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Er ist zu cool für diese Welt und äußerst hart im Nehmen.
Sie ist eine von der zerbrechlichen Sorte, aber dafür wunderschön.
Er und sie? ... Das kann nicht gut gehen.
Oder vielleicht doch?
Alessa hat alles, was man sich wünschen kann: Ein Leben im Scheinwerferlicht, endloslange Beine, ein makelloses Gesicht und so viel Geld, um sich beinahe jeden Wunsch zu erfüllen ... doch all das kann sie längst nicht mehr glücklich machen.
Liam ist einer der besten Bodyguards der Welt und ein Frauenschwarm: Azurblaue Augen, gestählter Oberkörper, und bereit, für andere sein Leben zu riskieren. Lange hat er auf die Gelegenheit gewartet, für Alessa Varga zu arbeiten, doch er hat ganz andere Pläne mit ihr, als sie zu beschützen. Er will Rache nehmen und sie zerstören.
Doch was, wenn man sich plötzlich zu der Person hingezogen fühlt, die man zu Fall bringen will? Und was, wenn Alessa bereits dabei ist, sich selbst in den Abgrund zu stürzen? Wird er sie retten, oder ihr den letzten Stoß verpassen?
Was gewinnt? Liebe oder Hass?
Warnung:
Dieser Roman sprudelt vor Liebe, Leidenschaft und Spannung! Halten Sie sich fest, denn ein Gewitter an Gefühlen wird unweigerlich über Sie hereinprasseln!
Kraftausdrücke, emotionale Szenen, coole Sprüche und erotische Szenen waren in diesem Buch leider unvermeidbar!
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Veröffentlichungsjahr: 2020
Mina Jayce
The Bodyguard - Love and Hate
Das Buch
Er ist zu cool für diese Welt und äußerst hart im Nehmen.
Sie ist eine von der zerbrechlichen Sorte, aber dafür wunderschön.
Er und sie? ... Das kann nicht gut gehen. Oder vielleicht doch?
Alessa hat alles, was man sich wünschen kann: Ein Leben im Scheinwerferlicht, endloslange Beine, ein makelloses Gesicht und so viel Geld, um sich beinahe jeden Wunsch zu erfüllen ... doch all das kann sie längst nicht mehr glücklich machen.
Liam ist einer der besten Bodyguards der Welt und ein Frauenschwarm: Azurblaue Augen, gestählter Oberkörper, und bereit, für andere sein Leben zu riskieren. Lange hat er auf die Gelegenheit gewartet, für Alessa Varga zu arbeiten, doch er hat ganz andere Pläne mit ihr, als sie zu beschützen. Er will Rache nehmen und sie zerstören.Doch was, wenn man sich plötzlich zu der Person hingezogen fühlt, die man zu Fall bringen will? Und was, wenn Alessa bereits dabei ist, sich selbst in den Abgrund zu stürzen? Wird er sie retten, oder ihr den letzten Stoß verpassen?
Was gewinnt? Liebe oder Hass?
Warnung:
Dieser Roman sprudelt vor Liebe, Leidenschaft und Spannung! Halten Sie sich fest, denn ein Gewitter an Gefühlen wird unweigerlich über Sie hereinprasseln!
Kraftausdrücke, emotionale Szenen, coole Sprüche und erotische Szenen waren in diesem Buch leider unvermeidbar!
Copyright by Mina Jayce
August 2016
Cover: Sarah Buhr - www.covermanufaktur.com
Bildnachweis: @Nejron / Shutterstock
@Conrado / Shutterstock
Alle Rechte vorbehalten
Mina Jayce
c/o AutorenServices.de
König-Konrad-Str. 22
36039 Fulda
Jede Begegnung verändert
ALESSA
Ich wache mit einem Kater auf. Neben meinem Bett liegt eine angebrochene Flasche Chablis, neben meinem Kopfkissen, auf meinem Nachtkästchen, ein verbrauchtes Kondom, und auf der anderen Bettseite ein Typ, der sich nicht rührt. »Hey du! Steh auf!«, befehle ich und stoße ihn in die Seite, denn ich habe keine Lust, noch länger mit dem Unbekannten mein Bett zu teilen. »Was? Wie spät ist es?«, grummelt er und schlägt die Augen auf. »Oh Süße, es ist noch viel zu früh! Es ist ja noch nicht mal richtig hell ...«»Du musst gehen. Jetzt!«, poltere ich und stehe auf. Hastig fische ich nach meinem Seidenmorgenmantel, ziehe ihn mir über und werfe mein langes dunkles Haar nach hinten.»Sweetheart, komm wieder ins Bett! Lass uns noch eine Runde schlafen.«»Nein es ist Zeit für dich, zu gehen!« Ganz bestimmt lege ich mich nicht wieder zu ihm und für Kuscheln am Morgen bin ich ohnehin nicht zu haben. Leidvoll kommt mir die Erinnerung an den gestrigen Abend und die damit verbundene Nacht zurück.
Ich saß im Backstagebereich der Modenschau, checkte in meinem Handy meine Mails und ließ mich von Antonio – dem besten und schwulsten Visagisten auf Erden – schminken. Kein anderer versteht es besser, meine hohen Wangenknochen in Szene zu setzen und meine verschlafenen Augen zum Strahlen zu bringen. Er ist ein Starvisagist und ein Plappermaul, aber sein Können und sein interessanter Gossip entschädigen seine Quasselstrippe. Lydia behandelte mein Haar mit einem Glätteisen und brannte Beach-Waves hinein. »Hier dein Glas Champagner ... Aber genieß es«, sagte Selma und überreichte mir den edlen Tropfen. Selma ist meine Managerin, Assistentin und 24-Stunden-Durchblickerin. Seit ich sie angestellt habe, zähle ich zu den gefragtesten Models der Welt und kann mir aussuchen, für wen ich mich shooten lasse, oder welche Marke ich repräsentiere. »Danke!« Ich nahm es entgegen und tat den ersten Schluck auf nüchternen Magen, der bereits auf die Größe einer Apfelsine geschrumpft war, denn ich hatte seit Stunden nichts gegessen. Essen ist vor einem Walk tabu und das Kleid war so eng, ich hätte es alleine mit der Aufnahme eines Brötchens gesprengt. Wieder Selma vor mir, die auf und ab lief und telefonisch meine nächsten Termine koordinierte. Schon den ganzen Tag hing sie nur am Handy und machte Aufträge für mich klar, oder verschob Verpflichtungen, wie Zeitungstermine und Fernsehauftritte. Die Show begann pünktlich um 20 Uhr und ich hatte die Ehre, die Modenschau zu eröffnen. Entschlossen stand ich auf und checkte mein Gesamtbild im Spiegel, was mir nicht gefiel, denn ich sah aus, als hätte die Tiffany-Auslage Beine bekommen, oder als ob ich die Schatzkammer Londons mit mir herumtragen würde. Aber was tut man nicht alles für seine Auftraggeber. Selbstsicher schritt ich mit den neuesten Kronjuwelen auf den Catwalk hinaus, und kaum dass ich durch den Vorhang glitt, setzte tosender Applaus ein. Ich stolzierte, begleitet von einem dumpfen Scheinwerferlicht, geschmeidig nach vorne, posierte kurz am anderen Ende in eleganter Pose, und genoss die anerkennenden Blicke der Gäste und die Fotos, die sie von mir machten. Rasender Beifall zog sich durch den Saal, als ich die Bühne verließ und hinter den Gardinen verschwand. »Das war fabelhaft«, lobte mich der CEO, küsste meine Hand und überreichte mir ein weiteres Glas Champagner. Die Erkenntnis, dass sich Alkohol auf nüchternen Magen nicht verträgt, kam wieder einmal zu spät. Mit wackeligen Knien ging es eine Stunde später zur After-Show-Party. Meine Bodyguards – allen voran Bill – schirmten mich von der Masse ab und geleiteten mich in den VIP-Bereich, wo ich vollkommen alleingelassen dasaß. Nicht physisch alleine, denn rundherum sammelte sich eine Schar an Kollegen und Bekannten, aber ich fühlte mich wie immer innerlich verlassen – ein abgrundtief hässliches Gefühl, an welches ich mich gewöhnt habe, denn vor längerer Zeit ist es zu meinem permanenten Begleiter geworden. Grotesk nicht wahr, dass man sich alleine fühlt, obwohl sich unzählige Menschen um einen scharren. Aber es ist ein gängiges, vertrautes Sentiment in mir und ich habe keine Angst mehr davor. Die Stille und die Leere, die sich in mir verankert haben, gehören zu meinem Leben dazu. »Alessa, ein Journalist der Elegance ist da. Er möchte dich interviewen«, sagte Selma, woraufhin ich ihr nur ein müdes Lächeln schenkte. »Das ist wichtig, musst du unbedingt machen. Das bringt mehr Publicity als dein Hintern in Dessous auf einer Plakatwand.«Gut, von mir aus. Ich stand auf, kippte mein drittes Glas Champagner auf ex hinunter und ließ mich in ein abgeschottetes Zimmer bringen. Ein süßer Typ um die 30 stand am Eingang, die Schultern nach hinten genommen, drei Hemdknöpfe offen, Brad-Pitt-Lächeln, starke Statur, stylisher Haarschnitt ... Keine Seltenheit, denn gutaussehend sind viele, die mir täglich begegnen, immerhin dreht sich in der Mode- und Beautybranche alles ums Äußere. Was man allerdings oft vergebens sucht, sind tiefgründige Menschen, die schöne innere Werte besitzen. »Bitte! Ihre Fragen!«, sagte ich nur, ohne mich auf eine Begrüßung einzulassen und setzte mich galant auf den schwarzen Lederstuhl vor ihm. »Danke, dass Sie sich Zeit für das Interview nehmen, Ms. Varga.«»Natürlich. Für die Elegance immer. Aber nur fünfzehn Minuten. Also fangen wir besser an.« Mehr als eine Viertelstunde kriegt nur Oprah.Er nahm gegenüber von mir Platz und legte seine ausgefranste braune Mappe auf den Tisch. »Kein Problem, länger wird es auch nicht dauern. Starten wir gleich mit der ersten Frage ... Wo ist denn mein Interviewleitfaden ... Ach ja, hier. Also, wie fühlen Sie sich nach dieser grandiosen Show?«Ich seufzte und warf ihm eine Standardantwort entgegen. Höflichkeit, Enthusiasmus und überschwängliches Loben aller Beteiligten gehörten zum Spiel dazu.»Und was verbinden Sie mit der Schmuckkreation, die Sie heute präsentieren durften?«Auch diese Frage beantwortete ich kompetent und werbewirksam, immerhin ist es mein Job als Markenbotschafterin, das Unternehmen professionell zu vertreten. »Wie schaffen Sie es, so viele Termine auf einmal wahrzunehmen? Sie waren doch gestern erst in London, ein paar Tage zuvor in New York. Woher nehmen Sie Ihre Power?« ... Langweiliges Interview. Verdammt öde Fragen! ... Und der Sunnyboy hatte leider noch weitere fantasielose Fragestellungen auf Lager.
»War es das?«, sagte ich, als wir fünfzehn Minuten später pünktlich fertig waren. Er nickte. »Gut, ich danke für das Gespräch!«, ergänzte ich, stand auf und ging zur Tür.»Warten Sie!«, rief er mir nach und lief mir hinterher. Ich drehte mich nicht um, woraufhin er mich an der Schulter berührte und versuchte, mich vom Gehen abzuhalten. Wie ein Blitz schnellte Bill zu uns und nahm seine Hand mit grimmigem Blick von mir. »Nicht anfassen!«, sagte er mit ruhiger, aber bedrohlicher Stimme.»Schon gut«, stieß der Reporterfuzzi aus und zog seine Finger wieder ein. Ich drehte mich um und sah ihm in die grau-blauen Augen. Sein Blick war aufdringlich und irgendwie sexy. So sexy aufdringlich, dass ich beschloss, ihn mit in mein Hotel zu nehmen.
Bill ließ den SUV vorfahren und der Reporter und ich stiegen ein. Im Wagen versuchte er mich in ein Gespräch über Paris zu verwickeln, doch mir war nicht nach Reden zumute, denn für Smalltalk war ich nicht in Stimmung. Ich ignorierte den Typen vielmehr und sah die ganze Fahrt lang aus dem Auto, während ich die Denkmäler und Gebäude musterte, die wir passierten: Der mich vor Liebe warnende Eiffelturm, die vielen Lichter, die wie Kratzer die Nacht erhellten, die Fahrbahnränder, die in verschwommen Klumpen vor meinen Augen vorbeizogen und die kleinen Regentropfen, die an die Fensterscheibe prasselten und dabei ein sich ständig veränderndes Bild auf das Glas zeichneten. Kurze Zeit später parkte der Fahrer vor meinem Hotel, vor dem ein roter Teppich ausgelegt war, der die Reichen hineinzog und andere Passanten abschreckte. Die Nacht in dieser Unterkunft ist für viele unbezahlbar. Auch für mich, doch mehr in ideeller Hinsicht, denn es ist einer der wenigen Plätze der Welt, der mich in eine Zeit zurückversetzt, in der ich glücklich war. Jedes Mal, wenn ich über diesen roten Teppich schreite, keimt Hoffnung auf, ihn zu sehen. Ihn wiederzusehen. So unrealistisch das auch ist. Wie oft bin ich in meinem Leben schon auf purpurroten Teppichen geschritten? Ich weiß es nicht. Unzählige Male, so oft, wie ich schon versucht habe, vor der Realität davonzulaufen. – Vor mir, vor meiner Welt, vor dem Geld, vor dem Glamour, vor der Lieblosigkeit, die sich mein Leben nennt. Vorsichtig setzte ich mit meinen hochhackigen Schuhen Schritte darauf und vernahm das leichte Quietschen meiner Sohlen. Der Bellboy zog grüßend seinen Hut: »Ms. Varga«. Ich deutete ein freundliches Nicken an und blickte nach vorne, ohne mich zu vergewissern, dass der Reporter mir folgte. Ich wusste, dass er hinter mir war, denn es ist doch immer dasselbe: In Anbetracht des nicht gegebenen Versprechens, eine heiße Nacht mit mir zu erleben, folgen sie mir. Alleine die Vorstellung, ein Model ins Bett zu bekommen, bringt manche von ihnen zum Orgasmus. Man sagte mir einmal, dass meine Augen ein sexuelles Lasso wären, das sich um den Körper schlingt, aus dem es kein Entkommen gäbe. Phantasiereich, nicht wahr?Wir nahmen den Fahrstuhl hoch in meine Suite und ich verabschiedete mich von meinem Bodyguard, um ihm zu signalisieren, dass ich ungestört sein wollte. »Gute Nacht, Bill.« Dann standen der Reporter und ich vor meinem Hotelzimmer. Seine Augen funkelten vor Aufregung, seine Hände fuhren am Revers seines braunen Sakkos entlang, während ich die Schlüsselkarte aus meiner Handtasche zog, sie über den Scanner schob und wir kurz darauf den Raum betraten. Die Tür fiel geräuschvoll ins Schloss. Abschätzend blieb er stehen und ließ seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Unsicher. Vielleicht ein wenig kritisch, aber irgendwie süß. Ich setzte mich in auffordernder Pose auf mein Bett und streifte mir meine Stilettos ab. Mit einer Handbewegung deutete ich dem Reporter an, zu mir zu kommen. Langsam schritt er auf das Bett zu. Begierde zeigte sich in seinen Augen, mit der er versuchte, mich willenlos zu machen, doch er konnte nicht ahnen, dass dieser Blick rein gar nichts bei mir bewirken konnte. – Ich bin immun gegen wasserblaue Augen, die versprechen, für immer bei einem zu bleiben. Die große Liebe ist etwas für Sadisten. Sie wird gegeben und wieder genommen.
Es dauerte nicht lange, da kam er über mich und verwickelte mich in eine Küsserei, die mich – zugegebenermaßen – antörnte. Seine Hände fuhren an meinem Körper entlang und er schob meinen Rock nach oben, und damit seine Zurückhaltung von sich, denn seine Berührungen wurden fester und fordernder, beinahe wild, was mich aus dem Konzept brachte. Er merkte nicht, dass er mit den hektischen Bewegungen meine Leidenschaft im Keim erstickte. Ich hätte ihn an diesem Punkt einfach fortschicken sollen, doch ich wollte die Nacht nicht alleine verbringen, denn nichts fürchte ich mehr, als schlaflose Nächte, also ließ ich ihn ungestüm weitermachen. Er entblößte zuerst mich, dann sich, verzichtete auf ein weiteres Vorspiel, und zog sich ungeduldig ein Kondom über seinen Penis. Ohne auf eine Geste oder ein Signal von mir zu warten, drehte er mich auf den Bauch, zog mein Hinterteil in die Höhe, klopfte mir einmal darauf, und stieß in mich. Energisch bewegte er sein bestes Stück in mir. Er fuhr mit seiner Zunge über meine rechte Schläfe und windete sich unter meiner vorgetäuschten Lust. Wie immer hatte ich keine Gefühle dabei, und wie immer entging ich einem Orgasmus, denn schon lange hat es kein Mann mehr zustande gebracht, mich zum Höhepunkt zu bringen. Mit dem für ihn größtmöglichen Einsatz, versuchte er mich in den Himmel zu treiben, doch ich entkam ihm. Entkam meiner selbst und entkam der erzwungenen Liebe. Nachdem er gekommen war, legte er sich abgekämpft und schweißnass neben mich, und schlief nach wenigen Minuten ein.
Trotz Beischlaf fand ich keine Ruhe, legte langsam seine schwere Hand von meinem Bauch und schlich zum Kühlschrank, um mir eine Flasche Chablis zu öffnen, mit der ich mich auf das Fenstersims setzte. Die Nacht war sternenklar, als würde die Besonderheit des Firmamentes nur Gutes bedeuten, als würde sie alles erhellen, was dunkel in mir ist, was die Finsternis begehrte – eine alles verschlingende Kraft, die mich nach unten zieht. Dort wo Schatten ist, muss es Licht geben. Dennoch ... der Ruf nach Licht, erzeugt erst recht den Schatten. Ich fühle mich tot. Dabei ist er es, der tot ist. Ethan wird nie wieder zu mir zurückkehren.
»Pause!«, ruft der Fotograf und Selma reicht mir einen Becher Kaffee, während ich mich auf den Klappstuhl setze und den Eiffelturm betrachte. Die Sonne fällt auf das braune Gerüst und das Bildnis erweckt den Anschein, als wollten die Strahlen den Turm aus dem Schlaf holen.»Igitt ... Der Kaffee schmeckt, als hätte man Wasser mit Kaffeepulver verdünnt!«, stöhne ich und stelle den Becher auf den Boden.»Sorry Alessa, aber etwas Besseres konnte ich nicht auftreiben! Ich würde sagen, so wie du aussiehst, bleibt dir nichts anderes übrig, als die Brühe hinunterzuwürgen. Warst du letzte Nacht unterwegs?«, fragt mich Selma und mustert mich eingehend.»Nein, hab nur schlecht geschlafen.« Und ein wenig Chablis auf einem Fenstersims getrunken, aber das muss sie nicht wissen.»Wie immer also ... Hör zu, der Flieger nach New York geht bereits in vier Stunden und wir haben noch kein einziges brauchbares Foto«, merkt sie an und wischt mir mit einem mattierenden Tuch über die Nase. »Auf der linken Wange fehlt ein wenig Rouge«, ergänzt sie und dreht sich zur Visagistin um. Das junge Mädchen nickt und pinselt mir mit einem matten Roséton über die Wange. »Du musst dich also zusammenreißen, gib jetzt alles«, fährt Selma fort, woraufhin ich nicke.»Okay, an die Arbeit! Alle auf ihre Plätze«, ruft Joe, der Fotograf, und trommelt die Besatzung wieder zusammen. Ein letzter Check in den Spiegel, ehe ich mich wieder in Position werfe. Ich bin der neue Werbekörper für die weltweit bekannte Dessous-Firma Pasión und trage feuerrote Dessous, die so heiß an mir aussehen, dass ich beinahe selbst nach mir pfeifen möchte. »Die will ich danach unbedingt behalten«, erkläre ich Selma und deute auf mein knappes rotes Höschen, während ich in lasziver Pose dem Fotografen und seiner Linse einen Kuss zuwerfe. »Ja, stehen dir! Willst du sie auch in einer anderen Farbe haben? Wie wäre es mit Dunkelviolett und Schwarz? Habe ich vorhin im Katalog gesehen und die sehen heiß aus.«»Ja, warum nicht. Checkst du das bitte für mich?« »Aber klar doch, mache ich!« Schon fischt sie ihr Handy aus der Tasche und beginnt darauf herumzutippen, während ich mich weiter vor der Kamera winde. »Streck dich mehr durch und den Po ... Ja, genau so ... Und die rechte Schulter ein wenig nach hinten. Perfekt! Alessa, das ist fabelhaft! Incredible ... Yessss!«, flötet Joe. »Warum nicht gleich so?!«Nun bin ich in Höchstform aufgelaufen, flirte gekonnt mit der Kamera, recke meine Brüste raus, nehme die Schultern zurück und lasse meinen Kopf ein wenig nach hinten fallen. Meine dunkle Haarmähne gleitet wellenartig über die nackten Schultern. »Hervorragend! Good Girl! Good Job!«, ruft mir Joe zu und drückt einige Male auf den Auslöser. »Das wird ein rattenscharfes Cover-Bild. Damit wirst du noch mehr Heiratsanträge und Stalker bekommen. Oh fucking great, Alessa!»Seine lobenden Worte holen weitere perfekte Posen aus mir heraus.»Awesome ...« Für das nächste Foto geht er in die Knie und zeigt mit seinen Bewegungen einen Einsatz, als würde er eine Fitnessstunde abhalten.Ich bin mir sicher, dass sich der Eiffelturm im Hintergrund wahnsinnig gut auf den Bildern macht. Die Leute vor mir, die in Mäntel und Daunenjacken gehüllt sind, verfolgen das Fotoshooting mit ihren Handykameras und neugierigen Blicken, während mir die Kälte bis in meine Adern kriecht, doch ich zeige mich professionell, denn Gejammer wäre hier fehl am Platz. So gesehen darf ich erst jammern, wenn ein Schneesturm über uns hereinbricht. Nach einer Stunde sind wir fertig. Selma kommt mit einem Mantel zu mir gelaufen und wirft ihn mir über. »Hier trink das«, meint sie und überreicht mir eine heiße Tasse Tee. Mit Joe zusammenzuarbeiten macht immer wieder Spaß, und er behauptet nicht zu Unrecht, dass er eine Gottheit unter den Fotografen ist, denn er weiß, wie man die Rundungen einer Frau in Szene setzt. »Kann ich die Pics sehen?«, frage ich und beuge mich über Joe, der die Aufnahmen konzentriert am Bildschirm betrachtet. Er rückt ein Stück beiseite, damit ich eine bessere Sicht darauf habe. »Sind toll geworden ... Das da finde ich besonders gelungen«, sage ich und deute auf den Screen.»Hm ... Ist auch mein Favorit. Heißes Pic und das bei Minusgraden! Wirklich ein geniales Foto!«»Hey, hast du etwas Anderes von mir erwartet?«, frage ich belustigt.»Anfänglich sah es nicht danach aus.«»Joe!« Ich kneife ihn in die Seite.»Schon gut ...«, lacht er. »Wie immer absolut professionell. Mit dir zu arbeiten macht Spaß, Alessa!«»Das Kompliment gebe ich gerne zurück. Sehen wir uns eigentlich bei der Gala in L.A. in ein paar Wochen?«»Natürlich. Was für eine Frage ... Das ist das Highlight im März. Bin schon gespannt, welche Designer ausgezeichnet werden.«»Alessa wir müssen zum Flughafen. Der Wagen wartet«, unterbricht uns Selma und winkt Bill herbei. »Bill, wir fahren!«Mein Bodyguard – ein Quadrat von einem Mann – kommt auf uns zuspaziert. Schon seit mehr als fünf Jahren ist Bill mein Leibwächter und eine mir treu ergebene Seele. Wir führen nicht nur eine gut funktionierende Arbeitsbeziehung, sondern verstehen uns auch privat sehr gut. Manchmal verbringen wir die Abende bei Bier und Mensch ärgere Dich nicht, ein Spiel, das ich einst durch deutsche Freunde kennengelernt habe. Im Grunde genommen sind Selma und Bill meine Familie und sie stellen meinen Lebensmittelpunkt dar. Seit dem schrecklichen Unfall vor über einem Jahr, brauche ich die beiden dringender denn je, denn ich fühle seither eine Dunkelheit in mir und ich weiß nicht, wie ich sie bekämpfen soll. Alkohol, Koks, Tabletten – ich habe alles versucht, doch nichts verscheucht den Schatten, der sich über meine Seele gelegt hat. Ich lebe einfach weiter und wahre den Schein. Wahre den Glamour, und das Rampenlicht wahrt mich.
LIAM
Der Boxsack gibt unter meinem letzten Schlag kleinlich nach hinten nach. Keuchend ziehe ich mir meine Handschuhe ab. »Alter, was waren das für Schläge?«, ruft Dan und kommt auf mich zu. Wahrscheinlich hat er jeden meiner Trauerschläge vom Büro aus beobachtet. »Eine erbärmliche Performance, ich weiß«, gebe ich zu und wische mir den Mitleidsschweiß von der Stirn. »Wie ein Mädchen ... Echt, wie ein kleines Mädchen hast du zugeschlagen«, spottet er.»Bist du irre? Wie ein Mädchen? Willst du einen meiner Mädchenschläge abbekommen? Der würde dich mit Leichtigkeit an die nächste Wand pfeffern!« Er wirft seinen Kopf in den Nacken und lacht dabei ... lacht mich aus. Was denkt sich der Scheißkerl bloß? Mein rechter Arm ist vom gestrigen Kampf noch immer geschwollen, meine Lippen aufgeplatzt. Alleine meinem Einsatz hat er es zu verdanken, dass er um etliche tausend Dollar reicher geworden ist. Undankbarer Kerl!»Das nächste Mal kämpfst du statt mir und wir werden ja sehen, wer sich am nächsten Tag köstlich darüber amüsieren wird.«»Nein danke, das ist nichts für mich. Möchte nicht verprügelt werden. Bin viel zu schmächtig und behäbig für diesen Job. Ich hab ganz andere Talente, um als lebender Sandsack oder als Kampfmaschine zu fungieren.«»Gut erkannt Dan. Wäre auch schade um dein neues Shirt«, lache ich und tupfe mit einem Handtuch den Schweiß von meiner Stirn.»Es gibt übrigens etwas Neues ... Ich habe vorhin mit Jefferson telefoniert. Sie brauchen einen neuen Bodyguard und sie wollen dich für den Job haben. Dieses Mal hat er sogar noch einen Tausender draufgelegt. Sie wollen den Besten und das bist nun mal du, meinte er.«»Kein Interesse, hab genug zu tun! Es reizt mich nicht mehr, für irgendeinen reichen Arsch den Aufpasser zu spielen.«»Ich bin mir ziemlich sicher, dass dieser Job dich interessieren wird. Ich verwette meinen Arsch darauf. Rate mal, um wen es dabei geht!« Plötzlich hat Dan meine volle Aufmerksamkeit. »Um Alessa Varga?«»Ja, die kleine Schlampe, für die du dich schon lange interessierst ... für die wiruns schon lange interessieren. Jetzt kannst du es ihr endlich heimzahlen und Rache nehmen. Wir können endlich das bekommen, was wir seit langer Zeit wollen. Die Zeit für unsere Abrechnung ist gekommen, Liam!« »Alessa Varga«, knurre ich und versetze dem Boxsack einen so heftigen Schlag, dass er nach hinten donnert. »Genau diese Reaktion habe ich mir erwartet. Welcome back, Mr. Bodyguard!« Ich verziehe meine Lippen zufrieden nach oben. »Sag Jefferson, ich nehme den Auftrag an! Es wird mir eine Freude sein, auf die Kleine ›aufzupassen‹.«
ALESSA
Aufgeregt spaziere ich auf dem Wohnzimmerboden auf und ab und kaue an meinen Fingernägeln herum. Ich hasse Neuigkeiten, vor allem wenn sie schlecht sind und morgens daherkommen, noch ehe ich meine erste Tasse Kaffee geleert habe. »Ich kann nicht glauben, dass Bill nach Europa ziehen will! Was will er dort machen? Warum hat er nie etwas davon erzählt? Und vor allem, warum so plötzlich?«»Für Bill kam es selbst überraschend, und seine Frau hat ihn vor die Wahl gestellt. Du weißt doch, wie sie sein kann«, erklärt Selma.»Dann soll er sich wehren. Er muss bei mir bleiben. Ich brauche ihn doch!«»Das wird nicht gehen. Sie meinte, nun wäre sie dran und Bill würde es nicht schaden, wenn er kürzer treten würde. Immerhin ist er schon über 50 und seine Knieprobleme werden nicht besser.«»Ach was ... Ich zahle ihm die beste Operation. Ich habe doch schon mit ihm darüber gesprochen. Es gibt da eine Klinik, die –«»Sie werden nach Europa gehen. Seine Frau hat dort ein lukratives Jobangebot im Kunsthandel bekommen und das ist – laut ihr – die Chance ihres Lebens. Bill wird sie begleiten, er freut sich über die Auszeit, meinte, er könne dann in Rom Dutzende Gelati essen und den ganzen Tag mit der Vespa über römisches Kopfsteinpflaster poltern. Vorerst für ein Jahr. Danach kommen sie ja hoffentlich wieder zurück. Du kriegst nur in der Zwischenzeit einen anderen Leibwächter.«Ich stoße Luft aus meinen Lungen. »Und wenn ich aber keinen anderen will? Keiner beherrscht den Job so gut wie Bill. Auf Bill kann ich mich verlassen. Er ist immer da ... er ist mein Freund!«»Alessa, gönn ihm diese Auszeit. Es wird Bill guttun, er hat es sich verdient!« »Aber was soll ich nur ohne ihn machen? Ohne ihn bin ich doch nicht überlebensfähig.«»Papalapp Schätzchen, das ist ein Blödsinn. Du bist alt genug, kannst eigenständig essen und bist stubenrein. Ich würde das nicht als aufgeschmissen bezeichnen.«Ich werfe Selma ein lahmes Lächeln zu. »So habe ich das auch nicht gemeint ...«»Ich weiß Alessa, du hängst an Bill. Aber er braucht dringend einen Tapetenwechsel. ... Eine Pause von L.A.!«Nachdenklich setze ich mich hin, gucke erst zu Boden, dann wieder in Selmas Gesicht. »Ja, du hast ja recht. Aber wer wird für ihn den Job übernehmen?«»Soweit ich weiß, kümmert sich Bill darum. Er hat mit seinem Agenturchef, mit Jefferson, bereits telefoniert. Angeblich ist einer der besten Bodyguards, den die Agentur in petto hat, derzeit zu haben. Und du weißt ja, gute Leibwächter gibt es nicht wie Sand am Meer. Bill hat bereits alles in die Wege geleitet, damit du diesen Superhelden bekommst.«»Hat er das? Aber eigentlich reichen doch auch Morris und Toni. Ich meine, die beiden bewachen doch nur das Haus. Morris könnte das eine Jahr an meiner Seite verbringen.«»Morris und Toni sind für den Personenschutz nicht optimal ausgebildet. Außerdem müssen das Grundstück und die Villa bewacht werden. Das ginge nicht ohne die beiden. Bill wird dafür sorgen, dass du ein ordentliches Kindermädchen mit mächtig viel Muskelkraft und einer großen Klappe bekommst. Immerhin brauchst du jemanden, der dir Paroli bieten und dich zügeln kann.«»Haha! Sehr witzig!«»Alessa, das war kein Witz! Du warst gestern Nacht wieder unterwegs. Hast dich volllaufen lassen und auf Tischen getanzt. Laut Bill bist du nach fünf Uhr morgens nach Hause gekommen und das auch nur, weil er dich zum Gehen gezwungen hat.«»So schlimm war es nicht ...«»Alessa, es ist dein Leben, das du da kaputt machst. Und wenn du so weiter machst, wirst du keine Jobs mehr abbekommen und bist schneller weg vom Fenster, als du ›Bill‹ rufen kannst. Du musst endlich wieder Verantwortung für dein Leben übernehmen.«»Das tue ich doch.«»Ach wo, meine Liebe!? Ohne mich würdest du nicht mal rechtzeitig aus den Federn kommen ... Schau mal auf die Uhr. Wie spät ist es? Es ist nach Mittag und du hast noch nicht einmal geduscht, geschweige denn gefrühstückt.« Sie reicht mir ein Glas Wasser und eine Aspirin. Ich verziehe meinen Mund, nehme die Tablette und spüle sie hinunter.»Du solltest deine Energien besser im Gym abbauen und nicht in einer Bar oder beim Sex mit irgendwelchen Typen. Um es überspitzt zu sagen, dein Hintern hängt momentan wie ein Apfel vom Baum. Joe musste die Fotos ordentlich retuschieren.«»Mein Hintern ist extrem gut in Form. Er ist toll!« Ich werfe einen Blick auf meinen Po und kneife ihn. Nun ja ... vielleicht ist er in den letzten Monaten etwas lockerer geworden und hat an Elastizität und Rundung verloren. Seit Tagen hat mich kein Fitnesscenter mehr von innen gesehen. Früher war ich jeden Tag im Gym und habe oft drei Stunden am Stück trainiert, denn die Modelbranche ist beinhart – so schnell, wie man am Modelolymp oben sein kann, kann es in einer rasanten Achterbahnfahrt nach unten gehen. »Okay, dann soll es so sein und ich bekomme ein neues Kindermädchen. Von mir aus. Und Selma, vielleicht hast du recht ... Ich werde mir meinen Gym mal wieder von innen ansehen. Diesen hängenden Hintern hält ja kein Retuscheprogramm aus!«Selma nickt. »So mag ich das. Volle Fahrt voraus, Alessa!«
LIAM
Ich hasse Kalifornien. Ich hasse L.A. Ich hasse dieses Dauerlächeln und die operierten Busen und Poimplantate der vorbeilaufenden Grazien. Tagtäglich kommen einem unzählige Gesichter mit aufgespritzten Lippen entgegen – an der Supermarktkasse oder der Tanke streunen sie herum und haschen nach Aufmerksamkeit. Natürlich in kurzen Röcken und in Bikinis, da es im wunderschönen L.A. viel zu warm und sonnig für lange Hosen ist. Um es kurz zu machen: Viel zu viele gutgelaunte Gesichter, viel zu viele reiche Ärsche, und selbst die Luft in West Hollywood stinkt nach Geld. Nach einiger Zeit gewöhnt man sich an den Zirkus hier, aber von »Mögen« kann noch keine Rede sein – und das, obwohl ich schon seit mehreren Monaten hier lebe. Ich bin noch immer damit beschäftigt, die Gegebenheit zu akzeptieren, dass ich in dieser gottverlassenen Sunny-Town gelandet bin. Inakzeptabel allerdings die andauernden Staus in L.A. Ich drehe ACDC laut auf, um mir die Wartezeit zu vertreiben und trommle auf dem Lenkrad mit. Man kann den ganzen Tag im Auto verbringen, ohne richtig zu fahren, Luft verpesten, laut ACDC hören, ein wenig vor sich hinfluchen und die neuesten Sonnenbrillenmodelle tragen. California dreaming also ... In Chicago ist das schier unmöglich. Dummer Fehler Liam, Chicago gegen L.A. zu tauschen. War zwar eine dreckige Stadt, aber immerhin mein Drecksloch. Nicht zu vergessen die Chicago Bulls, für die ich auch heute noch niederknie. Ich lehne meinen Arm aus dem Fenster und beuge mich der Langsamkeit der Straße und dem Smog, der über der Stadt hängt. Tief einatmen Liam, und du kommst schneller zu den Engeln, als dass es dir lieb ist.
Nach einer Stunde Fahrt erreiche ich mein Ziel und passiere ein großes weißes Gartentor, welches weit nach innen aufschwingt, nachdem ich meinen Ausweis in die Kamera gehalten habe. Willkommen in Vargas Welt. Ich hoffe bloß, dass Jasper mein Bike bald repariert hat, denn dann kann ich mich wieder mühelos durch den Verkehr schlängeln. Ich sollte ernsthaft überlegen, die Straßenrennen bleiben zu lassen. Das kostet mein Bike jedes Mal einen Kratzer und mich eine teure Reparatur. Und wozu? Für ein bisschen Kleingeld, Ruhm und Ehre. Ich fahre die Kieseinfahrt entlang und lasse eine Blumenallee, die mehr Wasser verbraucht, als die Gartensprinkleranlage im botanischen Garten, hinter mir. Ist ja wohl klar, dass die Bitch in so einem Schuppen wohnt: Großes Tor, weiße Villa, Kiesauffahrt, rundherum Bäume. – Happy Life in Sunny-Town! Wie langweilig, kratzerlos, unaufregend und steril. Wenn die wüsste, mit welcher Absicht ich hier anrolle, dann würde sie in Deckung gehen, denn wenn ich mit ihr fertig bin, kann sie froh sein, wenn sie überhaupt noch lebt. Am liebsten würde ich ihr alle Knochen brechen und sie weinend am Straßenrand aussetzen. Ich steige aus dem Wagen, ramme meine schwarzen Boots in den weißen Kies und ziehe mein dunkles Jackett zurecht. Gemächlich steige ich die fünf glänzenden Stufen zum Hauseingang hoch und drücke auf die polierte Klingel. »Liam Foster«, labere ich in die Gegensprechanlage. »Der neue Bodyguard!«»Mr. Foster Sie werden bereits erwartet«, ertönt eine sanfte weibliche Stimme und die Tür schwingt wie von Geisterhand weit auf. Ich mache eine halbe Drehung rückwärts, pfeffere den Kaugummi in den weißen Kies und trete ein. »Mr. Foster, schön, dass Sie da sind! Ich bin Selma Miller«, sagt eine etwas ältere Frau in einem dunkelblauen Businesskostüm, die auf mich zukommt und mir die Hand reicht. »Kommen Sie weiter!« Sie deutet mir an, ihr zu folgen. Am liebsten würde ich laut pfeifen. Keine Ahnung, was die Bitch im Jahr verdient. Wie mir scheint viel zu viel dafür, dass sie mit ihrem Hintern in Reizwäsche den Männern nasse Hosen beschert. »Beeindruckend«, sage ich knapp und lasse meinen Blick durch die helle Eingangshalle schweifen. Weißer Steinboden, graue Blumentöpfe mit pink blühenden Gestrüppen säumen die linke und die rechte Seite, und auf dem Boden, der so sauber ist, dass man davon essen könnte, liegt ein runder dunkelgrauer Teppich. Im vorderen Bereich führt eine breite schneeweiße Treppe in den ersten Stock. »Ja, Frau Varga hat Geschmack! Nicht nur Modegeschmack, sondern hat auch ein Händchen für Innenausstattung.«Soll mich das jetzt beeindrucken, dass sie, außer mit dem Hintern zu wackeln, auch ein paar Blumenstöcke im Haus abstellen kann? Wobei ich bezweifle, dass die Bitch selbst etwas davon angegriffen hat. Vermutlich ist sie am Rande gestanden und hat, »Dorthin-« und »Dahin-Befehle« gegeben. »Kommen Sie bitte mit ins Wohnzimmer. Bill, ihr aktueller Leibwächter, wird gleich da sein. Er musste kurz weg, um sich um seine Reisepapiere zu kümmern.«Ich nicke und folge ihr in den großen Wohnbereich links von uns, der schlicht, aber schick eingerichtet ist. Helle Polstermöbel, helle Teppiche auf dem dunklen Parkett und riesengroße Fenster, durch die man die Größe des Gartens erfassen kann, sind zu sehen. Beeindruckend die Heimkinoausstattung. Zweifelsfrei würde sich auch ein Mann meines Kalibers in diesem Raum wohlfühlen. »Und wo ist die geschätzte Ms. Varga?«, frage ich, da ich weit und breit keinen 50.000-Dollar-Arsch sehen kann.»Ist soeben ins Gym gegangen. Wird aber bald bei uns sein.«»In welchem Gym trainiert sie? »Im Keller. Sie hat einen außerordentlich tollen Fitnessraum im Untergeschoss eingerichtet.«»Aha«, brumme ich. Hat wohl auch ein Händchen für die Innenausstattung von Trainingsräumen. »Bitte setzen Sie sich doch! Möchten Sie einen Kaffee haben?« Ich nehme Platz, und ohne meine Antwort abzuwarten, stellt mir Miller eine niedliche Tasse hin. Dabei trinke ich eigentlich kein Tässchen Kaffee am Nachmittag. »Bill wird Sie mit allem vertraut machen. Sie müssen wissen, Frau Varga ist momentan nicht einfach. Auch wenn sie das nicht zugeben wird, aber sie steckt in einer Krise.«»Was meinen Sie mit Krise?«»Um gleich offen und ehrlich zu sprechen, immerhin haben Sie den Vertrag schon unterschrieben und unterliegen somit der Schweigepflicht ... Alessa befindet sich auf einer Art Selbstzerstörungstrip ... Ungefähr so könnte man das bezeichnen.« Die Bitch bringt sich selbst um? Das ist ja mal eine Leistung. Nicht schlecht. Dann brauche ich mir die Finger nicht mehr schmutzig zu machen. »Was heißt Selbstzerstörungstrip?«»Sie feiert wie wild, trinkt viel, nimmt ab und an mal Drogen, verhält sich wie ein Teenager und dabei ist sie eigentlich –« Selma stutzt. »Also ich hoffe, das legt sich bald wieder. Aber die Phase hält nun schon seit mehreren Monaten an und mir kommt es so vor, als würde es schlimmer werden. Das sollten sie wissen, denn es ist doch richtig, dass sie alles wissen müssen, um sie beschützen zu können, oder?«Ich nicke. Jedes verdammte Geheimnis. Unsere Kunden sind offene Bücher für uns. »Warum tut sie sich diesen Scheiß an?«Selma sieht mich musternd an, als prüfe sie, ob ich die Wahrheit zu wissen, verdiene. »Weil sie traurig ist und sich selbst bemitleidet.«Die Bitch und Trauer? Sie hat doch alles, was man sich wünschen kann. Riesengroßer Garten, Poolanlage, mehrere Luxusautos, viel zu viele Zimmer, die sie unmöglich alleine bewohnen kann, hübsches Gesicht und rattenscharfe Figur ... und das Wichtigste hätte ich beinahe vergessen: eine Heimkinoanlage im Wohnzimmer, die mich neidisch werden lässt. Also, weshalb traurig sein? Das ist unlogisch, denn auf allen Fotos, auf denen man sie sieht, wirkt sie frisch und munter. Wir werden unterbrochen, als ein kantiger Typ mit einem tiefen »Hallo« den Raum betritt. Ich stehe auf, während er auf mich zukommt und mir zur Begrüßung die Hand reicht. »Ich bin Bill und Sie sind vermutlich Liam Foster. Ich hab schon viel von Ihnen gehört.«»Nichts Gutes, wie ich vermute«, scherze ich. Ich kenne ihn nur vom Hörensagen und Bill gilt als äußerst kompetent und fehlerfrei. Wir kennen uns untereinander kaum, denn wir haben keine eigenen Events, auf denen wir uns über den Weg laufen könnten und wir trinken auf Jazzkonzerten oder Charity-Veranstaltungen, zu denen wir unsere Kunden begleiten, kein Gläschen Champager miteinander. Man kennt so manche Namen, aber meistens kein Gesicht dazu, denn es ist unsere größte Kunst, unsichtbar zu sein. »Schön, dass Sie den Job angenommen haben. Jefferson meinte, Sie wären der Beste, den er momentan anzubieten hat. Und ich vertraue Jefferson, denn er hat ein Auge für gute Kerle!« Ich nicke. »Der neue Job kam mir gerade recht.«»Also gut, ich erkläre Ihnen alles.« In aller Ruhe gehen wir die Sicherheitsvorkehrungen durch und spazieren über das Gelände. Bei unserem Rundgang stellt er mir Morris und Toni vor, die sich um die Security auf dem Grundstück kümmern. Auf den ersten Blick sympathische Kerle, aber trotzdem werden wir wohl nie zusammen auf ein Bier gehen. Offiziell werde ich die Bitch beschützen, inoffiziell ihr den größtmöglichen Schaden zufügen, und ich spreche hier nicht von einem finanziellen, sondern einem physischen und psychischen Kollateralschaden, denn etwas Harmloses hat sie nicht verdient. Wir gehen weiter und spazieren über das vordere Gelände. Wie schon vom Wohnzimmer aus bemerkt, gibt es einen großen Pool, eine kleine Parkanlage und ein Poolhaus. »Bislang habe ich manchmal im Poolhaus geschlafen. Hin und wieder übernachten auch Morris und Toni da, je nachdem, welche Dienste sie haben. Aber es ist groß und hell, bietet genügend Platz und Sie werden es mögen.« Ich schaue ihn verdutzt an. »Man hat Ihnen gesagt, dass Sie hier wohnen werden, oder?«»Nein, hat man nicht.« »Ist das ein Problem für Sie?«»Mmh ...«, ich überlege eine Weile, ehe ich, »geht in Ordnung«, antworte. Ich besitze ohnehin nicht viel Kram und kann in wenigen Minuten umziehen. Mein Appartement in Venice ist zwar cool und ich habe den größten Pool der Welt – das Meer – in dem ich jeden Tag schwimmen gehe, aber das Poolhaus scheint mir auch ganz komfortabel zu sein. Außerdem hänge ich nur an meiner Lederjacke, meinem Mustang und meinem Bike, von daher kann ich binnen weniger Minuten abhauen oder eben auch umziehen. »Besuche sind allerdings nicht gestattet. Wenn Sie eine Freundin haben, oder eine Frau, dann müssen Sie sich außerhalb treffen.«Ich schüttle den Kopf. No wife, happy life. »Keine Sorge, habe ich nicht.«»Gut, dann mache ich Sie noch mit unserem Securitysystem vertraut und zeige Ihnen die Räumlichkeiten im Haus.«
ALESSA
Der Schweiß rinnt in verklebten Fäden über meine Stirn, die Schläfen und den Hals entlang, Richtung Brustbein. Mein helles T-Shirt hat sich bereits nach wenigen Minuten auf dem Spinning-Bike mit meiner Haut verschmolzen und ist beinahe durchsichtig geworden. Ein letztes Mal noch ... »Gott! So ein Dreck!«, keuche ich und schwinge den Kettlebell noch einmal in die Luft, ehe ich ihn auf den Boden donnere und zusammensacke. Meine Verfassung ist fürchterlich, ich habe in etwa die Kraft und Ausdauer einer 80-jährigen Dame. Wenn sie das bleibt, kann ich meine Aufträge vergessen und Handmodel werden. Meine Birne fühlt sich matschig an. Vielleicht hätte ich gestern den letzten Cuba Libre nicht mehr trinken sollen. Auf allen vieren bewege ich mich auf dem Boden entlang und kämpfe mich zur Dusche vor.
Nachdem ich mich frisch gemacht habe, ziehe ich mir ein luftiges weißes Kleid an und gehe mit nassen Haaren nach oben. Der neue Bodyguard müsste bereits da sein. Als ich das Wohnzimmer betrete, sehe ich Bill, Selma und einen Unbekannten miteinander diskutieren. Der Unbekannte ist vermutlich mein neuer Leibwächter und steht mit dem Rücken zu mir gewandt. Er sieht kräftig und durchtrainiert aus, aber in keinster Weise kastenartig, so wie Bill – er ist auf eine elegante Weise muskulös, was ich sehr attraktiv finde. Der Typ hat dunkles kurzes Haar, trägt eine schwarze Stoffhose und ein hellgraues, eng anliegendes Shirt, auf dem sich seine Muskelblöcke abzeichnen. Himmel! Ziemlich heiß von hinten! In der rechten Hand hält er ein Jackett. Mein Blick bleibt bei seinen schwarzen Boots hängen, die ein absoluter Stilbruch in diesem Kleidungsensemble darstellen, aber auf eine Eigenart zu ihm passen, was vermutlich ein unbewusster gekonnter Modeschachzug von ihm ist. Verdammt sexy. Würde mir der Typ in einem Club über den Weg laufen, seine Rückenansicht würde reichen, dass alle Männer um ihn herum zu einer blassen Masse verschwimmen. Meine Aufmerksamkeit gleitet hin zu seinem rechten Oberarm, der von einem Tattoo umschlungen wird. Geschwungene Linien und Zacken wechseln einander ab und es erweckt den Anschein, als würden die Linien und Zacken miteinander kämpfen.»Alessa, da bist du ja!«, stößt Selma aus. »Du warst zwei Stunden weg. Hast du so lange trainiert? Komm zu uns, dann stellen wir dir deinen neuen Bodyguard vor.« Ich bewege mich auf die drei zu und halte meinen Blick weiterhin auf den Unbekannten gerichtet, der sich nun ruckartig zu mir umdreht. »Das ist Mr. Foster. Liam Foster.« Azurblaue Augen fixieren mich, volle Lippen, eine ausgeprägte Kinnpartie, Bartstoppeln und kantige Gesichtszüge erregen mein Inneres. Ein kräftiger Nacken, breite Schultern und sichtbare Adern stechen mir ins Auge. Einige Schrammen im Gesicht und auf den Oberarmen lassen mich ehrfürchtig zusammenzucken. Ich erkenne sofort, dass er eine Mischung aus Bedrohung und Anziehung ist, eine Mischung aus Leichtfertigkeit und Starrsinn, ein Mann, in dessen Armen man liegen möchte, man aber weiß, dass es daraus kein Entkommen mehr geben wird. Himmel! Können Anziehung und Abschreckung so nahe beieinanderliegen? Ich bleibe wie angewurzelt stehen.»Alessa, alles klar bei dir?«, fragt mich Bill.Ob ihm die Schrammen und Blessuren schmerzen? Seit dem Unfall damals kann ich keine Verletzungen mehr sehen. Blut macht mich nervös und viel Blut schnürt mir den Atem ab. »Alles gut, ich habe nur zu lange trainiert«, winke ich ab und gehe auf den Unbekannten zu. Mit wackeligen Beinen bleibe ich vor ihm stehen. Mir ist tatsächlich unwohl. Ungewollt schwanke ich zu ihm auf die Seite. Seine Reaktion ist schnell und er hält mich fest. »Hoppla, geht es Ihnen gut?«»Ja danke, alles in Ordnung.«Sein besorgter Blick schlägt um in etwas Undefinierbares, beinahe Scharfes, dann richtet er sich auf, sodass er plötzlich machomäßig und anmaßend vor mir steht. »Ich bin Liam Foster!« Er reicht mir die Hand. »Alessa, wie Sie bereits wissen werden«, sage ich, denn auch ich bin verdammt gut darin, überheblich zu sein und Worte arrogant zu betonen. Kurz schüttle ich seine Rechte, ehe ich sie wieder loslasse und geschmeidig an ihm vorbeigehe, beinahe mit meiner Schulter an seiner Brust streife und mich auf die Couch setze. Dabei nehme ich seinen Geruch wahr. Eine herbe Mischung aus Männlichkeit, Dominanz und Selbstbewusstsein. Himmel! Ich liebe diesen Geruch ... Und erst meine Fantasien dazu!»Alexein – Ihr Namensursprung – bedeutet abwehren, beschützen. Alessa ist eigentlich die Beschützerin der Männer. Wussten Sie das?«Ich lache auf, denn auf diese Weise hat noch nie jemand ein Gespräch mit mir begonnen. »Ich werde Sie wohl nie beschützen. Dafür sind Sie doch da. Es ist Ihr Job, auf mich Acht zu geben!« Er hebt eine Augenbraue und sieht mich argwöhnisch an. »Das habe ich damit nicht gemeint. Ich würde mein Schicksal auch nicht in Ihre Hände legen.« Seine Überheblichkeit trifft mich und umschlingt mich einen kurzen Moment, sodass ich sprachlos bin. Ich fasse mich wieder, stehe auf und marschiere an ihm vorbei. »Machen Sie einfach Ihren Job und quasseln Sie dabei besser nicht, sonst sind Sie ihn morgen wieder los!«Bill und Selma schauen erst mich, dann ihn überrascht an. Was denkt sich der Idiot eigentlich? Kommt mit seinen dunkelblauen Augen in mein Haus spaziert, verströmt diesen atemlosmachend betörenden Geruch und vernebelt mir meine Sinne. Beschützerin der Männer. So ein Blödsinn! Ich hasse diesen arroganten Kerl jetzt schon!Missmutig verlasse ich das Wohnzimmer, schnappe mir den Autoschlüssel für den Porsche, gehe hastigen Schrittes in die Garage, sperre den Wagen auf und setze mich hinein. Keine zehn Sekunden später fahre ich mit quietschenden Reifen und einem viel zu hohen Tempo die Ausfahrt hinaus. Ich habe Glück, dass das Tor noch rechtzeitig aufschwingt, denn sonst hätte ich das teure Stück im Gitter versenkt.
LIAM
Nun ist die Bitch doch tatsächlich davongefahren! Bin ich ihr Babysitter oder was? Kommt da in ihrem kurzen Kleidchen ins Wohnzimmer spaziert, glaubt, ihr gehöre die Welt und droht mir, Liam Foster, ich solle mich benehmen, sonst bin ich meinen Job los. Wer sich hier zusammenreißen muss! Hat wohl keine Ahnung, dass meine Hände schon Knochen gebrochen haben. So eine Bitch! Sie wird gute Manieren noch lernen! Unverständlich, dass Bill und Selma das lustig fanden. »Typisch Alessa ... Sie sollten ihr besser nachfahren, wer weiß, was sie für einen Blödsinn macht.«Pah! Nun verstehe ich auch, dass sie dem Mädchen einen Peilsender verpasst haben. Ein einziger Kindergarten ist das hier. Ich könnte sie gleich bestrafen und nicht erst einen auf Beschützer machen.