Teenies verstehen in 60 Minuten - Ulrich Hoffmann - E-Book

Teenies verstehen in 60 Minuten E-Book

Ulrich Hoffmann

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Beschreibung

Die meisten Eltern kennen die aktuellen Erziehungstrends, und (fast) allen leuchten die Ratschläge der Ratgebergurus ein. Aber was tun, wenn die eigenen Kinder das rückblickend noch geradezu widerspruchslose Grundschulalter hinter sich lassen und zu Teenagern werden? Zwischen Kindheit und Erwachsenenalter lauern für Teenies wie für ihre Eltern zahlreiche Stolpersteine und Fallstricke. Dieses Buch schildert ebenso fundiert wie frisch die häufigsten Probleme der Pubertät, was dahintersteckt, und wie ratlose Eltern zu einer Lösung kommen. Eine praktische Hilfe für den Alltag aus dem Alltag.

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Inhaltsverzeichnis

Intro – Willkommen in der Wirklichkeit

Was sind eigentlich diese Teenager?

Teenies und ihre Eltern

Teenie-Sprüche – und was sie bedeuten

Lassen Sie Teenie-Krisen nicht zu Eltern-Krisen werden

Was Eltern sagen – und was sie damit wirklich meinen

Die 5 häufigsten Teenie-Typen

Die 5 häufigsten Elterntypen

Buchempfehlungen

Mehr über unsere Autoren und Bücher:www.piper.de

ISBN 978-3-492-96511-8

© für diese Ausgabe Piper Verlag GmbH, München 2013 © Thiele Verlag in der Thiele & Brandstätter Verlag GmbH, München und Wien 2013 Umschlaggestaltung: Christina Krutz, Biedesheim am Rhein Datenkonvertierung: Datagroup, Timisoara / Rumänien

Intro – Willkommen in der Wirklichkeit

Über die ganz kleinen Kinder freuen sich noch alle. Hei-dei-dei und duzi-duzi. Außer wenn sie schreien natürlich, dann reicht man sie flugs an die Mama zurück. Doch selbst wenn das Baby der besten Freundin krötenhaft hässlich ist, säuseln doch alle: »Wie süß, ganz der Papa!«

Nach ein paar Wochen, Monaten oder Jahren – spätestens im Kindergartenalter – geht es schon handfester zur Sache. Nach einem ganzen Tag Trotzphase, »Räum dein Zimmer auf« und »Hände waschen nicht vergessen« greifen viele Eltern auch heute noch verzweifelt zu Hardcore-Ratgebern der Marke Jedes Kind kann schlafen lernen. Der Lack ist ab: Das Kind hat nicht zu schlafen, wenn es müde ist, sondern wenn im Kinderstundenplan »Zubettgehen« steht, verdammt noch mal – auch, weil die stets superengagierten Eltern ja noch ein wenig Zeit zu zweit verbringen wollen, oder wenigstens selbst schlafen.

Außerdem ist Gehorsam eine Tugend, die spätestens in Beruf, Schule und den meisten Kindergärten benötigt wird. Was soll aus dem Kind später werden, wenn es jetzt schon nicht hört und einfach aufbleibt, obwohl Schlafenszeit ist?

Mir erscheint der Vorschlag, das Kind bis zum Erreichen des Lernziels allein vor sich hin schreien zu lassen – wenn auch unter engmaschiger Kontrolle –, mittlerweile reichlich unbegreiflich. Das liegt vor allem daran, dass ich selbst noch meinem ersten Kind auf diese Weise »beigebracht« habe, zu schlafen.

Bei den nächsten Kindern sah ich’s lockerer und habe deutlich weniger Zeit mit dem kaum erträglichen Aushalten von Geschrei vertan. Ein paar Mal waren die Kids sogar – noch in der Kindergartenzeit, aber auch in den Grundschuljahren – länger auf als ich. Fand ich nicht gut, aber alle haben überlebt.

Mit der Einschulung beginnt der »Ernst des Lebens«, so richtig glücklich ist mit dem aktuellen Stand der Bildungspolitik kaum jemand mehr. Entsprechend wutentbrannt wird inzwischen über Lehrpläne und Schulalltag gestritten, so dass mittlerweile vermutlich überhaupt niemand mehr happy ist. Weder die traditionellen Befürworter des Frontalunterrichts, noch die aufwieglerischen Freunde des individuellen Lernens. Zugleich erreicht in dieser Phase die erzieherische Frustration oft einen neuen Höhepunkt. Ein Kindergartenkind konnte man noch recht leicht austricksen oder einigermaßen liebevoll lenken – der Elternwille war verlässlich durchsetzbar. Es ging um die Form: schreit man, drängelt man, lobt man, regt man an, und was wirkt beim eigenen Kind wann am besten?

Jetzt aber soll das Kind endgültig ordnungsgemäß funktionieren. Und zugleich voll individuell bleiben. Also: Lese-Rechtschreib-Schwäche – bäh. Hausschuhe verweigern – Ausdruck der Persönlichkeit. Ich glaube, über messbare Leistungsdefizite in Mathe oder Deutsch hat ein Mensch viel weniger Kontrolle als über Handlungsmanierismen. Wir wollen das Beste für unsere Kinder (und, insgeheim, wenn wir ganz ehrlich sind, oft auch für uns). Aber ich denke, manchmal fördern und »behandeln« wir die jeweils falschen Bereiche.

Über die Jahre jedoch groovt man sich ein. Das Kind lernt zum Beispiel: Schlechter Test trägt mir ellenlanges Betroffenheitsgenöle der Eltern ein, weil ich es doch mal besser haben soll. Keine Hausschuhe bringt bloß dreckige, kalte Füße und interessiert sonst keine Sau.

Je nach Engagement der Eltern fallen in diese Zeit endlose Hausaufgabennachmittage, Nachhilfe, kognitive Messungen, Testung von Augen, Ohren und Hirn, Physiotherapie zur Anregung der Bildung neuer Nervenbahnen, eben das volle Grundschulprogramm. Das ist mehr oder weniger anstrengend, in den allermeisten Fällen jedoch immer noch auszuhalten. Die Eltern sorgen sich, den Kindern ist das ziemlich egal, und jeder tut halt, was er oder sie kann.

Dann aber, mit dem Eintritt in die weiterführende Schule oder ein paar Jahre später, beginnt die abenteuerlichste Zeit, die wir mit unseren Kindern erleben. Die Pubertät, die Teenagerjahre. In keiner Phase gehen die Ratschläge der Erziehungsexperten so weit auseinander. Denn in keiner Phase sind die Reaktionen von Kindern auf Erziehung so unterschiedlich (von Kind zu Kind, aber auch von Tag zu Tag) und damit unberechenbar.

Als Tyrannen, die vor allem Grenzen brauchen, dazu haufenweise Nein aus Liebe und vor allem natürlich Disziplin, werden sie gesehen und dargestellt, glaubt man erfolgreichen Buchtiteln. Die Elternratgeber für diese Zeit favorisieren a) mehr oder weniger hartes Durchgreifen (denn die Kinder sperren sich in Wahrheit ja nur, um Grenzen gezogen zu bekommen) oder b) eine deutlich geschicktere Manipulation als bisher (denn das Rebellieren der Kinder stört den Alltag) oder c) entnervtes Ducken und Durchhalten (denn das Rebellieren der Kinder hört irgendwann von selbst auf).

Ihnen gemein ist ein klagender Unterton, ein Stammtisch-Gejammer, das nur deshalb in Buchform ausgeliefert werden muss, weil die gestressten Eltern vor lauter Besorgt- und Genervtheit keine Zeit zum Kneipenbesuch mit Freunden mehr haben. Oder es sind gar keine Freunde mehr da, weil die missratene Brut so viel Kraft zehrt.

Es ist ein bisschen wie die aktuelle Jobsituation, entweder man hat Arbeit (»was für ein Stress«), oder man sucht Arbeit (»was für ein Stress«), oder man muss sich arrangieren damit, vorzeitig ausgemustert worden zu sein (»was für ein Stress«). Alles richtig, aber zugleich auch Zeichen der Zeit; diese Haltung gehört einfach dazu, sie wird erwartet und vorausgesetzt. Und so schlägt man also Dank der pubertierenden Teenager die Hände über dem Kopf zusammen und bestätigt sich gegenseitig mit Sätzen wie »Das können doch nicht meine sein«, »Die sind alle so«, und vor allem im Grunde auch: früher (bei uns) war alles besser.

Das hilft durchaus gegen akuten Frust, aber mir fehlt etwas. Verständnis. Nicht im Sinne von »Du, ich versteh dich, voll krass, LOL oder was?« Sondern im Sinne von: verstehen wollen. Wie geht es meinem Kind gerade?

Denn das ist doch auch bei uns Erwachsenen zumeist der Grund für Schreien (oder Schweigen): Wir wollen gehört werden!

Ich bin der Meinung, gerade wenn man sich nicht ganz von alleine gut versteht, sollte man nicht abtauchen, zumachen, wegsehen, aushalten. Sondern sich extra viel Mühe geben. Wer sich von seinem Kind stundenlang vollschreien lässt, damit es schlafen lernt, wer mit ihm ewig im Wartezimmer sitzt, um Hirnströme checken zu lassen – der sollte jetzt auf den letzten Metern gemeinsamer Strecke noch mal alle Kraft zusammen nehmen und sich besinnen auf die große Liebe, die man vor gar nicht so vielen Jahren für dieses neue Wesen empfand.

Was nicht heißen soll, dass es einfach ist. Oder mir andauernd gelingen würde, bestimmt nicht. Aber einander mit Interesse und Offenheit zu begegnen, halte ich für wichtig, richtig und vor allem – spannend!

Ich glaube zudem, dass wir es in Deutschland mit einem weltweit fast einzigartigen Erziehungsstil zu tun haben – dem Austreibenwollen von Fehlern, dem »Beschämen«. Schulexperten mahnen schon lange an, dass der deutsche Unterricht sich noch immer im internationalen Vergleich dadurch abhebt, dass der Lehrer seine Schüler »an der kurzen Leine« durch die Wissensströme navigiert, dass Fragen und Fehlermachen unerwünscht sind, dass der Umgangston distanzlos, respektlos und eben »beschämend« sei. Als würde man die Schnauze eines Hundes in seine Pipipfütze drücken. Daraus lernt er zwar nichts, das ist bekannt und nachgewiesen, aber wir bleiben trotzdem dabei. Wir suchen – nicht nur bei unseren Kindern, auch bei unseren Partnern, unseren Arbeitgebern, unseren Kollegen und wohl auch bei uns selbst – nicht nach Stärken, sondern nach Schwächen. Und die bemängeln wir dann.

Unsere Sicht wird geprägt von einem Ideal (so es denn eines ist), die wichtigsten Merkmale der Wirklichkeit sind die Abweichungen von dieser Idealvorstellung, die Fehler. Und die werden dann beklagt, oft in unbewusst strenger, schneidender, harscher Art. Wir wollen nur ihr Bestes, das mag stimmen, aber kriegt man das so?

Wenn uns einer als falsch, unfähig oder faul bezeichnet, mühen wir uns dann für ihn ab, entfacht das den Ehrgeiz? Nein. Fachleute wissen längst: Ein Vertrauensvorschuss ist die beste Möglichkeit der Motivation. Im Job, in der Schule, in der Beziehung, im Leben.

Das ist schwierig, aber zu schaffen. Nicht immer, aber immerhin.

Und ich bin der Überzeugung, der Versuch, den trotzigen, rotzigen Teenager zu verstehen, kann dabei helfen. Meiner Familie gehe ich mit dem Wunsch, immer alles »verstehen« zu wollen, manchmal mächtig auf die Nerven. Und natürlich bringen mich meine Kinder auch oft in die Klemme, wenn sie meine Regel »fragen darf man immer« aus der Tasche ziehen, wenn es mir grad gar nicht passt. Aber ich glaube wirklich daran: Wer ernsthaft versucht, ein paar Meter in den Schuhen des Anderen zu gehen, um ihn wirklich zu verstehen, wird klüger dabei. Verstehen – das ist wichtig – heißt überhaupt nicht: akzeptieren, gutheißen, mitmachen. Man kann hinterher vielleicht sogar noch mehr dagegen sein. Unterschiedliche Positionen sind okay, in der Erziehung vermutlich sogar sehr wichtig. Und es ist meiner Meinung nach auch in Ordnung, wenn auch für keinen der Beteiligten angenehm, unpopuläre Entscheidungen zu treffen und durchzusetzen. Aber schon das Bemühen, die Teenies zu verstehen, wird eine andere Tonlage ins Gespräch bringen. Weil bereits der Versuch, jemand zu verstehen, signalisiert: Ich bin vielleicht nicht deiner Ansicht, aber du als Mensch bist mir wichtig.

»Gleichwürdige Begegnungen«, »respektvolle Familienkonferenzen« – wir alle kennen die Ratschläge der Erziehungsgurus, und sie klingen ja auch gut. Aber alle dieses Tools nützen nichts, wenn man dauerhaft aneinander vorbeiredet. Wenn man zwar hört, was der andere sagt, aber nicht versteht, was er meint.

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Was sind eigentlich diese Teenager?

Im deutschsprachigen Raum beginnt die Teenagerzeit mit zehn Jahren, das ist aber bloß eine Fehlübersetzung – und führt zu mancher Fehlwahrnehmung. Der Begriff »Teenager« stammt aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum und bezieht sich nicht auf »ten« (zehn), sondern auf die Zahlen von 13 bis 19: »thirteen«, »fourteen«, »fifteen« bis »nineteen«. Die Zählweise geht zurück auf das Zwölfersystem, das Dutzend, wie bei den Kalendermonaten.

So erklären heutzutage manche Grundschullehrerinnen in der dritten Klasse jeden Streit stolz: »Die Kinder beginnen eben zu pubertieren«, denn das geht ja immer früher los, liest man doch dauernd. Die Kinder sind acht und so was von weder pubertär noch teenagermäßig, dass jedes echte Teenie-Elternteil sich über das Gestöhne totlacht.

Also: Wenn Ihr Kind jetzt zehn oder elf oder zwölf ist – lehnen Sie sich entspannt zurück, Sie haben noch Zeit. Formal beginnt der Ritt Ihres Lebens erst mit dem Ende des 12. Lebensjahrs, also am Tag des 13. Geburtstags.

Was soll so schlimm sein an Teenagern?

Was könnte falsch daran sein, dem inzwischen auf unserer Augenhöhe angekommenen Sohn oder der Tochter, an deren Kleiderschrank wir uns auch mal bedienen, um lässig statt spießig zu wirken, zu sagen, wo es wirklich langgeht? Immer nur abhängen, laute Musik und Computerchats, Fast Food, aber keine Hausaufgaben, so kann doch aus dem Kind nichts werden?

Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt sind schlechter als je zuvor, jeder Bewerber konkurriert mit zehn Chinesen und einer Busladung billiger Inder, zumindest stellen wir uns das so vor. Was zu einem bizarren Fehlschluss führt. Denn eine möglichst gute stromlinienförmige Ausbildung kriegt man inzwischen in vielen Teilen der Welt. Das Alleinstellungsmerkmal unseres Nachwuchses kann daher nur noch in der Persönlichkeit, in Einfallsreichtum oder Charakter, bestehen. Und obwohl wir hinterher schon auf den Babyfotos zu erkennen meinen, wie er oder sie später aussieht, entfaltet sich doch die große Menschlichkeit zumeist erst in der Pubertät, in den Teenagerjahren. Dazu sind sie da: um vom Kind zum Erwachsenen zu reifen. Um Abschied zu nehmen und neu zu beginnen. Um Fähigkeiten zu erwerben und sich auszuprobieren, fachlich wie persönlich.

Das heißt: Pubertierende Teenager sind ungeschickt in eigentlich allem, was sie tun. Alles ist neu, alles ist anders, und keiner hat sie gefragt – viele von ihnen wären sicher lieber länger klein und einfach gestrickt. Stellen Sie sich mal vor, Sie müssten im selben Monat Fahrrad fahren lernen, mit Ihrem Partner zusammenziehen, einen neuen Job in einem unbekannten Berufsfeld antreten, und am nächsten vorletzten Sonntag noch im TV jonglierend die Nationalhymne singen. Bisschen viel auf einmal, oder?

Ende der Leseprobe