Trauer in Familien – wenn das Leben sich wendet - Petra Rechenberg-Winter - E-Book

Trauer in Familien – wenn das Leben sich wendet E-Book

Petra Rechenberg-Winter

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Beschreibung

Existenzielle Verluste fordern Familien und Bezugssysteme besonders heraus. Nicht immer hat man als Professionelle/-r im Berufsalltag die Zeit, sich ausführlich auf solche Situationen in Therapie und Beratung vorzubereiten. Dann hilft der Band von Petra Rechenberg-Winter. Kompakt und kompetent verknüpft sie Erkenntnisse der Trauerforschung mit entsprechend methodischen Zugängen. Die klare Struktur und die anschaulichen Fallgeschichten eröffnen einen leichten Zugang zum theoretischen Hintergrund und dessen konkrete Bedeutung für die Praxis. Die Lesenden bekommen erprobte Unterstützungsmöglichkeiten aufgezeigt, mit denen systemische Beratung in Wendezeiten gelingt. Literaturhinweise und Materialien geben Impulse und runden den Band ab.

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Seitenzahl: 75

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Herausgegeben von Jochen Schweitzer und

Petra Rechenberg-Winter

Trauer in Familien – wenn das Leben sich wendet

Mit 2 Abbildungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-647-99869-5

Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de

Umschlagabbildung: © Leoco/shutterstock.com

© 2017, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen / Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Satz: SchwabScantechnik, Göttingen

Inhalt

Zu dieser Buchreihe

Vorwort von Jochen Schweitzer

Vorbemerkung der Autorin

I Der Kontext: Keiner trauert für sich allein

•»Wollust ist die Lust zu wollen« – Trauer bei lebensverkürzender Erkrankung und am Lebensende (Fallbeispiel 1)

1 Uneindeutige Verluste

2 Wendepunkt, Wendezeit

3 Trauer und Konflikt

4 Wiederanbindung

II Die systemische Beratung

•»Und dann war alles schwarz« – Tod eines Familienmitglieds (Fallbeispiel 2)

5 Trauer – eine gesunde Antwort auf existenzielle Verluste

6 Genogramm, Systemskulptur, Ressourcenarbeit

7 Lebensflussmodell

8 Biografisches Schreiben

•»Die Kindheit weggerissen« – Geschwistertrauer (Fallbeispiel 3)

9 Erschwerte Trauerprozesse – Grenzen systemischer Beratung

10 Ausblick für systemisch Beratende

III Am Ende

11 Literatur

12 Weiterführende Informationen und Kontakte

13 Materialhinweise

14 Die Autorin

Zu dieser Buchreihe

Die Reihe »Leben. Lieben. Arbeiten: systemisch beraten« befasst sich mit Herausforderungen menschlicher Existenz und deren Bewältigung. In ihr geht es um Themen, an denen Menschen wachsen oder zerbrechen, zueinanderfinden oder sich entzweien und bei denen Menschen sich gegenseitig unterstützen oder einander das Leben schwer machen können. Manche dieser Herausforderungen (Leben.) haben mit unserer biologischen Existenz, unserem gelebten Leben zu tun, mit Geburt und Tod, Krankheit und Gesundheit, Schicksal und Lebensführung. Andere (Lieben.) haben mit unseren intimen Beziehungen zu tun, mit deren Anfang und deren Ende, mit Liebe und Hass, mit Fürsorge und Vernachlässigung, mit Bindung und Freiheit. Wiederum andere Herausforderungen (Arbeiten.) behandeln planvolle Tätigkeiten, zumeist in Organisationen, wo es um Erwerbsarbeit und ehrenamtliche Arbeit geht, um Struktur und Chaos, um Aufstieg und Abstieg, um Freud und Leid menschlicher Zusammenarbeit in ihren vielen Facetten.

Die Bände dieser Reihe beleuchten anschaulich und kompakt derartige ausgewählte Kontexte, in denen systemische Praxis hilfreich ist. Sie richten sich an Personen, die in ihrer Beratungstätigkeit mit jeweils spezifischen Herausforderungen konfrontiert sind, können aber auch für Betroffene hilfreich sein. Sie bieten Mittel zum Verständnis von Kontexten und geben Werkzeuge zu deren Bearbeitung an die Hand. Sie sind knapp, klar und gut verständlich geschrieben, allgemeine Überlegungen werden mit konkreten Fallbeispielen veranschaulicht und mögliche Wege »vom Problem zu Lösungen« werden skizziert. Auf unter 100 Buchseiten, mit etwas Glück an einem langen Abend oder einem kurzen Wochenende zu lesen, bieten sie zu dem jeweiligen lebensweltlichen Thema einen schnellen Überblick.

Die Buchreihe schließt an unsere Lehrbücher der systemischen Therapie und Beratung an. Unsere Bücher zum systemischen »Grundlagenwissen« (1996/2012) und zum »störungsspezifischen Wissen« (2006) fanden und finden weiterhin einen großen Leserkreis. Die aktuelle Reihe erkundet nun das »kontextspezifische Wissen« der systemischen Beratung. Es passt zu der unendlichen Vielfalt möglicher Kontexte, in denen sich »Leben. Lieben. Arbeiten« vollzieht, dass hier praxisbezogene kritische Analysen gesellschaftlicher Rahmenbedingungen ebenso willkommen sind wie Anregungen für individuelle und für kollektive Lösungswege. Um klinisch relevante Störungen, um systemische Theoriekonzepte und um spezifische beraterische Techniken geht es in diesen Bänden (nur) insoweit, als sie zum Verständnis und zur Bearbeitung der jeweiligen Herausforderungen bedeutsam sind.

Wir laden Sie als Leserin und Leser ein, uns bei diesen Exkursionen zu begleiten.

Jochen Schweitzer und Arist von Schlippe

Vorwort

Das Sterben ist, gemeinsam mit der Geburt, das wohl existenziellste Ereignis im Leben jedes einzelnen Menschen. Dasselbe kann möglicherweise für den Verlust eines geliebten Menschen durch Sterben innerhalb der Familie gelten. Daher ist »Trauer in Familien« ein besonders schöner Band am Beginn einer Buchreihe, die sich den großen Herausforderungen des Lebens widmet.

Es ist – so viel Schwärmen sei mir erlaubt – in mehrerer Hinsicht ein wunderbares Buch. Petra Rechenberg-Winter rückt darin das Sterben und die Trauer als »unsere angeborene Fähigkeit, Verluste zu überstehen und uns … neu zu orientieren« (S. 21) aus seinen in modernen Gesellschaften oft marginalisierten Randstellungen ins Zentrum unseres Lebens. Sie vermittelt uns wohlwollendes Verständnis dafür, wenn Familienmitglieder intuitiv eine »Aufgabenverteilung« beim Trauern vornehmen – eine Spezialisierung, in der ein Mitglied für das traurige Rückwärtsschauen, ein anderes für »Es muss jetzt trotzdem weitergehen«, ein drittes für »Lasst mir meine Ruhe« und ein viertes für »Wir müssen darüber sprechen« zuständig wird. Sie erklärt uns anschaulich die »Pendelbewegungen« des Trauerns und führt uns ein in die Vielzahl und das Verständnis »erschwerter« Trauerprozesse. Petra Rechenberg-Winter veranschaulicht die ganze Breite möglicher Trauerreaktionen und macht sie verständlich als individuell und kollektiv sinnvolle Bewältigungsprozesse in Wendezeiten – auch da, wo (sehr oft) Trauernde an den Trauerreaktionen der Mittrauernden leiden.

Das Buch beschreibt, wie eine breite Palette systemischer und anderer Beratungstechniken sowie entwicklungspsychologische Trauerprozess-Modelle einfühlsam mit trauernden Familien genutzt werden können. Ausführlich geschieht das für die Genogrammarbeit, das Lebensflussmodell und das biografische Schreiben. Aber auch von Netzwerklandkarten, Schatzkisten, Foto-Betrachtungen und Freudenbiografien ist zu lesen, von behutsamer Auftragsklärung und einfühlsamem ressourcenorientiertem Fragen. Von außerhalb des engeren systemberaterischen Bezugsrahmens grüßen Verena Kast als jungianische Analytikerin, Albert Camus als Existential-philosoph und eine Reihe renommierter Trauerforscher.

Schließlich finde ich auch den Schreibstil der Autorin wunderbar – nicht verwunderlich, ist Petra Rechenberg-Winter doch als »Master of Biografical and Creative Writing« auch als Klinische Poesie- und Bibliotherapeutin tätig. Ich selbst habe das Buch mit großem persönlichem und fachlichem Gewinn gelesen und wünsche dies auch allen Leserinnen und Lesern.

Jochen Schweitzer

Vorbemerkung der Autorin

Die Reihe »Leben. Lieben. Arbeiten: systemisch beraten« zeichnet sich durch eine kurze und verdichtete Darstellung eines Themas aus. Für mich als Autorin ist es damit unmöglich, die einzelnen eingesetzten methodischen Zugänge ausführlich zu beschreiben. Ich helfe mir, indem ich mich bei den Interventionen durchgängig sowohl auf ein Standardwerk systemischer Beratung beziehe, das »Lehrbuch der systemischen Therapie und Beratung I« (von Schlippe u. Schweitzer, 2012), und ebenso auf das »Kursbuch systemische Trauerbegleitung« (Rechenberg-Winter u. Fischinger, 2010). Zur leichteren Orientierung vermerke ich jeweils die entsprechenden Seitenzahlen. Für eine gendergerechte Sprache wechsle ich zwischen weiblicher und männlicher Form in zufälliger Reihenfolge, alle mögen sich bitte mitgemeint fühlen.

Der Kontext: Keiner trauert für sich allein

Systemische Beratung orientiert sich an der Systemtheorie, um die Komplexität familiären Geschehens zu berücksichtigen und der Erfahrung Rechnung zu tragen, dass eine Veränderung, wie klein oder umfangreich sie auch sein mag, einen offenen Entwicklungsprozess des gesamten Familiensystems auslösen kann, unerwartete Prozesse anstößt und unvorhersehbare Wirkungen auf das Beziehungsgefüge zeigt (von Schlippe u. Schweitzer, 2012, S. 89 ff.).

Systemische Beratung berücksichtigt folgende zentralen systemischen Prämissen, die an dieser Stelle vorausgesetzt und daher nur stichwortartig skizziert werden:

–Die Mitglieder eines Systems sind wechselseitig dynamisch miteinander verbunden und bilden eine ihnen eigene momentane Struktur.

–Der Mensch verhält sich so in diesem Kontext statt Der Mensch ist so. Er kann sich jederzeit anders verhalten, wenn sich der Kontext ändert. Den Kontext in Beratungsprozesse einzubeziehen, ist deshalb ein zentrales Element systemischer Begleitung.

–Menschen konstruieren ihre Wirklichkeit, daher regen systemische Interventionen an, Erfahrungen, Erlebnisse anders, d. h. neu und konstruktiver in die persönliche Wahrnehmung einzuordnen.

–Ressourcenorientierung überwiegt gegenüber Problemorientierung. Dennoch gilt es, die Probleme, mit denen Menschen systemische Beratung aufsuchen, anzuerkennen und zu würdigen.

–Jedes System strebt nach Wachstum und Veränderung.

–Systemisch gesehen gibt es kein richtig und falsch, sondern wirksam/förderlich und unwirksam/beschwerlich.

–Systemische Betrachtung denkt und handelt nicht im Entwederoder, sondern in den Kategorien von sowohl – als auch, und vermittelt diese Sichtweise den Klientinnen, um sie anzuregen, ihre (Handlungs-)Optionen zu erweitern.

–Systemische Intervention geht davon aus, dass Systeme über Möglichkeiten der Autoorganisation verfügen, die von außen beratend lediglich angestoßen werden können.

Die bekannte Metapher vom System als einem Mobile verdeutlicht diese wechselwirksamen Zusammenhänge gegenseitiger Bezüglichkeit, in der sich Menschen innerhalb ihrer Bezugssysteme verhalten. Jedes Mobileteil hat seinen bestimmten Platz, d. h. Rolle und Funktion der einzelnen Systemmitglieder sind geklärt. Der Abstand der einzelnen Teile ist festgelegt, und so regulieren Systemmitglieder ihre unterschiedlichen Nähen und Distanzen untereinander ebenso wie die (Entwicklungs-)Räume, die den Einzelnen zugestanden werden. Die Grenzen sowohl untereinander als auch nach außen sind bekannt.

Wenn sich nun die Situation eines Mitglieds verändert, beispielsweise ein Mobileteil mit einem schweren Gewicht belastet wird, dann gerät das gesamte System in Unruhe, alle Teile sind in Mitleidenschaft gezogen, geraten ins Schwanken. Die Mobilefäden verwickeln sich, und das System wird alles versuchen, diese zu entwirren. Doch vielleicht schafft es dies nicht aus eigener Kraft und benötigt Ent-Wicklungs-Hilfe von außen, wie systemische Beraterinnen, die darin unterstützen, sich aus diesen Verstrickungen zu befreien.

Doch Achtung, sobald sich ein engagierter Profi diesem System nähert und couragiert beim belasteten Mobileteil untergreift, gerät wiederum das gesamte System in Unruhe, alle werden von den Interventionen erfasst, alle geraten erneut ins Trudeln.

Systemische Beratung berücksichtigt diese dynamischen Zusammenhänge und verfügt über vielfältige methodische Angebote für die Entwicklungsprozesse aller Beteiligten.

Und neben allem fachlichen Know-how ist eine wesentliche Wirkung in der Beziehung zur Beraterin begründet. Im wissenschaftlichen