Tödliche Flut - Ben B. Black - E-Book

Tödliche Flut E-Book

Ben B. Black

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Beschreibung

In einem fernen Sonnensystem in einer fernen Zeit kommt es zu einem Gefecht zwischen einem Spindel- und einem Zylinderraumer. Auf der Erde jedoch muss selbst Ren Dhark hilflos mit ansehen, wie ein übermächtiger Feind die stärksten Truppen der Menschheit mühelos besiegt und Alamo Gordo zu überwältigen droht wie eine Tödliche Flut... Ben B. Black, Jan Gardemann und Uwe Helmut Grave verfaßten einen hochspannenden SF-Roman nach dem Exposé von Hajo F. Breuer.

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Seitenzahl: 353

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 43

Tödliche Flut

 

von

 

Uwe Helmut Grave

(Kapitel 1 bis 5)

 

Jan Gardemann

(6 bis 9)

 

Ben B. Black

(Kapitel 10 bis 14)

 

und

 

Hajo F. Breuer

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

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Impressum

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases fast wieder ausgeglichen.

Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erde nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Allerdings haben auch die wenigsten der Umsiedler konkrete Pläne für einen neuerlichen Umzug innerhalb so kurzer Zeit. Es kommt die katastrophale Entwicklung hinzu, die Babylon seit dem Umzug der Menschheit nahm: Durch eine geschickt eingefädelte Aktion war es dem höchst menschenähnlichen Fremdvolk der Kalamiten gelungen, den Regierungschef Henner Trawisheim, einen Cyborg auf geistiger Basis, derart zu manipulieren, daß er zu ihrem willenlosen Helfer und Vollstrecker bei der geplanten Übernahme der Macht über die Menschheit wurde. Erst in allerletzter Sekunde gelang die Revolution gegen die zur Diktatur verkommene Regierung von Babylon und damit gegen die heimlichen Herren der Menschheit, die Kalamiten. Während den meisten der Fremden die Flucht gelang, wurde Trawisheim aus dem Amt entfernt und in ein spezielles Sanatorium für Cyborgs gebracht.

Daniel Appeldoorn, der schon zu den Zeiten, als Babylon noch eine Kolonie Terras war, als Präsident dieser Welt fungiert hatte, bildete mit seinen Getreuen eine Übergangsregierung, deren wichtigste Aufgabe es ist, das Unrecht der Diktatur wiedergutzumachen und neue, freie Wahlen vorzubereiten.

Gleichzeitig ist es Ren Dhark und seinen Getreuen gelungen, die geheimnisvolle Schranke um Orn abzuschalten – und mit ihr auch die verhängnisvolle Strahlung, die die Worgun, das bedeutendste Volk dieser Sterneninsel, in Depressionen, Dummheit und Dekadenz trieb.

Nach seiner Rückkehr in die Milchstraße kann Ren Dhark dem Angebot des Industriellen Terence Wallis nicht länger ausweichen und läßt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen sollen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muß sich Ren Dhark einer neuen Herausforderung stellen: Eine unbekannte Macht sorgt dafür, daß der Hyperraum nicht länger zugänglich ist: Transmitter, Hyperfunk und Transitionstriebwerke funktionieren nicht mehr. Zwar gelingt es bald, Transitionstriebwerke und Transmitter wieder ans Laufen zu bringen, aber Ortung und Funk sind weiterhin nicht möglich.

Und dann überschlagen sich die Ereignisse: Auf der Erde greift der unbekannte Feind die Konferenz der Sternenvölker an, die etwas gegen die Sperrung des Hyperraums unternehmen wollen. Und auf der Wüstenwelt der Mumien entdeckt ein terranischer Soldat nicht nur eine verborgene Zivilisation, sondern auch das Geheimnis der tödlichen Flut…

1.

Im großen Konferenzraum des Verteidigungsministeriums von Alamo Gordo herrschte höchste Aufregung. Außer mehreren Offizieren der Neuen Terranischen Streitkräfte – kurz NTS genannt – waren nur noch Bruder Lambert und Ren Dhark anwesend.

Letzteren hatte man aufgrund seiner vielfältigen Erfahrung hinzugebeten.

Hingegen hatte man dem Staatsoberhaupt von Babylon, Daniel Appeldoorn, den Zutritt verweigert; immerhin hatten ihn Henner Trawisheim und Bert Stranger auf einer öffentlichen Sitzung beschuldigt, ein Kalamit zu sein. Diese Anschuldigung, so absurd sie auch klang, mußte zunächst einmal vom Tisch.

Betrat man als Neuling erstmals den Besprechungsraum einer Firma, wußte man meist auf Anhieb, wer das Sagen hatte, selbst wenn man keinen einzigen der Anwesenden kannte – weil sich der Boß immer irgendwie von der Masse abhob. Das war auch hier der Fall.

Während die Offiziere der NTS hektisch miteinander diskutierten oder per UKW-Funk Befehle aussandten, um Bodentruppen an die Front zu schicken und Luftstreitkräfte gegen die angreifende Roboterarmee einzusetzen, beobachteten der 40jährige schlanke, weißblonde Commander Ren Dhark und der 48jährige, etwas zu füllige Kurator Bruder Lambert das Geschehen aus einer gewissen inneren Distanz heraus.

Obwohl sie sich mittendrin befanden, hatte man den Eindruck, sie würden gar nicht mit dazugehören.

Eines war beiden Männern gemein: ihre ruhige, kraftvolle Ausstrahlung, die bei Bruder Lambert noch durch einen Hauch des Geheimnisvollen ergänzt wurde, wie bei einem mittelalterlichen Mönch; allerdings trug er keine Kutte, sondern normale, bequeme Kleidung. Dhark trug seine Uniform, wie er es zu offiziellen Anlässen gewohnt war – schließlich hatte er noch kurz zuvor auf einer Versammlung vor mehreren Staatschefs und geladenen Zuhörern eine Rede gehalten.

»Die Kommunikation scheint vorne und hinten nicht zu funktionieren«, flüsterte Dhark dem Kurator Terras zu. »Den Männern fehlt es zweifelsfrei an militärischer Erfahrung.«

»Das können Sie laut sagen«, erwiderte Lambert, sprach aber trotzdem leise. »Und Erfahrung ist weiß Gott nicht das einzige, an dem es den NTS mangelt. Uns fehlen trainierte Bodentruppen, unsere Soldaten sind bislang nur unzureichend ausgebildet. Auch die Streitkräfte für den atmosphärischen Luftkampf sind noch in der Aufstellung. Gleiter und Jetts stehen zwar in begrenztem Maße zur Verfügung, doch wir verfügen kaum über geeignete Piloten. Selbst die Offiziere sind noch längst nicht aufeinander eingespielt. Die meisten von ihnen wurden viel zu schnell befördert und müssen sich als Anführer erst bewähren.«

Dhark nickte. Ihn erinnerte das ganze Szenario an das Verhalten eigensinniger Diktatoren früherer Epochen, die ihre Niederlagen nicht wahrhaben wollten und in ihrer Verzweiflung Truppen kommandierten, die es gar nicht mehr gab. Die Situation im irdischen Verteidigungsministerium war ähnlich: Man versuchte, Truppen zu aktivieren, die im Prinzip noch gar nicht vorhanden waren.

Ein etwa 40jähriger Mann mit den Rangabzeichen eines Marschalls bemühte sich redlich, Ordnung in das Chaos zu bringen und verschaffte sich Gehör.

»Das ist Marschall Barry Finn«, raunte Bruder Lambert Ren Dhark zu. »Ich habe ihm den Oberbefehl über unsere Verteidigungskräfte erteilt.«

»Barry Finn?« wiederholte Dhark und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Ist Tom Sawyer ebenfalls in der Nähe?«

»Lassen Sie Mark Twains Romanhelden lieber aus dem Spiel«, riet ihm der Kurator, »solche Scherze mag er nämlich überhaupt nicht. Einmal nannte ihn ein General spaßeshalber Hucky und erntete dafür ein paar Lacher von seinen Kameraden. Finn gab sich keine Blöße und lächelte gequält – doch seither hat er den Scherzbold auf dem Kieker und teilt ihm nur noch unangenehme Aufgaben zu.«

Der reinste Kindergarten, dachte Dhark, sprach diesen Gedanken jedoch nicht laut aus. Schließlich wußte er, wie schwierig es für Bruder Lambert war, geeignetes militärisches Personal zusammenzubekommen. Ausnahmefälle wie Oberst Jacques Pleshette von der Neuen Terranischen Flotte waren leider rar gesät.

Barry Finn war von schlaksiger Gestalt, wirkte aber ungeheuer drahtig und zäh. Dhark konnte sich durchaus vorstellen, daß mit ihm nicht gut Kirschen essen war.

Der Marschall ergriff die Initiative. In Ermangelung einer geeigneten Luftkampftruppe ordnete er an, die Neue Terranische Flotte anzufunken und um Schützenhilfe zu bitten. »Wir werden die Bodentruppen mit Raumschiffen unterstützen«, entschied er.

Vergebens wartete Ren Dhark auf vehementen Widerspruch seitens der Generäle, doch selbiger blieb aus; einige nickten sogar zustimmend.

»An Ihrer Stelle würde ich mir das gründlich überlegen, Marschall«, mischte sich Dhark daraufhin ein. »Die schweren Waffen der Schiffe sind für derlei Luftkämpfe völlig ungeeignet und würden massive Schäden anrichten. Davon wäre auch Alamo Gordo betroffen, denn die Front verlagert sich immer weiter auf uns zu.«

»Wir könnten den Kompaktfeldschirm über der Stadt aktivieren, dann wären wir geschützt«, meinte Finn.

»Damit versperren wir sich zurückziehenden Truppen unweigerlich den Zugang zur Stadt«, gab Bruder Lambert zu bedenken.

Wie aufs Stichwort traf ein Funkspruch von Generalmajor Christopher Farnham ein. Die Schwarze Garde, die den ersten Sperriegel gegen die anrückenden Roboter gebildet hatte, zog sich kämpfend in Richtung Alamo Gordo zurück.

»Hier draußen haben wir keine Chance mehr, die Roboter aufzuhalten«, benachrichtigte er die Funkleitstelle der NTS. »Gram stehe uns bei! Entweder wir bringen uns in Sicherheit, oder die Terrakottas bringen uns alle um!« Anschließend informierte er die Verteidigungskräfte, an welchem Teil der Stadtgrenze seine Truppen eintreffen würden.

Terrakottas!

Damit war der Spitzname der fünf Meter großen, bedingt humanoiden Roboter nunmehr auch bis in die Hauptstadt der Erde vorgedrungen – was den circa 3000 Robotern selbst bislang zum Glück noch nicht gelungen war, obwohl sie sich auf ihren vier metallenen Beinen unheimlich schnell bewegen konnten.

Graham Vinegar, ein Jäger, der die immens stark gepanzerten Kampfmaschinen mit ihren futuristischen, kanonenartigen Handfeuerwaffen als erster in der Halbwüste entdeckt hatte, hatte diesen Begriff ersonnen. »Sie standen völlig bewegungslos da, wie die Terrakotta-Armee des chinesischen Kaisers«, hatte er bei der Schwarzen Garde in Star City zu Protokoll gegeben. Farnham hatte den motorradbegeisterten jungen Mann inzwischen mit einem Botenauftrag betraut; gute Kradfahrer wurden zu Kriegszeiten immer gebraucht.

Die Schwarze Garde, deren Name von ihren weltallschwarzen Uniformen herrührte, war eine schnelle Eingreiftruppe, die aus Elitesoldaten mit wissenschaftlichen Qualifikationen bestand. Daß es selbst diesen hochintelligenten und zudem kampferprobten Männern nicht gelungen war, die Terrakottas zu stoppen, trug nicht gerade zur Kampfmoral der Verteidiger von Alamo Gordo bei.

»Wir warten, bis alle Überlebenden der Schwarzen Garde so nahe bei der Stadt sind, daß wir hinter ihnen den Kompaktfeldschirm aktivieren können«, ordnete Ren Dhark an. »Unter dem KFS sind wir vorerst alle sicher.«

Marschall Finn blickte seinen obersten Befehlshaber an. Bruder Lambert nickte kurz.

»Auf ewig können wir uns hier allerdings nicht verschanzen«, bemerkte ein stämmiger, etwas behäbig wirkender General namens Lobster. »Wir müssen auch etwas zum Schutz der anderen bewohnten Orte unternehmen.«

»Vorerst haben es die Terrakottas ausschließlich auf die Hauptstadt abgesehen«, entgegnete Dhark. »Das gibt uns Gelegenheit, ihnen so viele Verluste wie nur irgend möglich zuzufügen – wobei wir uns eine ganz spezielle Eigenschaft des KFS zunutze machen werden.«

*

Drei Gardesoldaten rauschten auf mobilen Prallfeldplattformen heran und nahmen den Terrakotta mit leichten Feldgeschützen unter Beschuß. Die Treffer rissen ihn zwar mehrfach zu Boden, doch er schaffte es immer wieder, sich aufzurichten. Schließlich gelang es ihm sogar, seine HEKA schußfertig zu machen und auf seine Gegner zu feuern.

HEKA war die terranische Abkürzung für die Hochleistungsenergiekanonen, welche alle vierbeinigen Roboter mit sich führten. Schon ein einziger Volltreffer reichte aus, um einen Menschen bis zur Unkenntlichkeit zu einem Fleischbrocken zusammenzuschmoren, weshalb die Schützen den Strahlen durch geschickte Flugmanöver weiträumig auswichen.

Erst als der 29jährige Hauptmann Kurt Buck auf einer weiteren Plattform angeschwebt kam, die mit einem mittelschweren Nadelstrahlgeschütz ausgerüstet war, wagten sich die drei Gardisten wieder näher an ihren wehrhaften Gegner heran. Daß die Kampfmaschine Anstalten machte, zu flüchten, war ein gutes Zeichen: Offenbar konnte ihr das größere Geschütz gefährlich werden.

Buck – Zugführer der »Mescaleros«, einer aufeinander eingeschworenen Gruppe innerhalb der Schwarzen Garde – schaffte es, einen Volltreffer anzubringen, während seine drei Kameraden den Roboter mittels Dauerfeuer an der Flucht hinderten. Das Ergebnis war eine gewaltige Explosion – die eher einer Implosion ähnelte, denn die Trümmer der zerstörten Maschine blieben weitgehend am Rande des verbrannten Kraters liegen, den die Wucht der Detonation mit brachialer Gewalt in den Boden trieb. Leider blieb den Männern keine Zeit, zwecks Untersuchung Einzelteile einzusammeln, es rückte bereits Roboterverstärkung an.

»Bisher konnten wir nur diesen einen einzigen Roboter vernichten!« fluchte Kurt Buck später während des Rückzugsgefechts. »Und nicht einmal das ist ein Grund zur Freude, weil Campalla dabei ums Leben kam.«

In der Tat war es der Schwarzen Garde kein weiteres Mal gelungen, einen der stark gepanzerten Roboter auszuschalten. Mit enormer Geschwindigkeit wichen die insbesondere den mittelschweren Geschützen fortwährend aus – und falls doch einmal jemand einen Treffer erzielte, wurde das Objekt zwar durch die Luft geschleudert, kam aber schon bald darauf wieder hoch und kämpfte weiter.

Buck war das Ganze ein Rätsel. Warum hielten die Roboter mittlerweile selbst schwereren Treffern stand? Immerhin war es ihm gelungen, eine der gefährlichen Kampfmaschinen komplett zu zerstören. Was war plötzlich anders?

Vielleicht mußte man eine bestimmte Stelle anvisieren…

»Jetzt habe ich es!« entfuhr es Buck spontan. »Verflucht! Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?«

Hauptfeldwebel Jannis Kaunas, der in Bucks Nähe hinter einem Felsbrocken mit seinem Multikarabiner auf der Lauer lag, schaute seinen jüngeren Kameraden verwundert an.

»Seit wann führst du Selbstgespräche?« fragte der 48jährige muskulöse Balte, der mit seinen 1,75 Metern Körpergröße verhältnismäßig klein, dafür aber ziemlich kompakt war.

»Ich weiß jetzt, wie wir sie kaputtkriegen«, erwiderte der auf einer mobilen Prallfeldplattform stehende Hauptmann.

Kaunas klopfte mit der Handfläche seitlich gegen den Karabiner. »Hiermit jedenfalls nicht. Die Wucht des Strahlenaufpralls haut sie zwar manchmal von den…«

Just in dieser Sekunde näherte sich einer der vierbeinigen Angreifer. Er lief am Rande eines Abhangs entlang. Jannis, der sich diesen Platz bewußt ausgewählt hatte, riß den Karabiner hoch und schoß. Der Fünfmeterroboter schwankte leicht. Erst eine weitere Strahlensalve riß ihn um und beförderte ihn den Hang hinunter.

Obwohl Kaunas seinen Gegner nun nicht mehr sah, wußte er genau, was gerade in der Schlucht passierte: Nach einer nur wenige Augenblicke andauernden Orientierungsphase würde sich der Terrakotta wieder aufrappeln und sich daran machen, den Hang zu erklimmen.

Kaunas zog in Erwägung, mit dem Karabiner eine kleine Felslawine auszulösen. Viel bewirken würde das aufgrund der Roboterpanzerung nicht, es hatte nur aufschiebende Wirkung, doch die sich zurückziehenden Gardisten, die überall im felsigen Halbwüstengelände verstreut waren, konnten jedes bißchen zusätzliche Zeit gut gebrauchen.

Eine zweite Prallfeldplattform rauschte heran, ebenfalls mit einem mittelschweren Nadelstrahlgeschütz bestückt. Gesteuert wurde sie von dem 50jährigen Oberst Kenneth MacCormack, einem vierschrötigen, rothaarigen Iren. Er wies Buck und Kaunas an, die Verteidigungsstellung zu räumen und in Richtung Alamo Gordo zu ihren Kameraden abzurücken.

Ursprünglich hatte MacCormack die Kampfhandlungen geleitet. Dann hatte der oberste Befehlshaber der Schwarzen Garde, Generalmajor Christopher Farnham, persönlich eingegriffen und letztlich den Rückzug nach Alamo Gordo befohlen, um nicht noch mehr Menschenleben zu gefährden.

»Ich weiß vielleicht, wie wir die Roboter zerstören können«, teilte Buck dem Oberst mit.

»Ich auch«, erwiderte dieser trocken. »Mit einem schweren Raumschiffsgeschütz. Doch dann können wir nur beten, daß wir weit genug von der Einschlagstelle entfernt sind.«

»Als vorhin der Roboter mit viel Getöse explodierte, glaubte ich, mein Volltreffer sei die Ursache dafür gewesen«, fuhr Buck fort. »Das traf jedoch nur zum Teil zu. Campalla und seine beiden Begleiter trieben die Kampfmaschine mit ihren leichteren Geschützen in meine Richtung, indem sie unablässig drauflosfeuerten. Mal angenommen, die Strahlen von einem weiteren Geschütz oder sogar von zweien schlugen zeitgleich mit meinem Treffer in den Terrakotta ein…«

»… dann reichen möglicherweise zwei gleichzeitig abgefeuerte mittelschwere Geschütze aus, um eine der Maschinen zur Detonation zu bringen«, ergänzte der Oberst nachdenklich.

»Falls ihr einen Test am ›lebenden Objekt‹ durchführen möchtet, wäre jetzt eine günstige Gelegenheit!« rief Kaunas aufgeregt und deutete auf den Roboter, den er kurz zuvor in den Abgrund befördert hatte und der nun über den Abhang kletterte, schneller als erwartet.

MacCormack und Buck fackelten nicht lange. Sie setzten ihre Plattformen in Bewegung und nahmen jeweils eine günstige Schußposition ein. Als der Terrakotta seine HEKA hob, jagten ihnen die Männer zwei volle Strahlenladungen in den gepanzerten Metalleib. Kaunas verzichtete auf Karabinerunterstützung, um das Ergebnis nicht zu verfälschen.

Der Erfolg war im wahrsten Sinne des Wortes durchschlagend. Der Terrakotta detonierte auf die bereits bekannte Weise. Diesmal hinterließ die Explosion jedoch keinen Krater, sondern sprengte den oberen Rand des Abhangs weg. Die Überreste des Roboters stürzten in die Schlucht.

Kaunas griff als erster zum Funkgerät, um die gute Nachricht an die anderen Gardisten weiterzugeben. Und MacCormack informierte umgehend die NTS. Nunmehr stand endgültig fest: Die Terrakottas waren nicht unbesiegbar.

Allerdings hätte die Schwarze Garde sehr viel mehr Nadelstrahlgeschütze der Mittelklasse benötigt, um den Roboteransturm auf Alamo Gordo aufzuhalten.

*

Christopher Farnham war ein großer, 57jähriger Mann mit einem kurzen braunen Bürstenhaarschnitt. Seine linke Gesichtshälfte war von einer Narbe geprägt, in deren Zentrum sein linkes Auge lag; nur wenige wußten, daß es sich bei dem Auge um ein künstliches Produkt handelte, das man Anfang des Jahrtausends wohl noch als technisch-medizinisches Wunderwerk bezeichnet hätte.

Als seine Gardisten in Bedrängnis geraten waren, war sich Farnham nicht zu schade gewesen, selbst an die Front zu eilen, um ihnen beizustehen. Leider konnte auch er nicht viel ausrichten, weshalb er inzwischen den geordneten Rückzug nach Alamo Gordo eingeleitet hatte.

Kaunas’ Funknachricht von der Zerstörung eines zweiten Terrakottas erweckte in ihm die Hoffnung, weitere Verluste vermeiden zu können. Die harten Kämpfe hatten bisher sechs Prozent der Gardisten das Leben gekostet; zudem war jeder zweite verwundet, einige Männer sogar schwer. Es war den Soldaten unmöglich, ihre teilweise stark entstellten Toten zu bergen, ohne weitere Leben zu gefährden – aber sie ließen nicht einen Verletzten zurück, auch wenn deren Transport zusätzliche Zeit kostete.

Generalmajor Farnham stand auf einer Prallfeldplattform hinter einem mittelschweren Nadelstrahlgeschütz. Neben ihm schwebte eine weitere Plattform, die von Major Peter Schwengers gelenkt wurde.

Schwengers, ein massiger Deutscher mit vollem schwarzem Haar, war promovierter Mathematiker mit hervorragenden militärischen Qualifikationen. Der Verkauf eines Mönchengladbacher Familienunternehmens hatte ihm ein beträchtliches Erbe beschert, so daß er für den Rest seines Lebens nicht mehr hätte arbeiten müssen.

Seine erfolgreiche Bewerbung bei der Schwarzen Garde war aus reinem Idealismus erfolgt.

In dem »Geniestädtchen« Star City fühlte er sich äußerst wohl, auch wenn er so häufig unterwegs war, daß er sein dortiges kleines Anwesen nur selten zu Gesicht bekam. Während seiner Abwesenheit betreute ein humanoider Dienstroboter sein Haus und seinen Rottweiler namens Sergeant Berry.

Bei diesem Einsatz hatte er mehrfach befürchtet, seinen vierbeinigen besten Freund nie mehr wiederzusehen, aber bislang hatte er sich aus jeder bedrohlichen Situation retten können.

Gemeinsam mit Farnham näherte er sich aus der Luft zwei Terrakottas, die sich hinter einem flachen Felsen verbargen und auf eine kleine Gruppe Gardisten warteten, die sich mit gebotener Wachsamkeit durchs Gelände bewegten. Die Soldaten ahnten nicht, daß ihnen die beiden Roboter auflauerten – und die Roboter wiederum ahnten nicht, daß nicht immer alles Gute von oben kam.

Als eine der beiden massigen Fünfmeterkampfmaschinen von zwei Geschützsalven gleichzeitig getroffen wurde und explodierte, flog die andere meterhoch in die Luft und schlug krachend am Boden auf, in unmittelbarer Nähe der überraschten Gardisten.

Der Roboter überstand den Sturz nahezu unbeschädigt, die Explosion hatte ihm lediglich einige Dellen beschert – was ihn nicht daran hinderte, gleich wieder aufzustehen.

Vergebens feuerten die Gardisten Energiestrahlen aus ihren Multikarabinern auf den riesigen Vierbeiner ab; auch in angeschlagenem Zustand steckte er den Beschuß gut weg.

Schwengers und Farnham jagten auf ihren Plattformen heran und riefen den Gardisten zu, in Deckung zu gehen. Kurz darauf detonierte auch dieser Roboter unter doppeltem Nadelstrahlbeschuß.

Weitere Roboter näherten sich schnellen Schrittes. Farnham und Schwengers stellten sich ihnen entgegen.

»Haut ab – aber nehmt ein paar kleinere Trümmerteile mit!« ordnete der Generalmajor an, bevor er sich mit dem Major in den Kampf stürzte.

Das war jedoch leichter gesagt als getan. Kaum näherten sich die Gardisten in ihren Multifunktionsanzügen einem der Explosionskrater, wurden sie von mehreren Robotern angegriffen. Nicht allen Soldaten gelang es zu fliehen – wieder blieb ein Kamerad auf der Strecke.

Auch an den zweiten Krater kamen sie nicht heran. Vor einem Feind wegzulaufen war den Schwarzen Gardisten zutiefst zuwider, doch in diesem Fall blieb ihnen nichts anderes übrig. Wenn sie überleben wollten, mußten sie rennen und schießen.

Farnham und Schwengers stießen ebenfalls an ihre Grenzen. Im Verlauf eines minutenlangen harten Gefechts konnten sie nur noch einen Roboter zerstören, dann gingen sie mit ihren Prallfeldplattformen auf Fluchtkurs.

Sie überflogen die beiden Krater, aus denen die Gardisten Trümmer hatten bergen sollen, und entdeckten den verunstalteten Toten. Zum Mitnehmen war zu wenig von ihm übrig.

Zu ihrem Erstaunen waren die Krater leer. Auch in der Nähe lagen keine verstreuten Roboterteile mehr.

»Scheinbar haben die Terrakottas hier bereits gründlich aufgeräumt«, bemerkte Farnham.

»Sie sind halt in jeder Hinsicht schneller als wir«, entgegnete Schwengers mürrisch.

Als er seinen Kopf wandte, schoß plötzlich etwas mit viel Lärm über einen der leeren verbrannten Krater hinweg und kam direkt auf ihn zu…

*

Im Verteidigungsministerium erläuterte Ren Dhark Marschall Barry Finn seine konkreten Vorstellungen zur Unterstützung der Schwarzen Garde beim Rückzug in die Stadt. Den Gardisten Truppen entgegenzuschicken und noch mehr Menschenleben zu opfern, schloß er von vornherein aus. Nicht nur der Marschall und Bruder Lambert, auch die Generäle hörten ihm aufmerksam zu.

»Natürlich ist mir bewußt, daß ich innerhalb dieses Gremiums keine Entscheidungsbefugnis habe und daher nur Vorschläge unterbreiten…«

»Das geht schon in Ordnung«, unterbrach ihn Marschall Finn, der noch nie ein geduldiger Zuhörer gewesen war. »Wir werden es in etwa genauso machen, wie Sie es vorschlagen, Commander Dhark. Dank Oberst MacCormack wissen wir, wie die Panzerung der Terrakottas geknackt werden kann. Allerdings richten wir die Doppelgeschützstellungen nicht an den genannten Plätzen ein.«

Ren Dhark schaute ihn verblüfft an. »Nein? Aber dort treffen Generalmajor Farnham und seine Gardisten ein.«

»Ganz sicher nicht«, widersprach ihm der Marschall. »Bevor der Generalmajor seine Männer im Gelände positionierte, um die Roboterarmee abzufangen, setzte er die Verteidigungskräfte von Alamo Gordo per Funk über Details seiner Strategie in Kenntnis.«

Bruder Lambert, der stets über den aktuellen Funkverkehr informiert wurde, bestätigte das und fügte hinzu: »Ich fand das ziemlich leichtsinnig. Ebenso erschien es mir nicht sonderlich klug, uns über Funk mitzuteilen, wo genau die Truppen der Schwarzen Garde auf ihrem Rückzug die Stadtgrenze überschreiten werden. UKW ist nicht abhörsicher, eventuell hört der Feind ständig mit.«

»Darüber war sich Farnham in beiden Fällen durchaus im klaren«, erwiderte Finn. »Deshalb sandte er vor dem Ausbruch der Kämpfe einen Kurier mit einer Botschaft zu mir – einen Kradfahrer namens Graham Vinegar.«

»Vinegar?« wiederholte Lambert. »So heißt doch der junge Bursche, der die Terrakottas als erster entdeckte. Befindet er sich in Alamo Gordo?«

Finn nickte. »Nicht weit von hier: Er stärkt sich gerade in der Ministeriumskantine. Farnhams Nachricht, die mir Vinegar persönlich überbrachte, enthielt Einzelheiten über das genaue Vorgehen der Gardisten – und zwar die echten Details. Mit dem offenen Funkspruch lockte Farnham mögliche Mithörer von Anfang an auf eine falsche Fährte. Die gleiche Finte wendet er jetzt erneut an.«

»Sie wußten also Bescheid, wo Farnham seine Truppen tatsächlich in Stellung gebracht hatte, Marschall«, resümierte Dhark, »im Gegensatz zu den Unbekannten, die hinter dem Roboterangriff stecken und die ganze Aktion vermutlich aus dem Verborgenen heraus überwachen. Ein raffinierter Schachzug von Farnham.«

»So ist es. Mittlerweile sind meine Frontinformationen allerdings überholt, da das chaotische Kampfgeschehen immer wieder zu Stellungswechseln führt. Farnham versucht nun, einen geordneten Rückzug in die Wege zu leiten, und er wartet auf eine schriftliche Botschaft mit den exakten Standorten unserer Geschützstellungen. Ich werde Vinegar gleich mit einer Depesche zu ihm schicken – wie es der Generalmajor verlangt hat.«

»Gram stehe uns bei«, erinnerte sich Dhark an Farnhams Worte. »Und ich Depp habe mich allen Ernstes gefragt, wer damit gemeint sein könnte. Gram ist die Abkürzung für Graham. Farnham teilte Ihnen verschlüsselt mit, daß er erst eine Nachricht von Graham Vinegar abwarten will, bevor er den entscheidenden Teil des Rückzugs einleitet.«

Marschall Finn fand, daß er jetzt genug erklärt hatte. Er legte die Positionen für die mobilen Geschützstellungen neu fest, wies seine Generäle an, die Durchführung umgehend in die Wege zu leiten und begab sich schnellen Schrittes in die Kantine.

*

Graham »Gram« Vinegar jagte über den Asphalt, wich von der Straße ab und schoß über Staub und Geröll. Er wußte inzwischen, daß sich Christopher Farnham nicht mehr in Star City befand, sondern mitten in den Kämpfen an der Front.

Der 25jährige Motorradfahrer war etwa 1,90 Meter groß, schlank, drahtig und trug enge schwarze Lederkleidung. Als er vor einem halben Jahr die alte marode Maschine entdeckt und den kräftigen Zweitaktmotor mit 250 Kubikzentimetern wieder ans Laufen gebracht hatte, hatte er vergebens nach einem Helm Ausschau gehalten, also fuhr er halt »oben ohne«, mit im Fahrtwind wehendem, langem blondem Haar – es gab ja nirgendwo einen Verkehrskasper, der ihm einen Strafzettel hätte verpassen können.

Ein langläufiges Schießeisen, ein Revolver vom Typ Smith & Wesson 500 im Kaliber .50 Magnum, steckte in einem Holster an seinem Gürtel. In einer am Motorrad befestigten Gewehrtasche befand sich zudem eine mehr als hundert Jahre alte Mauser 98K vom Kaliber 7,92 Millimeter, mit Zielfernrohr. Gram hegte und pflegte seine beiden Wummen, wie er sie nannte, so daß sie ständig schußbereit waren.

Momentan war sein Motorrad jedoch die bessere Waffe, denn weder mit dem Revolver noch mit dem Gewehr hätte er etwas gegen die Terrakottas ausrichten können. Er konnte den Energiestrahlen ihrer HEKA nur ausweichen, wofür eine gewisse fahrerische Geschicklichkeit vonnöten war. Selbige hatte er auf der Flucht vor den Robotern bereits hinlänglich unter Beweis gestellt.

Diesmal verlief seine rasante Fahrt problemloser. Ihm begegnete kein Terrakotta, und er entdeckte Christopher Farnham auf Anhieb. Der Generalmajor stand auf einer mobilen Prallfeldgeschützplattform. Gram hielt auf ihn zu.

In seinem Eifer wäre er beinahe in einen Explosionskrater gestürzt, den er völlig übersehen hatte. Statt abzubremsen, was ein schwerer Fehler gewesen wäre, gab er Gas und schoß über den Krater hinweg. Dabei rammte er fast einen massigen Offizier, der auf einer zweiten Plattform stand, in unmittelbarer Nähe von Farnham. In letzter Sekunde gelang es Gram, »im Anflug« seine Richtung zu ändern. Mit dem Hinterrad zuerst traf er auf dem Felsboden auf. Ruckartig bewegte er sich nach vorn, so daß beide Räder den Boden berührten. Erst dann zog er die Bremse an.

Ein unerfahrenerer Fahrer wäre jetzt wahrscheinlich mitsamt der schweren Maschine umgekippt, doch Gram hielt sie in der Senkrechten. Er machte eine Kehrtwende, fuhr ein Stück zurück und überreichte Farnham die Botschaft des Marschalls.

Kurz darauf trennten sich die drei Männer, um Farnhams endgültige Anweisungen zum Rückzug unter den Gardisten zu verbreiten. Bei dieser Aktion mußten sie höllisch achtgeben, daß die Roboter sie nicht von den Plattformen beziehungsweise aus dem Motorradsattel schossen.

Die Befehle machten in Windeseile die Runde – nicht per Funk, sondern auf herkömmliche Weise mittels Mundpropaganda. Bald war jede Truppe exakt darüber informiert, wohin sie sich zu begeben hatte.

Inwieweit die Terrakottas noch einmal auf ein derartiges Täuschungsmanöver hereinfallen würden, blieb abzuwarten.

*

Der Kompaktfeldschirm (KFS) war ein energetisch dichtgestaffelter Schutzschirm, der es durchaus mit der Leistung eines Intervallfeldes aufnehmen konnte. Ursprünglich hatte es sich dabei um ein Defensivprodukt der Galoaner aus der Galaxis Drakhon gehandelt, doch seit Ende 2058 gab es auch eine terranische Version von Wallis Industries, die zusätzlich zu den Intervallfeldern in alle Ringraumer eingebaut worden war.

Der absolute KFS-Höhepunkt wurde im Jahr 2065 erreicht, als die zu Wallis Industries gehörige Gruppe Saam den größten und leistungsstärksten Schirm dieser Art entwickelte, um Alamo Gordo vor der Einnahme durch die Eisläufer zu schützen. Seinerzeit hatte er rund um die Uhr die gesamte Stadt in einer Höhe von zwei Kilometern überspannt. Tagsüber war er von innen betrachtet fast unsichtbar und nur aufgrund eines leichten Flirrens erkennbar, nachts zeigte er sich als silbriger Schleier am Himmel.

Von außen war er auch bei Tag silbrig, so daß man die verschwommene Stadt dahinter fast nur erahnen konnte. Selbst der gleichzeitige Beschuß von siebzig Großkampfschiffen der Eisläufer hatte ihn nicht durchbrechen können.

Um Menschen oder Schiffe hinein- oder hinauszulassen, konnten Löcher in den Schirm geschaltet werden, die sich nach dem Durchlaß sofort wieder schlossen.

Mikromeiler und 120 nicht sonderlich große Modular-Generatoren sorgten für die reibungslose Funktion, die von Technikern und Wissenschaftlern regelmäßig überwacht wurde. Gelegentlich wurden auch leichte Modifizierungen am Schirm vorgenommen, denn nichts, was kluge Köpfe ersannen, war so perfekt, daß es nicht von anderen klugen Köpfen noch verbessert werden konnte.

Das Verteidigungsministerium befand sich mitten in der Stadt in einem langgestreckten Gebäude mit nur einem Stockwerk. Im Erdgeschoß lagen die Büroräume. Geheime Lagebesprechungen wurden im gepanzerten, abhörsicheren Kellergeschoß durchgeführt.

Die Zentrale zum Ein- und Ausschalten des Kompaktfeldschirms und zur Aktivierung der Durchgangslöcher lag direkt unter dem Dach – der genaue Standort am äußersten Rand des Hauses war unschwer erkennbar, denn direkt darüber war das Dach mit seltsam geformten Antennen gespickt.

Ken Kane und sein zweiköpfiges weibliches Team agierten mit handwerklichem Können und dem nötigen Sachverstand in den Räumen der Schaltzentrale und achteten sorgsam darauf, daß sich kein unerfahrener Außenstehender an den hochmodernen Geräten zu schaffen machte, mit denen diese wichtige Institution ausstaffiert war. Streckenweise wirkte »Kanes Reich« (so nannte er es selbst) wie die Kommandozentrale eines Raumschiffs.

Sogar General Lobster wurde strikt untersagt, die Kontrollen zu berühren. Angesichts der beiden hinreißend schönen Mitarbeiterinnen Barbara und Monica – jeweils Mitte Dreißig, langbeinig und gertenschlank – verzichtete der behäbige Mann darauf, seine Autorität geltend zu machen. Das hätte ihm ohnehin nur wenig genutzt, denn das Schaltzentralentrio unterstand direkt dem Kurator Terras. Die einwandfreie Funktion des KFS war Bruder Lambert auch in Friedenszeiten wichtig, damit im Notfall Abwehrmaßnahmen sofort in die Wege geleitet werden konnten.

Gerade jetzt zeigte sich, wie sehr das perfekt aufeinander eingespielte Team, das Lambert quasi unter seine Fittiche genommen hatte, gebraucht wurde.

Lobster überbrachte den dreien die strategischen Anweisungen von Marschall Finn und Ren Dhark und blieb in der Zentrale, um laut seinen eigenen Worten darauf zu achten, daß alles weisungsgemäß umgesetzt wurde. Der sechzigjährige Kane, der immer etwas kränklich aussah, aber in Wahrheit kerngesund war – was ihm lieber war als umgekehrt –, hatte eher den Verdacht, daß der General wegen Barbara und Monica nicht zu den anderen NTS-Offizieren ins Kellergeschoß zurückkehren wollte; die beiden waren ja auch sehr viel ansehnlicher als all die uniformierten Kerle mit ihren behaarten Beinen.

»Jeder Handgriff muß sitzen«, bemerkte Lobster. »Schon wenige Sekunden Zeitverzögerung könnten einen weiteren Gardisten das Leben kosten.«

»Wir bauen den Schirm auf, sobald wir von HuckleberryFinn die Freigabe erhalten«, erwiderte Kane ruhig. »Wenn der letzte Gardist die Stadtgrenze überschritten hat, machen wir den Laden sofort dicht. Die Roboter bleiben dann außen vor.«

Lobster verzichtete darauf, ihn für die Namensverhunzung zu rügen. Jedem Soldaten hätte er umgehend eine Disziplinarmaßnahme verpaßt, doch Kane und »seine Frauen« waren zivile Angestellte, die das Militär zwar zur Verschwiegenheit verpflichten, nicht aber zu mehr Respekt gegenüber höheren Offizieren verdonnern konnte.

*

Der Rückzug der Schwarzen Garde verlief wie von Christopher Farnham geplant, wobei es immer wieder zu Strahlengefechten mit Terrakottas kam – und bei jeder harten Auseinandersetzung stellte sich heraus, daß die Roboter ohne Zweifel die Überlegenen waren. Lediglich die doppelte Kraft der wenigen mobilen Nadelstrahlgeschütze flößte ihnen Respekt ein und hielt sie auf Abstand.

Jeder Zugführer war jetzt für seine eigene Gruppe verantwortlich. Alle Truppen sollten die Stadtgrenze in etwa zur gleichen Zeit überschreiten, allerdings an verschiedenen Stellen. Natürlich versuchten die Roboter, ihnen die Wege abzuschneiden, was zum Glück nur unzureichend klappte, da ein Großteil der monströsen Kampfmaschinen den Flüchtenden an den falschen Plätzen auflauerte – womit feststand, daß der Gegner den Funkverkehr zwischen den Gardisten und den NTS abhörte.

Nicht alle Verfolger wurden in die Irre geführt. Zahlreiche Roboter waren den fliehenden Soldaten ständig dicht auf den Fersen und ließen sich nicht abschütteln.

Auch Graham Vinegar kam nicht ungeschoren davon. Er hatte sich keinem Zug angeschlossen und versuchte statt dessen, im Alleingang die Stadt zu erreichen. Mehrfach mußte er Robotern ausweichen, die ihm den Fluchtweg verstellten und ihn mit Energiestrahlen unter Feuer nahmen. Allmählich begriff er, daß man ihn gezielt einzukreisen begann.

Ein verrückter Gedanke ging ihm durch den Kopf: Ahnten die Kampfmaschinen, daß er Farnham maßgeblich bei dessen Rückzugsfinte unterstützt hatte – und wollten sie sich jetzt an ihm rächen?

»Unsinn, die Schrotthaufen besitzen weder Emotionen noch Verstand«, murmelte er, während er verzweifelt überlegte, wie er aus der Falle wieder herauskam. »Diese metallenen Bluthunde sind darauf programmiert, jeden Flüchtenden im Gelände aufzuspüren und niemanden entkommen zu lassen.«

Er zog sein Gewehr aus der Tasche, lud es durch und plazierte es mit dem Lauf voran auf seiner Lenkstange. Da die Roboter inzwischen sämtliche Pfade, die von seinem Standort aus zur Stadt führten, besetzt und ihm zudem den Rückweg abgeschnitten hatten, konnte er nur noch eine Richtung einschlagen: Ab durch die Botanik!

Wie von einem Katapult abgeschossen raste sein Motorrad über bröckeliges Geröll hinweg, mitten durch vertrocknete Dornenbüsche und Kakteen. Gram überfuhr mehrere kleinere Wüstenechsen, und unzählige geflügelte Insekten klebten zerquetscht in seinem Gesicht. Für eine halbwegs befahrbare Straße hätte er seine Großmutter verkauft, doch die Umgebung wurde immer übler und der Boden immer sandiger. Es war wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis er irgendwo steckenbleiben würde…

Als Gram endlich wieder freie Sicht hatte, blickte er dem Tod ins Auge. Ein Terrakotta hatte sich in voller Größe vor ihm aufgebaut und richtete die Hochleistungsenergiekanone auf ihn.

Das letzte, was Graham Vinegar in den Sinn kam, war der Refrain eines Schlagers, den er als Kind sehr gemocht hatte – jetzt erschien ihm der harmlose Liedtext wie eine Drohung der Terrakottas: Wir sind überall!

2.

Der von Derek Raimundsen geführte Zug war der erste, der in Sichtweite der Stadt aus der Halbwüste auftauchte. Noch vor wenigen Minuten waren seine Männer in schwere Kämpfe mit Terrakottas verwickelt gewesen, doch inzwischen hatten sie größeren Abstand zu ihren Verfolgern gewonnen.

Der hochgewachsene blonde Derek war der ehemalige Ausbilder von Kurt Buck. Er achtete stets darauf, daß sein Schnurrbart sauber geschnitten war. Manchmal setzte er sogar in Kampfpausen seine kleine Schere an, die er stets mit sich führte.

Derlei Eitelkeiten waren allerdings die einzige Marotte, die er sich leistete. Seine Kameraden konnten auf ihn bauen wie auf Felsgestein. Daß sein Zug bisher noch keinen einzigen Mann verloren hatte, obwohl es mehrere Verletzte gab, war zum einen seinen militärischen Fähigkeiten zu verdanken – zum anderen hatte er einfach mehr Glück gehabt als andere Zugführer.

In einiger Entfernung erspähte er weitere eintreffende Züge. Jetzt galt es, noch eine längere Strecke über freies Terrain zu überwinden, dann waren sie in Sicherheit.

Wie auf ein geheimes Signal hin liefen alle gleichzeitig los. Diejenigen, die Roboter im Nacken hatten, kamen nur langsam voran. Kameraden aus anderen Zügen eilten ihnen zu Hilfe.

Auch von der Stadt her gab es Unterstützung. Mehrere Geschützführer kamen den Flüchtenden mit ihren mobilen Prallfeldplattformen auf halber Strecke entgegen und trieben die Verfolger mit gezieltem Nadelstrahlfeuer zurück. In ihrer Begleitung befanden sich einige Schweber, die für den Transport von Verletzten eingesetzt wurden.

Kurz darauf war der letzte Teil des Rückzugs beendet. Alle Überlebenden erreichten die Stadt. Wie durch ein Wunder hatte es keinen einzigen Toten mehr gegeben – allerdings hatte auch kein weiterer Roboter zur Explosion gebracht werden können, da sich die vierbeinigen Kampfmaschinen mit immens hoher Geschwindigkeit bewegten.

Dem Vorstoß der Gardisten auf Alamo Gordo folgte der rasante Ansturm der Terrakottas. Aus verschiedenen Richtungen strömten sie heran, Hunderte und Aberhunderte von Fünfmeterrobotern – die wenigen Verluste, die sie in den Gefechten mit der Schwarzen Garde hatten einstecken müssen, fielen kaum ins Gewicht.

»Jetzt!« sprach Marschall Barry Finn in sein Funkgerät.

»Jetzt!« sagte General Lobster zu Ken Kane und seinen beiden Mitarbeiterinnen.

Ken nahm mit konzentrierter Miene ein paar Schaltungen vor. Die Kontrollämpchen auf seinem Pult blinkten um die Wette, und ab und zu war ein leises Fiepen zu hören.

Barbara und Monica überwachten das Geschehen draußen auf zahlreichen Bildschirmen. Obwohl die Kameraaufnahmen in rascher Folge wechselten, entging ihnen nicht das kleinste Detail; sie waren aufs schnelle Beobachten und auf das präzise gedankliche Verarbeiten der erfaßten Informationen geschult.

Rund um die Stadt baute sich innerhalb kürzester Zeit der Kompaktfeldschirm auf. Für Menschenaugen wären die Häuser jetzt hinter einem Silberschleier verschwunden – auf die hochwertigen Optiken der Terrakottas hatte das jedoch keinerlei Einfluß, sie konnten deutlich erkennen, was sich hinter dem Schirm abspielte.

Mit Riesenanläufen und brachialer Gewalt warfen sich die mächtigen Roboter dagegen. Aber das, was einst die Eisläufer nicht geschafft hatten, war auch ihnen unmöglich. Der KFS hielt selbst dem Massenbeschuß ihrer HEKA stand.

»Gebt euch keine Mühe, daran sind bereits wir gescheitert«, blubberte Lametta-Ischko, während er in seiner Unterkunft die fehlgeschlagenen Angriffe an einem Wandbildschirm beobachtete.

Großadmiral Ischko war der Wahldiktator der Eisläufer oder Riiin, wie der Eigenname seines Volkes lautete. Er war etwa 1,75 Meter groß und somit nichts Herausragendes, denn die durchschnittliche Größe der Eisläufer lag bei 1,70 Metern. Sie waren dünn und feingliedrig und stammten dem äußeren Anschein nach von Fischen ab. Ihre Fischköpfe mit Atem- und Ohrlöchern sowie zwei unabhängig voneinander beweglichen Glupschaugen besaßen allerdings nur verkümmerte Kiemen, mit denen sie nicht mehr unter Wasser atmen konnten. Zwei Reihen scharfer Zähne in ihrem Mund machten sie zu starken Gegnern.

Durch ihre Adern floß eine gelbliche, glykolartige Flüssigkeit, die selbst bei Temperaturen von minus 150 Grad nicht gefror. Ihre persönliche Wohlfühltemperatur lag ungefähr bei minus 75 Grad – stieg das Thermometer über den Gefrierpunkt, starben sie. Deshalb hatte man Ischkos Unterkunft vereist, und bei der von Bruder Lambert einberufenen Konferenz trug er einen Spezialkälteanzug. Den Spitznamen Lametta-Ischko hatten ihm die Menschen verpaßt, aufgrund der vielen Ehrenzeichen an seiner rotgelben »Operettenuniform«. Orden und Ehrenzeichen hatten für die Eisläufer eine wesentlich größere Bedeutung als für Menschen.

Ischko war nach Terra gekommen, um gemeinsam mit den Staatsoberhäuptern anderer Milchstraßenvölker über die Hyperraumstörung beziehungsweise deren Beseitigung zu beraten. Man war sich allgemein einig darüber, daß ihre Ursache künstlicher Natur war, wovon auch die ständigen massiven Attacken der Fremden auf die Transmitterstraße zeugten.

War auch die Roboterarmee von den Verursachern der Hyperraumstörung ausgesandt worden, um die Konferenz zu verhindern? Diese Frage stellten sich momentan alle Teilnehmer in ihren Quartieren. Da die meisten von ihnen mit mindestens einem Berater angereist waren, konnten sie ihre Gedanken jederzeit mit ihresgleichen austauschen.

»Würden wir hier nicht festsitzen, würde ich es den Menschen gönnen, daß die Roboter ihre Hauptstadt zerstören«, bemerkte Ischkos Begleiter Bling abfällig; er teilte sich mit dem Staatsoberhaupt von Frost die Unterkunft. »Schließlich haben sie uns von unserem Heimatplaneten vertrieben.«

»Zu dieser unqualifizierten Anmerkung fallen mir gleich vier Erwiderungen ein«, sagte Ischko mit tadelndem Unterton. »Erstens: Wir sitzen hier nicht fest. Allen Konferenzteilnehmern steht es jederzeit frei abzureisen. Falls es allerdings zutrifft, daß die Roboterarmee von den Verantwortlichen für die Hyperraumstörung befehligt wird, wäre es verdammt riskant, gerade jetzt ins All zu fliegen, da sich die Unbekannten möglicherweise unter Tarnschutz in diesem Sonnensystem verbergen und auf jedes Schiff schießen werden, das sich davonzumachen versucht.«

Er legte eine kurze Blubberpause ein und fuhr dann in kehligem Ton fort:

»Zweitens ist Terra nie unser Heimatplanet gewesen. Wir haben die Erde besetzt, weil sie unserem Volk aufgrund der Vereisung ideale Lebensbedingungen bot und wir fälschlicherweise annahmen, die nach Babylon evakuierten Menschen hätten kein Interesse mehr an ihrer einstigen Heimat. Doch ein geringer Teil der Menschheit war hiergeblieben und setzte sich gegen die Besetzung zur Wehr.

Drittens: Wir wurden nicht vertrieben, sondern haben uns mit den Menschen auf eine Umsiedelung nach Frost geeinigt. Zugegeben, diese Lösung erfolgte nicht ganz freiwillig…«

Wieder legte Ischko eine kleine Sprechpause ein.

»… weshalb ich es – viertens – den Menschen unter anderen Umständen ebenfalls gönnen würde, daß die Roboter ganz Alamo Gordo dem Erdboden gleichmachen.«

Er entblößte seine Reißzähne, was bei den Riiin eine beliebte Drohgebärde war, aber auch einem gehässigen Grinsen gleichkam.

Voller Sorge, vor allem um ihr eigenes Leben, verfolgten beide an der Bildkugel in ihrer Unterkunft die aufregenden Ereignisse am Stadtrand mit, die von den terranischen Medien in alle Haushalte von Alamo Gordo und Umgebung ausgestrahlt wurden.

Seit Anbeginn des Journalismus lautete der Leitspruch aller Reporter: »Wohin Sie auch gehen – wir sind schon da!« Mußte man sich zu früheren Zeiten noch ausschließlich mit gedruckten Informationen begnügen, die mindestens einen Tag zurücklagen, sorgten heutzutage Liveübertragungen für die nötige Aktualität.

Generalmajor Farnham kümmerte sich mit einer Mannschaft erfahrener Sanitäter darum, daß es den verwundeten Gardisten an nichts fehlte, und die anwesenden Journalisten lieferten den Leuten Nahaufnahmen der Verletzungen direkt ins Haus – was nicht gerade zur Eindämmung der allgemeinen Angst beitrug. Doch Reporter erzeugten nun einmal keine schlechten Nachrichten, sie waren lediglich die Überbringer derselben.

*

Obwohl an den Fluchtpunkten massenhaft Geschützstellungen errichtet worden waren und weitere mobile Nadelstrahlgeschütze mit hoher Leistungsfähigkeit aus dem Stadtzentrum herbeigeführt wurden, wichen die Terrakottas zunächst nicht zurück. Ihre Programmierungen erkannten noch nicht die Gefahr, in der sie schwebten.

Für den Durchgang von biologischen Lebewesen und festen Gegenständen mußten entsprechende Öffnungen in den stabilen Kompaktfeldschirm geschaltet werden, was für beide Richtungen galt. Energiestrahlen von außen wehrte der Schirm kraftvoll ab – hingegen konnte man von innen Energie jedweder Art durch ihn hindurchleiten, ohne besondere Maßnahmen treffen zu müssen; das war die »ganz spezielle Eigenschaft« des stadtüberspannenden KFS, von der Ren Dhark gesprochen hatte.

Die Soldaten der NTS richteten ihre Geschütze auf die Fünfmeterroboter aus und nahmen sie auf einen gemeinsamen Feuerbefehl hin auf einen Schlag unter Beschuß, wobei sich zwei Schützen jeweils auf einen Terrakotta konzentrierten. Die Männer ballerten einfach durch den Schirm hindurch.

Zahlreiche Roboter explodierten und hinterließen Krater und Trümmer!

Sofort setzten sich die Terrakottas in gewohnt rasanter Weise in Bewegung, um ihren Gegnern das Zielen zu erschweren. Dadurch kam es nur noch zu vereinzelten Explosionen, von denen einige wohl eher Zufallstreffern geschuldet waren. Je weiter sich die Roboter verstreuten, desto schwieriger wurde es für die unerfahrenen Schützen, gezielte Volltreffer zu landen.

Aus der Ferne jagte etwas mit hohem Tempo heran. Zwei Soldaten nahmen den vermeintlichen Terrakotta umgehend ins Visier.

»Den kriegen wir!«

»Worauf du dich verlassen kannst. Komisch, das Ding macht nicht einmal Anstalten, auf Ausweichkurs zu gehen.«

»Das Modell scheint zudem wesentlich kleiner zu sein als… he, das ist gar kein Roboter! Das ist ein Mensch!«

Auch in der Schaltzentrale hatte man den schnell näherkommenden Mann auf seinem Motorrad bereits entdeckt.

Graham Vinegar jagte direkt auf den Kompaktfeldschirm zu, wobei sein Gewehr wie eine Lanze über seine Lenkstange hinausragte.

Ein Terrakotta verstellte ihm den Weg und machte die HEKA schußbereit. Ohne sein Tempo zu drosseln, feuerte Gram mehrere Schüsse auf das gepanzerte Fünfmetermonstrum ab, wobei er die Rückstöße durch fahrerisches Können geschickt ausbalancierte. Zerstören konnten die mit voller Wucht aufprallenden Projektile das Hindernis zwar nicht, aber zu Fall bringen – wenn er zusätzlich zum Gewehr den mächtigen Revolver einsetzte (was kein Problem war für jemanden wie ihn, der sein Motorrad auch freihändig fahren konnte). Gram stieß die Waffe im letzten Moment ins Holster zurück, riß sein Vorderrad in die Höhe und fuhr mit dem Hinterrad über den am Boden liegenden Roboter hinweg, wobei er eine glatte, ebene Stelle an der Panzerung auswählte.

Auf die gleiche Weise war er im Felsgelände jenem Roboter entkommen, der auf ihn gezielt hatte: erst umschmeißen, dann drüberfahren.

Zur Überwindung des Schirms hatte Gram keinen Plan – er verließ sich darauf, daß in Alamo Gordo mitgedacht wurde.

Ken Kane enttäuschte ihn nicht.

»Der Idiot wird am Schirm zerschmettern!« entfuhr es General Lobster in der Schaltzentrale erschrocken.

Er hatte den Satz noch nicht ganz ausgesprochen, da schaltete Ken auch schon eine Öffnung frei. Gottseidank hatte Barbara den Motorradfahrer rechtzeitig auf einem der vielen kleinen Wandbildschirme erblickt.