Titaneion Titanenschlacht - Episoda 2: Kolossansturm - Bastian Brinkmann - E-Book

Titaneion Titanenschlacht - Episoda 2: Kolossansturm E-Book

Bastian Brinkmann

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Beschreibung

ZEIT, DEN ULTIMATIVEN KRIEG ZU ENTFESSELN! "Rach' und Macht sind schon zwei süß vergiftet Speise und wer sie einmal hat gekostet, kommt nicht mehr davon los, als bis er selbst gefressen wird." URANUS Gatte der Gaia Die Suche nach Bestien-Ikas beginnt Athene, Aphrodite und Perdix begeben sich auf die Suche nach Bestien-Ikas, nicht ahnend, dass dieser sich in den Fängen des wahnsinnigen Königs Pygmalion befindet. Dieser verfügt über ein geheimes Talent, welches nachts durch die Stadt schreitet und die Straßen unsicher macht. Gaia erklärt ihrem Sohn Kronos den Krieg. Fortan lebt sie gefährlich, da Kronos seine Häscher nach ihr ausschickt. So bleibt Gaia, Hades und Uranus nur ein Leben auf der Flucht. Sie geraten zwischen die Fronten der Menschen, die ihre Konflikte mit grausamer Härte austragen und sind gezwungen, ihre eigenen Mächte freizusetzen, um das Schlimmste zu verhindern. Kronos setzt alles daran, den Aufenthaltsort des Bestien-Ikas zu ermitteln. Als er ihn gefunden zu haben glaubt, entfesselt er eine Macht, die alles zu vernichten droht. Und noch weitere Wesen treiben ihr krummes Spiel, ohne das zu sein, was sie vorzugeben versuchen ...

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BASTIAN BRINKMANN

TITANEION

Titanenschlacht

Episoda 2: Kolossansturm

Inhaltsverzeichnis

PERSONAE

WAS BISHER GESCHAH

ERSTER GESANG - Orakelspruch und Kriegserklärung

ZWEITER GESANG - Triumph der Toten

DRITTER GESANG - Der Raub des Daedalus

VIERTER GESANG - Steinerne Schwüre

FÜNFTER GESANG - In giftig, tiefen Wässern

SECHSTER GESANG - Heimlichtuerische Nächte

SIEBTER GESANG - Die Kraft des Kronos

ACHTER GESANG - Das Wesen der Macht

NEUNTER GESANG - Durch das schwarze Todesdunkel

ZEHNTER GESANG - Nicht vorhandene Verschwörungen

Über den Autor

Impressum

Impressum neobooks

PERSONAE

MONSTER UND MENSCHEN

- BESTIEN-IKAS: Ehemaliger thrakischer Heerführer. Durch Kronos in eine Bestie verwandelt.

- PERDIX: Neffe des Daedalus. Genialer Erfinder.

- PYGMALION: Kleinwüchsiger König von Paphos. Genialer Bildhauer.

- OSTREOS: Sein oberster Diener.

- ASKRINOS DER FREIE: Gefeierter Lebemann und Liebhaber des Ostreos.

PROTOGENOI UND TITANEN

- GAIA: Die Allmutter. Uranus trieb ihr die Kyklopen und Hekatoncheiren in den Leib.

- URANUS: Verkörperung des Himmels. Gatte der Gaia. Im Auftrag der Gaia von Kronos mit einer Hippe entmannt.

- KRONOS: Der Krumme. Jüngster Sohn des Uranus und der Gaia. Hat die Kroniden verschlungen.

SONSTIGE BEGRIFFE UND FABELWESEN

- KRONIDEN: Kinder des Kronos.

(Zeus, Hades, Poseidon, Hera, Hestia, Demeter)

- URANIDEN: Kinder des Uranus.

(Kronos, Rhea, Themis, Koios, Hyperion, Iapetos, Kreios, Okeanos, Tethys, Phoibe, Theia, Mnemosyne)

- Weitere Götter, Titanen, Fabelwesen.

Weiterführende Artikel unter: www.mythenhacker.de

WAS BISHER GESCHAH

Der thrakische Heerführer Ikas wird vom Blitz getroffen und findet sich im Tartarus wieder. Er begegnet der Allmutter Gaia, die ihn bittet, ihrem Sohn Kronos eine Sichel zu bringen, um sie von den ständigen Nachstellungen ihres Gatten Uranus zu erlösen.

Ikas tut wie ihm geheißen und übergibt dem Titanen die Waffe. Wieder im Tartarus angekommen, entmannt Kronos den Uranus und versucht, Ikas im heraussprudelnden Blut und Samen zu ertränken, doch statt zu versterben, vereint Ikas die Kräfte des Uranusblutes in sich und verwandelt sich in eine schreckliche Bestie.

Sein Versuch, sich an Kronos zu rächen, schlägt fehl: Kronos reißt ihm die Flügel heraus und wirft ihn aus der Himmelsfestung zur Erde zurück.

Hades rettet Bestien-Ikas vor dem sicheren Tod, schwört Kronos zuvor jedoch, mit dem Geretteten zurückzukehren und sich an ihm zu rächen.

Gaia, Uranus, Hades und Bestien-Ikas verbünden sich und machen sich auf die Suche nach Daedalus, dem legendären Erfinder, um Bestien-Ikas ein paar neue Flügel fertigen zu lassen.

Daedalus wird vom Dämonenheer des Kronos tödlich verwundet und übergibt Bestien-Ikas und Hades eine Schriftrolle mit der Bitte, seinen Neffen Perdix zu finden und ihm die Rolle zu übergeben. Da Perdix den Kopf des Daedalus benötigen wird, reißt Bestien-Ikas dem sterbenden Daedalus den Kopf ab und rettet sich in den Tartarus.

Gaia berichtet, dass Athene die letzte ihr bekannte Person ist, die Perdix gesehen hat. Hades, Bestien-Ikas und die in der Zwischenzeit hinzugestoßene Kronosgattin Rhea machen sich auf die Suche nach der Göttin und durchsuchen die Schenken Athens.

Sie finden Athene und stellen zu ihrem Bedauern fest, dass die Göttin sich nicht daran erinnern kann, wo sie den Perdix zum letzten Mal gesehen hat. Zwischenzeitlich werden sie von Dämonen und Harpyien angegriffen, welche die Rhea entführen.

Zurück im Tartarus befragt Hades den Kopf des Daedalus und erfährt von zwei Laboren auf Zyprus. Aphrodite und ein kürzlich verstorbener Priester des Kronos schließen sich ihnen an. Sie brechen in die Stadt Paphos auf, in der sämtliche Frauen vertrieben oder gepfählt wurden.

Sie durchsuchen die Schenken nach Perdix und landen in der Schenke Thermodonion. Der tote Kronospriester - der in Wahrheit ein Spion des Kronos ist - löst sich von der Gruppe, um seinem wahren Herrn zu berichten. Bestien-Ikas und Hades folgen ihm, können ihn jedoch nicht finden.

In der Zwischenzeit wird die Schenke von Wachen angegriffen und niedergebrannt. Athene und Aphrodite, die - als Männer verkleidet - in der Schenke zurückgeblieben sind, werden von Perdix gerettet und in sein geheimes Labor gebracht. Bestien-Ikas versucht, die Frauen aus der brennenden Schenke zu retten, wird jedoch von den Wachen erschlagen.

Hades, der die anderen für tot hält, flieht in den Tartarus. Hades, Gaia und Uranus beschließen, das Orakel von Delphi aufzusuchen, um herauszufinden, ob ihr Kampf bereits zu Ende ist - ebenso wie Kronos, der in der Zwischenzeit seine Titanenbrüder um sich versammelt hat und das Orakel befragen möchte, ob er sich noch immer vor der Rache des Bestien-Ikas in Acht nehmen muss ...

ERSTER GESANG - Orakelspruch und Kriegserklärung

Thronsaal in Paphos.

Ein KLEINWÜCHSIGER bearbeitet eine Statue mit Hammer und Meißel. OSTREOS, der oberste Kammerdiener, vor einer Säule. Diverse DIENER und BEDIENSTETE halten sich im Hintergrund.

PYGMALION (von seinem Schemel steigend und sein Werk von Weitem betrachtend).

Was meint Ihr?

Und seid bitte ehrlich.

OSTREOS (mit starrem Blick geradeaus).

Ihr habt Euch selbst übertroffen, Hoheit.

PYGMALION (von einer Seite auf die andere watschelnd).

Ich glaub, ich kann zufrieden sein.

Von dieser Seite schaut's genauso wirklich aus

wie von der anderen.

(Er wirft Hammer und Meißel in die Ecke und watschelt zu einem Tisch neben seinem Thron hinüber. Eine Karaffe und ein Kelch stehen darauf. Er schenkt sich ein.)

Mein guter Ostreos,

wie sehr bewunder ich die Fähigkeit,

Dinge einzuschätzen,

ohne sie gesehn zu haben.

Los, traut Euch, seht sie Euch an,

auch wenn's ein Weibe ist.

(Er klettert auf seinen Thron.)

OSTREOS (um die Statue herumschleichend).

So ist's erlaubt, dass ich's beäuge?

PYGMALION. Natürlich,

es ist mein Begehr.

Nur zu, nur zu.

OSTREOS. Ein Weibsbild.

(Er richtet den Blick auf die Brüste.)

Und was für eins.

PYGMALION (aufspringend und mit funkelnden Augen).

Sollen wir's zerschmettern?

OSTREOS (das Gesicht vor Schmerz verziehend).

Wozu dann erst die Arbeit,

wenn er's eh danach zerschmettert

und zerschellen lässt,

wo's ihm doch ach so schön gelungen ist?

Mein guter König,

ich versteh Euch manchmal nicht.

PYGMALION (mit irrem Blick).

Je schöner diese Dinger sind,

je mehr sie einen Mann verletzen.

Und sei es nur zum Spaß.

(Er watschelt zu seinem Werkzeug hinüber und hebt Hammer und Meißel vom Boden auf.)

Was meint Ihr?

Sollen wir uns

schmetternd Spaß erlauben

und zerschellen lassen,

was ich schuf?

(Er steigt auf den Schemel und setzt den Meißel mitten auf der Brust der Statue an.)

OSTREOS. Tut, was Ihr nicht lassen könnt,

doch ich würd es verschonen,

dieses wundervolle Bildnis.

PYGMALION (mit herabfallenden Mundwinkeln).

Ihr seid zu gütig, Ostreos.

Man darf mit diesen Rangen

niemals zärtlich sein,

sonst ist's um ein' geschehen.

OSTREOS. Ist's immer noch, weil diese Dirnen

Euch vor der Stadt einst arg bedrängten?

Wie könnt Ihr noch so töricht sein,

Euch selbst am Steingehaunen zu ergötzen,

wo doch gepfählt schon alles Weibe ist

oder verjagt?

PYGMALION (vor Zorn rot werdend).

Was hör ich unverschämte Fragen

aus dem Mund des höchsten Dieners?

Seid lieber still,

sonst pfähl ich Euch daneben!

OSTREOS (seufzend).

Wie oft hat er's schon angedroht,

mit Spieß und Pfahl mich aufzubahren

auf der Mauer,

dass mich ein jeder sieht

und was mit mir geschehen ist?

Warum geht Ihr nicht raus

und rächt Euch an den Dirnen,

statt jedes Hoffen auf die Zukunft

Eurer Stadt so zu verbauen?

Wo keine Weiber sind,

da sind auch keine Kinder.

Und wo's an Kindern mangelt,

da ...

PYGMALION. Schweigt!

Sonst ruf ich meine Wachen!

OSTREOS. So nehmt Euch doch zurück,

sonst fallt Ihr noch vom Schemel.

Wir wolln doch nicht,

dass Ihr Euch das Genicke brecht.

Lasst mich die Hand zum Abstieg reichen.

(Er geht rüber zum Schemel und hält dem Kleinwüchsigen den Arm hin.)

PYGMALION. Ich sollte Euch den Meißel in den Schädel treiben,

um nachzusehen,

was darin so vor sich geht.

(Tränen steigen in seinen Augen auf.)

Ihr liebt mich nicht und ich verspür's

in jedem Eurer Sätze.

OSTREOS. Aber, aber, Euer Hoheit!

Kommt nur erst herunter,

dann können wir's bereden.

PYGMALION (ihn eine Weile betrachtend, dann seinen Arm nehmend).

Es war ein kräftezehrend Werk,

dies Bildnis aus dem Stein zu hauen.

Auch wenn es lang darin schon schlummert,

war's tief darin verborgen

und ein harter Schlag war nötig,

um es draus nun freizulegen.

Führt mich in die Gemächer,

ich verweile.

OSTREOS. Sehr wohl.

(An die Umstehenden gewandt:)

Bringt den König auf die Kammer!

(Einer der Diener eilt herbei und bietet dem König seinen Arm an.)

PYGMALION. Holt mich,

wenn es Essen gibt.

Ich bin schon am Verhungern.

OSTREOS. Sehr wohl, Euer Hoheit.

(Der Diener führt den König hinaus. Pygmalion ab.)

ASKRINOS DER FREIE betritt den Saal.

ASKRINOS (um die Statue schleichend).

Unglaublich.

Jeden Augenblick erwartet man,

dass diese sich so nackt erhebt

und aus dem Raume schreitet.

Sie ist so real, wie sie aus Stein ist.

OSTREOS. Der König scheint bei jedem Schlag

sich selbst zu übertreffen.

Jedes seiner Werke

scheint realer als das letzte.

Seht Euch diese Mimik an,

diese Augen,

diese Wangen.

Beängstigend.

Ich könnte nachts nicht schlafen,

wüsst ich dies Ding in meiner Kammer.

ASKRINOS (die Falte unter dem Busen mit dem Finger nachzeichnend).

Und diese Linienführung ...

unser König ist ein wahrer Künstler.

OSTREOS. Nur lasst Euch nicht erwischen,

wie begehrend Ihr den Linien folgt.

ASKRINOS (mit dem Finger über die Brust des Ostreos fahrend).

Wie sieht's mit Eurer Linienführung aus?

Ich fühl in mir schon reifen das Begehren.

OSTREOS. Es ist ein schrecklich Zölibat,

sich ständig zu enthalten,

wo es keine Weiber gibt,

den naturgegebnen Trieb zu stillen.

Oh grausam Keuschheit!

ASKRINOS. So kommt mit mir,

wir wollen es uns schön besorgen.

OSTREOS (den Finger des Askrinos ertragend).

Nicht ...

Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken.

Es ist ein reines Notbehelf,

mit diesem hier das Bett zu teilen.

ASKRINOS. Och, jetzt enttäuscht er mich.

Wozu nahm ich den langen Weg auf mich,

von einem End' der Stadt zum nächsten?

OSTREOS. Es bleibt dabei:

Es ist nicht richtig.

ASKRINOS. Kann ich ihn

denn gar nicht heute locken?

Ein winzig kleines Stündlein nur?

Ich seh doch,

wie er schwitzt und hadert.

OSTREOS. Es nagt an mir das ew'g Verlangen,

doch will ich heut nicht mit ihm gehn.

ASKRINOS (aufbrausend).

Dann geht doch zu den Dirnen!

Sie werden sich Euch kaum verweigern.

OSTREOS. Und dann hab ich gleich drei am Hals?

Oh nein,

sie ermöglichen der ganzen Stadt,

sich an ihnen zu bedienen.

Und ist der eine Stecher erst gegangen,

kommt auch schon der nächste.

ASKRINOS (noch immer mit dem Finger über die Brust des Ostreos fahrend).

Im wahrsten Sinn des Wortes.

(Draußen rumpelt es.)

OSTREOS (die Hand wegschlagend).

Hinfort damit!

Es kommt jemand.

(Er stellt sich wieder vor seine Säule.)

Und bleibt auf Abstand.

Könnt Ihr Euch beherrschen?

ASKRINOS (lächelnd).

Ich will's versuchen.

(Er macht ein paar Schritte zurück.)

Die Tür springt auf. WACHEN kommen herein und tragen eine IN SCHWARZ GEHÜLLTE GESTALT. Vor dem Thron werfen sie sie zu Boden.

NEUER HAUPTMANN DER WACHE (an den Ostreos gewandt).

Verzeiht, doch dieser schlich sich in die Stadt,

zusammen mit vier anderen.

OSTREOS (an den Hauptmann gerichtet).

Wer seid Ihr?

Ich kenne Euch noch nicht.

Wo ist euer Hauptmann?

NEUER HAUPTMANN. Ich bin der neue.

Der alte fiel,

kurz bevor wir diesen hier ergriffen.

OSTREOS. Er fiel?

Was ist passiert?

Berichtet mir und lasst nichts aus.

HAUPTMANN. Zu fünfen drangen sie herein

und verschwanden in der Stadt.

Wir erhielten dann den Tipp von einem,

dass in der Schenke sie sich tummeln.

So schlugen wir dort feste zu,

die Leute einzukerkern,

und fanden uns dann wieder,

umgeben nur von Weibern,

als die ganze Zechmannschaft

die Kleider sich vom Leibe warf

und drunter waren nur noch Weiber.

Sie drängten uns zurück,

doch wir setzten ihr Gebäud in Brand.

Niemand kam heraus

und als das Haus dann eingestürzt,

kam dieser schnell herangestürmt

und warf sich in Verzweiflungstat

uns allen in die Messer.

So schlugen wir ihn nieder

und brachten ihn gleich her,

um zu erfahren,

was mit diesem hier geschehen soll

und zu erfahren,

was er weiß.

ASKRINOS (lachend).

Die Geschichte klingt so hanebüchen,

sie kann wohl kaum gelogen sein.

OSTREOS (irritiert).

Ihr sagt, ihr fandet euch

von Weibern bald umgeben?

Wie soll das möglich sein,

wo alle Weiber wurden ausradiert

und tummeln sich auf Pfählen?

HAUPTMANN. Diese nicht.

Fragt mich nicht, woher sie stammen,

noch wie ihnen die Flucht gelang.

ASKRINOS. Vielleicht handelt sich's

um 'ne Verschwörung.

Wer weiß,

was sich im Untergrunde tummelt,

wo's doch keiner weiß genau?

OSTREOS. Ihr spracht von fünfen.

Eure beiden Weiber,

plus Euren Verräter,

plus diesen hier

ergibt jedoch bloß vier.

Was ist mit dem Fünften?

HAUPTMANN. Am Stadttor waren sie zu fünft,

als sie uns überwanden.

In der Schenke fanden wir nur noch die Weiber.

Wo der Fünfte ist ...

man weiß es nicht.

ASKRINOS. Der Folterknecht soll's Feuer schüren

und seine Eisen gut erhitzen.

Es sollte ihm ein Leichtes sein,

herauszufoltern, was wir wissen wollen.

(Die Gestalt am Boden stößt ein seltsames Stöhnen aus.)

OSTREOS. Nanu, wie hört sich's komisch an?

Was sind's für kehlig Laute?

HAUPTMANN. Seid vorsichtig,

es ist kaum ein normaler Mensch,

der sich unter dem Schwarz verbirgt.

Vielmehr ist's eine Bestie,

vor der Ihr Euch hier fürchten müsst.

ASKRINOS. Eine Bestie?

Jetzt sieht er mich neugierig.

HAUPTMANN. Auf dass Euch Eure Neugier

nicht unvernünftig werden lasse.

Haltet Euch zurück,

es ist noch kräft'ger, als es scheint!

ASKRINOS. Noch kräftiger?

Und sieht auch so kaum schwächlich aus.

HAUPTMANN. Mehrere meiner Männer konnt's zerreißen,

eh wir's überwältigt.

OSTREOS. Fast scheint's mir ein Leichtsinn,

dieses Wesen so hier herzubringen,

so völlig ohne Seil und Fessel.

(Die Gestalt am Boden beginnt sich zu regen.)

HAUPTMANN. Speere bereit, Mannen!

(Waffen klirren, als sie auf die Gestalt am Boden anlegen.)

OSTREOS (zurückweichend).

Beim Zeus!

Jetzt erhebt sich's!

ASKRINOS (erschaudernd).

Ich seh's und kann's kaum glauben,

welch Ungetüm sich hier erhebt.

BESTIEN-IKAS (sich auf die Knie setzend und mit tiefer dämonischer Stimme).

Was blick ich hier in Speeresspitzen

und weiß so gar nicht, wo ich bin?

Die Anzahl ihrer Lanzen

gleicht einer tödlich Überzahl.

Ist's fast ein Kompliment,

dass sie mich derart fürchten,

dass scheint's ein ganzes Bataillon notwendig ist,

um diesen hier zu zähmen?

(Er streckt sich, die Wachen weichen zurück.)

Recht schreckhaft scheint ihr mir zu sein,

trotz eurer Überzähligkeit.

HAUPTMANN. Schweig, Monstrum!

Sonst lanzen wir dich nieder!

BESTIEN-IKAS. Oh, daran zweifle ich nicht.

Gebt nur gut acht,

dass ihr nicht gegenseitig euch im Wege seid,

wenn sich die Lanzen überkreuzen.

ASKRINOS. Was spricht's

und scheint doch Witz zu haben,

trotz seiner schrecklichen Gestalt

von schwarzer Haut,

den Nattern auf dem Kopfe

und dem Blut und Geifer in den Augen.

Ich bin recht irritiert.

HAUPTMANN. Gebt acht auf Euch!

Seht Ihr die dicken Arme nicht?

Es ist ganz schnell und wendig.

Solln wir's lieber gleich abstechen?

ASKRINOS. Nachdem ihr's bis hierher gebracht?

Ich denke nicht.

Der König soll es sehen.

OSTREOS. Der König?

Wollt Ihr ihn erschrecken?

ASKRINOS. Vielleicht macht er ein Bildnis draus.

Würd mich nicht überraschen.

Man muss schon sehr verschroben sein,

den ganzen Tag, das ganze Jahr,

nur Weiber aus dem Stein zu schlagen

und doch nichts mehr zu fürchten

als alles Weiblich' selbst.

HAUPTMANN. Was spricht er von,

als wär's für ihn nur Spiel?

OSTREOS. Ich fürchte fast, das ist es.

Ihr kennt ihn nicht, wie ich ihn kenn.

ASKRINOS (dem Ostreos ein Lächeln schenkend).

(Er schweigt.)

OSTREOS. So könnt ihr es in Schach wohl halten,

bis dass ich unsren König hol?

HAUPTMANN (nickend).

Ich denke schon,

doch scheint's ihm wirklich angebracht,

den König mit der Schreckensg'stalt

zu ängstigen?

ASKRINOS (lachend).

Das fragt er jetzt,

wo er es erst hier hergeschleift.

OSTREOS. Der König soll es sehen.

(An die Bediensteten gewandt:)

Holt ihn her!

(Einer der Bediensteten rennt los und verschwindet durch eine Seitentür.)

Haltet es nur gut in Schach.

BESTIEN-IKAS. Nur ruhig,

ich werd schon nicht entfleuchen.

Zu sehr fürcht ich die tausend Stiche,

auch wenn's mich kaum wohl töten kann.

ASKRINOS. Interessant,

so ist er etwa unverwundbar?

BESTIEN-IKAS. Schön wär's.

Nicht ganz,

doch halt ich lieber meinen Mund,

bevor ich hier noch

weitere Geheimnis' preisgeb.

ASKRINOS. Ganz wie er meint.

(Hinter den Türen hallen Schritte.)

OSTREOS. Still!

Der König kommt.

KÖNIG PYGMALION kommt durch eine Seitentür hereingewatschelt.

PYGMALION (auf seinen Thron zuhaltend).

Ist's etwa schon angerichtet,

dass ich zum Schlemmen darf einkehren?

Ich rieche ja noch gar nichts

und sehe auch nichts außer ...

(Er erblickt die schwarze Gestalt.)

Ihr Götter!

Was ist das?

So entstellt und schrecklich,

so schlimm und hässlich,

so grauslich und grässlich,

so ...

herrlich!

ASKRINOS (dem Ostreos zuflüsternd).

Was ist jetzt in ihn gefahren?

Der Mann gibt mir Rätsel auf.

(Der König drängt sich durch die Lanzenträger zur schwarzen Gestalt vor.)

HAUPTMANN. Euer Hoheit!

Mit Verlaub ...

PYGMALION. Lasst gut sein.

(An den Bestien-Ikas gewandt:)

Los, komm her,

lass dich beblicken!

(Er schließt die Augen, befühlt das Gesicht der Bestie.)

Diese Struktur,

diese Furchen,

so fein,

so ziseliert,

so ...

(Er öffnet die Augen, Zorn liegt darinnen.)

... unmöglich abzubilden!

(Er dreht sich um und kehrt zu seinem Thron zurück. Dabei brabbelt er unverständlich vor sich hin.)

OSTREOS (an sich selbst gerichtet).

Das ist nicht gut,

das ist nicht gut ...

(Dem König nacheilend:)

Euer Hoheit!

PYGMALION (auf den Stuhl kletternd und vor sich hin brabbelnd).

... Furchen.

... Formen.

... Struktur.

Ich fürchte, dieser Stein

muss erst noch gefunden werden.

OSTREOS (an ihn herantretend).

Euer Hoheit, regt Euch nicht auf.

PYGMALION (in die Leere starrend).

... zu fein.

... zu weich.

... nicht hart genug.

... zu hart.

OSTREOS. Hoheit?

(Der König beachtet ihn nicht und brabbelt weiter vor sich hin.)

ASKRINOS (an den Ostreos gerichtet).

Lasst mich mal.

(Sich vor dem König aufstellend:)

Euer Hoheit,

ist die Kunst

nicht immer eine Abstraktion?

Geht es doch nicht darum,

die Realität schlicht abzubilden,

sondern eine Vereinfachung

und gleichzeitig in Perfektion?

Ist es nicht dies,

was Kunst letztendlich ausmacht?

(Das Gebrabbel bricht ab. Der Blick des Königs ruht auf Askrinos.)

Macht die Struktur einfacher.

Macht die Struktur besser.

Macht es, wie Ihr es immer zu tun pflegt.

Vielleicht ist dies das Meisterstück.

(Schweigen liegt im Raum, niemand wagt sich zu rühren. Der Blick des Königs ruht noch immer auf Askrinos.)

PYGMALION (flüsternd, fast nicht zu hören).

Das ist es ...

(Eine Hand ausstreckend:)

Hammer ...

Meißel ...

(Zwei Diener eilen herbei und legen ihm die Werkzeuge in die Hand.)

(Sich erhebend und an den Bestien-Ikas gewandt:)

Ich will den feinsten Stein auswählen,

so lange bleibt Ihr hier.

Dies Frauenbild ...

(Er betrachtet die Statue.)

... bringt sie zu den anderen, rasch!

Ich will sie noch vollenden.

(Er verlässt den Raum durch eine Seitentür. Zwei der Diener folgen ihm. Pygmalion ab.)

OSTREOS (flüsternd, zu sich selbst).

Schon wieder eine mehr ...

ASKRINOS. Schon wieder eine?

Was hat es damit auf sich?

Es sind doch bloß steinerne Statuen.

OSTREOS (noch immer flüsternd).

Wenn er nur wüsste ...

ASKRINOS. Ich verstehe nicht.

(Sie blicken auf die Seitentür, durch die der König verschwunden ist. Ostreos schweigt.)

Hang des Parnass. Nacht.

HADES, URANUS und GAIA erscheinen.

HADES (darniedersinkend).

So war es doch zu viel für mich,

die Titanen her zu transportieren.

Ich muss pausieren,

will ich nicht in Ohnmacht fallen.

(Er stützt sich auf einem Knie ab.)

URANUS. So ruhe er sich erst mal aus,

wir haben keine Eile.

Wie finster's hier doch ist am Berg.

Ich kann mich kaum erinnern,

wann zum letzten Mal ich hier gewesen.

GAIA. Viel zu lang schon ist es her,

dass wir's Orakel einst befragten.

Auch ich kann mich kaum dran erinnern,

doch wir warn schon einmal hier.

URANUS. Wie war noch der Name derer,

die das Orakel nun verwaltet?

GAIA. Themis, mein Bester, Themis.

Schon recht lange ist's nun her,

dass sie mir hier ist nachgefolgt.

Und über all die Jahre

hatt ich nie 'nen Grund zur Klage,

bis ich dann erfuhr, was Kronos hörte

aus ihrem Mund.

So hat die Tochter mich verraten

und sich auf die Seit' des Feind's gestellt.

URANUS. Aber aber,

nicht doch, meine Liebe.

Hör sie sich erst mal an,

was Themis dazu einst bewegte,

dem Uraniden Auskunft zu erteilen

über das, was für ihn kommen mag.

(Die Erde bebt.)

Was ist das?

GAIA (sich umsehend).

Das ist Python, der alte Wächter.

Dass es diesen auch noch gibt ...

URANUS. Es klingt recht gewaltig,

das Wummern aus dem Grunde.

GAIA. Es sollt ihm eine Warnung sein,

mit einem Bissen ist er wohl verschlungen,

selbst wenn's um Uranus sich handelt.

URANUS. Wie kommen wir dann dran vorbei?

GAIA. Das lasse er mal meine Sorge sein,

schließlich kennt er mich aus alten Zeiten.

HADES (kniend).

Hoffen wir,

dass er nicht Euch auch noch verschlingt.

Wir sind nur noch zu dreien,

nicht auszudenken,

was geschähe.

URANUS. Darum mache er sich keine Sorgen,

schicken wir die Allesmutter nur voran.

GAIA. Haltet euch nur hinter mich,

ich werd's Reptil schon überzeugen.

Mir nach!

Und verhaltet euch still.

(Sie schleichen um die nächste Biegung. Python ragt empor wie erstarrt.)

URANUS. So wie's aussieht,

scheint's im Stehen zu schlafen.

Hat sich's grad erst zur Ruh gelegt,

nachdem das Beben wir vernahmen?

GAIA. So scheint's,

doch wolln wir sichergehen.

(Sie schleicht etwas näher an den Python heran. Beide Augen sind geöffnet.)

So hält er selbst im Schlaf noch treue Wacht.

URANUS. Seltsam, dass er uns nicht sieht.

HADES. Seid bloß froh drum,

dass diese Bestie hier verschläft,

wie wir herum um Ecken schleichen.

GAIA. Irgendetwas stimmt nicht mit ihm.

(Sie legt dem Python eine Hand auf die Stirn.)

Er wacht nicht mal auf, wenn ich ihn berühr.

Seltsam ...

URANUS. Müsst er uns längst nicht runterschlingen,

die wir den Parnass unverhofft betreten?

GAIA. Eben.

Damit hätt ich auch gerechnet,

doch nichts dergleichen.

Schlafend ragt er hier empor

mit weit geöffnet Augen.

Moment!

Mich deucht, der Python ruhet nicht,

vielmehr scheint er erstarrt zu sein,

als ob die Zeit für ihn

nicht würd mehr existieren.

URANUS. Sie meint ...

GAIA. Kronos!

Der Kronos ließ ihn hier erstarren

und steht wohl am Orakel schon.

In Deckung!

Wir wissen nicht, ob er noch in der Nähe ist.

URANUS (sich niederwerfend).

Davon ist stärkstens auszugehn.

Warum sollt Python sonst noch harren hier?

Ich glaube kaum,

dass Kronos schlicht die Kraft aufbrächt,

ihn nach seiner Abkehr stets

im Zauber noch zu halten.

GAIA. Finden wir's heraus

und schleichen zum Orakelberg.

Seid bloß still,

sollte er uns dort erwarten,

will ich's als Erstes gleich erfahren.

URANUS (an den Hades gerichtet).

Denkt er, er kann folgen?

HADES (sich noch immer auf einem Knie abstützend).

So lange ich nicht rennen muss.

URANUS. Darob hab er keine Sorge.

Nicht so lang wir unentdeckt.

(Sie schleichen in Richtung des Orakels.)

GAIA (zum Orakelplatz hinunterblickend).

Dort seh ich schon den Grund für das Erschüttern:

Es sind Titanen unter uns.

Orakel von Delphi.

KRONOS, MENOITIOS, KREIOS und ATLAS DER HARTE stehen um die THEMIS herum versammelt.

KRONOS (lächelnd und auf die Themis zugehend).

... so sage sie uns bitte,

ob der Ikas und Athene

und die Aphrodite und der Hades

doch noch leben,

wie ich's fast vermute.

Bitte,

gebe sie sich einen Ruck.

THEMIS (vor dem Titanen zurückweichend).

Was ist mit Python,

dass ihr ganzen bösen Wesen

mich hier könnt bedrängen unbestraft?

Nichts werd ich verraten dir,

oh ach so krummer Kronos,

eher stürz ich mich ins Becken

und will mich selbst ersaufen,

als dass ich dir noch weiterhelf

in deinem schlimmen Streben.

Es ist nicht mein Krieg,

den du zu führn gedenkst.

(An die anderen Titanen gewandt:)

Und auch nicht eurer!

KRONOS. Och, so will sie mir nicht helfen,

muss ich selbst mir nehmen,

was ich so begehr.

Das wird sie doch nicht wirklich wollen,

oder doch?

THEMIS (gegen den Beckenrand stoßend).

Halt ein in deinem krummen Drohen,

ich helf dir nicht und wenn ich dran verreck!

Ich wiederhole ihm die Frage:

Was ist mit Python?

KRONOS. Python?

Es geht ihm gut,

er harrt dort vorn

am Hang des Parnass,

dort wo er schlicht hingehört.

(Er lacht.)

THEMIS. Halte er mich nicht zum Narren,

wie kamt ihr an dem Tier vorbei?

(Ihre Hand wandert hinter ihren Rücken.)

KRONOS. Nun, wenn sie sich rückerinnert,

so wird sie bald erkennen,

wie man den Kronos sonst noch nennt.

Was werd ich wohl getan haben,

als ich nutzt mein Haupttalent?

THEMIS. Der Herr der Zeit.

Ihr habt ihn schlicht erstarren lassen

und seinen Zeitstrom unterbrochen.

KRONOS (lachend).

Jetzt hat sie's und jetzt tu sie den Gefallen.

Ich bin des Spieles überdrüssig,

sagt mir nun, was ich wissen will.

THEMIS. Ich helf Euch nicht,

dies ist mein letztes Wort.

KRONOS. Dann tut's mir wirklich leid für sie,

ich wollte sie nicht quälen.

(Er macht einen weiteren Schritt. Im nächsten Moment stürzt die Themis sich auf ihn.)

THEMIS (einen Dolch hervorreißend).

So zwingt er mich zum Attentat,

die ich mich nicht einmischen wollte.

So schmeck dies scharfe Eisen,

gehe nieder, falle auf den ...

(Kronos ergreift ihren Dolcharm.)

KRONOS (lachend und die Themis festhaltend).

Denkt sie wirklich,

's ist der erste Dolch,

der sich will in mich graben?

Sie ist 'ne größre Närrin,

als ich es hätt vermutet.

(Er dreht ihr den Arm auf den Rücken. Mit einem Klirren fällt der Dolch zu Boden.)

THEMIS. Ich elende Verdammte!

Jetzt bin fürwahr ich wohl verloren.

Oh Götter, hört mein Schwören:

Ich würd dem Kronos niemals helfen,

wollte nicht Partei ergreifen,

weder für die eine

noch für die andre Seite.

Doch jetzt wird er mich zwingen,

vielleicht wird er mich foltern,

bis er kriegt, was er verlangt.

Wisse, Welt,

dass ich mich hab verweigert,

so gut als ich's vermochte.

KRONOS. Macht sie sich etwa Hoffnung,

dass irgendwer sie wird erhören?

Hier ist doch niemand, der Euch helfen könnt.

Ihr seid mir schutzlos ausgeliefert,

so treten wir nun an zur Tat:

Sagt mir, ob der Ikas lebt,

ob die Athene,

Aphrodite

oder auch der Hades!

THEMIS. Nein, ich werd's nicht,

selbst wenn Ihr mich foltert.

KRONOS. Nun,

dann ist ihr Schicksal wohl entschieden.

(Er nickt dem Menoitios zu.)

MENOITIOS (hervortretend).

Ich bitt dich, Tante,

halte ab von deinem Trotze,

sonst wirst du es noch arg bereun.

Wir möchten dich nicht zwingen,

doch wenn sie sich erwehrt,

so gibt es keine andre Wahl.

THEMIS (dem Menoitios ins Gesicht spuckend).

Ich speie aus vor Ekel!

Komme er mir nicht auf seine sanfte Art.

Ich weiß genau, dass er nicht besser ist

als dieser krumme Uranide.

Du hast die Seite wohl gewählt,

mein guter Neffe,

nun trag dafür die Konsequenzen.

Wenn es not tut 'für zu quälen,

so finde er sich ab damit,

statt hier mit Freundlichkeit zu heucheln.

MENOITIOS (verärgert und sich den Speichel aus dem Gesicht wischend).

So will ich selbst die Folter führen

für die eklig Missetat und ihren Zorn,

den sie mir ins Gesichte spie.

(An den Kronos gewandt:)

Womit habt Ihr vor,

ihr die Zukunft zu entlocken?

KRONOS. Sie im Becken zu ersäufen,

scheint mir fast der Qual zu wenig.

Sie soll auf Knien flehen,

uns die Zukunft aufzuzeigen,

so sehr müssen wir sie schinden.

(Er wirft das schwarze Tuch über dem Becken zur Seite und drückt das Gesicht der Themis über das Becken.)

Wie wär's:

So koste sie doch erst einmal,

bevor sie schon verlangt,

darin ertränkt zu werden.

Nur zu!

(Er drückt ihren Kopf unter Wasser.)

MENOITIOS. So fasse er sich kurz,

dass er sie nicht sofort ertränke.

KRONOS. Keine Sorge,

so lange sie noch zuckt,

wird sie uns nicht versterben.

(Er reißt die Themis aus dem Wasser.)

Nun,

was hat sie dort gesehen,

dort unten in der Tiefe?

Vielleicht doch schon ein Bild von dem,

was ich von ihr hier wissen will

und was das Leben ihr könnt retten?

Hoffe sie, nur schnell zu sehen,

was ich wissen will,

sonst ist's mit dieser erst vorbei

nach vielen langen Qualen.

THEMIS (nach Luft ringend).

Oh ja, die Zukunft sah ich tief dort unten,

die Zukunft aller, die hier stehn:

Sie ist tiefschwarz und voller Finsternis

für jeden, der für Kronos ...

KRONOS (ihren Kopf unter Wasser drückend).

Mir scheint,

sie hat noch längst nicht lang genug versucht,

die Zukunft uns zu zeigen.

Versuchen wir's gleich noch einmal,

die Nacht ist viel zu jung und schön,

um nicht für neu Erkenntnis hier

genutzt zu werden.

(Die Themis zuckt immer heftiger.)

(Sie wieder aus dem Wasser holend:)

Und?

Hat sie wen gesehen,

der sie aus ihrer Lage könnt erretten?

THEMIS. Nichts seh ich und nichts will ich sehn.

Eher kratz ich mir die Augen aus,

als dass ich etwas blicken will,

das ich ihm könnt verraten.

KRONOS. Was ist sie nur so störrisch?

Ist sie noch immer durstig?

(Wieder drückt er den Kopf unter Wasser.)

Vielleicht ist dies das letzte Mal,

dass ich sie aus dem Wasser holte.

Was soll ich nur mit einer anfangen,

die sich so störrisch wehrt und bockt?

MENOITIOS. Was bringt es ihm, wenn er sie tötet?

So ist die Chance zu erfahren,

was er will, um einiges geringer.

KRONOS. Ob sie tot ist oder schweigt,

es kommt aufs Gleiche raus:

Wir erfahren nicht,

was wir so gerne wissen möchten.

Da kann ich ihr gleich den Gefallen tun

und sie brutal ersaufen.

Versuchen wir es noch einmal,

die Glieder scheinen zu erschlaffen.

Also:

(Er holt sie aus dem Wasser.)

Will sie das Orakel fragen,

ob unsre Feinde wohl noch leben?

THEMIS (mit geröteten, weit aufgerissenen Augen).

(Sie schweigt.)

KRONOS. Dann tut's mir leid für sie.

So kost das Schweigen ihr das Leben.

Hat sie noch was zu sagen,

die sie hier so aus der Wäsche starrt,

dass einem könnt das Blut gefriern?

THEMIS (in die Leere starrend).

(Sie schweigt.)

KRONOS. Leb wohl, oh Schwester,

dein Weg ist hier zu ...

GAIA tritt auf den Orakelplatz.

GAIA. Sie hat den eignen Tod gesehn,

daher die aufgerissnen Augen.

(Sie blickt jeden der Titanen an und macht eine ausladende Handbewegung.)

Was tut ihr hier und steht herum

und seht nur zu,

wie dieser eure Nichte tränkt?

Es gibt nichts zu erhaschen

auf der Seite eures Bruders oder Onkels.

KRONOS. Halte sie sich zurück,

will sie nicht sehn,

wie diese hier verstirbt durch meine Hand!

GAIA. Was willst du mir schon drohen,

du Niederer?

Du ertränkst sie sowieso,

egal was ich hier mache.

KRONOS. Vielleicht kann sie sie dazu bringen,

mir zu sagen,

was ich von ihr wissen will.

Immerhin war sie vor ihr

die Hüterin von Delphi.

GAIA. Das war ich,

doch auch ich würd lieber mich ermorden lassen,

als ihm zu sagen,

was er wissen will.

Darin machen diese da und ich

wohl keinen Unterschied.

Lass sie nur gehen,

ihr Tod bringt dich nicht weiter ...

(Sie wendet sich an die restlichen Titanen.)

... und euch alle auch nicht.

Wie kann es sein, dass ihr euch stellt

auf die Seite des Verräters?

Ich bin schon schwer enttäuscht von euch,

ich muss es wohl gestehen.

MENOITIOS. Sagt ausgerechnet die,

die Uranus so oft missbraucht

und Kronos selbst die Hippe schuf.

Wo hat sie ihn gelassen

oder reist sie neuerdings allein?

GAIA. Jawohl, ich bin allein,

ich steh euch ganz verlassen gegen...

URANUS kommt aus dem Dickicht gehumpelt.

URANUS. Spar sie sich die Lügen,

hier komm ich schon aus dem Busch gekrochen

und fleh ihn an, die Themis bitte zu verschonen.

Sie ist sein eigen Schwester,

hat er dies längst vergessen?

KRONOS. Was schert's mich?

Bist wohl auch mein Vater

und die Mutter rief mich an,

dich mit der Hippe zu entmannen.

Es ist schon eine toll Verwandtschaft,

die sich bekriegt und so verstümmelt.

Nein, mein Vater,

dies ist kein Grund,

die Themis zu verschonen.

Ich werd sie töten,

allen soll es Warnung sein,

sich gegen Kronos aufzulehnen.

Sagt Adieu, jetzt wird sie sterben!

(Er drückt den Kopf der Themis unter Wasser. Ihre Beine zucken im Todeskampf.)

GAIA (an den Uranus gewandt).

Warum fällt er mir in den Rücken?

Sieht er, was er angerichtet?

URANUS. Was bringt's,

mich im Gebüsch zu unterschlagen,

wo sie so schwach und ganz allein?

Hat sie gedacht,

der Kronos würd sie schonen,

wenn sie so ganz alleine kommt?

GAIA. Ich hab's gehofft.

(Sie zeigt auf die zuckende Themis.)

Was machen wir? Die Zeit verrinnt,

wo wir hier lustig schwätzen.

URANUS. Uns hilft jetzt nur noch eins:

(Er wendet sich an den Kronos.)

Hör zu, du mein Titanensohn!

Ich schlage dir 'nen Handel vor,

wenn du die Themis leben lässt.

KRONOS. So sag er schnell: Was springt heraus,

eh diese hier verrecket?

URANUS. Er soll erfahren, was er wissen will.

Ich schwör's, so wahr ich atme.

KRONOS. Das klingt schon ganz famos,

doch kann ich ihm wohl trauen?

URANUS. Lass Themis leben

und du wirst es bald erfahren.

Ich weiß wen, der's dir sagen kann.

KRONOS. Wer soll dies sein?

So will er selbst die Themis foltern,

dass sie sagt, was ich erfahren will?

URANUS. Ich lege keine Hand an sie

und doch wirst du erfahren,

was du zu wissen so begehrst.

KRONOS. Schwöre!

URANUS (die Hand hebend).

Ich schwöre.

KRONOS (ihn eine Weile musternd).

(Er schweigt.)

GAIA. Doch beeile er sich,

die Beine stellen schon das Zucken ein.

KRONOS (den Uranus noch immer musternd).

(Er holt die Themis aus dem Wasser und lässt sie los. Prustend sinkt sie zu Boden.)

Nun gut.

Doch wenn er mich zum Narren hält,

solln beide es bereuen.

(Er nickt in Richtung der anderen Titanen.)

Sie sind hier in der Unterzahl,

wie sie wohl recht bemerken.

URANUS. Hab Dank.

Ich bin unendlich froh,

die Tochter lebend zu erblicken.

THEMIS (prustend und Wasser spuckend und ihn ansehend).

(Sie schweigt.)

MENOITIOS. So giftig wie sie ihn betrachtet,

hätt er sie besser sterben lassen.

GAIA. Schweig, famoser Tor!

Was versprichst du dir davon,

in Kronos' Reihen dich zu halten?

Ich will es nicht begreifen.

MENOITIOS. Es ist der schlimme Vater,

der uns in die Reihe trieb.

Es soll herrschen nun der Kronos,

und wir alle gleich mit ihm.

GAIA (auflachend).

Ihr alle gleich mit ihm?

Das Lachen raubt mir fast den Atem.

Er wird euch allesamt verraten,

sobald er hat erreicht,

was er erreichen wollt.

Wart's nur ab.

(Kopfschüttelnd zu sich selbst:)

Wie kann man so naiv nur sein?

KRONOS (an den Uranus gewandt).

So siehst du hier die Themis unversehrt.

Es folgt dein Teil des Handels:

Wie willst du uns verschaffen,

was wir vom Orakel wissen wollen?

URANUS. Es gibt hier noch jemanden,

der vor der Themis war

und das Orakel einst behütet hat.

GAIA (aufhorchend).

Er wird doch nicht etwa ...

URANUS. Die Gaia wird es sein,

die vom Orakel hier beschafft

die schlimm begehrt Information.

Du siehst, ich halte stets mein Wort,

egal wie schlimm ich einstmals war.

GAIA (vor Zorn auffahrend).

Das kann nicht sein Ernst sein!

Will er uns völlig ruinieren

und unsren Feinden assistieren,

wo sie unsre Vernichtung planen?

URANUS. Meine Liebe ...

GAIA (noch wütender).

Nenne er mich nicht so!

URANUS ... wir stehen hier in einem Patt.

Wir wollen doch das Gleiche wissen

und ermitteln,

ob's noch Hoffnung gibt.

MENOITIOS. So so, sie wissen's selber nicht!

Dann sind sie also schon mal nicht bei euch.

URANUS. So viel sei hier nun zugegeben,

doch viel mehr wissen wir auch nicht.

GAIA. Das werde ich ihm nie verzeihen.

KRONOS (lachend).

Mache sie sich lieber an die Arbeit,

als hier ewig rumzuschmollen.

Mit ihrem Riesenranzen

liegt sie besser tief im Tartarus,

als hier auf Erden rumzuwandeln.

(Er macht eine kurze Bewegung mit der Hand. Das Gebrüll der Hekatoncheiren und Kyklopen hebt im Bauch der Gaia an.)

GAIA (das Gesicht vor Schmerz verziehend und sich den Bauch haltend).

Du Schuft!

Du quälend Monstrum!

Das hast du nicht umsonst getan,

ich schwöre es!

(Das Geschrei wird lauter, sie sinkt zu Boden.)

(Die Hand nach Uranus ausstreckend:)

Hilf mir!

URANUS (sie mit mitleidigem Blick betrachtend).

(Er schweigt.)

KRONOS (auflachend).

Er kann dir hier nicht helfen, Mutter,

bist mir wohl schutzlos ausgeliefert.

Ich kann es treiben, wie ich will,

nach Laune und Gefallen.

Doch will ich dich nicht weiter quälen ...

(Er macht eine erneute Handbewegung.)

... ich lass den Ranzen schweigen.

(Das Gebrüll ebbt wieder ab.)

URANUS. Ich danke dir.

GAIA. Ja ja, und ich dir ebenso.

Bist schon ein rechter Schuft

und übel mir missraten.

(Sie versucht sich aufzusetzen.)

So helft mir schließlich hoch!

URANUS (ihr zur Hand gehend).

Komm nur, meine Liebe,

sollst sogleich wieder auf Füßen stehen.

GAIA (wieder stehend und seine Hände wegschlagend).

Nimm sie bloß nur weg von mir,

auch mit dir bin ich nicht fertig.