Touch the Core. Die Tiefe berühren. - Thomas Andresen - E-Book

Touch the Core. Die Tiefe berühren. E-Book

Thomas Andresen

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Beschreibung

Verkörpert statt verkopft: Vor dem Hintergrund einer ganzheitlichen und systemischen Betrachtung unseres Körpers zeigt das Buch einen Weg auf zu einem umfassenden Körperbewusstsein. Der Fokus liegt dabei auf den Aspekten unserer körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklung im Laufe des Lebens. Besondere Aufmerksamkeit bekommen die verschiedenen Dimensionen des Berührens. Sie ermöglichen einen Zugang zu den tief in unserem Gewebe schlummernden Empfindungen von Geborgenheit, Vertrauen und Gelassenheit. Das wunderbare Instrument unseres Körpers lässt sich so ganz neu kennenlernen - als Kompass, um zu Resonanz und Rhythmus, zu Harmonie und Einklang und zum Kern unseres Daseins zu finden.

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Seitenzahl: 201

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Wichtiger Hinweis:

Die Anregungen in diesem Buch sind zwar nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig erwogen und geprüft worden, die Informationen und Anregungen stellen jedoch keinen Ersatz für medizinische Betreuung dar. Eine Haftung für den Eintritt eines Erfolges oder eine Haftung für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die sich aus dem Gebrauch oder Missbrauch der in diesem Buch dargestellten Sichtweisen, Anregungen und Übungen ergibt, ist für Verlag, Autor und/oder deren Beauftragte ausgeschlossen.

Originalausgabe

© 2020 Thomas Andresen

Autor: Thomas Andresen

Umschlaggestaltung, Illustration: Stephanie Türck

Lektorat, Korrektorat: Bettina Burchardt

Satz: Thomas Andresen

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

 

 

Paperback:

978-3-347-01237-0

Hardcover:

978-3-347-01238-7

e-Book:

978-3-347-01239-4

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Danke Iris – Deine bedingungslose Liebe öffnet meine Augen und führt in die Tiefe

Danke Lene – Du lehrst mich Empfindsamkeit, Leichtigkeit, Gelassenheit

Danke Maya – Du lehrst mich den Schleier, die Illusion des Egos, zu lüften

Aus Liebe Für Nichts

Inhalt

Geleitwort

Vorwort

Der Kern, the Core

Hinweise zum Lesen des Buches

Teil  [erkennen und verstehen]

Wer bin ich?

Leben und Tod

Spiritualität und Mystik

Wohin wir gehen – eine Vision

Teil  [spüren und verbinden]

Der Körper als Zugang zu Integrität und Entfaltung

Emotionen

Herausforderungen durch Umfeld und Umwelt

Ganzheitliche Betrachtung des Körpers

Phänomenologie

Morphodynamik

Polarität und Dreigliedrigkeit

Das Skelett

Das Stoffwechselsystem

Blut und Herz-Kreislauf-System

Das Urogenitalsystem

Das Atmungssystem

Das Nervensystem

Die Sinnessysteme und Wahrnehmung

Das Immunsystem

Das Hormonsystem

Das Fasziensystem

Die Gedächtnisfunktion des Gewebes

Tiefenpsychosomatik nach Dowling

Inspirationen aus dem Praxisalltag

Teil  [berühren und gestalten]

Unser Körper – wunderbares Instrument

Entfaltung durch Berühren

Die Tiefe berühren. Touch the Core

Weitere Ansätze für die Potentialentfaltung

Zeitliche Dynamik und Prozessverlauf

Herausforderungen und Wachstum in der berührenden Begegnung

Orientierung finden auf dem Weg zum Kern: Das Enneagramm als Prozessmodell

Nachwort

Danksagungen

Literatur

Über den Autor

Geleitwort

Ich kenne Thomas Andresen schon seit langer Zeit, zunächst als Student, dann als geschätzten Kollegen. Unsere Wege haben sich immer wieder gekreuzt und ich habe sein kontinuierliches Folgen der inneren Stimme immer als sehr inspirierend empfunden.

Diese führte ihn dazu, seine Wahrnehmung für die vielen inneren Stimmen und Körpersignale zu verfeinern, zu differenzieren und dadurch mit tieferen Aspekten des Lebens in Kontakt zu kommen. Mittels Selbsterfahrung wird auf diese Weise ein Wachstumsprozess der Selbsterkenntnis beschritten, ähnlich wie ihn viele spirituelle Schulen auf die eine oder andere Weise vermitteln.

Wer Thomas Andresen kennt, spürt, dass es sich hier nicht, wie so häufig, um ein aufgesetztes oder kluges Verhalten handelt, sondern ein durch einen kontinuierlichen Läuterungsprozess erlangtes, aus dem unmittelbaren Erleben genährte Einsicht, aus der er lebt, wirkt, schöpft und schreibt.

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar,“ (aus Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry) könnte so der Leitspruch seines Buches sein. Denn der Leser nimmt nicht nur Anteil an seinem Lebensweg, sondern bekommt gleichzeitig auch einen möglichen Weg aufzeigt, mit diesem lebendigen Wissen in Kontakt zu treten.

Jede Hinwendung ist immer auch ein Abwenden. So ist dies kein Buch, das Verständnis für soziokulturelle Bezüge und Begrenztheiten in der therapeutischen Interaktion oder im Prozess des Spürens aufzeigt. Die Stärke dieses Buches hingegen liegt vor allem darin, dem eigenen Spüren eine wegweisende Funktion zu geben. Das macht es wirklich wertvoll und lesenswert.

Das vorliegende Buch ist keine Anleitung, alles durch persönliche Leistung, aus persönlichem Verdienst heraus zu erreichen. Vielmehr beschreibt es eine innere Haltung der Demut, durch welche sich ein gewisser Erkenntnisraum entwickelt. In diesem kann eine tiefere Begegnung mit sich und anderen und der Welt entstehen, die geprägt ist von Verständnis und dem Vertrauen in das Unbekannte und in das Schöpferische des unmittelbaren Erlebens. Diese innere Haltung ermöglicht es, sich vom Patienten berühren zu lassen, eine Berührung die über eine reine mechanistische Sicht auf die Osteopathie hinausgeht. Sie hat zu tun mit Bindung und Entbindung, und verläuft weg von einer rein paternalistische, über eine dienstleistungsorientierte hin zu einer primär partnerschaftlichen intertherapeutischen Begegnung. In dieser können Patient wie Therapeut potentiell geläutert wachsen.

Dieser Dynamik konsequent zu folgen und zu erzählen ist eine der wesentlichen Facetten des vorliegenden Buches. So lädt das Buch ein, sich seinem eigenen Spüren zu- und hinzuwenden.

Torsten Liem, Hamburg im Februar 2019

Vorwort

Dieses Buch ist entstanden in Liebe zu den Menschen und zum Mensch-Sein an sich. Jedem, der mir begegnet, versuche ich Wertschätzung entgegenzubringen. Dadurch entstehen eine Offenheit und Nähe, die mich dazu bewogen haben, Dich in diesem Buch mit „Du“ anzusprechen.

Meiner Arbeit liegt die Annahme zu Grunde, dass jeder von uns ein Bedürfnis und eine Sehnsucht sowohl nach Freiheit und Entfaltung als auch nach Verbundenheit hat. Ich hoffe, dass das vorliegende Buch diese Sehnsucht bei Dir wieder weckt und Dich ermutigt, Deiner inneren Stimme zu folgen und so zur Suche anregt. Es soll Dich auf Deinem Weg ein Stück begleiten und beleuchtet dabei vor einem naturwissenschaftlichen Hintergrund geisteswissenschaftliche, philosophischspirituelle und mystische Aspekte eines ganzheitlichen Ansatzes von Heilung hin zu Entfaltung und Ganzheit.

Spiritualität bedeutet dabei nicht, einen Weg in Richtung Himmel zu begehen, sich über die Dinge zu erheben oder zu versuchen „besser“ zu werden. Vielmehr geht es darum, den Blick nach unten zu wenden und die Wurzeln der persönlichen Geschichte und die Abgründe der Seele zu erkunden. Dadurch wird man sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst und demütig, und man gewinnt den Mut, der inneren Stimme zu folgen und die innere Wahrheit authentisch zu leben.

Ganzheit wird hier verstanden im Sinne der Verbundenheit und Integrität von Körper, Geist und Seele. Diese einheitliche, holistische Wahrnehmung ist in der vorsprachlichen Zeit eines Embryos und Babys der Grundzustand. Dieses Buch ist daher auch ein Versuch, diese Perspektive der Verbundenheit einzunehmen, und so in Bilder schaffende Wörter zu fassen, dass sie das eigentlich Unaussprechliche berühren können.

Ich möchte Dich berühren. An den Punkten, an denen Du eine Resonanz oder andere Reaktion spürst, weißt Du, dass das Geschriebene etwas mit Dir zu tun hat. Nur diese Stellen sind es, die für Dich wichtig sind. Das bedeutet auch: Nur Du allein weißt, was Du auf Deinem Weg zur Ganzheit und Entfaltung Deines Potentials brauchst.

Ich erinnere mich an den Text einer Karte, die ich einst zur Praxiseröffnung bekommen habe: Folge nicht den Spuren der Meister – suche, was sie gesucht haben.

Thomas Andresen, Stuttgart im Februar 2020

Der Kern, the Core

Jeder Mensch ist einzigartig. Und doch sind wir einander im Menschsein gleich. Es ist wie bei einem Diamanten. In der allgemeinen Beschaffenheit, seiner Chemie, gleicht ein Diamant jedem anderen. Doch die Brechung des Lichtes ist bei jedem Diamanten unterschiedlich. So ist es auch bei uns Menschen. Jeder, auch Du, hat etwas ganz Besonderes und Wertvolles, das ihn ausmacht und womit eine spezifische Qualität des Seins verlebendigt und somit sichtbar wird. Diese Verbindung von wesenhaft gleich und doch einzigartig im Sein ist für mich das, was ich als Kern, Core, bezeichne.

Von Anfang an steckt dieses Besondere in Dir. Doch als Embryo und Fötus, als Säugling, Kleinkind und Kind, als Jugendlicher und junger Erwachsener bestand eine gewisse Abhängigkeit von Deinem Umfeld. In bestimmten Feldern Deines Lebens hast Du diese vielleicht auch heute noch – oder lebst zumindest noch in den Mechanismen, die eine Folge dieser Anpassungen sind. Dein Ego und Deine Persönlichkeit verdecken nur diesen Kern. Dein Kern existiert jenseits von Ego und Persönlichkeit, er ist nicht zerstörbar. Wenn Du den Kern, den im Gestein versteckten Diamanten entdeckst, findest und spürst Du die Liebe zu Dir selbst und zum Leben.

Auf Deiner Entdeckungsreise zu Dir selbst erlebst Du Höhen und Tiefen, Siege und Niederlagen. Die Aufgaben und Herausforderungen des Lebens bringen Dich immer wieder an Grenzen, manchmal an die Grenzen des subjektiv Aushaltbaren. Jede Grenzerfahrung ist ein Wendepunkt: Etwas ändert sich in Dir. Du kommst in Kontakt mit körperlichen, geistigen und emotionalen Zuständen, die Du so nicht kennst – oder zumindest nur in vager Erinnerung hast. Damit hat sich etwas gezeigt, was sich bis hierhin nicht mehr, oder vielleicht sogar noch nie, zeigen durfte. Und auch wenn sich dies im ersten Moment nicht zwangsläufig gut anfühlt, so wird mit etwas Zeit dadurch eine bislang versteckte Facette freigelegt. Dies wird dadurch erkennbar, dass Du bestimmte Ideen und Werte mehr und mehr lebst, aber auch, dass andere, kompensatorische Muster überflüssig werden. Das wiederkehrende Durchlaufen immer neuer derartiger Schleifen führt mittelund langfristig zu Freiheit und Integrität. Erst durch den Schliff entfaltet das Licht seine Wirkung auf den Diamanten und bringt seinen Glanz und sein Funkeln zum Vorschein. Die zunehmende Freilegung all Deiner Facetten lässt Dich den Diamanten, der Du bist, immer klarer erkennen und ihn erstrahlen. Das ist der Prozess, den ich als Heilung im Sinne von Wholeness, Ganzheit, verstehe. Je mehr Facetten Du entdeckst und entfalten, zeigen und leben kannst, umso bunter, reicher und erfüllter wird Dein Leben. Und Du wirst lebendiger und liebender.

Lebendigkeit bzw. Gesundheit ist eine der beiden Qualitäten des Kerns. Der Begriff Lebendigkeit macht es jedoch leichter greifbar, was diese Kernqualität ausmacht. Sie drückt sich aus als

• Anpassungsfähigkeit und Beweglichkeit,

• Stabilität und Integrität,

• Klarheit und Kraft

• und Charisma und Freude.

Wenn ich beim Kochen „lebendige“ Spaghetti erhalten möchte, muss ich nach zwei Minuten Kochzeit noch mal im Topf umrühren. Wenn ich sie dann in einen Teller häufe und mit dem Finger auf sie drücke, gelange ich mühelos direkt auf den Tellerboden. Vergesse ich aber das Umrühren, so verkleben die Spaghetti zu einem starren Block. Diesen Spaghetti fehlt es an Anpassungsfähigkeit, sie können nicht dem Druck meines Fingers Platz machen, sondern werden zerdrückt. Für sie ist der Druck des Fingers daher „Stress“.

Je lebendiger Du bist, umso leichter und häufiger gelingt es Dir, auf Herausforderungen angemessen zu reagieren und Anforderungen adäquat zu beantworten. Zerlegt man das englische Wort für Verantwortung, so erhält man die „Response-ability“, die Fähigkeit zur Antwort. Man wird von einem Reiz nicht überwältigt, sondern kann ihn beantworten, einen Umgang damit finden. Es resultiert eine Zunahme von Stabilität im Sinne der guten Balance. Der Wirbelsturm bewegt sich im Raum fort, und mit ihm auch sein Zentrum. Doch im Auge des Wirbelsturmes selbst ist es trotzdem still. Egal, wie die Welt um Dich herum tobt – wenn Du im Kontakt mit dem Kern bist, wird Dich nichts aus Deiner Mitte bringen. Dein Wirken konzentriert Dich in Deinen Kern. Du musst weniger Teile von Dir versteckt halten, weniger Fassade aufrechterhalten. Das ist Integrität. Die Energie, die bislang für das Ausbalancieren der verschiedenen Anteile nötig war, wird frei, um Dich damit zu entfalten und Dein Leben zu gestalten. In Kontakt mit Deinem Kern hast Du einen Zugang zu innerer Klarheit und bist Dir Deiner Bestimmung bewusster. Du erlangst mehr und mehr Vertrauen, dass Dich Dein Weg zu Dir bringt, und Du siehst, welcher Schritte es als nächstes zu gehen bedarf. Das meint es, in einem Zustand von Flow zu sein. Du wirst von etwas gesteuert, was höher als Dein Ego ist: den Rhythmen des Kosmos und der Natur von Mutter Erde. Du verbrauchst weniger Energie für Nebensächlichkeiten und spürst Deinen Zugang zu Kraft immer deutlicher. Diese Kraft ermöglicht es Dir, Deinen Weg zu gehen und jedes Hindernis zu überwinden. Je mehr Du das Wesen Deines Kerns erkennst, entfaltest und lebst, umso konzentrierter und kraftvoller wirst Du das ins Leben bringen und verkörpern, was Deinen Kern ausmacht. Je mehr Du Deinen Kern erkennst, umso mehr kannst Du den Zugang zu ihm offen halten. Eine Auswirkung dieser Offenheit und der Annäherung an Deinen inneren Frieden ist Dein Charisma, die Zunahme Deiner Strahlkraft, deren Quelle im Kern liegt. Zunehmend liebst Du alle Facetten Deines Lebens und haderst weniger mit den Herausforderungen. Innere Freude und Begeisterung wachsen, erfüllen und nähren Dich.

Die andere Kernqualität ist die Liebe. Der zentrale Aspekt der Liebe ist die wachsende und fortlaufende Entwicklung von Selbstmitgefühl zu Selbstakzeptanz, von Selbstakzeptanz zu Selbstwert, von Selbstwert zu Selbstliebe. Jedes Puzzleteil Deiner Biographie, mit dem Du in Kontakt kommst, eröffnet die Chance, ihm im großen Puzzle Deines Selbst den richtigen Platz zu geben. Hat es den bekommen, so ändern sich damit jedes Mal Deine bisherigen Denk- und Verhaltensmuster. Du wirst immer mehr, wer Du eigentlich schon immer warst. Du hattest nur vergessen, wer Du bist. Je bewusster Du Dir Deines Wertes, Deiner Einzigartigkeit, Deiner Kostbarkeit wirst, umso weniger Schutz brauchst Du. Du bist weniger verletzlich und hast Vertrauen, Dich für tiefe Beziehung zu Deinen Mitmenschen öffnen. Aus Empfindlichkeit ist Empfindsamkeit geworden.

Du gibst Dich Deinem Leben und Deinen Beziehungen hin, schenkst Dich der Welt. Du kannst Deine Kehle frei machen, diese Verbindung, die den Dialog zwischen Deinem Fühlen und Deinem Denken zulässt – oder unterbindet. Du hörst Deine innere Stimme klar und deutlich und folgst ihr. Du kannst Deiner Zunge, dem Balance- und Integrationspunkt zwischen Deinem Herzen und Deinem Gehirn, freien Lauf lassen. Du kannst Deine Botschaft, die Du uns mitzuteilen geboren wurdest, in die Welt hinaus klingen lassen, hinausschreien, hinaussingen, hinaustanzen. Stolz erhobenen Hauptes kannst Du Dich in Authentizität zeigen. Nicht in Hochmut, sondern in dankbarer Bescheidenheit und Demut. Nicht in Erwartung, sondern in Hingabe an Deinen Kern und die Welt. Du hältst nichts zurück, hebst nichts mehr für später auf. Du nährst Dich vom Reichtum des Moments und trinkst die Kostbarkeit des Augenblicks. Egal wo Du bist, wenn Du in Bezug mit Deinem Kern bist, bist Du frei und gleichzeitig zu Hause.

Lebendigkeit und Liebe sind die beiden zentralen Elemente des Kerns. Sie führen zu innerer Freude und Beziehungsfähigkeit.

In diesem Buch will ich Dich dazu ermutigen, Deinen Zugang zum Kern freizulegen. Dies erreichst Du, indem Du die vertrauten Vorstellungen verlässt und in immer größer werdenden Konzepten denkst. Ein Weg dorthin sind Fragen. Ich möchte daran erinnern, dass es drei Arten von Fragen gibt:

• Fragen, deren Antwort man schon kennt,

• Fragen, deren Antwort man noch sucht

• und Fragen, die man noch nicht einmal gestellt hat.

Hoffentlich entstehen beim Lesen ein paar ganz neue Fragen in Dir.

Hinweise zum Lesen des Buches

Das Buch ist in drei Teile gegliedert.

Der Teil  [erkennen und verstehen] dreht sich um Aspekte des Geistes. Darin geht es um Prägung und Konditionierung, die Entwicklung von Persönlichkeit, sowie um philosophische und mystisch-spirituelle Betrachtungen unseres Mensch-Seins.

Der Teil  [spüren und verbinden] entwickelt ein ganzheitliches Körperbild. Es wird beschrieben, wo Perspektiven aus dem Teil  sich in unserer Körperlichkeit zeigen. Entwicklung und das Zusammenspiel des Körpers werden in einen praktischen Bezug zu psychologischen Mustern gesetzt.

Der Teil  [berühren und gestalten] geht genauer auf Möglichkeiten ein, wie Du die Sensorik Deines Körpers und Deine Wahrnehmung praktisch nutzen kannst, um mittels Deiner Körperlichkeit mehr Zugang zu Deinem Kern zu bekommen. Darüber hinaus lernst Du, wie Du mit anderen Menschen tiefer in Kontakt gehen und Beziehung gestalten kannst.

Das Bild, in dem das Meer auf das Land trifft, wird für Textpassagen verwendet, in denen anschauliche Beispiele oder die Schilderung meiner Erlebnisse ein bildhafteres Verständnis unterstützen.

Das Bild, in dem eine offene Blüte zu sehen ist, wird für Abschnitte verwendet, in denen Du eingeladen bist, in Dich hineinzuhorchen und Dich zu spüren.

Die grau gedruckten Blöcke fassen Wichtiges zusammen.

Teil 

[erkennen und verstehen]

Wer bin ich?

Das individuelle, uns von anderen unterscheidbar machende Denken, Handeln, Fühlen, Wahrnehmen ist das, was ich unter dem Begriff Persönlichkeit verstehe. Die Wortherkunft vom lateinischen Wort Persona (ursprünglich: Maske, Rolle) versucht erst gar nicht zu verstecken, dass die Persönlichkeit nur eine Oberfläche ist, und nicht Dein Kern. Indirekt scheint dieser zwar durch, doch wird sein Glanz verzerrt und gemindert durch das Ego. Das Ego ist nicht Dein wahres Ich, sondern Dein Selbstbild. Dieses ist der Ausdruck der Prägung Deiner Wertvorstellungen und der Konditionierung Deines Denkens und Deiner Wahrnehmung durch Dein soziokulturelles Umfeld. Das Ego ist nicht zur Selbstreflexion befähigt; es fragt nicht; „Wer bin ich?“, sondern nur: „Wie möchte ich gesehen werden?“ Es bestimmt die Richtung und Geschwindigkeit der Persönlichkeits- entwicklung, die zum Ziel hat, Dich im gesellschaftlichen Ansehen steigen zu lassen. Dein Ego ist die Maske, die Du aufsetzt, um vermeintlich schöner, größer, besser, geliebter zu sein. Es wird genährt von Eitelkeit und geht einher mit dem Irrglauben, aus einem persönlichen Verdienst heraus besonders zu sein. Doch für die SelbstEntfaltung, das Sichtbarwerden des Kerns, hat das Ego eine bremsende Funktion.

Die Persönlichkeit ist die Bühne für das Wechselspiel der Kräfte von Ego und wahrem Selbst, dem Kern. Sie ist kein feststehendes Konstrukt, sondern ändert und entwickelt sich im Laufe des Lebens. Wir sind aufgerufen, jeden Tag dem ICH mehr Raum zu geben als dem Ego. Was aber ist dieses Ich, der Kern? Körper? Seele? Geist? Köpergeist? Körperseele? Seelengeist?

Der Blick zurück auf die Anfänge unserer Existenz gibt uns einen ersten Zugang für die Erforschung dieser Frage. Vom Zeitpunkt der Befruchtung an bis ins zweite Lebensjahr hinein leben wir in einem Zustand der Non-Dualität. Wir sind verbunden mit den Empfindungen unserer nächsten Bezugspersonen. In einer subtilen Weise sind wir mit den kulturellen Übereinkünften des sozialen Umfelds synchronisiert. Alle Sinneswahrnehmungen sind für einen Embryo, einen Fötus und ein junges Baby zu einer einzigen Wahrnehmung verschmolzen. In der Non-Dualität gibt es noch keine Ego-Struktur. Selbst wenn ein Baby sprechen könnte, wäre es nicht fähig, „ich“ zu sagen oder sprachlich seinen eigenen Willen zu artikulieren. Alles ist eins. Dies entspricht der Wahrnehmung, in der Gebärmutter, umspült von Fruchtwasser, schwerelos umherzutreiben. Im Christentum entspricht dieser Zustand der Metapher des Gartens Eden, wo wir innig mit Gott verbunden sind.

Es gibt keinen Zeitpunkt in unserem Leben, in dem wir nicht ganz sind. Es geht immer nur um die Frage, ob sich ein Mensch ganz zeigen und leben kann.

Doch der Fall aus dem Paradies kommt unweigerlich. Im Laufe des zweiten bis vierten Lebensjahres verliert sich die Non-Dualität zunehmend und geht in den Modus einer dualen Wahrnehmung über. Das kleine Kind lernt, zwischen sich selbst und der Umgebung zu unterscheiden. Denn beginnend mit dem Verlassen der Gebärmutter, bekommt es über seine Sinnesorgane eine Unmenge zusätzlicher Informationen. Es unterscheidet angenehme und unangenehme Gefühlszustände und Situationen. Durch das Spüren von Berührung lernt es seine eigenen Körpergrenzen kennen. Die Schwerkraft zeigt ihm ebenfalls deutlich die Grenzen des eigenen Körpers und seines Bewegungsspielraums auf. Durch die noch nicht ausreichend entwickelte Sprachkompetenz erfährt es eine weitere Einschränkung seines Handlungs- und Gestaltungsspielraums. Da es seine Bedürfnisse sprachlich noch nicht zum Ausdruck bringen kann, ist es abhängig davon, wie gut die engen Bezugspersonen auf es eingestimmt sind. Niemals ist die Einstimmung so umfassend, dass alle Bedürfnisse des Babys permanent befriedigt werden.

Durch die Spiegelung seiner engen Bezugspersonen lernt das Kind, dass bestimmte Verhaltensweisen gern gesehen werden und zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse hilfreich sind. Andere Verhaltensweisen hingegen bekommen weniger positive Resonanz, führen nicht zur Befriedigung seines Bedürfnisses oder rufen Stressreaktionen bei den Eltern hervor. Indem es Verhaltensweisen vermeidet, die sein Umfeld destabilisieren und so zu einer Stressreaktion für es selbst führen, schützt sich das Kind. Doch der Preis ist hoch.

Um dem Umfeld zu gefallen, hielten wir als Kinder Verhaltensweisen und Gefühle zurück, verdrängten sie oder spalteten sie gar ab. In Summe führt dieses Verhalten über die Zeit dazu, dass wir uns als ein von unserer Umwelt getrenntes Wesen wahrnehmen.

Die Stressfaktoren, die zu diesem Gefühl des Getrenntseins führen, wirken in erster Linie auf der körperlichen Ebene. Daher verbinden wir dieses frühe Ich-Erleben vorrangig mit unserem Körper. Die sich in Folge entwickelnde Struktur ist das Ego. Es lässt uns in unserem Sein abgetrennt von unserer Körperlichkeit wahrnehmen. Mit dieser dualen Wahrnehmung ist gleichzeitig die Grundlage für Bewertung angelegt – fortan etikettieren wir jede Erfahrung als angenehm, positiv oder unangenehm, negativ.

Auch später, wenn das Kind erwachsen geworden und der Schutz eigentlich nicht mehr notwendig ist, bleiben die erlernten Verhaltensmuster erhalten. Unter diesen Bedingungen ist es schwierig, den Kontakt zum eigenen Kern wiederherzustellen, kontinuierlich zu wahren und offen zu halten. Und meist geht mit der Distanz zu sich selbst auch die Bewusstheit verloren, einzigartiger Teil eines Ganzen zu sein. Stattdessen resultiert oft eine Selbstwahrnehmung, die davon ausgeht, lediglich einen Körper zu haben, anstatt sich in einer belebten und beseelten Körperlichkeit wahrzunehmen.

Auf dem Weg von der non-dualen zur dualen Wahrnehmung wird der Zugang zu einem großen Teil Deines Kerns verschüttet. Auch wenn es für den Moment so scheint, als ob der Verlust der Non-Dualität das einzige Unglück sei, so ist letztlich das Gefühl des Getrenntseins nicht zu bedauern. Denn die Bildung der Ego-Struktur ist zwingende Voraussetzung, um im Laufe der Entwicklung und Entfaltung zunehmend fähig zu werden, sich selbst zu reflektieren und auf dieser Basis Bewusstsein zu entwickeln. Denn das vorgeburtliche Gefühl der Verbundenheit hat eine gewisse Undifferenziertheit, da eben die Ich-Struktur noch nicht ausgebildet ist. Erst die selbst-bewusste Wahrnehmung von Verbundenheit lässt Dich die eigene Seins-Qualität erkennen.

Aus der Perspektive Deines Selbst-Bewusst-Seins eröffnet sich der Raum, Deine Individualität mit all ihren Teilen, Deinen Kern mit all seinen Facetten zu erkennen.

Einen leicht zu greifenden und gleichzeitig dennoch komplexen Zugang zu unserer menschlichen Wesenhaftigkeit bekommt man durch die Betrachtung der Vorgänge, die ab der Empfängnis bis zur Geburt im Mutterleib stattfinden. Dazu müssen wir aber unser Schulwissen für einen Moment zur Seite stellen. Denn unsere Kultur ist geprägt von einem analytischen, deduktiven Denken. Wir neigen dazu, alles in Einzelteile zerlegen zu wollen, hinab bis in die Ebenen der Teilchenphysik und der Elektronenrastermikroskopie, in der Hoffnung, die Ursache allen Seins dort zu entdecken und das Geheimnis der Schöpfung zu verstehen. Wissenschaft ist notwendig und sinnvoll. Doch sie bietet nicht die einzige Perspektive, aus der die Welt betrachtet werden kann. Zwar kennt jeder die auf Aristoteles zurückgehende Erkenntnis, dass das Ganze mehr ist, als die Summe seiner Teile. Doch unsere naturwissenschaftlich geprägten Denkmuster führen dazu, dass wir beständig versuchen, simple Ursache-Wirkungs-Ketten zu erkennen. Die folgenden Ausführungen zu den Wechselwirkungen zwischen Innen- und Außenerleben, die durch die vorgeburtliche Zeit hindurch bis ins Erwachsenenalter stattfinden, sind durch die Arbeit von und mit Jaap van der Wal und Terence Dowling inspiriert. Sie geben sowohl Zugang zu unserer wesenhaften Gleichheit als auch zur Prägung und Entwicklung unserer individuellen Persönlichkeit.

Die Befruchtung der Eizelle findet in der Regel im Eileiter statt. Anders als gerne glauben gemacht, ist es kein Wettrennen der Spermien, wer als erstes „drin“ ist. Im Gegenteil: Die Eizelle ist von eigenen Nährzellen wie von einem Strahlenkranz, der Corona radiata, umringt. Durch Abgabe bestimmter Substanzen treten die Spermien mit diesem Nährzellen in eine Wechselwirkung. Es findet eine Öffnung der Eizelle statt, eine Öffnung von innen nach außen. Erst dadurch entstehen Bedingungen, die die Fusion beider miteinander zu einer neuen Einheit ermöglichen. Weder dringt ein Spermium ein, noch wird es gnädig eingelassen. Es ist ein Stunden andauernder Prozess des sich gegenseitig immer mehr aufeinander Einlassens, quasi eine Art Paarungstanz, der zur Verschmelzung führt.

Neues Leben ist entstanden. In der befruchteten Eizelle sind bereits alle Informationen für das Wachstum dieses Menschen vorhanden, es kommt nichts mehr hinzu. Es findet nur eine Vermehrung, Spezifizierung und Differenzierung von Zellen statt. Die Zeit bis zur Geburt, die Pränatalzeit, gliedert sich in drei Zeiträume: Die Zeit nach der Befruchtung bis etwa zur Einnistung in die Gebärmutter, von der Einnistung bis zum Abschluss der Organbildung und die Zeit des fötalen Wachstums.

Während die befruchtete Eizelle vom Eileiter langsam in die Gebärmutter treibt, finden schon Zellteilungen statt. Ohne dass sich die Größe des Gesamtorganismus ändert, entstehen identische Zellkopien. Ab dem vierten Tag entwickelt sich der kugelförmige, 32-zellige Organismus (Morula) zur sogenannten Blastozyste weiter. Bis zu diesem Zeitpunkt wird weder etwas entfernt oder zurückgelassen, noch kommt etwas von außen hinzu. Die Frucht bleibt immer Eins. Doch nun passiert etwas Einschneidendes: Die Zellen der Peripherie teilen sich schneller und werden später zum Trophoblasten, der Grundlage des Mutterkuchens. Die inneren, sich langsamer teilenden Zellen werden zum Embryoblasten, aus ihm entsteht der Mensch an sich.