The One - Finde dein perfektes Match - John Marrs - E-Book
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The One - Finde dein perfektes Match E-Book

John Marrs

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Beschreibung

In der nahen Zukunft ist der Traum von der großen Liebe Wirklichkeit geworden. Dank der revolutionären Entschlüsselung eines bislang verborgenen genetischen Codes können die Menschen durch einen simplen Gentest ihren perfekten Partner finden. Das beschert der Welt Millionen glücklicher Paare und dem Online-Portal MatchyourDNA Milliarden auf dem Konto. Moment mal, Millionen glücklicher Paare? Nicht so ganz, denn auch Seelenverwandte haben Geheimnisse voreinander – und manche davon sind tödlicher als andere …

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Das Buch

Der Traum von der einzig wahren Liebe ist endlich Wirklichkeit geworden. Dank der revolutionären Entschlüsselung eines bis dahin verborgenen genetischen Codes können die Menschen durch einen einfachen Test den perfekten Partner finden. Aussehen, Alter, Geschlecht und sexuelle Orientierung spielen mit einem Mal keine Rolle mehr, denn Match Your DNA sorgt dafür, dass jeder mit seinem Seelenverwandten – seinem Match – zusammensein kann. Die Zeiten von grauenhaften Dates, von Zweifeln in der Beziehung, von Streit und Untreue sind endgültig vorbei. Gematchte Paare haben die besseren Jobs, verdienen mehr Geld und genießen ein höheres soziales Ansehen als solche, die sich auf anderem Wege kennengelernt haben. Natürlich sind sie auch glücklicher, schließlich haben sie den Menschen gefunden, der wie für sie geschaffen ist.

Mandy, Christopher, Jade, Ellie und Nick sehnen sich ebenfalls danach, ihren Traumpartner zu treffen. Sie alle haben sich auf das Abenteuer Match Your DNA eingelassen, und sie alle können ihr Glück kaum fassen, als sie endlich die großen Liebe erleben dürfen. Noch ahnen die fünf nicht, dass das Schicksal die ein oder andere böse Überraschung für sie bereithält – denn auch Seelenverwandte können Geheimnisse voreinander haben. Dunkle Geheimnisse. Tödliche Geheimnisse …

Der Autor

John Marrs arbeitete über zwanzig Jahre als freischaffender Journalist für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, unter anderem für Guardian online, The Independent und den Daily Star. Mit seinem Roman The One gelang ihm in England der Durchbruch, eine Verfilmung durch Netflix ist bereits in Vorbereitung. Der Autor lebt und arbeitet in London.

Mehr über John Marrs und seinen Roman erfahren Sie auf

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JOHN MARRS

THE ONE

Finde dein perfektes Match

Roman

Aus dem Englischen übersetztvon Felix Mayer

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Titel der Originalausgabe

THE ONE

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Deutsche Erstausgabe 11/2019

Redaktion: Joern Rauser

Copyright © 2016 by John Marrs

Copyright © 2019 der deutschsprachigen Ausgabeund der Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH ,Neumarkter Straße 28, 81673 München

Covergestaltung: DAS ILLUSTRAT, München,unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com (andrey_l, Pattern image)

Satz: Schaber Datentechnik, Austria

ISBN 978-3-641-25155-0V002

www.diezukunft.de

»Zu lieben oder geliebt zu haben, ist genug.Verlangt nicht mehr. In den dunklen Falten desLebens verbirgt sich keine andere Perle.«

Victor Hugo, Die Elenden

1

MANDY

Gebannt starrte Mandy auf den Bildschirm.

Der junge Mann auf dem Foto hatte kurzes, hellbraunes Haar und stand breitbeinig an irgendeinem Strand. Die obere Hälfte seines Neoprenanzugs hatte er bis zur Hüfte hinuntergezogen. Er hatte hellblaue Augen, und sein Lächeln zeigte zwei Reihen makelloser weißer Zähne. Mandy konnte das Salzwasser förmlich schmecken, das von seiner Brust auf das Surfbrett zu seinen Füßen tropfte.

»O mein Gott«, flüsterte sie. Ohne es zu bemerken, hatte sie den Atem angehalten. In ihren Fingerspitzen kribbelte es, und sie spürte, dass sie rot wurde. Wenn sie schon so auf ein Foto reagierte – was würde dann erst in ihrem Körper passieren, wenn er leibhaftig vor ihr stand?

Der Kaffee in dem Styroporbecher war kalt, aber sie trank ihn trotzdem aus. Dann machte sie einen Screenshot von dem Foto und speicherte ihn in dem Ordner »Richard Taylor«, den sie gerade auf ihrem Desktop angelegt hatte. Sie sah sich um, ob eine ihrer Kolleginnen mitbekam, was sie da im Stillen trieb. Aber niemand beachtete sie.

Sie scrollte nach unten und sah sich die anderen Fotos in Richards Facebook-Album an, das den Titel »Rund um die Welt« trug. Er reiste viel und war schon an Orten gewesen, die Mandy nur aus Filmen oder dem Fernsehen kannte. Jede Menge Bilder zeigten ihn in Bars, auf Wanderwegen oder vor Tempeln. Er posierte vor berühmten Gebäuden, an paradiesischen Stränden oder mit einem aufgewühlten Ozean im Hintergrund. Meist befand er sich dabei in einer Gruppe. Mandy gefiel die Vorstellung, dass er gern unter Leuten war.

Neugierig verfolgte sie seine Timeline, seine ersten Schritte in den sozialen Medien während der Oberstufe sowie in den drei Jahren, die er an der Universität verbracht hatte. Selbst den unbeholfenen Teenager von damals fand sie attraktiv.

Als sie sich nach anderthalb Stunden fast die gesamte Geschichte des schönen Fremden angesehen hatte, ging sie auf seinen Twitter-Account, um zu lesen, was er der Welt mitzuteilen hatte. Aber dort ereiferte er sich nur über Erfolg und Misserfolg von Arsenal London in der Premier League oder teilte hin und wieder Filmchen von Tieren, die irgendwo dagegen rannten oder von irgendetwas herunterfielen.

Ihre Interessen schienen sogar ziemlich unterschiedlich zu sein, und Mandy fragte sich allmählich, warum ausgerechnet sie beide Matches sein sollten und was sie wohl gemeinsam hatten. Aber dann fiel ihr wieder ein, dass diese Fragen, die sie sich früher gestellt hatte, als sie noch Online-Partnerbörsen oder Dating-Apps benutzt hatte, jetzt belanglos waren. Match Your DNA basierte auf wissenschaftlichen Daten, auf biologischen und chemischen Fakten. Zwar verstand sie nicht das Geringste davon, aber wie Millionen anderer Menschen auch vertraute sie dem Verfahren voll und ganz.

Auf Richards LinkedIn-Profil erfuhr sie, dass er seit seinem Abschluss an der Worcester University vor zwei Jahren in einer etwa vierzig Meilen entfernten Stadt als Personal Trainer arbeitete. Kein Wunder, dass er so fit und muskulös war, dachte Mandy, und versuchte sich vorzustellen, wie es sich wohl anfühlen mochte, seinen Körper auf ihrem zu spüren.

Seit sie vor einem Jahr bei einem Probetraining gewesen war, hatte sie kein Fitnessstudio mehr von innen gesehen. Ihre Schwestern hatten damals gesagt, sie solle aufhören, ihrer gescheiterten Ehe nachzutrauern, und zusehen, dass sie wieder auf die Beine kam. Sie hatten sie in das Spa eines Hotels in der Nähe geschleift, und dort hatte sie sich massieren, die Härchen zupfen und waxen lassen, hatte heiße Steine verpasst bekommen, hatte sich bräunen und dann noch einmal massieren lassen, bis auch der letzte Gedanke an ihren Ex aus den Knoten in Rücken und Schultern und den verstopften Poren ihrer Haut herausgeknetet war. Anschließend hatte sie sich im Fitnessstudio angemeldet und ihren Schwestern versprochen, den Trainingsplan, den man dort für sie ausgearbeitet hatte, zu beherzigen. Bisher hatte sie es zwar noch nicht geschafft, sich jede Woche zum Training aufzuraffen, zahlte aber trotzdem regelmäßig ihren Beitrag.

Sie malte sich aus, wie ihre und Richards Kinder aussehen würden, ob sie wie ihr Vater blaue Augen hätten oder, wie sie selbst, braune, ob sie ihr dunkles Haar und ihre olivfarbene Haut bekämen oder helle Typen sein würden – wie er. Der Gedanke brachte sie zum Lächeln.

»Wer ist das denn?«

»Mein Gott!«, rief Mandy. Die Stimme hatte sie hochfahren lassen. »Hast du mich jetzt erschreckt!«

»Selber schuld, wenn du dir während der Arbeit Pornobilder ansiehst.« Grinsend hielt ihr Olivia eine Tüte mit Süßigkeiten hin. Mit einem Kopfschütteln lehnte Mandy ab.

»Das sind überhaupt keine Pornobilder. Das ist ein Freund von mir.«

»Ja, ja, schon klar. Aber vergiss nicht, dich bei Charlie zu melden. Der braucht noch die Verkaufszahlen von dir.«

Mandy verdrehte die Augen und sah dann auf die Uhr in der unteren Ecke des Bildschirms. Wenn sie sich nicht schleunigst daranmachte, ihre Arbeit zu erledigen, würde sie sie mit nach Hause nehmen müssen. Sie klickte auf das kleine rote X rechts oben und ärgerte sich noch einmal darüber, dass ihr Hotmail-Account die Bestätigungsmail von Match Your DNA für Spam gehalten hatte. Sechs Wochen lang hatte die Nachricht im Spamordner gelegen, bis Mandy sie heute Nachmittag durch Zufall entdeckt hatte.

»Mandy Taylor, die Frau von Richard Taylor, freut mich sehr«, sagte sie leise vor sich hin und drehte dabei gedankenverloren einen imaginären Ring an ihrem Finger.

2

CHRISTOPHER

Christopher rutschte so lange auf dem Sessel hin und her, bis er bequem saß.

Er legte die im rechten Winkel gebeugten Arme auf die Lehnen, atmete tief ein und roch den Duft des Lederbezugs. An der Qualität hatte sie nicht gespart, dachte er. Der Geruch und die Weichheit des Materials ließen ahnen, dass der Sessel nicht aus einem x-beliebigen Möbelladen stammte.

Während sie in der Küche nebenan geblieben war, sah sich Christopher im Wohnzimmer um. Die Wohnung lag im Parterre eines ausgezeichnet restaurierten viktorianischen Gebäudes, das, wie ein Glasfenster über der Eingangstür verriet, früher einmal ein Kloster beherbergt hatte. Christopher bewunderte ihren Geschmack, was Deko-Artikel aus Keramik betraf. Die Stücke lagen auf Regalen, die um den offenen Kamin herum in die Wand eingelassen waren. Ihre literarischen Vorlieben ließen dagegen sehr zu wünschen übrig. Missbilligend las er auf den Rücken der Taschenbücher Namen wie James Patterson, Jackie Collins oder J. K. Rowling.

Auf dem wuchtigen Couchtisch war genau in der Mitte ein mit Wildleder bespanntes, rechteckiges Tablett platziert. Daneben lagen zwei Fernbedienungen und drum herum in exakter Anordnung vier passende Tischsets. Ihr Sinn für Symmetrie beruhigte Christopher.

Er fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und stieß dabei auf ein Stück Pistazie, das sich zwischen seinem seitlichen Schneidezahn und dem Eckzahn verkeilt hatte. Als es sich nicht lösen wollte, versuchte er es mit dem Fingernagel, und als auch das nichts half, nahm er sich vor, in ihrem Badezimmer nach Zahnseide zu suchen, bevor er die Wohnung verließ. Kaum etwas brachte ihn so sehr aus dem Gleichgewicht wie festsitzende Essensreste. Einmal war er während eines Dates aufgestanden und gegangen, weil seiner Verabredung ein Fitzelchen Grünkohl zwischen den Zähnen gesteckt hatte.

Ein Vibrieren in der Hosentasche kitzelte ihn an der Leiste. Kein ganz unangenehmes Gefühl. Meist achtete Christopher sorgfältig darauf, sein Telefon auszuschalten, wenn dies angebracht war, und er verabscheute Menschen, die ihm gegenüber nicht dieselbe Höflichkeit an den Tag legten. Heute jedoch hatte er eine Ausnahme gemacht.

Er zog sein Smartphone hervor und las die Nachricht, eine E-Mail von Match Your DNA. Vor ein paar Monaten hatte er aus einer Laune heraus eine Speichelprobe eingeschickt, aber noch hatte sich kein Match gefunden. Bis jetzt. Nun wurde er gefragt, ob er gegen Bezahlung die Kontaktdaten der Person erhalten wollte. Will ich das?, fragte er sich. Will ich das wirklich? Er legte das Handy weg und versuchte sich vorzustellen, wie sein Match wohl aussah, befand dann aber, dass es unangemessen war, über eine Frau nachzudenken, während er gerade noch bei einer anderen war.

Er stand auf und ging in die Küche, wo er sie nur wenige Minuten zuvor zurückgelassen hatte. Sie lag auf dem kalten Schieferboden, den Eisendraht noch um den Hals. Sie blutete nicht mehr, nur ein paar letzte Tropfen hatten den Kragen ihrer Bluse gesprenkelt.

Christopher zog eine digitale Polaroid-Kamera aus der Jackentasche, machte zwei identische Aufnahmen ihres Gesichtes und wartete, bis sie entwickelt waren. Dann steckte er die Fotos in einen rückenverstärkten A5-Umschlag und verstaute ihn in seiner Jackentasche.

Er stopfte seine Utensilien in den Rucksack und verließ die Wohnung. Erst als er aus der Finsternis des Gartens heraustrat, zog er die Überschuhe aus Plastik und die Sturmhaube aus.

3

JADE

Als eine Nachricht von Kevin auf ihrem Handy aufleuchtete, lächelte Jade.

»Guten Abend, meine Schöne. Geht’s dir gut?«, schrieb er. Ihr gefiel, dass er seine Nachrichten immer mit denselben Worten begann.

»Ja, danke«, antwortete sie und fügte einen gelben Smiley hinzu. »Bin allerdings ziemlich gerädert.«

»Entschuldige, dass ich mich erst jetzt melde. War viel los heute. Bist du sauer?«

»Ein bisschen schon, aber du weißt ja, wie schnell ich eingeschnappt bin. Was hast du gemacht?«

Auf dem Display erschien ein Foto, das einen hölzernen Stall und einen Traktor im hellen Sonnenlicht zeigte. Im Inneren des Stalls waren hinter Metallgittern undeutlich Kühe zu erkennen, deren Euter an die Melkmaschine angeschlossen waren.

»Hab das Dach des Kuhstalls repariert. Sie haben zwar keinen Regen angesagt, aber jetzt ist es wenigstens erledigt. Und du?«

»Ich lieg im Schlafanzug im Bett und schau mir auf der Website von Lonely Planet diese schrägen Hotels an, von denen du mir erzählt hast.« Jade stellte den Laptop auf den Boden und betrachtete die Pinnwand, an der Bilder von all den Orten versammelt waren, die sie sehen wollte.

»Da sind tolle Sachen dabei, oder? Irgendwann machen wir zusammen eine Weltreise und schauen uns das alles an.«

»Wenn ich diese Bilder sehe, ärgere ich mich wieder, dass ich mir nach der Uni nicht ein Jahr Auszeit genommen habe. Einfach den Rucksack packen und mit ein paar Freunden losziehen.«

»Und warum hast du es nicht getan?«

»Warum wohl, blöde Frage. Da, wo ich herkomme, fällt das Geld nicht vom Himmel.« Leider, dachte sie. Ihre Eltern waren alles andere als gut betucht, sodass sie für ihr Studium einen Kredit hatte aufnehmen müssen. Also musste sie jetzt einen Schuldenberg abtragen, der höher war als der Currock Hill, während sich ihre ehemaligen Kommilitonen einen Traum erfüllten und durch Amerika reisten. Die Flut der Facebook-Posts mit all den Fotos, auf denen sie sich ohne sie prächtig amüsierten, machte sie regelmäßig wütend.

»Ich muss jetzt leider Schluss machen, Schatz. Soll meinem Dad mit dem Futter helfen. Schreiben wir uns später?«

»Soll das ein Witz sein?«, fragte Jade. Sie war sauer, dass ihre gemeinsame Zeit schon wieder vorbei sein sollte, nachdem sie den ganzen Abend darauf gewartet hatte, mit Kevin zu chatten.

»Hab dich lieb, xxx«, schrieb Kevin.

»Na gut«, antwortete sie und legte das Handy weg. Kurz darauf schickte sie hinterher: »Hab dich auch lieb, xxx.«

Jade schlug die dicke Bettdecke zurück und legte ihr Handy auf die Ladematte auf dem Nachttisch. Sie betrachtete sich in ihrem Ganzkörperspiegel, an dessen Rahmen sie Fotos ihrer Freunde geklebt hatte, die gerade auf Reisen waren, und schwor sich, öfter auszuschlafen und mehr Wasser zu trinken, damit die dunklen Ringe unter ihren blauen Augen verschwanden. Sie nahm sich vor, ihre roten Locken am Wochenende wieder in Form bringen zu lassen und sich mit einem Bräunungsspray zu verwöhnen. Sie fühlte sich jedes Mal schlagartig besser, wenn ihre blasse Haut etwas Farbe bekam.

Sie schlüpfte wieder unter die Decke und fragte sich, ob ihr Leben anders verlaufen wäre, wenn sie sich diese gemeinsame Auszeit mit ihren Freunden genommen hätte. Vielleicht hätte sie dem Druck ihrer Eltern dann widerstehen können, die darauf gedrängt hatten, dass sie nach den drei Jahren in Loughborough wieder zurück nach Sunderland kam. Sie war die Erste in ihrer Familie gewesen, die studiert hatte, und ihre Eltern verstanden nicht, dass ihr die Arbeitgeber nicht die Tür einrannten, sobald sie ihren Abschluss in der Tasche hatte. Und weil die Abrechnungen der Kreditkarte und die Rückzahlungen für das Studiendarlehen nicht weniger wurden, war ihr nichts anderes übrig geblieben, als entweder mit einundzwanzig Jahren Privatinsolvenz anzumelden oder zurück in das Reihenhaus ihrer Eltern zu ziehen, von dem sie eigentlich geglaubt hatte, es endgültig hinter sich gelassen zu haben.

Es gefiel ihr nicht, dass sie so frustriert und missmutig geworden war, aber sie hatte auch keine Ahnung, was sie dagegen tun sollte. Sie nahm es ihren Eltern übel, dass sie sie zurückgeholt hatten, und ging immer mehr auf Distanz zu ihnen. Als Jade sich dann eine eigene Wohnung leisten konnte, sprachen sie kaum noch miteinander.

Außerdem machte sie sie dafür verantwortlich, dass sie keine Karriere im Tourismussektor eingeschlagen hatte, sondern ihre Tage an der Rezeption eines Hotels am Stadtrand fristete. Der Job hatte nur eine Übergangslösung sein sollen, war im Lauf der Zeit dann aber zur Gewohnheit geworden. Jade hatte es satt, andauernd auf alle Leute wütend zu sein, und sehnte sich nach dem Leben, von dem sie eigentlich geträumt hatte.

Täglich grüßte nun also das Murmeltier, und ihr einziger Lichtblick war der Austausch mit dem Mann, mit dem Match Your DNA sie zusammengebracht hatte: Kevin.

Lächelnd blickte sie zu dem letzten Foto hinauf, das sie von ihm hatte. Sie hatte es eingerahmt und auf dem Bücherregal platziert. Seine Haare und Augenbrauen waren fast weißblond, er strahlte über das ganze Gesicht, war schlank, aber muskulös – und braun gebrannt. Sie hätte sich keinen schöneren Mann vorstellen können.

In den sieben Monaten, die sie nun in Verbindung waren, hatte er ihr nur eine Handvoll Bilder geschickt, aber als sie das erste Mal telefoniert hatten, war Jade der Schauer über den Rücken gelaufen, von dem sie in Zeitschriften so oft gelesen hatte, und sie hatte sofort gewusst, dass es auf der ganzen Welt keinen Mann gab, der besser zu ihr passte.

Das Schicksal konnte ungerecht sein, und zu ihr war es besonders grausam, weil es dafür gesorgt hatte, dass ihr Match am anderen Ende der Welt lebte, in Australien. Aber sie hoffte weiter, ihn eines Tages zu treffen – falls sie es sich jemals leisten konnte.

4

NICK

»Ihr müsst das unbedingt machen«, sagte Sumaira mit breitem Grinsen und verschwörerischem Augenzwinkern.

»Warum denn? Ich habe meinen Seelenverwandten doch schon gefunden.« Sally verschränkte ihre Finger mit denen von Nick.

Er beugte sich über den Esstisch, griff mit der freien Hand nach dem Prosecco und schenkte den Rest aus der Flasche in sein Glas. »Möchte noch jemand einen Schluck?«, fragte er. Nach einem lautstarken Ja der drei anderen löste er seine Hand aus dem Griff seiner Verlobten und ging in die Küche.

»Aber wollt ihr denn nicht auf Nummer sicher gehen?« Sumaira ließ nicht locker. »Ihr seid wirklich ein wunderbares Paar, aber man kann doch nie wissen, ob es nicht noch jemand anderen gibt.«

Nick kam mit der nächsten Flasche zurück, der fünften dieses Abends. Als er Sumaira nachschenken wollte, hielt Deepak die Hand über ihr Glas. »Danke, das reicht. Unser Plaudertäschchen hat genug für heute.«

»Spielverderber«, sagte Sumaira spitz und zog eine Schnute. Dann wandte sie sich wieder an Sally. »Ich meine doch nur, man sollte sich vergewissern, dass man wirklich den Richtigen gefunden hat, bevor man vor den Altar tritt.«

»Das klingt ja furchtbar romantisch«, warf Deepak ein und verdrehte die Augen. »Aber diese Entscheidung müssen die beiden schon selbst treffen. Sie haben keine Probleme, also brauchen sie auch keine Ratschläge.«

»Aber für uns war der Test doch genau das Richtige! Wir wussten zwar sowieso schon, dass wir füreinander bestimmt sind, aber jetzt sind wir ganz sicher.«

»Könnten wir bitte kein so selbstgefälliges, bigottes Paar werden?«

Jetzt verdrehte Sumaira die Augen und kippte dann unter den wachsamen Blicken ihres Mannes den Rest Prosecco aus ihrem Glas hinunter. »Um selbstgefällig und bigott zu sein, brauchst du keine Partnerin, mein Schätzchen.«

Nick legte den Kopf auf Sallys Schulter und sah auf die Straße hinaus, wo Autoscheinwerfer aufleuchteten und die Menschen auf dem Gehsteig vor dem Pub herumstanden. Ihre Wohnung lag in einem umgebauten Fabrikgebäude, und weil die Fenster von der Decke bis zum Boden reichten, hatte Nick das Treiben auf der Straße beständig vor Augen. Vor nicht allzu langer Zeit war das auch sein Leben gewesen, er war in den angesagten und hippen Vierteln Birminghams um die Häuser gezogen, dann im Nachtbus eingeschlafen und erst wieder aufgewacht, wenn er seine Haltestelle schon verpasst hatte.

Doch als er Sally begegnet war, hatte sich von heute auf morgen alles verändert. Sie war Anfang dreißig und damit fünf Jahre älter als er, und schon bei ihrem ersten Treffen, bei dem sie über alte Hitchcock-Filme sprachen, hatte er erkannt, dass sie etwas Besonderes war. In der ersten Zeit hatte sie ihm voller Begeisterung so vieles gezeigt, was er noch nicht kannte – Reiseziele, kulinarische Entdeckungen, Künstler, Musikrichtungen –, dass er die Welt in einem ganz neuen Licht sah. Wenn er Sally betrachtete, mit ihren ausgeprägten Wangenknochen, ihren kurzen kastanienbraunen Haaren und den grauen Augen, hoffte er, dass ihre Kinder einmal so gut aussehen und weltoffen sein würden wie sie.

Nick hatte nie ganz verstanden, was sie eigentlich an ihm fand, und als er sie an ihrem dritten Jahrestag in einem Restaurant in Santorini gefragt hatte, ob sie seine Frau werden wollte, hatte sie so heftig geweint, dass er nicht wusste, ob die Antwort Ja oder Nein war.

»Wenn ihr beide das Paradebeispiel für ein Match seid, dann bleiben Sally und ich lieber ein normales Paar«, sagte er nun scherzhaft, nahm seine Brille ab und rieb sich die müden Augen. Dann griff er zu seiner E-Zigarette und stieß ein paar Dampfwolken aus. »Wir sind seit fast vier Jahren zusammen, und jetzt, wo sie versprochen hat, mich zu lieben, mich zu ehren und mir zu gehorchen, bis dass der Tod uns scheidet, bin ich absolut sicher, dass wir füreinander bestimmt sind.«

»Wieso denn ›gehorchen‹?«, fragte Sumaira verwundert. »Das hättest du wohl gern.«

»Aber du gehorchst mir doch auch«, meinte Deepak voller Überzeugung. »Jeder weiß, dass ich in unserer Ehe die Hosen anhabe.«

»Du hast sie vielleicht an, Schätzchen, aber wer kauft sie dir?«

»Und was, wenn es gar nicht so ist?«, warf Sally plötzlich ein. »Ich meine, wenn wir gar nicht füreinander bestimmt sind?«

Bis jetzt hatte sich Nick eher darüber amüsiert, dass Sumaira sie unbedingt dazu bringen wollte, den Test bei Match Your DNA zu machen. In den zwei Jahren, in denen sie sich kannten, war sie immer wieder darauf zu sprechen gekommen, und Nick war ganz sicher, dass sie nicht so bald lockerlassen würde. Sallys Freundin besaß manchmal eine Menge Kampfeslust und Überzeugungskraft. Dass Sally jetzt auf diesen Zug aufsprang, überraschte ihn. Ebenso wie er hatte sie Match Your DNA immer ziemlich kritisch gegenübergestanden. »Wie meinst du das?«, fragte er.

»Ich liebe dich von ganzem Herzen, und ich möchte auch den Rest meines Lebens mit dir verbringen, das weißt du, aber … was, wenn wir gar keine Seelenverwandten sind?«

Nick sah sie fragend an. »Was soll das denn heißen?«

»Nichts, gar nichts, ich hab’s mir nicht anders überlegt oder so. Keine Sorge.« Sie klopfte ihm zur Beruhigung auf die Schulter. »Ich frage mich nur, ob es uns reicht, zu glauben, dass wir zusammengehören, oder ob wir es definitiv wissen wollen.«

»Du bist betrunken, meine Liebe.« Nick nahm ihre Hand von seiner Schulter und kratzte sich die Bartstoppeln. »Mir genügt es vollkommen, das zu wissen, was ich weiß, und ich brauche keinen Test, der mir das auch noch bestätigt.«

»Im Internet habe ich gelesen, dass wegen Match Your DNA ungefähr drei Millionen Ehen zu Bruch gehen werden«, sagte Sumaira. »Aber schon in der Generation nach uns wird Scheidung sowieso kein Thema mehr sein.«

»Weil auch die Ehe kein ›Thema‹ mehr sein wird«, ergänzte Deepak. »Man wird sie als überholte Institution betrachten, glaub mir. Die Menschen werden sich nichts mehr beweisen müssen, weil jeder den Partner hat, der für ihn bestimmt ist.«

»Das hilft mir persönlich jetzt nicht viel weiter«, bemerkte Nick und stocherte mit einer Gabel in den Krümeln des Himbeer-Käsekuchens herum, den Sally gebacken hatte.

»Ja, du hast recht. Tut mir leid. Stoßen wir lieber an. Auf die Verlässlichkeit des Zufalls!«

»Auf die Verlässlichkeit des Zufalls!«, wiederholten die anderen. Dann stießen sie mit Nick an.

Alle Gläser berührten seines.

Außer Sallys.

5

ELLIE

Ellie wischte über ihr Tablet und überflog widerwillig die Punkte auf der endlosen To-do-Liste, die sie heute noch zu erledigen hatte.

Ihre Assistentin Ula war so entsetzlich engagiert und überarbeitete und priorisierte die Liste fünfmal am Tag, obwohl Ellie sie nie darum gebeten hatte. Statt eine Unterstützung darin zu sehen, empfand Ellie oft eine gewisse Abneigung sowohl gegen das Tablet als auch gegen Ula, weil beide sie andauernd daran erinnerten, dass sie es nie bis ans Ende der Liste schaffen würde. Manchmal hätte sie Ula das Ding am liebsten in den Hals gestopft.

Ellie hatte gehofft, jetzt, wo sie ihre eigene Chefin war, ausreichend zuverlässige Leute engagiert zu haben, an die sie den Großteil ihrer Arbeit delegieren konnte. Doch mit der Zeit hatte sie feststellen müssen, dass sie wirklich ein »irrer Kontrollfreak« war, wie ein Ex-Freund sie einmal genannt hatte.

Sie sah auf die Uhr. Es war 22:10 Uhr. Sie hatte also den Umtrunk verpasst, den der Produktionsvorstand anlässlich der Geburt seines Sohnes gegeben hatte. Aber trotz ihrer Zusage hatte wohl ohnehin niemand mit ihrem Kommen gerechnet. Sie fand nur selten die Zeit, um unter Leute zu gehen, und obwohl sie ihre Angestellten dazu ermutigte und die Freizeitaktivitäten ihres Unternehmens bezuschusste, fehlte ihr selbst trotz bester Absichten immer die Zeit, sich einmal anzuschließen.

Ellie gähnte ausgiebig und sah durch die Fenster, die sich über die ganze Höhe des Raumes erstreckten. Ihr demonstrativ schlichtes Büro lag in der 71. Etage des Wolkenkratzers The Shard, und von hier oben fiel ihr Blick auf die Themse und das grenzenlose Meer aus bunten Lichtern, die das nächtliche London erhellten.

Sie schlüpfte aus ihren Miu-Miu-High-Heels und ging barfuß über die dicken weißen Teppiche, die den Raum schmückten, zu dem Barschrank in der Ecke. Ohne dem Vorrat an Champagner, Wein, Whisky und Wodka Beachtung zu schenken, griff sie sich eine kühle Dose mit einem Energydrink, goss den Inhalt in ein Glas, gab ein paar Eiswürfel dazu und nahm einen Schluck. Dann ließ sie den Blick über die spartanische Inneneinrichtung schweifen. Wie auch ihr Haus sagte ihr Büro nichts über sie aus. Aber wenn man sich mit Entscheidungen schwertat, war es eben bequemer, Innenarchitekten dafür zu bezahlen, diese Entscheidungen zu treffen.

Das Wichtigste war für Ellie ihre Firma, nicht die Fadenzahl der Mako-Baumwolle, aus der ihre Bettwäsche bestand, und auch nicht die Frage, wie viele Gemälde von David Hockney bei ihr an der Wand hingen oder wie viele Kristalle von Swarovski in dem Kronleuchter verarbeitet waren, der in ihrem Hausflur hing.

Sie ging zum Schreibtisch zurück und warf lustlos einen Blick auf die Agenda von morgen, die Ula schon zusammengestellt hatte. Gleich würde Andrej, ihr Fahrer und der Chef des firmeneigenen Sicherheitsdienstes, sie nach Hause bringen. Anschließend wollte sie noch die Vorschläge durchgehen, die ihr die Presseabteilung für die öffentliche Präsentation des nächsten Updates ihrer App gemacht hatte. Die Neuerungen würden ihr Produkt revolutionieren, also durfte sie sich keinen Patzer leisten.

Morgen um halb sechs Uhr früh würden eine Hairstylistin und eine Visagistin in ihr Haus in Belgravia kommen. Dann stand die Aufzeichnung von Interviews mit CNN, BBC News 24, Fox News und Al Jazeera auf dem Programm, anschließend ein Gespräch mit einem Redakteur des Economist und ein Fototermin mit einer Presseagentur, und zwar alles hier in ihrem Büro. Ellie hoffte, um zehn Uhr wieder zu Hause zu sein. Sie hätte sich einen schöneren Samstagvormittag vorstellen können.

Ihr Pressesprecher hatte den Agenturen erklärt, dass sie nur über ihre Arbeit sprechen und keine Fragen zu ihrem Privatleben beantworten würde. Aus diesem Grund hatte sie kürzlich eine Anfrage für ein Porträt in der Vogue abgelehnt, zu dem die legendäre Fotografin Annie Leibovitz die Bilder hätte beisteuern sollen. Damit hätte sie zwar ein großes, weltweites Medienecho erreichen können, doch dies war ihr die Preisgabe ihres Privatlebens nicht wert. Es hatte in den letzten Jahren ohnehin zu sehr gelitten.

Bekanntermaßen galt Ellie nicht nur als reserviert, was ihr Leben außerhalb der Arbeit anging, sondern sie wollte auch nicht in der Öffentlichkeit über das Ausmaß an Kritik sprechen, das ihrer Geschäftstätigkeit entgegenschlug – den Umgang mit negativen Schlagzeilen überließ sie lieber ihrer Presseabteilung. Sie hatte aus den Fehlern gelernt, die Steve Jobs bei den Problemen mit der Antenne des iPhone 4 gemacht hatte, und aus dem Imageschaden, der dadurch sowohl der Marke als auch ihrer Galionsfigur entstanden war.

Ihr privates Handy, das auf dem Tisch lag, leuchtete auf. Nur wenige Menschen hatten ihre private Nummer oder E-Mail-Adresse, im Grunde nur ein Dutzend ihrer viertausend Angestellten sowie ihre Angehörigen, für die sie so gut wie nie Zeit hatte. Ihre Familie war ihr keineswegs gleichgültig – sie hatte sie im Lauf der Jahre geradezu mit Geld überschüttet, um ihre Abwesenheit zu kompensieren –, aber der Tag hatte einfach nicht genug Stunden, und außerdem lebten sie in verschiedenen Welten. Ellie hatte keine Kinder, die anderen in ihrer Familie dagegen schon. Diese anderen führten auch kein global operierendes, milliardenschweres Unternehmen, Ellie dagegen schon.

Sie sah auf das Display. Die Adresse des Absenders war ihr bekannt. Neugierig öffnete sie die Nachricht: »Match Your DNA© hat Ihr Match gefunden.« Ellie war skeptisch. Zwar hatte sie sich ein paar Monate zuvor auf der Website angemeldet, doch im ersten Moment argwöhnte sie, einer ihrer Mitarbeiter könnte ihr einen Streich gespielt haben.

»Ellie Ayling. Ihr Match ist Timothy, männlich, Leighton Buzzard, England. Um das vollständige Profil zu sehen, folgen Sie der unten stehenden Anleitung.«

Ellie legte das Handy zurück auf den Tisch und schloss die Augen. »Das ist so ziemlich das Letzte, was ich jetzt brauche«, murmelte sie und schaltete ihr Telefon aus.

6

MANDY

»Hat er sich schon gemeldet?«

»Hat er dir geschrieben?«

»Wo wohnt er denn?«

»Und was macht er beruflich?«

»Was hat er für eine Stimme? Tief und sexy? Hat er einen Akzent?«

Mandys Familie überschüttete sie mit einer Flut an Fragen. Ihre drei Schwestern und ihre Mutter saßen am Tisch im Esszimmer und gierten ebenso nach Informationen über Richard wie nach dem Inhalt der vier Pizzakartons, dem Knoblauchbrot und den Dips, die vor ihnen standen.

»Nein. Nein. Peterborough. Er ist Personal Trainer, und nein, ich weiß nicht, was er für eine Stimme hat«, antwortete Mandy.

»Dann zeig uns wenigstens ein Foto«, sagte Kirstin. »Ich sterbe vor Neugier.«

»Ich habe nur ein paar Bilder von seiner Facebook-Seite.« Zwar waren es in Wirklichkeit mehr als fünfzig, aber Mandy wollte nicht zugeben, wie eifrig sie gesammelt hatte.

»Du möchtest sie uns nicht zeigen, weil auf einem davon sein Schwanz zu sehen ist, stimmt’s?«, rief ihre Mutter.

»Mum!«, sagte Mandy entsetzt. »Ich habe euch doch gesagt, dass wir noch kein Wort miteinander gewechselt haben. Und ich habe auch keine Bilder von seinem Schwanz.«

»Ich eröffne jetzt erst mal die Tafel«, sagte Paula und bot ihrer Schwester ein Stück Pizza an. Mandy schüttelte den Kopf. Ihre beiden Schwestern, die schon einen Partner hatten, konnten sich auf ihren Lorbeeren ausruhen und sich nach Lust und Laune den Bauch vollschlagen. Sie selbst dagegen musste auf ihre Ernährung achten, obwohl heute der eine Tag in der Woche war, an dem sie nicht so streng mit sich war. In der Grazia hatte sie kürzlich gelesen, dass schon ein einziger Bissen den Unterschied zwischen Größe 40 und 42 ausmachen konnte.

Mandy suchte das Bild, das Richard mit freiem Oberkörper beim Surfen zeigte, und ließ ihr Telefon herumgehen.

»Das nenn ich mal einen scharfen Typen!«, entfuhr es Paula. »Aber der ist doch bestimmt zehn Jahre jünger als du. Ein echter Toy Boy. Stehst du jetzt auf Jungspunde?«

»Wann triffst du ihn?«, wollte Kirstin wissen.

»Keine Ahnung, wir müssen erst mal Kontakt aufnehmen.«

»Sie will vorher noch ein paar Fotos von seinem Schwanz sehen, um sicher zu sein, dass sie auch auf ihre Kosten kommt«, sagte Karen, woraufhin alle in Gelächter ausbrachen.

»Ihr seid ganz schön versaut«, erwiderte Mandy. »Ich hätte euch überhaupt nicht von ihm erzählen sollen.«

Doch insgeheim war sie froh, dass sie ihrer Familie ausnahmsweise einmal etwas Erfreuliches aus ihrem Liebesleben berichten konnte. Nachdem mittlerweile zwei ihrer drei jüngeren Schwestern verheiratet waren – jede mit ihrem DNA-Match – und sich niedergelassen hatten, wurde Mandy immer mehr von Selbstzweifeln geplagt und fühlte sich schon im Abseits, vor allem, seit ihre Schwestern Kinder bekommen hatten. Sie war siebenunddreißig Jahre alt und geschieden und hatte schon befürchtet, das würde auf ewig so bleiben. Doch seit Richard in ihr Leben getreten war – wenn auch noch nicht persönlich –, sah die Zukunft rosiger aus, und ihre Gedanken kreisten nur noch darum, dass sich schon bald alles zum Guten wenden würde.

In der E-Mail von Match Your DNA hatte gestanden, dass Richard in dem Fall, dass sein Match gefunden wurde, der Weitergabe seiner Kontaktdaten zustimmte. Zusammen mit der Nachricht über das gefundene Match hatte er auch Mandys Kontaktdaten erhalten, sich aber noch nicht bei ihr gemeldet. Mandy kam fast um vor Spannung. Aber in solchen Dingen war sie altmodisch. Ihrer Ansicht nach war es Aufgabe des Mannes, der Frau den Hof zu machen.

»Also pass auf, du machst jetzt Folgendes«, fing Kirstin an. »Als Erstes schreibst du ihm. Geh gleich aufs Ganze und schlag ein Treffen in einem Restaurant oder so vor, damit ihr euch kennenlernen könnt. In einem schicken Laden wie Carluccio’s oder Jamie’s. Das macht ihr dann ein paar Mal. Aber bis zum ersten Kuss lass ihn ein bisschen zappeln. Ganz zu schweigen von anderen Sachen.«

»So ein Quatsch«, unterbrach Paula sie und nahm einen langen Zug von ihrer E-Zigarette. »Das Tolle daran, wenn man sein Match gefunden hat, ist doch, dass man keine Zeit mehr mit diesen ganzen Spielchen vertrödeln muss. Ihr wisst schließlich, dass ihr füreinander gemacht seid, also könnt ihr euch doch auf der Stelle das Hirn rausvögeln.«

Mandy spürte, wie sie rot wurde.

Ihre Mutter schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.

»Mandy ist nicht wie du, Paula«, entgegnete Karen. »Sie ist schon immer langsamer an alles herangegangen.«

»Genau, und wohin das geführt hat, wissen wir ja«, erwiderte Paula. »Nichts für ungut«, fügte sie an Mandy gewandt hinzu. »Ich meine nur, dass sie jetzt ruhig mal einen Zahn zulegen kann. Mum würde alles dafür geben, noch mal Oma zu werden, und Karen und ich wollen uns die für teures Geld verschönerten Vaginas jetzt nicht durch noch ein Kind kaputt machen. Und Kirstin, mir ist schon klar, dass auch Lesben Kinder kriegen können, aber wer so wie du eine nach der anderen hat, denkt wahrscheinlich nicht mal im Traum daran, eine Familie zu gründen. Also Mandy, Enkelkind Nummer vier ist deine Sache. Stell dir doch mal vor, nächstes Jahr um die Zeit bist du vielleicht schon verheiratet und schwanger.«

Als die anderen sie missbilligend ansahen, schob sie eilig hinterher: »Entschuldigung. Das war dumm von mir.«

»Schon okay«, sagte Mandy, den Blick auf den Tisch geheftet.

Sie hatte sich immer ein Kind gewünscht, doch nach der Hochzeit mit Sean hatte sie eine Menge Fehlgeburten gehabt. Sean und sie waren seit ihrer Kindheit ineinander verliebt gewesen, hatten direkt nach der Schule geheiratet, eisern gespart, ein Haus gekauft und versucht, eine Familie zu gründen. Der Verlust der Babys hatte Mandy völlig aus der Bahn geworfen und wesentlich zum Scheitern ihrer Ehe beigetragen. Wenn sie nachts allein in ihrem Schlafzimmer lag, glaubte sie manchmal, in der Stille ihre biologische Uhr ticken zu hören. Um auf natürliche Art schwanger zu werden, blieben ihr vermutlich keine zehn Jahre mehr, und das Risiko, noch einmal ein Kind zu verlieren, wäre aufgrund ihrer Vorgeschichte in jedem Fall hoch. Sie passte abends oft auf ihre Nichten und ihren Neffen auf und sehnte sich dabei jedes Mal danach, selbst jemanden zu haben, den sie bedingungslos lieben konnte. Natürlich liebte sie auch die Kinder ihrer Schwestern, aber das war etwas vollkommen anderes. Sie träumte davon, jemanden zu haben, den sie selbst auf die Welt gebracht und geprägt hätte, jemanden, der auf sie angewiesen war, der sie brauchte, der sie immer um Rat fragen und bis an ihr Lebensende »Mum« zu ihr sagen würde.

Die Vorstellung, eine kinderlose alte Jungfer zu werden, war entsetzlich, und während die Zeit dahinraste, fürchtete Mandy, dass aus dieser Möglichkeit schon bald eine Tatsache wurde.

»Eins nach dem anderen«, sagte sie. »Ich warte darauf, dass er den ersten Schritt macht, und dann sehen wir weiter. Einverstanden?«

Die anderen nickten zögerlich, und Mandy dachte daran, wie sehr es ihr widerstrebt hatte, sich bei Match Your DNA anzumelden. Das war noch gar nicht lange her. Ihre Ehe hatte wegen der Fehlgeburten einen Knacks bekommen, aber letztlich hatte Sean das Ende besiegelt, als er Mandy wegen einer Frau verließ, die elf Jahre älter war als sie. Ohne Mandy zu informieren, hatte er den Test gemacht und auf Anhieb ein Match erhalten. Kurzerhand hatte er dann die Scheidung eingereicht und war, kaum war das gemeinsame Haus verkauft, zu seinem französischen Match in ein Château in der Nähe von Bordeaux gezogen. Und Mandy musste zusehen, wie sie zurechtkam, in einer kleinen Wohnung und mit einem gebrochenen Herzen.

Im Lauf der Zeit war ihre Wut auf Match Your DNA allerdings verflogen. Und jetzt, nach drei Jahren Singledasein, war sie bereit, ihr Leben wieder mit einem Menschen zu teilen, und diesmal wollte sie nichts dem Zufall überlassen, sondern es sollte jemand sein, der für sie gemacht war. Was konnte dabei schon schiefgehen?

Sie wünschte sich, dass ihr Match genauso dachte, obwohl er offenbar keine Eile damit hatte, sich zu melden. Inständig hoffte sie, dass er nicht schon verheiratet war und sie eine glückliche Familie zerstören würde, um einer Frau den Ehemann und das Kind wegzunehmen, die ihr rechtmäßig zugestanden hätten, so wie diese Régine es getan hatte.

7

CHRISTOPHER

Christopher saß an dem altmodischen Schreibtisch im Abstellraum seiner Maisonettewohnung.

Er schaltete die beiden Bildschirme und die kabellosen Tastaturen ein und rückte sie zurecht, sodass sie jeweils genau parallel zueinander standen. Auf einem Bildschirm öffnete er seine Mails, auf dem anderen sprang er zwischen einigen Programmen hin und her und klickte schließlich auf Wo ist mein Handy?, eine Anwendung, die er sich vor einigen Monaten heruntergeladen hatte. Daraufhin wurden vierundzwanzig Telefonnummern angezeigt, von denen allerdings nur zwei grün markiert waren und blinkten, was bedeutete, dass ihre Besitzer in Bewegung waren. Zu dieser Uhrzeit war das normal, dachte Christopher.

Die vorletzte Nummer interessierte ihn am meisten. Auf der Symbolleiste öffnete er einen Stadtplan und ließ sich durch einen roten Kreis anzeigen, wo sich die Besitzerin befand: in der Straße, in der sie wohnte.

Wie fast an jedem Abend hatte Nummer sieben gegen elf Uhr ihre Schicht in dem Hühnchen-Schnellrestaurant in Soho beendet. Danach war sie mit einem Bus der Linie 29 nach Hause gefahren. Christopher rechnete damit, dass sie schon bald zu Bett gehen würde, bevor sie am nächsten Tag um sechs Uhr morgens im Zentrum von London ihren Zweitjob als Reinigungskraft antrat. In der Zeit dazwischen wollte er sich an die Arbeit machen.

Bei seiner Auswahl berücksichtigte er stets, wie er zu ihnen gelangen würde, und er wusste genau, wie weit ihre Wohnungen jeweils von seiner entfernt lagen. Aus den Fehlern anderer hatte er gelernt, dass die Orte kein Muster ergeben durften. Obwohl alles einer strikten Ordnung folgte, musste es nach außen hin zufällig wirken. Im Lauf der Zeit hatte er herausgefunden, welche Strecken er am besten mit dem Auto fuhr, welche mit dem Fahrrad und wohin er lieber zu Fuß ging.

Die Wohnung von Nummer sieben konnte er in zwanzig Minuten bequem zu Fuß erreichen. »Perfekt«, murmelte er zufrieden.

Doch dann fiel sein Blick auf den anderen Bildschirm, der seine vielen E-Mail-Accounts anzeigte. Er hatte die Mail von Match Your DNA vor vier Nächten bekommen, als er gerade mit Nummer sechs beschäftigt gewesen war. Darum hatte er sie noch nicht geöffnet, und als er sie jetzt wieder bemerkte, wurde er neugierig, welche Frau ihm die Natur als die ideale Partnerin zugedacht hatte. Zumindest hoffte er, dass es eine Frau war. Er hatte schon von Menschen gelesen, die ein gleichgeschlechtliches Match hatten oder eines, das Jahrzehnte älter war. Christopher wollte weder eine Liebesbeziehung mit einem Schwulen noch mit einer Greisin, im Grunde wollte er überhaupt keine Liebesbeziehung. Er war jetzt dreiunddreißig, hatte viel zu viel Zeit mit Affären verschwendet und dabei gelernt, wie anstrengend es war, einen anderen Menschen zufriedenzustellen. Das war nichts für ihn.

Trotz aller Nachteile, die selbst eine Beziehung mit seinem Match mit sich brächte, interessierte ihn doch, um wen es sich handelte. Er sah in den Garten hinaus – der in Dunkelheit getaucht war – und stellte sich vor, wie reizvoll es wäre, sein Projekt weiter zu verfolgen und gleichzeitig in einer ganz gewöhnlichen Beziehung so zu tun, als führe er ein ganz gewöhnliches Leben.

Er öffnete die Mail. »Amy Brookbanks, weiblich, 31 Jahre, London, England«, stand dort, darunter ihre Mail-Adresse. Dass sie ihre Handynummer nicht angegeben hatte, gefiel ihm. Das hieß, dass sie vorsichtig war. Die meisten Frauen auf seiner Liste waren nicht so vorausschauend, und genau das wurde ihnen zum Verhängnis. Wenn er später wieder zu Hause war, würde er Amy eine Mail schreiben und Hallo sagen, nur um zu sehen, wie sie reagierte.

Auf dem anderen Bildschirm tat sich wie erwartet nichts, die Markierung des Telefons von Nummer sieben bewegte sich kein bisschen von der Stelle. Beruhigt schaltete Christopher die Bildschirme aus, verschloss die Abstellkammer, ging in die Küche und holte dort seinen Rucksack aus dem Schrank. Er packte den Käsedraht mit den Holzgriffen hinein, den er vorhin noch gründlich desinfiziert hatte, dazu ein Prepaid-Handy, auf dessen Rückseite er ihre Nummer geklebt hatte, die Handschuhe und die Polaroid-Kamera.

Als er Handschuhe und Mantel anzog, warf er einen Blick auf die Kamera. Es war kein Originalgerät aus den 1970er-Jahren, denn der dafür benötigte Film hätte der Polizei einen Anhaltspunkt gegeben. Die Kamera war digital und auf dem neuesten technischen Stand, mit Farbfiltern und ähnlichem Schnickschnack. Jede der Nummern auf seiner Liste hatte ihr Profilbild auf Instagram veröffentlicht, und auch im Tod sollten sie sich von ihrer besten Seite zeigen, fand Christopher. Er schloss die Haustür hinter sich, straffte die Gurte des Rucksacks und ging mit raschen Schritten die Straße hinunter.

8

JADE

Belustigt sah Jade dabei zu, wie Shawna und Lucy, die beiden Beauty-Therapeutinnen des hoteleigenen Spas, ein dürftiges Mittagessen aus ihren Aldi-Tüten holten.

Shawna zog ein kleines, in Klarsichtfolie gepacktes Bündel schmaler Selleriesticks sowie eine Packung kalorienarmen Chili-Hummus hervor und Lucy ein glutenfreies Mehrkornbrötchen und einen Becher Instant-Hühnersuppe, den sie in der kantineneigenen Mikrowelle erhitzt hatte und der noch dampfte, als sie ihn öffnete.

Jade nahm ihre Tupperbox aus der Handtasche. Sie hatte eine Tüte Monster Munch Pickled Onion eingepackt, eine kleine Packung Maltesers, einen Klotz von einem Sandwich mit Schinken und Essiggurken sowie eine Dose Pepsi. Sie hatte keine Lust, genauso streng Diät zu halten wie ihre Kolleginnen, die die dreißig schon überschritten hatten. Scheiß auf die Bikinifigur, dachte sie und biss in ihr Sandwich.

»Wie läuft’s denn mit dem Typen aus dem Club, mit dem du dich treffen wolltest?«, fragte Shawna Lucy und leckte einen Klecks Hummus von ihren künstlichen Fingernägeln.

»Der ist ein Idiot«, sagte Lucy genervt. »Gestern hat er gesagt, er lädt mich zum Essen ein – wir waren dann übrigens bei Nando’s –, und dann glotzt er die ganze Zeit diese doofe Tussi hinter der Kasse an. Wie respektlos ist das denn?«

»Echt jetzt? Was für ein Arsch.«

»Kann man wohl sagen. Aber heute Abend kommt er zu mir. Ich habe gesagt, ich koch was. Und bei dir? Was ist mit dem Tätowierten von Tinder?«

»Denzel? Er hat gesagt, dass er echt auf mich steht. Das ist jetzt vier Tage her, seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Ich meine, was soll das?«

Jade schüttelte den Kopf. »Das ist ja unerträglich. Ich weiß nicht, wie ihr das aushaltet. Ich bin so froh, dass ich das alles nicht mehr mitmachen muss«, sagte sie, während sie ihr Sandwich verspeiste. Bei solchen Gesprächen erkannte sie, was für ein Glück es war, dass sie über Match Your DNA Kevin gefunden hatte. Nur dass er am anderen Ende der Welt in Australien lebte, störte sie. Bevor sie die Nachricht von ihrem Match erhalten hatte, war sie in der gleichen Lage wie ihre Kolleginnen gewesen, hatte aber geglaubt, in Sachen Männer etwas anspruchsvoller zu sein. In Wirklichkeit hatte sie genauso viele Dates mit Verlierertypen oder »Lückenbüßern«, wie die Cosmopolitan sie nannte, gehabt wie Shawna und Lucy.

»Klar, für dich ist das alles kein Thema mehr«, sagte Lucy. »Du hast ja nun den Richtigen gefunden.«

»Nur, dass er nicht gerade um die Ecke wohnt«, entgegnete Jade. »Ich kann nicht mal eben zum Essen und Kuscheln rüberlaufen. Eure Typen stehen wenigstens leibhaftig vor euch, auch wenn sie euch wie den letzten Dreck behandeln.«

»So sind Männer nun mal, oder?«, sagte Shawna. »Wenn du nicht zu den Millionen gehörst, die ihr Match gefunden haben, musst du dich mit dem zufriedengeben, was du kriegst, bis der Traumprinz auftaucht. Falls er überhaupt auftaucht.«

»Und so lange müssen wir uns mit einem Haufen Arschlöcher rumschlagen«, ergänzte Lucy.

»Nein, Mädels, das stimmt nicht.« Jade tat nichts lieber, als den beiden zu sagen, wo es langging. »Wenn wir Frauen uns zusammentun, wenn wir die Rollenbilder über den Haufen werfen und nicht mehr zulassen, dass man uns wie Dreck behandelt, dann müssen sich die Männer mehr ins Zeug legen. Aber wenn wir uns nicht wehren, werden sie immer so weitermachen.«

»Eins versteh ich aber nicht«, sagte Shawna. »Warum fliegst du nicht einfach nach Australien und lebst dort mit Kevin glücklich und zufrieden bis ans Ende deiner Tage? Wenn es wissenschaftlich bewiesen ist, dass er der Richtige für dich ist, warum vergeudest dann hier noch deine Zeit?«

»Weißt du, was ein Flug nach Australien kostet?«, entgegnete Jade mit entschiedenem Kopfschütteln. »Ich habe gerade mal die Rechnungen für eine meiner Kreditkarten bezahlt. Und außerdem kann ich nicht einfach alles stehen und liegen lassen. Da sind noch meine Wohnung, meine Karriere, meine Familie …«

»Du wohnst zur Miete, von einer Karriere kann nun wirklich keine Rede sein, dein Job kotzt dich an – der Job hier kotzt nämlich jeden an –, und deine Familie siehst du alle Jubeljahre mal. Also hast du keinen einzigen stichhaltigen Grund.«

»Und du gehst nicht das geringste Risiko ein«, ergänzte Lucy. »Schließlich seid ihr im wahrsten Sinne des Wortes füreinander geschaffen. Was magst du eigentlich besonders an ihm?«

Jade musste lachen. Es gab nichts, was sie an Kevin nicht mochte. Außer seiner Anschrift. »Er ist witzig, er sorgt dafür, dass ich mich selbst mag, er ist zuvorkommend, sein Lächeln ist einfach umwerfend …«

»Habt ihr euch sexy Selfies geschickt?«

»Was glaubst du denn?«, erwiderte Jade leicht entrüstet. »Ich bin doch keine Schlampe.« In Wirklichkeit hatte sie es einmal versucht, aber Kevin schien nicht besonders daran interessiert zu sein.

»O Mann«, sagte Lucy. »Von mir sind so viele Nackt-Selfies im Umlauf, dass das Internet jeden Moment explodieren muss.«

»Das glaub ich gern«, sagte Jade mit dem heiseren Lachen, das alle an ihr so liebten.

»Und Sexting?«

»Sexting?«

»Du weißt schon, sich versaute Nachrichten schreiben oder Dirty Talk am Telefon. Erzählst du ihm nicht, was du mit ihm vorhast, wenn ihr euch mal seht?«

Jade schüttelte den Kopf.

»Und Sex über Skype? Oder Facetime?«

»Hat Kevin beides nicht.« Jade hatte ein paarmal vorgeschlagen zu skypen, aber Kevin besaß weder einen Laptop noch ein Smartphone. Ihre eigene finanzielle Lage war im Vergleich zu Kevins, der karg in seinem Provinznest lebte, geradezu rosig. Das war eine ihrer zahlreichen Gemeinsamkeiten.

»Lebt er in Australien oder in den Fünfzigerjahren?«, bohrte Shawna weiter. »Seit wann lässt du dich von Männern dermaßen verarschen?«

»Ich weiß, was ich für ihn empfinde. Dazu muss ich wirklich nicht sehen, wie er herumläuft und doof in die Kamera grinst.«

Shawna und Lucy sahen sich an und nickten.

»Unsere liebe Miss Jade Sewell ist offensichtlich verliebt«, stellte Shawna fest. »Ganz eindeutig. Aber wenn er so ein toller Typ ist, wie du sagst, dann solltest du aufhören, hier deine Zeit zu vertrödeln, und ihn dir lieber mal in echt ansehen.«

»Sonst endest du noch wie wir«, sagte Lucy. Obwohl sie dabei kicherte, klang es in Jades Ohren wie eine Warnung. »Nein, ernsthaft, meine Liebe, die Luft wird immer dünner. Jeden Tag wird ein attraktiver Kerl von seinem Match weggeschnappt. Shawna und ich nagen wie Geier die Knochen ab, die übrig sind, und glaub mir, das ist kein Spaß, wirklich nicht. Wenn ich ein Match hätte, ich säße schon längst im nächsten Flieger auf dem Weg zu ihm und nicht beim Mittagessen auf dem Boden vor dem Personaleingang eines Hotels.«

»Genau. Schluss jetzt mit den Ausreden«, stimmte Shawna ihr zu.

»Das ist aber nicht meine Art«, erwiderte Jade, irritiert von Lucys direkten Worten. »Ich kann doch nicht von einem Tag auf den anderen einfach abhauen. Und wie gesagt: Ein Flug nach Australien kostet eine ganze Menge Geld.«

»Wie viel gibt deine Kreditkarte noch her?«

»Ich habe gerade mal eine ausgeglichen …«

»Und welches Limit ist da drauf?«

»Weiß nicht, ein paar Tausend.«

»Dann flieg mit dem Plastikgeld in den Urlaub. Was hast du denn zu verlieren? Es wird langsam Zeit, dass du die Dinge anpackst, meine Süße.«

»Jetzt hört auf, mich zu nerven. Es passt einfach nicht zu mir, einem Typen um die halbe Welt nachzulaufen.«

Shawna und Lucy sahen sie an und zogen ihre auftätowierten Augenbrauen so weit nach oben, wie das Botox es zuließ. »Wer redet denn von Nachlaufen, Schätzchen? Du hast ihn doch schon längst an der Angel.«

»Aber … das kann ich nicht machen«, sagte Jade und hielt kurz inne. »Oder?«

9

NICK

»Ich finde, wir sollten es tun«, nuschelte Sally. Sie lag auf dem Rücken und sah hinauf zu den frei liegenden Balken an der Schlafzimmerdecke, auf die das Licht der Straßenbeleuchtung fiel.

»Das geht heute aber schnell bei dir. Soll mir nur recht sein«, entgegnete Nick und kroch unter der Bettdecke hervor, wo er den Kopf zwischen Sallys Beinen vergraben hatte. Er griff nach den Toys auf dem Nachttisch.

»Nicht das, was du denkst«, sagte Sally. »Ich meine den Test von Match Your DNA.«

Nick schob sich auf seine Seite des Bettes. »Was für ein Stimmungskiller.«

»Tut mir leid.«

»Warum willst du das auf einmal? Bevor Sumaira und Deepak zum Abendessen hier waren und davon angefangen haben, hast du immer gesagt, wir bräuchten das nicht.«

»Ich finde immer noch, dass wir das nicht brauchen«, sagte sie und spielte mit den Haaren auf seiner Brust, wie um ihn zu beruhigen. »Aber Sumaira hat recht: Dann hätten wir einfach Gewissheit. Ich meine, absolute Gewissheit.«

Sumaira, blöde Kuh, dachte Nick. »Und das hat nichts damit zu tun, dass du Muffensausen vor der Hochzeit hast?«

»Quatsch.« Sally zog ihn zu sich und küsste ihn. »Aber du weißt doch, wie ich bin. Deine Eltern sind seit einer Ewigkeit zusammen, du kennst es nicht anders. Meine Mutter war dagegen dreimal verheiratet, und mein Vater ist es jetzt zum vierten Mal. Beide sind andauernd auf der Suche nach irgendetwas, das ihnen vermeintlich fehlt. Und ich will nicht genauso enden. Ich will sicher sein, dass wir, zumindest in biologischer Hinsicht, gute Aussichten haben.«

»Und was, wenn wir keine Matches sind?«

»Dann müssen wir einfach sehr aufpassen und uns ganz besonders um unsere Beziehung kümmern. Wie John Lennon gesagt hat: All you need is love.«

»Ja, aber er hat ebenfalls gesagt: I am the walrus. Der hat die Weisheit auch nicht mit Löffeln gefressen.«

»Also, was ist? Tun wir es?«, fragte Sally und sah Nick bittend an.

Diesem Hundeblick konnte er nicht widerstehen. »Wenn es dich glücklich macht, von mir aus. Aber darf ich mich jetzt vielleicht wieder etwas anderem widmen, das dich genauso glücklich machen wird?«

Er lächelte und war im nächsten Augenblick wieder unter der Bettdecke und zwischen Sallys Beinen verschwunden.

10

ELLIE

Als der Radiowecker auf 3:40 Uhr sprang, gab Ellie den Versuch einzuschlafen endgültig auf.

Sie hatte einen stressigen Tag vor sich, weshalb sie dringend etwas Erholung brauchte, aber ihr Hirn schien das nicht zu begreifen und ratterte immer weiter. Mit rasender Geschwindigkeit ging sie die Termine durch, die ihr in wenigen Stunden bevorstanden und bei denen sie die neueste Version ihrer App vorstellen würde. Normalerweise hätte sie eine der Schlaftabletten genommen, die ihr der Arzt verschrieben hatte, aber sie konnte es sich nicht leisten, noch leicht benommen aufzutreten, wenn sie doch schon geistig hundertprozentig fit sein musste.

Pressevertretern aus der ganzen Welt Interviews zu geben war ihr zuwider, aber es gehörte zu ihrem Job, seitdem sie unfreiwillig ins Interesse der Öffentlichkeit gerückt war. Noch vor zehn Jahren war sie lediglich eine unter vielen gewesen und hatte im Stillen ihre Arbeit erledigt. Dann stand sie plötzlich im Fokus der Medien und wurde im selben Maße bejubelt und fertiggemacht. Das hatte sie abgehärtet, und schon bald war ihr der Ruf vorausgeeilt, den Erfolg des eigenen Unternehmens über alles zu stellen. Gerüchte über ihr angeblich skrupelloses Vorgehen hatten die Runde gemacht, doch es hatte nie Beweise gegeben. Ellie hatte einer Menge Leute eine Menge Geld zukommen lassen, damit die ganze Wahrheit über ihre ersten Schritte im Geschäftsleben im Verborgenen blieb.

Als sich die Öffentlichkeit dann aber immer mehr für sie und ihren Werdegang interessierte, hatten die Boulevardblätter ihr Privatleben bis ins letzte Detail durchleuchtet und in ihrer Vergangenheit gewühlt, als stünde sie vor Gericht. Sie hatten ihre zurückliegenden Beziehungen seziert und ihren Ex-Freunden ausreichende Summen zugesteckt, damit diese bereitwillig ausplauderten, wie Ellie als Mensch war, als Freundin und als Liebhaberin.

Seither begegnete sie nicht nur der Presse mit Misstrauen, sondern auch dem Rest der Welt, wodurch es ihr so gut wie unmöglich wurde, noch Männer kennenzulernen. Und obwohl sie wusste, dass es nicht fair war, alle Männer in einen Topf zu werfen, verbarg sie sich jedes Mal, wenn sie jemanden kennenlernte, hinter einem Schutzschild und versuchte herauszufinden, warum sich gerade dieser Mann für sie interessierte. War er hinter ihrem Geld her? Wollte er eine Milliardärin flachlegen, um damit vor seinen Kumpels anzugeben? Oder wollte er eine Affäre anfangen, nur um dann die Geschichte an die Sun on Sunday zu verkaufen? Ellie konnte sich nicht daran erinnern, dass Bill Gates, Mark Zuckerberg oder Tim Cook wegen ihres Sexlebens jemals an den Pranger gestellt worden waren. Sie selbst schien es dagegen andauernd zu treffen.

Sie drehte sich auf die Seite, streckte die Beine aus und dachte daran, dass sie eigens ein Team aus Juristen hatte zusammenstellen müssen, das Warnschüsse abgab, wenn der Verdacht aufkam, dass die Presse wieder Übles im Schilde führte. Nach zahlreichen erfolgreichen Verleumdungsklagen war es den Medien allmählich zu teuer geworden, Unwahrheiten über Ellie in Umlauf zu bringen, und so hatten sie wieder davon abgelassen. Seitdem versorgte nur noch ihre PR-Abteilung die Öffentlichkeit mit Informationen, und Ellie hatte auch ihre Google Alerts deaktiviert und ihre Accounts bei Facebook und Twitter gelöscht, um gar nicht erst in Versuchung zu kommen, lesen zu müssen, was über sie geschrieben wurde. Nur wenn es gar nicht anders ging, trat sie als Vertreterin ihrer Firma an die Öffentlichkeit.

Von ihrer Schlaflosigkeit genervt, stöhnte sie leise auf, warf die Bettdecke zur Seite und schaltete die Nachttischlampe an. Ihr war wieder eingefallen, dass sie vor ein paar Stunden eine Mail mit der Nachricht erhalten hatte, dass ihr DNA-Match gefunden worden war. Sie hatte sich schon vor zehn Jahren angemeldet, als die Firma noch in den Kinderschuhen steckte, und als dann immer mehr Menschen mitmachten, hatte Ellie geglaubt, dass über kurz oder lang auch sie ihr Match finden würde.

Doch dann hatte die Zahl der registrierten Nutzer die Milliardengrenze überschritten, und sie hatte die Hoffnung aufgegeben. Entweder lebte ihr Match in einer glücklichen Beziehung, wohnte in einem Entwicklungsland, wo man von dem Test nichts wusste oder wo es kein Internet gab, oder es interessierte ihn schlicht nicht.

Also hatte sich Ellie an das Singledasein gewöhnt, und in den letzten Jahren hatte ihre Arbeit sie derart in Beschlag genommen, dass sie sich über ihr Alleinsein keine Gedanken mehr machte. Sie brauchte keine Beziehung, um glücklich zu sein, sie kam auch so klar. Was könnte ihr ein Match schon geben, das sie sich nicht auch selbst zu verschaffen wusste?

Dennoch musste sie sich eingestehen, dass etwas in ihr nur zu gern gewusst hätte, wer dieser Mensch war.

»Sei’s drum«, sagte sie und griff nach ihrem Handy. Sie öffnete die Mail, zahlte die 9,99 Pfund, die es kostete, wenn man nähere Angaben zu seinem Match bekommen wollte, und wartete. Zwei Minuten später landete eine automatisch erstellte Nachricht in ihrem Postfach.

»Name: Timothy Hunt. Alter: 36. Beruf: Systemanalytiker. Augenfarbe: braun. Haarfarbe: schwarz. Größe: 1,75 m.«

Diese Beschreibung passte auf ungefähr die Hälfte aller Männer in der westlichen Welt, dachte Ellie.

»Ula«, begann sie eine Nachricht an ihre Assistentin, »mach dich bitte mal schlau über einen gewissen Timothy Hunt, Systemanalytiker aus Leighton Buzzard. Mail-Adresse siehe unten. Meldest du dich bitte gleich morgen früh? Danke.«

»Hat er sich bei uns beworben?«, kam Ulas prompte Antwort. »Ich finde ihn nicht in meinen Unterlagen.«

Wann schläft die eigentlich?, fragte sich Ellie.

»So was Ähnliches«, schrieb sie zurück. »Und sieh zu, dass du ein Foto von ihm auftreibst. Wenn nötig, beauftrag jemanden.«

Sie legte das Telefon auf den Nachttisch zurück und kroch wieder unter die Decke. Dann drehte sie sich auf die Seite und sah auf die andere, leere Hälfte ihres Bettes, wo die Laken noch so unberührt und glatt waren, wie ihre Hausangestellte sie heute Morgen zurückgelassen hatte.

Bei diesem Anblick malte sie sich zum ersten Mal seit Jahren wieder aus, wie es sich anfühlen würde, dieses Bett mit jemandem zu teilen.

11

MANDY

Unschlüssig stand Mandy an der Steinmauer, die das Anwesen umgab, dessen Anschrift sie auf Richards Facebook-Seite gefunden hatte. Sie sah zu, wie die Leute durch den Nieselregen den Weg entlanghasteten, und beschloss, ihnen zu folgen.

In Gesellschaft von Menschen war sie zwar meist selbstsicher, doch wenn sie sich in einer großen Gruppe befand, in der sie niemanden kannte, fühlte sie sich oft gehemmt und brachte keinen Ton heraus. Auch jetzt hatte sie keine Ahnung, was sie sagen sollte, falls jemand sie ansprach, und versuchte deshalb, möglichst nicht aufzufallen. Sie konnte ruhig ein paar Minuten zu spät kommen. Niemand kannte sie hier oder rechnete mit ihr.

Mandy hatte nicht lange überlegen müssen, bevor sie sich bei der Arbeit krankgemeldet und ihren Schwestern erzählt hatte, sie sei auf einer Fortbildung und daher eine Weile nicht zu erreichen. Selbst wenn sie herausfanden, dass das gelogen war, würden sie ahnen, dass es mit Richard Taylor zu tun hatte.

Sie holte ein Päckchen zuckerfreie Polo aus ihrer Handtasche und steckte sich einen der Minzdrops in den Mund. Dann klappte sie ihren Taschenspiegel auf und überprüfte, ob sie nach der zweistündigen Autofahrt noch einigermaßen ordentlich aussah. Sie fuhr sich durchs Haar und hoffte, dass sich ihre Locken durch die Feuchtigkeit nicht zu sehr gekräuselt hatten.

Als drinnen Musik erklang, ging sie langsam den Weg hinauf. Sie öffnete die Tür und wappnete sich innerlich für das, was sie erwartete.

Wenn sie wirklich ehrlich mit sich war, musste sie sich eingestehen, dass sie keine Ahnung hatte, was sie hier wollte oder was sie sich von ihrem Besuch hier versprach. Mit Sicherheit wusste sie nur, dass es ihr und Richard vorherbestimmt war, etwas zu teilen, auch wenn sich das vielleicht etwas kompliziert gestalten würde. Mit diesem Gedanken trat sie ein und suchte sich einen Platz in der letzten Reihe.

Sie überflog das Programm, das am Rand der Bank gelegen hatte, und versuchte, sich zu beruhigen. Vorne standen zwei Typen mit Gitarren und sangen eine Ballade, die Mandy nicht kannte. Als sie geendet hatten, trat ein Mann mit einem aufrichtigen Lächeln ans Mikrofon.

»Vielen Dank, Stuart und Derek«, sagte er. »Zunächst darf ich mich bei euch allen dafür bedanken, dass ihr hier seid. Und dann heiße ich euch im Namen der Familie Taylor hier in der Kirche St. Peter and All Saints herzlich willkommen – bei der Gedenkfeier für unseren geliebten Freund Richard.«

12

CHRISTOPHER

Christopher beobachtete sie angestrengt durch das Fenster des Restaurants und versuchte, ihre Körpersprache zu entziffern.

Sein DNA-Match Amy saß an einem Tisch, die Arme verschränkt und die Beine an den Knöcheln gekreuzt. Christopher fand, dass sie nervös wirkte. Einem der zahllosen YouTube-Videos zufolge, die er sich angesehen hatte, hieß das, dass sie auf der Hut war. Mit beidem kam er klar. Beides verschaffte ihm einen Vorteil.

Amy sah mindestens einmal pro Minute auf ihr Handy. Außerdem fuhr sie sich oft durch die Haare oder klopfte mit dem Fuß gegen das Stuhlbein. Christopher musste zugeben, dass sie eine attraktive Frau war. Sie sah genauso aus wie auf dem Foto, das sie ihm gemailt hatte, das aber natürlich bearbeitet war.

Ihr langes, dunkles Haar war leicht gewellt. Sie trug eine modische Brille mit schwarzem Rand und auf ihrer blassen Haut nur wenig Make-up. Sie war zwar schlank, tat aber wenig, um ihre Figur zur Schau zu stellen, sondern ging lieber auf Nummer sicher mit einer Hose, hohen Absätzen, einem schlichten blauen Oberteil und einem Blazer.