To Love a God - Anna Benning - E-Book

To Love a God E-Book

Anna Benning

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Beschreibung

Wer herrscht über die Götter? Auroras Zeit als Valet im Divine District hat ein jähes Ende gefunden. Nun ist sie auf der Flucht – weit entfernt von der einzigen Welt, die sie je kannte. Doch die Schrecken der Vergangenheit lassen Aurora nicht los. Denn Galadons Herrschaft nimmt immer grausamere Züge an, täglich werden Hinrichtungen übertragen, und die Bewohner von Silver City leben in Angst. Als Colden beschließt, in die Stadt des Lichts zurückzukehren, um Galadon zu einem Kampf auf Leben und Tod herauszufordern, folgt Aurora ihm. Zurück an dem Ort, der sie beinahe alles gekostet hätte, ist sie umgeben von Feinden. Solchen, die ihr offen nach dem Leben trachten, und solchen, die sie für Verbündete hielt. Die größte Gefahr jedoch ist Colden. Denn für sein Ziel scheint er alles opfern zu wollen – selbst wenn es sie beide zerstört … Band 2 der packenden All-Age-Romantasy: Mit ihrer »Götterlicht«-Trilogie erzählt Anna Benning das beliebte Genre Götter-Fantasy ganz neu – so fesselnd, verführerisch und romantisch wie nie zuvor. - Eine Götter-Fantasy, wie du sie noch nie gelesen hast. Anna Benning erschafft mit der Lichtstadt Silver City eine ganz neue, atemberaubende Welt.   - Für Fans von Enemies-to-Lovers-Romance, Forced Proximity und Forbidden Love  - Mit einer starken Heldin, die gegen alle Widerstände kämpft – für ihre eigene Freiheit in einer Welt der Unterdrückung und für ihre große Liebe 

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Seitenzahl: 543

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Anna Benning

To Love a God

Band 2

 

 

Über dieses Buch

 

 

Wer herrscht über die Götter?Auroras Zeit als Valet im Divine District hat ein jähes Ende gefunden. Nun ist sie auf der Flucht – weit entfernt von der einzigen Welt, die sie je kannte. Doch die Schrecken der Vergangenheit lassen Aurora nicht los. Denn Galadons Herrschaft nimmt immer grausamere Züge an, täglich gibt es Hinrichtungen und die Bewohner von Silver City leben in Angst.

Als Colden beschließt, in die Stadt des Lichts zurückzukehren, um Galadon zu einem Kampf auf Leben und Tod herauszufordern, folgt Aurora ihm. Zurück an dem Ort, der sie beinahe alles gekostet hätte, ist sie umgeben von Feinden. Solchen, die ihr offen nach dem Leben trachten, und solchen, deren wahre Absichten im Verborgenen liegen. Die größte Gefahr jedoch ist Colden. Denn für sein Ziel scheint er alles opfern zu wollen – selbst wenn es sie beide zerstört …

 

 

Band 2 der packenden All-Age-Romantasy: Mit ihrer »Götterlicht«-Trilogie erzählt Anna Benning das beliebte Genre Götter-Fantasy ganz neu – so fesselnd, verführerisch und romantisch wie nie zuvor.

 

Alle Bücher von Anna Benning bei Fischer Sauerländer:

 

Die Götterlicht-Saga:

Band 1: To Tempt a God

Band 2: To Love a God

Band 3: To Break a God (erscheint 2026)

 

Die Dark Sigils-Trilogie:

Band 1: Was die Magie verlangt

Band 2: Wie die Dunkelheit befiehlt

Band 3: Wen das Schicksal betrügt

 

Die Vortex-Trilogie:

Band 1: Der Tag, an dem die Welt zerriss

Band 2: Das Mädchen, das die Zeit durchbrach

Band 3: Die Liebe, die den Anfang brachte

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischer-sauerlaender.de

Biografie

 

 

Anna Benning wurde 1988 als jüngstes von drei Kindern geboren. Die Leidenschaft für Geschichten bestimmt seit vielen Jahren ihren Weg: Nach einem Studium der Literaturwissenschaft und Stationen als Buchrezensentin und Aushilfsbuchhändlerin arbeitete sie als Lektorin in einem Verlag. Eines Tages fasste sie sich ein Herz und brachte ihre eigenen Geschichten zu Papier. 

 

Weitere Informationen zur Autorin unter www.annabenning.de und auf Instagram und TikTok unter annabenning.books

Impressum

 

 

Dieses Buch enthält sensible Themen und potenziell triggernde Elemente. Weitere Informationen dazu findest du hinten im Buch. (Achtung, diese Hinweise enthalten Spoiler!)

 

Ein Glossar zu den wichtigsten Begriffen befindet sich im letzten Kapitel.

 

Zu diesem Buch ist beim Argon Verlag ein Hörbuch erschienen, das als Download und bei Hörbuch-Streamingdiensten erhältlich ist.

Erschienen bei Fischer Sauerländer E-Book

 

© 2025 Fischer Sauerländer GmbH, Hedderichstraße 114, 60596 Frankfurt am Main

 

Vignetten: Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von AdobeStock

Landkarte: Markus Weber | Guter-Punkt.de

Covergestaltung: Charlie Bowater, unter Mitarbeit von Johannes Wiebel | punchdesign

Coverabbildung: Charlie Bowater

ISBN 978-3-7336-0876-7

 

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

 

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Hinweise des Verlags

 

 

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Inhalt

[Widmung]

[Karte]

[Motto]

Rückblick

Prolog

Teil 1

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

Teil 2

360 Jahre zuvor

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

Teil 3

330 Jahre zuvor

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

Teil 4

221 Jahre zuvor

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

Teil 5

203 Jahre zuvor

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

Teil 6

Am Anfang

39. Kapitel

40. Kapitel

Epilog

Glossar

Hinweis zu sensiblen Themen

Danksagung

Für dich,

Lenchen

Wen die Götter verderben wollen,

dem schenken sie zuerst die Liebe.

nach Euripides

Rückblick

Seit Jahrhunderten herrschen die Götter über Silver City. Menschen leben in der Stadt des Lichts hingegen in ständiger Angst, denn sie sind den Göttern und deren Willkür vollkommen ausgeliefert. Aurora hat gelernt, unauffällig zu bleiben. Nur so hat sie eine Chance, hier zu überleben. Doch als sie im Berufungsmonat ausgerechnet von Colden, dem Sohn des Herrschergottes, als seine persönliche Dienerin auserwählt wird, ist ihr bisheriges Leben vorbei. Fortan muss sie als Valet im Divine District – dem Sitz der Götter – leben. Valets ist es verboten zu sprechen und zu fühlen. Ihre einzige Aufgabe ist es, ihrem Gott in jeglicher Hinsicht zu gehorchen. Ein goldenes Band um ihren Hals sorgt dafür, dass Aurora sich nie weit von Colden entfernen kann. Falls sie es dennoch täte, würde es ihren Tod bedeuten.

Anders als die anderen Götter will Colden Aurora jedoch nicht kontrollieren, sondern mit ihrer Hilfe ein altes Unrecht im Götterreich rächen. Die Narben, die Aurora seit ihrer Geburt auf ihrem Körper trägt, scheinen der Schlüssel dazu zu sein. Sie enthalten Hinweise auf das mächtigste aller Götterartefakte: das Atherionzepter. Während ihrer Suche kommen sich Aurora und Colden näher – viel näher, als Aurora je für möglich gehalten hätte. Aber zugleich hat sie einen tödlichen Auftrag zu erfüllen. Die Widerstandsgruppe Luxon, die sich den Göttern entgegensetzen will, hat Auroras Bruder entführt. Für sein Leben fordert Luxon, dass Aurora Galadon, den Herrschergott, ermordet. Als der Versuch vereitelt wird, müssen Colden und Aurora fliehen.

Im Grauen Gürtel suchen sie Zuflucht bei Auroras Ziehvater. Julien offenbart ihnen ein schockierendes Geheimnis: Aurora selbst ist das Atherionzepter. Vor Jahren verwandelte Julien das Zepter in ein menschliches Kind, um es vor Galadon zu verbergen. Julien warnt Aurora eindringlich davor, ihre Kräfte zu entfesseln. Doch die Gefahr holt sie schneller ein als erwartet: Luxon spürt ihr Versteck auf, Colden wird schwer verletzt, und auch Galadon lässt im Grauen Gürtel nach ihnen suchen. Ein erbitterter Kampf entbrennt. In ihrer Verzweiflung erwecken Aurora und Colden die Macht des Zepters – und entkommen im allerletzten Moment.

Doch als Colden in der sicheren Stadt Elysion erwacht, hat er jede Erinnerung an Aurora verloren …

Prolog

Sie alle wollten meinen Tod sehen.

Ich erkannte es in den goldenen Augen, die sich bei meinem Weg über den Platz auf mich richteten. In den Blicken, die meine Schritte verfolgten – stechend, argwöhnisch, urteilend. Und obwohl meine Instinkte mir sagten, dass ich es nicht tun sollte, hielt ich die beiden Dolche fest in den Händen, sodass das grelle Licht des Divine Districts auf ihren obsidianfarbenen Klingen aufflackerte, offen und für jeden sichtbar.

Noch vor wenigen Wochen hätte es mein Todesurteil bedeutet. Die Götter hatten ihre Gesetze, und jeder, der sie brach, bezahlte dafür mit dem Leben. Doch die Dinge hatten sich geändert, und es erfüllte mein Innerstes mit einer grimmigen Genugtuung, dass sie den Anblick nun erdulden mussten.

Ein bewaffneter Mensch.

Mitten in ihren Reihen.

Kurz davor, an ihrem heiligsten Wettkampf teilzunehmen.

Das Klacken meiner Stiefelsohlen verstummte, als ich zum Stehen kam. Ich sah nach oben und begegnete seinem Blick. Er hatte versprochen, dass wir den Weg, der nun vor uns lag, gemeinsam gehen würden. Und doch jagte die Entschlossenheit, die sich in seinem Gesicht spiegelte, einen Schauer über meinen Rücken.

Er war nur aus einem einzigen Grund nach Silver City zurückgekehrt: Er wollte Rache. Und fremd, wie er mir geworden war, konnte ich unmöglich voraussehen, wie weit er dafür gehen …

… und was er dafür opfern würde.

Teil 1

Elysion

Und siehe, er fiel vom Himmel,

und der Schoß der Erde öffnete sich

und hieß ihn

in seiner Tiefe willkommen.

1

Aurora

Ich spürte, wie meine Hand in seinem Griff brach.

Knöchel um Knöchel. Gelenk um Gelenk.

Finger um Finger.

Für einen Moment schien die Zeit wie eingefroren. Es kam mir vor, als würde ich neben mir stehen und alles, was gerade geschah, aus weiter Ferne beobachten.

Ich sah mich selbst, wie ich auf dem schmalen Bett neben Colden saß und mich über ihn beugte. Eben noch hatte ein erleichtertes Lächeln auf meinen Lippen gelegen, weil er trotz seiner Verletzungen aufgewacht war – und weil er mich aus warmgoldenen Augen anschaute, die mir in den letzten Wochen so vertraut geworden waren.

Doch das Lächeln erstarb bereits. Anstelle von Erleichterung trat Schmerz in mein Gesicht. Er dehnte sich aus, quoll in winzigen Tropfen in jede Millisekunde hinein, so lange, bis er mich vollkommen ausfüllte und mein eigener Schrei mich gewaltsam ins Hier und Jetzt katapultierte.

»Wer bist du?«

Coldens Stimme war mit einer Wut durchzogen, die ich noch nie von ihm gehört hatte. Zumindest hatte sie noch nie mir gegolten.

Der Schmerz jagte durch meinen gesamten Körper. Hitze, dazu das Geräusch brechender Knochen. Ich versuchte, etwas zu sagen, aber ehe ich einen Gedanken fassen konnte, packte Colden mich mit der zweiten Hand an der Kehle. Er drehte mich blitzschnell um, drückte mich mit dem Rücken auf die Matratze, auf der er selbst eben noch gelegen hatte, und thronte über mir.

»Wer. Bist. Du?«, wiederholte er, sein Gesicht direkt vor meinem. Im Hintergrund nahm ich Rufe und Bewegungen wahr. Hände griffen an Coldens Schultern. Sie zerrten an ihm, versuchten, ihn von mir wegzuziehen, doch er ließ nicht ab.

In seinen Augen lag Zorn.

Zorn und … Verwirrung.

Er sah mich an, als wüsste er nicht, wieso ich hier war.

Er sah mich an, als hätte er mich noch nie zuvor gesehen.

Ich versuchte, seinen Namen zu sagen, aber es kam nur ein Krächzen heraus. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen, und mein Herz schlug panisch gegen meine Rippen. Meine Sicht verschwamm, die Luftzufuhr versiegte, und mein Genick drohte, jeden Moment unter dem Druck von Coldens Hand zu brechen.

Noch nie war ich dem Tod so schnell so nah gekommen.

Wieder ein Schrei. Nicht meiner – er kam von Zak. Colden wurde von muskulösen Armen von mir gezogen. Die Hand um meinen Hals löste sich. Ich atmete laut röchelnd ein, doch die Luft schaffte es nicht in meine Lungen. Es fühlte sich an, als würden Dornen in meiner Kehle sitzen, als müsste ich sie erst Stück für Stück herauswürgen, bevor ich wieder atmen konnte. Zwischen den dunklen Flecken, die mir die Sicht verschleierten, tauchten zwei Gesichter auf. Das meines Bruders. Und neben ihm …

Rote Haare. Lichtfunken, die wie Schmetterlinge flatterten. Dazu goldene weit aufgerissene Augen.

Brynn.

»Sie kann nicht atmen!«, hörte ich Varian rufen. »Was hat er –«

»Alles wird gut.« Brynn schob meinen Bruder zur Seite. Ich fühlte ihre Hand an meinem Hals. Mit der anderen strich sie über meine gebrochenen Finger. »Ganz ruhig, Aurora. Ich helfe dir.«

Kaum dass ihre Worte mich erreichten, wurde mir warm. So warm. In einer Sekunde hielt der Schmerz mich noch fest umklammert, dann verschwand er, als wäre er nie da gewesen. Ich spürte, wie sich die einzelnen Knochensplitter wieder zusammensetzten, meine gequälten Atemversuche sich beruhigten und das Piepsen in meinen Ohren verstummte. Dafür wurde der Lärm im Hintergrund lauter.

»Beruhig dich!«, brüllte Zak. »Verdammt, Colden, hör auf!«

Eine Erschütterung jagte durch den Raum. Ich neigte den Kopf zur Seite. Als meine Sicht aufklarte, erkannte ich zuerst Livia, die mit dem Rücken zu mir stand, die Arme ausgebreitet, als wollte sie mich abschirmen. Vor ihr hielt Colden Zak gegen eine der Wände des Zimmers gepresst. Er hatte einen Unterarm an dessen Brust gedrückt. Etwas Unkontrollierbares brannte in seinen Augen – er schien völlig außer sich zu sein –, und er versuchte, auf Zak einzuschlagen, doch der wich gerade noch rechtzeitig aus.

»Verflucht, du weißt, wer ich bin. Hör endlich auf!«

Aber Colden dachte offenbar nicht daran aufzuhören. Mit übermenschlicher Präzision wich er Zaks Bemühungen aus, ihn erneut an den Schultern zu packen. Dann nutzte er die Gelegenheit: Ein harter Schlag traf Zak in die Seite, schleuderte ihn gegen die gegenüberliegende Wand. Die Wucht seines Aufpralls ließ die Steinwand so heftig vibrieren, dass Putz von der Zimmerdecke rieselte.

»Oh, okay. Jetzt reicht’s.« Zak richtete sich in all seiner beeindruckenden Größe vor Colden auf. Er wischte sich Staub von den Schultern und Armen, dann ballte er die Hände zu Fäusten. »Ist mir egal, ob du mein General bist. Das bekommst du zurück.«

Colden neigte den Kopf zur Seite. Sein Blick fiel auf die Waffen, die auf dem Tisch in der Mitte des Raums aufgereiht waren: Brynns Bogen, meine Dolche – und Coldens Schwert. Blitzschnell griff er danach, doch bevor er es auch nur in Zaks Richtung schwingen konnte, hatte Brynn von hinten seinen Arm gepackt und hielt ihn samt der Klinge fest.

»Col’danazar.«

Ihre Stimme war nicht laut, als Brynn Coldens wahren Namen aussprach, dafür so tief und kraftvoll, wie ich es noch nie bei ihr gehört hatte. Die Wirkung war unübersehbar. Colden verharrte. Seine Brust bebte heftig, aber er unternahm keinen Versuch, Zak mit dem Schwert anzugreifen.

Brynn redete leise auf ihn ein. Ich verstand die Worte nicht, die aus ihrem Mund kamen – es musste Devorith sein, die Sprache der Götter. Bislang hatte ich nur einzelne Wörter davon gehört, und die reichten nicht aus, um dem zu folgen, was sie zu Colden sagte.

Sein Kiefer versteifte sich. Er schaute von Zak zu Brynn, und langsam – sehr langsam – ließ er die Waffe sinken.

»Na also.« Brynn nahm das Schwert aus Coldens Hand und legte es auf den Tisch zurück. »Du bist offensichtlich nicht ganz bei dir. Also beruhig dich und lass uns reden.«

Colden atmete tief durch, doch seine Schultern entspannten sich nicht. Sein Blick wanderte unstet umher, und ich sah, wie sich seine Finger bewegten, als würden sie noch immer das Schwert umklammern, auch wenn es nicht mehr da war. Dann schaute er an sich selbst hinab. Er starrte auf die schwarze Lederkleidung, als würde er sie zum ersten Mal sehen.

»Wo …«, setzte er mit rauer Stimme an. »Wo, verflucht noch mal, bin ich?«

»In Elysion.« Obwohl Brynn es sanft sagte, weiteten sich Coldens Augen mit sichtbarem Unglauben.

»Elysion? Aber wie –«

Zak machte einen vorsichtigen Schritt auf ihn zu. Eine Vorahnung zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. »Was ist das Letzte, woran du dich erinnerst?«

Coldens Blick pendelte zwischen Brynn und Zak, als könnte er so einen Anhaltspunkt für eine Antwort finden. »Ich habe …«, begann er. »Ich glaube, ich habe vor einigen Stunden den Rückzug befohlen. Unser Vorstoß in die Stadt ist fehlgeschlagen, ich bin mir nicht sicher, wann …« Colden furchte die Stirn und ließ den Satz ins Leere laufen. »Irgendetwas stimmt daran nicht.«

Zak zögerte einen Moment. Er presste die Lippen aufeinander. »Welcher Rückzug? Von welcher Stadt redest du?«

Die Frage ließ Coldens Miene endgültig verhärten. Ich sah, wie sich seine Finger in die Handflächen gruben. »Sapphire Spire.«

Varian schaute mich fragend von der Seite an, aber ich hatte keine Antwort für ihn. Sapphire Spire? Wenn das der Name einer Stadt war, sagte er mir nichts. Ich schaute zu Zak und Brynn, und was sich auf ihren Gesichtern abzeichnete, bedeutete nichts Gutes.

Das schien auch Colden zu begreifen. »Was ist?«, fragte er.

Brynn legte eine Hand auf seine Schulter. »Die Schlacht um Sapphire Spire ist über zweihundert Jahre her, Colden.«

Zweihundert Jahre.

Zweihundert Jahre?

Zwar hörte ich, was Brynn sagte, doch die Bedeutung ihrer Worte sickerte erst nach und nach in meinen Verstand. Auch Colden starrte Brynn einige gedehnte Sekunden lang einfach an, dann legte er sich eine Hand auf die Stirn, als hätte er plötzlich Kopfschmerzen.

Dabei bemerkte er offenbar etwas, denn er hielt die Finger mit ein wenig Abstand vor sein Gesicht und schaute dann an seinem Arm entlang.

Ich konnte sie von hier sehen: die Schrammen, die sich über seine Haut zogen wie feine Adern aus Licht. Es waren die Überbleibsel der Verletzungen, die Colden im Grauen Gürtel davongetragen hatte. Obwohl es bereits mehrere Tage her war, pulsierte das Licht unruhig in den Schrammen, als wollte es aus seinem Inneren entweichen.

Etwas ist nicht in Ordnung, hatte Colden zu mir gesagt, als wir im Grauen Gürtel zusammen auf dem Boden gekauert hatten, kurz bevor die Sentinels aufgetaucht waren.

Etwas ist nicht in Ordnung.

In mir.

»Was ist passiert?«, fragte er, während er noch immer auf die Verletzungen auf seiner Haut starrte.

»Du wurdest mit Entrolit angegriffen.« Zak trat näher zu Colden und streckte eine Hand nach ihm aus. Seine Bewegungen waren so vorsichtig, als würde er sich einem verletzten Raubtier nähern – aufmerksam und bereit, sich im Notfall sofort zurückzuziehen. Erst als er offenbar sicher war, dass keine Gegenwehr zu erwarten war, fasste er an das Leder von Coldens Oberteil und schob es nach oben.

Bei dem Anblick zog sich alles in mir zusammen. Zwischen Coldens Bauchmuskeln kam ein glatter Schnitt zum Vorschein – von dem Entrolitmesser, das Tristan ihm in den Körper gebohrt hatte. Die Wundränder waren beinahe schwarz, und Adern aus Licht erstreckten sich von dort zu allen Seiten.

Colden schaute mit starrem Blick an sich herab. »Ich dachte, Entrolit gibt es auf dieser Welt nicht.«

Meine Kehle verengte sich. Hatte er es wirklich vergessen? Nicht nur die Ereignisse im Grauen Gürtel, sondern auch alles, was zuvor im Celesthylum geschehen war?

»Das dachten wir bis vor ein paar Tagen auch«, sagte Brynn. »Eine Gruppe Menschen hat Überreste gefunden. Sie haben eine Waffe daraus geschmiedet und wollten dich damit töten.« Brynn hielt inne und musterte Colden. »Ich habe versucht, die Wunde zu heilen, aber dein Körper hat kaum reagiert. Es muss auch deine Erinnerungen durcheinandergebracht haben.«

Durcheinandergebracht. War es das, was gerade passierte? War Colden nur durcheinander?

»Wir bekommen das wieder hin«, versprach Zak ihm und legte eine Hand auf Coldens Schulter. »Lass uns eine Runde gehen. Nur wir drei.«

Das schien Colden daran zu erinnern, dass außer ihm, Zak und Brynn noch andere im Raum waren. Er wandte sich in unsere Richtung, aber sein Blick streifte meinen nur flüchtig.

»Wieso sind diese Menschen hier?«

Ein Schauer lief über meinen Rücken. Die Art, wie er es sagte – diese Menschen. Da war keine Vertrautheit, kein Erkennen, nicht einmal in Bezug auf Livia. Mir wurde schwindelig.

»Sie sind unsere Freunde«, erklärte Brynn, woraufhin Colden sie vollkommen irritiert ansah.

»Freunde? Wieso sollten wir …«, setzte er an, stoppte jedoch mitten im Satz, als sein Blick an Livia hängen blieb – und an dem goldenen Band um ihren Hals. Sein Ausdruck verhärtete sich. »Sie sind Valets. Wem gehören sie?«

Zak stellte sich vor Colden, den Rücken uns zugekehrt. »Das ist keine einfache Geschichte. Lass uns in Ruhe darüber sprechen. Deine Erinnerungen sind sicherlich nur –«

»Wem … gehören … sie?«, wiederholte Colden langsam und mit Nachdruck.

Zak atmete laut ein und wieder aus. Mir entging nicht, dass er dabei seine Beine noch etwas weiter auseinanderpositionierte. Es war eine so subtile Bewegung, dass man sie leicht hätte übersehen können, aber ich hatte während meiner Zeit im Celesthylum einige Male mit Zak Nahkampfübungen gemacht und wusste inzwischen, was sie bedeutete.

Er wollte auf einen Angriff vorbereitet sein.

Ohne auch nur ein Stück von Colden wegzurücken, deutete Zak in Livias Richtung. »Das ist Livia Sevaaj. Sie ist meine Valet, schon seit einigen Jahren. Sie lebte in den Dregs, bevor sie in den Divine District kam. Varian Hale ist kein Valet, er ist der Bruder von Aurora und erst vor ein paar Tagen zu uns gestoßen. Und Aurora …« Zak zögerte, als seine Hand sich von Varian langsam in meine Richtung bewegte. »Sie kam vor einigen Wochen aus dem Artisan’s Quarter ins Celesthylum, am Ende des letzten Berufungsmonats.«

Als Zak auch mehrere Sekunden danach nicht weitersprach, bohrte sich Coldens Blick förmlich in mich, und seine gold glühenden Augen waren zwar nicht kalt und leer, wie ich es befürchtet hatte, aber der Gefühlssturm, der sich darin zusammenzubrauen schien, war vielleicht noch schlimmer.

»Wer ist ihr Besitzer?«

Der dunkle, fast drohende Ton in seiner Stimme ließ die feinen Härchen auf meinen Armen hochstehen. Colden sprach so über mich, als wäre ich überhaupt nicht im Raum – als wäre ich nur ein Objekt.

Und das war es, was mich schließlich aus meiner Starre riss. »Wenn du fragst, wer von euch mich in den Auktionshäusern gekauft und an die Leine gelegt hat, dann –«

»Menschlein«, unterbrach Zak mich, ein beinahe flehender Ausdruck im Gesicht. »Das ist gerade wirklich keine gute Idee.«

»Sie ist meine Valet?«, knurrte Colden beinahe. Das Gold in seinen Augen blitzte auf, und ich machte instinktiv einen Schritt zurück. »Das ist nicht möglich – wieso hätte … wieso hätte ich jemanden wie sie an mich binden sollen?!«

Jemanden wie sie.

Die Worte versetzten mir einen derart tiefen Stich, ich hatte das Gefühl, als würde er mir erneut die Luft zum Atmen nehmen. Was, bei aller Finsternis, passierte hier gerade? Meine Knie fingen an zu zittern. Varian schien meinen Schock zu bemerken, denn er griff nach meinem Arm, um mich zu stützen.

»Das Entrolit hat offenbar größeren Schaden angerichtet, als wir gedacht haben.« Zak legte eine Hand auf Coldens linke Schulter. »Daran trägt Aurora jedoch keine Schuld. Lass uns reden, ganz in Ruhe, in Ordnung?«

Coldens Nasenflügel bebten. Er schaute noch einmal zu dem goldenen Band an meinem Hals, und für einen Moment glaubte ich, er wollte etwas sagen, aber schließlich atmete er tief ein und wandte sich Zak und Brynn zu.

»Also gut. Erzählt mir alles.«

Sofort hob Brynn eine Hand und vollzog einen Bogen in der Luft. Ein goldschimmerndes Portal flackerte auf – es bestand aus pulsierendem Licht, und in seinem Zentrum wirbelten Schatten und flüssiges Gold. Brynn schaute über ihre Schulter, erst zu mir, dann zu Livia. »Keine Sorge, wir bleiben in der Nähe.«

Damit legte sie Colden eine Hand auf den Rücken und schob ihn bestimmt durch das Portal, ohne noch einmal zurückzublicken. Nur Zak verharrte, und sein Mund krümmte sich zu einem Lächeln, das wohl ermutigend sein sollte. Dann trat auch er durch das Portal und war verschwunden.

2

Aurora

Livias und Varians besorgte Blicke verfolgten mich bis zur Tür. Sie wollten reden, was ich auch verstehen konnte, aber ich hatte keine Antworten für sie.

Ich wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte.

Ich wusste nicht, was nun passieren würde.

Von jetzt auf gleich wusste ich überhaupt nichts mehr.

Kaum waren Zak, Brynn und Colden durch das Portal verschwunden, entschuldigte ich mich und zog mich in das kleine Zimmer zurück, in dem ich vor nicht einmal einer Stunde aufgewacht war. Eine Stunde. Mehr Zeit war nicht vergangen, und doch hatte ich das Gefühl, mir wäre der Boden unter den Füßen entzogen worden. Mit aller Macht versuchte ich, die wirbelnden Gedanken aus meinem Kopf zu verbannen. Ich wusch mich in dem Bad, das an das Zimmer angrenzte, zog mit mechanischen Bewegungen die Kleider an, die ich zusammengefaltet in einem Schrank vorfand, und starrte dann eine Weile einfach nur auf die Steinwände, die mich umgaben.

Nicht denken, sagte ich mir, immer und immer wieder. Nicht an Coldens Hand an meiner Kehle. Nicht an die Ablehnung in seinen Augen. Nicht an die Dinge, die er gesagt hatte.

Früher hatte ich mir manchmal vorgestellt, wie ich meine Probleme der Luft übergab, wie ich sie von den Dachspitzen Silver Citys in die Tiefe warf und sie immer kleiner wurden, bis sie ganz verschwanden. Aber diesmal war es anders. Dieses Mal fühlte es sich an, als stünde ich auf einem Häuserdach, auf das ich geklettert war – zu allen Seiten wartete der Abgrund, und jeder Schritt endete unweigerlich im freien Fall.

In der Nische neben dem Bett war ein Fenster hinter Vorhängen verborgen. Ich schob den Stoff zur Seite, um hinauszusehen, doch von Elysion, der Stadt, in die wir uns geflüchtet hatten, war von hier nichts zu sehen. Da war nur die offene Wasserfläche, die ich schon kurz nach dem Aufwachen bemerkt hatte. Sie spiegelte ein diffuses Licht und ging in der Ferne in Dunkelheit über. Und das war auch schon alles, was ich über unser Refugium wusste: Es lag an dem Ufer irgendeines Gewässers – nur wo das war, konnte ich unmöglich sagen. Es gab keine Karten unserer Welt. Keine Aufzeichnungen der Landfläche, die uns umgab. Ich hatte mein ganzes Leben in Silver City verbracht. Ich war dort geboren worden, und ich war mir sicher gewesen, auch dort zu sterben, ohne je die Grenzen der Stadt zu übertreten. Erst von Colden hatte ich erfahren, dass es noch andere Städte gab.

Und jetzt war ich hier, an dem Ort, den er mit allen Mitteln vor Galadon zu verstecken versuchte. Die einzige Stadt auf der Welt, von deren Existenz der Exarch Silver Citys nichts wusste. Coldens größtes und gleichzeitig gefährlichstes Geheimnis.

Colden.

Ich starrte auf meine rechte Hand hinab, drehte sie hin und her und bewegte die Gelenke. Da war keine aufgerissene Haut, keine gesplitterten Knochen. Nur gerade Finger und unversehrte Haut. Es sah aus, als wäre nie etwas geschehen. Doch als ich die Augen schloss, fühlte ich wieder den Schmerz, den Colden mir zugefügt hatte, fühlte seine Wut, als wäre sie von seinem Körper direkt in meinen gesickert.

Wieso hätte ich jemanden wie sie an mich binden sollen?

Ein Schaudern überkam mich. Zweihundert Jahre. Die letzte Erinnerung, die Colden auf Brynns Frage hin in den Sinn gekommen war, lag zweihundert Jahre zurück. Aber bedeutete das, dass er wirklich alles, was danach geschehen war, vergessen hatte?

Es kann nicht sein, sagte ich mir. Und wenn es so war, war es nicht von Dauer. Man hörte immer wieder von Menschen, die nach einer Verletzung ihr Gedächtnis verloren und es wieder zurückerlangten.

Menschen schon, sagte eine leise Stimme in mir. Aber Götter? Colden war nicht gestürzt, er hatte keine Kopfverletzung, er war erstochen worden – mit einer Entrolitklinge, dem einzigen Element, das Göttern tatsächlich Schaden zufügen konnte.

Wenn Coldens letzte Erinnerung wirklich zweihundert Jahre zurücklag, musste sie aus den Kriegsjahren stammen, als Galadon sämtliche Rebellionen anderer Götter gegen sich niederschlagen ließ. Colden hatte mir von seiner Rolle darin erzählt. Davon, dass er schon Schwerter geführt hatte, als er sie kaum hatte halten können. Wie er zum Hochgeneral des Exarchen ernannt worden war. Und wie er jeden von Galadons Feinden für ihn in die Knie gezwungen hatte.

Mein Leben wurde erst mein eigenes, als ich sie alle vernichtet hatte.

Was, wenn Colden seine Erinnerungen nicht zurückbekam? Wenn er nun ein völlig anderer war? Er hatte mir selbst gesagt, er wäre früher von Ehrgeiz zerfressen gewesen. Dass Menschen für ihn minderwertig waren. Das alles hatte sich erst geändert, als seine Mutter ihm im Sterben liegend erzählt hatte, dass Galadon nicht sein leiblicher Vater war.

Und jetzt? Wenn Colden zwei Jahrhunderte verloren hatte, wusste er nichts mehr davon, dass er auf der Suche nach dem Atherionzepter gewesen war. Dass er so die Schreckensherrschaft der Götter über die Menschen beenden wollte – indem er seinesgleichen in die Dimension zurückführte, aus der sie zu uns gekommen waren.

Vor allem aber wusste Colden nicht mehr, dass ich ebenjenes Zepter war. Wir hatten es zusammen herausgefunden, vor wenigen Tagen erst, als wir Julien im Grauen Gürtel aufgesucht hatten. Julien hatte uns erzählt, dass er das Zepter in einem Akt der Verzweiflung zu einem Menschenkind geformt hatte, um es vor Galadon zu verstecken.

Und dieses Menschenkind war ich.

In nur wenigen Augenblicken hatte Julien meine gesamte Existenz auf den Kopf gestellt. Mit einem Schlag war ich ein Werkzeug, eine Waffe der Götter, nicht mehr. Colden hatte beteuert, dass es für ihn keine Rolle spielte. Dass er seinen Plan, das Zepter für die Rückkehr der Götter in ihre Welt zu nutzen, fallen lassen würde. Ich hatte ihm in diesem Moment nicht glauben können, auch wenn ich es gewollt hatte.

Ich bemerkte erst, dass ich angefangen hatte zu weinen, als längst Tränen meine Wangen hinabliefen. Ein Teil von mir hoffte, dass alles nur ein großer Irrtum war. Dass Colden gleich mit den anderen wieder auftauchen und mich mit derselben Wärme ansehen würde, wie er es in den vergangenen Wochen getan hatte.

Aber sie kamen nicht wieder. Nicht in den folgenden Stunden, nicht als das letzte Segment des Tages zu Ende ging und auch nicht am nächsten Morgen. Und als Livia Varian und mich zum dritten Mal fragte, ob sie uns die Stadt zeigen solle, nickte ich bloß und folgte ihnen nach draußen.

Das Gebäude, in dem wir untergekommen waren, stand direkt am Wasser. Es hatte drei Stockwerke, und die Fassade bestand aus hellgrauem Stein, der in der Dämmerung fast silbrig schimmerte. Die Fenster waren hoch und schmal, der Eingang von dunklen Holzbalken umrahmt. Das Haus gehörte Zak und Livia, zumindest übernachteten beide darin, wenn sie einmal in Elysion waren.

Kaum dass wir das Gebäude verlassen hatten, war mir frische, kühle Luft entgegengeschlagen. Sie war erfüllt von Düften, die ich nicht kannte oder die ich zumindest in dieser Intensität noch nie gerochen hatte: harzig und klar, süß und lebendig. Es musste von den Bäumen kommen, die ich etwas weiter weg sah – Nadelbäume. Drumherum erstreckten sich Wiesen, auf denen Blumen wuchsen.

So viel ungezähmte Natur hatte ich noch nie auf einen Blick gesehen.

Links vom Haus führte ein seichter Abhang zum Ufer. Mehrere Holzstege ragten dort auf das schimmernde Wasser hinaus, und Gefährte ankerten daran, die Varian mit einem ehrfürchtigen Flüstern als Schiffe identifizierte.

Ich warf ihm einen Blick zu. Einem Teil von mir fiel es immer noch schwer zu glauben, dass er wieder hier war, an meiner Seite. Es erschien mir wie ein schöner Traum. Über ein Jahr lang hatte Varian im Koma gelegen, und in den letzten Wochen, bevor ich an den Divine District berufen worden war, war er mir von Tag zu Tag mehr entglitten.

Er war dem Tod so nahe gewesen. So nah. Man sah es ihm kaum mehr an. Er war noch sehr dünn, aber seine Haut hatte einen gesunden Teint, und jeder Schritt, den er machte, war kraftvoll.

Dass er jetzt größer war als ich, daran musste ich mich erst noch gewöhnen. Es kam mir vor, als wäre er als Junge ins Koma gefallen und als Mann wieder aufgewacht.

Wir hatten bisher keinerlei Zeit zum Reden gehabt. Es gab so vieles, was ich ihm noch nicht erzählt hatte. Über meine Zeit als Valet im Celesthylum, über Julien und …

Über mich.

Varian hatte immer alles über mich gewusst. Ausnahmslos alles.

Aber … bei den Lichtern, wie sollte ich ihm das nur sagen?

»Aura, kommst du?«, rief mir Varian zu. Er und Livia hatten sich bereits in Bewegung gesetzt, und ich folgte ihnen eine schmale Straße entlang, die über eine Wiese und vom Wasser wegführte. Der Boden war rau, aus festgetretenem Stein. Allein die Vorstellung, auf Erde zu laufen, mit nichts als weiterer Erde und Gesteinsschichten darunter, war einfach bizarr. Ich war an ein Leben in Ebenen gewohnt, mit einer schier endlosen Anzahl an Stadtteilen, Gebäuden und Menschen. Hier war alles … ruhig. In der Ferne konnte ich kleine Häuser erkennen – die Form von spitz zulaufenden oder sanft gerundeten Dächern, die sich gegen einen weiten, gezackten Schatten abzeichneten.

Waren das Hügel? Oder wie war das Wort noch gleich? Berge? In Silver City gab es so etwas nicht, ich hatte nur davon gelesen. Zwar konnte ich bloß Konturen erkennen, aber so hoch, wie sie aufragten, lag der Gedanke nah. Und über den Bergen, weit oben am Himmel, war er auch hier zu sehen: der gigantische Riss zwischen unserer Welt und der Dimension der Götter. Ein Zugang – ein Portal, in Form eines Lichtkreises, umgeben von Devorith-Zeichen, so riesig, dass er zweifellos nicht nur von Elysion aus zu erkennen war.

Varian fragte Livia nach dem Ursprung des Risses, doch sie zuckte nur mit den Schultern, erklärte, sie wisse nicht, wie er entstanden sei, und lief weiter.

Ungläubig starrte ich ihr nach. War das die Wahrheit? Wusste sie es wirklich nicht? Livia hatte mehr oder weniger neben uns gestanden – neben Colden und mir –, als er die Energie des Zepters, die in meinem Körper schlummerte, dafür genutzt hatte, um die Sentinels zu vernichten, die uns hatten töten wollen. Doch vielleicht war sie zu abgelenkt gewesen, zu überwältigt von allem, was um uns herum geschah, um zu begreifen, dass ich es gewesen war, die den Riss in den Himmel geschlagen hatte.

Jemand hat einen Zugang in unsere Welt geöffnet, hatte Zak zu mir gesagt. Zwar schloss sich der Riss bereits wieder, aber er war der für alle offenkundige Beweis dafür, dass jemand das Zepter, das so lange verschwunden gewesen war, gefunden hatte.

Nur wo es war – wer es war –, das wusste niemand.

Während wir den Häusern näher kamen und schließlich in die Stadt hineinliefen, erzählte Livia uns alles, was sie von ihren vergangenen Besuchen mit Zak wusste. Elysions Geschichte hatte bereits unmittelbar nach dem Sturz der Götter auf unsere Welt begonnen. Verfeindet, wie die Lager damals gewesen waren, hatte eine Gruppe von Göttern an diesem Ort Zuflucht gesucht. Sie hatten sich Corvian – dem damaligen Exarchen und Coldens leiblichem Vater – nicht unterwerfen wollen. Also errichteten sie die Stadt auf den Überresten einer menschlichen Siedlung. Elysion wurde bereits damals zur Heimat für diejenigen Götter, die von den Kämpfen im restlichen Reich nichts wissen wollten. Doch Jahrhunderte später, als Galadon Corvian bereits als Exarch abgelöst hatte, ließ er die Stadt zerstören, die dort lebenden Götter töten und ihre Gebäude niederbrennen. Elysion bestand nur noch aus Ruinen, bis Colden mit seinen verbliebenen Soldaten zurückgekehrt war. Er hatte die Stadt wieder aufgebaut – nicht für die Götter, sondern für die Menschen. Nach und nach war Elysion gewachsen und, verborgen vor den Blicken Galadons, zu einem neuen Zufluchtsort für jene geworden, die nirgendwo sonst sicher waren.

In der Stadt wurden die Straßen breiter und belebter. Einige Menschen in einfacher Kleidung kamen uns entgegen und warfen uns neugierige Blicke zu, aber niemand sprach uns an. Wir liefen an Gebäuden mit hohen Fenstern und einer Reihe Werkstätten vorbei, in deren Inneren weiches Licht flimmerte. Die Luft roch hier ähnlich nach geschmolzenem Erz und frischem Holz, wie es im Artisan’s Quarter immer der Fall gewesen war. Irgendwann begriff ich, dass alle Straßen und Häuserreihen in einen zentralen Platz mündeten, und die offenen Eingänge, aus denen Stimmengewirr und Gelächter drang, ließen erahnen, dass es verschiedene Tavernen und Läden gab. Die Leute schienen ihren Arbeiten nachzugehen, einige schoben Karren vor sich her, andere saßen an Verkaufsständen neben dem Gehweg. Unter ihnen entdeckte ich eine Frau, die älter aussah als jeder Mensch, den ich je gesehen hatte.

Nach Osten hin wurden die Straßen wieder leerer, und erst da begriff ich, woher das Licht kam, das alles hier in diffuses Schimmern tauchte und sich auch auf dem Gewässer vor unserer Unterkunft gespiegelt hatte. Es stammte von feinen Netzen, die zwischen den Dächern der Stadt gespannt waren. Lichtfunken hatten sich darin verfangen, an einigen Stellen waren es so viele, dass sie wie der Schein einer Laterne die Umgebung beleuchteten. Auf einigen Dächern sah ich weitere Menschen, die mit geübten Bewegungen das Licht in kristallene Kugeln leiteten.

»Sind das etwa Pearls?«, fragte Varian ungläubig.

Livia folgte seinem Blick und nickte. »Colden hat sie vor einigen Wochen mit hergebracht und nachbauen lassen. Er hatte sie wohl von dir?«

Livia hatte die Frage an mich gerichtet, und ich nickte stumm, während ich beobachtete, wie auf den Dächern vor uns Licht eingesammelt wurde. Ja, Colden hatte die Pearls bei seinem Einbruch in Juliens Antiquitätenladen mitgenommen – und sie danach offenbar nach Elysion gebracht.

Erst jetzt wurde mir klar, dass ich ihn nie danach gefragt hatte.

»In Elysion wird der Großteil des Himmelslichts ins Innere der Gebäude geleitet, damit die Stadt nicht zu viel davon in die Ferne abstrahlt«, erklärte Livia. »Wenn sie zu hell leuchtet, würde sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Wir sind zwar ringsum von Wasser umgeben, aber sicher ist sicher.«

»Von Wasser umgeben?« Varian schaute sich um. »Dann sind wir auf einer Insel, oder?«

Livia lächelte ihn an, und zwei Grübchen tauchten an ihren Mundwinkeln auf, die mir zuvor nie aufgefallen waren. »Zak meinte schon, dass du ziemlich clever bist. Ja, Elysion ist eine Art Insel. Wir befinden uns hier im Schwemmland und sind umgeben von einem der großen Seen. Der Exarch glaubt, Elysion wäre vor langer Zeit zerstört worden. Aber wie ihr seht …« Grinsend machte sie eine ausladende Geste. »Liegt er damit falsch. Und dank dieser … Pearls … sind die Bewohner nicht mehr so stark auf die Götter angewiesen, die hier leben. So geht es jetzt viel leichter, das Licht zu sammeln und dorthin zu bringen, wo es benötigt wird.«

»Welche Götter leben denn hier?«, fragte ich. Gemessen an der Anzahl der Häuser, die sich in alle Richtungen erstreckten, musste Elysion einige Tausend Bewohner zählen.

»Alle, die Colden ihre Treue geschworen haben. Einige kommen aus anderen Städten als Silver City. Die meisten sind aber Soldaten. Mitglieder der Silbernen Brigade.«

Ich hob die Augenbrauen. »Silberne Brigade?«

»Das ist der Name von Coldens Armee. Zumindest der Teil, der rund um Elysion stationiert ist.«

»Du meinst, Galadon weiß nichts von ihnen?«

Livia nickte. »Alle Götter, die hier leben, sind offiziell in den Schlachten der letzten Jahrhunderte gefallen.«

Sie hatten also ihren Tod vorgetäuscht. Und dann eine geheime Armee gebildet. Unglaublich.

Ich musste an den Tag zurückdenken, als Colden mich auf eins der Dächer im Divine District mitgenommen hatte. Es war jener Tag gewesen, an dem wir uns das erste Mal geküsst hatten. Wir waren auf eine der Antennen geklettert, und er hatte mir von seinem leiblichen Vater erzählt und davon, dass er dessen Plan, die Götter in ihre eigene Welt zurückzuführen, zu Ende bringen wollte.

Er hatte gesagt, dass Galadon einen Krieg beginnen würde, sollte er es je herausfinden.

Und dass er bereit wäre, alles zu opfern, um diesen Krieg zu gewinnen.

Seine Armee ist mir treuer ergeben als ihm.

»Was ist das dahinten?«

Ich schaute auf. Varian war ein paar Schritte weiter stehen geblieben und deutete die Straße hinab. Erst jetzt bemerkte ich ein seltsames Leuchten, das, einige Häuserreihen entfernt, zu uns drang.

Statt zu antworten, winkte Livia uns hinter sich her. Das Licht kam von dem Platz im Zentrum der Stadt. Ein riesiger Baum wuchs dort in der Mitte. Er reflektierte Licht in alle Richtungen, und erst im Näherkommen erkannte ich den Grund dafür.

Goldene Halsbänder. Hunderte von ihnen.

Sie hingen an den ausladenden Ästen des Baums, vom Stamm bis dorthin, wo zarte Blüten aus der Rinde wuchsen.

Als wir direkt darunter standen, stellte sich Varian neben mich und legte den Kopf mit geweiteten Augen in den Nacken. »Sind das alles …?«

Livia nickte. »Sie gehörten den Valets, die Colden, Brynn und Zak befreien und hierherbringen konnten. Mit den Jahren haben sich einige angesammelt.« Ihr Blick streifte meinen. »Die Gesetze des Silbernen Hofs gelten hier nicht. Hier können sie gehen, wohin sie wollen, reden, wann sie wollen, und alt werden, solange ihre Körper es zulassen. Elysion ist eine freie Stadt … mit freien Menschen.«

Eine freie Stadt.

Als Varian nach meiner Hand griff, um sie sanft zu drücken, presste ich die Lippen zusammen. Es war … unfassbar. Jedes dieser goldenen Bänder stand für ein gerettetes Leben – für einen Valet, der sein Leben und seine Selbstbestimmung zurückgewonnen hatte. Seine Freiheit. Seit ich denken konnte – und schon lange bevor ich zur Valet geworden war –, war frei zu sein alles, was ich je gewollt hatte.

Und jetzt?

Auch ich könnte das goldene Band, das ich um meinen Hals trug, an diesen Baum hängen. Ich könnte den feinen, kaum sichtbaren Spalt, der sich durch das massive Metall zog, auseinanderdehnen und mich von all dem befreien, was seit Monaten mein Leben bestimmte.

Das Band war gebrochen. Es war passiert, als Colden dem Tod zu nahe gekommen war. Ich hatte es schon im Grauen Gürtel gespürt und bisher niemandem davon erzählt, aber ich könnte es. Im Grunde sollte es die leichteste Entscheidung der Welt sein, doch … ein Gedanke ließ mich zögern. Ein Gedanke, der mir zugleich glühende Scham durch die Glieder jagte.

Wenn Colden sich wirklich nicht mehr an mich erinnerte, wenn er alles vergessen hatte, was wir miteinander geteilt hatten, dann …

… dann war das Band um meinen Hals womöglich das Einzige, das verhinderte, dass unsere Wege sich für immer trennten.

»Alles okay?«, fragte Varian mich, ein besorgter Ausdruck im Gesicht.

Ich schaute zu ihm und wusste nicht, was ich sagen sollte. Es hatte schlichtweg nie einen Grund für Geheimnisse zwischen uns gegeben, aber jetzt …

Ich merkte, dass ich Angst hatte. Davor, dass er mich anders ansehen würde, wenn er von dem Zepter erfuhr. Tief in mir drin wusste ich natürlich, dass es Unsinn war. Varian liebte mich, genau wie ich ihn liebte. Es waren immer wir zwei gewesen, die einander über alles andere stellten. Das würde sich nicht ändern, wenn er wüsste, wer – was – ich wirklich war.

Als wir unseren Weg durch die Stadt fortsetzten, hakte ich meinen Arm bei Varian unter. Zuvor stellte ich jedoch sicher, dass der Spalt in meinem goldenen Band vollständig von meinen Haaren verdeckt war.

Sie kehrten zwei Tage lang nicht zurück.

Niemand von uns wusste, wo genau sie hingegangen waren. Ich spürte die Distanz zu Colden nicht mehr. Da war kein Ziehen an meinem Hals, das mir sagte, dass ich zu weit von ihm entfernt war. Allein die Tatsache, dass das Ewige Band zwischen Zak und Livia ihr keine Schmerzen zufügte, gab mir die Gewissheit, dass sie sich tatsächlich irgendwo in der Nähe aufhielten.

Am zweiten Tag lernte ich einige der Valets kennen, die in Elysion lebten. Livia kannte sie aus der Zeit, als sie gemeinsam am Celesthylum gedient hatten. Und auch ich sah eine Freundin wieder: Eden. Livia hatte mich zu ihr gebracht – Eden lebte in einem der Häuser im Ostteil der Stadt. Als sie die Tür für uns öffnete, hatte ich meinen Augen kaum getraut.

Das letzte Mal hatte ich Eden auf dem Paradeplatz im Divine District gesehen – zu ihrer Hinrichtung. Sie war totenbleich gewesen, dürr, zerbrechlich und ohne Kampfeswillen. Doch jetzt waren ihre Wangen rosig, und als sie mich in eine Umarmung zog, lagen ihre Arme kraftvoll um meine Mitte.

Ich erwiderte ihre Geste, so fest ich konnte. In dem ganzen Tumult war mir der Gedanke gar nicht gekommen, dass wir uns hier, in Elysion, wiedersehen würden. Aber ja, Colden, Zak und Brynn hatten Eden aus Silver City herausgebracht, damit sie bei den anderen ehemaligen Valets leben konnte.

Wir sprachen lange – über das Celesthylum, über das Leben in Elysion –, bevor Livia, Varian und ich in das Haus am südlichen Hafen zurückkehrten. Von Brynn, Colden und Zak gab es noch immer keine Spur, und nach einem kurzen Abendessen versuchte ich, Schlaf zu finden. Irgendwann musste es mir gelungen sein, denn als ich wieder aufwachte, hatte sich Varian über mich gebeugt und deutete durch die offene Tür in Richtung Flur.

Stimmen waren aus der naheliegenden Küche zu hören. Ich zog mich eilig an und lief hinter Varian durch das Haus. Riesig, wie er war, sah ich Zak, noch bevor ich den Durchgang zur Küche erreicht hatte. Er trug volle Kampfmontur. Eine schwarz-silberne Rüstung, die braunen Haare zu einem Knoten nach oben gebunden. Sogar sein Schwert hatte er auf den Rücken geschnallt. Er stand neben Livia, die beiden waren in ein Gespräch versunken, doch als Varian und ich hereinkamen, verstummten sie, und Zak musterte mich aufmerksam. »Wie geht es dir, Menschlein?«

Ich hob die Hand und wackelte mit den Fingern. »Wie neu.«

Zak schaute mich an, als würde das seine Frage nicht beantworten – als hätte er nicht meine körperlichen Verletzungen gemeint –, also beeilte ich mich, das Thema zu wechseln. »Wo wart ihr so lange?«

Er verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln. »Wir hatten vieles zu besprechen.«

Ja. Das glaubte ich gern.

»Wie … geht es ihm?«, zwang ich mich zu fragen.

»Colden ist …« Zak zögerte einen Moment. »Er hat viel zu verarbeiten. Ich fürchte, das Entrolit hat ihm mehr Schaden zugefügt, als wir dachten.«

»Dann sind seine Erinnerungen …« Ich beendete den Satz nicht. Die Angst vor der Antwort ließ mich schlichtweg verstummen. Und der zerknirschte Ausdruck auf Zaks Gesicht machte es nicht besser.

»Die letzten zweihundert Jahre sind sehr … löchrig. Es ist nicht alles weg, Colden kann sich an einige Dinge erinnern, aber … es fällt ihm schwer, alles richtig zusammenzusetzen.«

Ich schaute Zak bloß an und wusste nicht, was ich sagen sollte. Mein Kopf wurde ganz leer, und der Rest von mir auch.

»Wird er sie denn wieder zurückbekommen?«, fragte Varian da leise neben mir.

Zak schnitt eine Grimasse. »Wir können es nicht einschätzen. Brynn sagt, sie hat noch nie davon gehört, dass jemand einen Angriff mit Entrolit überlebt hat – einen Fall wie diesen kennen wir nicht.«

Ich schlang beide Arme um meinen Oberkörper. Nicht denken, ermahnte ich mich abermals. Nicht darüber nachdenken, was du verlieren könntest. Nicht jetzt.

Erst da fiel mir auf, dass nicht nur Zak in voller Rüstung vor uns stand – auch Livia hatte die schlichte Stoffkleidung der letzten Tage gegen Leder getauscht. Dazu schmiegte sich ein Brustpanzer eng an ihren Oberkörper, eingefasst mit silbernen Nähten. Über ihren Schultern und Oberschenkeln trug sie weitere Segmente aus gehärtetem Leder. Sie hatte sich die schwarzen Locken fest nach hinten gebunden, und an dem Gürtel an ihrer Taille erblickte ich, was ich noch nie an ihr gesehen hatte: ein kunstvoll geschmiedetes Kurzschwert.

Mein Blick wanderte zum Küchentisch. Dort lag, ordentlich zusammengefaltet, ein zweites Rüstungsset. Weiches braunes Leder, das zu einer Art Korsage gefertigt war. Riemen waren am Oberteil und auch an der Hose befestigt, dazu einzelne Platten aus kunstvoll geschmiedetem Metall, die an Schultern, Brust und Beinen befestigt waren. Es sah edel aus, und erst als ich meine beiden Dolche – Talor und Seren – daneben liegen sah, wurde mir klar, dass es für mich bestimmt war. Die dunklen Klingen glänzten, als hätte sie jemand gerade erst geschärft.

»Wofür ist die Ausrüstung?«, fragte Varian.

Zaks Miene wurde ungewohnt ernst. »Es … geht um den Riss, der am Himmel aufgetaucht ist.«

Alles in mir versteifte sich, aber ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen. Im Grunde hatte ich seit Tagen darauf gewartet, dass die Sprache darauf kam. Der Riss am Himmel war ständig und weithin sichtbar, und so ziemlich jeder, dem ich in Elysion begegnet war, redete darüber.

»Was ist damit?«, fragte Varian und rang Zak damit ein Seufzen ab.

»Es sieht so aus, als wäre etwas hindurchgekommen.«

Hindurchgekommen.

Ich brauchte einen Moment, um den Sinn dieses einzelnen, unscheinbaren Worts zu begreifen. Etwas war hindurchgekommen.

»Du meinst …« Ich zögerte. »… aus eurer Dimension?«

»Ich fürchte, ja.« Zak schenkte mir ein schmales Lächeln. »Wir bereiten gerade eine Expedition vor, um dem Ganzen auf den Grund zu gehen. Colden lässt sich nicht davon abbringen, sie selbst zu leiten. Was bedeutet, dass du keine Wahl hast, als mitzukommen.« Er zuckte bedauernd die Schultern, und erst wusste ich nicht, was er meinte. Aber natürlich glaubte hier jeder, dass ich noch durch das Band an Colden gebunden war, genau wie Livia an Zak. Wenn sich ein Gott zu weit von seiner Valet entfernte, war das ein Todesurteil.

Zak deutete in Richtung der Lederrüstung auf dem Küchentisch. »Die Sachen sind für dich, ich hoffe, sie passen. Wenn du sie angezogen hast, brechen wir auf. Die anderen warten schon in der Kommandozentrale. Beeil dich, bitte …« Er machte eine Pause und verzog dabei den Mund, als hätte er auf einmal einen schalen Geschmack auf den Lippen. »Die Geduld unseres Hochgenerals ist in diesen Tagen nicht die beste.«

3

Colden

Der Raum sah noch genauso aus wie damals.

Auf dem großen Rundtisch war dieselbe Landkarte aufgemalt, und dieselben Holzfiguren, die Städte und militärische Stützpunkte repräsentierten, standen darauf. Auch die Stühle mit ihren hohen, spitz zulaufenden Lehnen, die um den Tisch gruppiert waren, sahen genauso aus, wie ich sie in Erinnerung hatte. Die Schnitzereien an den Wänden zeigten keine Brandspuren, und die Sofas, die davor positioniert waren, hatten nicht ein einziges Loch im Stoff.

Es kam mir vor wie der reinste Hohn. Die Stadt draußen war nicht wiederzuerkennen, und sie war bewohnt von Menschen, die nicht hier sein sollten – aber ausgerechnet dieser Raum, den ich mit eigenen Händen in Schutt und Asche gelegt hatte, sah exakt so aus wie an dem Tag, als wir mit der Silbernen Brigade in Elysion eingefallen waren.

Und jetzt? Jetzt saßen wir hier: Brynn, meine beiden wichtigsten Kommandanten und ich – an dem Tisch, an dem einst jene Götter gesessen hatten, die ich persönlich dafür bestraft hatte, dass sie sich dem Exarchen nicht hatten unterwerfen wollen.

Und da endete der Irrsinn nicht. Sie sagten, ich hätte Elysion zu meinem Eigentum erklärt, hätte die Ruinen heimlich wieder aufbauen lassen. Und ich hätte Valets in die Stadt geführt, sie geradewegs aus dem Divine District herbefördert, um ihnen – Zaks Worte klangen mir noch deutlich in den Ohren – Frieden zu ermöglichen.

Frieden.

Allein dieses Wort ausgerechnet aus Zaks Mund zu hören, so verflucht selbstverständlich, hatte mir endgültig klargemacht, dass ich die Welt, wie sie heute war, nicht mehr kannte.

»Wisst ihr mittlerweile, worum es sich bei der Lebensform handelt, die aus dem Riss gestürzt ist?«, fragte Brynn neben mir, und ich zwang mich, meine Aufmerksamkeit wieder dem Gespräch zu widmen. Zumindest das war vertraut: eine Lagebesprechung. Ich hatte in meinem Leben Hunderte davon abgehalten, hatte stundenlang über Land- und Stadtkarten gebrütet, während meine Kommandanten mir Bericht erstatteten.

»Noch nicht.« Nolan schaute von Brynn zu mir. »Der Posten an der westlichen Kratergrenze hat als erster gemeldet, wie das Objekt aus dem Himmel gestürzt ist …«, er deutete auf drei eng beieinanderstehende Holzfiguren. »Sie haben bereits mit der Suche angefangen, aber bislang ohne Erfolg. Aktuell gehen wir davon aus, dass die Lebensform sich nicht bewegt, also ist es effektiver, die Quadranten einzeln abzusuchen. So arbeiten wir uns von außen nach innen vor und können das Gebiet immer weiter eingrenzen.«

Ich nickte. Jedes Mal, wenn mein Blick auf Nolan fiel, war ich aufs Neue überrascht, wie anders er aussah. Seine weißblonden Haare waren kürzer als gewohnt. Er trug lockere Lederkleidung statt einer Rüstung, und der Speer, den er schon seit seiner Ernennung zum Kommandanten meiner Verteidigung geführt hatte, war durch eine Axt ersetzt worden.

Teraya dagegen sah im Grunde aus wie immer: dieselben markanten Gesichtszüge, dunkelbraune Haut und schwarze kinnlange Haare, die streng zurückfielen. Einzig eine Narbe war hinzugekommen, die sich von ihrer linken Augenbraue bis zum Kinn zog.

Ich fragte mich, in welcher Schlacht sie so schwer verletzt worden war, dass die Wunde nicht geheilt werden konnte. Ich fragte mich, wann Nolan sich entschlossen hatte, seinen Speer gegen eine andere Waffe einzutauschen.

Ich fragte mich so verflucht viele Dinge.

Für mich war es nur Tage her, dass wir alle gemeinsam auf den Feldern rund um Sapphire Spire gestanden hatten, knietief im Schlamm, ermüdet vom Kampf … doch für Nolan und Teraya – genau wie für Brynn und Zak – war es nur noch eine entfernte Erinnerung.

Es gab Fetzen. Einzelne Bilder, unzusammenhängende Brocken der letzten Jahrhunderte, die in meinem Gedächtnis umherwaberten, die ich aber nicht zu greifen bekam.

Es war unendlich frustrierend.

»Seid ihr euch überhaupt sicher, dass diese Lebensform aus dem Riss kam?«, fragte Brynn. »Es könnte auch ein Tier sein, das sich im Ödland verirrt hat.«

Teraya schüttelte den Kopf. »Der Westposten hatte eine eindeutige Sichtung. Der Riss am Himmel öffnete sich, und kurz darauf ist etwas daraus herabgestürzt.«

»Die gleiche Beobachtung haben auch mehrere Soldaten an den anderen Außenposten gemacht«, fügte Nolan ernst hinzu.

Brynn ließ sich mit einem Seufzen gegen die Stuhllehne sinken und rieb sich die Stirn. Von der Seite schaute sie zu mir. »Ich hätte nicht gedacht, dass irgendetwas den Untergang überlebt haben könnte.«

»Die letzten Tage waren voller Überraschungen«, murmelte Nolan.

Ich sah zu ihm. Zweihundert verlorene Jahre hin oder her, ich kannte meine Kommandanten gut genug, um zu wissen, wenn einer von ihnen sich davon abzuhalten versuchte, etwas laut auszusprechen.

»Spuck’s schon aus«, sagte ich.

Nolans hellgoldene Augen richteten sich auf mich. Er seufzte tief und kratzte sich durch den Bartschatten am Kinn. »Es ist nur …«, begann er. »Wir alle wissen, dass ein Durchgang von einer Welt zur anderen nur vom Atherionzepter geöffnet werden kann. Und Zak erzählte, dass der Riss am Himmel zum selben Zeitpunkt entstand, als ihr im Grauen Gürtel gegen Hestra und Galadons Sentinels gekämpft habt. Ich frage mich also … was, wenn du das Zepter doch gefunden hast und es nur nicht mehr weißt?«

Er schaute mir direkt in die Augen, während er das Offensichtliche zur Sprache brachte: meinen Gedächtnisverlust. Es überraschte mich nicht mal. Nolan war schon immer ein verdammt mutiger Bastard gewesen.

»Wir wüssten es«, klinkte sich Brynn ein. »Wenn es in Coldens Besitz gewesen wäre, hätten Zak und ich es mitbekommen.«

Das mochte sein. Aber was Nolan sagte, stimmte ebenfalls.

Der Riss konnte nur vom Zepter geöffnet werden.

Ich blickte zurück auf die Karte. Der Krater, der auf den Tisch gezeichnet war, spannte sich in Wirklichkeit über dreihundert Kilometer. Er lag genau zwischen Silver City und Elysion, und an der Grenze, die an das Schwemmland heranreichte, waren mehrere Außenposten errichtet worden. Auf meinen Befehl hin.

»Wie weit konntet ihr das Gebiet, auf das die Lebensform herabgestürzt ist, bereits eingrenzen?«

Teraya deutete auf drei nordwestlich gelegene Quadranten des Kraters. »Es muss hier in der Gegend sein. Ich denke, in ein paar Tagen sollten wir es gefunden haben.«

»Ich halte es immer noch für keine gute Idee, dass du dich der Suche anschließen willst«, warf Brynn ein.

Ich schon. Alles, was mich von den wirren Gedanken in meinem Kopf ablenkte, war mir willkommen.

»Das ist nicht deine Entscheidung«, wies ich sie knapp zurecht und warf ihr einen scharfen Blick zu.

Seit wir uns kannten – quasi seit meiner Geburt –, hatte Brynn noch nie gezögert, meine Entscheidungen zu hinterfragen. Nicht, als ich als Jüngling in die Armee gekommen war und kaum ein Schwert hatte halten können, und auch nicht, nachdem ich zu ihrem Hochgeneral ernannt worden war.

Für gewöhnlich schätzte ich ihre Offenheit. Brynn war nicht umsonst meine rechte Hand: Sie hatte mehr Erfahrung und ein strategisches Feingefühl, das meines weit überstieg. Aber mich vor meinen Kommandanten anzuzweifeln, war etwas anderes.

»Lasst jeweils eine Einheit eurer Soldaten am mittleren Außenposten bereitstehen«, sagte ich zu Nolan und Teraya. »Wir sind in einer Stunde bei euch.«

Dieses Mal war es ein Befehl, und beide Kommandanten neigten sogleich den Kopf und wandten sich zum Gehen. Ich wartete, bis sie in dem Portal, das sie geöffnet hatten, verschwunden waren, bevor ich mich zu Brynn drehte.

»Es genügt, dass sie von dem Gedächtnisverlust wissen. Du musst nicht auch noch meine Entscheidungen in ihrer Gegenwart infrage stellen.«

»Es sind ja nicht nur deine Erinnerungen«, sagte sie. »Du bist noch nicht wieder voll bei Kräften. Und davon abgesehen: Du hast jetzt eine Valet.«

Ich schnaubte. »Wie könnte ich das vergessen? Du erinnerst mich ständig daran.«

Als ob ich nicht jede Minute und jede Sekunde daran dachte, dass ich mich freiwillig an dieses … Menschenmädchen gekettet hatte.

»Du hast Nolan gehört. Sie wissen nicht, was da genau aus dem Riss gefallen ist. Es könnte gefährlich für Aurora sein.«

Aurora.

Jedes Mal, wenn Zak oder Brynn in den letzten Tagen ihren Namen laut aussprachen, hatte ich das Gefühl, etwas würde an meinem Verstand zerren. Es war, als müsste ich mich an sie erinnern können – tat es aber nicht. Da waren nur Gefühle: Verwunderung, Frust, Neugierde, doch sie führten zu nichts.

Es war unfassbar lästig.

»Nach allem, was ihr mir über sie erzählt habt, scheint sie Gefahren gegenüber nicht abgeneigt zu sein.«

Es fiel mir immer noch schwer, den Geschichten über sie Glauben zu schenken. Das Mädchen hatte offenbar mit einem anderen Valet einen Mordversuch auf Galadon unternommen. Zusammen hatten sie ein Messer aus Entrolit ins Celesthylum geschmuggelt und waren damit im Bankettsaal vor den Augen aller anwesenden Göttinnen und Götter auf den Exarchen losgegangen.

Der Junge war noch an Ort und Stelle dafür gerichtet worden.

Aurora nicht.

Ich schob meinen Stuhl geräuschvoll zurück, stand auf und lief durch den offenen Säulengang auf den Balkon. Die Kommandozentrale lag erhöht auf steilen Klippen im Norden von Elysion. Die Hände auf die steinerne Brüstung gestützt, schaute ich auf die Stadt – und auf die gezackten Linien weit über uns am Himmel. In der Dunkelheit formten sie einen Kreis aus Licht, dazu schwach glühende Devorith-Zeichen.

»Nolan hat recht, was den Riss angeht«, sagte ich und blickte über meine Schulter hinweg zu Brynn. »Er kann nur durch das Zepter entstanden sein. Bist du dir absolut sicher, dass das Mädchen nichts darüber weiß? Ihr meintet doch, deswegen hätte ich sie überhaupt zu meiner Valet gemacht.«

Brynn kam näher. »Ja, das hast du selbst zu mir gesagt. Allerdings …« Sie hielt inne, und ihr langes rotes Haar glänzte dabei im Licht, das auf uns herabfiel.

»Was?«

Sie lehnte sich mit der Hüfte gegen die Brüstung und verschränkte die Arme. »Diese Zeichen auf Auroras Körper – du hast sie untersucht. Danach warst du dir sicher, dass sie mit dem Zepter zusammenhängen, aber mehr haben dir die Verhilis nicht verraten. Und ich weiß nicht, was nach deiner Konfrontation mit Galadon passiert ist. Aurora und du, ihr seid zusammen aus dem Celesthylum verschwunden, und wir haben dich erst wieder im Grauen Gürtel gesehen, als du kaum noch bei Verstand warst.« Sie zögerte, suchte meinen Blick. »Was dort geschehen ist … Es ist schwer zu beschreiben. Zak und ich haben gegen Hestra gekämpft. Dann kamen die Sentinels. Galadon muss ihnen den Befehl gegeben haben, zuerst dich und Aurora zu töten. Sie sind auf euch losgegangen, und du … du hast sie nicht einfach nur besiegt, Colden, du hast sie ausgelöscht. Und die Kraft, die dabei freigesetzt wurde, ich … ich habe so was noch nie gespürt.«

Ich hob beide Brauen. Derartige Superlative aus Brynns Mund zu hören, kannte ich von ihr nicht. Brynn war viel älter als Zak und ich, und sie hatte in ihrem Leben Dinge gesehen, die ich mir nicht einmal ausmalen konnte.

»Also war es doch das Zepter.«

»Es wäre eine Erklärung«, räumte Brynn ein. »Aber ich will Aurora nicht unter Druck setzen. Sollte sie etwas darüber wissen, wird sie es uns sagen – wenn sie so weit ist.«

»Du vertraust ihr.«

Ein schmales Lächeln. »Das hast du auch.«

Ganz sicher nicht. Ich hatte mir geschworen, Menschen von mir fernzuhalten. Dieses Prinzip hatte ich offenbar gebrochen, aber dass ich dem Mädchen vertraut hatte?

Unmöglich.

Brynn legte eine Hand auf meine Schulter. »Hab Geduld. Die Erinnerungen kommen wieder.«

Ja, das hatten Zak und sie in den letzten Tagen stets beteuert, allerdings glaubte ich auch daran nicht. Jeder Gott und jede Göttin kannte die Legenden über Entrolit. Wie unsere Welt daraus erschaffen worden war und dass es das Universum äonenlang im Gleichgewicht gehalten hatte – bis zu dem Moment, als einer aus unseren Reihen es manipulierte. Danach wurde aus Gleichgewicht Chaos, und aus Chaos wurde eine Katastrophe, die schlussendlich unsere Welt vernichtet hatte.

Es war nicht leicht, einen Gott zu töten. Das wusste kaum jemand so gut wie ich. Aber bloß ein einziger Schnitt mit Entrolit genügte, und wir gingen in die Knie. Dass ich überlebt hatte, war ein Wunder, doch der Schaden, den das Entrolit in meinem Inneren angerichtet hatte, war unumkehrbar. Es war nicht nur mein Gedächtnis, das in Scherben lag, ich spürte es auch in meinen Armen und Beinen, meinem gesamten Körper. Etwas war durcheinandergeraten, hatte mir Kraft entzogen, und es würde nicht von allein heilen. Brynn wusste das – sie wollte es einfach nur nicht wahrhaben.

Ich stieß mich von der Brüstung ab und wandte mich wieder dem leeren Raum zu. »Wo bleiben sie denn, verflucht noch mal?«

Brynn hob die Schultern. »Zak meinte, er will zu Fuß hierherkommen.«

Zu Fuß.

Wahrscheinlich brauchte er eine Pause – von mir und meiner schlechten Laune. Ich konnte es ihm nicht einmal verübeln.