Träume aus Asche - Maja Winter - E-Book

Träume aus Asche E-Book

Maja Winter

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Beschreibung

Im Kaiserreich Kanchar hat man die dunkle Seite der Magie vervollkommnet und mit ihr eine Armee aus belebten Eisentieren erschaffen. Dazu wurden die Seelen der Toten in den Eisentieren eingekerkert. Durch den Krieg mit Le-Wajun wurden jedoch viele von ihnen zerstört und die Seelen freigesetzt. Diese irren nun im Land umher und terrorisieren die Lebenden. Um ihrer Herr zu werden, fasst Sadi, der neue Großkönig von Le-Wajun, einen verzweifelten Plan. Doch der gefährdet das komplette Gefüge der Welt ...

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Inhalt

Cover

Über das Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Karte

Was zuletzt geschah

Prolog

TEIL I: WENN DIE FEUER BRENNEN

1. Die Prinzessin und ihre Träume

2. Die belagerte Stadt

3. Der Prinz und seine Hoffnung

4. Der Zorn des Drachen

5. Eine Stunde

6. Fragen ohne Antwort

7. Der Nebel über Testra

8. Der Feuerreiter

9. Der Duft des Todes

10. Zerstört

11. Im Feuer

12. Bevor der Sturm kommt

13. Der Köder

14. Teniras Gäste

15. Flug im Sturm

16. Das Herz von Kanchar

17. Feuer und Eisen

18. Die Götter mit uns

TEIL II: AUS DER ASCHE

19. Dort, am Ende des Tages

20. Im Schatten des Drachen

21. Sahikos Thron

22. Sadis Schloss

23. Tizaruns Heimkehr

24. Der Hüter des Turms

25. Die Jahre nach dem Krieg

26. Die Fäden des Webers

TEIL III: IM ELFTEN JAHR

27. Land aus Asche

28. In einer Welt ohne Sonne

29. Unsere Nacht und unser Schicksal

30. Ein herrenloses Pferd

31. Wir, zeitlos

32. Wenn wir gehen

33. Wihajis Ring

34. Teniras Freude

35. Die Sonne von Wajun

36. Was wir träumen

37. Die schweren Dinge

38. Die Krallen des Todes

39. Die Rache des Meisters

40. Das Lied der Sterne

41. Der Flug des Drachen

42. Der Ruf der Göttin

Epilog

Personenverzeichnis

Über das Buch

Im Kaiserreich Kanchar hat man die dunkle Seite der Magie vervollkommnet und mit ihr eine Armee aus belebten Eisentieren erschaffen. Dazu wurden die Seelen der Toten in den Eisentieren eingekerkert. Durch den Krieg mit Le-Wajun wurden jedoch viele von ihnen zerstört und die Seelen freigesetzt. Diese irren nun im Land umher und terrorisieren die Lebenden. Um ihrer Herr zu werden, fasst Sadi, der neue Großkönig von Le-Wajun, einen verzweifelten Plan. Doch der gefährdet das komplette Gefüge der Welt …

Über die Autorin

Maja Winter ist das Pseudonym der erfolgreichen Autorin Lena Klassen, unter dem sie epische Fantasygeschichten veröffentlicht. 1971 in Moskau geboren, wuchs sie in Deutschland auf. In Bielefeld studierte sie Literaturwissenschaft, Anglistik und Philosophie. Neben ihren Fantasyromanen hat sie auch zahlreiche Kinder- und Jugendbücher sowie Romane für Erwachsene verfasst. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern im ländlichen Westfalen.

MAJA WINTER

TRÄUME AUS ASCHE

Roman

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, KölnTextredaktion: Julia Abrahams, KölnKartenillustration: Markus Weber, Guter Punkt, MünchenTitelillustration: © Thinkstock/Stockbyte; Thinkstock/Top Photo Group; Thinkstock/Extezy; Thinkstock/Mikhail Dudarev; Thinkstock/dimatlt633Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München | www.guter-punkt.deE-Book-Produktion: two-up, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-3990-1

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.de

Was zuletzt geschah

Sie sagen, die Götter lenken die Entscheidungen der Menschen. Sie weben einen Teppich, bunt und voller Muster und Ornamente. Namen werden verflochten und miteinander verbunden. Doch manchmal ist der Wille eines Menschen so stark, dass er das Webschiffchen querschießen lässt. Ein kurzer Augenblick genügt, um einen Knoten ins Muster zu knüpfen.

Karim von Lhe’tah, Wüstendämon, Feuerreiter, Bastard eines Großkönigs, hatte solch einen starken Willen. Karim, der Fadenverknoter, der Fadenzerreißer. Der erste Knoten wurde geknüpft, als er Großkönig Tizarun – seinen Vater – ermordete, indem er ihm Gift in den Met tat.

Großkönigin Teniras Faden erzitterte, als der ihres geliebten Mannes Tizarun durchschnitten wurde. In ihrer Trauer dürstete sie nach Rache. Sie weigerte sich, den Thron für das nächste Herrscherpaar freizumachen. Doch als sie den Kriegszug gegen das Nachbarland Kanchar verlor, blieb Prinz Sadi – geboren in der Nacht, als sein Vater starb – als Unterpfand des Friedens in der Hand der Feinde zurück. Fortan herrschte sie von Kanchars Gnaden, während sie im Geheimen ein neues Bündnis schloss mit Laikan von Nehess. Und nach Jahren der Vorbereitung und des ungeduldigen Wartens zogen sie mit einer Armee aus Eisensoldaten erneut gegen Kanchar.

In Wabinar, der Hauptstadt von Kanchar, verwoben sich viele starke Fäden zu einem unvergleichlichen Muster, doch auch sie spürten die Erschütterung, die durchs Gewebe lief. Und auch ihre Fäden verknotete der Fadenspinner Karim. Dem Prinzen Matino, Thronerbe des Kaiserthrons von Kanchar, träufelte er Gift in die Wunde, sodass sein Bein verkrüppelte. Sein Bruder Prinz Liro wurde zum neuen Thronerben – und kurz darauf zum Kaiser. Seine Ziehschwester Ruma brachte Karim mit einer Täuschung dazu, die Heirat mit Liro einzugehen, obwohl sie doch dessen Sklaven liebte: Yando, der eigentlich der verschollene Prinz von Guna war. Yando, dem er die Flucht und Rückkehr nach Guna hätte ermöglichen können, ließ Karim in Wabinar zurück, damit dieser als Lehrer für Prinz Sadi, die Geisel aus Wajun, dienen konnte. Und als sich Knoten an Knoten reihte und immer mehr Durcheinander ins Muster geriet, rissen schließlich einige Fäden. Ruma, von Matino zum Beischlaf gezwungen und schwanger, stürzte sich aus dem Fenster zu Tode. Das ungeborene Kind ließ Matino einer anderen Frau in den Leib setzen.

In Guna, dem kleinen Königreich zwischen den mächtigen Reichen Le-Wajun und Kanchar, wartete man vergebens auf die Rückkehr des lange verschollenen Prinzen Kir’yan-doh. Und so entschied man sich dazu, einen neuen König zu wählen: Selas von Trica, Bruder von Karim, dem Fadenverknoter. Zusammen mit Lan’hai-yia herrschte er fortan über das Bergkönigreich. Und als sie eine Tochter bekamen, die sie Sahiko nannten, freute er sich. Lan’hai-yia hingegen wunderte sich über die Frucht in ihrem Bauch. Was war damals in Wabinar geschehen, als sie Guna zu Kanchars neuntem Königreich gemacht hatte, damit der Kaiser sie vor Teniras und Laikans anrückender Armee schützte? Damals, als die Kaiserin starb?

In Kato, dem mythischen Land der Lichtgeborenen, der Kinder der Götter, liefen ebenfalls viele Fäden zusammen. Hier sammelten sich die Seelen der Toten, die ihren Weg in die Jenseitigen Lande nicht mehr fanden, weil der Tod, eine der dunklen Schwestern, einem Krieger einst ins Leben gefolgt war und vergessen hatte, wer sie war. Auch Tizarun, der ermordete Großkönig von Le-Wajun, strandete in Kato und erhob sich zum unbarmherzigen Flammenden König. Doch immerwährend hörte er den Ruf seiner geliebten Großkönigin Tenira: »Komm zu mir zurück!« Aber alles Streben, über das Nebelmeer zurück ins Land der Lebenden zu gelangen, war vergebens. Bis Tizarun den richtigen Preis fand, um den Grauen Kapitän zu bestechen …

Doch nicht nur Seelen strandeten in Kato. Auch Fürst Wihaji von Lhe’tah war nach Kato gespült worden, obwohl er noch lebte. Großkönigin Tenira hatte ihn dorthin geschickt, um Tizaruns Seele aufzuspüren und zu ihr zurückzubringen. Er hatte Tizarun gefunden und zum ersten Mal dessen wahres, grausames Gesicht gesehen. Er darf nie zurückkehren, sagte sich Wihaji, und so wurde der Fürst zum rebellischen Gegenkönig in Kato, zum Freien Mann, zum Aufrechten.

Anyana, die tot geglaubte Prinzessin von Anta’jarim, hatte sich mit ihrem kleinen Sohn Lijun nach Kato geflüchtet. Doch kaum dort angekommen, wollte sie wieder zurück. Ich bin die rechtmäßige Großkönigin, die Sonne von Wajun, sagte sie sich. Denn sie und Sadi, der kleine Sohn des Großkönigspaars, bildeten die neue Sonne, so war es per Dekret beschlossen. Ich kann Tenira nicht den Thron überlassen. Aber auch für sie gab es keinen Weg zurück.

Einen Weg zurück war nicht das, was Linua suchte. Die Wüstendämonin, die keine Assassine mehr sein wollte, folgte vielmehr einem Pfad, den ein Lied ihr wies und das in ihrer Seele wohnte – wild und süß, unwirklich und überirdisch. Die Frage nach ihrer Herkunft führte sie in die Eisenstadt Gojad. Dort fand sie endlich die Antwort auf ihre Frage: Sie war der Tod, der zu leben begann. Doch Linua fand nicht nur ihre Erinnerung, sie fand auch ein Messer, das ihr Fleisch zerschnitt. Im Sterben klammerte sie sich an eine Spiegelscherbe, denn Seelen – auch die von Göttinnen – streben dorthin, wo sie ihr eigenes Antlitz erblicken.

In Gojad fand Prinz Matino in einem Saal voll zerborstener Spiegel die tote Assassine. Er hob eine Spiegelscherbe auf, und für einen kurzen Moment glaubte er, ein Lied zu hören. Und als Ruma aus dem Fenster sprang und Matino das Ungeborene rettete, begann der Tod erneut zu leben.

Karim selbst tat alles, um seine Schuld von einst, den ersten Knoten, zu sühnen. Ich muss Guna schützen, das Land meiner Geburt. Dafür muss ich das Erbe meines Vaters antreten. Und so versuchte er weiter, den Thron der Sonne zu erringen. Auf der Suche nach Verbündeten lief er in eine Falle. Man sperrte ihn in den höchsten Turm von Schloss Anta’jarim und nahm ihm seine Sicht mit einem eisernen Helm. Doch wenn die Nacht am schwärzesten ist, ist die Dämmerung nah. Eine Tür öffnete sich in ein Zimmer, in dem es nach Rosen roch. Darin eine alte Frau, die Unya hieß. War dies ein Traum?

Unya lehrte Karim, was es wirklich bedeutete, zu sehen. Sie lehrte ihn, dass Magie Willen war. Sie lehrte ihn, durch Brunnen zu gehen, denn Brunnen waren Türen. Und Karim griff nach dem Funken in seinem Inneren. Er fand den Brunnen und wünschte sich nach Kato, zu seiner großen Liebe Anyana. Und für einen flüchtigen Augenblick waren sie glücklich, sich wiedergefunden zu haben.

Doch der Webstuhl des Schicksals steht niemals still. Der Flammende König stahl Anyanas Sohn, denn dies war der Preis für die Überfahrt zurück ins Land der Lebenden. Und Fürst Wihaji sah nur noch eine schreckliche Möglichkeit, um Tizaruns Rückkehr nach Le-Wajun zu verhindern: Er musste das Gewebe des Schicksals auflösen, damit ein neues Muster beginnen konnte. Auch hier schien der Preis der kleine Lijun zu sein. Um ihren kleinen Sohn zu retten, schlich sich Anyana an Bord des Grauen Schiffes, ergriff Lijun und sprang zum zweiten Mal von Bord.

Und während Fürst Wihaji verzweifelte, lagen im Kaiserreich Kanchar zwei Kinder im Sterben: Prinz Sadi vergiftet, Prinzessin Sahiko von einem Berglöwen schwer verwundet. Und Mernat an seinem Webstuhl sprach: »Nur eins kann gerettet werden.« Und damit Kaiser Liro sich für das richtige Kind entschied, erfuhr er endlich die Wahrheit, die doch eine Lüge war: Sahiko war Rumas Kind. Sahiko war sein Kind. Denn auch Prinz Matino konnte ein Fadenverknoter sein. Aber weil Liro misstrauisch war, machte er den Test des Blutes, der verriet: Er war nicht der Vater. In seiner Wut befahl er Sahiko und Sadi, der dank einer Göttin auch überlebt hatte, töten zu lassen. Und so blieb Yando nichts anderes übrig: Er tötete den Kaiser, seinen einstigen Schüler, und floh mit Sadi, dem Prinzen aus Wajun.

Und während Teniras Armee auf Daja vorrückte, erhob sich in Gojad ein Drache aus Eisen. Die Uhr hörte auf zu schlagen, und im Brunnen tobte ein Sturm. Fäden rissen. Und Lieder endeten im Schweigen.

Prolog

Es heißt, die Welt werde untergehen, wenn die Sterbenden schweigen. Sie sagen, die Sterbenden müssen schreien.

Sie fragen dich, ob du denn nicht die Geschichte vom Tod kennst.

Welche Geschichte?, fragst du.

Weißt du nicht, sagen sie, wie der Tod sich verliebte? Alle fürchteten sich vor dem Tod, sie wandten sich ab, hielten sich die Augen zu, flehten um Gnade. Sie schrien, und der Tod warf ihnen das Fährgeld vor die Füße und ging weiter. Doch dieser eine Krieger, dem der Tod auf dem Schlachtfeld begegnete, schrie nicht und wandte sich nicht ab. Er blickte dem Tod ins Angesicht, und der Tod starrte zurück. Und sein kaltes Herz brannte plötzlich.

Ist der Tod eine Frau?, fragst du.

Darauf antworten sie nicht, denn der Tod kann sein, was immer er sein will. Vielleicht ist sein Gesicht grau und seine Augen fahl wie der bewölkte Himmel und sein Lächeln dünn im Angesicht eines Sturms. Oder vielleicht ist er ein tanzendes Mädchen, Blumen im Haar, ihre Haut ist dunkel wie die Nacht, und um sie herum weht der Duft ferner Gärten.

Sie sagen: Der Tod vergaß das Fährgeld und reichte dem Krieger die Hand. Das, was geschehen sollte, geschehen musste, geschah nicht. Denn statt dass der Tod den Krieger in die Totenwelt zog, zog der Krieger den Tod in unsere Welt.

Die Menschen starben, wenn ihre Zeit gekommen war. Aber der Tod gab ihnen kein Fährgeld, und der Kapitän des Totenschiffs nahm die Seelen nicht mehr mit. Also irrten sie umher und wussten nicht, wohin.

Sie sagen: Alle Bilder sind die Splitter eines Spiegels. Damals war es noch nicht verboten, Menschen zu malen, da die Leute sich keine Sorgen um verirrte Geister machen mussten. In vielen Häusern hingen die Bilder von Verstorbenen. Das änderte sich bald. Die Seelen, die kein Fährgeld bekommen hatten, machten sich auf den Heimweg und suchten sich in den Bildern, denn jede Seele wurde von ihrem eigenen Bildnis angezogen.

Heißt es nicht: Jedes Bild ist eine Falle für die verlorene Seele?

Sie erzählen davon, wie die Menschen den Tod anflehten, seine Arbeit wieder aufzunehmen, aber er weigerte sich. Da taten sich die stärksten und mutigsten Kämpfer zusammen und griffen den Krieger an, um ihn zu töten. Sie hackten ihn in Stücke, und er schrie so laut, dass der Tod sich die Ohren zuhielt und sich von ihm abwandte. Und so wurde die Welt gerettet.

Nein, sagst du. Nein, so war es nicht.

Die Welt wurde nicht gerettet.

Der Tod kehrte nicht zurück zu den Göttern, denn er hatte seinen Namen vergessen.

Er ist immer noch hier, unter uns, und zählt seine Münzen.

TEIL IWENN DIE FEUER BRENNEN

1. Die Prinzessin und ihre Träume

Nebelschwaden leckten mit weißen Zungen über den felsigen Strand. Zunächst als feine Streifen, die wie Schnecken quälend langsam über die Steine krochen, dann folgten bizarre Gebilde in der Größe von Pferden, die den Wellen entsprangen, auf den Hafen zutrabten und in die Dünen der Sandwüste einfielen, wo die unbarmherzige Sonne sie auflöste. Sie versuchten es erneut, wieder und wieder – Hirsche und Soldaten aus Nebel, die die Küste eroberten, die sich verformten, weiterkrochen, sich aufbäumten, den Nebelhafen überfielen, weiterwanderten. Wolkenartige Ungeheuer, Türme, Gebirge verschmolzen schließlich zu einer einzigen weißen Wand.

Die Menschen, die am Nebelhafen wohnten, dort, wo das Königreich Daja endete und das Ungewisse begann, waren Nebelfluten gewohnt. Sie schlossen Türen und Fenster und warteten ab, bis das dichte Weiß sich verzog. Der Nebel, der alle Sinne auslöschte, das Auge blind machte, das Ohr taub, die Haut klamm und fröstelnd, war harmlos, wenn man ihn nicht unterschätzte. Jedes Jahr verirrten sich ein paar Leichtsinnige und fielen über die Kaimauer ins Wasser, wo sie ertranken, da niemand ihre Schreie hörte. Andere wanderten in die Wüste hinein im Glauben, sie gingen den Strand entlang, und fanden sich irgendwann, wenn die Schwaden sich verzogen, in der glutheißen Hölle wieder, wo es keinen Schatten, kein Wasser, keine Rettung gab. Diesmal war es anders.

Elida, die Tochter der Heilerin vom Nebelhafen, meinte an diesem Morgen, trotz des Nebels seltsame Geräusche zu hören. Stimmen, die durcheinanderriefen, den Klang von marschierenden Soldaten, von klirrenden Waffen und dem Dröhnen unzähliger Hufe. Sie öffnete die Tür und spähte vorsichtig hinaus. Ein Schritt aus dem Haus, und sie war allein auf der Welt. Ein weiterer Schritt, und sie wusste nicht mehr, wo sich die Haustür befand. Hinter ihr oder neben ihr? Musste sie sich nicht einfach umwenden und wäre wieder in der Sicherheit ihrer eigenen vier Wände? Sie streckte die Arme aus, tastete nach den vertrauten Holzbalken, die das Vordach trugen, doch da war nichts. Nicht einmal die Geräusche, die sie aus der Sicherheit herausgelockt hatten, waren noch zu hören.

Panik konnte tödlich sein, also zwang Elida sich zur Ruhe. Wenn es nicht ein Schritt war, dann vielleicht zwei? Zwei hierhin und wieder zurück, zwei dorthin und wieder zurück. Ein Tanz, der sie unweigerlich zu ihrem Türrahmen bringen musste.

Doch das Nichts war überall. Sie wusste nicht mehr, ob sie wach war oder träumte. Ihr Verstand, gewohnt, sich auf die Sinne zu verlassen, scheute vor dem Weiß zurück. Da erhaschte sie wieder einen Laut. Gelächter, vielleicht gar Gesang?

Elida wollte einen weiteren Schritt tun, doch im letzten Moment zuckte sie zurück. Beinahe wäre sie gefallen. Sie hörte jetzt, wie die Wellen des Meeres wild gegen die Kaimauer schlugen. So weit war sie gegangen? Aus dem Weiß vor ihr tauchten plötzlich die Masten eines grauen Schiffs auf. Dunkle Striche, wie Äste oder Krähenfüße oder das Geweih eines Hirschs.

Ungläubig richtete sie den Blick auf das Schiff. Der Geruch änderte sich. Der Nebel, der nicht nach Salz und See roch, nicht nach Fisch oder Tang oder Tränen, sondern nach nichts, schien plötzlich zu duften. In der Luft lag ein Aroma wie von üppigen Sommerblumen, die Ahnung von einem fernen Land unter einem weißen Himmel.

Dann kamen die Reisenden. Der Verstand sagte ihr, dass sie mit dem Grauen Schiff gekommen sein mussten, dass irgendwo ein Steg ausgelegt worden war oder dass Boote sie an die Küste gebracht hatten, doch ihre Augen wussten es besser. Starr vor Schreck sah sie die Fremden durch den Nebel gleiten.

Der Erste war ein Mann von außergewöhnlicher Schönheit. Seine Haut war selbst in dem faden Weiß, das ihn umgab, nicht anders als golden zu nennen. Sein pechschwarzes Haar umrahmte ein edles Gesicht, das einem König gehören musste. Die schwarzen Augen blickten hart und kalt wie Steine. Blutrot wallte ein langer Umhang um seine Schultern und spielte um seine schwarze, mit goldenen Fäden bestickte Kleidung. Der Mann trat aus dem Nebel heraus, der vor ihm lichter zu werden schien, und betrat den Hafen. Hinter ihm erschien sein Gefolge, Krieger und noch mehr Krieger, ihre Gesichter weich und ein wenig verschwommen, als hätten sie einen Teil von sich selbst unterwegs verloren.

Elida rührte sich nicht von der Stelle, als der Mann mit dem roten Umhang an ihr vorbeischritt, und sie wünschte sich, unsichtbar zu sein, als seine nebelartigen Kreaturen an Land strömten. Viel mehr Menschen, als ein Schiff je fassen könnte, zogen an ihr vorbei.

Stumm verschwanden sie im Nebel, als hätten sie nie existiert.

Und mit ihnen eine Ahnung von Gesang und weiten Wiesen und stillen Waldseen, von einem brennenden Schloss und Rauch, der den leeren Himmel verdunkelte.

Sahiko, Prinzessin von Guna und seit einigen Wochen offiziell die Tochter des Edlen Kaisers von Kanchar, war nicht zum ersten Mal acht Jahre alt.

In der Nacht, nachdem Kaiser Liro von Kanchar, der mächtigste Mann zwischen Rack-am-Meer im Westen und den talandrischen Bergen im Osten, erfahren hatte, dass Sahiko keineswegs seine verschollene leibliche Tochter war, sondern stattdessen vermutlich das Kind seines verhassten Bruders Matino, hatte Sahiko einen Traum.

Sie war acht Jahre alt und ein anderes Mädchen. Da sie keinen Spiegel hatte, wusste sie nicht, ob sie im Traum ihr vertrautes Gesicht besaß, doch sie konnte ihre bloßen Arme sehen. Ihre Haut war dunkler, nachtschwarz, nicht von dem satten Rindenbraun, an das sie gewöhnt war. Sie hieß auch nicht mehr Sahiko. Der Mann, an dessen Hand sie sich klammerte, nannte sie Linua. Er war ähnlich gekleidet wie sie, in eine sandfarbene Hose und eine knielange, ebenfalls sandfarbene Kutte. Der Stoff war schmutzig und schweißgetränkt und scheuerte auf ihrer Haut. Auch die Sandalen passten nicht richtig, und ihre Füße schmerzten. Sie hatte Blasen an den Zehen, und wenn sie nach unten schaute, konnte sie das Blut zwischen den ledernen Riemen hervorquellen sehen.

»Wie weit ist es noch?«, fragte sie.

Der Mann antwortete nicht.

Gemeinsam wanderten sie durch eine Ebene, die von einem Horizont zum anderen reichte. Wenige Hügel erhoben sich aus dem Land. Über ihnen setzte die Sonne den Himmel in Flammen. Die Luft war so heiß, dass es wehtat, sie einzuatmen, und die Erde unter ihren Füßen war so trocken, dass bei jedem Schritt eine Staubwolke hochwirbelte.

»Wohin bringst du mich, Vater?«, fragte Linua.

»Ich bin nicht dein Vater«, entgegnete der Mann schroff. »Das habe ich dir schon unzählige Male gesagt. Bist du blind? Deine Haut ist schwarz wie Pech, meine ist braun wie Harz. Wie könnte ich dein Vater sein?«

»Wohin gehen wir, Vater?«, wiederholte das Mädchen unbeeindruckt. »Und wonach riecht es hier?« Ein süßlicher und zugleich bitterer Geruch mischte sich in den Staub. Er kitzelte in ihrer Nase.

»Nach Tod«, antwortete der Mann. »Wohin sonst sollte ich dich bringen? Wir gehen nach Jerichar, in die Stadt des Todes.«

Sie wollte nach Hause, aber er hielt ihre kleine, verschwitzte Hand fest, und sie hatte Angst davor, ihn loszulassen. Außerdem, wie hätte sie allein nach Hause finden sollen? Sie waren seit vielen Tagen unterwegs, und das Eisenpferd, mit dem sie gekommen waren, hatten sie am Fuß eines Hügels stehen lassen. Linua konnte es sehen, wenn sie sich umdrehte. Mit gesenktem Kopf schien es auf sie zu warten.

Der Mann führte sie auf eine langgestreckte Erhebung zu. Er keuchte, während sie die Steigung erklommen, und tupfte sich die Stirn ab. Linua wurde ungeduldig. Ihre Angst war vergessen. Sie riss sich los und lief flink voraus, bis sie die Kuppe des Hügels erreichte. Vor ihr lag eine Ansammlung niedriger Hütten, farblos wie die Erde ringsum, die sich in den Staub duckten.

»Das soll eine Stadt sein?«, fragte sie enttäuscht. »Es sind bloß ein paar Häuser.«

»Oh, du wirst dich noch wundern«, sagte der Mann, der schnaufend neben sie trat. »Es ist größer, als du denkst. Ein Schloss, errichtet auf Gebeinen und Blut. Der Meister des Todes erwartet dich bereits.«

Linua verschränkte die Arme vor der Brust. »Es gefällt mir hier nicht. Ich will lieber nach Hause, zurück in die Berge. Ich will Schnee und das Tal und den Ausblick aufs Nebelmeer. Ich will das Graue Schiff sehen, wenn es an der Küste vorbeisegelt, und ich will durch die Tunnel im Bergwerk streifen.«

»Du wirst die Berge vergessen«, sagte er, »und den Schnee und das Schiff und die Wege durchs Gestein.« Er lachte leise, als eine Gestalt sich aus dem Schatten der Häuser löste und auf sie zuhielt. »Das ist dein neuer Vater. Nun beginnt dein neues Leben. Dies ist deine Bestimmung.«

Während der Fremde näher kam, wurde der Duft, von dem ihr Vater gesagt hatte, es sei der des Todes, immer stärker. Nach etwas Verbranntem, nach nassen Felsen, von Eisenerzadern durchzogen, nach verfaulendem Obst und nach etwas anderem, das sie nicht kannte. Das Gesicht des Fremden war ganz Lächeln, seine Augen blitzten vor Freude, und dann legte er die Hände auf ihre Schultern.

»Ich bin Meister Joaku«, sagte er. »Willkommen in Jerichar.«

»Sahiko! Prinzessin Sahiko, wacht auf!«

Sahiko blinzelte. Einen Moment fragte sie sich, ob das überhaupt ihr Name war, ob sie nicht in Wahrheit ganz anders hieß. War sie nicht Linua? War sie nicht gerade in Jerichar angelangt?

Doch die Luft war angenehm kühl an diesem frühen Morgen. Das fahle Licht enthüllte die kostbaren Möbel, an die sie sich immer noch nicht recht gewöhnt hatte. Sie lag in einem Himmelbett, das doppelt so groß war wie ihr Zimmer im grauen Haus in Königstal. Dort war sie zu Hause, nicht hier im Palast in Wabinar. Jeden Morgen wunderte sie sich darüber, in diesem Bett zu erwachen. Die Kissen waren weiß, mit goldener Borte verziert und so weich, dass man darin versinken konnte. Auf ihrem Nachttisch stand noch das Glas Milch, das Maira ihr gestern Abend gebracht hatte, als sie nicht einschlafen konnte.

Doch es roch im Zimmer nicht nach Milch. In der Luft lag derselbe Geruch wie in ihrem Traum. Es stank nach Tod, süßlich und zugleich bitter, nach Asche und Eisen und faulen Früchten und etwas anderem, das sie nicht kannte.

Dafür war ihr die schwarzhaarige Frau, die an ihrem Bett stand, vertraut. Sie hieß Kaji und war eine der Sklavinnen, die häufig am Abend in den Gemächern des Kaisers anzutreffen waren.

»Wo ist Maira?«, fragte Sahiko, denn obwohl Maira nicht ihre eigene Kinderfrau war, sondern die von Prinz Sadi, kam sie einer Mutter hier in der Fremde doch am nächsten. Sahiko sehnte sich nach ihrer richtigen Mutter, nach ihrer freundlichen Stimme und einer kräftigen Umarmung.

»Für Fragen ist keine Zeit. Kommt rasch, Prinzessin.« Kaji schlug die Decke zurück und zerrte Sahiko aus dem Bett. »Wir müssen uns verstecken. Sofort!«

Der harte Griff um ihr Handgelenk schmerzte. Sahiko wehrte sich nicht, denn es waren zu viele Dinge auf einmal, die auf sie eindrangen. Der Geruch war das Schlimmste, aber vielleicht auch das Beste. Hatte sie wirklich zuerst gedacht, dass es stank? Nein, der Duft war auf eine Weise köstlich, die kaum zu ertragen war.

»Jemand ist gestorben«, sagte sie. »Wer?«

Der weiche Teppich schmiegte sich an ihre bloßen Füße und schien sie festzuhalten, während die Sklavin sie durch das Schlafzimmer und die angrenzenden Räume zog. Für einen kurzen Moment hielt Kaji inne und horchte. »Sie kommen schon. Verdammt, wo bringe ich Euch am besten hin?«

»Ist das Kind immer noch hier?« Am Vorhang stand ein Mann, den Sahiko schon häufig in der Nähe des Kaisers gesehen hatte. Ein Edelmann, kaum größer als sie selbst, der stets eifrig seine Dienste anbot. »Kommt mit mir, beide.«

Kaji zögerte.

»Du musst mir vertrauen«, beharrte der Mann. »Rasch, die Treppe hinunter! Wir müssen dieses Stockwerk sofort verlassen.«

»Ich wollte mit ihr zum Lastenaufzug und sie aus dem Palast bringen.«

»Nein, nein, nein«, sagte er. »Sie bewachen alle Ausgänge, niemand kommt hier raus. Jetzt folgt mir endlich.«

Sahiko löste ihren Arm aus Kajis Griff. Sie war bereit, dem Edelmann zu folgen, auch wenn er ein anderer Mann war als in ihrem Traum. Dabei fürchtete sie sich nicht. Angst war ein Gefühl, das ihr fremd war, aber sie begriff die Dringlichkeit einer raschen Flucht. Obwohl sie nicht wusste, was passiert war, erkannte sie den Ernst der Lage in den Gesichtern der Erwachsenen.

Noch vor dem Mann kletterte sie flink die Stufen der Wendeltreppe hinunter, von denen es auf jeder Etage des gigantischen Palastes mehrere Dutzend gab. Seit ihrer Ankunft vor einigen Wochen hatte sie das oberste Stockwerk, das der Kaiser bewohnte, nicht verlassen. Neugierig blickte sie sich um, doch der Mann war dicht hinter ihr. »Weiter. Durch den Vorhang, leise. Da ist noch eine Treppe. Wir müssen weiter runter.«

Während sie weitergescheucht wurde, nahm Sahiko wahr, wie sich von Etage zu Etage die Ausstattung der Räumlichkeiten veränderte. Es gab immer weniger goldene Verzierungen, die Böden waren nicht länger mit edlem Holz ausgelegt, sondern aus bemaltem Gestein. Die Vorhänge waren dünner und gröber. Hin und wieder mussten sie sich auf dem Weg zur nächsten Treppe hinter diesen Vorhängen verstecken und den Atem anhalten, um den Menschen, die hier wohnten und ihr Tagewerk begannen, nicht zu begegnen. Die Treppen reichten nie weiter als von einem zum anderen Stockwerk, und manchmal mussten sie nach den nächsten Stufen suchen.

»Wie weit noch?«, zischte Kaji. »Bringt Ihr sie nicht zu Euch? Hier leben keine Adligen mehr.«

»Ich dachte, wir verstecken sie im Zehnten. Mein Zimmer ist zu weit oben, das ist nicht sicher genug.«

»Was ist im Zehnten?«, fragte Sahiko.

»Dort lebt ein Schneider, der mir noch etwas schuldig ist«, erklärte der Mann. Er schien überrascht, dass sie ihn angesprochen hatte. »Verzeiht, dass ich mich Euch nicht vorgestellt habe. Ich bin Graf Ricto, und ich werde dafür Sorge tragen, dass Euch nichts passiert. Der Schneider wird Euch verstecken, Prinzessin, bis sich die Lage geändert hat.«

»Die Lage wird sich nicht ändern«, fauchte Kaji. »Wie sollte sie? Der nächste Kaiser wird den Palast von allen Rivalen säubern.«

Dies war endlich eine Information, mit der Sahiko etwas anfangen konnte. »Der Kaiser ist tot?«

»Ja, Schätzchen.« Die Sklavin kniete sich vor sie hin und drückte mitfühlend ihre Hände. »Es tut mir leid, aber Euer Vater ist diese Nacht gestorben. Ich wollte es Euch schonender beibringen.«

Kaiser Liro war also tot. Sahiko nahm die Nachricht ohne mit der Wimper zu zucken hin. Ihre Eltern waren der König und die Königin von Guna – Selas und Lan’hai-yia. Das hatte sich für Sahiko nicht dadurch geändert, dass der Kaiser sich plötzlich zu ihrem Vater erklärt und sie mit nach Wabinar genommen hatte. Sie war ohne zu weinen mitgekommen, doch das bedeutete nicht, dass ihr die Dinge gefielen, die die Erwachsenen über ihren Kopf hinweg entschieden hatten. Der blasse Mann mit den gelben Haaren, der darauf bestanden hatte, dass sie jeden Morgen mit ihm speiste, bedeutete ihr nichts. Sie mochte Maira, die sich um sie sorgte. Sie hing an Yando, ihrem Onkel, der sie und ihren besten Freund, den Prinzen Sadi, unterrichtete, und daher war sie erleichtert, dass der Tod keinen dieser drei Menschen getroffen hatte.

»Kaiser Liro hat viele Brüder«, erklärte Graf Ricto. »Sie wohnen in Gojad. Der Nächste in der Reihenfolge heißt Prinz Driano. Er wird schon auf dem Weg hierher sein, und sobald er eintrifft, wird es noch gefährlicher. Ihr müsst Euch gut versteckt halten. Am besten, wir denken uns einen Namen für Euch aus und nennen Euch auch nicht länger Prinzessin. Das ist sicherer.«

Sahiko nickte. Sie hatte bereits andere Namen gehabt, das wusste sie tief in ihrem Inneren. Der Name Sahiko war nur wie ein Kleidungsstück, das sie trug, bis es zerschlissen war.

»Ihr habt Anhänger im Palast«, sprach der Graf weiter, »Männer und Frauen, die den Weg, den Kaiser Liro eingeschlagen hatte, gerne weitergehen würden. Die seine Entscheidungen für weise und richtig gehalten haben und die nun befürchten, dass ein jüngerer Bruder des Kaisers Kanchar in den Untergang führen könnte. Gerade in kritischen Zeiten wie diesen. Wir wären bereit, Euch zur Seite zu stehen, wenn Ihr das Werk Eures Vaters fortsetzt.«

Kaji sog scharf die Luft ein. »Was redet Ihr da? Ein Kind kann nicht auf dem Thron sitzen. Ein Kind ist nicht vollkommen.«

»Ein Rat weiser Fürsten könnte die Regierungsgeschäfte übernehmen, bis das Mädchen alt genug ist.«

»Ein Rat? Wie könnte ein Rat über das Kaiserreich Kanchar herrschen statt eines Kaisers?«

»Wir befinden uns im Krieg«, entgegnete Ricto schroff. »In einem Krieg, wie es ihn noch nie gegeben hat. Wie könnte ein unwissender Junge, der sich bisher in den Bergen von Gojad versteckt hat, die Geschicke Kanchars lenken? Wir brauchen Fürst Yando. Und einen Rat aus fähigen, in der Kriegskunst bewanderten Männern. Ein Kind auf den Thron zu setzen, das diesen Rat nicht behindert, ist womöglich die einzige Möglichkeit, Kanchar zu retten. Ein neuer junger Kaiser, der alle bewährten Leute verjagt und die wichtigen Posten mit seinen Getreuen besetzt, wäre zu diesem Zeitpunkt fatal. Doch hier ist nicht der richtige Ort für eine solche Diskussion.« Er hob den Vorhang an und spähte durch die Lücke. »Dort entlang geht es zur nächsten Treppe. Seid leise.«

Sahiko zuckte erschrocken zusammen, als Graf Ricto plötzlich ächzte, nach vorne stolperte und mit einem dumpfen Laut auf dem Boden liegen blieb. Sie starrte zu Kaji hinauf. »Was hast du gemacht?«

»Erkläre ich dir später. Schnell.« Die Sklavin stellte einen schweren Kerzenständer zur Seite und winkte Sahiko, mitzukommen.

Schon hörten sie Stimmen aus einem der angrenzenden Zimmer. »Was war das? Ist etwas umgefallen?«

Kaji fluchte leise, während sie Sahiko durch das Labyrinth der Räume zur nächsten Treppe führte. Jemand kam, und Sahiko schlüpfte rasch hinter eine Truhe, bevor Kaji ihr folgen konnte.

»Was tust du hier?«, fragte eine barsche Stimme.

Sahiko konnte an Kajis frecher Antwort hören, dass sie log, doch der Mann fragte nicht weiter und ließ sie gehen. Als Sahiko sich aufrichtete, drapierte Kaji einen groben Umhang um sie, der ihr Nachthemd verdeckte. Sie legte einen Finger an ihre Lippen, und Sahiko stellte keine Fragen. Stattdessen hielt sie den Umhang vor ihrer Brust fest.

Gemeinsam liefen sie zu den Stufen. Hier waren viele Menschen unterwegs, doch niemand achtete auf sie. Auf der Etage, die sie nun betraten, war es heiß und stickig. Es gab keine magischen Drehfächer, die die Luft kühlten, und auch die magischen Lampen, die für sanftes Licht sorgten, fehlten. Geschäftig eilten Männer, Frauen und sogar Kinder hin und her. Es roch anders als oben im Palast, nach Schweiß und nach etwas, das in der Nase kitzelte und beim Atmen in der Lunge stach. Durch die weit geöffneten Fenster drang der Lärm der erwachenden Stadt. Hähne krähten, Wagenräder quietschten, Eisenpferde stampften knarrend vorüber.

»Wir sind im zweiten Stockwerk. Hier wird auch Stoff gefärbt«, erklärte Kaji. Sie zog Sahiko vom Gang weg in eine Zimmerflucht, in der Webstühle standen. Dort kniete sie sich hin, sodass Sahiko auf sie herabblicken musste. »Hört mir gut zu, Prinzessin. Ich kenne hier niemanden, und ich kann Euch niemandem anvertrauen. Das ist zugleich Euer Schutz. Wenn jemand Ricto und mich verrät, gibt es keinerlei Verbindung von uns zu diesen Leuten hier. Aber hier arbeiten viele Sklaven aus dem Süden. Ein Kind wie Ihr wird niemandem auffallen. Verhaltet Euch, als gehörtet Ihr hierher. Versteckt Euch. Schaut niemandem in die Augen. Könnt Ihr klettern?«

Sahiko nickte. Sie kam aus Guna, aus den Bergen, natürlich konnte sie klettern.

»Zur Not könnt Ihr aus dem Fenster steigen und über die umliegenden Mauern entkommen.«

»Warum hast du Ricto geschlagen?«, wollte Sahiko wissen.

Kaji fuhr sich nervös durchs Haar. »Ich bin mit ihm mitgegangen, weil ich dachte, er handelt aus eigenem Antrieb. Um Euch zu retten. Doch wenn eine ganze Gruppe Fürsten dahintersteckt, die Euch verstecken will, um Euch zu benutzen, ist es etwas anderes. Irgendjemand wird Ricto verraten, und Ricto wird erzählen, wo er Euch hingebracht hat. Selbst wenn er Euch nicht zu seinem eigenen Vorteil verraten würde, hätte er keine Wahl. Auf dem Thron der Wahrheit sagt jeder, was er weiß. Also durfte ich nicht zulassen, dass er mitbekommt, wohin ich Euch bringe.«

Sahiko dachte darüber nach. Kaji war hübscher als jede andere Frau, die sie kannte, und sie war häufig im obersten Stockwerk anzutreffen gewesen. Ricto wusste von ihr, und wie Kaji eben zugegeben hatte, würde er vielleicht preisgeben müssen, was er wusste.

»Und wenn man dich auf den Thron der Wahrheit setzt?«, fragte sie.

»Das wird nicht geschehen«, sagte Kaji und lächelte, und wäre der feuchte Schimmer in ihren Augen nicht gewesen, hätte Sahiko ihr Lächeln sogar für echt gehalten.

»Willst du aus dem Palast fliehen?«, fragte sie, doch das konnte nicht sein. Hätte Kaji fliehen wollen, hätten sie sich gemeinsam auf den Weg machen können.

»Wenn sie kommen, um mich zu holen, werde ich verhindern, dass sie mich fassen«, sagte sie, und in der Luft lag der Duft des Todes wie der Hauch eines Parfüms. Sahiko atmete tief ein, die Süße und das Bittere und das Namenlose.

»Dein Tod wird wunderschön sein«, sagte sie ernst.

»Ihr seid ein merkwürdiges Kind«, meinte die Sklavin.

»Du bist noch viel merkwürdiger«, sagte Sahiko. »Du hättest den Grafen töten können, dann könnte er dich nicht verraten, und dein Leben wäre gar nicht erst in Gefahr.«

»Das stimmt. Aber vielleicht kann der Rat tatsächlich verhindern, dass der Bruder des Kaisers den Thron besteigt, und dann ist Graf Ricto wichtig für Euer Überleben. Dann ist er für Euch genauso nützlich wie Ihr für ihn.« Kaji legte die Hand auf Sahikos Schulter. Ihre Hand war warm, und sie duftete süß, betörend süß, und einen Augenblick lang wollte Sahiko Worte sagen, die ihr selbst fremd waren. Beinahe hätte sie gesagt: Ich bin Linua, und ich werde dafür sorgen, dass dir nichts geschieht. Du hast mich gerettet, und ich bleibe niemandem etwas schuldig.

Doch sie war nicht Linua, das fremde Mädchen, das ein Fremder in die Wüste gebracht hatte, sondern nur Sahiko, acht Jahre alt und auf der Flucht.

Sie wollte fragen, wo Prinz Sadi war, ihr einziger Freund im Palast, und warum ihr Onkel Yando sich nicht um sie kümmerte, doch da war Kaji schon fort, und nur der Duft blieb zurück.

»He, du, Mädchen!«, rief jemand. »Steh nicht im Weg herum. Marsch, an die Arbeit, hast du nichts zu tun?«

Sahiko senkte den Kopf und huschte davon. Sie sah niemandem in die Augen. Wie eine Ratte, nach der alle traten, suchte sie nach einem Loch, in dem sie verschwinden konnte.

2. Die belagerte Stadt

Karim, Prinz von Daja, stand auf der Wehrmauer seiner Stadt. Im Osten dämmerte grau der Morgen herauf, der Mondgürtel verblasste, und die Sterne wichen vor dem Licht zurück. Ein neuer Tag in der belagerten Wüstenstadt.

Die Feinde waren so weit zurückmarschiert, dass sie von den Katapulten nicht getroffen werden konnten. Es waren nicht mehr als etwa fünftausend Soldaten, schätzte Karim. Eisensoldaten. Ein einziger von ihnen genügte, um ein Gemetzel unter Menschen aus Fleisch und Blut anzurichten. Während der Hauptteil der gegnerischen Armee weitergezogen war, hatte König Laikan von Anta’jarim diesen Ring aus Eisen um Daja gelegt wie eine Fessel.

»Du solltest mehr schlafen.«

Während Karims Abwesenheit hatte Mernat die Feuerreiter befehligt und die Stadt verwaltet. Diesen Posten hatte er schneller aufgegeben, als Karim lieb war. Die Verantwortung für Daja zu tragen war eine Verpflichtung, die ihn davon abhielt, nach Kato zurückzukehren. Zu Anyana und ihrem Sohn. Er fühlte sich zerrissen, zum Bleiben verdammt, während sein Herz sich nach seiner kleinen Familie sehnte.

»Du musst deine Kräfte besser einteilen«, fuhr Mernat fort. »Alle Augen blicken auf dich. Niemandem ist damit gedient, wenn du zusammenbrichst.«

»So wie du mir Ratschläge gibst, könnte man meinen, dass du mein großer Bruder bist«, sagte Karim.

»Nein, das bin ich nicht. Dein Bruder Selas ist wie du, er bürdet sich bereitwillig zu viel auf. Doch er hat wenigstens eine Frau, die auf ihn aufpasst. Und wen hast du?«

Die Krähe, die er mit nach Daja gebracht hatte, schlief oben auf einem der Wehrtürme. Karim lächelte bei dem Gedanken daran, wie dieses kleine Tier ihn herumkommandierte. Seit die Seele des verstorbenen Dichterprinzen in einem Tier steckte statt in einem Eisenvogel, verhielt sie sich anders. Sie gehorchte ihm nicht mehr und tat, was sie wollte, trotzdem war sie bei ihm geblieben. Wie ein schützender Schatten flog sie über ihm, sie war sein Auge und sein Ohr. Doch wenn Karim mit Mernat sprach, hielt sich die Krähe meistens fern.

»Warte«, murmelte Karim. »Irgendetwas geht da vor sich.« In die Reihen der Belagerer kam Bewegung. Metall funkelte im Licht der Morgensonne, die sich über den Horizont erhob. Jemand rannte dort von einer Standarte zur nächsten, und gleich darauf hob ein ohrenbetäubender Lärm an. Die eisernen Soldaten stampften mit den Füßen, warfen die Arme in die Luft und schlugen ihre Waffen aneinander.

»Sollen sie sich abmühen, um uns zu ärgern«, meinte Mernat. »Sie werden uns damit gewiss nicht einschüchtern.«

Karim war sich da nicht so sicher. Die Feinde machten genug Lärm, um die ganze Stadt zu wecken. Die Menschen in Daja schliefen ohnehin nicht gut, und nach der letzten Schlacht, die um ein Haar zur Zerstörung der Stadt geführt hätte, verdienten sie ein wenig Ruhe. Die Brunnen reichten tief, und Vorräte gab es reichlich, doch in diesem Moment wurde Karim klar, dass es auch andere Wege gab, um eine belagerte Stadt zu zermürben. Eisensoldaten brauchten keinen Schlaf, nur die Magier, die sie lenkten. Wenn sie sich darauf verlegten, nachts anzugreifen oder auch nur die Nachtruhe zu stören, würden sie es den Dajanern verdammt schwer machen.

»Worüber freuen sie sich nur so? Ich hoffe, Laikans Heer hat Testra nicht eingenommen.«

Von Daja nach Testra war es nicht weit, zwei, drei Tage, wenn man den Weg entlang der Küste des Nebelmeers nahm, noch weniger, wenn man die Nacht durchmarschierte. Karim wusste nicht, wie sich die Eisenmänner des Nachts verhielten. Ob auch sie sich nach dem Mondlicht sehnten und die Arme nach den Göttern ausstreckten, so wie die Eisenvögel? Er hatte einen der Soldaten unter großen Opfern gefangen nehmen lassen und eine zersplitterte Seele darin entdeckt. Vermutlich waren die Eisensoldaten nicht länger zur Sehnsucht fähig und unempfindlich, was die Monde oder die Sterne betraf.

Der Kampf war noch lange nicht entschieden, doch schon jetzt konnte man sagen, dass es für Daja und für ganz Kanchar übel aussah.

»Ich muss mit dem König von Testra sprechen«, sagte Karim. »Oder mit seinem Heerführer. Sofort.«

Mernat legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wir können uns nicht auch noch um unsere Nachbarn kümmern. Was würdest du tun, wenn sie in Bedrängnis sind? Deinen Eisenvogel nehmen und hinfliegen? Darauf hoffen sie bestimmt. Dass wir Feuerreiter Daja zurücklassen und uns in die nächste Schlacht stürzen.«

Karim biss die Zähne zusammen. Mernat hatte recht. Es war unmöglich, gleichzeitig Daja zu beschützen und dem Rest von Kanchar beizustehen. Die Belagerer würden auf die kleinste Schwäche sofort reagieren. Dennoch konnte Karim nicht zulassen, dass Laikans Eisenarmee eine Schneise durch Kanchar zog.

»Eine Schale, sofort.« Mernat winkte einem der Soldaten. »Und bring dem Prinzen einen Krug Wasser.«

Der Mann eilte davon.

»Ich könnte durch die Tür gehen«, sagte Karim.

»Nein«, sagte Mernat. »Selbst wenn du es könntest, tu es nicht. Von dieser Fähigkeit sollten nicht mehr Leute erfahren als unbedingt nötig. Dass du plötzlich hier in Daja aufgetaucht bist, war wie ein Wunder. Der Prinz von Daja erscheint in der Stunde der größten Not! Das hat den Leuten Mut gegeben. Doch wenn du überall erscheinen würdest, wo du nichts zu suchen hast, wird die Stimmung schnell gegen dich umschlagen. Kein König will, dass du plötzlich in seinem Thronsaal stehst oder neben seinem General erscheinst und ihm Befehle ins Ohr brüllst.«

Karim musste unwillkürlich lächeln. »Ich hatte nicht vor, irgendjemandem Befehle ins Ohr zu brüllen.«

»Das weiß ich doch. Aber wissen die anderen das auch? Bleib in Daja, Karim. Sei unser von den Göttern gesegneter Prinz. Sei ein Feuerreiter. Lass die Menschen vergessen, dass du auch ein Magier bist. Noch besser wäre es, du überließest auch das Wassersprechen den Magiern.«

Der Soldat reichte Mernat die Schale und den Krug und zog sich diskret wieder zurück. Dass Feuerreiter durchs Wasser sprachen, war alltäglich. Vielleicht hatte sein Freund recht, und es war besser, wenn Karim seine magischen Fähigkeiten zurückhielt.

»Ich mache das«, sagte Mernat. »Ein Prinz braucht sich für gewöhnlich nicht selbst um die Nachrichtenübermittlung zu kümmern.« Er goss das Wasser in die Schale und beugte sich darüber.

Karim trat einen Schritt zur Seite, um das Bild nicht zu stören. So ungeduldig er auch war, selbst mit dem General von Testra zu sprechen, war es doch sinnvoll und notwendig, Aufgaben zu delegieren. Er musste auf seinen Ruf achten. Übernächtigt mit einem Magier zu reden, der jede Information weitergeben würde, war in der Tat nicht klug.

Mernat runzelte die Stirn, während er mit jemandem in Testra sprach. Dann machte er eine abrupte Bewegung, stieß an die Schale, und das Wasser schwappte über.

»Was ist passiert? Sind sie in Bedrängnis? Ist Testra gefallen?« Karim konnte sich nicht länger zurückhalten.

Mernat war bleich geworden. Mit zitternden Händen rückte er die Schale wieder gerade.

»Sie haben uns nichts gesagt«, flüsterte er.

»Wer hat uns was nicht gesagt? Mernat, so rede doch endlich!«

Endlich drehte der Feuerreiter ihm das Gesicht zu. »Der Kaiser ist tot.«

»Was? Kaiser Liro … tot?« Das war ganz und gar nicht die Nachricht, die Karim erwartet hatte. Seine Gedanken stürzten davon wie eine Herde aufgeschreckter Pferde. »Er war noch so jung. Und der Zeitpunkt ist denkbar schlecht.«

»Wie er gestorben ist, darüber konnte mir der Magier drüben in Testra nichts sagen. Sie stehen kurz vor der Schlacht. Der Tod des Edlen Kaisers wird hoffentlich nicht den Ausgang des Kampfes beeinflussen. Dieser Tag sollte der Stille gehören, der Trauer. Die Arbeit ruht, wenn ein Kaiser gestorben ist.«

Gedanken, die sich überschlugen. Sollte Meister Joaku seine Hände mit im Spiel haben? Hatte er einen Wüstendämon geschickt, um den Kaiser ermorden zu lassen und damit die Moral der kancharischen Truppen zu schwächen?

»Wir brauchen einen Kaiser«, sagte Mernat. Er wischte sich eine Träne von der Wange. »Wir brauchten Liro, der uns Kraft und Zuversicht gegeben hat, und nun muss sich so schnell wie möglich sein Nachfolger zu Wort melden und uns die Stärke verleihen, die wir für den Kampf benötigen. Am besten sofort. Nun verstehe ich, warum die da draußen so laut lärmen. Als ob sie uns auslachen würden! Wir können nicht einmal einen Trauertag einlegen und die angemessene Zeit der Stille vor den Göttern einlegen.«

Karim ließ den Blick über die lärmenden Eisensoldaten schweifen. Sie hörten nicht auf damit, Metallteile aneinanderzuschlagen, und es war zu erwarten, dass sie den ganzen Tag damit weitermachen würden. Nicht um die Nachtruhe vorzeitig zu beenden, wie er zuerst gedacht hatte, sondern um den Tag der Stille in sein Gegenteil zu verkehren.

»Wer ist der Erbe des Kaisers?«, überlegte er laut. »Ich bin zu lange in Kato gewesen. Über die Angelegenheiten des Kaiserreichs bin ich nicht auf dem Laufenden.«

Mernat runzelte leicht die Stirn. »Lass das lieber niemanden hören, wenn ich dir einen Rat geben darf. Liros Tochter ist noch zu jung, aber er hat einige Halbbrüder, die in Gojad leben. Es wird wohl einer von ihnen sein. Der Älteste, wenn ihm kein plötzliches Unglück zustößt.«

»Es gibt eine Tochter? Ein Bastardkind?«

»Nein, angeblich ist es Rumas Tochter.«

Karims Herz begann schmerzhaft schnell zu schlagen. Ruma, seine Pflegeschwester, seine ehemalige Verlobte, war durch seine Schuld nach Wabinar geraten, um dort einen Jungen zu heiraten, den sie nicht liebte. Es hatte sie zur Kaiserin gemacht, aber nicht glücklich. Irgendwann hatte sie sich aus einem Fenster gestürzt … Diese Schuld würde er ewig tragen müssen. Doch von einer Tochter wusste er nichts.

»Prinzessin Sahiko wuchs in Guna auf, als Lan’hai-yias Kind, doch angeblich besteht kein Zweifel daran, dass sie des Kaisers legitime Tochter ist.«

In knappen Sätzen brachte Mernat ihn auf den neuesten Stand.

»Das Kind einer dajanischen Prinzessin lebt? Wir können nicht zulassen, dass einer der anderen Brüder den Thron besteigt.«

»Zulassen?«, fragte Mernat und hob eine Augenbraue. »Wir haben keinerlei Handhabe, um die Prinzessin auf den Thron zu setzen. Sie ist ein Kind und als solches nicht vollkommen.«

»Niemand ist vollkommen«, sagte Karim leise, obwohl auf eine solche Bemerkung, die man auf den Edlen Kaiser beziehen konnte, die Todesstrafe stand.

Finster betrachtete sein Freund die unermüdlich lärmenden Belagerer. »Es gab nie einen Dajaner auf dem Thron.«

»Testra wusste es vor uns, sogar die Feinde haben es offensichtlich schon erfahren. Wabinar hat uns diese Information absichtlich vorenthalten. Man fragt sich, aus welchem Grund? Vielleicht können wir doch etwas ausrichten. Ich muss in den Kaiserpalast.«

»Wo man dich festnehmen wird, wenn du ohne Einladung einfach so auftauchst.«

»Ich bin der Prinz von Daja. Bei einer anstehenden Krönung des nächsten Kaisers ist die Anwesenheit der kancharischen Könige Pflicht oder zumindest, wie jetzt in Kriegszeiten, erwünscht. Niemand wird es wagen, mich festzunehmen.« Das war nicht so sicher, wie er insgeheim zugeben musste. Der nächstältere Halbbruder des verstorbenen Kaisers könnte durchaus vermuten, dass Daja sein eigenes Spiel spielte. »Nun ja. Wabinar ist nicht weniger schlimm als eine Skorpiongrube.« Als der Einzige, der die Grube je überlebt hatte, wusste Karim, wovon er sprach. »Aber ich muss sofort aufbrechen, sonst ist die Prinzessin verloren. Was ist mit Sadi?«

»Er ist unsere Geisel. Daran sollte sich nichts geändert haben.«

War das so? Wie immer, wenn es um Sadi ging, fühlte Karim sich hin und her gerissen. Sadi war die Sonne von Wajun, sein Halbbruder und der zukünftige Gemahl von Anyana. Die beiden waren einander vor langer Zeit versprochen worden. Und außerdem hatte er Sadi vor nicht allzu langer Zeit das Leben gerettet. Karim seufzte leise. »Ich muss für seine Sicherheit sorgen. Tut mir leid, Mernat, aber du musst hier die Stellung halten. Ich kehre so bald wie möglich zurück. Niemand muss wissen, dass ich fort bin. Sag ihnen, ich hätte mich schlafen gelegt und sie sollten mich nicht wecken.«

»Mein Bruder …« Mernat schickte sich an, Einwände zu erheben, doch dann nickte er. »Sonne in deinem Gesicht.«

»Wind in deinem Haar«, antwortete Karim und wandte sich ab. Die Stufen führten ihn hinunter in die Stadt. Welche Tür er wählte, war unwichtig, denn in diesem Moment, da die Sorge um Daja, um die kleine Prinzessin, um Sadi und um ganz Kanchar ihn antrieb, führten alle Türen nach Wabinar.

3. Der Prinz und seine Hoffnung

Prinz Matino schlief nicht gut. Seit er sein Bein verloren hatte, wurde er häufig von Albträumen geplagt, in denen die eiserne Kralle, die ihm den Fuß ersetzte, durch seine Träume kroch. Sie stakste über den Boden und schleifte ihn hinterher, ob er wollte oder nicht. Als wäre er wie ein verurteilter Verbrecher an ein Pferd gefesselt, wurde er über Steine und Gestrüpp gezerrt, bis er vor Schmerzen nicht mehr aus noch ein wusste.

Keuchend kam er zu sich. Ob er tatsächlich laut geschrien hatte, wusste er nicht. Niemand hätte es gewagt, ihn zu wecken. Nicht einmal der Heilmagier bot ihm etwas an, damit er besser schlief, denn dafür hätte er todesmutig andeuten müssen, dass etwas nicht stimmte. Seit Meister Spiros Tod schlichen die Eisenwerker noch vorsichtiger als früher um ihn herum.

Eine Weile saß Matino aufrecht im Bett und horchte, um herauszufinden, was ihn geweckt hatte. Von den nichtsnutzigen Sklaven war nichts zu sehen. Sein Blick glitt durch den behaglichen Raum mit dem halb heruntergebrannten Kaminfeuer, dem Pelz vor seinem Bett, den gefüllten Truhen und den schweren Vorhängen vor dem Fenster, die Asche und Ruß sowie den Gestank der Öfen wenigstens etwas vom Haus der Eisenmeister fernhielten.

Er horchte auf die Geräusche von draußen, doch alles war still. Da war nicht das übliche Schlagen der Hämmer, das Rauschen und Zischen der Schlote. Die ungewohnte Ruhe musste ihn geweckt haben. Niemand arbeitete. Waren denn jetzt alle verrückt geworden? Für den Krieg gegen Le-Wajun und Nehess, der im Westen des Reiches entbrannt war, brauchten sie jedes einzelne verdammte Eisenpferd, jeden Eisenvogel, jedes Schwert und jede Rüstung, die man nur herstellen konnte.

Matino schwang die Beine aus dem Bett. Erst das gesunde, dann sein linkes Bein, das zur Hälfte aus Eisen bestand. Er streckte sich, und die Krallen fuhren aus und kratzten über das Parkett. Wo waren die verfluchten Sklaven, um ihm beim Anziehen zu helfen? Kaum war er aufgestanden, stolperte er über die Teppichkante, da sich die Kralle darin verhakte, riss den Fuß gewaltsam los und zerfetzte dabei den Teppich. Unter lautem Fluchen öffnete er die Truhe.

»Kalazar, verzeiht.« Ein junger Sklave huschte herein. Ein anderer als gewöhnlich. Dieser hier war noch ein halbes Kind, höchstens dreizehn Jahre alt. Ängstlich bewahrte er Abstand, während er die Waschschüssel auffüllte.

»Kein warmes Wasser?«

»Verzeiht, Kalazar, heute dürfen wir kein Feuer anheizen.«

Was sollte das denn bedeuten? Matino grub in seinem Gedächtnis nach einem Feiertag, der solche Unannehmlichkeiten nach sich zog, doch ihm wollte beim besten Willen nicht einfallen, was für ein besonderer Tag heute sein könnte.

»Das Feuer brennt«, sagte er und wies auf den Kamin.

»Ja, Herr, doch es ist uns verboten, Holz nachzulegen.«

»Wer hat es verboten?«, fragte Matino. »Die Eisenmeister?« Das sollten sie erst einmal wagen, seinen Sklaven solch unsinnige Befehle zu geben. Genau genommen waren es nicht seine eigenen Sklaven, nichtsdestotrotz verlangte er den Respekt, der ihm zustand.

»Ja, Kalazar.« Seine Wangen röteten sich, er senkte den Kopf noch tiefer.

»Aus einem besonderen Anlass?«, erkundigte sich Matino.

Der Junge schien im Boden verschwinden zu wollen. »Ich weiß nicht, Herr.«

»Dann geh und mach das Wasser heiß.«

Mit zitternden Fingern griff der Sklave nach der Kanne und eilte hinaus.

Es gab Tage, an denen man das Feuer verlöschen ließ, kein Wasser aus dem Brunnen holte, das Vieh nicht fütterte und keinen Schmuck anlegte. Doch wie hätte heute ein solcher Tag sein können? So ein großes Glück konnte er einfach nicht haben. Wenn der König von Gojad heute Nacht verstorben war, bedeutete dies, dass seine einzige Tochter, Prinzessin Jechna, zur Nachfolgerin gekrönt werden würde. Matino hatte schon mehrmals um ihre Hand angehalten, doch Jechna in ihrer charmanten Art hatte stets freundlich und lächelnd abgelehnt – sie wolle sich noch nicht binden. Zu sehr genösse sie die Freiheiten einer Feuerreiterin. Doch nun mochte sich dies auf einen Schlag geändert haben. In Gojad konnte auch eine Königstochter den Thron erben, allerdings würden die Fürsten und Würdenträger darauf drängen, dass sie heiratete. Als neue Königin könnte sie nicht mehr nach Lust und Laune fliegen und ihre anderweitigen Pflichten vernachlässigen. Gewiss würde sie es ihm hoch anrechnen, wenn er ihr diese Freiheiten ließ, um sich selbst den Regierungsgeschäften zu widmen; je weniger sie ihm hineinredete, umso besser.

Matinos Laune hob sich. Er musste zu den Ersten gehören, die Jechnas Leid teilten, und ihr unverzüglich anbieten, auch ihre Last als Königin zu teilen. Niemand durfte ihm zuvorkommen, wenn er ihr die Vorzüge unterbreitete, die eine Ehe mit ihm bedeutete.

Ohne auf den Sklaven zu warten, wusch er sich mit kaltem Wasser und kleidete sich hastig an. Matino wählte die hellsten Farben, die seine Garderobe hergab, wie es sich für einen Trauernden geziemte – eine Hose aus sandfarbenem Ziegenleder, ein wollweißes Hemd und eine Weste in derselben Farbe. Der weiße Bergkatzenpelz, den er für den Weg zum Schloss überwarf, stellte einen wirkungsvollen Kontrast zu seiner tiefbraunen Haut dar. Er brauchte keinen Spiegel, um zu wissen, dass er gut aussah. Sein schwarzes Haar glänzte auch ohne Duftwasser und Perlenstaub.

In Zeiten der Trauer trug niemand Waffen, dennoch steckte er sich einen Dolch in den rechten Stiefel. Er hatte zu viele Feinde, um je unvorsichtig zu werden. Zudem verzichtete er darauf, den speziellen, mit Metallbändern verstärkten linken Stiefel anzuziehen, der verhinderte, dass sein Eisenfuß das Schuhwerk beschädigte. In Notfällen war die Kralle eine unverzichtbare Waffe, und darum musste sie den Schuh ungehindert durchdringen können. Daher zwängte er die Klaue in einen Stiefel aus butterweichem Leder.

Die Flure lagen still und verlassen da. An diesem Morgen liefen keine Sklaven durch die Gänge, um ihren Herren das Frühstück zu bringen. Matinos Magen knurrte, aber Jechna würde erwarten, dass er fastete so wie alle anderen auch. Es wäre ebenfalls unangemessen, mit einem Eisenpferd den steilen Bergpfad zum Schloss hochzureiten. Am Tag nach dem Tod des Königs gingen alle zu Fuß und vermieden unnötige Gänge. Doch obwohl sein Eisenbein ein vortrefflicher Ersatz für seinen Verlust war, konnte er ein leichtes Hinken nicht unterdrücken, und er hatte gewiss nicht vor, den Weg zur Residenz mühsam hinaufzuhinken. Deshalb betrat Matino den Schuppen, in dem die Eisenpferde bereitstanden. Sie benötigten keinen Stall, doch die schützenden Wände hielten den Aschestaub und die Feuchtigkeit von ihnen fern. Für gewöhnlich wurde hier ein gleichmäßiges Feuer unterhalten und die Wärme durch Eisenrohre verteilt, denn nichts war unangenehmer, als sich auf ein kaltes Pferd zu setzen. Bei sehr tiefen Temperaturen reichte der Brandstein, der sie belebte, nicht aus, um das Eisenwesen von innen zu erwärmen. Doch heute war der Ofen kalt.

Matino machte gute Miene zum bösen Spiel und wählte ein kleineres Tier aus. Heute wollte er bescheiden auftreten. Der edle Pelz, den er trug, genügte, um an seinen Status als ehemaliger Kronprinz zu erinnern. Er saß auf und lenkte das Eisenross aus dem Schuppen. Auf dem Vorplatz kam ihm einer der Meister entgegen, der überrascht zu ihm aufsah.

»Kalazar«, murmelte er. »Ihr reitet hoch zum Schloss?«

Von den Eisenmeistern, die nach Spiros Tod immer noch um die Vorherrschaft stritten, war dieser einer der Besonnensten. Matino erwog, ihm den Posten des obersten Meisters in Aussicht zu stellen, um ihn jetzt schon auf seine Seite zu ziehen, doch dann entschied er, nichts zu übereilen. Menschen, die zu gründlich nachdachten, waren nicht immer am nützlichsten. Also nickte er nur knapp.

Der Meister wies ihn nicht darauf hin, dass das Pferd an diesem Tag eine unerlaubte Annehmlichkeit darstellte. Er blinzelte nur. Die Sonne drang durch die Wolken, die das Tal von Gojad stets verhüllten, und blendete mit Strahlen aus hellgelbem Licht.

»Ihr werdet kondolieren und gratulieren wollen«, murmelte er. Dabei klang er immer noch überrascht – als hätte er nicht gedacht, Matino sei zu Beileidsbekundungen fähig. Das war, wenn man es genau nahm, eine Beleidigung.

Er beschloss, gnädig darüber hinwegzusehen.

Der Mann schien noch etwas sagen zu wollen, überlegte es sich jedoch anders und senkte den Kopf. Matino hatte das Aufblitzen von Angst gerade noch wahrgenommen. Oder täuschte er sich? Der Mann machte sich Sorgen, das war offensichtlich und im Grunde auch kein Wunder. Der Tod eines Königs konnte Ereignisse in Gang setzen, die dem einen oder anderen nicht gefielen. Vielleicht wünschte er sich, die Prinzessin würde den verkrüppelten Kaisersohn lieber nicht heiraten und ihm damit den Zugang zum Thron ebnen?

Er nickte dem Meister knapp zu und zwang das Pferd mit seinem Willen vorwärts; dies entfachte die Magie in dem Tier. Das Dorf blieb bald hinter ihnen zurück. Leichtfüßig wie eine Bergziege erklomm das eiserne Ross den steilen Pfad. Die ausfahrbaren Krallen unten den Hufen gruben sich in jede Ritze im Gestein, nutzten Spalten und Löcher, die Matino, wäre er zu Fuß – und in seinen Stiefeln – gegangen, unablässig hätten straucheln lassen. Das Schloss war in den Fels hineingebaut, schroff wie eine Klippe voller Zacken und Grate. Uneinnehmbar. Matino kannte mehrere der alten Geschichten, die davon erzählten, wie Kanchar dieses traditionsreiche Bergkönigreich unterworfen hatte, doch er wusste nicht, welche davon stimmte. Diejenige, die von Verrat berichtete, vermutete er. Ohne Verrat war ein König, der hier lebte, nicht zu besiegen.

Der breitere Weg, der vom Pass aus hinführte, war weniger schwierig, doch dafür hätte er die Zugbrücke überqueren müssen, und da die Wächter jeden zwangen, vom Pferd zu steigen und zu Fuß hinüberzugehen, kam das für ihn nicht in Frage. Er wollte hoch zu Ross erscheinen, nicht wie ein hinkender Bittsteller, wenn er der Prinzessin erneut die Heirat antrug.

Da das Eisenpferd nicht ermüden konnte, kletterte es den steilen Weg flink hinauf, und sie brauchten weniger als eine Stunde, um das Nebentor zu erreichen, das zumeist offen stand. Heute war das nicht der Fall. An diesem Morgen waren beide Flügel geschlossen, und die Wächter zögerten, ihm zu öffnen, obwohl sie ihn kannten.

Dumpfer Groll wuchs in Matinos Brust, während er wartete. Hinter den Gipfeln stieg die Sonne empor und flutete die fernen Schneehänge mit Gold. Abends war der Schnee rot wie Blut. Manche nannten diese Berge das Eisengebirge und andere die Blutberge, ein weitaus passenderer Name, fand Matino, und nicht nur wegen der Sonnenuntergänge. Unzählige Arbeiter und Sklaven waren in den Minen gestorben. Jeder Eisenvogel und jedes Eisenpferd trug nicht nur die Seelen von Menschen in sich, die geopfert worden waren, sondern ebenso das Blut derjenigen, die das Erz aus dem Gestein gebrochen hatten, sowie die Pein derjenigen, die Bäume gefällt hatten, um für die nötige Holzkohle zu sorgen. Die Schmieden rauchten Tag und Nacht, die Schlote spien den Qualm in den schwarzen Himmel. Die meisten Kinder, die für die Eisenmeister arbeiteten, starben an blutigem Husten. Der Ruß hatte auch die Mauern des Schlosses schwarz gefärbt. Missmutig betrachtete Matino seinen weißen Pelz, auf den sich winzige Aschepartikel legten, obwohl die Arbeit an diesem besonderen Tag ruhte. Die Gärten der Königin, die sein Vater so geliebt hatte, lagen höher, an der anderen Seite des Berghangs, hoch oben im Sonnenlicht, wo keine Asche und keine Qualmwolken sie erreichen konnten. Vielleicht konnte er die Prinzessin, wenn sie erst seine Königin war, dazu überreden, in dem hübschen Pavillon zu wohnen, der im Mittelpunkt des Blumengartens stand.

Ein Lächeln huschte über seine Lippen. Das Leben konnte schön sein. Sobald er König war, würde er die Produktion von Eisen verdoppeln. Er würde weitere Eisendrachen bauen, nicht ganz so groß wie der erste, und sich dann von Wabinar lossagen. Sollte sein Bruder Liro sehen, wie er selbst mit dem Feind fertigwurde. Sollte er …

»Kalazar? Tretet ein.«

Mit einem ohrenbetäubenden Knirschen öffnete sich das Tor, um ihn endlich ins Schloss zu lassen. Die Wächter musterten ihn, während er hindurchritt, und er prägte sich ihre Gesichter ein, um sie später für ihre mangelnde Ehrfurcht zu bestrafen. Das Pferd zog die eisernen Krallen zurück. Laut klapperten seine Hufe auf dem stillen Hof. Überall, an den Wehrgängen und in den Eingängen, standen Wachen. Das Banner des gojadischen Königs, der Adler, flatterte über dem Portal.

Niemand erwartete ihn, um ihn mit Ehren zu empfangen. Mit einem unguten Gefühl stieg Matino vom Pferd. Irgendetwas stimmte hier nicht. Die Wächter trugen nicht Trauer. Und sie behandelten ihn nicht, wie es dem zukünftigen König zustand, sie verbeugten sich nicht tief genug, und während er an ihnen vorüberging, hörte er sie flüstern.

»Nicht mehr lange …«

»Das war zu erwarten …«

Er kannte sich hier aus, dennoch folgten ihm drei Wachmänner, als würden sie ihn vor sich herscheuchen. Durch die Vorhalle ging es in einen kleineren Saal, in dem der König unliebsame Bittsteller warten ließ. Rechts befand sich der Thronsaal, links eine Halle, die für Feste und größere Gesellschaften genutzt würde. Wenn der König gestorben war, würde er im Thronsaal aufgebahrt liegen … oder nicht?

»Nach links bitte, Kalazar«, mahnte einer der Wächter, die ihn begleiteten.