zur eigenen Arbeit gegeben werden.

Das Familien – und Organisationsaufstellen erlernte ich beim Münchner Psychologieprofessor Dr. Franz Ruppert. Durch seine besondere Art der Aufstellungsarbeit, bei der auch Gefühle ausgelagert und für sich aufgestellt werden und seine theoretischen Ausführungen, konnte ich die Zusammenhänge zwischen dem Bindungsbedürfnis des Menschen und den seelischen und körperlichen Störungen auf Grund erlebter Traumata besser verstehen. Die Arbeit mit dem systemischen Ansatz wirkte sich auf mein eigenes Sehen sehr positiv aus. Nach zahlreichen Weiterbildungen im Familien- und Organisationsaufstellen, fing ich an im Arbeitskreis des Münchner Forums die Aufstellungsarbeit mit dem Sehen zu verknüpfen. So stellte ich eines Tages zum ersten Mal in unserem Arbeitskreis nicht ein Familienmitglied, sondern die Augen selbst auf. Die innere Dynamik, die auf Grund dieses Ansatzes ersichtlich wurde, berührte uns sehr. Meine Arbeit wurde mehr und mehr vom systemischen Ansatz geprägt und ich entwickelte die „systemische Augentherapie“. Sie ist eine Kombination aus „Sehen lernen“ und Aufstellungsarbeit. Ich gewann viele neue Einsichten, aber auch frühere Annahmen über das Sehen bestätigten sich. Die Ursachen von Fehlsichtigkeiten und ihre Hintergründe wurden sichtbar und nachvollziehbar. Ich gründete den „Arbeitskreis für Menschen, die klarer sehen möchten“. Viele konnten dort ihre Fehlsichtigkeit oder ihre Augen aufstellen und Verbesserungen wurden möglich. Theorie und Methode der systemischen Augentherapie entwickelte ich durch die Arbeit in meiner Praxis und aus den Erfahrungen, die ich bei der Leitung des „Arbeitskreises für Menschen, die klarer sehen möchten“ gemacht habe. So entstand bei mir die Idee für dieses Buch. Uschi Ostermeier – Sitkowski war begeistert und wir beschlossen das Buch gemeinsam zu schreiben. Ihre langjährige Erfahrung aus vielen Seminaren und als Autorin haben mir sehr geholfen. Für Ihre Unterstützung möchte ich ihr und auch dem „Münchner Forum für gesundes Sehen“ an dieser Stelle herzlich danken. Außerdem bedanken möchte ich mich bei Gisela Haberer, die mich mit Ihren Reflexionen und Kommentaren sehr unterstützt hat. Das Buch besteht aus einem theoretischen Teil zur Anatomie des Auges und zur kindlichen Sehentwicklung und einem Teil zur systemischen Sichtweise. Ergänzt wird es durch die Beschreibung der Methode der „systemischen Augentherapie“ anhand von Fallbeispielen aus der Praxis. Im letzten Teil finden Sie Übungen aus dem Sehtraining, die für die eigene Übungspraxis zu Hause geeignet sind. In den ersten drei Kapiteln des Buches, wird auf die jeweils zum Inhalt passende Übung im letzten Teil verwiesen.

Ich freue mich jetzt über das fertige Resultat und wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.

Starnberg, Februar 2006

Marianne Wiendl

Vorwort

Als ich kürzlich einem Freund erzählte, dass ich an einem Buch über Sehtraining schreibe, meinte er: „Was gibt es denn darüber noch zu schreiben? Es gibt doch schon so viele Bücher darüber und Du hast selbst schon zwei über dieses Thema geschrieben“.

Das stimmt, aber das finde ich das Wunderbare im Leben, dass es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt: in der Kunst, in der Musik, in der Natur, überall. Alles ist in ständigem Wandel begriffen und es ist dieser Wandel, der uns wachsen lässt, uns erweitert und bereichert.

Seit 1989 arbeite ich als Sehtrainerin, Heilpraktikerin und Yogalehrerin. Aus einem regen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen entstand im Jahr 1990 eine Supervisionsgruppe aus der heraus sich das „Forum für Gesundes Sehen, München“ gründete. Seitdem treffen wir uns regelmäßig, tauschen Erfahrungen aus und lernen voneinander. Für mich persönlich ist dieser Arbeitskreis eine wichtige Institution. Er bietet viel Raum, Neues zu probieren und in geschütztem Rahmen zu experimentieren.

Was uns verbindet ist das Sehtraining. Alle Mitglieder des Arbeitskreises arbeiten aber auch mit anderen Methoden. Ich ergänze das Sehtraining mit Autogenem Training, Akupunktur, Homöopathie und Craniosacral-Therapie.

Vor einigen Jahren stieß Marianne Wiendl zu uns und brachte viel frischen Wind in die Gruppe. Sie war gerade in Ausbildung zur systemischen Familientherapeutin. Als sie die Idee hatte, auch einmal die Augen aufzustellen, waren wir sehr neugierig. Marianne leitete uns sicher und mit viel Feinfühligkeit. Es war erstaunlich, was passierte. Etwas ganz Neues hatte sich aufgetan.

Immer wieder hatte ich in meiner Praxis erlebt, dass die Augen nicht sehen können, was die Seele nicht wahrhaben will oder kann. Wenn solche Blockaden über längere Zeit wirksam sind, werden die Augen fehlsichtig und früher oder später ist klares Sehen ohne Brille oder Kontaktlinsen nicht mehr möglich. Augenübungen sind ein wunderbares Medium, die Sehkraft zu stärken und zu verbessern. Aber erst wenn Körper- und Entspannungsübungen mit dem Aufspüren seelischer Ursachen kombiniert werden, ist wirkliche Heilung möglich.

Als Marianne Wiendl mich fragte, ob ich mit ihr zusammen ein Buch über das Aufstellen der Augen schreiben möchte, fing ich gleich Feuer. Ich fand die Idee wunderbar, diese neue und effektive Methode in dieser Form zu verbreiten. Für die fruchtbare Zusammenarbeit bei der Entstehung dieses Buches möchte ich ihr ganz herzlich danken. Besonders danken möchte ich auch den Fotomodellen Susanna und Samira Baumann und Sarah Lea Ostermeier für ihre Geduld und den Spaß, den wir bei der Aufnahme der Fotos hatten.

Nun möchte ich Sie einladen in das „Abenteuer“ der seelischen Hintergründe des Sehens, wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und viele neue Erkenntnisse, Einsichten und Ausblicke.

Kempten, Februar 2006

Uschi Ostermeier-Sitkowski

Sehentwicklung und Störmöglichkeiten

Anatomie des Auges

Der Sehapparat

Jeder gesunde Mensch sieht die Welt mit zwei Augen. Mit ihnen empfangen wir Lichtsignale, die in der Netzhaut zu Nervenimpulsen umgewandelt werden. Die Sehzellen der Netzhaut sind genauso aufgebaut wie die Nervenzellen in unserem Gehirn und im Rückenmark. In der Schwangerschaft werden aus dem Zellbündel des Embryo die Sehzellen nach vorne geschoben, so dass man Netzhaut und Sehnerv als eine Ausstülpung unseres Gehirnes betrachten kann – quasi die Außenstelle unserer Schaltzentrale.

Um ein scharfes Bild zu erhalten, muss das Licht möglichst genau auf die Makula fallen, die Stelle des schärfsten Sehens in der Netzhaut. Funktioniert dies gut, werden optimale Daten an das Gehirn weitergeleitet und zu einem visuellen Eindruck verschaltet.

Die Hornhaut und die Linse sind dafür verantwortlich, das Licht so zu brechen, dass es möglichst exakt auf die Makula trifft. Der Sehnerv schaltet die Sehimpulse über die Sehnervenkreuzung an das Gehirn weiter. Schon hier findet die erste Selektion statt, denn die Netzhaut leitet nur einen kleinen Teil der ankommenden Signale weiter.

Für das Sehen ist es wichtig, dass die Koordination der beiden Augen aufeinander abgestimmt ist. Möglichst gleiche Bilder in beiden Augen erleichtern dem Sehzentrum den Abgleich der Daten. Im Gehirn werden die einzelnen Nervenzellen in den verschiedenen Arealen zu einem visuellen Seheindruck, zu einem Bild, verschaltet.

Aufbau des Auges. Ein Lichtstrahl wird durch Hornhaut und Linse gebrochen und trifft auf die Netzhaut.

Linse und Akkommodation

Nah-Fern Schwung, siehe Seite *.* ((Übung 1))

Die Augen haben die Fähigkeit, sich auf verschiedenste Entfernungen einzustellen. Dazu benötigen sie eine flexible Linse. Geht der Blick in die Nähe, muss die Brechkraft erhöht werden. Dafür wird die Linse durch den Ziliarmuskel gewölbt, das Auge akkommodiert. Wenn die Augen in die Ferne schauen, entspannt sich der Ziliarmuskel und damit die Linse. Sie wird flach. So trifft das Licht immer genau richtig auf die Makula, den gelben Fleck auf der Netzhaut.

Linse in Anspannung (Nahblick) und Ruhelage (Fernblick)

Die Netzhaut

Die Netzhaut besteht aus vielen Sehnervenzellen. Es gibt die Zapfen, die feinste Details und Farben wahrnehmen, auf schwaches Licht aber kaum reagieren und es gibt die Stäbchen, die für das Dämmerungs-Sehen, das Schwarz – Weiß-Sehen, verantwortlich sind. Diese kommen in einer weit größeren Zahl vor und reagieren nicht bei zu heller Beleuchtung. Vereinzelte Zapfen sind über die ganze Netzhaut verteilt, erreichen aber in der Makula, die von manchen auch Fovea centralis genannt wird, ihre höchste Dichte.

Eine Sehnervenzelle wird durch Licht aktiviert und wandelt dieses dann in Nervenimpulse. Während dieses Umwandlungs-Prozesses

kann die Sehnervenzelle keine neuen Lichtimpulse empfangen. Zur Entspannung der Zelle schickt das Gehirn die entsprechende Komplementärfarbe. Erst dann kann die Sehnervenzelle neue Signale verarbeiten.

Nachbilder, siehe Seite *.* ((Übung 2))

Wahrnehmbar wird dieser Effekt, wenn Sie die Übungen zu den Nachbildern ausprobieren. Außerdem stärken diese Ihre Netzhaut.

Koordination der beiden Augen (Vergenz)

Die Koordination der Bewegung unserer Augen ist von enormer Wichtigkeit für das Sehen. Diese geschieht mit Hilfe der sechs Augenmuskeln, den schnellsten Muskeln unseres Körpers. Ein eigenes Areal im Gehirn steuert und koordiniert deren Bewegungen. Fixiert der Mensch in der Nähe einen Gegenstand, müssen die Augen möglichst exakt konvergieren, also sich nach innen richten. Beim Blick in die Ferne stellen sich die Augen parallel. Je exakter dies möglich ist, desto leichter fällt es dem Gehirn, die beiden Bilder, die jeweils auf der Netzhaut der Augen entstehen, zu einem gemeinsamen Bild zu verschmelzen.

Mit der Blicksteuerung ist auch die Akkommodation gekoppelt. Das Auge weiß, wenn sich die Augen nach innen richten, also konvergieren, muss es sich um einen Gegenstand in der Nähe handeln. Der Ziliarmuskel wird sich daraufhin anspannen, die Linse wird dick, sie wölbt sich, das Auge akkommodiert. Das Gleiche gilt für die Ferne: die Augen divergieren und stehen dann parallel. Dabei lässt der Ziliarmuskel los und die Linse wird flach. Der Blick in die Ferne bedeutet Entspannung für das ganze Sehsystem.

Fernblick mit Parallelstellung der Augen und Nahblick mit nach innen gestellten Augen

Fingertor, siehe Seite ** Perlenschnur, siehe Seite ** Loch in der Hand, siehe Seite *.* ((Übung 3))

Abdecktest

Zwei Personen sitzen einander gegenüber. Die Testperson wird aufgefordert ein Objekt, etwa einen Stift, zu fixieren. Dann deckt der Partner abwechselnd ein Auge zu und wieder auf, z. B. mit einem Kochlöffel. Dabei beobachtet er das frei werdende Auge. Ist beim freien Auge unmittelbar nach dem Abdecken eine Einstellbewegung des Auges zur Fixation zu erkennen, deutet dies auf eine Störung der Beweglichkeit der beiden Augen. Das Auge hat vor dem Abdecken nicht am beidäugigen Sehen teilgenommen. In diesen Fällen wird beim Fixieren eines Objektes die Augeneinstellung vom Gehirn oder von den Augenmuskeln nicht exakt ausgeführt. Wichtig ist es beide Augen zu testen.

Fusion

Das Gehirn empfängt von jedem der zwei Augen ein Bild. Diese werden im Sehzentrum zu einem verschmolzen, fusioniert. Sind die beiden Bilder zu unterschiedlich oder ist die Einstellung der Augen nicht korrekt, gelingt die Fusion nur teilweise bzw. gar nicht. Der Gesamteindruck wird unruhig und unscharf oder es kommt bei schweren Fehlern zu Doppelbildern. Bleiben diese bestehen, verwendet das Gehirn die Bilder des einen Auges nur noch zum Teil. Für das Sehen ist dann nur noch das andere Auge maßgeblich.

Visuelles Greifen

Funktionaloptometristen, Optiker, die ein spezielles Visualtraining anbieten, sprechen beim Sehen vom visuellen Greifen, dem Zusammenspiel von Vergenz, Akkommodation und Fusion. Ist einer der drei Bereiche nicht richtig angelegt, kommt es beim Sehen zu Schwierigkeiten. Viele Folgeerscheinungen wie Probleme beim Lesen lernen, beruhen auf einem nicht korrekten visuellen Greifen. Dieses kann man über ein spezielles Training verfeinern und erlernen.

Das Sehzentrum

Die bewusste Sehempfindung entsteht aber weder in den Augen noch auf der Netzhaut, sondern erst im Gehirn. Die umgewandelten Lichtimpulse gehen durch den jeweiligen Sehnerv, kreuzen sich an der Sehnervenkreuzung, dem Chiasma Opticum, und werden dann über das primäre Sehzentrum (Kniebeinhöcker) und die Sehstrahlung, eine spezielle Nervenverbindung, in das Sehzentrum geleitet, das im Hinterkopf liegt. In der Sehrinde werden die Sehimpulse verschaltet, zwischen rechts und links abgeglichen, analysiert und weitergeschickt. Sie aktivieren entsprechende Regionen der Muskeln, des Hörens, des Schmeckens und Riechens, sowie das Sprachzentrum. An der Bildinterpretation sind dann all diese Bereiche des Gehirnes beteiligt, alle sind miteinander verbunden. Nur so ist es möglich, dass beim Visualisieren einer Zitrone, zusätzlich zum Bild, der Geschmack im Mund gespürt und der Duft der Zitrone gerochen wird.

Bestandteile des Sehzentrums. Seheindrücke im rechten Gesichtsfeld (dunkel schraffierte Flächen) werden auf der linken Seite der Netzhaut abgebildet und in der linken Gehirnhälfte verarbeitet.

Visualisieren, siehe Seite *.* ((Übung 4))

Das Gehirn ist fähig, kleine Unterschiede der Augen zu komplettieren und zu ergänzen. Hat eine Netzhaut Narben, z. B. durch Verletzungen oder durch eine Laseroperation, ergänzt das Gehirn die vernarbten Stellen mit den Daten des anderen Auges. Auch der blinde Fleck – die Stelle, an der der Sehnerv austritt – wird so ausgeglichen. So entsteht das Gefühl, alles zu sehen. Unreinheiten im Glaskörper, die manche als „Mouche volantes“, fliegende Mücken, wahrnehmen, werden im Normalfall als unwichtig unterdrückt. Das Gehirn selektiert sehr genau das, was für uns von Bedeutung ist und zwar sowohl auf der rein anatomischen Ebene, als auch auf der Ebene des Unbewussten. Entscheidend für unser Sehen ist, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten. Wenn ich im Gespräch vertieft eine Straße entlang laufe, kann ich meinen besten Freund übersehen. Fährt aber ein Auto direkt auf mich zu, wird das Gehirn in der Regel diesem Ereignis eine so hohe Priorität geben, dass ich es trotz angeregter Unterhaltung wahrnehme und reagieren kann. Deshalb hat Sehen auch immer etwas mit Aufmerksamkeit und Präsenz zu tun. Dabei achtet das Gehirn vor allem auf Veränderungen. Der Anfang und das Ende eines Prozesses sind maßgeblich für die Aufmerksamkeit. Geht plötzlich das Licht an, bemerken wir dieses. Ist es die ganze Zeit hell, hat das für uns keine Bedeutung. Nur einen Bruchteil von dem, was um uns vorgeht, sehen wir bewusst.

Das Phänomen des blinden Flecks

Mit einem Wattestäbchen können sie sich den blinden Fleck, den sie normalerweise nicht erkennen, bewusst machen. Dazu schließen Sie z. B. das linke Auge und richten das andere auf einen kleinen Gegenstand am Ende des Zimmers. Jetzt bewegen sie das Stäbchen exakt horizontal in Armlänge nach rechts, das linke Auge bleibt dabei geschlossen, während das rechte weiterhin den Gegenstand in der Ferne fixiert. Bei ca. 18 Grad nach außen wird das Wattebällchen verschwinden.

Das visuelle System galt lange Zeit als unveränderlich. Das Gehirn hat aber neben einem klaren Bauplan auch ein erstaunliches Maß an Flexibilität. Es kann seine Struktur jeweils an Anforderungen anpassen. Zum Beispiel kann man nach Läsionen, kleinen Verletzungen, des visuellen Systems durch Schlaganfall oder durch Unfall, die Erblindung oder auch Einschränkung des Sehens durch systematisches und vor allem durch regelmäßiges Training verhindern. Sehtraining wirkt hier, auch wenn die Verletzung schon Jahre zurückliegt. Das Gehirn nutzt sämtliche Lern – und Wahrnehmungsmechanismen, um den Schaden auszugleichen.

Physiologische Entwicklung der Augen

Ein Kind, das auf die Welt kommt, hat noch keinen voll entwickelten Sehapparat. Es muss das Sehen erst lernen. Die Nervenbahnen sind nur rudimentär vorhanden und werden mit der Zeit so verschaltet, dass ein exaktes Sehen möglich ist. Sehen ist ein aktiver Prozess. Die Länge des Augapfels verändert sich im Laufe des Lebens. Sowie das Kind, bis es erwachsen ist, wächst, muss auch das Auge von anfänglichen 17 mm auf ca. 24 mm wachsen. Damit ein Kind mit etwa acht Jahren eine optimale Sehkraft erreicht, ist ein fein abgestimmtes Zusammenspiel zwischen Auge und Gehirn für das Wachstum des Glaskörpers notwendig. Man nennt dies den Emmetropisierungsprozess. Ist der Glaskörper ein Zehntelmillimeter zu lang oder zu kurz, kommt es zu unscharfen Bildern. Die Sehentwicklung eines Kindes verläuft in den ersten Lebensjahren sehr schnell, während die Entwicklung der Feinabstimmung der Sehschärfe und die der Blicksteuerung noch während der ganzen Schulzeit stattfinden. Diese beiden Entwicklungen kann man noch im Erwachsenen-Alter durch Üben positiv beeinflussen.

Schwangerschaft, Geburt und die ersten Monate

In der 3. Woche der Schwangerschaft werden die Augen angelegt. Dabei wird vom Gehirn ein Teil nach vorne gestülpt. Diese Nervenzellen spezialisieren sich dann später zu Sehnervenzellen, zur Netzhaut. Über die Sehnerven bleibt dieser Teil mit dem Gehirn verbunden.

Bei der Geburt erkennt der Säugling die Umwelt nur schemenhaft. Er unterscheidet hell und dunkel und reagiert auf Bewegung. Am Anfang geschieht das Sehen also vor allem mit den Stäbchen. Das Fixieren und die Augenstellungen müssen erst durch ständiges Ausprobieren und Üben erlernt werden. Auch die Sehstärke entwickelt sich erst mit der Zeit. Die Stelle des schärfsten Sehens, in der vorwiegend Zäpfchen zu finden sind, muss aktiviert werden. Das Farbensehen bildet sich innerhalb der ersten vier Lebensmonate. Zu Beginn ist die Sehschärfe noch sehr gering, eine Akkommodation nicht möglich.

Mit anderthalb Monaten wird die Fixierung immer stabiler, das Kind erkennt jetzt schon Gesichter und kann große, bunte Objekte verfolgen. Es beginnt nun bewusst mit den Augen Kontakt zur Mutter und weiteren Bezugspersonen aufzunehmen.

Die Sehschärfe wird mit der Zeit erheblich verfeinert, räumliches Sehen entsteht, Farbunterscheidungen werden möglich und die Hand-Augen-Koordination immer bewusster. Auch das Hören entwickelt sich in diesem Zeitraum. Geräusche werden geortet, der Kopf entsprechend gedreht. Es gibt eine wechselseitige Entwicklung zwischen Hören und Sehen. In diesem Alter haben die Augenmuskeln schon einiges gelernt. Schielen ist nur noch bei Müdigkeit zu erkennen, ansonsten stehen die Augen parallel und bewegen sich koordiniert.

Ab dem 6. Monat

Mit sechs Monaten kann das Baby schon Gegenstände wie Bälle fixieren und verfolgen. Die Hand-Augen-Koordination ist jetzt voll ausgebildet und bewusst. In dieser Phase kann das Kind gezielt greifen und steckt sämtliche Gegenstände, die es findet, in den Mund. Mit allen Sinnen wird die Umgebung wahrgenommen, das Gehirn lernt dabei, diese in ihrer Vielfalt zu erfassen und speichert diese Erfahrungen.

Die Bewegungen der Eltern werden jetzt aufmerksam beobachtet. Während das Kind nach seiner Geburt alles als eines empfunden hat, beginnt es jetzt zu differenzieren: Das gehört zu mir – das gehört zu anderen. Im ersten halben Jahr werden die Bewegungen noch nicht gleichzeitig mit beiden Gehirnhälften gesteuert. Das Kind ist noch homolateral, also einseitig koordiniert.

Überprüfung der Augenbeweglichkeit

Eltern können die Augenbeweglichkeit ihres Kindes überprüfen, indem sie ein Objekt, z. B. einen Ball, von außen in das Gesichtsfeld des Babys bringen und dabei Kopf und Augen beobachten. Das Köpfchen und auch die Augen sollten sich diesem zuwenden. Ab dem 6. Monat ist das Verfolgen eines Gegenstandes nur mit den Augen möglich.

In dieser Zeit entwickelt sich das Gleichgewichtssystem. Die Nackenmuskulatur lernt, den Kopf gerade zu halten, auch wenn sich der Körper bewegt. Die ruhige Lage des Kopfes ist zur Entwicklung der Makula notwendig. Ein wackliges Bild verhindert deren optimale Entwicklung.

Krabbelphase

In der 2. Hälfte des ersten Lebensjahres beginnt die Krabbelphase. Um diese zu ermöglichen, wird ein wichtiger Entwicklungsschritt notwendig: Bisher lebensnotwendige Reflexe müssen jetzt gehemmt werden. Der Säugling nutzte den Greifreflex, den Saugreflex, den Nackenreflex und einige andere. Durch diese Reflexe wurden die Bewegungen seines Körpers, seiner Arme und Beine vorwiegend unwillkürlich gesteuert.