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Endlich Hilfe für den Darm
Rund 8 Millionen Menschen in Deutschland erhalten die Diagnose Reizdarm, viele haben trotz Therapie Beschwerden. Der Grund: 80 Prozent leiden vermutlich an SIBO, einer unerkannten bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms. Sind in anderen Ländern Diagnose und wirksame Therapie bereits etabliert, setzt sich bei uns das Wissen rund um die Störung des Mikrobioms erst langsam durch. Doch nun ist Hilfe auf dem Weg: Dr. Gabriela Hoppe ist seit vielen Jahren auf das Thema spezialisiert und gilt als ausgewiesene Expertin. In diesem Buch legt sie das erste strukturierte Diagnose- und Behandlungskonzept zur SIBO und deren Spezialform, der IMO, vor.
Der praktische Behandlungsplan für Therapeuten und Betroffene
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 450
Veröffentlichungsjahr: 2025
Dr. rer. pol. Gabriela Hoppe
1. Auflage 2025
40 Abbildungen
Der Darm galt in der Medizin schon immer als ein wichtiger Ausgangspunkt für zahlreiche Erkrankungen. Die Weisheit „Darm gesund – Mensch gesund“ wird durch die Mikrobiomforschung eindrucksvoll bestätigt. Gabriela Hoppe hat es in ihrem Buch »Therapieleitfaden SIBO« meisterhaft verstanden, diese Zusammenhänge darzustellen. Mit ihrer Expertise und langjährigen Erfahrung als Heilpraktikerin und Ernährungsspezialistin bietet sie wertvolle Einblicke in die Welt des Mikrobioms und dessen Einfluss auf unsere Gesundheit. Dabei geht sie detailliert auf die Ursachen ein, die zu einer ungünstigen Zusammensetzung der Darmbakterien führen, und beschreibt die weitreichenden Auswirkungen dieser Fehlbesiedlungen. Insbesondere unterscheidet die Autorin die Formen der Fehlbesiedlungen wie SIBO (small intestinal bacterial overgrowth) und IMO (intestinal methanogen overgrowth). Diese Unterscheidungen sind essenziell, um die richtigen therapeutischen Maßnahmen zu ergreifen und langfristig eine gesunde Darmflora wiederherzustellen.
Durch ihre persönlichen Erfahrungen und zahlreiche Fallbeispiele zeigt sie verschiedene Wege zu einem gesunden Darm auf. Sie beschreibt theoretische Grundlagen und bietet praktische Anleitungen und bewährte Therapieansätze, die helfen, den Weg zu einer besseren Darmgesundheit zu finden. Dabei berücksichtigt sie die individuelle Situation jedes Einzelnen und bietet maßgeschneiderte Lösungen an. Dieses Buch wird somit zu einem unverzichtbaren Begleiter auf dem Weg zu einem gesunden Darm und einem besseren allgemeinen Wohlbefinden. Es richtet sich an alle, die tiefer in die Materie der Darmgesundheit eintauchen möchten – sei es aus persönlichem Interesse oder beruflichem Engagement. Gabriela Hoppe erklärt komplexe medizinische Zusammenhänge verständlich und zeigt gleichzeitig, wie wichtig es ist, die Ursachen von Darmstörungen ganzheitlich zu betrachten.
Möge dieses Buch Ihnen helfen, ein tieferes Verständnis für die Zusammenhänge von Gesundheit und Darmflora zu entwickeln und Ihnen praktische Wege zu einem gesunden Leben aufzeigen.
Herzlichst, Lothar UrsinusHeilpraktiker und Autor
Der Reizdarm ist eine häufige Erkrankung. Das Vorkommen in der Bevölkerung wird auf ca. 11% geschätzt. Zudem ist es eine relevante Erkrankung. Das weiß eigentlich jeder, der schon einmal akute Magen-Darm-Probleme hatte und unter Schmerzen, Gasbildung, Durchfall und Krämpfen litt. Und der Reizdarm ist eine teure Erkrankung, denn er führt zu häufigen Arztbesuchen beim Hausarzt und beim Gastroenterologen und stellt einen der häufigsten Gründe für eine Krankschreibung dar. Und dennoch ist es in der Regel so, dass – wenn bei der Magen- und Darmspiegelung nichts gefunden und die Diagnose „Reizdarmsyndrom“ gestellt wird – Betroffene mit wenig hilfreichen Ratschlägen abgespeist werden, wie „Ist nicht so schlimm.“ „Wird schon wieder.“ „Essen Sie mal ein bisschen vorsichtiger.“ „Kauen Sie besser.“
Bis vor kurzem galt der Reizdarm bei vielen Ärzt*innen vor allem als psychische Erkrankung: Zu viel Stress, schlechte Gewohnheiten, die Psyche. Doch jetzt hat sich das geändert. Oder es ist gerade dabei, sich zu ändern. Zum Glück. Neue Daten zeigen, dass bis zu 80% der Betroffenen mit Darmsymptomen eigentlich eine Dünndarmfehlbesiedlung haben. Also dass Bakterien, die eigentlich im Dickdarm sein sollten, nach oben gewandert sind, den Dünndarm besiedelt und sich dort ausgebreitet haben. Das macht dann verschiedenste Symptome wie Blähungen, Durchfall, Verstopfung und Schmerzen. Typische Reizdarmsymptome.
Bloß, dass man diese Erkrankung jetzt messen und diagnostizieren und sogar behandeln kann. Sie heißt auch nicht mehr Reizdarm, sondern Dünndarmfehlbesiedlung, kurz SIBO. Bisher weiß das nur kaum einer. Doch jetzt gibt es zum Glück dieses Buch von Gabriela Hoppe, einer ausgewiesenen Expertin für dieses Thema. In den sozialen Medien ist sie der Reizdarm-Community gut bekannt und Betroffene berichten begeistert von ihren Postings, ihrem Podcast und ihrem 6-Säulen-Programm. Und gut schreiben kann sie auch noch. Darum kann ich Ihnen nur empfehlen, dieses Buch unbedingt zu lesen!
Dr. med. Thomas Fiedler, MBAFacharzt für Innere Medizin, www.reizdarm-SOS.de
es freut mich, dass du zu diesem Buch gegriffen hast, und ich bin sehr gespannt, zu welcher der beiden typischen Interessengruppen du gehörst:
Gehörst du zur Gruppe der Betroffenen, leidest du vermutlich unter ungeklärten Blähungen, Blähbauch, Bauchschmerzen, Sodbrennen, Übelkeit, Unverträglichkeiten und/oder anderen Unpässlichkeiten rund um den Verdauungstrakt – landläufig bezeichnet als Reizdarmbeschwerden. Falls das auf dich zutrifft: Willkommen im Club!
Laut Statistik leiden allein in Deutschland mehr als neun Millionen Menschen mehrmals im Monat an ungeklärten Magen-Darm-Beschwerden – die Dunkelziffer wird von Expert*innen deutlich höher eingeschätzt. Bei vielen Betroffenen wird keine handfeste Ursache ermittelt und sie werden mit der Diagnose „psychosomatisch“ bzw. „somatoform“ nach Hause geschickt. Im schlimmsten Fall finden sie sich mit dieser Diagnose ab und fristen ein schmerzvolles und frustriertes Dasein. Im besten Falle beginnen sie jedoch, selbst zu recherchieren. So wie du vermutlich auch.
Im allerbesten Falle stoßen sie dann auf das Thema Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO) bzw. „intestinal methanogen overgrowth“ (IMO) und stellen fest, dass die Symptome 1:1 auf sie passen. Was nicht verwunderlich ist, denn schätzungsweise leiden bis zu 80% aller Betroffenen mit Reizdarm in Wirklichkeit unter einer Fehlbesiedlung des Darms! Leider ist diese Diagnose noch weitgehend unbekannt. Auch gibt es wenige Therapeut*innen, die das Thema durchdringen und die SIBO und IMO zielführend und vor allem wirksam behandeln können.
Vielleicht gehörst du ja zur zweiten Gruppe, den Therapeut*innen. Falls ja: großartig! Ich bin begeistert, dass du dich mit diesem so wichtigen Thema auseinandersetzt und Betroffene bei der Behandlung ihrer Beschwerden kompetent unterstützt. Literatur zum Thema SIBO/IMO als eine der Hauptursachen für Reizdarmbeschwerden gibt es – zumindest auf dem deutschen Markt – bislang kaum. Und das, obwohl die zugrundeliegenden Mechanismen unter anderem Namen bereits in den 1960er Jahren Erwähnung fanden. Entstehung, Pathophysiologie, Diagnose- und vor allem Therapiemöglichkeiten werden jedoch erst seit dem Jahr 2000 ausführlicher erforscht und der Begriff SIBO setzte sich durch. Seitdem sind viele Erkenntnisse gewonnen worden, u.a. wurde auch die Sonderform IMO eingeführt.
Vorreiter*innen bei der Erforschung und der Therapie von SIBO und IMO sind amerikanische Ärzt*innen, allen voran Dr. Mark Pimentel vom Cedars-Sinai. Viel für Einsatz, Verbreitung und Weiterentwicklung seiner Ideen tun u.a. Dr. Allison Siebecker, Dr. Nirala Jacobi, Dr. Michael Ruscio und Dr. Steven Sandberg-Lewis. Die Erkenntnisse dieser Expert*innen waren mir von unschätzbarem Wert bei meinen eigenen Forschungen sowie bei der Entwicklung meines 6-Säulen-Programms zur dauerhaften Beseitigung von SIBO und IMO. Mein besonderer Respekt und Dank gilt Dr. Allison Siebecker, die in ihrem Therapeut*innen-Kurs eine hervorragend strukturierte Aufarbeitung des wissenschaftlichen Status quo liefert.
In diesem Ratgeber beziehe ich mich auf den aktuellen mir bekannten Stand der Wissenschaft und teile mit dir meine umfangreichen Erfahrungen, Erkenntnisse und erfolgversprechendsten Strategien aus der Behandlung unzähliger Betroffener. Darüber hinaus greife ich zurück auf anatomische, physiologische und biochemische Grundlagen bzw. Erkenntnisse der modernen Medizin sowie auf die Erkenntnisse von Kolleg*innen und ebenso auf die unschätzbaren Feedbacks aus meiner tollen Community, die sich über meinen Podcast „Erfolg durch Ernährung“ und über die sozialen Medien gebildet hat.
Das Thema „Reizdarm“ in all seinen Facetten ist seit geraumer Zeit ein großer Schwerpunkt in meiner Naturheilpraxis. Bei der Behandlung von Betroffenen habe ich über die Jahre folgende Feststellungen gemacht:
Es gab bislang immer einen Grund für die Symptome, nach dem jedoch bisher einfach nicht gesucht oder der nicht gefunden wurde.
Die meisten Reizdarm-Betroffenen litten unter SIBO oder IMO.
Erst wenn man den Grund für die Beschwerden gefunden hat, also die Wurzel des Übels, dann kann man einen vernünftigen Behandlungsplan aufstellen.
Es gibt keinen pauschalen „Masterplan“ für die Behandlung.
Es braucht Geduld und es braucht meist auch etwas Versuch und Irrtum.
Es braucht den Willen der Betroffenen zur Gesundung und ihre Mitarbeit.
Es ist sehr gut möglich, eine SIBO/IMO ein- für allemal zu beseitigen.
SIBO und IMO selbst und wirksam zu behandeln, ist möglich und sogar sinnvoll!
Die besten und schnellsten Ergebnisse werden erzielt, wenn Betroffene beginnen, ihren Körper (wieder) als Teampartner zu begreifen; wenn sie ihre Symptome verstehen und zu Expert*innen für ihre Erkrankung und die Bedürfnisse ihres Organismus werden.
Weil Heilung in den meisten Fällen möglich ist, jedoch in den wenigsten Fällen die erforderlichen Kenntnisse vorliegen (bei Betroffenen genauso wie bei Therapeut*innen), habe ich mich dazu entschieden, dieses Buch zu schreiben. Ich teile mit dir alle mir aktuell bekannten und für dich relevanten Informationen, die du brauchst, um Beschwerden wirksam und dauerhaft zu beseitigen. Ich führe dich durch alle Schritte, die ich auch bei meinen Praxis-Behandlungen durchlaufe. Mit diesem Ratgeber hast du alle Informationen an der Hand, die du benötigst, um wieder zu dauerhafter Gesundheit zu gelangen bzw. Betroffene dorthin zu begleiten. Ich wünsche dir von Herzen, dass dies gelingt!
Gabriela Hoppe, im Frühjahr 2025
Titelei
Erstes Geleitwort
Zweites Geleitwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
Die Basics zu SIBO und IMO
Was ist eine Darmfehlbesiedlung?
Unser Verdauungstrakt
Der Aufbau des Darms
Darmbakterien und Mikrobiom
Eine ausführliche SIBO-Definition
IMO-Definition
Typen von Darmfehlbesiedlungen
Kombinierte und versteckte Fehlbesiedlungen
Wichtige Begriffe auf einen Blick
Symptome einer Darmfehlbesiedlung
Was, wenn meine Symptome nicht passen?
Symptome dokumentieren
Wie unsere Verdauung funktioniert
Verdauung und Stoffwechsel
Der Weg der Nahrung durch den Verdauungstrakt
Die Leber bildet Galle und ist das Hauptstoffwechselorgan
Die Bauchspeicheldrüse produziert Verdauungsenzyme und Hormone
Verdauungssäfte und ihre Einflussfaktoren
Speichel & Speichelenzyme
Magensaft
Störungen der Magensäurebildung
Reflux, Sodbrennen & Cardia-Insuffizienz
Magensäuremangel
Die Bauchspeicheldrüse und ihre Enzyme
Galle wird von der Leber gebildet
Das Zusammenspiel in der Verdauungssaftbildung
Motilität als Erfolgsfaktor der Darmgesundheit
Dünndarm- und Dickdarmmotilität können unterschiedlich sein
Der Migrating Motor Complex (MMC)
Das vegetative Nervensystem steuert unsere Verdauung
Der Vagusnerv
Das enterische Nervensystem (ENS)
Die Darm-Hirn-Achse und viszerale Hypersensitivität
Wie bekommt man eine SIBO oder IMO?
Wie der Darm sich schützt
Auslöser, Ursache und Wirkung
Auslöser von SIBO und IMO – die Wurzel des Übels
Wichtige Auslöser für die Entstehung einer Fehlbesiedlung
Darmschädigungen als Auslöser
Häufige auslösende Erkrankungen
Autoimmunerkrankungen
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED)
Divertikel und Divertikulitis
Magen-Darm-Infektionen als Auslöser
Lebensmittelvergiftungen
Clostridium difficile
Candida und Parasiten, Blastocystus hominis
Helicobacter pylori
Medikamente, Drogen und Toxine als Auslöser
Magensäureblocker bzw. Protonenpumpeninhibitoren (PPI)
Antibiotika
Motilitätsdämpfende Medikamente
Andere verdauungsbeeinflussende Medikamente
Stress als Auslöser für SIBO und IMO
Was ist eigentlich Stress?
Oxidativer und nitrosativer Stress
Stresshormone und Nebennierenerschöpfung
Nebennierenschwäche und -insuffizienz
Stressregulation
Ungünstige Ernährung als Auslöser
Ursache der Fehlbesiedlungen
Anatomische Veränderungen
Beeinträchtigte Ileocaecalklappe
Leaky-Gut-Syndrom und andere Darmbarrierestörungen
Motilitätsstörungen als Ursache
Ursache Magensäuremangel
Ursache: Pankreas-Insuffizienz und Verdauungsenzym-Mangel
Verdauungsenzym-Mangel
„Echte“ Pankreas-Insuffizienz
„Funktionale“ oder scheinbare Pankreas-Insuffizienz
Treiber einer Fehlbesiedlung
Risikofaktoren für SIBO und IMO
Typische Begleiterscheinungen von SIBO
Welche Auslöser und Ursachen sollten abgeklärt werden?
Diagnostik zur Erkennung von SIBO/IMO
Diagnose der Dünndarmfehlbesiedlung
Anamnese und roter Faden
Welche Symptome plagen dich aktuell?
Wann sind deine Reizdarmsymptome aufgetreten …
Bis wann warst du ein gesunder Mensch?
Wie laufen Darmtätigkeit und Stuhlgang?
Hast du Allergien oder Intoleranzen und wann traten diese auf?
Welche Begleitsymptome gibt es?
Gibt es wegweisende Hinweise aus Vorbefunden?
Welche Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel nimmst du?
Der chronologische Ablauf
Aktuell ist das Diagnose-Tool der ersten Wahl ein Atemtest
Den richtigen Atemtest auswählen
Die richtige Testlösung wählen
Tests kombinieren, um die Aussagekraft zu erhöhen
Den Atemtest richtig vorbereiten
Atemtests richtig durchführen
Die Ergebnisse des Atemtests interpretieren
Die Atemgaskurve
Referenzwerte
Hinweise für die Interpretation
Atemtestgerät für zuhause: FoodMarble AIRE 2
Möglichkeiten des FoodMarble
Interpretation und Genauigkeit des FoodMarble
Stuhluntersuchungen
Candida, pathogene Keime & Parasiten
Mikrobiomanalyse der wichtigsten Bakterienstämme
Weitere wichtige Stuhlparameter
Chromatest
Dünndarmspiegelung
Diagnose der Auslöser, Ursachen und Treiber
Anatomische Besonderheiten
Erkrankungen
Autoimmunerkrankungen
Zöliakie
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) und Divertikel
Magen-Darm-Infektionen, Lebensmittelvergiftungen, pathogene Keime
Diagnostik von Helicobacter pylori
Stresslevel und Nebennierenschwäche
Stressdiagnostik
Laborparameter zum Thema Stress und Nebenniere
Leaky-Gut-Syndrom und Darmbarrierestörungen
Diagnostik
Störungen der Motilität
Diagnostik
Störungen der Verdauungssäfte: Magensäuremangel
Diagnosehinweis: Natrontest
Diagnostik von Magensäureproblemen
Pankreas-Insuffizienz und Verdauungsenzymaktivität
Diagnostik: Laborparameter in Blut und Stuhl
Untersuchungen der Pankreasfunktion
Gallensäuremangel und Gallensäureverlust
Gallensäuremangel
Gallensäureverlustsyndrom
Warum kommt es zu Störungen der Gallensalzwiederaufnahme?
Symptome
Diagnostik
Stoffwechselerkrankungen, Allergien und Unverträglichkeiten
Begriffsklärungen
Allergien
Histaminintoleranz und MCAS
Kohlenhydratintoleranzen: Lactose, Fructose, Sorbit
Salicylatintoleranz
Kryptopyrrolurie (KPU) und Hämopyrrolaktamurie (HPU)
Nährstoffmängel und Stoffwechseldysbalancen
Behandlung von SIBO & IMO
Grundlegendes zur Therapie
Symptomretusche versus kausale Behandlung
Dein Körper ist dein bester Teampartner
Krankheit als Regulationsstörung
Dein individueller Behandlungsplan
6 Behandlungssäulen führen zum Erfolg
Anpassung des Behandlungsplans
Anpassungshäufigkeit des Behandlungsplans
Wie du über Anpassungen entscheidest
Umgang mit Verschlechterung oder Stagnation
Roadmap und Planer für deine individuelle Therapie
Wie lange dauert die Behandlung?
Folgende Faktoren spielen eine Rolle bei der Therapiedauer
Einfluss von Atemgaswerten auf die Behandlungsdauer
Wie geht es nach der Therapie weiter?
Die „eigentliche SIBO-/IMO-Therapie“
Die grundlegende Regulation deines Organismus
Wie lange nehme ich Präparate ein?
Woher weiß ich, dass meine Fehlbesiedlung weg ist?
Wann ist der Zeitpunkt für die Dickdarmtherapie gekommen?
Rückfälle und Prävention
Sinnvolle Begleittherapien
Therapiesäule 1: Primärerkrankung behandeln
Anatomische Veränderungen
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) und Leaky Gut
Autoimmunerkrankungen
Abgelaufene Lebensmittelvergiftungen
Therapiesäule 2: Verdauung & Stoffwechsel
Schaffe eine optimale Versorgung
Optimiere deine Telleraufteilung
Nutze die Macht der Pause
Meal Spacing
Intervallfasten
Richtig kauen
Richtig trinken
Gib Achtsamkeit eine Chance
Hormonelle Balance
Ernährung während der SIBO-/IMO-Therapie
Wozu dient die SIBO-Diät?
Grundlagen der SIBO-Diät
Die 3 Phasen der SIBO-Diät
Phase 1 ist sehr strikt
Phase 2 weicht Phase 1 vorsichtig auf
Phase 3 weitet die Lebensmittel deutlich aus
Die SIBO-Diät muss individuell an dich angepasst werden
Die Ausweitung in Phase 3 der SIBO-Diät
Besonderheiten bei Wasserstoffsulfid-Fehlbesiedlung
Elementardiät (ED)
Vorteile der ED
Nachteile der ED
Sinnvoller Einsatz der ED
Wie funktioniert die ED?
Woraus besteht ein ED-Shake?
Ich bevorzuge einen Semi-ED-Shake
Was tun, wenn ich die SIBO-Diät nicht vertrage?
Wie bringe ich SIBO-Diät und HIT unter einen Hut?
Was tun bei unerwünschter Gewichtsabnahme?
Wann ist die Diät beendet?
Die Ernährung danach
Optimale, typgerechte Ernährung
SIBO- und IMO-konforme Rezepte
Behandlungshinweise bei Verdauungssaftmangel
Wie verbessere ich meine Magensäure-Aktivität und Motilität?
Was tun bei Pankreas-Insuffizienz?
Wie behandle ich ein Gallensäureverlustsyndrom?
Besondere Behandlungshinweise bei HIT
Schnelle Hilfe bei akuten Beschwerden
Erste Hilfe bei Verstopfung
Schnelle Hilfe bei Blähbauch und Bauchschmerzen
Schnelle Hilfe bei Durchfall
Schnelle Hilfe bei Übelkeit
Schnelle Hilfe bei Sodbrennen (Reflux)
Therapiesäule 3: Darmgesundheit herstellen
Präbiotika, Ballaststoffe und Darmgesundheit
Geeignete Ballaststoffe während SIBO und IMO
Probiotika für die Wehrhaftigkeit des Mikrobioms
Geeignete Probiotika bei SIBO und IMO
Vorsicht beim Einsatz von Saccharomyces boulardii
Auswahl und Einnahme von Probiotika (auch bei HIT)
Unterstützung durch Postbiotika
Welche Antibiotika bei SIBO und IMO?
Chemische vs. pflanzliche Antibiotika
Auswahl von Antibiotika
Chemische Antibiotika
Gängige chemische Antibiotika bei SIBO und IMO
Eigenschaften von Rifaximin, Neomycin und Metronidazol
Einsatz chemischer Antibiotika
Pflanzliche Antibiotika
Wichtige pflanzliche Antibiotika bei SIBO und IMO
Ich arbeite in der Praxis ungern mit Kombipräparaten
Auswahl des richtigen pflanzlichen Antibiotikums
Kombination pflanzlicher Antibiotika
Dosierung pflanzlicher Antibiotika
Rotation pflanzlicher Antibiotika
Wie lange nehme ich Antibiotika ein?
Besonderheiten bei Methan-Fehlbesiedlung (IMO)
Besonderheiten bei Schwefelwasserstoff-Fehlbesiedlung
Die-Off-Prozesse beim Absterben von Bakterien
Biofilmbildung
Einsatz von Biofilmlösern
Wichtige Biofilmlöser
Behandlung von Helicobacter pylori
Behandlung von Candida, Parasiten und Clostridium diff.
Antientzündliche Therapie bei Leaky Gut und CED
Schädigungen des Darm-Nervensystems behandeln
Dickdarmtherapie
Therapiesäule 4: Mikronährstofftherapie
Welche Mikronährstoffe sind wichtig für mich?
Funktion verschiedener Nährstoffe
Mineralstoffe
Vitamine
Weitere wichtige Nährstoffe
Auswahl und Einnahme von Präparaten
Therapiesäule 5: Ausleitung & Entgiftung
Arten von Giftstoffen (Toxinen)
Auswirkungen von Toxinen auf den Organismus
Die 3 Phasen der Entgiftung und Ausleitung
Ist dein Entgiftungs- und Ausleitungssystems gestört?
Ausleitung und Entgiftung unterstützen
Therapiesäule 6: Entstressung
Stressmanagement und vegetative Regulation
Schnelle Hilfe zur sofortigen Stressreduktion
Achtsamkeitsübungen
Atemübungen
Meeresatmung
Tiefenatmung oder Zwerchfellatmung
Was tun bei abdominophrenischer Dyssynergie?
Atemübung zur Zwerchfelldehnung 1
Atemübung zur Zwerchfelldehnung 2
Behandlung viszeraler Hypersensitivität
Meditation und Hypnose
Guter Schlaf
Präparate zur Stressregulation und Nebennierenstärkung
SIBO, IMO & die Psyche
Mindset matters most
Kämpfst du gegen die Beschwerden oder für die Gesundheit?
Übernimmt dein Darm zu viele Aufgaben?
Psychische Themen bei Reizdarm, SIBO und IMO
SIBO & Angststörungen
Lebensthemen & Traumata
Essstörungen
Ist meine SIBO/IMO psychosomatisch?
Übersicht über Präparate und Mittel
Online-Material
Symptome und ihre Auflösung
Sehr starkes Aufstoßen, Rülpsen
Durchfall
Verstopfung
Gärung im Darm
Blähungen
Dünndarm
Dickdarm
Literatur & Quellen
Sachverzeichnis
Impressum
Impressum
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Hier bekommst du einen ersten Überblick über das Krankheitsbild, bevor wir in den folgenden Abschnitten tiefer in die Mechanismen und natürlich in die Therapie eintauchen.
Wie werden eine ▶ SIBO und eine ▶ IMO definiert? Welche Begriffe und Abkürzungen tauchen im Zusammenhang mit diesen Darmfehlbesiedlungen auf? Die vielen Begriffe können manchmal verwirrend sein, darum möchte ich sie hier einmal für dich klären und dir auch eine einfache Möglichkeit geben, sie später nochmal nachzuschlagen.
Eine erste Kurzdefinition von SIBO: SIBO steht für „small intestinal bacterial overgrowth“. „Small intestine“ ist der englische Begriff für den Dünndarm. „Bacterial overgrowth“ steht für eine bakterielle Überwucherung bzw. Fehlbesiedlung. Bei einer SIBO geht es darum, dass sich im Dünndarm überproportional viele Bakterien oder bakterienähnliche Organismen ansiedeln. Dabei geht es meist gar nicht um pathogene Keime, also gefährliche oder körperfremde Mikroben, sondern um „ganz normale“ Darmbakterien. Das ist wichtig für das Verständnis der Mechanismen und auch der Therapie: SIBO ist keine Infektion, auch wenn es dabei um Bakterien bzw. bakterienähnliche Mikroben geht. Bei einer Infektion dringen schädliche Mikroorganismen in einen Organismus ein, besiedeln ihn, vermehren sich und rufen eine akute Erkrankung hervor. Meistens sind Infektionen auch ansteckend.
Bei einer SIBO befinden sich zu viele meist „ganz normale“ Bakterien am falschen Ort. Darum sprechen wir von einer Fehlbesiedlung oder Überwucherung. Eine SIBO ähnelt häufig einer chronischen Infektion, denn auch hier dringen Mikroorganismen in eine Struktur (den Dünndarm) ein, besiedeln ihn und vermehren sich. Durch die Fehlbesiedlung wird das natürliche Gleichgewicht der Darmbakterien gestört. Und das verursacht unangenehme Reizdarmsymptome.
Um SIBO und IMO richtig zu verstehen, musst du ein paar Dinge über deinen Verdauungstrakt wissen: hier die Grundlagen, die wir später noch detaillierter betrachten.
Der Darm besteht aus zwei großen Teilen: dem Dünndarm, der nach dem Magen beginnt, und dem Dickdarm, der auf den Dünndarm folgt und am After endet. Dünndarm und Dickdarm sind durch die sogenannte Ileocaecalklappe (auch: Bauhin-Klappe) voneinander getrennt. Diese Klappe ist eigentlich keine Klappe, sondern eine Art ventilartiger Verschluss aus Schleimhautfalten, die verhindern, dass Darminhalt aus dem Dickdarm in den Dünndarm gelangt. Dies gilt auch für die Bakterien, die sich im Dickdarm befinden.
Du bestehst zu weniger als 50% aus menschlichen Zellen. Das ist zumindest eine aktuelle Schätzung von Wissenschaftler*innen, wenn es um das Verhältnis von Körperzellen zu Mikroorganismen geht, die in unserem Körper leben – vorwiegend in unserem Verdauungstrakt. Von der Mundhöhle bis zum After ist dein Verdauungstrakt unterschiedlich dicht von Bakterien und anderen Mikroben besiedelt.
Die Gesamtheit der Mikroorganismen in unserem Verdauungstrakt bezeichnet man als Mikrobiom. Oft spricht man auch von der Bakterienflora (oder Darmflora, wenn es um die Darmbakterien geht). Wissenschaftlich korrekt ist jedoch den Begriff „Mikrobiom“. In unserem Verdauungstrakt leben mehr Mikroben, als die Erde Bewohner*innen hat – so um die 30 bis 100 Billionen, schätzt die Wissenschaft. Zwischen 150 und 1000 verschiedene Arten von Bakterien und anderen Mikroben leben in einem gesunden Darm – bestenfalls in optimalen Verhältnissen zueinander und in perfekter Symbiose mit uns. Die Zusammensetzung dieses Mikrokosmos wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst.
Um nur mal die wichtigsten Einflussfaktoren auf das Mikrobiom zu nennen:
die Geburt (vaginal oder per Kaiserschnitt),
die Ernährung,
mögliche Erkrankungen (akut und v.a. chronisch),
Medikamente (nicht nur Antibiotika, die speziell auf Bakterien wirken) und Nahrungsergänzungsmittel,
Stoffwechselabfallprodukte und Alltagsgifte,
Stress.
Fakt ist: Die einen Bakterien haben wir sehr gerne im Darm, sie fördern unsere Gesundheit, heben unsere Laune, kurbeln die Fettverbrennung an, helfen bei der reibungslosen Verdauung. Die anderen Mikroben haben wir dort weniger gerne, da sie entweder pathogene Krankheitserreger sind oder in zu großer Menge den Organismus und den Stoffwechsel durcheinanderbringen und zu Symptomen führen können. Zusammengefasst: Ein gesundes, gut balanciertes Mikrobiom unterstützt und beschützt uns.
Bei einer SIBO findet man im Dünndarm eine unnormal hohe Anzahl von Bakterien oder bakterienähnlichen Mikroben am falschen Ort. Von einer SIBO spricht man definitionsgemäß, wenn sich 105 (100.000) bis 106 (1.000.000) Bakterien pro ml in der Flüssigkeit im Dünndarm befinden.
Erwartungsgemäß findet man im Dünndarm 103 (1000) Bakterien pro ml oder weniger. Die Menge nimmt gegen Ende des Dünndarms kurz vor Erreichen des Dickdarms zu in Richtung 105 (100.000) Bakterien pro ml. Im Vergleich dazu: Der Dickdarm beherbergt in etwa 1010 (10.000.000.000) bis 1012 1.000.000.000.000) Bakterien pro ml Flüssigkeit.
Befinden sich im Dünndarm zu viele Keime, verändert dies das Darmmilieu, stört die Verdauung und beeinträchtigt die Aufnahme von Nährstoffen. Die fehlgeleiteten Mikroben machen im Dünndarm nun genau das, was sie sollen, leider bloß am falschen Ort: Sie kümmern sich um noch unverdaute Nahrung und beginnen, vor allen Dingen Kohlenhydrate zu verdauen und zu fermentieren.
Hast du im Dünndarm zu viele kohlenhydratspaltende Mikroben, können Schleimhäute geschädigt werden, die „normalen“ Verdauungsprozesse werden gestört und die Mikroben konkurrieren um das zugeführte Futter: Es findet eine übermäßige und vor allem viel zu frühe Fermentation (Gärung) von Kohlenhydraten statt. Bei Gärungsprozessen entstehen Gase, außerdem toxische Abbauprodukte und osmotisch wirksame Stoffe. Das heißt, Wasser kann in den Darm gezogen werden. Und damit sind wir schon direkt bei einem Kernsymptom von SIBO, die du vielleicht selbst am eigenen Leib erfährst: Blähprozessen jeglicher Art. Doch dazu später mehr.
Im Zusammenhang mit SIBO fällt neuerdings häufig die Abkürzung „IMO“. IMO steht für „intestinal methanogen overgrowth“. „Methanogen overgrowth“ bedeutet eine Überwucherung mit methanbildenden Mikroben. Genaugenommen sind dies keine Bakterien, sondern bakterienähnliche Mikroben, sogenannte Archaeen. Diese sind weder im Dünn- noch im Dickdarm erwünscht. „Intestinal“ bezeichnet den Darm an sich, da die Fehlbesiedlung sowohl im Dünndarm als auch im Dickdarm vorliegen kann. Die Abkürzung „IMO“ ist relativ jung und hat sich noch nicht überall durchgesetzt. Deshalb findest du in vielen Quellen nur den Oberbegriff „SIBO“, auch wenn dieser streng genommen nicht immer zutrifft; behalte dies im Hinterkopf, wenn du andere Beiträge liest.
Überblick über das menschliche Verdauungssystem
Je nachdem, welche Bakterien oder Keime sich wo fehlansiedeln, unterscheidet man verschiedene Varianten von Fehlbesiedlungen, die einzeln oder in jeglicher Kombination auftreten können. Folgende Fälle können wir bei einer Fehlbesiedlung unterscheiden:
Infektion: Sowohl Dick- als auch Dünndarm können von krankmachenden (pathogenen) Keimen fehlbesiedelt werden.
Dysbiose: Das Mikrobiom ist durcheinandergeraten – die erwünschten Bakterien- bzw. Mikrobenarten liegen in zu hohen oder zu geringen Anteilen vor, also die Verhältnisse passen nicht mehr. Werden wichtige Bakterienstämme, z.B. die wichtigen Leitkeime unseres Darms (u.a. Bifidobakterien und Laktobazillen), verdrängt, spricht man auch von einer Mangeldysbiose. Eine Dysbiose kann immer auch die Ansiedlung unerwünschter oder sogar krankmachender Mikroben begünstigen, tut dies aber nicht zwangsläufig. Manchmal sind bei einer Dysbiose auch „nur“ die einzelnen Gruppen oder Stämme von Mikroben ungünstig verteilt.
Dysbiosen können im gesamten Darm auftreten. Man bezieht sich mit dem Begriff Dysbiose dennoch in den meisten Fällen auf den Dickdarm. Mit Dickdarm-Dysbiosen kennen sich viele Therapeut*innen gut aus, nicht zuletzt, weil sie (anders als Dünndarm-Dysbiosen) seit vielen Jahren über Stuhluntersuchungen einigermaßen gut und einfach zu untersuchen sind.
Auch SIBO und IMO sind Dysbiosen: allerdings sehr spezielle, denn sie spielen sich überwiegend im Dünndarm ab, den man schwer untersuchen kann. Dabei gibt es zwei verschiedene Mechanismen:
Es befinden sich zu viele Bakterien im Dünndarm – die Bakterien gehören zwar in den menschlichen Darm, allerdings halten sie sich normalerweise im Dickdarm oder im Atmungstrakt auf. Das ist bei Wasserstoff- oder Wasserstoffsulfid-Bildnern der Fall (SIBO).
Es befinden sich zu viele falsche Mikroben im Dünndarm – die Keime haben im menschlichen Darm eigentlich nichts zu suchen. Das ist bei Methanbildnern der Fall (nach alter Terminologie Methan-SIBO oder korrekter IMO) oder auch bei bestimmten SIBO-Arten. Eine IMO kann sich dabei auch oder sogar ausschließlich auf den Dickdarm erstrecken.
Wasserstoff, Methan und Wasserstoffsulfid: SIBO und IMO sind relativ neu erforschte Überwucherungen des Darms mit spezifischen gasbildenden Bakterien oder bakterienähnlichen Mikroben. In folgender Tabelle habe ich für dich die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der verschiedenen Fehlbesiedlungstypen zusammengestellt.
Herkunft der fehlangesiedelten Keime: Die fehlangesiedelten Mikroben müssen nicht zwangsläufig aus dem Dickdarm stammen. Wissenschaftler*innen entdeckten in Kulturen und in DNA-Tests sowohl dickdarmtypische Bakterien als auch Keime, die typischerweise im Atemtrakt beheimatet sind. Die Fehlbesiedlungskeime können also oral zugeführt sein, aus dem Mund- oder Halsraum stammen, aus dem Dünndarm selbst oder aus dem Dickdarm zurückgewandert sein.
Die unterschiedlichen Varianten von SIBO und IMO können auch kombiniert vorliegen. Oftmals liegen dann uneindeutige, wechselnde Stuhlausscheidungen vor oder Motilität und Stuhlfrequenz und -beschaffenheit passen nicht zum Ergebnis des ▶ Atemtests zum Nachweis der Fehlbesiedlung.
Wissen für Therapeut*innen: Eine Wasserstoff-Fehlbesiedlung kann auch verdeckt/versteckt auftreten
Methan- und Wasserstoffsulfid-Bildner können nämlich den Wasserstoff nutzen, der bei einer Wasserstoff-SIBO entsteht, um daraus Methan (Verhältnis 4:1) bzw. Wasserstoff-Sulfid (Verhältnis 5:1) zu bilden.
Man findet dann in entsprechenden Atemtests den eigentlich bestehenden Wasserstoffüberschuss nicht, weil er von den Methan- bzw. Wasserstoffsulfid-Bildnern verbraucht wurde.
Erst nach Beseitigung der Methan- bzw. Wasserstoffsulfid-Bildner würden Wasserstoffwerte wieder ansteigen.
Grundsätzlich kann man festhalten, dass bei bestehender SIBO oder IMO immer auch eine weiterführende Dysbiose des Darms vorliegt, die behandelt werden sollte. Die Wiederherstellung der Wehrhaftigkeit des Darms und optimaler Verdauungsprozesse ist ein wichtiger Erfolgsfaktor der Therapie. Manchmal ist es schwierig, zu unterscheiden, ob akute Beschwerden durch eine SIBO/IMO verursacht werden oder ob eine Dysbiose im Dickdarm der Grund ist. Das alles macht die Diagnostik vertrackter und deutet schon darauf hin, dass es verschiedene Diagnosepunkte braucht, um dem Geschehen auf die Spur zu kommen.
Typen von Darmfehlbesiedlungen
Produziertes Gas
Wasserstoff (H2)
Methan (CH4)
Wasserstoffsulfid (Schwefelwasserstoff, H2S)
Fehlbesiedlungsart
small intestinal bacterial overgrowth (SIBO)
intestinal methanogen overgrowth (IMO)
small intestinal bacterial overgrowth (SIBO)
Fremdkeime
Bakterien
Archaeen
Bakterien
häufige Keime
E. coli, Klebsiella, Aeromonas
M. smithii
Desulfobacter bzw. Desulffovibrio spp., Fusobacterium varium, Klebsiella, Proteus, Citrobacter, E. coli
typische Symptome
Blähbauch, Durchfall
Blähbauch, Verstopfung, träge Motilität
Blähbauch, extrem verstärkte Symptome (Durchfall, Verstopfung, wechselnder Stuhl), nach Schwefel riechende Blähungen, viszerale Hypersensibilität; Begleitsymptome außerhalb des Verdauungstraktes (Foggy Head, Rosacea, Ödeme, Blasenbeteiligung, Gelenkschmerzen, taube oder kribbelnde Extremitäten)
Anmerkung
Hier ist in den meisten Fällen davon auszugehen, dass Bakterien aus dem Dickdarm in den Dünndarm gelangen konnten, denn im gesunden Dickdarm finden wir durchaus Wasserstoffbildner.
Methanbildner siedeln sich häufig nicht nur im Dünndarm an, sondern auch (oder sogar ausschließlich) im Dickdarm. Auch in einem gesunden Dickdarm haben Methanbildner nur in sehr geringen Mengen etwas zu suchen, sodass wir hier etwas genauer hinschauen müssen, wo sich die Fehlbesiedlung abspielt.
Tritt bei einer Methan-Fehlbesiedlung Durchfall auf, liegen häufig andere Diagnosen (z.B. Leaky Gut) oder eine versteckte H2-SIBO im Hintergrund.
Wasserstoffsulfid in kleinen Mengen ist wichtig für unseren Darm. In zu großen Mengen wirkt es jedoch als Neurotoxin und schädigt unsere Nerven, Gewebe, Zellen bzw. Mitochondrien. Infolgedessen fehlt Zellenergie und der Zellstoffwechsel wird beeinträchtigt.
Über diese Fehlbesiedlung ist noch am wenigsten bekannt, weil sie nur in wenigen Ländern der Welt diagnostisch erfassbar ist.
Schätzungsweise tritt die Wasserstoffsulfid-SIBO bei ca. 10–15% der Betroffenen auf. Die meisten Fälle sind vermutlich bislang unerkannt.
Ich fasse hier die verschiedenen Begriffe und Erklärungen zusammen, damit du bei Bedarf nochmal nachschlagen kannst und sie direkt auf einen Blick zur Verfügung hast:
SIBO: „Small intestinal bacterial overgrowth“ bedeutet „bakterielle Dünndarmfehlbesiedlung“ bzw. „-überwucherung“. SIBO wird im engeren Sinne für eine Überwucherung des Dünndarms mit Bakterien (Wasserstoff- oder Wasserstoffsulfid-Bildner) verwendet. Im weiteren Sinne als Oberbegriff für Fehlbesiedlungen des Dünndarms mit Bakterien oder methanbildenden Archaeen.
IMO: die Abkürzung für „intestinal methanogen overgrowth“, also ein übermäßiges Vorliegen methanbildender Mikroben. Diese zählen zu den Archaeen und nicht zu den Bakterien, weshalb die Abkürzung SIBO nicht wissenschaftlich korrekt ist. Eine IMO kann im Dünn- oder Dickdarm vorkommen.
SIFO: »Small intestinal funghal overgrowth« steht für eine Überwucherung des Dünndarms mit Hefepilzen (Candida). Diese kann isoliert oder auch im Rahmen einer SIBO bestehen. Hefen können auch den Dickdarm überwuchern, darum verwende ich lieber die Begriffe „Candidose“ oder „Pilzbefall“.
Reizdarm: „Reizdarm“ ist eine Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, dass sie nur dann gestellt werden darf, wenn alle organischen Ursachen ausgeschlossen sind. Ich habe in der Praxis noch nicht einen einzigen Fall erlebt, in dem das zutraf. Vielmehr trifft in den meisten Fällen das Gegenteil zu und die bisherige Diagnostik war rudimentär und lückenhaft. Für mich ist „Reizdarm“ darum noch nicht einmal eine Ausschlussdiagnose, sondern eher eine Hilflosigkeitsdiagnose, weil die eigentlichen Ursachen der Störung (noch) nicht gefunden wurden. Die ▶ Differenzialdiagnosen sind diejenigen möglichen Diagnosen, die mindestens abgeklärt werden sollten. Darüber hinaus gibt es noch weitere eher seltene Erkrankungen bzw. Störungen, die Auslöser/Ursache für die Symptome sein könnten. In meiner Praxis traf bislang in all den Jahren immer mindestens einer dieser Gründe zu.
Dysbiose: Eine Dysbiose bezeichnet ein Ungleichgewicht in der Darmbesiedlung. Dabei geht es nicht um krankmachende Fremdkeime, sondern um die Zusammensetzung des Mikrobioms. Der Begriff gibt keinen Aufschluss über Ort oder Art des Ungleichgewichts. Er sagt aus, dass bestimmte erwünschte Mikroben im Defizit und/oder andere im Überschuss vorhanden sind. Dysbiosen können verschiedene Reizdarmsymptome hervorrufen und können vor allem pathogenen Keimen eine Ansiedlung leichter machen. Typischerweise liegt im Rahmen einer SIBO oder IMO immer auch eine generelle Dysbiose vor.
Infektion: Eine Infektion ist das Eindringen und die Vermehrung krankmachender (pathogener) Keime in den Organismus. Infektionen sind im Gegensatz zu Dysbiosen typischerweise übertragbar.
CED: Dies ist die Abkürzung für „chronisch entzündliche Darmerkrankung“. Dazu gehören z.B. Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa oder auch die kollagene Kolitis. Diese Abkürzung liest du häufig im Zusammenhang mit Reizdarmbeschwerden, da Symptome oft ähnlich sind.
Bei einer SIBO sind im Dünndarm zu viele kohlenhydratspaltende Bakterien oder Archaeen. Dadurch werden Verdauungsprozesse gestört und es findet eine übermäßige und vor allem viel zu frühe Fermentation von Kohlenhydraten statt. Bei einer IMO können diese Prozesse auch übermäßig im Dickdarm stattfinden. Fermentation bedeutet Gärung, und bei Gärungsprozessen entstehen Gase, außerdem toxische Abbauprodukte und osmotisch wirksame Stoffe. Das heißt, Wasser kann in den Darm gezogen werden. Durch die Gärung entstehen die Schlüsselsymptome von SIBO und IMO: Blähprozesse jeglicher Art!
Wenn die fehlgeleiteten, Kohlenhydrate fermentierenden Bakterien sich im Dünndarm befinden, findet dort auch die übermäßige Gasbildung statt. Da es vom Dünndarm aus noch ca. 5 bis 7 m bis zum „Ausgang“ sind, kommen die Gase typischerweise nicht direkt heraus, sondern führen zu einem regelrecht trommelharten Blähbauch. Dieser verursacht häufig auch Schmerzen, da die Gase nicht abgehen können. Man nennt diese „Pupse, die nicht rauskommen“, auch Meteorismen.
Da der Übertritt von Nahrung aus dem Magen in den oberen Dünndarm ca. 5 bis 30 Minuten nach dem Essen erfolgt, treten die Blähprozesse typischerweise relativ kurzfristig nach der Nahrungszufuhr auf. Logischerweise verschlechtern sie sich nach extrem kohlenhydrat- und ballaststoffreichen Mahlzeiten. Viele Betroffene berichten, dass sich die Symptome im Tagesverlauf von Mahlzeit zu Mahlzeit verschlechtern. Durch den geblähten oberen Verdauungstrakt kann es sogar dazu kommen, dass das Zwerchfell nach oben gedrückt wird. Das Zwerchfell (Diaphragma) ist wie eine Kuppel oberhalb des Magens gespannt und trennt den Brust- und den Bauchraum voneinander. Wird das Zwerchfell nach oben gedrückt, kann es selbst bei nicht übermäßiger Magensäureproduktion zu einem unangenehmen Reflux kommen, also dem Zurückfließen von Magensaft in die Speiseröhre, das meist mit Sodbrennen einhergeht. Je nach Fehlbesiedlungstyp und je nach Ursache der Fehlbesiedlung werden unterschiedliche Auswirkungen auf die Verdauung beobachtet. Von Verstopfung über wechselnde Stühle bis hin zu Durchfall sind alle Varianten von Verdauungsstörungen beobachtbar.
Symptome entstehen erstens durch Fermentationsprozesse, zweitens durch Schädigungen der Darmbarriere oder der Darmfunktion durch die Bakterien und deren Toxine sowie drittens durch die Auslöser, Ursachen und Treiber der Fehlbesiedlung selbst, die meistens auch ganz eigene Symptomatiken verursachen.
Checkliste: Typischen Symptome von SIBO und IMO
Diese Checkliste bietet einen Überblick, welche Verdauungsbeschwerden und anderen Symptome aufgrund einer SIBO und/oder IMO auftreten können. Sie kann sowohl Betroffenen als auch Therapeut*innen als Checkliste zum Ankreuzen dienen.
Blähbauch durch die Gase, zum Teil trommelhart und gespannt
schmerzhafte Meteorismen (Pupse, die nicht rauskommen) durch den Druck der Gasbildung, die Muskelkontraktionen, Bakterientoxine oder eine Hypersensibilität der Bauchorgane
Motilitätsstörungen, also beeinträchtigte Darmpassage, Darmbewegung und verzögerte Entleerung
Gefühl eines Steins im Magen und eines trägen Stoffwechsels, ggf. mit Übelkeit
Verstopfung (diese findet man überproportional häufig und typischerweise bei einer Methan-Fehlbesiedlung/IMO, da Methan das Nervensystem im Bauchraum beeinträchtigt und u.a. zu Motilitätsstörungen führt), oft verbunden mit dem Gefühl unvollständiger Entleerung
Durchfall (diesen findet man überproportional häufig und typischerweise bei einer Wasserstoff-SIBO), oftmals verbunden mit heftigem Stuhldrang
wechselnde Stühle bzw. Mischformen, bei denen seltener und zugleich weicher oder wässriger Stuhlgang auftritt oder bei denen erst harte Anteile austreten und der Rest des Stuhlgangs weich ist
Fettstühle und Auflagerungen von Schleim auf dem Stuhl durch eine gestörte Fettaufspaltung und -aufnahme
exzessive Blähungen und Aufstoßen (häufiger bei Wasserstoff- und Wasserstoffsulfid-SIBO) durch austretende Gase
Verdauungsrückstände im Stuhl durch gestörte Aufspaltungsprozesse
Bauchschmerzen, die bei den Methan-Typen häufig beim Aufstehen auftreten, während sie bei den Wasserstoff-Typen oftmals durchgängig bestehen
Sodbrennen oder Zungenbrennen (häufig bei Wasserstoffsulfid-Fehlbesiedlung) durch Gase, Magensäuremangel oder Entleerungsstörungen
Leaky-Gut-Syndrom, eine Permeabilitätsstörung der Darmschleimhaut durch Schädigungen der Darmbarriere
Unverträglichkeiten durch die Fermentation sowie durch Schädigungen der Darmbarriere, Leaky Gut und Beeinträchtigungen enzymatischer Abbau- und Transportprozesse
Gewichtsverlust durch schlechte Resorption, Durchfall, Appetitlosigkeit, Unverträglichkeiten, spezielle Diäten
innere Unruhe, Brain Fog (ein „Wattekopf“), depressive Verstimmungen durch Toxine, Histaminreaktionen, ▶ LPS-Keime, Darmbarrierestörungen
übermäßige Müdigkeit oder Fatigue
„Verdächtige“ Beobachtungen
Folgende Zusammenhänge bei der Entstehung bzw. Verschlechterung der Symptome sind sehr charakteristisch:
Verschlechterung nach kohlenhydrat- und ballaststoffreichen Mahlzeiten oder Nahrungsergänzungsmitteln; je direkter der Zucker aus den Kohlenhydraten bereitsteht, desto schneller folgen Symptome.
Verschlechterung der Symptome, je gesünder man isst, da dies i.d.R. mehr Ballaststoffe und Gemüse sowie Obst oder ein Ausweichen auf glutenfreies Getreide bedeutet (alles Kohlenhydrate).
Verschlechterung der Symptome zeitnah nach der Mahlzeit; Beginn typischerweise 5 bis 30 Minuten nach dem Essen.
Verschlechterung der Symptome über den Tagesablauf; viele Betroffene stehen morgens mit flachem Bauch auf und haben abends einen Trommelbauch.
Verschlechterung bei häufigen Mahlzeiten.
Nüchternphasen oder Intervallfasten bessern häufig die Symptomatik.
Probiotika (v.a. mit Ballaststoffen) verschlechtern häufig die Symptomatik.
Antibiotika (zumindest manche) verbessern kurzfristig die Symptome massiv.
Mögliche Auslöser
Es ist zu beobachten, dass Symptome sich häufig erstmalig entwickeln
nach einer Lebensmittelvergiftung
nach einer Magen-Darm-Infektion oder einem Parasitenbefall
nach einer Operation
nach einer Antibiotikagabe
nach der Einnahme von Magensäureblockern
nach extrem stressigen Lebensphasen
Begleitsymptome
Insbesondere bei Wasserstoffsulfid-SIBO beobachtet man in der Praxis typischerweise Begleitsymptome, die über den Verdauungstrakt hinaus den ganzen Körper betreffen:
Besonders starke Symptome, die deutlich heftiger ausgeprägt sind als bei anderen Fehlbesiedlungstypen.
„Foggy Head“, eine Art Benommenheitsgefühl oder leichter Schwindel, manchmal beschrieben wie „leicht angetrunken“, was insbesondere durch die neurotoxische zell- und gewebsschädigende Wirkung übermäßigen Wasserstoffsulfids entsteht.
hyperreagibles Verdauungssystem, viszerale Hypersensitivität
Kopfschmerzen
Fatigue
Muskel-, Gelenk- oder Körperschmerzen
Taubheit oder Kribbeln in Extremitäten
Hautausschläge wie z.B. Rosacea
übelriechende Blähungen wie nach faulen Eiern oder nach Schwefel
Beteiligung der Harnblase (z.B. häufige oder chronische Blasenentzündung, Reizblase) oder andere wiederkehrende Infektionen
depressive Verstimmungen
häufig Kombination mit Nahrungsmittelintoleranzen in Bezug auf Histamin, Salicylate
Unverträglichkeit von sulfurhaltigen Speisen oder Nahrungsergänzungsmitteln (z.B. Eier, Fleisch, Milchprodukte, Taurin, MSM) und manchmal von Kokosöl und Fetten
Mangelerscheinungen z.B. in Bezug auf Eisen oder Vitamin B12
Symptome sind selten zu 100 % eindeutig und können im Einzelfall anders aussehen. Insbesondere wenn mehrere Fehlbesiedlungsvarianten kombiniert auftreten oder weitere Unverträglichkeiten oder Dysbalancen die eindeutige Zuordnung verschleiern. Deine Fehlbesiedlung muss also nicht nach Lehrbuch verlaufen. Vor allem die »komischen« Begleitsymptome treten häufig im Zusammenhang mit Histaminintoleranz (HIT), Mastzellenaktivierungssyndrom (MCAS) oder Salicylatintoleranz auf. Nicht jeder SIBO- oder IMO-Betroffene muss alle Symptome aufweisen, nicht jedes Symptom weist eindeutig auf SIBO bzw. IMO hin. Es gibt auch Fehlbesiedlungen ohne einen aufgeblähten Bauch.
Wissen für Therapeut*innen: Einschätzung von Symptomen
Wenn du Verdauung, Motilität und Stuhlgang als Symptom betrachtest, kläre bitte ab, ob die Betroffenen Präparate einnehmen, die den Verdauungstrakt beeinflussen. Unauffälliger Stuhlgang bei Einnahme von Prokinetika (das sind motilitätsfördernde Präparate) oder Laxanzien (Abführmittel) könnte dann nämlich „eigentlich“ Verstopfung darstellen. Unauffälliger Stuhlgang beim regelmäßigen Gebrauch von Aktivkohle könnte auf „eigentlich“ Durchfall hindeuten. Wichtig ist, wie sich der Darm, die Verdauung und auch die Ausscheidungen ohne den Einsatz unterstützender Präparate verhalten würden. Selbiges gilt für die Ernährung. Wenn Patient*innen eine spezielle Diät oder Ernährungsform befolgen, kläre bitte ab, wie sich Symptome ohne diese spezielle Ernährung verhalten würden.
Symptome treten auch in unterschiedlicher Heftigkeit auf. Bei milden Verläufen klingen Beschwerden innerhalb weniger Stunden nach Auftreten wieder ab. Bei heftigen Verläufen bestehen Beschwerden oftmals über Tage und ein Bezug zur Nahrungsaufnahme lässt sich nicht zuverlässig erkennen.
Um dir einen Überblick über die Symptome zu verschaffen und Verbesserungen oder Verschlechterungen im Verlauf zu dokumentieren, findest du online über einen ▶ QR-Code ausführliche Symptomtagebücher. Damit können die Symptome, z.B. einmal wöchentlich oder bei Veränderungen, genau notiert und in ihrer Ausprägung bewertet werden, z.B. auf einer Skala von 1–10. Wenn du diese Symptomtagebücher ausdruckst, hast du sie bei der weiteren Lektüre zur Hand. Sie begleiten dich während der gesamten Behandlung, ermöglichen dir, Zusammenhänge immer besser zu verstehen, den Therapieerfolg einzuschätzen und deinen Behandlungsplan sinnvoll anzupassen.
Das erste Symptomtagebuch erfasst die Symptome und Störungen in Verdauung und Stoffwechsel. Das zweite erfragt Symptome und Störungen außerhalb des Verdauungstraktes. Manche sind Folge einer Fehlbesiedlung, andere begünstigen sie – wieder andere stehen zwar nicht in direktem Zusammenhang mit SIBO oder IMO, zeigen jedoch an, dass im Körper eine Regulationsstörung besteht.
Wenn du deine Beschwerden ein für alle Mal loswerden möchtest, ist es absolut notwendig, dass du genau verstehst, wie dein Verdauungstrakt eigentlich funktionieren sollte.
Denn nur dann ist es dir möglich, deine Problempunkte und Ansatzmöglichkeiten zu erkennen. Ich möchte mit dir darum eine Reise durch deinen Magen-Darm-Trakt machen, bevor ich auf Entstehung, Diagnose und vor allen Dingen Therapie einer SIBO oder IMO eingehe. Sei versichert: Dieser Abschnitt ist für dich ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis deiner Erkrankung! Mach dir gerne beim Lesen schon mal Notizen an den Stellen, an denen du das Gefühl hast: „Oha, hier läuft es bei mir anders und hier könnte ich etwas verändern, damit mein Körper es leichter hat, sodass Ressourcen für Regulations- und Heilungsprozesse frei werden!“ Das hilft dir, schnell mit der Behandlung durchzustarten. Nutze dazu gern die Checkliste aus dem vorigen Kapitel sowie die downloadbaren Symptomtagebücher.
Verdauung bezeichnet die Aufnahme, die Zerkleinerung und den Weitertransport der Nahrung. Dazu gehört die Aufspaltung durch Verdauungsenzyme, damit die enthaltenen Nährstoffe aufnahmefähig (resorptionsfähig) für den Körper gemacht werden. Wir schauen uns diese Bestandteile der Verdauungssäfte später noch genauer an, denn hier liegt oftmals ein wichtiger Ansatzpunkt für Heilung und es ist häufig „Nachhilfe“ erforderlich, wenn die Beschwerden dauerhaft verschwinden sollen. Stoffwechsel bezeichnet die biochemischen Umwandlungsprozesse in der Zelle. Ein anderes Wort dafür ist Metabolismus.
Im Mund wird die Nahrung zerkleinert: Die Zähne spalten die Nahrung mechanisch auf und machen aus ihr bestenfalls einen Brei. Kohlenhydratspaltende Enzyme im Speichel nehmen erste Aufspaltungsprozesse vor, sodass Kohlenhydrate in kleinere Molekülketten zerteilt werden.
Rachen und Speiseröhre dienen dem Transport: Über Rachen und Speiseröhre findet der Nahrungsbrei nach dem Schluckvorgang innerhalb weniger Sekunden den Weg in den Magen.
Im Magen finden erste Verdauungsprozesse statt: Er durchwalkt wie ein Betonmischer den Nahrungsbrei in alle Richtungen. Er bildet den Magensaft, zu dem auch die Magensäure gehört. Die optimale Produktion von Magensaft ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Beseitigung deiner Reizdarmbeschwerden. Portionsweise gibt der Magen den Nahrungsbrei in den Dünndarm ab, wo er ca. 10 bis 20 Minuten nach dem Kauen landet.
Im Dünndarm werden die Nährstoffe weiter aufgespalten und aufgenommen: Der ca. 5–6 Meter lange Dünndarm durchläuft den kompletten Bauchraum und besteht aus drei Abschnitten: dem Zwölffingerdarm (Duodenum), ca. 20 cm lang, in den Ausführungsgänge aus Leber und Bauchspeicheldrüse münden, sodass Galle und Bauchspeichel mit Verdauungsenzymen eingespritzt werden können, dem Leerdarm (Jejunum) sowie dem Krummdarm (Ileum).
Der Dünndarm ist Ort der Verdauung (Aufspaltung) und der Resorption (Aufnahme) der aufgespaltenen Nahrungsbestandteile über die Schleimhaut. Zu diesem Zweck ist die Dünndarmschleimhaut mehrfach aufgefaltet, um ihre Oberfläche massiv zu vergrößern. Zunächst ist sie zu sogenannten Zotten (Villi) aufgeworfen, auf denen dann wiederum kleine haarförmige Ausstülpungen sitzen, sogenannte Mikrovilli. Die Mikrovilli stehen dicht an dicht – wie bei den Borsten einer Zahnbüste. Man spricht darum auch vom Bürstensaum. Hier werden sogenannte Bürstensaum-Enzyme produziert, die Nährstoffe sowie auch Histamin oder Lactose aufspalten.
Eine beeinträchtigte Darmschleimhaut zieht darum oft Unverträglichkeiten nach sich. Wenn die „Fabrik“ beschädigt ist, stehen die Aufspaltungsenzyme bzw. Nährstofftransporter nur beschränkt zur Verfügung. Wenn alles nach Plan läuft, liegen die Nährstoffe im Lauf der ca. 30- bis 100-minütigen Dünndarmpassage in perfekt aufgeschlüsselter resorptionsfähiger Form vor und durchwandern die Darmbarriere.
Tight Junctions heißen die Zellverbindungen, die die Zellen der Darmschleimhaut dicht zusammenhalten und so für strukturelle Integrität und eine kontrollierte Aufnahme von Stoffen sorgen und das Eindringen unerwünschter Fremdstoffe oder Eindringlinge verhindern. Sind diese Tight Junctions geschädigt, kann ein ▶ Leaky-Gut-Syndrom entstehen, eine wichtige Ursache für die Entstehung und den Verbleib von Fehlbesiedlungen.
Oberfläche und Struktur des Dünndarms.
(© VectorMine/stock.adobe.com - Edited and composed by Thieme)
Nachdem die Nährstoffe die Darmbarriere passiert haben, machen sie sich über das Blut auf den Weg zu den Körperzellen, um diese mit allen notwendigen Stoffen zu versorgen. Die nicht resorbierbaren Bestandteile des Nahrungsbreis wandern nach ca. 70 bis 100 Minuten weiter in den Dickdarm.
Der Dickdarm hat andere Aufgaben als der Dünndarm: Der ca. 50 bis 100 cm lange Dickdarm schließt an den Dünndarm an. Die beiden sind durch die Ileocaecalklappe (Bauhin-Klappe) verbunden. Dieser ventilartige Verschluss aus Schleimhautfalten verhindert das Zurückwandern von Darminhalt (auch Mikroben) aus dem Dickdarm in den Dünndarm. Der Bereich rund um die Ileocaecalklappe im rechten unteren Bauchraum ist bei vielen SIBO-/IMO-Betroffenen empfindlich und regelrecht „verspannt“.
Der Dickdarm (Kolon) macht einige charakteristische Biegungen: Zunächst läuft er im rechten Bauchraum aufwärts bis ungefähr zum unteren Rippenbogen, dann einmal quer von rechts nach links hinüber, dann steigt er im linken Bauchraum ab, macht eine S-förmige Kurve (Sigmoid), um dann senkrecht über den Enddarm (Mastdarm/Rektum) in den After zu münden.
Der Dickdarm dient der Rückresorption von Wasser und Mineralstoffen. Er dickt dadurch den Kot ein. Zudem übernimmt er Zersetzungsprozesse mithilfe der Billionen von Darmbakterien. Unverdaute Nahrungsbestandteile werden durch Gärungs- und Fäulnisprozesse zersetzt, ein erwünschter und „normaler“ Vorgang im Dickdarm. Unangenehm wird es erst dann, wenn eine Dysbiose entsteht oder Bakterien im Rahmen einer Fehlbesiedlung gehäuft den Dünndarm überwuchern.
Die in der Leber gebildete Galle wird über Gallengänge in den Dünndarm geleitet. Sie wird dort bei Bedarf eingespritzt – wann und wie viel, das wird durch das Zusammenspiel von Verdauungssäften, pH-Wert, Hormonen und Enzymen geregelt. Galle emulgiert Fette. Das heißt, sie daut diese an, damit die eigentlichen Verdauungsenzyme dann besser angreifen und die Fette aufspalten können. Das passiert im Darm.
Vielfach gibt es Verwirrung, weil die Galle in der Leber gebildet wird, jedoch im Darm zum Einsatz kommt. Und dann gibt es da noch die Gallenblase, die viele Leute auch „Galle“ nennen und die bei einigen Menschen sogar entfernt wird. Die Gallenblase ist ein reines Speicherorgan für die Gallenflüssigkeit. Sie erleichtert eine gute Versorgung mit Galle. Die Leber wird entlastet, weil sie nicht immer spontan bei Bedarf große Mengen Galle direkt produzieren muss. Auch ohne Gallenblase produziert der Körper also weiterhin Galle und gibt sie in den Darm ab. Darum können Menschen auch ohne Gallenblase gut leben – sie haben einfach nicht so viel Vorrat an Gallenflüssigkeit, sondern müssen die benötigte Galle sozusagen direkt nach Bedarf aus der Leber herholen. Das passiert während Mahlzeiten übrigens bei jedem Menschen; in der Zeit zwischen den Mahlzeiten fließt Galle dann in die Gallenblase, wo sie eingedickt und gespeichert wird.
Wenn man sich mit SIBO beschäftigt, stolpert man früher oder später vermutlich über den Begriff „ ▶ Gallensäureverlustsyndrom“. Viele Betroffene kommen im Glauben in die Praxis, sie litten darunter. Was es mit diesem Gallensäureverlustsyndrom auf sich hat, beschreibe ich später im Zusammenhang mit den Verdauungssäften. Neben der Galleproduktion ist die Leber als Hauptstoffwechselorgan wesentlich an Entgiftung und Ausleitung beteiligt und ebenso an allen Energiestoffwechseln. Damit meine ich den Einbau, Umbau oder die Verfügbarmachung von Kohlenhydraten, Fetten und Eiweißen (Proteinen). Wann immer diese Nährstoffe verarbeitet werden, spielt die Leber eine Rolle. Auch beim Fettabbau.
Darüber hinaus hat sie noch weitere Aufgaben wie die Bildung von Gerinnungsfaktoren, Bluteiweißen, Nährstofftransportern, die Speicherung und Zurverfügungstellung von Vitaminen, sie ist beteiligt am Auf- und Abbau von Hormonen oder z.B. auch am Abbau von Histamin. Das bedeutet auch: Wenn die Leber überfordert oder träge ist, können diese Prozesse beeinträchtigt sein.
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) bildet einerseits Verdauungsenzyme für alle Nährstoffgruppen (Kohlenhydrate, Eiweiße, Fette). Das ist ihre exokrine Funktion. Die Enzyme werden als Teil des sogenannten Bauchspeichels über Ausführungsgänge in den Zwölffingerdarm abgegeben. Im Dünndarm können sie dann am Nahrungsbrei angreifen und die Nährstoffe aufspalten. Andererseits bildet die Bauchspeicheldrüse Hormone, die den Kohlenhydratstoffwechsel regulieren, endokrine Funktion genannt. Das wichtigste Hormon ist das blutzuckersenkende Insulin. Hormone werden über das Blut im Körper verteilt, um ihre Aufgaben zu erfüllen.
Viele Patient*innen kommen mit der Überzeugung in die Praxis, sie hätten eine sogenannte Pankreas-Insuffizienz, also ihre Bauchspeicheldrüse bilde nicht genügend Verdauungsenzyme. Was hinter dieser Annahme steckt und wie Pankreas-Insuffizienz und Fehlbesiedlung sich gegenseitig beeinflussen, erkläre ich ▶ später.
Die meisten Betroffenen beseitigen durch eine Optimierung ihrer Verdauungssäfte und deren Aktivität einen wichtigen Auslöser (Root Cause) ihrer Fehlbesiedlung oder ihres Reizdarms und erfahren eine deutliche Linderung ihrer Beschwerden.
Die Verdauungssäfte sind wichtig für die Aufspaltung von Nährstoffen und beeinflussen pH-Wert und Milieu des Darms, den Zustand von Darmbarriere sowie Peristaltik und Motilität, also Bewegungsfähigkeit und Passagegeschwindigkeit. Das erklärt ihre zentrale Rolle bei der Entstehung, der Hartnäckigkeit und der Therapie von SIBO und IMO. Im Folgenden durchlaufe ich mit dir die wichtigsten Bestandteile der Verdauungssäfte und erkläre dir die Grundlagen ihres komplexen Zusammenspiels.
Es mag sein, dass du ein paarmal zu diesem Abschnitt zurückblättern wirst, um dir die Zusammenhänge nochmal vor Augen zu führen. Das ist sinnvoll, denn mit jedem Mal wirst du die Zusammenhänge besser verstehen. Und das lohnt sich. Insbesondere dieser Abschnitt enthält echtes „Geheimwissen“, mit dem du nicht nur deine Reizdarmbeschwerden in den Griff bekommst, sondern auch die Hebel für Darmgesundheit und Gewichtsmanagement in der Hand hältst.
Vorausgesetzt, du hast keine angeborenen Defekte oder Anomalien, gilt nämlich Folgendes: Nicht dein Körper ist „schuld daran“, dass dein Stoffwechsel träge, dein Stuhlgang fest, deine Motilität eingeschränkt oder dein Darm durcheinander ist. Denn typischerweise machen wir es unserem Körper schwer, Verdauungssäfte zur richtigen Zeit in der richtigen Menge zu bilden. Oder eine vernünftige Bakterienbesiedlung im Darm zu etablieren. Oder Entzündungsprozesse zu heilen. Oder ein starkes Immunsystem aufzubauen. Oder ordentlich zu regenerieren. Oder überflüssige Kilos abzuwerfen. Diese Liste könnte ich problemlos erweitern. Lass uns aber passend zum Thema bei den Verdauungssäften bleiben.
Die Hauptfaktoren bei der unzureichenden Bildung von Verdauungssäften sind eine ungünstige Lebensmittelauswahl und ein ungünstiges Essverhalten. Glücklicherweise zwei Faktoren, die du selbstwirksam direkt und unmittelbar verändern kannst. Fang am besten gleich heute an, deine Erkenntnisse zu nutzen und es deinem Körper leichter zu machen, zu verdauen. Mach dir am besten gleich Notizen an den Stellen, an denen du merkst, dass bei dir Luft nach oben ist.
Verdauung beginnt im Mund: Schon im Speichel befinden sich Enzyme (Amylasen), die Kohlenhydrate verdauen können. Je besser und länger du kaust, desto besser nutzt du die Vorverdauung im Mund. Und diese ist wichtig. Gut gekaut ist halb verdaut, das wussten schon unsere Großeltern. Aus der Praxis kann ich bestätigen, dass gutes Kauen eine deutliche Symptomverbesserung bringen kann. Die nächste Chance zur Kohlenhydratverdauung besteht nämlich erst im Dünndarm. Der Nahrungsbrei bewegt sich dabei allerdings stetig fort und es gibt nur ein gewisses Zeitfenster für die Aufspaltungsprozesse. Zudem können die Enzyme im Dünndarm nur ein bestimmtes Maß an Aufspaltungsaktivität aufbringen. Sie benötigen einen vorverdauten Nahrungsbrei, damit Aufspaltungsprozesse optimal ablaufen können.
In unserem Magen gibt es verschiedene spezialisierte Zellen, die u.a. den Magensaft bilden. Ein wichtiger Bestandteil des Magensaftes ist Salzsäure, auch Magensäure genannt. Der pH-Wert des Magensaftes liegt durch die Magensäure bei ca. 1–1,5. Magensaft beinhaltet allerdings mehr als die reine Salzsäure. Er besteht neben Magensäure vor allen Dingen aus Wasser, Schleim, Bikarbonaten, dem Verdauungsenzym Pepsin, geringen Mengen Lipasen und dem Intrinsic Factor.
Die Belegzellen (Parietalzellen) des Magens bilden die Magensäure und den Intrinsic Factor, der als Cofaktor essenziell für die Aufnahme von Vitamin B12 im hinteren Bereich des Dünndarms (terminales Ileum) ist. Die Hauptzellen des Magens bilden Pepsinogen, die Vorstufe des eiweißspaltenden Enzyms Pepsin. Und die Nebenzellen des Magens bilden den schützenden alkalischen Schleim, damit die Magensäure nicht die Magenschleimhautzellen selbst angreift. Durch die enthaltenen Enzyme (Pepsin und Lipasen) werden im Magen vor allen Dingen Eiweiße (Proteine) aufgespalten und in geringem Maße auch Fette.
Magensaft wird nicht kontinuierlich gebildet. Magensäure und die Verdauungsenzyme werden in Abhängigkeit von der Nahrungsaufnahme gebildet. Das heißt, die Zufuhr von Nahrung ist ein wichtiger Trigger für die Bildung der Säfte.
Gut zu wissen: Aufgaben der Magensäure
Die Magensäure hat folgende Aufgaben, die sie zu einem absoluten Erfolgsfaktor optimaler Verdauung und Motilität (und damit auch wirksamer Behandlung) machen:
Abtötung unerwünschter Mikroorganismen: Viren, Bakterien, Parasiten – alle möglichen Eindringlinge fallen der Säure zum Opfer.
Denaturierung von Proteinen (Eiweißen): Sie verdaut Proteine vor, damit sie im späteren Verlauf der Verdauung in einzelne Aminosäuren zerlegt werden können.
Aktivierung des Eiweiß-Verdauungsenzyms Pepsin: Im Magen wird eine inaktive Vorstufe des Pepsins produziert, damit keine Selbstverdauungsprozesse im Magen stattfinden. Erst durch die Magensäure wird diese Vorstufe in das aktive Pepsin umgewandelt und die Aufspaltung von Eiweißen kann bereits im Magen beginnen.
Nährstoffaufnahme: Die Aufnahme von Calcium, Magnesium und Eisen wird durch die Säure erleichtert.
Trigger nachgelagerter Verdauungsprozesse: Magensäure ist maßgeblich für den sauren pH-Wert des Magensaftes. Dieser pH-Wert beeinflusst auch das Darmmilieu und damit die „Wirksamkeit“ von Verdauungsenzymen. Der pH-Wert ist außerdem Teil des komplexen Steuersystems, das die Nachproduktion von Magensaft und nachfolgende Bildung des sogenannten Bauchspeichels sowie die Motilität regelt.
Die Produktion oder Sekretion von Magensäure kann aus verschiedenen Gründen gestört sein. Der Körper kann zu viel Magensäure produzieren. Das kann zu Sodbrennen, Reflux-Ösophagitis, Magenschleimhautentzündung (Gastritis), Magengeschwüren oder Zwölffingerdarmgeschwüren führen. Er kann aber auch zu wenig Magensäure produzieren, was ebenfalls zu Sodbrennen führen kann und die Verdauungsaktivität und die Motilität entscheidend behindert.
In der klassischen Schulmedizin wird häufig der Magensäureüberschuss thematisiert. Er kann zu Reflux (Rückfluss von Säure) und Sodbrennen führen. Insbesondere durch Genussgifte und Stress sowie stark säureüberschüssige ungesunde Ernährung, vielleicht sogar in Kombination mit Medikamenten, kann ein Magensäureüberschuss entstehen. Die überschüssige Säure steigt – meist begünstigt durch einen schwachen Magensphinkter – in die Speiseröhre hoch und verursacht ein unangenehmes Brennen oder Schmerzen.
Der Magensphinkter (Cardia) ist der ringförmige Muskel, der Speiseröhre und Mageneingang verbindet. Er ist keine Klappe, sondern ein Ringmuskel (ähnlich wie an unserem After), dem manchmal etwas Spannkraft fehlt, um richtig zu schließen. Wenn der obere Magensphinkter nicht ganz dicht ist, spricht man auch von einer Cardia-Insuffizienz. Falls bei dir schon eine Magenspiegelung gemacht wurde, hast du diesen Begriff vielleicht in deinem Befund gelesen.
In den seltensten Fällen ist die Cardia allerdings kaputt und diese Schwäche damit ein unabwendbares Schicksal. Zwei wichtige Faktoren tragen zur Spannkraft (auch: Tonus) der Cardia bei und können behandelt werden:
Versorgung: Wie jeder Muskel profitiert auch das Gewebe des oberen Magen-Ringmuskels von vernünftiger Ernährung bzw. leidet unter mangelhafter Versorgung. Vor allem eine proteinoptimale Ernährung und eine Versorgung mit allen Bau-, Funktions- und Reparaturstoffen hilft oft, wieder Spannkraft in die Muskulatur zu bringen. Das geht dann mit optimierter Bildung von Verdauungssäften und Verbesserung der Motilität einher. Welche Stoffe dir ggf. fehlen, kannst du über einen vernünftigen Mikronährstoff-Checkup feststellen. Mehr dazu erfährst du ▶ hier.
Fehlbesiedlung: Einerseits kann der Druck durch die Bauchgase den Sphinktermuskel mechanisch erschlaffen lassen. Andererseits produzieren einige Fehlbesiedlungsbakterien ▶ LPS-Toxine. Diese tragen zu einer Schwächung der Sphinktermuskulatur bei.
Vielfach werden von der Schulmedizin bei (vermutetem) Magensäureüberschuss sogenannte Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI) bzw. Magensäureblocker eingesetzt, auch wenn damit die Ursache des Säureüberschusses nicht behoben wird. Ist Magensäureüberschuss ein Thema, helfen diese Medikamente meistens, zumindest im ersten Moment. Warum diese Medikamente nicht für den Dauereinsatz geeignet und ein häufiger Treiber für SIBO und IMO sind, besprechen wir im ▶ Abschnitt über die Auslöser einer Fehlbesiedlung.
Interessant ist, dass nicht allen Menschen mit Sodbrennen mit der Einnahme von Magensäureblockern geholfen ist. Viele Betroffene berichten, dass es ihnen unter Einnahme von Magensäureblockern schlechter ging als vorher. Spannenderweise ging es ihnen im Rahmen der Behandlung nach der Einnahme magensäurefördernder bzw. stimulierender Präparate deutlich besser. Denn nicht nur ein Überschuss, auch ein Mangel an Magensäure kann zu Sodbrennen und refluxähnlichen Beschwerden führen.
Bei Magensäuremangel leidet auch die Denaturierung der Proteine sowie die Aktivierung eiweißspaltender Enzyme. Das heißt, die Vorverdauung und Aufspaltungsaktivität von Proteinen ist unzureichend. Dabei entsteht oft ein kleiner Teufelskreis, denn proteinarme Ernährung wiederum ist stark bedingend für eine geringe Säureproduktion, die verschiedene Folgen hat:
Magensäure fehlt,
die Motilität wird träge,