The Japanese H-Manga Academy (of Rumoi) - Tuja Tiira - E-Book

The Japanese H-Manga Academy (of Rumoi) E-Book

Tuja Tiira

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Beschreibung

The H-Manga Academy (of Rumoi) ist eine Light Novel, die stilistisch mit Haiku spielt. Eine Gruppe junger Nachwuchsmangaka in einer abgelegenen Akademie in Rumoi (Subpräfektur auf Hokkaido in Japan) entwirft Haiku für Haiku-Manga und diskutiert sie. Die Themen reichen dabei von der Kritik des japanischen Imperialismus/Kolonialismus über Liebe, Lust und Fische bis hin zur verfallenden Infrastruktur in Rumoi und Sexismus in Doujinshi.

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Tuja

The Japanese H-Manga Academy

(of Rumoi)

Eine Light Novel

(ラ イ ト ノ ベ ル raito noberu)

The Japanese H-Manga Academy

(of Rumoi)

Tuja

HerausgeberInnengemeinschaft Irrliche

http://www.irrliche.org

Hannover, 2019

Anarchistische Literatur, Lyrik, Texte und Theaterstücke

für das 21. Jahrhundert

The Japanese H-Manga Academy

(of Rumoi)

Tuja Tiira

HerausgeberInnengemeinschaft Irrliche

http://www.irrliche.org

Hannover, 2019

Der Text steht unter der Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Rückfragen: - [email protected] -

Soweit es sich nicht um historische Begebenheiten und Personen desöffentlichen Lebenshandelt, sind alle Charaktere und Handlungen des Textes rein fiktional.

Bildrechte

Die Bildvorlage für das Titelbild wurde dem Commons Bereich

von Pexels entnommen und bearbeitet.

- Frau sitzend in einem Gang- Pexels 1420240 - free to use - Pham Nam

.

Die Bildvorlagen für den Innenteil wurden Wikimedia Commons

entnommen und bearbeitet.

Seite 13 - Roadside, Tomamae, Rumoi - CC BYSA  3.0 - Yobito Kayanuma

Telefonat 1

Noch war die Nacht nicht wirklich vorbei. Nichtsdestotrotz sangen draußen im Dunst des Morgens bereits die ersten Vögel.

"Hallo?"

Das Klingeln des Telefons hatte mich mitten aus dem Schlaf gerissen. Zu mehr als diesem "Hallo" war ich nicht in der Lage und das Telefon zeigte keine Nummer an.

"Yukiko? Bist du das?"

Die Stimme, die das sagte, kam mir bekannt vor. Außerdem hatte die Stimme mich bei meinem Namen genannt: Yukiko, Yukiko Müller, der Vorname war auf meine Mutter zurückzuführen, die aus Japan nach Deutschland eingewandert war. Ihren Grund dafür verstand ich bis heute nicht wirklich. Der Zeiger des Weckers stand auf 5:32 Uhr. Ich versuchte, meine Müdigkeit zu überwinden.

"Wer ist da?"

"Ich bin es, schläfst du noch? Ich habe ein Angebot für dich."

Nun erkannte ich die Stimme. Es war mein Arbeitgeber, Inhaber eines kleinen deutschen Manga-Verlages, für den ich ab und zu Sekretariatsarbeiten verrichtete, dabei hatte ich mich eigentlich als Zeichnerin beworben.

"Was für ein Angebot?"

Vermutlich sollte ich nur einen Manga für ihn vom Japanischen ins Deutsche übersetzen. Ein Gähnen ließ mich zittern, zum Glück war dies kein Bildtelefon. Für mich war es einfach zu früh am Morgen.

"Eine Ausbildungsmöglichkeit als Mangaka in Japan. Einen Platz an der Japanese H-Manga Academy, du müsstest ihn nur sofort antreten. Der Verlag übernimmt die Reisekosten und die Gebühren für den Ausbildungskurs über ein Jahr. Unterbringung im Studentinnenwohnheim und ein hochwertiges abwechslungsreiches Essen am Tag sind inklusive."

"Wie, wieso? Was hat der Verlag davon?"

Irgendwo musste dieses Angebot einen Haken haben. Mein Arbeitgeber bot mir das auf keinen Fall ohne Hintergedanken an.

"Du musst dich nur dazu verpflichten, zu versuchen, die jungen Nachwuchs-Mangaka aus Japan, die du kennenlernst, für unseren Verlag zu gewinnen."

"Und wenn sie nicht wollen?"

"Du musst sie halt überzeugen."

Das alles klang immer noch zu gut, um wahr zu sein.

"Ich überlege mir das."

"Ich brauche bis 6:30 Uhr eine Entscheidung von dir. Schick mir einfach eine SMS. Ich muss dich bis 7:00 Uhr bei der Akademie anmelden, das Semester beginnt in drei Tagen. Flüge habe ich schon heraus-gesucht. Mit der Anmeldung ist der Aufenthaltsstatus geklärt. Oh, entschuldige bitte, ich muss das Gespräch beenden, hier kommt gerade ein anderer Anruf."

"Augenblick, ich ..."

Er hatte aufgelegt. Bei meinem Versuch, ihn zurück-zurufen, gelangte ich nur zur Mailbox.

Kapitel 1

Vom Meer klang das Kreischen der Vögel herüber und die Luft roch nach Seetang. Der Wind strich kühl über meine Haut.

"Rumoi Stadt." Die Stimme der Ansage im Zug klang noch in meinem Kopf nach.

Ich hatte viermal das Flugzeug wechseln müssen bis ich in Sapporo auf Hokkaido ankam. In Toronto hatte ich 13 Stunden Zwischenaufenthalt gehabt, den Wartebereich des Flughafens aber nicht verlassen dürfen. Die Verbindung hatte mein Arbeitgeber gebucht. Und dann hatte ich in Sapporo kaum Zeit gehabt und auf dem Bahnhof Probleme, den Anschlusszug nach Rumoi zu finden. Dennoch fühlte ich mich leicht und war in Hochstimmung. 'The Japanese H-Manga Academy (of Rumoi)'erwartete mich. Mit 20 Jahren war dies meine Chance, eine professionelle Mangaka zu werden. Und nun war ich in Rumoi Stadt, dem Hauptort der Subpräfektur Rumoi. Von hier aus musste ich nur noch eineinhalb Stunden mit dem Bus fahren, dann würde ich mein Ziel erreichen.

Erst nachdem ich zugesagt hatte, war mir in den Sinn gekommen, dass das H in H-Manga Akademie nur für Hentai stehen konnte, also für sexuell explizite Manga1. Doch auch dies hatte nur kurz meine Stimmung getrübt. Und wenn schon? Aktzeichnen galt in der Kunst schließlich als wichtige Grundlage für alles andere. Und bei den Manga, die mein Arbeitgeber publizierte, war dies kaum anders zu erwarten gewesen. Da meine Mutter aus Japan kam und ich als Kind einige Jahre hier verbracht hatte, obwohl ich mich kaum daran erinnerte, waren meine Sprachkenntnisse zum Glück gut.

Am Bahnhof nutzte ich zum ersten mal einen der typischen japanischen mit Dosen bestückten Automaten, das hatte ich immer schon gewollt. Bisher kannte ich sie nur aus der Manga-Lektüre. Die lauwarme Dosensuppe schmeckte vor allem salzig, doch auch dies konnte meine Stimmung nicht trüben und die frische Brise vom Meer ließ meine Müdigkeit für den Augenblick verfliegen.

Wo fährt wohl mein Bus ab? Bei der Übersetzung ins Japanische sprach ich meinen Gedanken aus Versehen laut aus.

"Wo fährt wohl mein Bus ab?"

"Wohin willst du?"

Die Frau dicht hinter mir bemerkte ich erst jetzt. Eine Japanerin, sie war in meinem Alter, vielleicht etwas jünger. Ihr schwarzes Haar war leicht verwuschelt, was ihr aber egal zu sein schien. Sie trug eine Art Trainingsanzug und war ein bisschen kleiner als ich.Einen Augenblick war ich überrascht, im Manga wäre diese Frage sicher sehr viel eleganter und höflich distanzierter formuliert worden. Doch mein Gegenüber schien sich nichts dabei zu denken. Nichts an ihr wirkte ungewöhnlich. Sie wirkte nur etwas übermüdet.

"Ich habe einen Studienplatz an der Japanischen H-Manga Akademie."

Kaum hatte ich dies ausgesprochen, da biss ich mir auf die Lippen. Das 'H' war mir auf einmal peinlich. Doch mein Gegenüber schien das gar nicht zu kümmern.

"Ach wirklich, dann sehen wir uns ja noch." Einige Sekunden betrachtete sie mich neugierig, dann sprach sie weiter. "Ich nehme denselben Bus. Ich muss nur eine Station später aussteigen, da ich in der Stadt wohne. Ich kann dir aber Bescheid sagen, wo du aussteigen musst. Der Bus fährt dort drüben ab. Wo kommst du her?"

"Aus Deutschland, aus der ostdeutschen Provinz, um genauer zu sein. Meine Mutter kommt aus Tokio, aber sie sagt immer, dort war es ihr zu spießig. Wie sie dann in der ostdeutschen Provinz landen konnte, ist mir allerdings bis heute ein Rätsel."

Meine Mutter hatte nur "Ah" gesagt, als ich ihr mitgeteilt hatte, dass ich nach Rumoi zum Studieren gehen würde.

"Vor kurzem lief hier eine Dokumentation über Ostdeutschland im Fernsehen. Das muss schwer für dich gewesen sein, da zu leben."

"Wie kommst du darauf?"

"Entschuldige, wenn ich zu weit gegangen bin."

"Nein. Ich glaube nur, ..."

"Ich wollte nicht kulturunsensibel sein, aber dann ist es für dich sicher auch nicht einfach, dich hier in Japan zu akklimatisieren, mit den vielen Menschen überall."

Inzwischen saßen wir im Bus. Sie hatte sich neben mich gesetzt. Aus dem Fenster waren Teile der Stadt Rumoi zu erkennen, die mit etwas mehr als 20.000 EinwohnerInnen die größte Stadt der Subpräfektur Rumoi war, einem dünn besiedelten Gebiet auf Hokkaido, der nördlichsten Insel Japans. Unweit war eine einspurige Eisenbahnanbindung zu sehen, die aber aussah, als wäre sie stillgelegt worden.

"Ich glaube, du hast falsche Vorstellungen über Deutschland."

"Ich wollte wirklich nicht deine Heimat schlecht machen."

Ich kam nicht dazu, noch etwas zu erwidern, da meine Nachbarin kurz darauf einschlief. Ihre Schulter berührte mich leicht. Und dabei hatte ich gelernt, das Japanerinnen körperscheu sind. Ich versuchte, sie nicht zu wecken. Der Bus fuhr inzwischen, am Fenster zogen Äcker, Weiden und bewaldete Hänge vorbei, ab und zu überquerten wir eine Brücke oder fuhren durch einen Tunnel. Auf einmal hörte ich neben mir eine Stimme:

"Schwarzer Räder

Schweiß auf rohem Asphalt,

des Todes Spur."

Meine Nachbarin war aufgewacht. Ihr Blick wirkte, als würde sie eine Reaktion erwarten, doch da von mir keine Erwiderung kam, streckte sie mir ihre Hand entgegen.

"Ich heiße Itsuko Yasumi."

"Yukiko Müller."

"Müller?"

Sie ließ die Laute über ihre Zunge rollen.

"Das klingt ungewöhnlich."

Wieder ließ sie mir nicht die Zeit für eine Antwort, bevor sie fortfuhr.

"Ich versuche, surrealistische Haiku zu dichten. Wie fandest du die Zeilen?"

"Oh,..."Ich erinnerte mich an das, was ich über Haiku gelesen hatte: Haiku sind eine japanische Kurzgedichtform, die traditionell aus 3 Zeilen zu 5 / 7 / 5 Lauteinheiten besteht, die sich nicht reimen und die den Buchstaben des Hiragana-Alphabets entsprechen. Haiku nutzen in ihrer traditionellen Form bestimmte Begriffe mit Jahreszeitenbezug, beschränken sich auf bestimmte Themengebiete, vor allem Natur, und fassen diese konkret, teils mit symbolischen Bezügen zur Religion oder zu Emotionen, überlassen aber gleichzeitig die Vervollständigung des Sinns den Lesenden.

Da Silben teils aus mehreren Lauteinheitenbestehen, wird im Deutschen für Haiku teils ein Schema aus 3 Zeilen zu 4 / 6 / 4 Silben zu Grunde gelegt. Manchmal wird aber auch ein 5 / 7 / 5 Silbenschema verwendet.

Das Haiku von Itsuko war zumindest ungewöhnlich und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Zum Glück wartete sie meine Antwort jedoch auch nicht ab, bevor sie weiter sprach.

"Hast du etwas gegen moderne Haiku? Meinst du, die traditionelle Form muss gewahrt werden?"

"Ich weiß nicht."

Ihr Blick wirkte auf einmal unsicher.

"Du kommst aus Ostdeutschland. Bist du Faschistin?"

"Nein."

Sie atmete auf.

"Im japanischen Faschismus wurden in den 1940er Jahren Haiku-Dichter der Schule moderner Haiku verhaftet und teils bis zum Tod gefoltert, weil sie von der traditionellen Form abgewichen sind. Sie haben zum Beispiel auf jahreszeitliche Begriffe verzichtet und individuelle Gefühle thematisiert.2 Hana hat dazu ein Haiku geschrieben:

1940

Februareis,

die Tokkô weist Dichtern

den Weg zurück.

Die Tokkô, die tokubetsu kôtô keisatsu, das japanische Gegenstück zur GeStaPo, begann am 14. Februar 1940 mit der Verhaftung von Haiku-Dichtern der Neuen Haiku-Bewegung, der shinkô haiku undô, und zwang sie unter Folter zur Selbstkritik und zum Schreiben traditioneller Haiku. Unterstützt wurde die Tokkô dabei von Takahama Kyoshi, dem zu der Zeit wichtigsten Dichter traditioneller Haiku. Hana hat in diesem Haiku deshalb einen jahreszeitlichen Terminus aufgenommen und ein Naturthema gewählt."

"Ah, ..." Wer war Hana?

"Willst du einen Apfel?"

"Danke."

Beide wussten wir einen Augenblick lang nicht, was wir sagen sollten. Dank der Äpfel konnten wir unauffällig schweigen. Draußen hatte sich die Landschaft kaum verändert, nur ab und zu kamen wir durch kleinere Ortschaften und immer wieder war das Meer zu sehen. Itsuko schlief wieder ein. Auch ich lehnte den Kopf an und schloss die Augen.

Ein Zupfen an meiner Kleidung ließ mich hoch-schrecken. Itsuko beugte sich zu mir herüber.

"Gewürm kriecht mir

aus den Augen, der Schlaf

zieht mich hinab."

Ich schüttelte mich, um wach zu werden.

"Ist das auch ein surrealistischesHaiku?"

Sie schaute mich unsicher an.

"Natürlich, aber ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen. Falls du so etwas noch nie gelesen hast, kann ich dir einen Band mit surrealistischen Gedichten leihen. In Ostdeutschland ist das vielleicht nicht so bekannt."

Ich wollte gerade versuchen, Itsukos Blick auf Ostdeutschland zu korrigieren, als sie auf einmal aufblickte.

"Du musst raus, das ist deine Haltestelle. Ich fahre noch eine Station weiter. Bis bald."Sie drängte mich zur Tür.

Gleich darauf stand ich draußen. Ich kam nur noch dazu, ihr ein kurzes "Danke!" zuzurufen, dann setzte sich der Bus wieder in Bewegung.

Itsuko winkte noch.

"Wir sehen uns."

Wieso war sie sich so sicher, dass wir uns wiedersehen würden? Wir hatten nicht einmal Telefonnummern ausgetauscht. Bald war der Bus in einem Tunnel verschwunden. Ich sah mich um, ich stand im Nirgendwo. Weit und breit war kein Gebäude zu sehen, kein Auto, kein Mensch, nur Wald und Buschwerk. Und mein Smartphone hat keinen Empfang.

Aber der Busfahrer hatte die Haltestelle sogar angesagt: "The Japanese H-Manga Academy. Bitte Vorsicht beim Ausstieg."

Itsuko hatte mir zum Abschied noch einen Apfel in die Hand gedrückt. Den Apfel in der einen, denTrolley mit meinem Reisegepäck mit der anderen Hand fest-haltend, stand ich am Straßenrand und starrte auf die Bäume.

Kapitel 2

Ein kühler Windhauch strich über die Straße. Leichter Nebel bildete sich über über dem Gras am Waldrand. Die sinkende Sonne stand dicht über den Wipfeln der Bäume.

Es dauerte eine Weile, bis ich eine matschige Stelle, die zwischen zwei Bäumen hindurchführte, als Pfad erkannte. Sonst war nichts zu sehen. Dies war der einzige Weg, also entschied ich mich, ihn auszuprobieren. Nach wenigen Metern waren meine Turnschuhe durchnässt. Zum Glück hatte ich mich für die Fahrt für praktische Kleidung entschieden, Hosen und Pullover. Der Wald wurde immer dichter, die Straße war durch den Nebel zwischen den Bäumen bald nicht mehr zu sehen.

"Das Herz, begraben

unter dunklen Tannen,

schreit vor Schmerzen."

Eine fast monotone Frauenstimme, als käme sie aus den Abgründen der Zeit selbst. Irgendetwas berührte meine Schulter. Hinter mir stand eine Frau mit mittellangen schwarzen Haaren, etwa so groß wie ich und dunkel gekleidet, ein schwarzer Trenchcoat über den dunklen Hosen, schwarze, feste Schuhe, nur die Bluse war weiß. Sie schien wie ich Anfang 20 zu sein.

"Hallo, ich bin Kita Nishizawa, du musst Yukiko Müller sein - die Neue."

"Hallo."

Mehr brachte meine Kehle nicht hervor. Nishizawa schaute mich an, als wäre ich ein interessantes biologisches Fundstück, das sie gerade im Wald entdeckt hatte.

"Ich soll dir den Weg zeigen."

Immer tiefer ging es in den Wald hinein, der Pfad war nun kaum noch zu erkennen.

"Kein Sehnen mehr,

am Ende des Weges

nur ein Abgrund."

Nishizawa trug auch dieses Haiku vollständig ausdruckslos vor, dann schwieg sie. Die Stille wurde im Dunkel des Waldes immer drückender. Ich räusperte mich.

"Du bist schon die Zweite, die ich heute getroffen habe, die Haiku zitiert. Ist das hier üblich?"

"Das war kein Zitat. Und auch du bist doch deshalb hier."

"Was meinst du damit?"

"Die H-Manga Akademie, du hast dich doch eingeschrieben, die Haiku-MangaAkademie." Als sie meine Überraschung bemerkte, unterbrach sie sich kurz. Ihr Blick wurde kalt, er schien unter meine Kleidung zu dringen. "Oder was dachtest du, wofür das H in H-Manga Akademie steht?"

"Ich, ich dachte .... mein Verleger hat die Akademie ausgesucht."

Sie zuckte nur mit den Schultern.

"Wir sind da."

Auf einer Lichtung, die halb zugewachsen war, stand ein verfallenes großes Gebäude mit Anbauten. Nishizawa deutete auf einen Anbau an der Vorderseite des Gebäudes.

"Der Unterricht findet im Anbau links statt, dort, wo die Fenster ersetzt wurden. Das Wohnheim ist in einem Anbau hinter dem Gebäude."

Tatsächlich schienen bei genauerem Hinsehen einige Teile des Anbaus ausgebessert worden zu sein. Hinter dem Gebäude im Wald am Fuß des Hügels nahm ich noch weitere von Gestrüpp überwucherte Bauten wahr.

"Aber das ist eine Ruine."

"Die Akademie ist ein durch Strukturmittel der japanischen Zentralregierung gefördertes Projekt zur Wiederbelebung der Wirtschaft in Rumoi. 'The Japanese H-Manga Academy (of Rumoi)' ist die Ausbildungsstätte in Japan mit dem größten Ausbauvolumen, das heißt dem größten ausbaufähigen Volumen. Der gesamte Komplex umfasst hier mehr als 20.000 Quadratmeter Fläche. Die Studierenden kommen aus Europa und unterschiedlichen Regionen Japans, inklusive Tokio. Das steht alles auf der Webseite."

"Wie viele Studierende hat die Akademie?

"Sieben."

"Und wie viele kommen aus Europa?"

"Du, und dann haben wir noch einen Studenten, der aus Tokio kommt."

"Wie viele Lehrende gibt es?"

"Eine, das ganze Projekt wurde von der Regionalregierung nur durchgeführt, um die Strukturmittel zu bekommen."

"Wieso studierst du hier?"

"Ich habe ein Stipendium bekommen. Außer dir und Akiko Miyamoto haben alle ein Stipendium. Und für Aki spielt Geld glaube ich, keine große Rolle. Aber komm jetzt, ich zeige dir dein Zimmer."

Im Schatten an einem Holztisch vor dem Gebäude saß auf einer Bank eine Frau um die 40. Ihr Kopf war auf den Tisch gesunken, ihre kastanienbraunen Haare waren in Unordnung, einen Augenblick fragte ich mich, ob die Haare gefärbt waren, konnte das aber nicht erkennen. Ihr streng geschnittenes Kleid wirkte leicht derangiert. Vor der Frau stand eine noch etwa zu einem Viertel volle Flasche Sake, hochprozentiger Alkohol,3 und ein Glas. Nishizawa sah meinen fragenden Blick.

"Das ist unsere Lehrerin Fumiko Furuhashi. Lass sie einfach dort sitzen. Sie wird erst morgen wieder ansprechbar sein. Sie ist als Zeichnerin technisch wirklich gut, hat aber nie wirklich den Durchbruch als Mangaka4 geschafft."

Der Anbau aus Holz hinter dem Haus wirkte im Abendlicht fast wie aus einer romantischen Novelle. Die Fenster spiegelten das Licht der untergehenden Sonne, die Wände wurden von Grün überwuchert. Doch gerade hatte ich ein wichtigeres Problem.

"Entschuldigung, wo sind die Toiletten?"

"Das Plump