Texas Rodeo - Die Würfel rollen - Celia Williams - E-Book

Texas Rodeo - Die Würfel rollen E-Book

Celia Williams

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Beschreibung

Ramon Cole ist Mitinhaber der Rising-C-Ranch in Texas. Sein Bruder kümmert sich um die Rinderzucht und er um die Aufzucht und Ausbildung der Mustangs. Durch seine eigene Dummheit bricht er sich das Schulterblatt und ist für Wochen außer Gefecht. Da er das Zureiten und Ausbilden der Pferde so nicht schaffen kann, organisiert ihm sein Neffe Michael einen Helfer.   John Harper arbeitet als Organisator für den Rodeo-Circus, den größten Veranstalter dieser Events, und nutzt die Sommerpause immer, um sich anderweitig zu betätigen. Ihm kommt die Bitte seines Freundes Michael daher gerade Recht. Das Zureiten ist ganz seine Kragenweite, da er sich in seinem normalen Berufsalltag mehr mit Bürokratie und Schreibtischarbeit herumschlagen muss.   Kompliziert wird die ganze Sache, als sich Ramon und John besser kennenlernen. John liebt Männer und Ramon ist ein verwitweter und verbitterter Schwulenhasser. Kann ihre aufkeimende Freundschaft dies überleben oder wird gar mehr daraus?   Die dritte Runde der Skycity-Reihe: Die Würfel rollen. Band Eins der Skycity-Reihe: Rien ne va plus – Nichts geht mehr Band Zwei der Skycity-Reihe: Eye in the sky – Kein Spiel ohne Risiko Band Drei der Skycity-Reihe: Reno Nights   Dieses Buch enthält homoerotische Handlungen und ist für Leser unter 18 Jahren und für homophobe Menschen nicht geeignet.

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Celia Williams

Texas Rodeo - Die Würfel rollen

Gay Romance

Hier nutze ich die Möglichkeit meinen Freundinnen Ursula und Iris für ihr unermütliches Arbeiten an meinem Text zu danken. Manchmal glüht regelrecht ihr Rotstift und trotzdem geben sie nie auf. Danke! Auch ein dickes Dankeschön an meine Familie für ihre anhaltende Unterstützung. Danke - für Euch Leser, denn ohne euch bräuchte ich nichts schreiben. Es beflügelt und inspiriert mich, dass ihr meine Geschichten lest. Eure Celia Williams BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Wichtige Hinweise

Sämtliche Personen dieser Geschichte sind frei erfunden und Ähnlichkeiten daher nur zufällig.

 

E-­Books sind nichtübertragbar und dürfen auch nicht kopiert oder weiterverkauft werden.

 

Dieses Buch enthält homoerotische Handlungen und ist für Leser unter 18 Jahren und für homophobe Menschen nicht geeignet. Im wahren Leben gilt ein verantwortungsbewusster Umgang miteinander und Safer‐Sex!

 

 

Alle Bände der Skycity-Reihe:

 

Band 1: Rien ne va plus - Nichts geht mehr

Band 2: Eye in the sky - Kein Spiel ohne Risiko

Band 3: Texas Rodeo - Die Würfel rollen

Band 4: Reno Nights

Bonusband: Einsam an Valentin (kostenfrei bei BookRix lesen)

 

Eigene Dummheit

Gabe, eigentlich Gabriel mit Namen, aber nur seine Mutter hatte ihn so genannt, wenn er als Kind etwas angestellt hatte, fuhr mit gleichbleibender Geschwindigkeit auf der Zufahrt zum Ranchhaus. Sein Bruder Ramon saß auf dem Beifahrersitz des Jeeps, zusammengesunken und nicht mehr ganz wach. Immer wieder sah Gabriel zu dem dummen Kerl hinüber. Zwar tat er ihm leid, aber er hatte sich die Konsequenzen selbst zuzuschreiben. Wie konnte man auch einen Wildfremden dumm anmachen, weil dieser einen anderen Mann küsste? Das hätte noch gut gehen können, doch als Ramon dann ausholte, um dem großen Schwulen eine zu verpassen, hätte er wohl mit Gegenwind rechnen müssen. Eigentlich hatte James Simons sich gar nicht wirklich gewehrt, er hatte nur den Schlag abgefangen und Ramon auf die Bretter geschickt. Dass der dabei so unglücklich stürzte und sich das Schulterblatt brach, konnte man James nicht zum Vorwurf machen. Es frustrierte Gabe, dass sein Bruder in dieser Beziehung scheinbar nicht lernfähig war. Bei der Hochzeit seiner eigenen Tochter hatte Ramon nichts Besseres zu tun gehabt, als Jason, Gabes Schwiegersohn, sozusagen, anzugiften. Dieser hatte sich damals nur verbal gewehrt und er und Mike hatten dann die Hochzeit verlassen, um dem Brautpaar nicht den Tag zu verderben. Seufzend sah er wieder zu seinem Beifahrer.

Vorsichtig richtete Ramon sich etwas auf und sah seinen älteren Bruder von der Seite her an. Wieder einmal hatte er Scheiße gebaut. Lernte er denn nicht dazu? Warum konnte er diese Aufwallungen nicht unter Kontrolle halten? In solchen Momenten verstand er sich selbst nicht, die Unzufriedenheit und Einsamkeit überwältigte ihn und er schlug um sich, mit Worten und manchmal leider auch mit den Fäusten. Doch diesmal hatte er sich definitiv den Falschen ausgesucht. Der Kerl hatte eigentlich gar nichts getan und trotzdem viel Schaden angerichtet. Verdienten Schaden, das sah Ramon selbst ein. Die starre Haltung seines Bruders machte ihm wieder einmal deutlich, dass dieser ziemlich stinkig auf ihn war. „Gabe, es tut mir leid. Ich wollte nicht so reagieren. Ich weiß einfach nicht, was für ein Teufel mich reitet in solchen Situationen“, entschuldigte sich Ramon leise aber in ehrlichem Ton.

Gabriel seufzte und sah wieder kurz hinüber, während er den Wagen vor dem Ranchhaus ausrollen ließ. Nachdem er den kräftigen Dieselmotor abgestellt hatte, drehte er sich zu seinem Bruder und sah ihn direkt an. „Ramon, es kann so nicht weiter gehen. Dein Verhalten hat Konsequenzen und sie machen sich langsam schmerzhaft bemerkbar. Bei der Hochzeit deiner Tochter hast du meinen Sohn und dessen Lebensgefährten in die Flucht geschlagen und dieses Mal hast du dafür gesorgt, dass uns nicht nur heute wertvolle Arbeitszeit verloren geht, sondern auch dein Einsatz in den nächsten Wochen. Sag mir, was ich jetzt mit den Mustangs machen soll? Mir fehlt dazu ein kompetenter Mann, das wäre dein Job gewesen!“

Eindringlich und auch eine Spur anklagend kamen diese Worte bei Ramon an. Oh Gott, Gabe hatte ja Recht. Wenn Jason an Betsys Hochzeit unbeherrscht reagiert hätte, wäre ihnen alles um die Ohren geflogen. Dies hatte nicht er, der Brautvater, verhindert, sondern der schwule Freund seines Patensohnes. Schmerzlich kniff Ramon die Augen zusammen. Das Fiasko heute durfte man da gar nicht mitzählen. Schuldbewusst wollte er die Schultern hochziehen, zuckte aber gepeinigt zusammen und zischte vor lauter Unbehagen. Das tat verdammt weh. Sein Schulterblatt war nicht gebrochen, nur angebrochen, doch das machte fast keinen Unterschied, außer, dass er sich nicht mit einem Gips herumschlagen musste, sondern das Gelenk nur bandagiert war. „Ich werde mich umsehen und herumtelefonieren, ob ich einen Helfer finden kann, der unter meiner Anleitung die Arbeit macht, zu der ich nicht fähig bin. Wenn nicht, werden wir dieses Jahr die Pferde so weiterverkaufen müssen. Es tut mir leid.“

„Ramon, davon können wir uns nichts kaufen. Gottlob haben wir ein finanzielles Polster und es treibt uns nicht in den Ruin, aber wir verlieren durch die Mindereinahmen tausende Dollar und zusätzlich kommen noch die Kosten für eine Zusatzarbeitskraft hinzu. So kann das nicht weiter gehen, du musst etwas dagegen unternehmen“, lamentierte Gabriel in verhaltenem Ton weiter. Sein anklagender Blick ruhte auf seinem jüngeren Bruder. In solchen Momenten fühlte sich Gabe wieder wie ein Teenager, der seinen heranwachsenden Bruder babysittete. Wurde der nie erwachsen? Sofort machte er sich aber klar, dass dieser Gedankengang unfair war, denn Ramon war bis zu Daisys Tod sehr gut klar gekommen. Nie hatte es Probleme gegeben und Ramon war der perfekte Geschäftspartner und der besten Bruder, den sich Gabe vorstellen konnte. Doch seit fünf Jahren sah die Sache anders aus. Der extrem schmerzhafte Tod seiner Frau hatte seinen Bruder vollkommen aus der Bahn geworfen und nun hatte er Mühe sein Leben zu meistern. Wenigstens mussten sie sich nicht mit so etwas extremem wie Alkohol- oder Drogenmissbrauch herumschlagen, sondern nur mit seinen Stimmungsschwankungen. Bekanntlich konnte man gegen die durchaus etwas unternehmen. Doch wie sollte er diese Maßnahme effektiv erkaufen? Direkt ansprechen, geradewegs drauf zu, anders ging es nicht: „Wir wäre es, wenn du wieder zur Psychotherapie gingst? Die gemeinsame Trauerbewältigung nach Daisys Tod hat uns allen geholfen, auch dir. Wäre das nicht eine Möglichkeit?“ Jetzt musste er abwarten und hoffen, dass Ramon darauf einging.

Im ersten Moment erstarrte der Fünfundvierzigjährige regelrecht zu Eis. Kälte und dann Hitze breitete sich in seinen Gliedern aus. Sein Gesicht lief rot an und er atmete harsch ein. Am liebsten hätte er jetzt Gabe angeschrien, dass er keinen Seelenklempner bräuchte, aber sein Verstand sagte ihm ebenfalls etwas anderes. Er schluckte und sah bedrückt an sich hinab. Sein Arm ruhte in einer Schlinge und diente wirkungsvoll als Mahnmal für seine Unfähigkeit Probleme selbst zu lösen. Gabriel hatte Recht, er musste etwas unternehmen und es gab nur zwei Alternativen zur Therapie: Weg ziehen oder Selbstmord. Doch zu beiden war er nicht bereit. Die Rising-C war seine Heimat und keine zehn Pferde bekämen ihn von hier weg. Ebenso wenig war er lebensmüde, er hing an seiner alten gegerbten Haut. Ergeben nickte er und meinte in leisem Ton: „Ich suche mir die Telefonnummer der Therapeutin in Irving heraus. Sie hat damals einen kompetenten Eindruck auf mich gemacht. Was denkst du?“

Gabriel stieß geräuschvoll die angehaltene Luft aus. Das ging leichter als gedacht, nun, vielleicht hatte das Erlebnis von heute ihn endlich wachgerüttelt. Nickend sah er seinen kleinen Bruder an und beugte sich zu ihm hinüber. Liebevoll legte er einen Arm um seine breiten Schultern, zog ihn an sich und drückte ihn kurz. „Die Frau hat auch bei mir einen guten Eindruck hinterlassen. Selbst wenn sie dir nicht selbst helfen kann, weiß sie sicher wer.“

Wie in Kindertagen schmiegte sich Ramon kurz an seinen Bruder, legte seinen Kopf kurz in die Kuhle zwischen Hals und Schlüsselbein. Noch nie hatte er solche Dankbarkeit empfunden, dass ihn seine Familie vorbehaltlos liebte, obwohl er so ein Arsch war. Auch das mit Mike und Jason musste er wieder gerade biegen. Sicher kämen die zwei entweder im Laufe des Sommers, aber spätestens zum Septembermarkt auf die Ranch. Dann würde er es angehen, sich entschuldigen und neue Bande zu seinem Neffen knüpfen. Nachdrücklich löste er sich von Gabe und sah ihn an: „Ich werde mich auch bei Jason und Mike entschuldigen.“

Gabriel fehlten regelrecht die Worte. Wurde da einer tatsächlich auf seine alten Tage noch tolerant? Wobei ihm im selben Augenblick einfiel, dass in seiner Jugend und als junger Mann sein Bruder keinerlei Probleme mit Abweichlern gehabt hatte. Er hatte Daisys schwulen Bruder kommentarlos in die Familie aufgenommen und ihn auch respektiert. Erst seit dem Tod seiner Frau hatte er sich diesbezüglich nicht mehr im Griff. Nun, dabei sollte ja die Therapie helfen.

Konfrontation

Gabe und Ramon stiegen aus dem Geländewagen und gingen aufs Haus zu. Die Mittagszeit lag schon über eine Stunde zurück und Brenda saß auf der Hollywood-Schaukel auf der vorderen Veranda direkt neben der Haustür. Den Gartentisch daneben hatte sie für sich, ihren Mann und dessen Bruder zum Mittagessen gedeckt und wollte nun ins Haus verschwinden, um den Auflauf herauszuholen. Doch Gabes fragender Blick hielt sie auf. Brenda und Gabe liebten sich nun schon seit über drei Jahrzehnten und verstanden sich meistens wortlos, doch im Moment konnte er nicht verstehen, warum sie draußen gedeckt hatte. Brenda neigte eigentlich nicht zu abgehobenem Schnickschnack oder unnötiger Schlepperei, also wieso?

Oh ja, Mikes Mom kannte ihren Ehemann gut und grinste ihn frech an. Mit einer Handbewegung deutete sie Ramon an sich zu setzen und gab ihrem Mann Bescheid: „Du kannst mir beim raustragen helfen.“

Mit gerunzelter Stirn folgte Gabe seiner Frau ins Haus. Als er um die Ecke kam, also nun zwischen der Küchentür und dem Treppenaufgang stand, erstarrte er regelrecht. Woah, was war das?

Lachend lehnte sich Brenda an ihren Mann und sah ihn aufmüpfig an: „Erinnerst du dich noch an die Zeit, als wir so einen Lärm dabei gemacht haben?“

Blinzelnd sah Gabe auf seine Frau hinunter und unterdrückte das glucksende Lachen. Die beiden Jungs da oben im Bett machten einen ganzschönen Radau. Kein Wunder, dass Brenda draußen gedeckt hatte, nicht dass Ramon wutentbrannt hinaufstürmte und in etwas hineinplatzte, wo er definitiv nichts zu suchen hatte. Schmunzelnd beugte er sich hinab und küsste seine Frau liebevoll, dann antwortete er: „Sicher, vorgestern!“

Lachend umschlang sie seine muskulöse Taille und lehnte sich an Gabes breite Brust: „Wenn ich mir überlege, dass James Simons fast Ramons Alter hat, echt beachtlich, das ist die dritte Runde.“

Gabriel verschluckte sich regelrecht an seinem eigenen Lachen und klammerte sich an seiner Frau fest. Kopfschüttelnd klapste er ihr auf den Hintern und schob sie in die Küche. Dort griffen sie sich den Auflauf und den Krug mit Limonade.

Bewaffnet mit dem Mittagessen kamen sie wieder ins Freie und setzten sich zu Ramon. Während Brenda ihnen auflegte erkundigte sich Ramon leise: „Warum essen wir nun hier draußen?“

Mit zusammengekniffenen Augen sah Gabriel seinen Bruder an und beschloss ihn nicht zu belügen. Er schnalzte kurz mit der Zunge und erklärte dann: „Tom und Jim sind oben zu Gange und das hört man bis ins Esszimmer.“

Ramon sah Gabe mit riesigen Augen an. Meinte er das ernst? Hatten da tatsächlich zwei Männer in seinem Geburtshaus ausufernden schwulen Sex? So wie es aussah tatsächlich. Sofort nahm Ramon seine Gedanken an die Kandare und unterband die in ihm aufkommende Abneigung. Sex war Sex, egal wer mit wem, solange es einvernehmlich war! Doch dann drifteten seine Gedanken in dieselbe Richtung wie Brendas: „Wie alt ist Mikes Sicherheitschef?“

Brendas und Gabes Reaktion kam prompt, ein lautes und gelöstes Gelächter.

Problemlösung

Nach dem Essen kehrte Ramon in sein Haus zurück und begann mit dem Herumtelefonieren. Er musste unbedingt einen Helfer finden. Da er sie in die Scheiße geritten hatte, musste auch er etwas dagegen tun. Konsequent begann Ramon am Anfang seines Adressbuches und arbeitete sich nach hinten durch. Bereits nach dem dritten Anruf schwante ihm Übles. Fachpersonal war heutzutage in ihrer Branche dünn gesät, es sah schlecht aus.

 

Brenda spülte das Geschirr und Gabe räumte gerade die Reste des Auflaufs in den Kühlschrank, als das Telefon klingelte. Noch bevor Gabriel abnahm, sagte ihm die Anzeige auf dem Display, dass Mike vom Handy aus anrief. „Hallo, mein Sohn. Ist in Reno alles in Ordnung?“, erkundigte sich Gabe zur Begrüßung.

„Hi, Dad. Du fragst mich, ob bei uns alles klar ist? Das ist mein Part. Ist Jim gut angekommen und wie sieht‘s aus?“, kam die Gegenfrage durch das Telefon.

Gabriel lachte und erklärte Mike: „Wir haben auf der vorderen Veranda zu Mittag gegessen.“ Das ließ er so stehen, als genügte es als Erklärung.

Natürlich reichte es nicht, wie sollte es auch. „Wieso?“

Das Schmunzeln konnte man definitiv aus Gabes Antwort heraushören: „Weil Jim und Tom im Gästezimmer wilden Sex haben und das ganze Haus zusammenschreien.“

Als Erwiderung erhielt er erst ein Luftschnappen und dann ein Lachanfall. Nachdem sich Michael beruhigt hatte fragte er aber trotzdem nach: „Aber sonst ist alles okay?“

Hatte sein Sohn einen sechsten Sinn, oder was? Seufzend erzählte ihm Gabe also von den Vorkommnissen des Vormittags und den daraus resultierenden Konsequenzen.

Pragmatisch wie immer schlug Mike eine mögliche Lösung vor: „Dad, erinnerst du dich an John Harper? Du hast ihn vor ein paar Jahren im Casino kennen gelernt. Er arbeitet beim Circus und sucht über Sommer immer eine Beschäftigung. Finanziell hat er es eigentlich nicht nötig, aber er braucht einen Ausgleich zu seinem Schreibtischjob während des restlichen Jahres. Soll ich ihn fragen?“

Oh ja, Gabriel erinnerte sich an John Harper. Der Mann war ihm sympathisch und wenn er beim Rodeo arbeitete, kam er aller Wahrscheinlichkeit auch aus der Brache und kannte sich aus. Das einzige Manko: Der Mann war schwul, nicht offensichtlich, denn er trug es nicht wie eine Fahne vor sich her, aber nichtsdestotrotz homosexuell und er würde verdammt eng mit Ramon zusammenarbeiten müssen.

Mike kannte seinen Dad und fragte: „Du machst dir Sorgen wegen Ramon, hab ich Recht? John hält mit seinen Präferenzen eigentlich hinterm Berg, schon aus beruflicher Sicht ist das für ihn besser. Wenn das Thema nicht angesprochen wird, merkt keiner, dass er an meinem Ufer fischt.“

Seufzend antwortete ihm Gabriel: „Was mich traurig macht ist, dass es egal sein sollte. Die Kompetenz und Qualifikation ist nicht von der sexuellen Orientierung oder dem Geschlecht abhängig und die Welt kapiert das im einundzwanzigsten Jahrhundert immer noch nicht. Ramon hat vor wieder die Therapeutin zu besuchen, die uns nach dem Tod seiner Frau beigestanden hat. Ich hoffe das hilft.“

Mike gab ihm mit einem brummenden Geräusch Recht und wartete die Entscheidung seines Vaters ab.

„Wir müssen Ramon darüber informieren. Wie stellen wird das an?“ Gabe hoffte, dass Mike auch hier eine gute Idee hatte.

Hatte er. „Dad, ich telefonier zuerst mit John und wenn er Zeit hat, dann informiere ich Ramon. Ich denke, er wird mich am Telefon nicht gleich angehen. Was meinst du?“

Nachdenklich antwortete Gabe: „Hm, vermutlich nicht. Heute Mittag hat er nachgefragt, warum wir auf der Terrasse essen und ich hab ihm die Wahrheit gesagt. Als Reaktion von ihm kam ein verschrecktes und erstauntes Blinzeln und dann die Frage, wie alt Jim wohl ist.“

Das war zu viel für Mike, unbeherrscht lachte er nun los, bis ihm Tränen übers Gesicht liefen. Gottlob befand er sich alleine in seinem Büro und niemand bekam das Ganze mit. Es bestand also noch Hoffnung für Ramon. Dies gab ihm auch etwas Zuversicht für die Zusammenarbeit zwischen seinem Onkel und John. Er mochte John und wollte ihn wegen eines dummen Verwandten nicht als Freund verlieren.

Nach dieser Lachattacke beendeten beide das Telefonat und beschlossen am Abend noch einmal miteinander zu sprechen.

Grinsend drückte Gabe die Aus-Taste des Mobilteils und sah seine Frau an.

Fragend erwiderte sie seinen Blick.

„John, ein Freund von Mike, kann vielleicht einspringen. Mike erkundigt sich und gibt dann Bescheid“, erklärte Gabriel in aufgeräumtem Ton.

Kurz runzelte Brenda die Stirn und meinte dann auf ihre eigene charmante Art: „Das wird lustig, wenn sich dein Bruder monatelang mit einem Schwulen arrangieren muss!“

Hilfe ist unterwegs

Nachdenklich lehnte Mike sich in seinem Bürostuhl nach hinten und wippte kurz vor und zurück. Sein Blick ging hinaus auf das sonnige Reno und er hoffte, dass er keinen Fehler beging. Sollte John wirklich auf der Rising-C aushelfen, musste er sich auch mit Ramon arrangieren. Nun, was soll’s. Mike beschloss, dass Nachfragen nichts kostete und wenn er John auch alle Fakten nannte, konnte dieser frei entscheiden.

Schnell suchte er die Telefonnummer aus seinem Adressverzeichnis heraus und wählte. Bereits nach dem dritten Klingeln wurde abgenommen.

„Harper.“ Tief und sonor klang die Stimme von Mikes Freund.

„Hey, John. Hier spricht Mike. Wie geht’s dir?“, begann der Casinobesitzer das Gespräch.

Als Erwiderung erhielt er erst einmal ein tiefes, volles Lachen und dann schob der Angerufene noch eine Frage hinterher: „Okay, Mike, den Ton kenne ich. Was willst du?“

Grinsend registriert Michael, dass sein Freund nicht verstimmt, sondern amüsiert klang. „Mein Onkel hatte einen Unfall und hat sich das Schulterblatt angebrochen. Er ist auf der Rising-C für die Ausbildung der Mustangs zuständig. Ebenso sucht er unsere Kandidaten für den Circus aus.“ Dieses Schmankerl musste er ihm einfach hinwerfen. Vermutlich sprang der Collector der Rodeo-Veranstalter darauf an.

Natürlich kannte John die Rising-C-Ranch in Texas. Es war ihm zwar nicht bewusst gewesen, dass diese Mikes Familie gehörte, aber wundern tat es ihn nicht. Mike gehörte ein riesiges gutgehendes Casino in Reno und er stammte aus einer gut situierten Familie, auch wenn sie nicht zu den Steinreichen gehörten. John liebte Herausforderungen und er hatte schon einige Jahre nicht mehr auf einer richtigen Ranch gearbeitet. Dass er ein Wörtchen bei den Mustangs und Bullen mitreden konnte, die die Coles beim Circus meldeten, gefiel ihm zusätzlich. „Wo liegt der Haken, Mike. Es gibt immer einen.“

Oh, John bohrte immer nach. Aber da Michael ja eh vorgehabt hatte, ihm alle Fakten zu geben, konnte er es auch jetzt tun: „Mein Onkel ist ein bisschen speziell.“

„Speziell, was meinst du genau?“, kam sofort die Retoure.

Mike schluckte: „Er hat etwas gegen Schwule.“ Nach diesen Worten kniff er die Augen zusammen, als könnte sein Gesprächspartner ihn sehen.

„Scheiße, ein homophober Spinner, häh?“ John durchdachte es und dann kam ihm ein gemeiner Gedanke. „Mike, wenn dein Onkel nicht weiß, dass ich auf Männer stehe, dann dürfte das kein Problem sein, oder?“

Michael atmete tief durch: „Nein, wäre es nicht. Aber willst du dich wirklich den ganzen Sommer verstecken? Die Ranchhelfer werden ständig versuchen dir irgendwelche Weiber anzudrehen und du musst dich schon während deiner normalen Arbeit verstellen.“

Das gefiel John. Mike ging nicht den Weg des geringsten Widerstands, sondern durchdachte alles, machte sich Gedanken und teilte seine Bedenken auch mit. „Mike, mach dir keinen Kopf. Ich habe nicht vor, mich die ganzen drei Monate zu verstellen. Ich lerne deinen Onkel kennen. Wenn er wie jeder typische Cowboy ist, wird er mich nach zwei Wochen schätzen und respektieren und nach vieren wird er in mir einen Freund sehen. Dann werde ich ihm in einem vertraulichen Gespräch mitteilen, dass ich auf Kerle stehe. Die wenigsten ändern anschließend ihre Meinung und die, die es tun, sind es nicht wert, dass man sich Umstände macht.“

Mike gefiel dieser Plan. Vielleicht lernte Ramon besser mit seiner Abneigung umzugehen, wenn er einmal die Chance erhielt einen Schwulen unbelastet kennenzulernen. „Aber eins noch. Ramon war verheiratet und seine Frau Daisy ist vor fünf Jahren an Knochenkrebs gestorben. Die letzen Wochen ihres Lebens half nicht einmal mehr das Morphium. Sie hat gelitten wie ein Hund und ständig vor Schmerz geschrien. Ich denke, das hat etwas in meinem Onkel kaputt gemacht. Nimm bitte darauf Rücksicht, er ist nicht wirklich ein schlechter Mensch, nur etwas fehlgeleitet. Ihm ist auch bewusst, dass er falsch reagiert und will auch mit einer Therapie beginnen.“

All diese Fakten sagten John zu und er beschloss sein Glück diesen Sommer auf der Rising-C zu versuchen. „Wenn alles nach Plan läuft, werde ich am Freitag losfahren und irgendwann am Sonntag in Texas ankommen. Sollte noch etwas sein, ruf mich bitte auf dem Handy an. Wir sehen uns Mike.“

„Danke, John. Du hast was gut bei mir. Jason und ich haben vor dieses Jahr auf der Ranch Ferien zu machen, wir sehen uns also zwischendurch.“ Mit diesen Worten beendeten die beiden ihr Gespräch und legten auf.

Mike informierte anschließend seinen Onkel über die Hilfskraft. Dieser reagierte regelrecht erleichtert, denn ihm war es nicht gelungen einen Ersatz zu finden. Das ganze Gespräch verlief in Mikes Augen äußerst positiv. Schon lange hatte er kein so unbelastetes Gespräch mehr mit seinem Onkel geführt. Vielleicht konnte Ramon seine Abneigung tatsächlich überwinden.

Anschließend informierte er seine Eltern, dass John käme und mit Ramon alles geregelt sei. Sie zeigten sich sehr erleichtert und gaben Mike Recht, dass für Ramon noch Hoffnung bestand, diese unbegründete Abneigung endlich abzulegen.

Zu guter Letzt schickte er John noch eine SMS mit der genauen Anschrift der Rising-C und teilte ihm mit, dass in Ramons Haus ein Zimmer für ihn vorbereitet wird. Dies war sinnvoll, damit er dicht bei den Stallungen der Mustangs war. Die Unterkünfte der Arbeiter lagen in der Nähe der Rinderkoppeln, also zu weit weg.

 

Wie geplant fuhr John am Freitag im Laufe des Vormittags los. Da er beruflich viel reiste, gehörte das Packen von Reisetaschen für ihn zur Routine. Souverän wählte er seine Kleidung aus und verstaute sie in den Satteltaschen seiner Harley und im großen Rucksack, den er während der Fahrt schulterte. Wenn er für den Circus unterwegs war, reiste er üblicherweise mit dem Zug, dem Flieger und mit Leihautos. Sein Motorrad erhielt meist nur während der Sommerpause Ausgang, daher kam es gar nicht in Frage, anders nach Texas zu fahren. John gehörte nicht zu den Motorrad-Verrückten oder gar zu einem Biker-Club, er liebte nur das unbeschwerte Gefühl, wenn ihm der Fahrtwind um die Nase wehte und kein Gurt ihn am Sitz festzurrte. Ob auf dem Pferderücken oder auf dem Bike war dem schlanken Mann egal, Hauptsache gefühlte und gelebte Freiheit. Mit seinen zweiundvierzig Jahren gehörte John mittlerweile zum alten Eisen des Rodeo-Circus, doch durch seine erworbene Qualifikation und Fachkenntnis rutschte er nach dem Ende seiner Karriere als Rodeo-Reiter nahtlos in seine neue Position hinein. Er kümmerte sich um die Auswahl der Bewerber, nicht der menschlichen Bewerber, nein, der Tierischen. Auf seinem Schreibtisch landeten die Akten mit Fotos aller Mustangs und Bullen, die die verschiedenen Züchter dem Rodeo-Circus für die Veranstaltungen anboten. Von Neulingen, sozusagen unbeschriebenen Blättern, bis zu bewährten Tieren war alles dabei und John traf die Auswahl. Bisher hatte er sich noch nie vertan und falsch gelegen. Jedes Pferd und jeder Bulle hatte in der Arena eine gute Show geliefert und alle klopften Jack Strong zumindest im übertragenen Sinn auf die Schulter.