Tod der Würde - Nicole Diercks - E-Book

Tod der Würde E-Book

Nicole Diercks

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Beschreibung

Die Klagen werden jetzt immer häufiger, lauter und quengelnder: Was ist denn bloß los?! Wieso geht mitmenschlich nichts mehr zusammen?! Warum kommt man auf keinen Punkt mehr miteinander?! Warum verpufft und versandet alles immer sofort?! Warum ist das Internet so scheiße?! Anscheinend beginnt es jetzt aufzufallen, dass nicht nur unsere guten, alten, preußischen Werte und Tugenden voll in der Tonne sind, sondern auch unsere gehabten Beziehungsmodelle. Um Beziehungen zu führen, benötigt man Werte, wenn man aber keine Werte mehr hat, dann hat man auch keine funktionierenden Beziehungen mehr. Ohne Werte fehlt der ethische Überbau. Wenn sich also eine Gesellschaft weg vom WIR hin zum ICH entwickelt, ist der soziale Downhill vorprogrammiert, insbesondere in einer so dermaßen unspirituellen Gesellschaft wie der unseren. Und wer sich dazu nun auch noch im Internet bewegt und da datet, erlebt vieles und das meiste davon ist einfach nur schockierend. Vom Tod unserer aller Würde ist in diesem Buch de Rede. Es macht traurig und regt zum umdenken an.

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Tod der Würde

Tod der WürdeVorwortWürde – WerteInternettPsychopathen?!Love-BombingGrüsse aus der AnstaltFazitInternet-TypologieWürdeListe die an der Würde nagtMein AbschlussplädoyerImpressum

Tod der Würde

Vorwort

Dieses Buch ist für Leute gedacht, die sich langsam fragen, was eigentlich aktuell in der Gesellschaft los ist …?! Warum alles sich zum Schlechteren gewandelt hat …?! Warum Beziehungen eigentlich nicht mehr funktionieren …?! Und warum das Internet so scheiße ist.

Ich denk ja immer, ich allein bin die dümmste Sau auf Gottes weiter Erde und krieg alles immer als Letzte mit … Nun hab ich aber doch schon einige Male festgestellt, das stimmt ja gar nicht, ich bin viel mehr immer eine der Ersten! Nur weil keiner drüber redet, dachte ich ja immer, das Thema sei wohl schon so dermaßen an mir vorbei diskutieret worden die letzten Jahre, dass ich es einfach nicht gepeilt hatte und jetzt, plötzlich aufgewacht, bin ich natürlich dann die einzige die noch davon redet …?! Und die antworten alle nicht etwa, weil die gar nicht schnallen was ich da eigentlich fasele, und weil die meine Beobachtungen gar nicht teilen können, sondern weil die von dem Thema schon so dermaßen fed up sind, dass sie es nicht mehr hören können?! Wie sagt der Franzose so schön: Le Püstäküchän! 2012 fiel es mir zum ersten Mal auf, dass einige störende Strömungen sich der Gesellschaft bemächtigt hatten und mich irgendwie an den Rand zu drücken schienen, ich kriegte keinen Fuß mehr recht an den Boden plötzlich. Und 2013 hatte ich es dann ausgekäst, weil ich auch festgestellt hatte, es war nämlich sogar noch viel schlimmer: Das Leben hatte mich irgendwann, ich war aber leider nicht dabei gewesen, durchgekaut und formlos so an die Leitplanke gespuckt! Und war dann irgendwie mal weg … Das war auf jeden Fall auch ein Wirken des Generationenumschwungs. Ich war ja nun immer die von den Medien mit Musik, Filmen und Produkten gehudelte Generation gewesen, die den Ton angegeben hatte. Und jetzt waren da ganz andere am Drücker - und hatte mich und meine Werte mal kurz radiert! Ich litt an einem Paradigmenwechsel und an einem Generationenkonflikt, wie zuvor schon meine Eltern und Großeltern das getan hatten. Kein tolles Gefühl … 

Die Klagen aus meinen Alters-Reihen werden jetzt aber plötzlich immer häufiger, lauter und quengelnder: „Was ist denn da bloß los?! Wieso geht mitmenschlich plötzlich nichts mehr zusammen?! Warum kommt man auf keinen Punkt mehr miteinander?! Warum verpufft, verblödet und versandet alles immer wieder sofort?! Warum ist das Internet so scheiße?!“ 2013 bin ich drauf gekommen, 2021 haben es die anderen dann also auch schon mitgekriegt, Wau. Jetzt ist es allerdings schon acht Jahre später und so weit fortgeschritten, dass man diese Entwicklung nicht mehr zurückholen kann! Anscheinend beginnt es jetzt langsam auch schon aufzufallen, dass nicht nur unsere guten, alten, preußischen Werte und Tugenden voll in der Tonne sind, sondern damit auch unsere gehabten Beziehungsmodelle. Soweit meine Erarbeitungen reichen, hat es allerdings beides gleichzeitig erwischt - was, wenn man das mal zergliedert, auch vollkommen logisch ist. Um Beziehungen zu führen, benötigt man Werte, wenn man aber keine Werte mehr hat, dann hat man auch keine funktionierenden Beziehungen mehr, wie denn auch …?! Ohne Werte fehlt ja der ethische Überbau. Wenn sich also mit den Werten eine Gesellschaft weg vom „wir“ hin zum „ich“ entwickelt, ist der soziale Downhill vorprogrammiert! Insbesondere in einer so dermaßen unspirituellen Gesellschaft wie der unseren. Solche Menschen können scheinbar nur „ich“ oder „du“ … Ich und Du zu gleicher Zeit überfordert die Kapazitäten, und wirkt unlogisch und unhandhabbar. Und da Hemd eben näher ist, wie Hose, entscheidet man sich eben für „ich“, da weiß man, was man hat, guten Abend! Und wenn man schon so weit ist, wendet man leider auch schnell den Blick nur noch auf den eigenen Profit …

Würde – Werte

Das Wort „Würde“ basiert auf dem althochdeutschen Wort „Wert“. Werte sind als erstrebenswert und ethisch/moralisch gut erachtete Eigenschaften oder Qualitäten. Sie werden Ideen, auch sittlichen Idealen, Sachverhalten, Handlungsmustern und  Charaktereigenschaften beigemessen. Werte sind immer die konstitutiven Elemente einer Kultur oder auch die Basis einer Gesellschaft, aus bestimmten Werten können auch Normen und sogar Vorschriften werden. In der Kindheit vermittelte Werte prägen den Menschen sein Leben lang. Respekt, Achtung, Toleranz, Höflichkeit, Empathie, und vieles mehr hat bei vielen Kindern in den letzten Jahren extrem nachgelassen. Werte, insbesondere spirituelle, können sogar zu einem (neuen) Sinn im Leben verhelfen, auf jeden Fall erleichtern Werte dem Menschen die Sinnsuche. Jede Kultur besitzt verschiedene Werte, jedoch verändern sich diese sich zumeist mit jeder neuen heranwachsenden Generation, das nennt sich dann „Paradigmenwechsel“ und „Generationenkonflikt“. Zumeist ist hierbei leider aber immer nur eine Aufweichung oder auch Auflösung zu beobachten, und allein „die Alten“ ziehen blank und können sich nicht mehr orientieren. Als Beweis der ihrer Meinung nach bereits erlangten Reife und Weisheit, versuchen junge Leute ja immer erst einmal das Wertesystem „der alten Säcke“ auf den Kopf zu stellen, und damit dann nicht selten genau das Gegenteil von dem zu tun, was das System von ihnen erwartet! Das ist so einfach auch schick und auch ein gruppendynamisches Pflichtprogramm. Für die meisten ist es nur eine schillernde Episode und sie kriegen sich wieder ein, sobald die Identitätsfindung dann endlich abgeschlossen ist … Einige bleiben allerdings dann doch, leider wie Vierjährige, in der stressigen „Ja, aber!-Phase“ hängen, nennen sich dann „sozialkritische Bedenkenträger“ und sind in Wahrheit aber nur passiv-aggressiv …  

Werte sind die Landkarte und der Kompass mit denen man sich innerhalb des sozialen Kontextes bewegt. Ohne Werte wird dieser Kontext zu einer Mischung aus Irrgarten und Wüste. Laut Dosick wären diese gewesenen Werte angeblich zeitlos (was sie nicht waren), und erleichterten Kindern wie Erwachsenen den Umgang mit anderen Menschen, weil sie im Zusammenleben einer Gesellschaft unverzichtbar seien:  Freundschaft, Verantwortung, Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Treue, Fairness, Gerechtigkeit, Tradition, Beständigkeit, Liebe, Herzlichkeit … Grob gesagt, kann man festhalten, dass hier auch wieder sehr stark die „Preußischen Sekundärtugenden“ anklingen über die wir Deutschen uns freiwillig im Militarismus, und noch bis zur Jahrtausendwende, alle problemlos identifiziert hatten. Keiner dieser Werte, und ehrlich gesagt sind es ja auch eher Tugenden, wirkt heute noch im öffentlichen Raum, und im Internet schon gar nicht! Eine Toleranzentwicklung ist nach meiner Beobachtung nur für schlechtes Benehmen vorhanden, ansonsten gibt es nur noch das Gegenteil von Toleranz: Was nervt, wird schlicht weggemobbt oder geblockt!

Werte waren also die Grundlage für den Zusammenhalt einer Gemeinschaft? Dann war es allerdings nicht so sehr clever diese Grundlage der Gesellschaft zu killen, denn etwas neues ist ja leider nicht nachgekommen ... Alle preußischen Werte wurden in den letzten fünfzehn Jahren rigoros und rückstandlos zu ausgehöhlten Hashtags umformatiert. Wann immer einer einen alten Wert in der Öffentlichkeit bemüht, ist dieser hohl und nichts als ein Schlagwort. Und die Politiker ringen verzweifelt die Hände: Wie den Millionen an muslimischen Zugereisten jetzt unsere deutsche Leitkultur beibringen?! Gibt’s ja nicht mehr - ohne Werte, wie sollte das gehen. Auch infolge der Globalisierung, und des ja für Deutschland künstlich erzwungenen demographischen Wandels, kommt es zu drastischen Veränderungen der gesellschaftlichen und individuellen Wertevorstellungen. Seitdem Lepra, Typhus, Cholera und auch die Pest wieder in Deutschland Einzug erhalten haben, kümmern wir uns hier auch begeistert um andere mittelalterliche soziale Aspekte: Vielehe, Clanherrschaft, Ehrenmord, Ablehnung von Rechtsstaatlichkeit, freier Wirtschaft und Demokratie, Tochtermord, Frauenverachtung, Unterdrückung, Gewalt, Vernichtung des Christentums, Kinderehe und viele andere spannende Themen, die eine Wirtschaftsnation der Ersten Welt wirklich nennenswert nach vorne bringen. Die gesellschaftlich kulturellen Veränderungsprozesse sind immer im Verhältnis zur Gesellschaft, zwischen den Generationen und in den zwischenmenschlichen Beziehungen betroffen. Und da haben wir es: Der Deutsche fühlt sich mittlerweile von Muslimen aus der vierten Welt überrannt und überfremdet, er hat Angst, außerdem kann er nicht mehr sagen, was ihn mal ausgemacht hat… Wie gut wird das wohl für das Völkerverständnis sein, oder auch nur für seine Beziehungen ...?

Werte, die zu den Wichtigsten gezählt haben, werden - so sagen die Jüngeren - von anderen, heute gültigen, neuen Werten eben einfach kurz abgelöst! Das haben die Kinder der Sechziger, Siebziger und Achtziger auch so doziert. Und das hat auch noch bis zur Jahrtausendwende genauso gestimmt. Wenn „Häuslichkeit“ abgeschafft wurde, kam die „frei wählbare Erwerbstätigkeit für Frauen“ in den Dienst ... Wenn der „Gehorsam“ in Rente geschickt wurde, trat die „Meinungsfreiheit der Frau“ auf den Plan ... Wenn die „Unterordnung der Frau“ berentet wurde, kam die „Gleichberechtigung“ auf. In jedem Fall wurden diese Werte durch neue Werte mit einer größeren persönlichen Freiheit ersetzt und man griff nicht plötzlich, wie ja heute, voll ins Leere. Heutige Werte sind: Globalisierung, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Querdenkertum, Vielfältigkeit, Freiheit, Selbstentfaltung, Individualität, Grenzenlosigkeit, Schnelligkeit, Veränderung, Egoismus, Konsum, Sex ohne Beziehung ... Es geht also mal wieder um mehr Freiheit für den Einzelnen, die Gesellschaft wird hierbei aber nicht mehr mitgenommen. Und darum korrespondieren diese neuen „Werte“, die ja nichts deutsches mehr an sich haben, auch mit dem Verlust an die gesellschaftliche Haftung, fehlendem Nationalitätsgefühl, fehlendem Bürger-Stolz, Würde, Respektlosigkeit, Drogensucht, Narzissmus, Ich-Manie, Verlust emotionaler und sozialer Kompetenzen, Kriminalität, Demolierung und Negierung emotionaler Inhalte, und psychischer wie auch physischer Gewalt überall … Gesellschaftsverfall par excellence!

Wenn jedoch althergebrachte Werte einfach formlos wegbrechen, kann Menschen ein Gefühl der Sinnlosigkeit überkommen. Komisch: Die Depressionen und die Angsterkrankungen sind in den letzten 20 Jahren parallel wie ein Orkan über uns herein gebrochen!

Internett

Kluge Menschen empfinden inzwischen oftmals die zwischenmenschliche Kommunikation als sehr belastend. Es ist nicht nur eine andere Art zu kommunizieren, es ist eine völlig andere Art leben zu müssen. Und ich sage „zu müssen“, weil niemand, der aktiv an der Gesellschaft teilnehmen will, sich diesem Fortschritt entziehen kann. Er muss die neuen Medien nutzen, und er wird in ihren unguten Sog hineingezogen werden, egal wie ehrgeizig, altmodisch und funktional er selber auch noch kommunizieren mag! So etwas wie Respekt und Berechenbarkeit, was wie ich ja finde fast dasselbe ist, ist aus dem gegenseitigen Umgang vollkommen verschwunden. Damals haben wir uns einfach gegenseitig angerufen, uns hoffentlich dann auch irgendwann erreicht, haben uns an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit fest verabredet, und da war Pünktlichkeit dann nicht nur ein Muss, sondern jedem auch ein persönliches Anliegen. Heute ist das vollkommen anders: In aller Regel erhalten Wartende zwei Minuten nach dem Treffen die Nachricht: „Verspäte mich um fünf Minuten!“ Und nach wieder fünf Minuten, poppt schon die nächste Verspätungsmeldung auf ... Weil, wenn man schon zu spät kommt, ist es auch schon völlig egal, wie lange!

Der Eintritt der neuen Kommunikation in unser aller Leben hat die gesamte Art wie wir kommunizieren verändert, indem seine Benutzer die Regeln kurzerhand auf das gesamte Leben ausgedehnt haben. Die Sprache ist schon heute, nur zwanzig Jahre nach dem Beginn der virtuellen Realität, völlig verflacht, verarmt, verödet und verblödet. Es werden drei Fragezeichen gebombt, wenn einer mental mal wieder blank zieht und wo der dann genau ausgestiegen ist, das kann ja der Sender der kryptischen Botschaft ja dann mal selber ermitteln! Soll er halt kurz mal eben alles nachsynchronisieren! Die ganze Sprache ist verödet und wird heute durch Lautmalerei und Emoticons übersetzt und leider auch ersetzt. Online- Galane schicken als „Begrüßung“ heute in bereits 35% der Fälle nur noch einen „Daumen hoch“, ein Herz oder einen Smiley. Ich weiß dann wohl schon und beginne daraufhin automatisiert, weil Weib, dann willig und enthusiastisch die Beziehungsarbeit mit Fließtexten … soweit wohl mal der Plan dahinter?! Ich aber bin völlig scheiße und antworte, wenn überhaupt noch nur mit: „Aha“. Und nun ratet mal, wie schmissig sich dieses Gespräch wohl dann entwickeln wird …?!

Die Allgemeinbildung, auch in meiner Generation plötzlich, ist einfach nur grottenschlecht und keiner weiß heutzutage noch irgendwas spannendes – oder kann auch nur folgen. Nach meiner Beurteilung liegt das an der gleichen Unorientheit, die Navigationssysteme erzeugen: Warum bitte selber noch mitdenken, wenn einem alles bequem vorgequatscht wird?! Google hat den Menschen seiner Denk- und Merkfähigkeit beraubt, denn warum bitte soll ich selber nachdenken oder mir etwas merken, wenn ich das ja nur bei Google reinhacken und auslesen muss?! Okay, daran ist natürlich nicht Google Schuld, sondern der, der sein Gehirn durch Google ersetzt hat: willentlich und wissentlich!

Mir als Hochbegabte fällt es schrecklich auf: Die Leute sind einfach nur noch blöd - und sie wissen auch nichts! Die im Internet ja viel verwendeten Schlagworte „Intelligenz“ und „Humor“ sind genauso scheiße, wie der Hashtag „Empathie“ - das benutzt heute jeder einfach, wie er gerade meint! Ich stellte fest: „Intelligenz“ ist es für die meisten, wenn sie einigermaßen mühelos einem Gespräch folgen können. Wenn sie „Intelligenz“ im Profil von der Frau fordern, ist auch nur genau das gemeint! Ich habe es ja mehrfach ausprobiert und mal einen kleinen Witz über „Schrödingers Katze“ eingestreut: Staunen?! Sie kannten alle weder Herrn oder Frau Schrödinger, noch dessen Felis catus. Okay, nur weil jemand sich selber intelligent findet, erwarte ich jetzt keine Dozenturen über Atomkerne, Katzen und die metaphysischen Betrachtungen zum Tod ... Aber dass es sich um einen berühmten physikalischen Denkansatz handelt, soviel Input dürfte wohl doch gerade noch vorhanden sein?! Iss dann aber nicht.

Das erinnert mich an das „Gespräch“ mit einer Anfang Zwanzigjährigen im Drogeriefachmarkt. Ich fragte sie nach „Pattex“. Sie guckte mich an, wie ein schon länger toter Dorsch, und ich synchronisierte genervt nach: „Kraftkleber?!“ Das Wort war ganz offenbar nagelneu aber sie stieg freundlich ein: „Ach, so! Der, wo man so drüber schreiben kann, nee - hamm wa nich …!“ Und ich fuhr ihr genervt übers Maul. „Nein! Der, wo man zwei Betonklötze zusammenklebt, die dann ankettet, und von zwei Bulldozern wieder auseinander zu ziehen versucht!“ Toter Dorsch. Okay, das war jetzt ein bisschen fies gewesen, denn das war ja ein Pattex-Werbespot der 80-er, der wahrscheinlich gar nicht mehr gesendet wurde - obwohl er immer noch wirklich gut war! Sie checkte nichts. „Also … ich bin ja nun nicht ganz doof …“ intonierte sie - es hielt sich also für intelligent - „Aber Pattex hab ich noch nie gehört!“ Naja, Allgemeinbildung und Intelligenz sind ja auch zweier- bis dreierlei … Pattex, Deutschlands Kraftkleber Nummer Eins von Henkel, gab es ja nun auch erst seit 60 Jahren, und hatte mittlerweile ein veritables Sortiment an verschiedensten Fachklebern … Das konnte ja nun auch schon mal an einer so einer intelligenten Person vorbeigehen. Ich hatte vorher noch nie einen Menschen kennenlernen müssen, der Pattex nicht kannte, dieser schreckliche Kleber, der leider, wie in den 70ern, immer noch so aussah, wie einem Troll frisch aus der Nase gelaufen, und den man nie „unsichtbar“ verarbeiten konnte, weil er so zäh und so sichtbar war. Tja.

Ein anderer Fall ist, dass viele Menschen im Internet weder selber als Mensch agieren, noch andere Menschen Menschen sein lassen, es sind alles scheinbar nur noch Entitäten am Werk. Wie in einem virtuellen Spiel: Ritter, Druide, König, Troll, Hexer … Man sucht sich seine Rolle aus, nimmt sein Blatt - und spielt daraus dann stumpf andere an. Und wenn der angespielte „Druide“ plötzlich „aus der Rolle fällt“, weil er entweder gar nicht weiß, dass er hier den Druiden gibt, oder sich schlicht weigert so dämlich von der Seite hier angespielt zu werden, wird er sanktioniert – der ist wohl irgendwie nicht ganz dicht?! Ich bin schon mehrfach beschimpft worden, weil ich mich weigerte in das „Online-Muster“ eines Galans einzusteigen, aus der Reihe: “So! Nun erzähl aber mal was von Dir!“ … Als wenn ich das wollte! Als wenn das normal wäre! Als wenn man das als Fremder im Internet einfach so abfordern könnte! Als wenn es mein Job wäre hier kostenlos meine Energie in andere reinzuballern?! Ich zickte daraufhin dann immer nur blöd rum: „Bin ich ‘ne Zeitung, oder was …?“  

Noch übler wird es beim üblichen Griff nach den Fotos. Das trägt man heute, egal wie viele Bilder die Frau im Profil hat, wird sie fast sofort um neue Bilder auf den privaten Account angeleiert ... der damit dann WAS macht?! Und zwar wird man mindestens um ein Ganzkörperbild angesaugt, auch gerne im Bikini - also ehrlich gesagt, ausschließlich im Bikini - weil: Wir sind ja hier unter uns, sabbersabber! Er antwortet aber ja auch freiwillig sofort mit einen Badehöschen-Bild oder dem üblichen Selfi mit nacktem Oberkörper vor dem Ikea-Spiegel, Kackbandtürmchen, Abzieher links. Sexy ... Die Frage, dass fremde Frauen nach fünf flauen Pins einen fremden Mann nicht nackt sehen möchten, stellt sich hier nicht! Das Foto ist, wie ich mittlerweile leider weiß, nichts als ein „Fickbarkeitscheck“: Sieht die noch so aus wie im Profil, ist die noch so schlank, ist die das überhaupt selber …?! Gut, ich gebe zu: Ehrlichkeit ist kein Wert, der hier im Internet noch getragen wird! Es erscheinen gerne Fotos, die mal so bummelige 5 Jahre+ alt sind, oder wo das Subjekt dann bäuchlings im Sand liegt, wo sich die ganzen platt gequetschten Fettmassen dann recht freundlich versenden ... Da bei mir hier mindestens 40% „plautzierte“ Männer reingeschneit sind, die das weder auf dem Foto, noch im Text irgendwo erwähnt hatten, und die ihre „Figur“ alle durchwegs als „normal“ oder sogar „athletisch“ angegeben hatten, glaube ich gerne, dass die Frauen wahrscheinlich sogar noch eitler, also noch verlogener, sind! Und Männer denken, wie ich schon mehrfach gehört habe, das „Bambi78“ einen so verdächtigen Spitznamen habe, der schon nach verdeckter Adipositas röche …! Aus der Reihe: Ihre Beine sind vielleicht nicht ganz so schlank, aber mindestens ebenso behaart!  Siehe Mausi, Kuschelchen, Elfchen und Engelchen … das sei immer figürlich sehr verdächtig! Verstehe. Dass ein Mann nicht eine Stunde und zehn Minuten fahren will, nur um dann sehen zu müssen, dass „Bambi78“ mit ihrer „Normalfigur“ dann links und rechts über den Stuhl drüber lappt, verstehe ich aber ehrlich gesagt auch! Wenn Du jedoch sagst, die Fotos seien ein halbes Jahr alt und Du möchtest das jetzt nicht: „Man“ macht das aber so! „Das“ muss so aber sein! Wer das nicht tut, „zeigt kein echtes Interesse“! Und man wolle „sich doch kennenlernen“! Dass man sich über Fotos, die weiß Gott von wem, und weiß Gott wie alt sein können, nicht „kennenlernt“, schnallen die da aber alle nicht! Zack, mal wieder geblockt. 

Dazu muss man leider sagen, dass insbesondere das Internet sich in den letzten Jahren zu einer Erlebnisgemeinschaft zusammengebastelt hat, die Leute wie mich, die da nur mal so halb reinschmecken von Zeit zu Zeit, fast schon ganz automatisch ausschließen. Und zwar einfach deshalb, weil ich dem Jargon und den Vokabeln da gar nicht mehr folgen kann, die da völlig willkürlich neu erfunden werden! Deutsch geht ja gar nicht im Internet, sondern man bastelt für völlig eingedeutschte Worte, die jeder kennt, schnell mal neue Attribute aus windig aus dem Boden gestampften Pseudo-Anglizismen. Da kommt dann auch nicht direkt eine Beziehung in Schwung, wenn die Sprache schon total verfremdet ist und gefühlsmäßig überhaupt nicht mehr resoniert. Falls man überhaupt kapiert wovon einer da grad faselt …

Facebook, Instagramm und Twitter erschaffen darüber hinaus heute einen völlig neuen Raum, in dem jeder fast anonym und frei agieren kann, ohne die Verantwortung für das Gesagte zu übernehmen. Cyber-Mobbing verzeichnet Höchstzahlen und gilt bereits als „schick“, man tut es heute auch ohne Grund - einfach wenn man schlechte Laune hat oder irgendwie gelangweilt ist. Es ist Freizeitsport, gehört psychiatrisch aber zur Klassifikation der „psychischen Gewalt“, die man auch „leise Gewalt“, „unsichtbare Gewalt“ oder „weißen Terror“ nennt. Das ist heute Alltag, sogar schon unter Kindern. Das ist der sogenannte „Online-Enthemmungseffekt und mit dem bleibt das Bewusstsein und Empfinden für das mögliche Ausmaß bei den Betroffenen aus ... Es fällt Menschen erwiesenermaßen schwerer, ihre Impulse zu zügeln, wenn die soziale Kontrolle wegfällt, also „wenn keiner guckt“. Das zeigt für mich eine ethische und moralische Verkommenheit, die scheinbar aber den heutigen Zeitgeist lebhaft markiert ...

Das Internet ist für viele Teilnehmer immer noch ein rechtsfreier Raum. Sie sprechen da ungehemmt Dinge aus, die anderswo überhaupt nicht sagbar sind. Alte Sagbarkeitsregeln werden dort so massiv überschritten, was zur kompletten Enthemmung und zum völligen Wegfall von Respekt und ethischen Grenzen, wie auch jeglicher Benimmgrenzen führt.

Den Rest der Kommunikation erledigen dann diese schrecklichen Emoticons („Smileys“). Die cleveren Betreiber von Kommunikationsforen haben damals versucht die im Internet ja leider völlig fehlende Beziehungs-/Gefühlsebene auch noch mit hineinzustopfen. Über die Darstellungen von Emotionen über Symbole soll der Leser nachempfinden, was der Schreiber mit der Message für Gefühle angepeilt hatte. Diese Emoticons sollen dem Leser eine Decodierhilfe geben, wie das Geschriebene zu verstehen ist. Nun gibt es allerdings leider auch Künstler, die schon Emoticons in ganzen Ketten und anstatt Antworten und Worte einsetzen, und sie nicht einfach dazu benutzen, eine Decodierhilfe für das Gesagte zu geben, sondern den Inhalt komplett ersetzen. Womit die Kommunikation auch dann wieder an ihr natürliches Ende gerät. Man muss richtigerweise allerdings sagen: Es gibt gar keine „normalen Gespräche“ mehr heutzutage, denn alle die heute ein Handy zum Kommunizieren benutzen, fallen automatisch und unbesehen genau in diese Schneise, und tun automatisch und unbesehen genau diese Dinge ...