Tao - Wege zum Urgrund - Max Weier - E-Book

Tao - Wege zum Urgrund E-Book

Max Weier

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Beschreibung

Stille, Weisheit, Meditation, Naturverbundenheit, Kunst. Sie gehören neben dem Mysterium des Tao zum Kern der taoistischen Mystik. Die Methoden und Erkenntnisse dieser alten, faszinierenden Tradition sind praxis- und alltagstauglich. Gerade für den modernen Menschen sind sie von unschätzbarem Wert. Der Autor führt in kurzen Kapiteln in die Prinzipien des mystischen Taoismus ein. Er zeigt die Bedeutung der energetischen und meditativen Praktiken innerhalb der taoistischen Spiritualität. Und er vermittelt die tiefe weltanschauliche Verwandtschaft zwischen Tao und Zen.

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Seitenzahl: 63

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

EINFÜHRUNG

TAO

Tao als Urgrund allen Seins

Tao als Weltengesetz

Tao im Menschen

Tao als Weg zu sich selbst

PRINZIPIEN

Yin und Yang

Wu Wei

ZIEL

Eins-sein

ENERGIE

Ch’i (Qi)

Ch’i Kung (Qigong)

Körper

Entspannungsübung

Atmung

Tan-t’ien (Dantian)

Stehen

Kleiner Himmlischer Kreislauf

STILLE

Raum

WEISHEIT

NATUR

KUNST

Die Lektüre von taoistischen und zenbuddhistischen Gedichten als meditative Praxis

Übung

TAO und BUDDHA

TAO und ALLTAG

Die Methoden der Energiearbeit und Meditation

Die Erinnerung an unsere wahre Natur

Die universellen Weisheiten reflektiert im Taoismus

TAOISTISCHE FINGERZEIGE FÜR DEN ALLTAG

Tao im Gefängnis

Quellen und zitierte Literatur

EINFÜHRUNG

Seit vorgeschichtlicher Zeit haben Menschen einen Bezug zu einer überweltlichen Dimension gesucht. Das Verlangen nach etwas Größerem als sie selbst und dessen Deutung haben Kulturen und Gesellschaften bis in ihren Kern hinein geprägt. Je nach Weltgegend und Zeitalter wurde das große Geheimnis hinter den Dingen verschieden ausgelegt. Die über Jahrtausende entstandenen diversen religiösen und spirituellen Systeme zeugen letztlich von nichts anderem als vom menschlichen Bestreben, dieses Mysterium zu deuten und sich mit ihm zu arrangieren. Manche dieser Interpretationen sind weiter entwickelt und subtiler als andere. Vor allem sind die spirituellen Konzepte und Methoden aus dem asiatischen Raum, aus dem Hinduismus und Buddhismus und auch aus dem Taoismus, Beweis einer unvergleichlichen Tiefgründigkeit und Komplexität.

In diesem Büchlein beziehe ich mich in erster Linie auf den chinesischen Taoismus oder genauer auf gewisse Facetten aus dem vielfältigen taoistischen Gebilde. Der Taoismus ist kein geschlossenes einheitliches System und hat in einem langen Entwicklungsprozess und durch die Integration unterschiedlicher Strömungen verschiedene Formen angenommen. In ihm finden sich nordostasiatischer Schamanismus, Orakelkunst, Magie, Kosmologie, meditative Disziplinen, Poesie, Philosophie, höchste Stufen von Mystik neben volkstümlicher, institutionalisierter Religion mit einem Pantheon von Gottheiten, Dämonen und Geistern und einer guten Portion Aberglaube.

Den Taoismus, den ich hier aufgreife und nach meinem Verständnis interpretiere, vermittelt den mystisch-philosophischen Blickwinkel gepaart mit Aspekten der inneren Energiearbeit und der Meditation. In diesem Bereich bietet der Taoismus ein integrales, seit dem chinesischen Altertum bewährtes Instrumentarium auf dem Pfad zur inneren Freiheit. Ich nenne ihn den ‘Weg des Tao‘. Es ist ein Weg, der den Menschen zu seinem tiefsten Potenzial führt, ein Weg hin zu seinem eigentlichen Urgund.

Der Mensch ist ein biologisches, energetisches und geistiges Wesen. Er ist versehen mit einem physischen Körper, einem inneren, subtilen Organismus, dem Energiekörper und mit einem alles durchdringenden Bewusstsein. Wie im klassischen hinduistischen Yoga, in dem Ethik, Körper- und Energiearbeit und Meditation eine Einheit in der Praxis der Selbstverwirklichung bilden, stellt der taoistische Weg eine umfassende, ganzheitliche Beschäftigung mit den verschiedenen Dimensionen des Menschen dar. Er benutzt die körperlichen und energetischen Aspekte wie die Energiekanäle- und Zentren und lehrt die Lebensenergie anzuregen und auszugleichen. Er schließt stille Meditation mit ein und die Kontemplation der Natur und ihrer Rhythmen. Und er entwickelt durch die gelassene Betrachtung des Lebens seine ihm typische Weisheit. So umfasst der taoistische Weg nicht nur den ganzen Menschen, sondern er besitzt gerade auch durch seine Natur- und Erdverbundenheit ein starkes ökologisches Bewusstsein. Dadurch ist dieser alte Weg zugleich auch hochmodern.

Statt Selbstglorifizierung empfiehlt der Taoismus, das Ego zurückzunehmen und sich auf jeder Ebene in Bescheidenheit zu üben. Ein bedeutendes Ideal des taoistischen Weges ist das Nicht-Jemand-Sein-Wollen.

Der Weise bleibt unerkannt –

Kein Selbst ist das wahre Selbst –

Und das Höchste ist Niemand zu sein.

Chuang Tzu (um 400 v. Chr.)

das wahre Buch vom südlichen Blütenland

Wenn das Ich zurücktritt, erweitert sich im Menschen sein innerer Horizont. Er wird authentisch und gewinnt an wahrhaftiger Tiefe. Letzten Endes hebt sich in ihm die Identifikation mit seinem Ich auf, und er wandelt sich von einem ’Jemand’ zu einem ’Niemand’.

Der Weg des Tao lehrt, die Sinne zu kontrollieren und die Emotionen zu beruhigen. Erst durch Ruhe und Harmonie ist der Mensch wirklich fähig, nach innen zu schauen und letztlich das Tao zu erkennen. Maßhalten, Beschränkung und Gleichgewicht sind die Richtwerte dazu.

Der taoistische Weg wäre nicht taoistisch, wenn nicht individuelle Flexibilität und Verschiedenheit eine tragende Rolle spielten. Das ganze Universum drückt sich in jedem einzelnen seiner Gestalten aus. Daher ist jeder Punkt in ihm ein eigener Mittelpunkt, genau wie jeder Punkt auf einer Kugel als Mittelpunkt auf der Oberfläche betrachtet werden kann. Somit ist der Weg jedes Menschen anders und verschieden von dem eines andern Menschen. Der eigene Weg ist immer auch der Weg, den zugleich auch das Universum geht.

Wie im Taoismus schon lange praktiziert, wird die Spiritualität der Zukunft wohl eine ganzheitliche sein. Sie wird den physischen und subtilen Körper und die geistige Dimension des Menschen harmonisch mit einbinden. In diesem holistischen Ansatz werden die großen Menschheitsströmungen, die Weisheit und Methodik des Ostens und der Pragmatismus und die Wissenschaftlichkeit des Westens zusammenkommen und neue Formen bilden. Ein neues umfassenderes Bewusstsein wird sich darin ausdrücken.

Im Folgenden werden verschiedene Begriffe für das Hauptkonzept des Tao verwendet. Urgrund, reines Bewusstsein, reiner Geist, ursprüngliches Wesen, wahre Natur; sie alle sind bedeutungsgleiche Wörter und zielen auf ein und dieselbe Idee.

Da dem Taoismus ein ausgeprägten Sinn für Ästhetik und Poesie eigen ist, werden im Weiteren Gedichte und Anekdoten aus dem taoistischen und dem stark vom Geist des Taoismus geprägten zenbuddhistischen Umfeld angeführt. Als künstlersicher Ausdruck vermitteln sie intuitiv das Wesen der taoistischen Weltsicht.

Die aufgeführten Verse, Spruchkapitel und Parabeln entstammen aus Übertragungen diverser Übersetzer und Autoren. Aus dem Tao te Ching von Laotzu zitiere ich nur jene Passagen, die mir als Essenz eines jeweiligen Spruchkapitels erscheinen.

Als Umschrift aus dem Chinesischen habe ich mich für das System von Wade-Giles entschieden. In diesem altehrwürdigen System werden Buchstaben und Worte zum Großteil so ausgesprochen wie geschrieben.

TAO

Auf geheimnisvolle Weise existierend

Bevor es Himmel und Erde gab.

Still und gestaltlos.

Immerwährende Gegenwart.

Die Mutter des Weltalls.

Unmöglich es mit Worten zu vermitteln.

Ich nenne es einfach Tao.

Tao te Ching 25

Tao als Urgrund allen Seins

Tao ist die Quelle allen Seins. Tao ist die höchste Wirklichkeit und das höchste Geheimnis. Tao liegt dem ganzen Kosmos zugrunde und durchdringt ihn. Mit unserem Verstand kann Tao nicht erfasst werden; nur durch die mystische Schau kann Tao erkannt werden.

Das Tao das

Man beschreiben kann

Ist nicht das wirkliche Tao

Tao te Ching 1

Aus dem Tao entstehen die Dinge in ihrer vergänglichen Vielfalt. Als kreativer Prozess entfaltet es sich bis in die materielle Ebene hinein. Daher ist das Tao zugleich die absolute Realität als Urgrund und auch die relative Wirklichkeit als Schöpfung. In seinem ruhenden Aspekt unveränderlich und grenzenlos, ist das Tao in seiner dynamischen Funktion wandelbar und beschränkt. Wie zwischen Meer und Wellen kein wirklicher Unterschied besteht, gibt es auch keinen wirklichen Gegensatz, sondern nur einen scheinbaren zwischen dem Tao und den Dingen. Nichts ist geschieden vom Tao. Inzwischen bestätigt auch die moderne Physik, dass es keine voneinander getrennten Objekte oder Ereignisse gibt. Unter der Oberfläche der Erscheinungen sind sämtliche Dinge miteinander verbunden; alle sind sie Teile der Gesamtheit des Kosmos.

Als der buddhistische Meister Fa-tsang im 7. Jahrhundert am Hofe der Kaiserin Wu das Konzept der Einheit von Urgrund und den Dingen erklären sollte, zeigte er auf einen goldenen Löwen in der Halle und trug folgende berühmt gewordene Parabel vor: