Their Vicious Darling - Nikki St. Crowe - E-Book

Their Vicious Darling E-Book

Nikki St. Crowe

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Beschreibung

Der Dunkle hat mich endlich akzeptiert ... gerade rechtzeitig, denn alles ändert sich. Vanes Bruder, das Krokodil, ist nach Nimmerland gekommen, und er ist nicht allein. Er hat Mitglieder der königlichen Familie von Dunkelland mitgebracht, und die wollen Vanes Todesschatten um jeden Preis zurück. Natürlich ist Krieg für Peter Pan, Vane, Kas und Bash nichts Neues. Aber wenn die Liebe auf dem Spiel steht, wird alles nur noch schlimmer. Ich weiß, dass diese bösen Verlorenen Jungs alles tun würden, um mich zu beschützen. Aber was, wenn ich nicht diejenige bin, die gerettet werden muss? Als sich die Machtverhältnisse auf der Insel verschieben und Schatten beansprucht werden, müssen wir alle fünf loslassen, wer wir einmal waren. Nur so können wir unsere Bestimmung finden.

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Was bisher geschah …

Nikki St. Crowe

 

THEIR VICIOUS DARLING

Vicious Lost Boys

Band 3

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Their Vicious Darling

 

Copyright © 2022. Their Vicious Darling (Vicious Lost Boys) by Nikki St. Crowe

Published by Arrangement with Nikki St. Crowe

 

Dieses Werk wurde vermittelt durch die

Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH,

30161 Hannover.

 

Deutschsprachige Ausgabe © 2025. Their Vicious Darling

VAJONA Verlag GmbH

 

 

Übersetzung: Ronja Waehnke

Korrektorat: Alexandra Gentara und Patricia Buchwald

Coverumschlagsrechte liegen bei Nikki St. Crowe

 

Satz: VAJONA Verlag GmbH, Oelsnitz

unter Verwendung von Motiven von Canva

 

VAJONA Verlag GmbH

Carl-Wilhelm-Koch-Str. 3

08606 Oelsnitz

 

 

Für all die Mädchen, die jemals Angst hatten, ihre dunkle Seite zu zeigen.

Hinweis

 

Die Vicious Lost Boy-Reihe ist eine Neuinterpretation von Peter und Wendy, in der alle Figuren Erwachsen und nun achtzehn Jahre oder älter sind. Es ist kein Kinderbuch und die Charaktere sind keine Kinder.

Der Inhalt dieses Buches kann für manche Leserinnen und Leser triggernd sein. Wenn ihr mehr über die Triggerwarnungen in Nikkis Werken erfahren wollt, besucht ihre Website.

»Wendy, ein Mädchen ist nützlicher als zwanzig Jungs.«

 

J.M. Barrie

Was bisher geschah …

Nachdem Winnie und die verlorenen Jungs Peter Pans’ Schatten gefunden haben und er ihnen beim Öffnen der Kiste entwischt ist, machen sie sich erneut auf die Jagd nach ihm. Der Schatten verschwindet auf der Insel von Captain Hook. Um an ihn heranzukommen, machen die Jungs einen Deal mit Hook. Den Schatten für seine Schwester Cherry. Doch Pan ist nicht der Einzige, der den Schatten für sich haben will. Und so liefern sich die Faekönigin, Peter Pan und die verlorenen Jungs und Captain Hook einen bitteren Kampf, um den Todesschatten.

Um Winnie zu schützen, schicken die Jungs sie zurück zum Baumhaus, doch sie haben die Rechnung ohne Cherry gemacht. Von ihr in einen Hinterhalt gelockt, ergreift ein weiterer Todesschatten von Winnie Besitz.

 

 

Am liebsten reise ich mit einer königlichen Familie. Jede von ihnen ist geeignet, denn sie reisen immer im Luxus.

Die königliche Familie von Dunkelland ist nicht anders – sie gehören zu den Reichsten der sieben Inseln und scheuen keine Kosten. Aber als Reisebegleiter sind sie scheiße. Es sei denn, ich ficke sie. Dann sind sie in Ordnung.

Amara Remaldi, Ihre Königliche Hoheit, die Herzogin von Gordall, jüngste Prinzessin der Familie Remaldi, findet mich im Speisesaal an der Backbordseite.

»Da bist du ja«, sagt sie, als sie auf mich zukommt.

Ich breche eine Erdnussschale auf, leere den Inhalt in meinen Mund und werfe die Schale in einen nahegelegenen Aschenbecher.

Offensichtlich ist sie begeistert, mich gefunden zu haben. Ich kann es an dem aufsteigenden Tonfall ihrer Stimme hören.

Ich nehme an, es hat damit zu tun, dass ich letzte Nacht fast bis zu den Eiern in ihr vergraben war. Als sie für mich kam, zitterte sie wie ein Blatt im Wind.

Amara mag eine Prinzessin sein, aber sie mag es, dominiert zu werden, und ich mag es, Königinnen betteln zu lassen.

Das lässt mich jung aussehen.

Ich knacke eine weitere Schale, dann zerbreche ich die Erdnuss zwischen meinen scharfen Schneidezähnen. Amara zuckt zusammen.

»Was ist?«, frage ich.

»Giselle und Holt fragen sich, ob du mit uns zu Abend essen willst.« Sie bleibt ein paar Meter vor mir stehen und verschränkt die Hände hinter dem Rücken. Sie trägt den schwarzen Samt von Remaldi mit dem in Gold gestickten aufbäumenden Löwen auf der Vorderseite ihres Waffenrocks. Sie ist mehr Soldatin als Prinzessin und zieht Gewalt der Politik vor, aber sie hat noch nie in ihrem Leben ein Schlachtfeld gesehen.

An ihrer Taille trägt sie ein Langschwert. Der Griff ist mit Cabochon-Rubinen besetzt, was es an einem guten Tag fast unmöglich macht, es zu führen. Die Waffe dient nur der Show, eine eklatante Präsentation von Reichtum.

Es schreit nach: Ich bin so reich, dass ich Schwerter herstellen kann, die glitzern und schimmern und die ich nicht benutze.

»Deine Schwester will nur, dass ich sie nach vorne beuge, an den Haaren ziehe und sie sich wie eine dreckige kleine Hure fühlt.« Ich lasse die Erdnüsse stehen und zünde mir eine Zigarette an. Dann breite ich meine Arme über der Lehne des verzierten Sofas aus, das mit dem Schiffsboden verschraubt ist. Der Speisesaal an der Backbordseite wird nur zu besonderen Anlässen genutzt, aber ich bin jeden Tag etwas Besonderes.

»Wirst du es tun?«, fragt Amara mich.

»An den Haaren deiner Schwester ziehen?«

Sie schnalzt mit der Zunge. Sie ist eifersüchtig, weil ich noch andere am Hof ficke. »Nein. Zum Essen kommen.«

Ich seufze und lehne meinen Kopf gegen die Rückenlehne des Sofas. »Ich würde es vorziehen, nicht zu kommen.«

»Roc.« Ihre Stimme schnurrt beim R.

»Ja?«

Sie kommt zu mir herüber, klettert auf meinen Schoß und sinkt mit ihrem Schritt auf den meinen. Ich kann die Hitze zwischen ihren Beinen spüren. Das Leder ihrer nagelneuen Stiefel ächzt, als sie sich um meine Oberschenkel schmiegt. »Komm zum Abendessen, bitte.«

Hübsche Prinzessinnen, die um etwas bitten.

Es gibt nichts, was so erfreulich ist.

Amara hat das blonde Haar der Familie, aber ihres ist lockig. Sie trägt es jedoch geglättet und meist nach hinten gesteckt, um die Gerüchte über ihre Herkunft zu vermeiden.

In der Familie Remaldi hat niemand lockiges Haar.

Aber der Captain der Garde ihres Vaters hatte welches.

Und es gab durchaus Gerüchte, dass der Captain eine Affäre mit der gekrönten Königin hatte.

Ich nehme einen weiteren Zug von der Zigarette. Amaras Augen sinken auf meinen Mund, auf die Art, wie meine Lippen an dem Papier ziehen. Ich lasse den Rauch eine Sekunde später ausströmen, bevor ich ihn schnell wieder einsauge.

Ein kleiner Atemzug entweicht ihr und sie schaukelt gegen mich, reibt ihre Mitte gegen meinen Schritt.

Aber ich bin nicht in der Stimmung.

Nicht, wenn das Nimmerland näher rückt und meine Stunde der Not ebenso.

»Komm zum Abendessen und es wird sich für dich lohnen.« Sie greift zwischen uns und betatscht mich.

Amara ist wohl die am wenigsten wahrscheinliche Herrscherin, obwohl ich schon öfter überrascht wurde. Schließlich dachte ich, dass ein Lorne-Prinz über mein Heimatland herrschen würde, und dann hat mein lieber kleiner Bruder die ganze Familie mit bloßen Händen ausgeweidet. Also … Überraschung.

Aber was Amara an königlicher Macht fehlt, macht sie mit Ausschweifungen mehr als wett.

Vor diesem Unsinn haben wir die meisten Nächte im Rotlichtviertel von Dunkelland verbracht. Wir haben gefickt und uns zugedröhnt, bis wir nicht mehr klar sehen konnten.

»Ich vermute, du wirst mich mit oder ohne Abendessen auf Trab halten«, sage ich und nehme einen weiteren langen Zug von der Zigarette. Ihre blassen Wangen werden rosa. Ich bin viel zu alt für sie, auch wenn wir gleich alt aussehen, so um die sechsundzwanzig, mehr oder weniger.

Wahrscheinlich bin ich für die Hälfte der Leute, die ich ficke, viel zu alt. Unsterblich zu sein, wird für immer diesen Effekt haben.

»Meine Schwester will sicher sein, dass deine Loyalität zu uns intakt bleibt«, fährt Amara fort, »und dass du nicht weich werden wirst, wenn es um deinen Bruder geht.«

Ich seufze. »Ich habe seit Jahren weder mit Vane gesprochen noch ihn gesehen. Es gibt keinen Grund, weich zu werden.«

Wenn Amara mich in ihrer Lust lesen könnte, würde sie wissen, dass ich lüge. Ich bin wütend auf meinen Bruder, ja. Er hat Peter Pan mir vorgezogen. Aber würde ich ihn an die königliche Familie verraten? Niemals. Niemals in hundert Jahren.

Ich muss also vorsichtig sein, und dafür gebe ich der Faenkönigin die Schuld. Denn als sie mich holte und versprach, Peter Pans Geheimnisse zu lüften, schickte sie den Brief an den Palast, wohl wissend, dass die königliche Familie ihn abfangen und sich in die Sache einmischen würde. Sie haben nach jeder Ausrede gesucht, um den Todesschatten von meinem Bruder zurückzubekommen. Sie waren nur zu verängstigt, um ihn zu konfrontieren.

Nein, sie hoffen, dass sein schrecklicher älterer Bruder die Drecksarbeit für sie erledigt.

Aber ich nehme an, das hängt davon ab, welche Geheimnisse die Faekönigin vor mir verbirgt.

Wenn sie wertlos sind, werde ich etwas anderes finden, mit dem ich meine Zeit verbringen kann.

Wenn diese Geheimnisse einen Wert haben …

Ich glaube, Vane wird sich nur schwer entscheiden können, auf welcher Seite er landet – auf meiner oder auf der von Peter Pan. Und ich denke, wenn er sich nicht entscheiden kann, werde ich für ihn entscheiden.

Ich hasse Pan nicht. Ich mag ihn auch nicht.

Wir hatten viel Spaß, als wir Hook zur Strafe für seine Taten die Hand abschnitten.

Aber gute Zeiten sind nicht dasselbe wie Gehorsam und Loyalität.

Und ich könnte Peter Pan niemals kontrollieren, weder offensichtlich noch heimlich – er würde mir ganz sicher niemals treu sein.

Das bedeutet, dass ich ihn automatisch weniger leiden kann.

»Komm zum Abendessen«, sagt Amara erneut, diesmal mit einem Anflug von Betteln.

Ich komme aus dieser Sache nicht heraus, nicht, solange ich auf einem verdammten Schiff festsitze.

»Gut.«

Ihre Zähne blitzen unter ihrem zufriedenen Lächeln hervor.

Ich stöhne und ziehe meine Taschenuhr hervor, um die Zeit zu überprüfen.

»Ich muss früher gehen«, sage ich ihr. »Keine Ausnahmen.«

»Du und deine Uhr.« Sie beugt sich vor, drückt sich wieder gegen mich und bringt die feuchte Wölbung ihrer Lippen auf meine.

Na gut, vielleicht bin ich doch in der Stimmung.

Ich greife mit meiner freien Hand nach ihrem Hintern. Ihre Zunge schnellt nach vorne, jagt meine und der Kuss wird tiefer. Mein Schwanz wird härter. Amara wackelt mit den Hüften und bringt die Hitze ihres Inneren näher zu mir.

Fuck.

Und dann ist sie verschwunden.

Meine schweren Lider reißen auf und ich sehe, dass sie amüsiert einige Schritte zurückgeht. »Das ist alles, was du im Moment bekommst.« Sie streicht sich mit dem Handrücken über den Mund. »Komm zum Essen. Dann bekommst du den Rest.«

»Du dreckige kleine Schlampe«, sage ich zu ihr, rauche die Zigarette zu Ende und kämpfe gegen den Drang an, mir zwischen die Beine zu greifen, jetzt wo mein Schwanz so hart ist, dass er gegen meine Hose drückt.

»Acht Uhr«, sagt sie und wendet sich ab. »Komm nicht zu spät. Meine Schwester hasst Unpünktlichkeit.«

Sie und ich haben eines gemeinsam – sind jeder Minute, jeder Stunde verpflichtet.

 

 

 

 

 

Dunkelland mag eine der reichsten Inseln der Inselkette sein, aber sie handelt auch gerne mit einer anderen Währung – mit Klatsch.

Und der Klatsch im Gerichtssaal ist, dass Giselle und Holt – älteste und zweitälteste Remaldi-Geschwister – entweder versuchen, sich gegenseitig zu vögeln oder umzubringen. Ich glaube wirklich, dass es so oder so ausgehen könnte.

Als ich den Speisesaal an Steuerbord betrete, finde ich Giselle am Kopfende des Familientisches, einen Kelch mit Brandy in der Hand. Sie trägt ein goldenes Kleid, das mit Kristallen bestickt ist, die im Licht schimmern. An ihren Ohren hängen riesige Sommerland-Diamanten, und weitere hängen um ihren Hals.

Giselle ist der Typ Frau, der durch seinen Reichtum schön wird. Ich glaube, wenn sie im Umbrage unter dem Rauch und der Asche der Fabriken geboren wäre, würde ihre Nase ein wenig zu groß für ihr Gesicht und ihre Augen zu dicht beieinander erscheinen.

»Roc«, sagt sie und lächelt mich an.

Weil ich ein pflichtbewusstes Arschloch bin, begrüße ich sie mit einem Kuss auf ihre nackten Fingerknöchel und sie errötet unter der Aufmerksamkeit. Vor zwei Nächten habe ich ihr eine Ladung Sperma ins Gesicht gespritzt. Dabei ist sie nicht rot geworden.

»Eure Majestät«, sage ich zu ihr. »Ihr seht heute Abend hinreißend aus.«

»Du auch. Ich sehe, du trägst das Geschenk, das ich dir gekauft habe.« Das Geschenk ist ein dreiteiliger Anzug, der speziell für mich geschneidert wurde. Er hat den gleichen dunklen Farbton wie der Remaldi-Samt, ist aber aus Mohair. Er verdeckt die meisten meiner Tätowierungen, bis auf das Krokodilmaul und die scharfen Zähne, die sich halb um meinen Hals winden, und die Tätowierung auf meinen Händen.

»Er sieht göttlich aus«, sagt sie.

»Dank dir.«

Sie zögert. »Setz dich«, befiehlt sie und deutet auf den Stuhl zu ihrer Linken. Normalerweise sitzt Holt dort. Wie ich sehe, hat sie sich heute für Gewalt entschieden, also nehme ich Platz.

Sie schnippt mit dem Finger und einer der Bediensteten bringt mir einen Becher Sommerland-Whisky. Es ist eine der süßeren Mischungen und schmeckt nach Karamell und Gewürzen.

»Ist es zu früh, um über das Geschäft zu sprechen?«, fragt sie.

»Ist es das bei dir jemals?«

Das Lachen, das aus ihrer Kehle hervorquillt, klingt nicht amüsiert. »Nicht, wenn die Zukunft meiner Insel auf dem Spiel steht. Aber das weißt du ja.«

»Natürlich.«

Der Rest der Familie trudelt ein. Holt bleibt erschrocken stehen, als er mich auf seinem Stuhl sieht. Sein Kiefer spannt sich an. Ich lächle ihn unschuldig an.

Ich habe Holt nicht gefickt. Holt hasst mich abgrundtief.

Manchmal fantasiere ich darüber, ihn davon zu befreien.

Giselle hält seinem Blick eine Sekunde zu lange stand, dann setzt er sich auf den Stuhl rechts von ihr.

Holt ist nur ein Jahr jünger als Giselle, aber er denkt, er hätte das Sagen, weil er ein Mann ist. Offensichtlich weiß Holt nichts über die Macht der Frauen.

Amara nimmt den Stuhl neben mir und lehnt sich dicht an mich heran. »Du siehst so verdammt heiß aus in diesem Anzug.«

»Ich weiß.«

Auf der anderen Seite des Tisches lachen die beiden jüngsten Cousins der Familie gemeinsam. Da ist Julia, deren Eltern tot sind. Und Matthieu, dessen Eltern nicht tot sind.

Julia ist dazu bestimmt, mit einem der Dunkelland-Vizegrafen verheiratet zu werden, eigentlich mag ich sie. Wir spielen Schach, wenn wir in der Stimmung sind. Sie ist spektakulär schlecht darin, aber ich lasse sie gewinnen.

Die Bediensteten bringen den ersten Gang – geröstetes Brot mit Käse und gedünstetes Gemüse in Scheiben, beträufelt mit Balsamico-Vinaigrette.

»Hast du dich entschieden, wie du deinen Bruder ansprechen willst?«, fragt Giselle, während sie mit einem Messer in das Brot schneidet. Das Brot knackt, dann knirscht es unter der Klinge.

»Es ist das Beste, wenn ich ihn allein anspreche.« Ich leere meinen Whisky und gestikuliere nach einem neuen.

»Glaubst du, wir lassen dich einfach ohne uns auf Nimmerland herumlaufen?«, fragt Holt. »Damit du Vane warnen kannst? Und Peter Pan? Auf keinen Fall.«

»Komm schon, Holt.« Amara spricht mit ihren Händen und wedelt mit ihrem Besteck herum. »Roc ist schon länger bei uns, als er bei seinem Bruder war. Er ist Vane nicht mehr treu ergeben.«

Giselle beobachtet mich.

Ich trinke den zweiten Whisky, den der Diener gebracht hat.

Wenn jemand meine Lügen durchschaut, dann ist sie es.

»Zeit bedeutet dem Blut nichts«, sagt Holt.

»Zeit bedeutet alles, Holt«, erwidere ich.

Wo wir gerade dabei sind …

Ich schaue auf meine Taschenuhr. Ich habe eine Stunde und drei Minuten und wir sind erst bei dem ersten verdammten Gang.

»Wenn wir die Faekönigin besucht haben, um herauszufinden, womit wir es zu tun haben, schlage ich vor, dass ihr alle in Darlington Port bleibt«, sage ich ihnen. »Tragt nicht eure königlichen Wappen. Bleibt unauffällig. Stellt euren Reichtum nicht zur Schau. Und um Himmels willen, provoziert nicht Peter Pan oder die verlorenen Jungs. Wenn die Zeit reif ist, rufe ich nach euch.«

»Wie wäre es, wenn du stattdessen Vane zu uns bringst?« Holt berührt den riesigen Stein, der an seinem Hals hängt. Es ist so ziemlich die einzige Magie, die in der Remaldi-Familie noch vorhanden ist, und es ist Holts Verteidigung und seine letzte Hoffnung.

Der Lebensschatten von Dunkelland ist vor Jahrhunderten versteckt worden. Und die Magie ist mit dem Todesschatten von der Insel verschwunden.

Sie werden verzweifelt.

Natürlich wird der magische Stein gegen meinen bösartigen kleinen Bruder wirken, der eine der mächtigsten Entitäten der Sieben Inseln besitzt. Ich bin mir sicher, dass es klappenwird.

»Ich werde sehen, was ich tun kann«, sage ich zu Holt, aber ich werde es nicht tun.

Der zweite Gang wird serviert. Es ist eine dicke rote Suppe.

Jetzt habe ich Appetit auf etwas anderes.

Beim dritten Gang höre ich förmlich die Sekunden in meinem Kopf herunterticken.

Ich muss verdammt noch mal hier raus.

Ich schaue noch einmal auf die Uhr.

»Musst du irgendwo hin?«, fragt Giselle.

»Du weißt, dass ich jeden Tag zu einer bestimmten Zeit meditiere.«

»Meditieren.« Holt schnaubt, während er in sein Steak schneidet.

Fast jeder in Dunkelland kennt mich als das Krokodil, den Verschlinger der Menschen.

Aber sie wissen nicht, warum.

Sie wissen nicht, was passiert, wenn die Sekunden ablaufen.

»Iss«, befiehlt Holt. »Du willst doch nicht, dass all das Essen verschwendet wird, oder, Krokodil?«

»Natürlich nicht.« Ich schenke ihm ein angespanntes Lächeln.

Sobald die Teller wieder abgeräumt werden, wird der Nachtisch herausgebracht.

»Ich muss den letzten Gang heute Abend auslassen«, sage ich und schiebe meinen Stuhl zurück.

»Ach, musst du das?«, schmollt Giselle.

»Ich muss.«

»Ich denke, du solltest bleiben«, sagt Holt.

Im Grunde genommen muss jeder, der unter der Herrschaft der königlichen Familie steht, einem direkten Befehl folgen.

Holt ist nicht dumm. Es war mehr ein Vorschlag als ein Befehl, um mich zu testen, aber nicht, um seine Gliedmaßen zu riskieren.

»Ich muss wirklich gehen«, erwidere ich. »Aber ich weiß die Gastfreundschaft wie immer zu schätzen.«

Meine Haut kribbelt, als ich mich zu Giselle beuge und erneut ihren Handrücken küsse. »Gute Nacht, Eure Majestät.«

»Gute Nacht, Krokodil.«

Sie hat diesen Gesichtsausdruck – ein Versprechen, dass ich sie später sehen werde.

Nicht heute Abend. Nicht, wenn ich es verhindern kann.

Ich gehe auf die Tür zu.

»Warte.«

Mir dreht sich der Magen um, und es kostet mich alles, um nicht den Verstand zu verlieren. Ich wende mich wieder dem Speisesaal zu.

Holt sagt: »Wir werden bald auf der Insel sein. Ich erwarte, dass du bereit bist, von Bord zu gehen.«

»Natürlich, Eure Hoheit.«

Ich muss hier verschwinden, sonst esse ich Holt zum Abendessen.

»Du kannst gehen«, sagt er, und ich verbeuge mich vor dem Zimmer und drücke mich durch die Schwingtür.

Ich halte meine Uhr in der Hand, während ich den Gang hinunterlaufe und dann über das Geländer der Treppe auf die unteren Decks rutsche.

Ich finde ein Dienstmädchen und nehme ihre Hand. »Komm mit«, sage ich ihr, und sie versucht, sich zu wehren, aber es gibt keinen Versuch mit mir.

In meinem Kopf tickt die Uhr noch lauter.

Schweiß bricht mir im Nacken aus.

Zu nah.

Das war verdammt knapp.

Ich ziehe das Mädchen in meine Kabine und schließe die Tür hinter uns zu.

»Mein Herr«, sagt sie und ringt die Hände.

Sie alle kennen meinen Ruf. Aber ich muss nicht ficken.

Ich muss essen.

»Entschuldige, kleines Mädchen«, sage ich, während der Wandel hinter meinen Augen hämmert und ich meine glühende Iris im Spiegel über dem Schreibtisch erkenne.

Das Mädchen keucht, ihre Unterlippe zittert.

»Es wird nur einen Moment dauern.«

Und dann lege ich meine Hand um ihren Nacken und ziehe sie zu mir.

 

 

Wie lange dauert es noch, bis die Sonne aufgeht?

Der Gedanke kommt mir, als wir der Nimmerlandstraße zurück zum Baumhaus folgen, blutgetränkt, siegestrunken und in Dunkelheit gehüllt. Es ist ein veralteter Gedanke, der immer noch einen Hauch von Panik in mir auslöst, der meine Wirbelsäule hinaufwandert und mich am Hals packt. Denn wenn ich vom Sonnenlicht erwischt werde, werde ich zu Asche.

Es dauert ein paar Sekunden, bis ich merke, dass ich mich nicht mehr um das Licht kümmern muss.

Ich habe meinen Schatten.

Das Nimmerland gehört wieder mir und ich gehöre ihm.

Die Zwillinge drängen auf dem Weg voran, aber Vane ist an meiner Seite. Ich kann spüren, wie seine Fragen zwischen uns stehen.

»Was ist los?«, frage ich und halte meinen Blick auf die Zwillinge gerichtet. Sie bedrängen sich gegenseitig, obwohl wir gerade von einem Kampf mit ihrer Schwester, der Faekönigin, zurückkehren. Einem Kampf, in dem sie ihnen eindeutig die Grenzen aufgezeigt hat und sie sich eindeutig für eine Seite entschieden haben –meine.

Wir werden der Königin wieder gegenüberstehen müssen, und wenn ich mich durchsetze, wird sie entthront und die Zwillinge werden zu den Königen des Faehofs gekrönt, und alles wird so sein, wie es sein sollte.

Das ist mein bevorzugtes Ergebnis – dass ich zu dem zurückkehre, was ich war, und dass Nimmerland in Frieden leben wird.

Captain Hook ist allerdings immer noch ein Joker, und ich mag keine Kartenspiele. Irgendwann wird man sich um ihn kümmern müssen. Um Cherry auch.

Aber ich denke schon zu weit voraus.

»Wie fühlst du dich?«, fragt Vane. Er sieht mich nicht mehr an, aber ich spüre immer noch das Gewicht seiner Aufmerksamkeit.

»Ich …«

Wie kann man das Gefühl, wieder ganz zu sein, beschreiben? Wie fasst man das Gefühl in Worte, lebendig zu sein, wenn ich doch einst tot war? Vielleicht nicht buchstäblich, aber geistig … auf magische Weise? Ich war ein gehender, sprechender Mann ohne Seele.

Wie fühle ich mich also?

Ich dachte, sobald ich meinen Schatten habe, würde ich zu der Version von mir zurückkehren, die ich war, als ich ihn verlor. Aber das ist unmöglich. Das ist mir jetzt klar.

Ich bin verändert.

Peter Pan, der berüchtigte Nimmerkönig, wurde von einem Darling-Mädchen, einem Todesschatten und zwei Faeprinzen verwandelt.

Wie ich mich fühle?

Diese Frage ist unmöglich zu beantworten.

»Mir geht es gut«, sage ich zu Vane und er schnaubt verächtlich, woraufhin ich mich berichtige. »Ich freue mich auf die Rückkehr zu unserem Darling-Mädchen«, füge ich hinzu. »Bei Sonnenaufgang wird sie meinen Namen schreien.«

Ich schaue zu ihm hinüber. Die Seite mit seinem guten Auge ist mir zugewandt, aber ich kann immer noch nicht erkennen, was er denkt.

»Wirst du sie auch ficken? Füll sie aus, damit ich die Lust in ihrem Gesicht sehen kann.« Ich werde schon steif, wenn ich nur daran denke.

Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal mit einem intakten Schatten gefickt habe. Wie viele Jahrhunderte ist das her?

Zu viele. So viele, dass ich nicht mehr zählen kann.

Aber ein Anflug von Unbehagen zeigt sich in den feinen Linien um Vanes Auge. »Ich muss ihr immer noch Schmerzen zufügen, um ihr Vergnügen zu bereiten.«

Die Zwillinge lachen, dann legt Bash seinen Arm grob um Kas’ Hals und zieht ihn an seine Seite.

»Darling weiß, was es kostet«, sage ich zu Vane.

»Ja, aber was kostet mich das? Hast du das bedacht?«

»Nein, habe ich nicht«, gebe ich zu, denn es hat keinen Sinn, zu lügen. »Dann sag mir, was es bedeutet.«

»Wenn sie blutet … ist es nicht der Schatten …« Er flucht und zieht dann eine Zigarette aus dem Stahlgehäuse in seiner Tasche. Das Blut der Piraten ist um seine Fingernägel herum verkrustet und in den Furchen seiner Fingerknöchel eingetrocknet. Noch mehr davon ist über sein Gesicht gespritzt.

Ich mag Vane am liebsten, wenn er ein Blutbad anrichtet. Es erinnert mich daran, dass ich mit meinem Durst nach Zerstörung nicht allein bin.

Ich warte darauf, dass er sich die Zigarette anzündet und seine Lunge mit Rauch füllt.

»Sprich weiter«, sage ich ihm.

»Dem Schatten ist es egal, ob Darling-Mädchen bluten«, sagt er. »Aber das, was ich jenseits des Schattens bin … dem ist es nicht egal.«

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie das Krokodil das Blut von Hook aufgesaugt hat, nachdem wir ihm die Hand abgeschnitten hatten. Roc hat sich daran ergötzt.

Ich dachte, es wäre nur eine seltsame Macke. Dieser Wichser ist verrückt, soweit ich es beurteilen kann. Nie habe ich es in Frage gestellt und Hook hat seinen verdammten Verstand verloren, also schätze ich, dass der Akt seinen Teil dazu beigetragen hat.

Die sieben Inseln sind die Heimat so vieler Kreaturen, so einiger Magie, so vieler Mythen und Legenden, dass es unmöglich ist, zu erraten, was Vane sein könnte. Aber jetzt muss ich mich fragen, ob es in der Familie liegt.

Es mag zahlreiche Monster auf den Inseln geben, aber diejenigen, die nach Blut dürsten, sind nicht so zahlreich.

Vane nimmt einen langen Zug von der Zigarette.

Jenseits des Pfades streifen die Wölfe in der späten Dunkelheit umher.

Als die Straße nach Süden zum Baumhaus abbiegt, schnippe ich mit den Fingern nach Vane und er gibt mir die Zigarette, damit ich einen Zug nehmen und sie schließlich behalten kann. Der Rauch brennt nicht mehr so wie früher, und ich bin überrascht, dass es mich enttäuscht.

»Und was willst du damit sagen?«, frage ich ihn, nachdem ich ausgeatmet habe.

»Ich weiß es nicht.«

»Ich glaube, du weißt es, aber du willst es mir nicht sagen.«

Er seufzt. »Für Winnie bin ich eine Klinge und ein Raubtier mit scharfen Zähnen. Wenn ich sie nicht wie das eine schneide, werde ich sie wie das andere zerreißen, und ich weiß nicht, was ich dagegen tun soll.«

Ihn zu hören, wie er sie beim Namen nennt, ist etwas Seltsames. Eine intime Sache. Ich muss das Aufflackern der Eifersucht beiseiteschieben. Dass sie sich vielleicht näher sind, als mir bewusst ist, lässt mich die Schultern anspannen. Denn natürlich sind sie das. Es ist unvermeidlich. Ich bin ein König. Ich werde immer auf eine Armeslänge Abstand gehalten werden. Und die Zwillinge werden nie jemandem näher stehen als sich selbst.

Es sollte immer Vane sein.

Wir werden sie alle haben, aber Vane könnte einen Teil von ihr bekommen, den der Rest von uns niemals sehen kann.

Ich muss damit einverstanden sein. Ich bin damit einverstanden. Aber es bedeutet, dass ich beides zusammenhalten muss, denn ohne das eine verliere ich das andere und ohne beides …

Die Wölfe kommen näher und ich sehe einen zu meiner Linken durch das Unterholz huschen.

»Du willst mir also sagen, dass den Dunkelland-Schatten aufzugeben, deine Probleme nicht lösen wird, also sollten wir dir den Nimmerland-Todesschatten –«

»Wichser«, unterbricht er mich, aber in seiner Stimme schwingt ein Lachen mit. Er stiehlt die Zigarette zurück.

»Hör zu«, beginne ich, »ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man versucht, zu ertragen, zwei Seiten einer schlechten Medaille zu sein. Wenn es jemanden gibt, der das versteht, dann bin ich es. Also rede einfach mit mir, verdammt.«

Mir stellen sich die Haare auf den Armen auf, als die Zwillinge vor mir langsamer werden und ein Wolf aus dem Wald herausschaut.

Ich bin wieder mit dem Nimmerland verbunden, aber es ist schon so lange her, dass ich die Silben der Landessprache nicht mehr erkenne, die scharfen Kanten der Konstanten, die Weichheit der Vokale. Ich muss sie ganz neu lernen.

Was ist das für ein Nagen in meinem Hinterkopf? Das Gefühl, dass etwas nicht stimmt?

Ich sehe zu Vane hinüber. Vielleicht habe ich ihn zu weit getrieben. Vielleicht reibt sich sein dunkler Schatten an meinem. Wir waren noch nie auf diese Weise Seite an Seite, zwei Schatten aus verschiedenen Ländern.

Es ärgert mich, dass ich das nicht bedacht habe. Es macht mir Angst, dass es sich als Problem herausstellen könnte.

»Spürst du das?«, frage ich.

Er nickt mir zu, sein violettes Auge wird schwarz.

Der Wolf trottet vor den Zwillingen auf die Mitte des Weges.

Vane und ich bahnen uns langsam einen Weg nach vorne und flankieren die Prinzen, sodass wir dem Wolf in einer Reihe gegenüberstehen.

»Das ist ungewöhnlich«, sagt Kas mit leiser, gleichmäßiger Stimme. Der Wind dreht sich und sein Haar weht vor seinem Gesicht, aber er macht keine Anstalten, es zu richten.

Vor sehr, sehr langer Zeit wäre ich mit den Wölfen gerannt, aber die Erinnerung ist so alt, dass sie mehr Rauch als Feuer ist, kaum vorhanden.

Ich habe die Wölfe nicht mehr so nah gesehen, seit ich meinen Schatten verloren habe.

Bash pfeift ihm zu und sagt dann: »Was machst du, Junge?«

Der Wolf neigt seinen Kopf. Selbst in gebückter Haltung ist er noch etwa halb so groß wie die Zwillinge. Sein Fell ist wie ein dunkler Dämmerungshimmel – größtenteils schwarz mit weißen und grauen Flecken. Er sieht uns aus leuchtend blauen Augen an.

»Was sollen wir tun?«, zischt Kas.

Der Wolf steht zwischen uns und dem Baumhaus. Ich bin ungeduldig, zu meiner Darling zurückzukehren.

Ich trete vor. Das Gefühl, dass etwas nicht stimmt, wächst.

»Geh weiter«, fordere ich den Wolf auf. »Zurück in die Wälder.«

Er richtet die Schultern auf und hebt den Kopf, zieht die Lippen zurück, sodass seine scharfen Zähne zum Vorschein kommen.

»Mach nur weiter, ich werde es dir nicht noch einmal sagen.«

Ich mache noch einen Schritt, er dreht sich um und läuft weg.

Aber er verschwindet nicht in den Wald.

Stattdessen folgt er dem Weg direkt zum Baumhaus.

Ich kann das Ziel des Wolfes sofort erkennen.

An meiner Seite sagt Bash: »Vielleicht sollten wir –«

Aber ich höre nicht zu und ich warte ganz sicher nicht. Stattdessen gehe ich in die Knie und stoße mich von der Nimmerland-Erde, mit der Geschwindigkeit eines tödlichen Kampfflugzeugs, ab.

In weniger als einer Sekunde erhebe ich mich in die Luft und durchbreche kurz darauf die Schallmauer. Die Bäume rütteln unter der Wucht meines Fluges.

Es ist keine Zeit, um mich wieder daran zu gewöhnen, in der Luft zu sein.

Panik lässt mein Herz in den Ohren klopfen und das Blut durch meine Adern rauschen.

Der Wolf ist hinter dem Haus her.

Ich bin hinter dem Wolf her.

Als ich vor dem Baumhaus lande, finde ich die Eingangstür zertrümmert vor, nur noch Splitter, und mir steigt die Galle hoch.

»Darling!«

Ich stoße das, was von der Haustür übrig geblieben ist, auf und sie knallt gegen die Wand. Nasse Pfotenabdrücke durchqueren das Foyer und verschwinden die Treppe hinauf.

»Darling!«

Einige der verlorenen Jungs schlurfen aus ihren Zimmern und reiben sich die Augen.

»Pan, was ist los?«, fragt einer von ihnen.

»Darling!«, rufe ich wieder und kümmere mich nicht um die Treppe.

Ich höre einen Schrei vom Dachboden, dann ein Knurren, und die Sittiche fliehen in einem zwitschernden Schwarm vom Baum. Als ich vor Darlings Schlafzimmer lande, rieche ich den Moschusgeruch des Wolfsfells. Eine weibliche Stimme zittert vor Angst. Ich trete die Tür ein und finde Cherry in der Zimmerecke kauernd und den Wolf, der am Ende von Darlings Bett steht und mich anknurrt. Darling liegt auf der Seite unter dem dünnen Laken und schläft fest. Ich trete näher heran. Der Wolf stößt ein warnendes Knurren aus.

Ich spreche vielleicht nicht dieselbe Sprache – noch nicht –, aber ich weiß, dass er Absichten spüren kann, besonders meine. Wenn es auf den Wolf oder Darling hinausläuft, weiß ich, wie meine Wahl ausfallen wird. Er muss es auch wissen. Eine Warnung ist eine Warnung.

»Raus«, sage ich ihm.

---ENDE DER LESEPROBE---