Träume von einer besseren Welt - Birgit Vireau - E-Book

Träume von einer besseren Welt E-Book

Birgit Vireau

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Beschreibung

Geschichten zum Träumen, Geschichten zum Nachdenken, Geschichten zum Staunen für alle, die es noch nicht verlernt haben oder es wieder lernen wollen. Spirituelle Märchen zum besseren Verständnis des Lebens.

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Seitenzahl: 215

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Inhaltsverzeichnis

Das Einhorn.

Das Lied der Liebe

Der goldene Kristall

Der kleine Bruder

Der kleine Käfer – oder: Die Metamorphose

Der neugierige Käfer

Die gefangenen Sonnenstrahlen.

Die kleine Fee

Die kleine Katze als Hausfrau

Die Reise

Kinder-Träume?

Neubeginn

Realität?

Schutzgeister

Träumen verboten?

Vom Elfen, der alles für sich behalten wollte

Zweifel

Das Einhorn.

Er war noch nicht lange hier in diesem Land. Er fühlte sich nicht besonders wohl hier. Alles war so komisch, so fremd...

Seine Eltern waren von ihrer Firma hierher geschickt worden. Anscheinend gab es hier sehr viele seltene Bodenschätze. Aber das interessierte ihn gar nicht. Er wollte ein paar Spielkameraden haben, doch mit den Einheimischen sollte er nach dem Willen seines Vaters nicht spielen. Sie seien merkwürdig und würden an Fabelwesen und Geister glauben, hatte sein Vater ihm erzählt. Dem Jungen war dies jedoch inzwischen ganz egal. Wenn er nur jemanden finden würde... Es war so langweilig.

Hier im Dorf schien es kaum Kinder zu geben. Die Gastwirtin erzählte ihm, dass sie alle in der Schule seien und erst im Sommer nach Hause kommen würden. Das war allerdings noch zwei Monate hin!

Immerhin brauchte er nicht im Arbeitscamp der Firma zu wohnen. Dort war es ganz fürchterlich! Er hatte dies bei anderen Gelegenheiten schon festgestellt. Die Camps waren immer gleich. Manchmal wünschte er sich, seine Mutter würde nicht darauf bestehen, dass er mitkäme. Doch darauf hatte er keinen Einfluss und seine Mutter war doch auch sehr lieb...

Dieses Land war die merkwürdigste Gegend, die er in seinem 12-jährigen Leben bisher gesehen hatte. Seiner Mutter schien es hier gut zu gefallen. Sie war so ausgeglichen wie schon lange nicht mehr. Es schien direkt ein Leuchten von ihr auszugehen. Aber sein Vater schien es nicht zu bemerken. Er war dafür umso brummiger. Alles schien ihm hier gefährlich zu sein. Nichts erlaubte er seinem Sohn. Es war unerklärlich. Bisher hatte er sich noch nie so benommen. Der Junge schüttelte den Kopf.

Und nun hatte die Gastwirtin ihm auch noch gesagt, dass er die nächsten 4 Tage im Haus bleiben müsse, da das Wetter, wie jedes Frühjahr, sehr starke Gewitter und Entladungen erzeugen würde...

Es war schrecklich. Wütend drehte er sich in seinem Bett um. Er war ganz allein, seine Eltern waren im Camp geblieben

Vielleicht würde die elektrische Spannung der Atmosphäre dort alles unter Strom setzen, überlegte der verärgerte Junge. Doch der Meteorologe hatte die Voraussage der Wirtin als Unfug abgetan. Sein Vater nicht. Er hatte seinen Kollegen zur Vorsicht gemahnt. Seine Worte waren allerdings auf taube Ohren gestoßen. Der Junge hatte gesehen wie seine Mutter den Kopf geschüttelt hatte. Sie hatte leise zum Vater gesagt: „Lass ihn seine Erfahrungen machen. Es wird ihm nichts schaden.“

Der Vater hatte wütend gebrummt und gemeint: „Nein, aber wir werden das ganze Camp in Unordnung haben...“ Die Mutter hatte dazu nur gelacht: „Nun, dann bringen wir es anschließend eben wieder in Ordnung!“

Nachdem sein Vater angeordnet hatte, dass er hier im Dorf bleiben sollte, waren sie fortgefahren. Er sei hier sicherer, hatte der Vater gemeint. Mist, aber auch! Nun war er ganz allein hier Es war schrecklich langweilig.

Er blieb lange im Bett. Gegen Mittag wurde jedoch selbst das langweilig. Er stand auf. Die Wirtin lachte leise, als sie das unzufriedene Gesicht des Jungen sah. Er würde die nächsten 4 Tage schon überstehen. Vielleicht würden sie ja doch gar nicht so langweilig wie er im Moment glaubte...

Er aß sein Mittag automatisch. Es schmeckte nach gar nichts. Gegen Abend spürte er, wie ein leises, gespenstisches Raunen ums Haus zog und ihn nach draußen rufen wollte. Wütend hielt er sich die Ohren zu.

Die Verlockung einfach hinauszugehen wurde am nächsten Tag noch stärker. Am Abend hielt er es nicht mehr aus. Er schlüpfte zur Hintertür hinaus. Es sollte doch nur für einen kurzen Augenblick sein. Es würde schon niemand merken...

Leise schlich er durch den dunklen Wald. Die ganze Luft knisterte. Alles schien verzaubert zu sein. Obwohl es dunkel war, funkelten die Bäume und Gräser wie mit Sternen bestreut.

Der Junge war fasziniert. Er fand nichts, dass irgendwie gefährlich war. Die Luft knisterte und einmal sah er etwas, dass aussah wie eine Elfe aus einem Bilderbuch, und einen Zwerg.

Doch waren dies die angekündigten Schrecken? Sie sahen nicht gefährlich aus. Der Zwerg hatte ihm sogar freundlich zugewinkt...

Nein, jetzt glaubte er nicht mehr, dass diese Frühlingstage gefährlich waren. Das hatte auch die Wirtin nicht behauptet. Sie hatte nur gesagt es sei besser, wenn er im Haus bliebe. Sein Vater hatte ein Gebot daraus gemacht.

Vielleicht waren diese Tage etwas seltsam, da sie mit den üblichen wissenschaftlichen Methoden nicht zu messen waren - doch niemals gefährlich! Der Junge schüttelte den Kopf. Die Erwachsenen waren manchmal wirklich schrecklich! So ging er immer weiter. Es war herrlich. Die Welt schien tatsächlich verzaubert zu sein. Über allem lag ein unbeschreiblicher Glanz.

Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen.

Der gehörte doch nun ganz bestimmt nicht hierher. Das war doch der zweite Wetterkundler aus dem Camp. Er hatte ein Gewehr bei sich... Was hatte dieser Mann damit bloß vor? fragte sich der Junge und beobachte ihn gespannt dabei, wie er durch den Wald schlich.

Der Junge verfolgte ihn. Bald kamen sie auf eine Lichtung. Dem Jungen blieb vor Staunen fast der Atem stehen. Doch der Mann schien für die Wunder der Natur kein Auge zu haben. Er stellte sich lediglich auf die Lauer und versteckte sich dazu hinter einem Felsen.

Der Junge blickte ungläubig in eine Welt des Lichtes, der Farben, der Kristalle. Hier auf der Lichtung schien nichts mehr so zu sein, wie es einmal gewesen war. Selbst der kleine Bach und der See hatten sich verwandelt. Sie schienen nun aus reinem Silber zu bestehen und blinkten hell in der unwirklichen Stille, die den ganzen Ort umgab.

Der Junge schluckte. Es war wunderschön. Nur was wollte dieser Kerl mit dem Gewehr hier?! Es gab hier nichts zu jagen und es war so friedlich! Der Junge setzte sich an einen Baum. Tiefe Ruhe umgab ihn. Er hätte ewig so sitzen bleiben können.

Da trat ein weißes, pferdeähnliches Geschöpf auf die Lichtung. Ganz vorsichtig. Der Junge schauderte als er das Horn auf der Stirn des Tieres sah. „Ein Einhorn!“ dachte der Junge. „Einhörner gibt es doch nur im Märchen?“ Staunend saß er da. Dann wurde ihm bewusst, was der Mann vom Camp hier wollte! Er wollte das Einhorn erschießen!

Der Junge sah schnell zu dem Mann hinüber. Dieser hatte sich zum Schießen ein sehr ungünstiges Versteck ausgesucht.

Dem Himmel sei Dank! dachte der Junge und beobachtete weiter das Einhorn. Dieses stand nun mitten auf der Lichtung. Sein Fell glänzte wie frisch gefallener Schnee im Mondlicht. Der Junge war wie verzaubert. Das es etwas so schönes geben konnte... Wie konnten sie nur die Menschen davon abhalten, in diesen Tagen nach draußen zu gehen... Der Junge schüttelte den Kopf.

Dann fiel ihm der Mann wieder ein. Schnell sah er sich um. Oh! Der Halunke hatte seinen Standort gewechselt. Bald würde er schießen können. Der Junge zögerte. Er wusste ja nicht, wie solch ein Fabelwesen auf einen Ruf reagieren würde. Sie sollten zaubern können. Vielleicht würde er verzaubert. Er wollte das Wesen warnen, doch wusste er nicht recht wie. Der Mann hatte nun eine Position erreicht, von der aus er freies Schussfeld auf das Einhorn hatte. Noch zögerte er.

Da trat etwas Kleines, Weißes auf die Lichtung. Der Junge bekam große Augen. Das war ja ein Einhornkind. Es hatte noch gar kein Horn... Nur ein kleiner stumpfer Knauf war auf seiner Stirn zu sehen. Der Junge überlegte, ob wohl alle Einhornkinder keine Hörner hatten.

Das kleine Einhorn lief zu seiner Mutter, um zu trinken. Verblüfft fuhr sich der Junge durch die Haare. Oh, was war er dumm! Wenn die Einhornkinder schon ein Horn hätten, dann würden sie ihre Mütter aber tüchtig pieken! Der Junge nickte vor sich hin. Die Natur hatte das doch gut eingerichtet. Wenn die Einhornkinder allein fressen konnten, würden sie auch ein Horn bekommen!

Jedenfalls hatte dieser scheußliche Mann da hinten bestimmt kein Interesse an dem kleinen Einhorn.

Der Junge wusste nicht warum und woher, doch er war sich sicher, dass der Mann nur hinter dem Horn des Einhorns her war.

Es war als ob die Natur selber es ihm zuflüsterte. Eine leise Stimme schien ihm zu erzählen, dass die Menschen das Horn eines Einhorns für einen Zauberstab hielten mit dem man ewige Gesundheit und alle Reichtümer der Welt erlangen könne...

Der Junge schüttelte sich. Und dafür wollte dieser Kerl das Einhorn töten? Ein denkendes, fühlendes Wesen? Es war eine Unverschämtheit! Der Mann hatte doch Arbeit und außerdem, dass hatte der Junge vom Vater gehört, war dieser Mann alles andere als arm. Nur um noch mehr Reichtum anhäufen zu können, wollte er das Horn haben? Es war unglaublich.

Dann hörte der Junge wieder die leise Stimme. Sie erklärte ihm, dass jeder Mensch mit reinem Herzen zu einem Einhorn gehen und diesem seine Sorgen vortragen konnte. Gemeinsam würden sie dann einen Ausweg suchen und finden. Das Horn allein konnte einem gar nicht nützen.

Der Junge nickte. Das ergab Sinn. Er sah zu dem Mann hinüber. Noch hatte dieser das Gewehr nicht erhoben. Noch zögerte er.

Doch der Junge war sich sicher, dass der Friede nicht mehr lange anhalten würde.

Er schüttelte wütend den Kopf. Der Mann durfte das Einhorn nicht erschießen.

Erst einmal durften überhaupt keine Wesen aus Habgier getötet werden, und zum anderen würde das kleine Einhorn bestimmt noch nicht alleine überleben können...

Oh Himmel! Der Junge versuchte zu schreien als er den Mann das Gewehr heben sah. Doch es kam kein Ton über seine Lippen. Das Bild des Mannes mit dem Gewehr, die Tötungsabsicht, stand jedoch klar in seinem Geist. Sein Wunsch das Einhorn zu warnen ließ dieses Bild los, schickte es zum Einhorn und obwohl er nicht sprechen konnte, erhielt das Einhorn so seine Warnung.

Es drehte sich um, sah den Mann abdrücken. Im gleichen Augenblick ging von seinem Horn ein helles Glühen aus und erfasste erst die Gewehrkugel und dann das Gewehr, verwandelte beides in Asche.

Der Mann stand starr da, unfähig auch nur einen Finger zu bewegen. Fassungslos betrachtet er das Einhorn.

Jetzt trat ein zweites, golden schimmerndes Einhorn auf die Lichtung. Es war der Vater des kleinen Einhorns. Es trat auf seine Gefährtin zu. Der Mann zitterte. Er wartete darauf, dass die Einhörner furchtbare Rache nahmen. Doch die beiden Fabelwesen betrachteten den Mann nur traurig.

Da klang eine leise, silberne Stimme durch die Nacht: „Mann, es ist gut, dass du heute einen Schutzengel gehabt hast, denn hättest du meine Gefährtin getötet, wärst du nie wieder in deine Welt zurückgekehrt. Der Preis für das Horn eines Einhorns ist hoch!

Doch gehe nun in Frieden und lerne, dass man nicht alles haben kann, das man begehrt. Du hast heute Glück gehabt, versuche es nicht noch einmal...“

Dann klang eine zweite, fast noch zartere Stimme auf: „Es gibt keinen Zorn, nur Traurigkeit. Doch du sollst sehen, was du dir einhandelst, wenn du es noch einmal probierst.“

Daraufhin erschien eine helle, leuchtende Kugel vor dem Mann. In ihr liefen Bilder ab. Der Junge konnte sie jedoch nicht erkennen. Der Mann schien jedenfalls sehr erschrocken zu sein. Schließlich brach er zitternd zusammen. Nach einer ganzen Weile schlich er sich dann davon.

Der Junge atmete auf. Er war sich sicher, dass der Mann im Camp nichts von seinem Ausflug erzählen würde.

Jetzt konnte nichts mehr passieren. Das kleine Einhorn hatte ihn inzwischen entdeckt und war auf ihn zu gekommen. Der Junge saß vor Schreck ganz still. Was würde nun passieren? Doch das kleine Wesen rieb nur lieb seinen Kopf an der Schulter des Jungen und ließ sich dann bei ihm nieder. Jetzt kamen auch die Eltern heran. Die Mutter sprach leise: „Ich möchte mich bei dir bedanken. Ohne deine Hilfe hätte ich diesen Menschen nicht bemerkt. Er war sehr schlau... So hatten er und auch ich den gleichen Schutzengel... Wenn du möchtest, kannst du gerne noch etwas bleiben und mit unserem Sohn spielen...“

Der Junge ließ sich dies nicht zweimal sagen und verbrachte noch eine herrliche Zeit im Land der Einhörner. Dabei lernte er auch wie er es jederzeit wieder finden konnte.

Zu Hause glaubte ihm niemand. Aber sie belächelten seine lebhafte Fantasie und bestaunten seine tollen Geschichten.

Doch auch wenn seine Eltern ihm nicht glaubten und alles ins Reich der Fantasie verbannten, was sie nicht mit dem Verstand erfassen konnten, hielt der Junge an seinen Erlebnissen und an seiner Freundschaft zu den Einhörnern fest. Er verlernte auch als Erwachsener nicht, an die Wunder der Natur zu glauben. Eine besondere Freundschaft verband ihn sein Leben lang mit dem kleinen Einhorn.

Er erkannte, dass die Welt des Geistes überall ist; doch an einigen Orten ist der Zugang einfacher zu erreichen als an anderen. Doch hat man ihn erst einmal gefunden, kann nur einer ihn wieder schließen: man selbst, wenn man verlernt zu staunen und zu träumen, denn dann hat man Angst vor den Wesen des Geistes und seinem eigenen Mut.

Das Lied der Liebe

Wisst ihr, es gibt ein Tal in dem die Blumen aus Kristallen aller Farben sind und das Licht eine wunderschöne Musik spielt. Dort gibt es keinen Streit. Alle sind ganz lieb zueinander und wissen, dass der Schöpfer über ihr Wohlergehen wacht.

Doch manchmal erwacht auch dort die Sehnsucht nach etwas Neuem, Aufregendem. Dann versuchen die Ältesten und Weisen den Betroffenen von seinen Plänen abzubringen und ihn die Weisheit des Friedens zu lehren. Oft erlangen die Kinder diese Weisheit schnell. Doch manchmal, so wie jetzt in unserer Geschichte, muss ein Kind den langen Weg des Abenteuers gehen.

Die Bewohner dieses Kristalltales sind Elfen. Sie gehören einer recht kleinen Art an und besitzen kleine schillernde Flügel mit denen sie fliegen können. Ihre Märchen handeln von Menschen und grünen Bäumen und Wiesen, von bunten Blumen und wunderbaren Gerüchen...

Oh, es gab auch in diesem Tal Wunschträume und Phantasien... Es war hier bestimmt nicht langweilig!

Nun sehen wir einmal in eines der Elfenhäuser hinein. Sie bestehen ganz aus Kristall. Das Licht kann ungehindert hindurchfließen. Nachts klingt das Mondlicht leise durch alle Räume. Alles ist hell und klar. Es gibt keine Dunkelheit vor der man sich fürchten müsste. Doch hier in unserem Elfenhaus wohnen zwei Elfenkinder, Bruder und Schwester, die schon lange von fremden Welten träumen und endlich in die weite, weite Welt gehen wollen... Auch wenn es dort, wie die Alten es erzählten, ganz hässlich sein sollte...

Die kleine Elfe glaubte es nicht; schließlich schien doch der Mond über alle Welten und Täler. Das höchste Glück musste es sein den Mond zu besuchen, so schien es ihr.

Ihr Bruder wollte lieber die Menschen aufsuchen und ihre eigenen Verwandten, die Baum- und Pflanzenelfen, kennen lernen. Sie wussten bestimmt vieles von den Menschen! Nun ja, vielleicht konnten sie ihr gar erzählen, wie sie zum Mond kommen könnte.

Sie wollten nicht mehr nur immer etwas für die Gemeinschaft tun, sie wollten endlich einmal sie selber sein. Dieser Wunsch hatte sich inzwischen fest in ihre Seele eingebrannt.

Ein einziges Mal hatte die kleine Elfe versucht mit ihren Eltern darüber zu reden, doch die hatten sie sofort zu den Ältesten geschickt... Dort hatte sie dann von den schrecklichen Gefahren und dem Grauen außerhalb des Tales erfahren. Sie sollte doch bitte hier den Frieden bewahren helfen, draußen galt er niemanden etwas... Dies konnten und wollten ihr Bruder und sie nicht akzeptieren!

Überall wo Leben war, musste auch Frieden zu finden sein! Vielleicht hatten dies noch nicht alle gelernt! Doch dann war es noch interessanter einmal zu sehen, wie es dort aussah... Sie wollte jedenfalls, wie der Mond, alles einmal sehen und für alle da sein!

Langsam, aber sicher wurde der Wunsch aufzubrechen in den beiden Elfenkindern immer stärker. Schließlich machten sie sich in einer Vollmondnacht auf den Weg.

Die Welt jenseits des Tales schien desto dunkler je weiter sie gingen. Die Farben schienen zu verblassen. Bald konnten sie den Ton ihres Klanges nicht mehr spüren. Hier gab es nur noch einen schwachen Abglanz von Farbe, gerade noch zu ahnen.

Um in die Welt der Menschen zu kommen, mussten sie noch ein gutes Stück in diesem dunklen Land zurücklegen. Die kleine Elfe seufzte. So schwer hatte sie es sich nicht vorgestellt. Ihr Bruder hatte sie schon ganz vorsichtig gefragt ob sie nicht umkehren sollten. Es konnte auch in der Welt der Menschen nicht schöner sein!

Gestern hatten sie einen freundlichen Zwerg getroffen. Er fand es hier gar nicht so schrecklich. Anscheinend gab es hier im Inneren der Erde für Zwergenaugen durchaus Schönheit und Freude...

Allerdings hatte ihnen der Zwerg auch mitgeteilt, dass sie noch mindestens eine ganze Woche durch diese dunklen Berge wandern mussten. Danach hatte er sich verabschiedet. Schließlich musste er zurück an seine Arbeit!

Oh! Die kleine Elfe lehnte sich erschöpft an ihren Bruder. Hier war alles so hässlich. Nirgends schien hier Lachen und Fröhlichkeit zu sein. Wenn sie es so bedachte: Hier konnten doch keine Wesen leben, die lachen und sich freuen konnten, die die Weisheit des Schöpfers kannten. Hier schien es ihn nicht zu geben... Und doch war der Zwerg sehr freundlich und hilfsbereit gewesen. Es schien ihm gar nicht merkwürdig vorzukommen, dass sie beide hier herum liefen. Ganz selbstverständlich hatte er ihnen geholfen. Gerade wie der kleine Windgeist, der ihnen über die Felsen hinweg den Weg ins nächste Tal gezeigt hatte. Ihm schien es hier zu gefallen. Dennoch waren beiden Elfenkinder erschöpft. Ihnen fehlten das Lachen und Singen, die Musik ihres Landes, das Licht. Der kleinen Elfe schien es nun nicht mehr so wichtig zu sein ins Land der Menschen zu gehen. Wenn es dort genauso kalt war wie hier in den Bergen, dann konnte dort doch niemals Liebe wohnen! Entmutigt schlief sie neben ihrem Bruder ein. Ein weiterer Tag einer harten Wanderschaft war zu Ende gegangen.

Doch in dieser Nacht schien der Mond silbern über allem. Sein helles Licht beleuchtete sanft die ganze Welt. Es fand auch die beiden Elfenkinder. Sanft lächelnd flocht die Fee der Nacht ein warmes Tuch daraus und hüllte die beiden fürsorglich darin ein, und ihre Schwester, die Sonne, schickte den beiden einen Traum:

Zwei Kinder liefen durch das karge Land. Sie besaßen gar keine Flügel. Schwere Erde klebte an ihren nackten Füßen. Es war ein trauriges Land durch das sie liefen, und doch waren ihre Herzen froh. Hoch über ihnen leuchtete die warme Sonne und weiter in der Ferne schien sich ein Fluss durch die Berge zu schlängeln. Die beiden Kinder lachten. Sie genossen die Sonne. Sie lebten im Freien auf. Sie liebten das Leben. Es war so herrlich sich zu freuen und zu lachen.

Die Berge sahen finster auf sie herab, doch die beiden beachteten es nicht. Vor einiger Zeit hatten sie inmitten der steinigen Welt ihrer Heimat eine kleine grüne Pflanze gefunden. Sie waren jetzt lange nicht mehr dort gewesen, um zu sehen, was aus ihr geworden war.

Heute hatten sie sich von zu Hause fortgestohlen, um sie besuchen zu können. Sie wollten erkunden um was für eine Pflanze es sich denn nun handelte, die dort in den kargen Bergen gedeihen konnte. Die Großmutter sagte immer, dass der Schöpfer alles möglich macht. Wer auf ihn vertraut wird auch in finsterster Nacht niemals einsam sein. Keine Macht der Welt kann seine Güte verhindern.

Die beiden Kinder liefen so schnell sie konnten. Es würde bald dunkel werden. Sie wollten doch noch vor dem Einbruch der Nacht wieder zu Hause sein. Ihre Sehnsucht, die kleine grüne Pflanze zu besuchen, trieb sie voran. Sie wuchs an einem hoch gelegenen Ort.

„Ob sie wohl Blüten hat?“ fragte das Mädchen ihren Bruder. Der zuckte mit den Achseln. Er wollte nur sehen wie groß sie wohl geworden war.

Jetzt hatten sie den Berghang erreicht. Gleich waren sie da. Da stand sie! Stumm vor Staunen betrachteten die Kinder die ehemals kleine grüne Pflanze. Sie war zu einem regelrechten Busch herangewachsen und ihre Zweige waren voller kleiner hell rosa Blüten!

Beide Kinder sanken auf die Knie, vergaßen die Zeit, dachten an ihr Zuhause in dem kleinen Tal. Dort gab es genug zu essen, doch so einen Blumenbusch gab es nicht! Dort wurden die Wunder der Schöpfung oft gleich als Unkraut abgetan. Sie beschlossen über ihre Entdeckung zu schweigen und ihr so ein ungestörtes Wachsen zu ermöglichen.

Es war Nacht geworden. Fest umschlungen schliefen die beiden ein. Das Mondlicht schickte ein paar wärmende Strahlen, so dass sie die Nacht überstehen konnten.

Die Welt um die beiden Kinder versank und aus einer Nacht des Staunens wurden Jahre. Es gab keine Zeit mehr für die Kinder - und doch, die Zeit des Erwachens war nah! Die Menschen bedurften ihrer Hilfe! Denn nur wer noch staunen konnte, konnte der Welt die Liebe zurückgeben.

Im ersten Licht der Sonne erwachte der Elfenjunge. Er war von dem Traum noch ganz benommen. Er schüttelte den Kopf. Hier gab es keine Menschen. Hier war alles öde und leer. Es gab kaum Pflanzen! Und die beiden Kinder hatten doch von hellem Glanz und grünen Wiesen gewusst...

Trotzdem war er sich ganz sicher, dass sie nahe dem Ort waren an dem die beiden Kinder diesen wirklich herrlichen Busch voller hell rosa Blüten entdeckt hatten. Er fühlte die Freude der Kinder, spürte die Sonne und wusste mit einem Male, dass die Menschen seit der Zeit vieles vergessen hatten, dass seither viele, viele Jahre vergangen waren. Falls die Kinder jemals wieder erwachten, würde die jetzige Welt diesen ebenso fremd sein wie ihnen!

Die kleine Elfe saß stumm neben ihrem Bruder. Ihr gingen ähnliche Gedanken durch den Kopf. Zwei Menschenkinder, Bruder und Schwester, so wie sie beide, waren von dem Schöpfer aus dem Rahmen der Zeit genommen worden, hatten den Frieden erleben dürfen.

Jetzt kam eine Zeit in der sie gebraucht wurden, und der Schöpfer schickte sie zurück. Zwei Wesen ohne Heimat, ohne Herkunft, zwei Wesen dem Schöpfer ergeben. Um die Welt der Menschen zu retten, um den Menschen die Liebe zu bringen, kamen sie zurück…

Die kleine Elfe legte beide Arme um ihre Knie. Sie sah ihren alten weisen Lehrer vor sich, der ihr die Weissagungen zitierte. Eine davon handelte von der Welt als alle Wesen noch gemeinsam unter der Sonne des Schöpfers lebten. In dieser Zeit hatte es noch keine Geheimnisse zwischen den einzelnen Völkern gegeben. Doch dann geschah es, dass die Finsternis in die Herzen der Menschen einzog und ihnen die Freude an der Natur nahm und in ihnen stattdessen die Freude am Krieg schuf. Der kleinen Elfe schauderte. Die beiden Traumkinder mussten schon zu Zeiten der Umwälzung schlafen gegangen sein! Denn die Weissagung lautete, wie sie nun ganz leise vor sich hin sprach:

„Und wenn die Welt voller Dämonen und anderer Schrecken ist, wenn es kaum noch grünes Leben und Freude gibt, dann werden die erwachen, die die Liebe leben und die Zeit noch kennen, da sie in dieser geboren wurden, da die Wesen einander noch kannten und grüßten...

Doch sie wurden sich immer fremder. Der Junge und das Mädchen glaubten an Wunder, an den Schöpfer und kaum einer gab ihnen Halt. Sie wurden ob ihrer Kindereien gescholten, hatten selten guten Tage, doch ihre Herzen wussten immer, dass allein die Liebe zählt; und sie versuchten es den anderen zu sagen...

Der Schöpfer erkannte bald, dass die Menschen den beiden misstrauten, sie verachteten, und dass die Zeit für ihre Botschaft noch nicht reif war. So schickte er ihnen einen Traum und ließ sie in sein Reich eintreten bis zu dem Tag an dem sie gebraucht würden, an dem alle Wesen, die Menschen und sogar die Kristallelfen ihre Hilfe brauchen würden. So wuchsen sie im Reich des Schöpfers auf, erlernten alles, nichts ist ihnen fremd... Und doch kennen sie den Hass nicht...“

Schaudernd stieß der kleine Elf seine Schwester an:

„Hör auf. Du machst mir Angst! Ich glaube nicht, dass alles zu Grunde geht... Die Menschen können aus der Welt doch nicht überall so eine Gesteinswüste gemacht haben!“ Zornig wies er mit der Hand rings um sich her.

Die kleine Elfe schluckte: „Vielleicht doch! Und dann... Vielleicht verfinstert sich dann sogar unser Kristalltal, und wenn wir heimkehren ist alles dunkel...“

Energisch schüttelte der Elfenjunge den Kopf: „Das werden wir nicht zulassen! Wir werden uns jetzt erst einmal ansehen, wie die Menschen heute leben, dann werden wir ja sehen! Komm!„

Entschlossen stand er auf und ging zielstrebig der Sonne entgegen. Er schien genau zu wissen wohin er wollte...

Schließlich standen sie auf einem Berghang. Er leuchtete in der Sonne und mitten auf ihm stand der große Busch, den sie im Traum gesehen hatten. Seine Blüten waren geschlossen. Traurig begann die kleine Elfe zu weinen. Wie gerne würde sie ihn blühen sehen! Auch ihr Bruder blickte sehnsüchtig zu dem grünen Busch, dem ersten Zeichen von freiem Leben hier in den Bergen. Und wie sie so staunend und betroffen vor ihm standen, öffnete er vorsichtig seine Blüten und streckte sie verheißungsvoll der Sonne entgegen.

Die beiden Elfenkinder saßen ganz versunken da. Plötzlich zuckten sie zusammen. Von links kamen helle Stimmen. Sie schienen von Riesen zu kommen. Die beiden Elfen erschraken tüchtig. Dann erkannten sie die beiden Kinder aus ihrem Traum wieder. Doch wie waren sie gewachsen! Sie waren nun gut doppelt so groß wie in dem Traum und damit gut dreimal so groß wie sie selber! Entsetzt versuchten sie sich zu verstecken. Die einzige Zuflucht war der Busch. Eilig versteckten sie sich in seinen Zweigen.