Tote brauchen kein Shampoo - Mord auf der Wiesn - Eva Link - E-Book

Tote brauchen kein Shampoo - Mord auf der Wiesn E-Book

Eva Link

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Beschreibung

A Mordsgaudi!

Als Luisa und Mary-Ann beim Oktoberfest in München ankommen ist die Freude groß. Ihr mobiles Flechtstüberl kommt super an und viele Wiesn-Besucherinnen lassen sich von den beiden die Haare stylen. Es dauert nicht lange, da freunden sich die beiden Friseurinnen mit dem jungen Empfangsmitarbeiter ihres Hotels an. Der gebürtige Münchner Xaver hat viele Kontakte, sodass das Trio nach Feierabend sogar in einem der beliebten Festzelte gebührend feiern kann. Nach ein paar Maß fehlt jedoch nicht nur Luisas Geldbörse; auch Xaver ist verschwunden. Schließlich werden sie fündig - doch es ist nicht Luisas Portemonnaie, das auftaucht, sondern die Leiche von Xaver ...

Über die Serie:
Klare Luft, hohe Berge und blauer Himmel - im kleinen Örtchen Obertanndorf im beschaulichen Allgäu ist die Welt noch in Ordnung - das denkt sich zumindest Friseurmeisterin Luisa Schneider, als sie den Salon ihrer Tante Martha für ein Jahr übernimmt. Aber bald findet sie heraus, dass der idyllische Schein trügt und selbst am schönsten Ort der Welt gemordet wird! Und ehe Luisa sichs versieht, schneidet sie nicht nur Haare, sondern jagt auch Verbrecher ...

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

TOTE BRAUCHEN KEIN SHAMPOO – Die Serie

Über diese Folge

Die Hauptfiguren

Titel

Widmung

Prolog – Haselnüsse für den Toten

1. Servus München

2. Ein Prosit der Gemütlichkeit

3. Ein Mojito im Cafézelt

4. Tod auf der Wiesn

5. Lou ist nicht die Einzige

6. Ein Fall für die Friseurinnen

7. Der gute Xaver

8. Ein Ring für Zwei

9. Nächtliche Ruhestörung

10. Das Flechtstüberl der Wahrheit

11. Ein riskanter Plan?

12. Pfiat Di München

Danksagung

Über die Autorin

Leseprobe

Impressum

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TOTE BRAUCHEN KEIN SHAMPOO – Die Serie

Klare Luft, hohe Berge und blauer Himmel – im kleinen Örtchen Obertanndorf im schönen Allgäu ist die Welt noch in Ordnung – das denkt sich zumindest Friseurmeisterin Luisa Schneider, als sie den Salon ihrer Tante Martha für ein Jahr übernimmt. Aber bald findet sie heraus, dass der idyllische Schein trügt und selbst am schönsten Ort der Welt gemordet wird! Und ehe Luisa sichs versieht, schneidet sie nicht nur Haare, sondern jagt auch Verbrecher ...

Über diese Folge

A Mordsgaudi!

Als Luisa und Mary-Ann beim Oktoberfest in München ankommen ist die Freude groß. Ihr mobiles Flechtstüberl kommt super an und viele Wiesn-Besucherinnen lassen sich von den beiden die Haare stylen. Es dauert nicht lange, da freunden sich die beiden Friseurinnen mit dem jungen Empfangsmitarbeiter ihres Hotels an. Der gebürtige Münchner Xaver hat viele Kontakte, sodass das Trio nach Feierabend sogar in einem der beliebten Festzelte gebührend feiern kann. Nach ein paar Maß fehlt jedoch nicht nur Luisas Geldbörse; auch Xaver ist verschwunden. Schließlich werden sie fündig – doch es ist nicht Luisas Portemonnaie, das auftaucht, sondern die Leiche von Xaver ...

Die Hauptfiguren

Luisa „Lou“ Schneider (31 Jahre) ist Friseurin aus Leidenschaft und übernimmt den Salon ihrer Tante, nachdem diese eine Weltreise angetreten hat. Anfangs sind die Dorfbewohner skeptisch, doch als Luisa in einen Mordfall verwickelt wird, kann sie sich von Terminanfragen kaum retten.

Raphael Weber (34 Jahre) hatte große Pläne für seine Karriere als Ermittler in der Mordkommission und wäre am liebsten in eine aufregende Großstadt gezogen. Stattdessen hat es ihn ins idyllische Allgäu verschlagen. Aber der attraktive junge Kommissar ist überrascht, dass das Landleben noch nicht ganz so langweilig ist, wie er dachte ...

Eva Link

Totebrauchen keinShampoo

Mord auf der Wiesn

Für Mona

Danke für die Inspiration und deine Freundschaft — weit über München hinaus. Ohne deine eigene Geschichte wäre diese niemals entstanden.

Prolog – Haselnüsse für den Toten   

»Gustl, Pfuideife, los des. Du griagst sunst wieda Bauchweh.«

Ich fluche innerlich. Immer dieser nervige Alte. Und immer weiß er alles besser. Kann man nicht mal fünf Minuten seine Ruhe haben?

»Du woaßt doch, wia des beim letzten Moi ausganga is, ois du de Mandeln g'essen host. I hob scho denkt, des war's jetzta mit dir.«

»Los des doch bittsche, Ludwig. Du bist ned mei Muatta. Ich woaß scho, was ich dua.« Dennoch werfe ich die gebrannte Mandel ins Gras.

Immer diese Spielverderber. Es wäre doch nur eine Mandel gewesen. Mein Magen knurrt laut. Die Ausbeute heute war bisher ziemlich mau. Auch wenn hier um diese Jahreszeit immer viel los ist, sind die Besucher in diesem Jahr ziemlich sparsam und kaufen kaum Nüsse. Das Stück labbriges Brötchen eben war schlichtweg ungenießbar, sodass in meinem Bauch noch immer gähnende Leere herrscht.

Die Blätter rascheln, während ich vorwärtsschnelle. Ich versuche, mich unauffällig zu bewegen und zwischen den ganzen Menschen hindurchzuflitzen. Viele haben es sich auf der Wiese gemütlich gemacht oder erleichtern ihren Magen, der definitiv voller ist als meiner im Moment.

»Wie süß, schau mal, ein Eichhörnchen«, quietscht jemand neben mir. »Pss, pss, komm her ... Ich habe was für dich.«

Ich bleibe stehen und gehe auf die Hinterbeine. Das klingt verlockend. Ich recke meine Schnauze nach oben. Nicht weit von mir erstreckt sich eine weiße Wolke.

Zuckerwatte, iih ... Das ist ja noch schlimmer als Brot.

Enttäuscht lasse ich mich zurück ins Gras fallen und flitze weiter. Noch gebe ich nicht auf. Irgendwer hier wird sicher etwas Genießbares verloren haben.

»Was machsnt du?«, höre ich Ludwig hinter mir. Er scheint mir dicht auf den Fersen zu sein. Ich bleibe erneut stehen.

»Also entweder du huifst ma jetz, wos z'Essen zum finden, oder du schleichst de z'ruck zum Bam. Dei Gschaftelei back i auf an leern Mogn ned.«

Ludwig bleibt stumm. Geht doch.

Da wittere ich eine heiße Spur. Haselnüsse. Genau das, was ich gesucht habe. Als ich losrenne, falle ich über meine eigenen Pfoten und rolle ein Stück den Hügel hinunter. Ich richte mich wieder auf und putze mein glänzendes rotes Fell. Ein paar welke Blätter haben sich in meinem buschigen Schwanz verfangen. Ich schüttele mich, aber sie lassen sich nicht so leicht abschütteln.

Daran ist nur Ludwig schuld. Mit seinem Getue bringt er mich regelmäßig aus dem Konzept. Ich frage mich, wie er überhaupt ein Eichhörnchen werden konnte. Ein oberschlauer Waschbär würde viel besser zu seinem Charakter passen. Ich schüttele mich noch einmal und flitze los. Immer der Nase nach, das ist meine Devise.

Der junge Mann, von dem der leckere Duft gebrannter Haselnüsse ausgeht, scheint zu schlafen. Ich umkreise den Mann einmal, als wäre er meine Beute. Doch im Gras neben ihm finde ich nichts.

»I glab, in da Hosndaschn.« Ludwig! Mister Superschlau hat sich also dazu entschieden, mitzukommen.

Kombinieren, das kann er. Wenn ich mich nur geschickt anstelle, komme ich bestimmt an die Nüsse heran. Ludwig hat sich bereits links neben den Mann gestellt und deutet mit seiner hellbraunen Schnauze auf die Hosentasche. Tatsächlich, ein Stück Papiertüte mit rotem Herzmuster lugt aus daraus hervor.

Ich krabbele langsam vorwärts und stecke meine Pfote in die Tasche. Vorsichtig versuche ich, eine der Nüsse aus der halb geöffneten Tüte zu ziehen. Sie klemmt fest. Dieser klebrige Zuckerguss macht es mir unmöglich, die Nuss herauszubekommen.

Ich taste weiter und versuche es bei einer anderen Nuss. Ich ziehe so fest ich kann, aber auch diese Nuss löst sich nicht. Ich ziehe und ziehe und plumpse rückwärts ins Gras. Immerhin hat es die Nuss bei meinem Fall mit nach draußen geschleudert.

Ich sammle sie ein und halte sie fest in meinen Pfoten. Hektisch kratze ich den Zuckerguss ab und stecke die Nuss in meinen Mund. »Gschmackig.« Ich seufze und will augenblicklich mehr von diesen himmlischen Haselnüssen. Doch auch mein zweiter Versuch, eine weitere Nuss aus der Hosentasche zu ziehen, scheitert kläglich.

»Los mi a moi.« Ludwig stöhnt.

»Warum jetz des aufamoi?«

»I kon mia des nimma länger oschaung. Und bevor du den Menschn glei aufweckst und oans auf'd Riam kriagst, weist ned schnell gnua weglaffa kunnst, probier's i besser.«

Ludwig beugt sich nach vorn und ruckelt kräftig an der Tüte. Es scheint zu funktionieren. Die Tüte rutscht immer weiter nach oben, und einzelne Nüsse kullern heraus. Auch der zusammengeklebte Nussklumpen, an dem ich zuerst gezogen habe, rollt auf die Wiese.

Diesmal bin ich es, die ihn zurechtweisen muss. »Hearst auf!«, schreie ich. »Du raschelst vui z'laut. So wacht der gwiss glei auf.«

Ludwig hält inne und schnappt sich eine der herumliegenden Nüsse. Wir teilen uns das Festmahl, als auf einmal zwei aufgeregte Frauen direkt auf uns zusteuern.

»Schleich ma uns«, ruft Ludwig. Wir sammeln flink unsere Beute ein und verstecken uns hinter dem nächsten Baum. Die beiden Frauen stehen mittlerweile direkt neben dem schlafenden Mann.

Die dunkelhaarige Frau tritt den Schlafenden sanft mit dem Fuß. »Xaver! Aufwachen!«, ruft sie ihm zu, aber der Mann rührt sich nicht.

»Der hat ja einen besonders tiefen Schlaf«, sagt nun die andere Frau und rüttelt ihn an der Schulter.

»Kannst du seinen Puls fühlen?«, fragt die erste Frau sichtlich panisch.

»Da ist nichts«, erwidert die andere und beugt sich über den jungen Mann, um ihm fest auf dem Brustkorb herumzudrücken.

»Des is ja wia im Kino«, entfährt es mir, und ich stecke mir eine weitere Nuss in den Mund.

Ludwig schenkt mir nur einen strengen Blick. »Der is doad, dad i song.«

1. Servus München  

Lou nahm sich einen Moment und atmete einmal tief durch. Die Luft roch nach Abgasen, fettigen Brathendeln und Bier. Kein Vergleich zu der kristallklaren Bergbrise, die sie in Obertanndorf gewohnt war, doch glücklich war sie trotzdem.

Es war noch nicht Mittag, und sie hatte bestimmt schon einem Dutzend Frauen die Haare geflochten. Und alles nahm kein Ende. Die Schlange vor dem Flechtstüberl hatte schon ein stattliches Ausmaß erreicht und wurde von Minute zu Minute länger anstatt kürzer.

Nachdem Mary-Ann und Lou vor Kurzem den Leichentausch von Mary-Anns bester Freundin Beatrice aufgeklärt hatten, war die nächste Überraschung auf die beiden Friseurinnen eingeprasselt.

Beatrice hatte Mary-Ann ihren Camper vermacht, den sie zuvor an ihren Neffen verliehen hatte. Er hatte ihn modernisiert und war mit ihm quer durch Europa gefahren. Seitdem ihr Neffe nun aber sein Studium beendet hatte und als Unternehmensberater tätig war, war das gute Stück wieder in Beatrice' Garage sich selbst überlassen worden.

Bis Mary-Ann eines Nachts eine Idee gekommen war, die so viel schöner war, als das Gefährt einfach zu verkaufen. Wieso nicht etwas Neues wagen, nach München fahren und den Besucherinnen des Oktoberfests die Haare verschönern? Die Idee klang nicht nur lukrativ, sondern auch spaßig.

Lous Tante Martha, die noch immer auf Weltreise war, hatte zugestimmt, ihren Friseursalon Glückssträhne für einige Zeit zu schließen, sodass die beiden Friseurinnen einen Ausflug nach München planen konnten.

Gesagt, getan. Innerhalb eines Tages hatten sie ein Hotel fußläufig zum Oktoberfest gefunden, das es ihnen zu einem angemessenen Preis erlaubte, den Campingbus dort zu parken, um die Wiesnbesucherinnen zu stylen.

Lou streckte den Kopf nach draußen und rief in die Runde: »Die Nächste bitte.«

Eine junge Frau lächelte Lou entgegen und nahm auf einem der beiden Stühle vor dem Spiegel Platz, die Lou mit Mary-Ann auf der Küchenzeile angebracht hatte, die aktuell nicht genutzt wurde. Mit den zwei pastellfarbenen Klappstühlen mit flauschigen beigen Kissen darauf wirkte der Innenbereich gemütlich und fast wie ein mobiler Friseursalon.

Lediglich ein Waschbecken fehlte, was die beiden allerdings nicht vermissten. Hier ging es schließlich um ein paar schöne Frisuren und keine Komplettveränderung. Zum Stylen reichte ihnen bei Bedarf auch eine Sprühflasche, um die Haare etwas anzufeuchten.

Bevor sie nach München aufgebrochen waren, hatten sich die beiden Frauen ein Wochenende Zeit genommen, den Van ihren Bedürfnissen anzupassen. Nach einigen Überlegungen hatten sie sich dazu entschieden, den Camper nicht traditionell bayrisch zu dekorieren. Davon bekamen die Besucherinnen auf dem Oktoberfest schließlich schon genug.

Sie hatten alles etwas moderner gestaltet und den Innenbereich im Bohostil eingerichtet. So hingen selbstgeknüpfte Traumfänger an den Wänden, und auch einige Pflanzen baumelten an gehäkelten Blumenampeln von der Decke. Selbst Mary-Ann hatte ihre rote Mähne zu einer aufwendigen Flechtfrisur hochgesteckt und mit kleinen Makrameespangen verschönert.

Lou war stolz auf sich. Nun waren sie schon fast eine Woche hier, und alle Pflanzen lebten noch immer. Normalerweise schaffte es sämtliches Grünzeug bei ihr kaum über den Transport vom Blumenladen nach Hause hinaus.

»Was machen wir denn heute bei dir?«, fragte Lou das blonde Mädchen, das nun vor ihr saß und ihr schüchtern über den Spiegel zulächelte.

»Ich würde gern einen Teil der Haare offen lassen und den vorderen Bereich flechten.« Sie zupfte am aufwendig bestickten Seidenkorsett ihres Dirndls herum. »Geht das?«

»Aber klar. Ich würde die Haare etwas zurücknehmen und vielleicht einen Fischgrätenzopf an der Seite nach hinten flechten. Du hast so schöne Haare, die würde ich dann noch zu großen Wellen drehen. Okay?«

Das Mädchen nickte aufgeregt. »Das klingt super.«

Lou nahm eine große Bürste vom Tisch und machte sich ans Werk. Sie liebte es, Frisuren auszuprobieren. Hier konnte sie das täglich stundenlang tun. Es besuchten sie so viele Frauen, und sogar ein paar Männer, die sich für das Oktoberfest zurecht machen lassen wollten. Da erfuhr sie zudem noch einiges über die Stadt und die besten Hotspots.

Für morgen hatten sich Mary-Ann und Lou vorgenommen, eine kleine Pause zu machen und selbst ein paar Stündchen auf der Wiesn zu verbringen.

Lou kämmte eine letzte Locke aus, damit die offenen Haare nicht wie Engelslocken wirkten, sondern der jungen Frau wie natürliche Wellen über die Schulter fielen.

»Fertig«, verkündete sie. »Gefällt's dir?«

Das Mädchen strahlte. »Wunderschön, danke!« Sie kramte in ihrem Geldbeutel und streckte Lou einen Fünfzig-Euro-Schein hin. »Der Rest ist für dich.«

»Vielen Dank«, sagte Lou und nahm das Geld entgegen. »Das ist wirklich großzügig.«

Sie wechselte die Scheine in ihrer Kasse und steckte das Trinkgeld in eine große Vase, in der sie mit Mary-Ann sammelte. Sie hatten beschlossen, einen Großteil des Trinkgelds zu spenden, wenn das Oktoberfest vorbei war. Deshalb freute sie sich umso mehr, wie prall gefüllt die Vase mittlerweile schon war.

Die angepeilte Neunzehn-Uhr-Grenze war längst überschritten, als Mary-Ann und Lou das Flechtstüberl abschlossen. An der Tür hatten sie ein großes Schild angebracht:

Heute feiern wir selbst die bayerische Gemütlichkeit. Am Montag werden wir euch natürlich in alter Frische die Haare verschönern. Bitte denkt daran, früh da zu sein und ein wenig Wartezeit einzuplanen.

Wir freuen uns auf euch – O'zopft is.

Luisa & Mary-Ann

Mary-Ann hatte sich diebisch über das Wortspiel gefreut, das sie seitdem inflationär benutzten.

»O'zopft is«, sprach Mary-Ann Lous Gedanken aus. »Sollen wir uns noch einen Drink an der Bar genehmigen?«

Lou verzog das Gesicht und wollte gerade etwas erwidern.

»Wie alt bist du denn, bitte? Achtzig?«, kam ihr Mary-Ann zuvor.

»Müde«, sagte Lou.

»Zählt nicht«, konterte Mary-Ann.

»Ein Drink«, antwortete Lou, die genau wusste, wie schnell aus einem Drink bei ihrer Freundin fünf Drinks wurden.

»Versprochen. Ein Drink. Ich will morgen auch fit sein und nicht schon mit einem dicken Kater auf der Wiesn antanzen. Keine Sorge.«

Sie betraten das Hotel, in dem sie wie durch ein Wunder so spontan nicht nur den Stellplatz, sondern auch ein Zimmer hatten ergattern können.

Der Barbereich des Hotels wurde bereits von ein paar modernen Hängelampen beleuchtet, obwohl die Sonne noch längst nicht unterging. Bis auf Mary-Ann und Lou war kein weiterer Gast in Sicht. Wahrscheinlich tummelten sich alle Feierwütigen noch auf dem Oktoberfest, dessen große Festzelte schließlich erst gegen halb zwölf ihre Pforten schlossen. Somit hatten die beiden Friseurinnen freie Platzwahl.

»Hey Mädels, was wollt ihr trinken?«, begrüßte sie der junge Mann an der Bar, der sich ihnen bereits am ersten Tag als Xaver vorgestellt hatte.

»Heute gar nicht am Empfang?«, fragte Mary-Ann.

»Ich bin heute der Mann für alles.« Er grinste. »Hier ist nicht viel los, deshalb bin ich am Abend mit meiner Kollegin allein. Schaut ihr noch, oder darf ich euch schon was bringen?«

»Einen Moscow Mule«, bestellte Mary-Ann.

Lou warf einen Blick auf die Getränkeliste, die hinter der Bar auf einen großen Spiegel geschrieben stand, entschied sich dann aber für dasselbe. Mit einem Drink wie Moscow Mule aus Limette, Wodka und Ginger Beer machte man nie etwas falsch.

»Kommt sofort«, antwortete Xaver und machte sich ans Mixen der Getränke. Kaum eine Minute später stellte er den beiden Frauen jeweils einen Kupferbecher mit einer Limette und einem Zweig Minze dekoriert auf den Tisch.

»Wie läuft's?«, fragte Xaver interessiert. Als Hotelmitarbeiter wusste er natürlich darüber Bescheid, was die beiden Friseurinnen für zwei Wochen nach München verschlagen hatte.

»Fast schon zu gut«, antwortete Lou. »Falls wir das nächstes Jahr noch mal machen, müssen wir das wahrscheinlich mit festen Terminen planen. Wir haben eigentlich niemandem davon erzählt, aber es spricht sich scheinbar so schnell rum, wir kommen kaum hinterher mit dem Flechten. Die eine oder andere hat sich heute schon über die lange Wartezeit geärgert.«

»München ist ein Dorf«, sagte Xaver und lachte. »Wenn es etwas hippes Neues gibt, bleibt das nicht lange geheim.«

»Morgen machen wir selbst die Wiesn unsicher«, verkündete Mary-Ann und nippte an ihrem Drink.

»Cool. In welchem Zelt habt ihr reserviert?«, fragte Xaver neugierig.

»Reserviert?«, fragte Mary-Ann erschrocken.

»Ohne Reservierung wird es schwer. Es gibt zwar immer ein paar Tische, die für spontane Besucher freigegeben werden, aber für diese Tische müsst ihr definitiv früh aufstehen und womöglich ziemlich lange warten.«

»Oh«, sagte Lou. »Darüber hatten wir gar nicht nachgedacht.«

Xaver schien zu überlegen. »Wartet mal kurz, vielleicht kann ich euch helfen.« Er trat hinter der Bar hervor. Nach einigen Minuten kam er zurück und strahlte über das ganze Gesicht. »Mein Kumpel Flo arbeitet im Enzian-Bräu und konnte uns noch an einen Tisch dazubuchen.«

»Du kommst mit?«

»Nur wenn ihr nichts dagegen habt. Ich habe morgen auch frei.«

»Aber klar.« Mary-Ann freute sich offensichtlich, und auch Lou fand die Idee klasse.

»Tracht habt ihr aber, oder?«

Daran hatte Lou überhaupt nicht gedacht. Als Jugendliche hatte sie einmal ein Dirndl besessen, aber wo das gelandet war ...? Wahrscheinlich irgendwann mal in der Kleiderkiste, nachdem sie zu Hause ausgezogen war.

»Ich habe ein Dirndl dabei«, sagte Mary-Ann. Lou warf ihr einen überraschten Blick zu. Ihre Freundin zuckte mit den Schultern. »Ich war früher gern auf dem Oktoberfest und habe es nie übers Herz gebracht, das gute Stück auszusortieren.«

»Wenn du keins hast, frage ich gerne mal meine Schwester. Wie es sich als richtige Münchnerin gehört, hat sie einen eigenen Schrank für ihre Dirndl und kann dir bestimmt eins leihen«, schlug Xaver vor.

Lou wurde richtig warm ums Herz. Nicht nur, dass der junge Mann einen Tisch für Mary-Ann und sie organisiert hatte, er bot nun auch noch an, ihr ein Dirndl zu leihen. So viel Freundlichkeit einer Fremden gegenüber war Lou gar nicht gewohnt.

Bei ihrem Start in Obertanndorf war es weniger einfach für sie gewesen. Es hatte einige Zeit gebraucht, bis sie von den Bewohnern des kleinen Dorfes akzeptiert worden war und noch länger, bis diese Lou dann auch gemocht hatten.

Was womöglich auch daran lag, dass Lou kurz nach ihrer Ankunft in dem kleinen Ort im Allgäu die Leiche des beliebten Ex-Bürgermeisters Erich Niedegger gefunden hatte. Und natürlich war der erste Verdacht auf sie gefallen. Erst nachdem Lou die Sache selbst in die Hand genommen und schließlich mit Hilfe der Kriminalpolizei die echte Täterin hatte überführen können, waren die Obertanndorfer ihr gegenüber offener geworden.

»Das wäre ja der Hammer. Aber nur, wenn das für deine Schwester wirklich in Ordnung ist«, sagte Lou dankbar.

»Bestimmt.«

Mary-Ann hob ihren Kupferbecher in die Höhe. »Auf die Wiesn und eine richtig gute Zeit.«

Lou stieß mit Mary-Ann an. »Auf die Wiesn.«

Auch Xaver hob sein Wasserglas und prostete den beiden Frauen zu. »Das wird bestimmt eine Mordsgaudi.«

2. Ein Prosit der Gemütlichkeit   

Am nächsten Mittag wartete Xaver bereits auf die beiden Frauen, als Mary-Ann und Lou aus dem Hotel in die Sonne traten. Mit nahezu zwanzig Grad zeigte sich das wolkenlose München von seiner besten Seite.

»Perfektes Wiesn-Wetter«, sagte Xaver, als hätte er Lous Gedanken gelesen. Er hielt Lou einen Kleidersack entgegen. »Da sind zwei Dirndl drin. Such dir einfach eins aus. Eugenia wusste nicht, welches dir gefällt.«

Lou nahm den prall gefüllten Kleidersack an sich und schloss die Tür des Flechtstüberls auf, um sich umzuziehen. Ihre Haare hatte sie bereits im Hotelzimmer zu einem Kranz geflochten. Nun fehlte nur noch das passende Outfit. »Bin gleich wieder da.«

Vorsichtig öffnete sie den Reißverschluss und nahm das erste Dirndl heraus. Es war eine klassische knielange Variante aus dunkelblauem Stoff mit kaum wahrnehmbaren Punkten. Passend dazu befanden sich eine magentafarbene Schürze mit dunkelblauem Blumenmuster und eine weiße Bluse mit Volants auf dem Bügel.

Das zweite Dirndl war da schon etwas exklusiver. Lou erkannte, dass es sich um ein Designerstück von Claudia Effenberg handelte. Sie hatte erst vor Kurzem in einer Zeitschrift gelesen, dass die bekannte Frau des ehemaligen Fußballspielers Stefan Effenberg seit einiger Zeit exklusive Dirndl designte. Daher wusste sie genau, was so ein schickes Teil kostete. Sollte diesem guten Stück etwas passieren, müsste sie wahrscheinlich ein Vermögen hinblättern, um es zu ersetzen.

Sie schluckte, das war ihr zu riskant. Denn sie wusste genau, dass es auf der Wiesn gern einmal feuchtfröhlich zuging und das ein oder andere Bier auf dem Dirndl landen würde.

Sie entschied sich also, das andere Dirndl anzuprobieren, und es passte perfekt. Obwohl sie keinen Dirndl-BH trug, formte die Bluse in Kombination mit dem eng sitzenden Kleid ein üppiges Dekolleté. Sie drehte sich einmal im Kreis und betrachtete sich im Spiegel.