Traummänner & Traumziele: Kalifornien - Stephanie Bond - E-Book

Traummänner & Traumziele: Kalifornien E-Book

Stephanie Bond

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Beschreibung

FÜR EINE MILLION NÄCHTE MIT DIR

"Willst du ihn lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?" Warum hat Bree da bloß Ja gesagt? Jetzt ist es zu spät. Sie ist mit Gavin Spencer, dem umwerfend attraktiven Besitzer einer aufstrebenden Werbeagentur in San Francisco, verheiratet. Hals über Kopf hat sie sich in ihn verliebt. Und er? Er hat sie erst verführt - und dann verraten! Denn inzwischen hat Bree herausgefunden, warum Gavin sie geheiratet hat: wegen einer Million Dollar, die ihr Vater ihm gezahlt hat! Wütend wirft sie Gavin den Ehering vor die Füße. Ob er versuchen wird, sie zurückzugewinnen?

MIT SICHERHEIT LIEBE

Ein königlicher Palast, unermesslicher Luxus - das, wovon andere träumen, ist für Prinzessin Alexis nur eines: ein goldener Käfig. Um das Leben ohne Zwänge und ohne Leibwache kennenzulernen, reißt die quirlige Adelige aus nach Kalifornien. Dort genießt sie ungeahnte Freiheiten - und die Küsse des attraktiven Garrett King! Nach magischen Tagen voller Leidenschaft glaubt Alexis, dass das Schicksal sie und Garrett zusammengeführt hat. Sie ahnt nicht, dass er ein Top-Sicherheitsexperte ist - engagiert von ihrem Vater, um sie während ihres Abenteuers zu beschützen …

NIE MEHR BRAV!

Seit vier Jahren leitet die rassige Cindy erfolgreich das altehrwürdige "Chandelier House" in San Francisco. Doch seit es kürzlich von einer Hotelkette übernommen wurde, hat sich viel verändert. Denn die neuen Besitzer scheinen einfach nicht zu verstehen, dass dieses Hotel eher ein nostalgisches Märchenschloss als eine moderne Investition ist! Sogar einen Prüfer will man Cindy jetzt schicken - inkognito. Misstrauisch betrachtet sie die Gäste. Wo steckt der Feind? Nur bei dem umwerfend charmanten Eric ist sie sicher, dass sie ihm vertrauen kann. Leider macht sein Sex-Appeal sie so nervös, dass ihr in seiner Nähe ständig peinliche Missgeschicke passieren. Doch die Leidenschaft, die er in Cindy weckt, ist so groß, dass sie wehrlos vor Verlangen ist. Und dann passiert es: Entgegen aller Vorsätze verbringt sie mit ihm eine Nacht voller Sinnlichkeit. Ist es Liebe? Ja - bis sie erfährt, dass sie mit ihrem Feind im Bett war...

IM HEU - ODER IM BETT?

In Valle Verde, einem idyllischen Ort in Kalifornien, will sich das Exmodel Lauren einen Traum erfüllen: ein Antiquitätengeschäft eröffnen und so viel Zeit wie möglich mit ihrem kleinen Adoptivsohn Jem verbringen! Um die Scheune - direkt neben ihrem Haus - umbauen zu lassen, holt sie sich Angebote von Handwerkern ein. Eigentlich gibt es nur einen, der all ihre Anforderungen perfekt erfüllt: der Bauunternehmer Cole Travis! Zögernd gibt Lauren ihm den Zuschlag, denn dieser attraktive Mann übt eine dermaßen starke erotische Anziehungskraft auf sie aus, dass sie schon jetzt weiß, wo Cole am meisten Zeit verbringen wird - in ihrem Bett! Lauren kann es kaum abwarten, bis sich ihre sinnlichen Träume erfüllen ...

FESTIVAL DER LEIDENSCHAFT

Der Skandal um ihre Familie lässt Lane Douglas keine andere Wahl, als unter falschem Namen in einer fremden Stadt zu leben. Doch kaum hat sich die millionenschwere Erbin in Kalifornien eine unauffällige Identität als Buchhändlerin zugelegt, bringt eine Begegnung mit dem einflussreichen Tyler McKay alles in Gefahr: Denn der Mann, dessen atemberaubende Männlichkeit so ! heißes Verlangen in Lane weckt, steht ständig im Licht der Öffentlichkeit - und die Affäre mit ihm ist ein gefährliches Spiel mit dem Feuer...

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Jennifer Lewis, Amy J. Fetzer, Maureen Child, Julie Hogan, Stephanie Bond

Traummänner & Traumziele: Kalifornien

IMPRESSUM

BACCARA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG

Redaktion und Verlag:

Postfach 301161, 20304 Hamburg

Tel.: +49(040)600909-361

Fax: +49(040)600909-469

E-Mail: [email protected]

CORA Verlag GmbH & Co. KG ist ein Unternehmen der Harlequin Enterprises Ltd., Kanada

Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Daniela Peter

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

Grafik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-29277

Anzeigen:

Christian Durbahn

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

© 2010 by Harlequin Books S.A.

Originaltitel: „Bachelor’s Bought Bride“

erschienen bei: Silhouette Books, Toronto

in der Reihe: DESIRE

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: BACCARA

Band 1660 (9/1) 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Sabine Bauer

Fotos: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 04/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN: 978-3-86295-304-2

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

BACCARA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, HISTORICAL MYLADY, MYSTERY, TIFFANY HOT & SEXY, TIFFANY SEXY

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Jennifer Lewis

Für eine Million Nächte mit dir

1. KAPITEL

Oje, und jetzt? dachte Bree Kincannon, als ihr Vater ihr vom anderen Ende des Ballsaals zuwinkte.

Selbstsicher bahnte er sich einen Weg durch die elegant gekleideten Menschen. Bree blickte ihm angespannt entgegen. Das silbrig schimmernde Haar verlieh ihm eine natürliche Autorität. Gleich nach dem Dessert hatte er sich erhoben und sich wie immer unter die Menge gemischt, denn „sehen und gesehen werden“ lautete sein Motto.

Bree dagegen hatte sich, ebenfalls wie immer, in ihrem Stuhl zurückgelehnt, der Musik gelauscht und auf das Ende des Abends gewartet. Zu der Benefizveranstaltung war sie nur gekommen, weil ihr diese Organisation sehr am Herzen lag.

Erst als ihr Dad vor ihr stand, bemerkte sie den hochgewachsenen Mann, den er mitgebracht hatte.

Oh nein, er wollte sie schon wieder jemandem vorstellen! Dabei hatte sie angenommen, ihr Vater hätte es allmählich aufgegeben, sie mit jedem einigermaßen passablen Junggesellen San Franciscos in Kontakt zu bringen.

„Bree, mein Liebes, ich möchte dich mit jemandem bekannt machen.“

In den neunundzwanzig Jahren ihres Lebens hatte Bree diesen Satz wer weiß wie oft gehört, aber nur selten war mehr dabei herausgekommen als ein peinliches erstes Date. Dennoch erhob sie sich und lächelte höflich.

„Gavin, das ist Bree, meine Tochter. Bree, das ist Gavin Spencer. Er arbeitet als Werbefachmann bei Maddox Communications.“

Gavin Spencer streckte ihr die Hand entgegen, und Bree ergriff sie. „Freut mich, Sie …“ Bree stockte, als sie ihrem Gegenüber in die Augen blickte.

Was für ein Mann! Sein zurückgekämmtes Haar war dunkel und dicht. Der Schatten eines Bartansatzes, der auf die fortgeschrittene Tageszeit zurückzuführen war, betonte seine markanten Züge und den sinnlichen Mund.

„… kennenzulernen?“, vollendete er lächelnd ihren Satz. Dabei blinzelte er ihr zu, seine Augen schimmerten warm.

„Äh, ja! Freut mich wirklich, Sie kennenzulernen“, sagte Bree und zog die Hand zurück, die leicht feucht geworden war.

Wie konnte ihr Vater nur glauben, ein Mann wie dieser Gavin würde sich für sie interessieren! „Maddox Communications hat in letzter Zeit einige wirklich gute Kampagnen lanciert. Zum Beispiel die Werbung für Porto Schuhe ist wirklich ins Auge gefallen.“

Toll, dachte Bree, jetzt habe ich in kürzester Zeit dreimal das Wort wirklich verwendet! Sie wurde rot.

„Danke, ich habe daran mitgearbeitet“, sagte Gavin und lächelte charmant. Selbst seine Zähne schienen makellos zu sein. „Ihr Vater sagt, Sie sind Fotografin?“

Überrascht und stolz zugleich sah Bree ihren Vater an. Bisher hatte er anderen gegenüber ihr Hobby, wie er es einmal genannt hatte, nie erwähnt. „Ja. Es macht mir Spaß.“

„Sie hat sogar einen Preis gewonnen“, schaltete sich ihr Vater gut gelaunt ein. „Black Hat, glaube ich, hieß er.“

„Black Book“, begann Bree zu erklären. „Es ist ein Fotowettbewerb, der …“

„Den Preis kenne ich. Das ist ja eine großartige Leistung!“, sagte Gavin anerkennend.

In diesem Moment erblickte Brees Vater einige Bekannte, entschuldigte sich und verschwand in der Menschenmenge.

Und Bree stand da mit einem atemberaubend attraktiven Mann – dem attraktivsten Mann, dem sie jemals begegnet war. Sie schluckte und strich über ihr Kleid aus gesmoktem Taftstoff. Hätte sie bloß etwas Hübscheres angezogen!

„Und welche Art von Fotos machen Sie?“

„Hauptsächlich Porträts.“ Zu ihrer Verwunderung klang ihre Stimme ziemlich ruhig. Im Stillen ärgerte sich Bree darüber, dass dieser gut aussehende Mann, dessen Gegenwart sie ihrem Vater verdankte, solchen Eindruck auf sie machte. In Situationen wie dieser kam sie sich immer so ungeschickt vor. „Ich versuche, den Charakter der Menschen einzufangen.“

„Eine ziemliche Herausforderung …“

„Man muss nur den richtigen Moment erwischen.“ Wie ihr das gelang, konnte Bree sich selbst nicht ganz erklären. „Ich glaube, dafür habe ich eine Art Begabung.“

Lächelnd sah Gavin sie mit seinen verträumten Augen an. „Eine Begabung, die Sie von der Masse der Menschen unterscheidet.“

„Ich wüsste nicht, was mich von diesen Menschen hier unterscheidet“, erwiderte sie, und deutete mit der Hand auf all die schönen und elegant gekleideten Einwohner San Franciscos, die um sie herum waren. Sofort bereute sie es. Natürlich unterschied sie sich von ihnen – sie war viel weniger interessant und gestylt.

„Hier versucht jeder, irgendwie aufzufallen.“ Als Gavin lächelte, sah sie zwei sympathische Grübchen auf seinen Wangen. „In Wahrheit ist ungewöhnlich, wer dieses Bedürfnis nicht hat. Möchten Sie tanzen?“

„Tanzen?“ Zu Musik wie dieser war sie noch nie zum Tanzen aufgefordert worden.

„Gibt es hier ein Echo?“, fragte Gavin.

„Nein. Ich meine, ja, ich würde gerne mit Ihnen tanzen.“

Einen Augenblick wünschte Bree, der polierte Parkettboden möge sich auftun und sie verschlingen. Sicher wollte Gavin gar nicht mit ihr tanzen, sondern hatte nur aus Höflichkeit gefragt. Eine dankende Ablehnung wäre ihm bestimmt lieber gewesen.

Er bot ihr seinen Arm und geleitete sie in seinem schwarzen Galaanzug – alle anwesenden Herren trugen dasselbe – auf die Tanzfläche. Gerade spielte die Kapelle den Klassiker „In the Mood“.

Als Gavin den Arm um ihre Taille legte, konnte auch der mehrlagige Taftstoff nicht verhindern, dass Bree erbebte. Irgendwo in ihrem Unterbewusstsein hatte sie sicher die Tanzschritte gespeichert, denn sie hatte als junges Mädchen weiß Gott genug Tanzkurse besuchen müssen.

Er führte sie, und plötzlich schien sich der Saal um sie zu drehen. Gavin schien ganz in der Musik aufzugehen, als sie sich mühelos zwischen den anderen Paaren bewegten. Unauffällig atmete Bree den verführerischen herben Duft ihres Tanzpartners ein.

In völliger Harmonie folgten ihre Schritte den seinen. Bree hatte den Arm auf seine breite Schulter gelegt. Obwohl sie fast einen Meter fünfundsiebzig maß, war Gavin ein gutes Stück größer.

Elegant und schwungvoll glitten sie zum Klang der Blasinstrumente über das Parkett, bis das Stück zu Ende war.

Außer Atem blinzelte Bree und löste sich aus Gavins starken Armen. War das wirklich sie gewesen, die durch den Saal gewirbelt war – mit einem so gut aussehenden Mann?

„Sie tanzen herrlich“, sagte er, und sein Atem fühlte sich warm an ihrer Wange an, als er sich zu ihr hinunterbeugte.

„Ich? Das lag ganz allein an Ihnen. Ich habe mich ja nur führen lassen.“

„Das ist eine Kunst für sich allein, die längst nicht alle Frauen beherrschen. Sie glauben ja nicht, wie viele versuchen, selbst zu führen.“

Bree lachte.

„Sie haben ein wunderschönes Lächeln.“

„Dann waren sechs Jahre Besuche beim Kieferorthopäden nicht umsonst …“

Jetzt lachte auch er. „Und Sie haben einen erfrischenden Humor.“

Als er sie von der Tanzfläche Richtung Bar führte, blickten die anderen Partygäste – Männer wie Frauen – ihnen nach. Offensichtlich bewunderten alle den bestaussehenden Mann des Abends. Bree konnte kaum glauben, dass genau dieser Mann den Arm um sie gelegt hatte!

So viel Aufmerksamkeit war sie nicht gewohnt. Sicher fragten sich alle, warum er sich ausgerechnet mit ihr abgab. Und um ehrlich zu sein, das fragte sie sich auch …

Als Erbin, noch dazu als ziemlich wohlhabende, war Bree klar, was die meisten Männer an ihr interessierte: das Wort hatte vier Buchstaben und begann mit G.

Aber dieser Mann konnte jede reiche Erbin haben – und davon gab es hier im Saal viele. Was fand er also so besonders an ihr?

Bree beschloss, nicht weiter darüber nachzugrübeln, sondern einfach zu genießen, dass ihr Herz schneller schlug.

„Möchten Sie Champagner?“, fragte Gavin und bot ihr ein Glas an.

„Ja, gern.“ Warum auch nicht? Schon allein der Tanz war es wert, darauf zu trinken. Bree trank einen kleinen Schluck und genoss das sinnliche Prickeln auf der Zunge.

Gavin beugte sich so nahe zu ihr, dass sie die Berührung des rauen Kinns schon fast spürte. „Wieso sind wir uns eigentlich noch nie begegnet?“

„Ich gehe nicht oft aus. Aber vor einiger Zeit habe ich zwei Katzen aus dem Tierheim der Oakland Animal Society aufgenommen. Darum bin ich heute Abend gekommen. Haben Sie auch Tiere?“

Er schüttelte den Kopf. „Dafür fehlt mir leider die Zeit. Meistens arbeite ich lange, und ich bin oft unterwegs. Ihre Katzen sind sicher sehr glücklich bei Ihnen.“

„Das hoffe ich. Vor allem, weil Ali regelmäßig Insulinspritzen braucht. Tiere mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen finden oft nur schwer ein neues Zuhause.“

„Sie sind sehr fürsorglich …“

Sie lächelte. „Ich hänge sehr an den beiden.“

Ein flüchtiger Ausdruck huschte über sein Gesicht, den Bree nur schwer deuten konnte.

Fragte er sich, wieso er mit einer Katzenliebhaberin in einem unförmigen Kleid seine Zeit vertat? Während mehr als eine atemberaubende Schönheit ihm verführerische Blicke zuwarf?

Zu Hause bei ihren Katzen hätte Bree sich wohler gefühlt, denn Gavins Nähe verunsicherte sie. Angespannt beobachtete sie jede seiner Bewegungen. Eine Kamera als Schutzwall zwischen ihm und ihr würde vielleicht helfen … Dieser Mann sah entschieden zu gut aus, und er gefährdete Brees innere Ruhe ganz erheblich.

„Und ich bin hier, weil ein Kunde einen Tisch für Maddox Communications hat reservieren lassen. Natürlich ist es für einen guten Zweck, aber um ehrlich zu sein, liegen mir solche Zwänge nicht besonders“, sagte er. „Zu viele Leute, zu lange Ansprachen.“ Wieder erschienen die Grübchen auf seinen Wangen.

Bree wurde warm ums Herz. „Was würde Ihnen denn mehr Spaß machen?“

Er zögerte. „Gute Frage. Ich verbringe so viel Zeit mit Arbeiten, dass ich manchmal vergesse, dass es im Leben auch noch etwas anderes gibt.“ Schüchtern lächelnd fügte er hinzu: „In letzter Zeit allerdings habe ich manchmal daran gedacht, einen Gang zurückzuschalten, das Leben mehr zu genießen … Vielleicht sogar eine Familie zu gründen. Klingt vermutlich komisch, oder?“

„Gar nicht.“ Wie er sie mit seinen warmen Augen ansah! Konnte das überhaupt wahr sein? „Ich finde das ganz natürlich. Alles im Leben hat seine Zeit.“

„Und jetzt wäre es an der Zeit, noch mal zu tanzen, finde ich. Haben Sie Lust?“

Die Band spielte gefühlvolle südamerikanische Musik. Bei dem Gedanken, sich zu diesen Klängen mit Gavin über das Parkett zu bewegen, wurde Bree heiß. Und einmal mehr bezweifelte sie, dass all das Realität war.

Wieder führte er Bree zum Tanz. Dabei wünschte Gavin, er würde nicht diesen steifen schwarzen Anzug tragen, damit er ihre Haut fühlen konnte. Alles, was er bisher von Bree gesehen hatte, wirkte sanft und weich: die großen grauen Augen hinter den Brillengläsern, ihre leicht rosa Wangen und der wunderschöne Mund. Bestimmt verbargen sich attraktive Körperformen hinter dem vielen grauen Stoff.

Ihr Vater hatte angedeutet, dass er sie für einen wenig begehrenswerten Frauentyp hielt. Offensichtlich war es ihm peinlich, dass seine Tochter noch unverheiratet war. Es war, als wäre sie ihm eine Last, die er gerne los sein wollte.

Konnte Elliott Kincannon im Ernst so über dieses zauberhafte Wesen denken?

Als Gavin den Arm um ihre Taille legte, spürte er, wie Verlangen in ihm aufstieg. Kein Zweifel, Bree hatte wirklich eine traumhafte Figur. Fasziniert bemerkte er, wie voll sich ihre Brüste anfühlten, wenn er sie während des Tanzes leicht an sich drückte.

Ihr braunes Haar trug sie nach hinten gekämmt und zu einem Knoten zusammengefasst. Wie sie wohl mit einer offenen Frisur aussehen würde?

Vor allem gefielen ihm ihre geschmeidigen Bewegungen, mit denen sie den seinen folgte. Flüssig tanzte sie zu den sanften Klängen der Musik.

Als er sie nach einer Drehung wieder an sich zog, glänzten Brees Augen, und sie lächelte ihm schüchtern zu.

Ein unwiderstehliches Lächeln, das Gavin instinktiv erwiderte.

Wenn ihn sein erster Eindruck nicht täuschte, würde Bree Kincannon eine sehr nette Mrs. Spencer abgeben. Auch wenn sie nicht den Typ verkörperte, der Männer in Bars magisch anzog. Aber er brauchte keine Frau als Aushängeschild, um seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen.

Denn Bree hatte jede Menge anderer Vorzüge: eine Million, um genau zu sein.

Als er ihr wieder in die Augen sah, spürte er sein schlechtes Gewissen wie einen Stich im Herzen.

Sollte er wirklich für Geld eine Frau verführen?

Seit zehn Jahren arbeitete er hart, um sich einen Ruf in der Branche zu erwerben. Seit dem ersten Tag in seinem Job wusste er, dass er eines Tages seine eigene Agentur eröffnen wollte. Er wollte kreative Köpfe zusammenbringen. Und mit außergewöhnlichen Ideen neue Wege in der Werbung beschreiten.

Wenn ihm zu Beginn seiner Laufbahn jemand gesagt hätte, dass er mit dreißig noch immer nicht sein eigener Herr sein würde, hätte er vermutlich laut gelacht.

Aber leider hatte er einige Rückschläge einstecken müssen.

Da mit der Rente seines Vaters etwas schiefgelaufen war, hatte Gavin seinen Eltern unter die Arme gegriffen. Er hatte es gern getan.

Aber er hatte die Angelegenheit einem Finanzberater übertragen, und sein Vertrauen war bitter enttäuscht worden. Einen Großteil seines ersparten Vermögens hatte er dem Banker anvertraut – nur um aus der Zeitung zu erfahren, dass dieser das Geld mit Pferdewetten und zweifelhaften Antiquitäten durchgebracht hatte.

Gavin zog Bree enger an sich, um ihre schönen Brüste noch deutlicher zu spüren. Als sie die Lider mit den langen Wimpern hob, um ihn anzusehen, bemerkte er den Glanz in ihren Augen.

Diese Augen gefielen ihm. So gut, dass er sich vorstellen konnte, sie ein Leben lang täglich anzusehen. Er hatte ein gutes Gefühl, was Bree Kincannon betraf.

Die Suche nach einer Frau oder wenigstens einer Freundin war für ihn nie an erster Stelle gestanden. Eigentlich war er mit seinem Beruf verheiratet. So scherzten zumindest seine Freunde, und irgendwie hatten sie recht. Er liebte seine Arbeit und gab sich ansonsten mit gelegentlichen kurzen Abenteuern zufrieden.

Wenn er seinen zugegebenermaßen ungewöhnlichen Plan weiter verfolgte, musste er sich große Mühe geben, um Bree ein guter Ehemann zu werden und sie nicht zu enttäuschen.

Als er eine Drehung vollführte, ließ Bree sich vertrauensvoll nach hinten gegen seinen Arm sinken.

Von dem Geldangebot wusste sie nichts. Sicher würde es sie über alle Maßen entsetzen. Deshalb durfte sie nie etwas davon erfahren. Nie.

Als er sie wieder an sich zog, lachte sie leise, und Gavin empfand ein Gefühl echter Freude. Bree genoss diesen Tanz. Und er auch!

Während sie weitertanzten, hielt er sie fest an sich gedrückt, um möglichst viel von ihr zu spüren.

Ja, er hatte ein gutes Gefühl bei dieser Sache.

Im großen Spiegel der Damentoilette betrachtete Bree ihre Haare und versuchte, sie neu zu ordnen. Wenn sie nur wüsste, warum Gavin Spencer sich so für sie interessierte.

Oft sagten ihr die Leute, dass sie schöne Augen hatte. Seltsam, wo sie doch eine Brille trug. Für diesen Abend hatte sie ihre leichteste ausgesucht, ein filigranes und randloses Modell.

Bree schob die Brille etwas herunter und betrachtete ihre Augen im Spiegel. Ihr erschienen sie nicht weiter bemerkenswert. Vielleicht sagten es die Leute nur, weil ihnen nicht anderes Nettes einfiel …

Sie schob die Brille wieder hoch, die wirklich sehr bequem saß. Kontaktlinsen waren Bree schon immer zu umständlich erschienen.

Wie immer erwiesen sich ihre krausen Haare als widerspenstig. Bree seufzte. Sie hätte nicht die Haarnadeln herausnehmen dürfen, mit denen sie das Haar mühsam gebändigt hatte. Schließlich brachte sie einen halbwegs annehmbaren Knoten zustande.

Wie immer trug sie keinerlei Make-up. An Lippenstift, Rouge und Eyeliner war sie nicht gewöhnt, und sooft sie versucht hatte, sich zu schminken, hatte sie stets nur angemalt ausgesehen.

Das Kleid sah wirklich eigentümlich aus. Tante Freda hatte ihr versichert, es würde „Pölsterchen kaschieren“.

Vermutlich eignete sich die Stofffülle ausgezeichnet, um Whiskey darin zu schmuggeln, dachte Bree belustigt.

Der runde Ausschnitt brachte ihr an sich ganz passables Dekolleté nicht sehr vorteilhaft zur Geltung. Nein, sie sah keineswegs besser aus als sonst, entschied sie, eher im Gegenteil.

Warum schien Gavin dann so fasziniert zu sein? Als ob er sie keinen Moment aus den Augen lassen wollte.

Den ganzen Abend war er bei ihr geblieben. Bree hatte jeden Moment damit gerechnet, er würde irgendwo im Saal Bekannte entdecken und sich empfehlen, aber nichts dergleichen war geschehen.

Fast rechnete sie damit, dass er in der Nähe der Damentoilette auf sie warten würde.

Bree atmete tief ein. Auf ihren Wangen zeigte sich deutliche Röte, und die Augen glänzten vor Aufregung. Kein Wunder, denn so wie an diesem Abend hatte sie noch niemals getanzt, nicht einmal in ihren Träumen. Da musste sie sich ja vorkommen wie Aschenbrödel auf dem Ball!

Eine eigenartige Vorstellung, immerhin gehörte sie zu den reichsten Frauen San Franciscos. Natürlich war sie auf altmodische Art zu ihrem Vermögen gelangt: Sie hatte es geerbt. Deshalb war sie auch nicht besonders stolz darauf.

Manchmal glaubte sie die Leute tuscheln zu hören: „Das viele Geld passt so gar nicht zu ihrem bescheidenen Auftreten in der Öffentlichkeit!“

Auch ihr Vater war dieser Meinung und hielt seine Tochter für etwas farblos, das hatte er ein- oder zweimal durchblicken lassen.

Bree stellte sich aufrecht vor den Spiegel und sagte sich: Bree Kincannon, du bist eine attraktive und begehrenswerte Frau.

Nein, das passte nicht.

Bree Kincannon, du bist eine gute Fotografin, und deine Katzen lieben dich.

Viel besser.

Sie lächelte, wurde aber wieder ernst, als die Blondine neben ihr sie ansah. Schnell strich sich Bree das Haar glatt und ging.

Von Gavin keine Spur, und zu ihrer eigenen Überraschung stellte sie fest, dass sie enttäuscht war. Was hatte sie denn erwartet? Doch nicht ernsthaft, dass er noch da war! Ein Mann wie er … Sicher tanzte er längst mit einer anderen.

Unauffällig sah sie zur Tanzfläche. Inzwischen war Mitternacht vorbei und nur noch ein Teil der Gäste anwesend. Obwohl alle Männer schwarze Anzüge trugen, war Bree sich sicher, dass ihr Gavin sofort auffallen würde. Er hatte diese ganz besondere Ausstrahlung …

Als sie ihn nicht unter den Tanzenden entdeckte, fühlte sie sich irgendwie erleichtert. Aber warum hatte er sich nicht von ihr verabschiedet? Ob sie ihn jemals wiedersah? Es gab wohl kaum einen Grund, warum er sich bei ihr melden sollte.

Mit erhobenem Kopf ging sie zwischen den Tischen hindurch zu ihrem Platz zurück. Die Freunde ihres Vaters, die mit am Tisch gesessen hatten, waren alle schon gegangen. Bree nahm ihre perlenbesetzte Tasche vom Stuhl und hängte sie sich über die Schulter.

Noch einmal sah sie sich nach Gavin um. Traurig dachte sie: Das war es dann wohl. Schade. Welch schöner Abend mit ihm …

Vielleicht sogar einer der schönsten ihres Lebens. Sie schluckte.

Sicher sahen sie jetzt wieder alle mit mitleidigen Blicken an: Arme Bree, sie ist und bleibt eben ein Mauerblümchen.

Langsam ging sie zum Ausgang. Meist nahm sie sich bei Anlässen wie diesem ein Taxi, da ihr Vater oft bis in die frühen Morgenstunden blieb. Es mochte manchem unselbstständig erscheinen, dass Bree noch im Haus ihrer Eltern wohnte. Aber sie liebte das Viertel Russian Hill. Das große Studio im Dachgeschoss hatte sie sich zu ihrer Wohnung umgebaut, mit vielen Erinnerungsstücken an die glücklichen Tage, als ihre Mutter noch gelebt hatte.

Hier hatte ihre Mom fast jeden Nachmittag gemalt, während Bree auf dem Boden neben der Staffelei gespielt hatte.

Ja, sie führte ein glückliches Leben. Wirklich! Sie brauchte keinen gut aussehenden dunkelhaarigen Verehrer, der alles durcheinanderbrachte.

An der Garderobe ließ sie sich ihren Mantel geben. Während sie ihn anzog, ging sie durch das Foyer Richtung Ausgang. Plötzlich schlug ihr Herz schneller.

Gavin. Groß und schlank stand er da, mit ernstem Gesichtsausdruck, und unterhielt sich mit ihrem Vater.

Bree runzelte die Stirn. Was die beiden nur zu reden hatten! Woher kannten sie sich überhaupt?

Normalerweise gab sich ihr Vater nur mit superreichen Unternehmern ab. Wenn Gavin ein Werbefachmann war – ein guter Job, sicher, aber eben nur ein Job –, warum sprach ihr Vater dann mit ihm, als wäre er Bill Gates persönlich?

Sie knöpfte den Mantel zu und ging langsam auf die beiden zu. Als die Männer sie bemerkten, erschraken sie, fassten sich jedoch sofort wieder.

„Bree, mein Liebes!“, rief ihr Vater erfreut. „Gerade haben Gavin und ich gesagt, wie schön dieser Abend war. Ich muss dir ja richtig dankbar sein, dass du mich überredet hast, Karten zu kaufen.“ Er wandte sich Gavin zu. „Bree liebt nämlich Tiere.“

Sie lächelte höflich.

„Es hat mich sehr gefreut, Sie kennenzulernen, Bree“, sagte Gavin und sah ihr in die Augen.

„Ebenso“, brachte Bree hervor und spürte, wie sie rot wurde.

„Haben Sie am Freitag schon etwas vor? Hoffentlich nicht. Madd Comm gibt eine Cocktailparty in der Rosa Lounge, um eine neue Werbekampagne zu feiern. Ich würde mich freuen, wenn Sie mitkommen.“

Freitagabend – das klingt nach einem richtigen Date, dachte Bree verwirrt. Noch dazu wollte er sie offenbar mit seinen Kollegen bekannt machen. Sie blinzelte. „Äh, ja. Gern. Warum nicht?“

„Dann hole ich Sie zu Hause ab, wenn es Ihnen recht ist.“

„Gut. Ich freue mich“, sagte sie so ruhig wie möglich.

„Also dann bis morgen, Liebes“, verabschiedete sich ihr Vater, „drinnen warten noch ein paar Bekannte auf mich.“

„Alles klar, ich rufe mir ein Taxi.“

„Nicht nötig“, erbot sich Gavin. „Ich kann Sie doch heimbringen. Dann weiß ich am Freitag schon den Weg.“

Ehe Bree etwas einwenden konnte, bat er bereits einen Hotelangestellten, den Wagen vorfahren zu lassen.

Nach einem tiefen Atemzug hängte sie sich bei Gavin ein, und gemeinsam verließen sie das Four Seasons. Während es auf dem Hinweg noch leicht geregnet hatte, war die Nacht jetzt völlig sternenklar. Der Mond tauchte die Bankgebäude der Market Street in ein silbriges Licht, das sie wie römische Tempel aussehen ließ.

Gavin öffnete die Beifahrertür seines Sportwagens und half Bree beim Einsteigen.

Auf der kurzen Fahrt unterhielten sie sich über eine neue Ausstellung mit Werken der Bildhauerin Louise Bourgeois. Gavin erzählte, dass er oft in das Museum of Modern Art ging, um neue Trends aufzunehmen und sie beruflich umzusetzen. Bree wagte kaum, ihren Ohren zu trauen: Er sah umwerfend gut aus und interessierte sich für Kunst!

Vor dem Haus sprang sie förmlich aus dem Wagen. Ihr klopfte das Herz bis zum Hals. Würde Gavin versuchen, sie zu küssen?

Sicher nicht.

Und wenn doch?

Er ging um das Auto herum und nahm ihre Hände zwischen seine, die sich angenehm warm anfühlten. Bree schluckte.

„Gute Nacht, Bree“, sagte er und sah ihr in die Augen.

Mit einer Mischung aus Hoffnung und Befürchtung fragte sie sich, ob er sie jetzt küssen würde.

Er beugte sich zu ihr und sagte: „Also, dann hole ich Sie am Freitag um sieben ab. Okay?“

„Wunderbar. Dann bis dahin …“, erwiderte sie lächelnd. Dann wandte sie sich um, eilte ins Haus und schloss die Tür.

Erschöpft ließ sie sich dagegensinken. Ohne dass Bree es wollte, erstrahlte ein glückliches Lächeln auf ihrem Gesicht. Sie hatte eine Verabredung für Freitagabend – mit dem attraktivsten Mann in ganz San Francisco.

Wenn mir diese Vorstellung nicht so große Angst einjagen würde, dachte Bree, wäre ich wahrscheinlich vor Begeisterung kaum noch zu halten.

2. KAPITEL

„Hi Süßer! Wie geht’s?“, fragte Marissa Curtis, als Gavin, den Arm um Bree gelegt, die Rosa Lounge betrat.

Stürmisch schlang Marissa ihm die schlanken Arme um den Hals und küsste Gavin auf beide Wangen. Wie üblich war sie in eine nicht eben dezente Duftwolke gehüllt. „Dich habe ich ja die ganze Woche nicht gesehen. Warst du in Cannes?“

„Ja. Habe mich dort mit ein paar Leuten getroffen.“ Die Zeit bei den Filmfestspielen hatte ihm Spaß gemacht – und er hatte sich dort in Ruhe überlegt, wie er Bree Kincannon für sich einnehmen konnte.

Bree, die geduldig neben ihm stand …

„Marissa, das ist Bree. Bree: Marissa“, stellte er die beiden Frauen einander vor.

„Freut mich“, sagte die Blondine mit einem Lächeln, bei dem sie ihre strahlend weißen Zähne zeigte. „Sind Sie Gavins Schwester?“

Gavin lachte. „Ich habe doch gar keine Schwester.“

„Oh.“ Marissa neigte den Kopf zur Seite, sodass ihr das blonde Haar weit die Schultern hinabfiel. „Ich dachte nur, weil …“ Sie sah Bree spöttisch lächelnd an.

„Sehen Bree und ich uns etwa ähnlich?“, fragte Gavin und zog Bree, die sich sichtlich versteifte, enger an sich.

Offenbar fand Marissa, dass Gavin unmöglich mit einer Frau wie Bree ausgehen würde. Weder war sie schlank wie ein Model noch trug sie Designerklamotten.

„Bree und ich sind verabredet.“

„Tatsächlich?“, fragte Marissa und schien ein Lachen kaum unterdrücken zu können. „Wie nett! Oh, ich muss los. Ich bin mit Jake verabredet. Er hat versprochen, mir aus Cannes etwas Schönes mitzubringen.“

Gavin wandte sich Bree zu. „Am besten kümmern Sie sich nicht um sie. Sie ist eben so.“

Als Bree wieder lächelte, empfand Gavin ein Gefühl angenehmer Wärme. Er mochte ihr Lächeln.

„Und wissen Sie was?“, fragte er, während er ihr über die Schulter strich. „Ich glaube, wir sehen uns durchaus ähnlich. Wir haben beide dunkle Haare und graue Augen. Oder – Moment – sind Ihre eher grünlich?“ Bei näherer Betrachtung schimmerten ihre Augen hinter der Brille mit der schlichten Metallfassung fast wie Jade. „Beim letzten Mal konnte ich das nicht so genau sehen, dazu war es nicht hell genug.“

Gavin nahm ihren Duft wahr, dezent und frisch, wie alles an ihr.

„Das Grau dominiert“, sagte Bree schulterzuckend. „Mir ist es egal. Ich brauche die Augen ja nur zum Sehen.“

„Und zum Fotografieren. Ich habe mir Ihre Black-Book-Aufnahmen angesehen. Es sind eindrucksvolle Porträts dabei.“

„Ja, da gibt es ein paar ganz interessante Gesichter“, bestätigte Bree mit einem schüchternen Lächeln auf den rosa Lippen. „Das macht es dem Fotografen leicht.“

Gavin erinnerte sich an ein Bild in Schwarz-Weiß: Darauf war ein älteres Ehepaar in der Stadt zu sehen, die Züge voll heiterer Gelassenheit. Sie hatten eine starke Ausstrahlung, und man sah ihnen deutlich an, dass sie miteinander glücklich waren.

Irgendetwas an der Aussage des Bildes beschäftigte Gavin, sodass er ständig daran denken musste. „Wer sind die Leute?“, fragte er.

„Ich weiß es nicht, muss ich zu meiner Schande gestehen. Die Eheleute zum Beispiel standen vor der Bücherei und haben anscheinend auf jemanden gewartet. Da habe ich sie gefragt, ob ich sie fotografieren darf.“

„Ich hätte wetten können, Sie sind mit den beiden seit Langem befreundet.“

„Das denken alle. Seltsam, oder?“

„Das ist eben Kunst.“ Er lächelte und freute sich, dass Bree offenbar anfing, sich zu entspannen.

Plötzlich winkte er jemandem zu. „Hallo, Elle! Ich möchte dir Bree vorstellen.“

Elle, eine schlanke brünette Frau, bahnte sich den Weg zu ihnen. „Bree ist Fotografin“, verkündete Gavin. „Sogar einen Preis hat sie schon gewonnen! Kannst du dich einen Moment um sie kümmern? Ich gehe mal eben zu Brock.“

„Klar. Dann würde ich vorschlagen: Holen wir uns etwas zu trinken“, sagte Elle und ging mit Bree zu Bar.

Gavin wollte mit Brock sprechen, weil er in Cannes einen Künstler aus Tschechien kennengelernt hatte. Tomas Kozinski war zur Zusammenarbeit mit Madd Comm bereit, wenn „der Preis stimmte“.

„Hallo Gavin, wie geht’s, wie steht’s? Immer noch hinter den Leuten von Rialto Yacht her?“, fragte Logan Emerson, der mit einem Glas in der Hand wie aus dem Nichts aufgetaucht war.

Irritiert nickte Gavin.

„Wäre toll, wenn es mit dem Werbevertrag klappen würde. Ich sehe schon die Rialtos unter der Golden Gate Bridge segeln …“

„Besonders originell wäre das aber nicht.“

„Darum bin ich auch nur Angestellter und kein Werbetexter.“ Logan lachte. Kameradschaftlich schlug er Gavin auf die Schulter.

Gavin atmete tief ein. Irgendetwas missfiel ihm an diesem neuen Kollegen, und es waren nicht nur die schlechten Witze. Logan Emerson war erst seit wenigen Wochen bei Madd Comm, aber ständig stieß man auf ihn: bei jeder Besprechung, an der Kaffeemaschine … Gavin kam es fast vor, als würde er ihm auf die Toilette folgen.

Manchmal zeigte er sich gesprächig, so wie eben, aber die meiste Zeit stand er nur da und schaute.

Vielleicht will Logan als Neuling einfach nur dazulernen, um so gut oder besser zu werden wie die Kollegen, dachte Gavin und besänftigte damit ein wenig sein schlechtes Gewissen. Wenn er eines Tages seine eigene Agentur eröffnete, würde Brock einen neuen fähigen Mann brauchen.

Wäre es nur schon bald so weit …

Er sah sich nach Elle und Bree um und stellte erleichtert fest, dass sie sich offenbar gut unterhielten.

Alles lief bestens.

„Auf dem College hatte ich Englisch als Hauptfach“, sagte Bree und nahm einen Schluck aus ihrem Glas. Die beiden Frauen standen in einem etwas ruhigeren Bereich an dem langen glänzenden Tresen, um sich unterhalten zu können.

Anfangs hatte sich Bree etwas befangen gefühlt, denn Elle machte voll und ganz einen geschliffenen Eindruck. Sie trug einen maßgeschneiderten Anzug, der ihre schlanke Figur gut zur Geltung brachte. Ihr dunkelbraunes Haar glänzte, und ihre blauen Augen wirkten intelligent und freundlich zugleich.

Aber Elle zeigte so viel ehrliches Interesse, dass Bree schon nach kurzer Zeit auftaute. „Ich habe sogar überlegt, meinen Doktor darin zu machen. Aber dann habe ich eine Pause gebraucht. Ich wollte etwas von der Welt sehen und bin herumgereist. Dabei habe ich meine Meinung geändert. Klingt verrückt, oder?“

„Gar nicht“, sagte Elle mit einem verständnisvollen Lächeln. „Viele Menschen verfolgen hartnäckig einen Karriereplan, und wenn sie am Ziel angekommen sind, merken sie erst, dass ihnen diese Arbeit in Wahrheit gar keinen Spaß macht. Ich muss zugeben, dass mich Fotografieren immer interessiert hat. An der Uni habe ich oft Kurse belegt. Aber natürlich habe ich mich nie getraut, meine Bilder auszustellen. Wie lief denn das bei Ihnen?“

„Ehrlich gesagt bin ich durch Zufall zum Fotografieren gekommen. Vor vier Jahren hat mir mein Dad eine Kamera zum Geburtstag geschenkt. Er hatte sie von einem Geschäftsfreund als Werbegeschenk bekommen – ohne zu wissen, wie gut sie wirklich war. Eine Nikon mit vielen Objektiven, ein absolutes Profigerät. Mehr spielerisch habe ich angefangen, sie auszuprobieren, habe Bäume im Park aufgenommen, interessante Gebäude in Russian Hill und dem Marina District …“

Fasziniert hörte Elle zu. Bree fühlte sich ihr verbunden wie einer Freundin, die sie schon lange kannte.

„Eines Tages nahm ich vor der Kirche des Heiligen Franz von Assisi ein Bild auf.“

Elle nickte. „Oh ja, das ist die Kirche mit den vielen Türen.“

„Dort ist oft eine Frau im blauen Mantel und füttert die Tauben. Ich weiß nicht, warum sie das macht, und ich würde mich niemals trauen, sie zu fragen, aber sie strahlt eine solche Ernsthaftigkeit aus, mit all den Tauben zu ihren Füßen.“ Bree strich sich eine Locke aus dem Gesicht. „In ihrer Erscheinung liegt so viel Ruhe und Würde. Da habe ich ganz einfach gefragt, ob ich sie fotografieren darf.“

Elle sah Bree aufmerksam an.

„Inzwischen weiß ich, dass ich ihr ein Formblatt und zwei Dollar hätte geben müssen, damit alles seine Richtigkeit hat, aber damals …“

„Und sie hat Ja gesagt?“, fragte Elle gespannt.

Bree nickte. „Das Aufnehmen hat nur ein paar Sekunden gedauert. Einfach nur die Frau in ihrem Mantel, den sie wie immer bis obenhin geschlossen trug. Die Tauben, die Kirchentüren … Die Bilder sind so gut geworden, dass ich eines davon für eine Fotoausstellung in unserer Bücherei eingereicht habe. Als es den ersten Preis gewonnen hat, wurde plötzlich viel Aufhebens darum gemacht.“

„Das Foto würde ich gern einmal sehen“, sagte Elle.

„Oh, Sie können mich jederzeit in meinem Studio besuchen, wenn Sie möchten.“

„Wirklich?“, fragte Elle mit leuchtenden Augen. „Da komme ich gern. Ich wollte schon immer mal ein richtiges Studio sehen.“

„Na ja, ob es diesen Namen tatsächlich verdient …“ Bree wurde rot. „Jedenfalls hat man eine herrliche Aussicht über die Dächer der Stadt. Morgen bin ich zu Hause – wenn Sie da Zeit haben …“

„Gern! Ich habe erst um fünf eine Verabredung. Ich freue mich riesig, zur Abwechslung mal Bilder zu sehen, die nichts mit Werbung zu tun haben.“ Elle zwinkerte Bree kameradschaftlich zu. „Wenn ich gleich morgens komme, kann ich uns Kaffee und Gebäck von Stella’s mitbringen.“

„Prima. Die Bärentatzen finde ich unwiderstehlich. Ich wohne in der Talbot Street zweihundert, das große Steinhaus mit den schmiedeeisernen Toren. Wenn Sie rechts um das Haus herumgehen, kommen Sie zu meinem separaten Eingang.“

„Plant ihr ein geheimes Treffen?“, hörte Bree plötzlich Gavin fragen, der unbemerkt hinter sie getreten war.

„Erraten“, lachte Elle. „Ich möchte mir nämlich Brees Arbeiten ansehen, bevor sie so berühmt ist, dass sie sich nicht mehr mit mir abgibt. Weißt du schon, dass sie vom San Francisco Magazin einen Auftrag für ein Porträt bekommen hat?“

„Ehrlich?“, fragte Gavin.

Bree nickte und errötete. Wenn sie doch so cool wäre, wie die anderen offenbar dachten! „Ich soll Robert Pattinson fotografieren. Man hat mir den Vorzug vor Annie Leibovitz gegeben – sicher weil ich billiger bin.“

Gavin lächelte, und die Grübchen auf seinen Wangen wurden sichtbar.

„Sie haben mich einfach so angerufen, nachdem sie meine Black-Book-Bilder gesehen hatten.“

„Toll!“, sagte Gavin bewundernd. „Ich würde Ihre Arbeiten auch gern mal sehen.“

„Hinten anstellen!“, scherzte Elle. „Aber im Ernst: Robert Pattinson? Ach, ich wünschte, ich wäre Starfotografin – und nicht eine kleine Sekretärin.“

Bree erkannte sofort, dass Elle gewaltig untertrieb. Sie trat so sicher auf und unterhielt sich mit allen, als würde die Firma ihr gehören.

„Schon gut, Aschenbrödel“, witzelte Gavin, „eines Tages bekommst auch du die Chance, zum Ball zu gehen. Aber fürs Erste wäre es nicht schlecht, wenn du nach deinem Chef suchen würdest. Ich kann ihn leider nirgends finden.“

„Ich schaue mal, wo er ist. Also, Bree, dann bis morgen.“ Sie verschwand in der Menschenmenge.

„Brock wirkt in letzter Zeit irgendwie unkonzentriert“, flüsterte Gavin verschwörerisch und beugte sich so nahe zu Bree, dass ihr sein angenehm männlicher Duft auffiel. „Irgendetwas geht hier vor sich …“

In diesem Moment wurde mit einem Löffel an ein Glas geschlagen. Bree drehte sich um und sah einen grauhaarigen Herrn, der offenbar zu den Anwesenden sprechen wollte.

„Einer unserer wichtigsten Kunden“, erklärte Gavin leise. „Walter Prentice. Wir feiern heute den Start einer neuen Werbekampagne, die Celia für sein Unternehmen ausgearbeitet hat.“

„Ich freue mich, heute Abend hier zu sein – mit so vielen kreativen Köpfen, wahrscheinlich sogar den besten der gesamten Vereinigten Staaten“, begann Mr. Prentice. „In der Zeit unserer Zusammenarbeit habe ich viele von Ihnen persönlich kennengelernt. Und gerade habe ich erfahren, dass Flynn Maddox und seine reizende Frau Renee ihr erstes Kind erwarten. Trinken wir auf das Glück der jungen Familie!“

Während Kellner begannen, Champagnergläser zu verteilen, flüsterte Gavin: „Brock ist der ältere der Maddox-Brüder, Flynn der jüngere. Vor Kurzem haben er und seine Frau nach längerer Trennung wieder zusammengefunden.“

Bree spürte Gavins Atem an ihrer Wange.

„Wie schön“, sagte sie lächelnd und nahm ein Glas Champagner vom Tablett, das ihr ein Kellner hinhielt. „Und euer Kunde muss ja sehr nett sein, dass er sich so darüber freut.“

„Ist er“, bestätigte Gavin. „Familienleben bedeutet ihm alles. Er und Angela, seine Frau, sind schon seit vierzig Jahren verheiratet.“

„Toll! Fast alle Freunde meines Vaters sind geschieden, manche schon seit vielen Jahren.“

„Ich finde es schade, wenn eine Ehe auseinanderbricht“, sagte Gavin. „Eigentlich sollte sie ein ganzes Leben halten, das ist ja der Sinn.“

Ernst sah er sie an – und Bree verschluckte sich an ihrem Champagner. „Wahrscheinlich haben Sie recht. Aber ich kann nicht wirklich etwas dazu sagen, da ich nie verheiratet war“, erwiderte sie etwas hastig. Gleich beim ersten Date über Heirat und Ehe zu reden war aber auch verrückt – und das ausgerechnet mit einem attraktiven Mann wie Gavin Spencer!

„Ich ja auch nicht“, sagte er und lachte – ein jungenhaftes und charmantes Lachen. „Aber wenn ich mich eines Tages dazu entschließe, soll es für immer sein.“

Bree senkte die Lider. Das gab es nicht: einen umwerfend gut aussehenden und erfolgreichen Mann, der ein ganzes Leben lang mit seiner Frau verheiratet bleiben wollte.

Oder gab es ihn doch?

Walter Prentice hob sein Glas. „Auf das glückliche Paar! Mögen der jungen Familie viele glückliche Jahre beschieden sein – und möglichst wenig schlaflose Nächte.“ Er lächelte. „Meine Kinder haben mir sehr viel Freude bereitet. Flynn und Renee geben sicher ganz wunderbare Eltern ab.“

Er sah einen großen schwarzhaarigen Mann an. Das muss Flynn sein, dachte Bree.

„Wie Sie wissen, lautet mein Motto und das meines Unternehmens: ‚Familie ist alles‘. Es ist sogar mehr als ein Motto: Es ist meine Lebensphilosophie.“

Tosender Applaus erfüllte den Raum. „Tatsächlich!“ Bree lachte. „Diesen Slogan kenne ich aus der Fernsehwerbung.“

Gavin blinzelte ihr zu. „Ich finde, es ist gar nicht so schlecht, an die eigene Werbung zu glauben. Ah, da ist ja Brock! Kommen Sie, ich stelle Ihnen den Chef vor.“

Er legte ihr den Arm um die Taille und führte sie durch das Lokal. Dabei stellte er sie allen Freunden, Kollegen und Kunden vor. Es war, als wolle er sie stolz herumzeigen.

Tapfer widerstand Bree dem Bedürfnis, sich davonzustehlen. War das hier nur ein Traum? Jeden Moment würde sie in ihrem Bett aufwachen, mit Faith und Ali schnurrend auf der Decke neben sich. Aber bis dahin hieß es: lächeln.

Als am nächsten Morgen zur vereinbarten Zeit Elle vor der Tür stand, war Bree, die nicht zu den Morgenmenschen zählte, gerade aufgestanden.

Sie und Gavin waren bis ein Uhr morgens auf der Party geblieben. Als er sie nach Hause gebracht hatte, hatte er ebenso wenig wie beim ersten Mal versucht, noch mit hereinzukommen.

Und geküsst hatte er sie auch nicht.

„Hallo Bree!“ Zur Begrüßung umarmte Elle sie herzlich. „Ich habe uns Bärentatzen und Kaffee mitgebracht. Wird Ihnen guttun, nach letzter Nacht. Ich glaube, Gavin hat Sie wirklich jedem und jeder vorgestellt.“ Sie reichte Bree einen Becher voll dampfendem Kaffee.

„Einigen vermutlich sogar zweimal.“ Bree lachte. „Nach zehn ging alles ziemlich durcheinander.“ Sie bat Elle herein.

Eine Seite des Raumes und ein Großteil der Dachschräge wurden von großen Fenstern mit bunten Verzierungen aus viktorianischer Zeit eingenommen. Das hereinströmende Licht gab dem Studio zu Recht seinen Namen.

„Was für eine Aussicht!“, rief Elle. Sie legte die Tüte mit dem Gebäck auf den kleinen Esstisch und trat ans Fenster. „An klaren Tagen kann man von hier aus bestimmt über den ganzen Pazifik bis nach Japan schauen“, scherzte sie.

„Fast.“ Bree lachte. „Ich liebe es, den Schiffen in der Bay zuzusehen.“

„Das wird Ihnen sicher fehlen, wenn Sie mit Gavin zusammenziehen.“

„Wie bitte?“, fragte Bree mit großen Augen. „Zwischen uns ist nichts. Ich habe ihn ja gerade erst kennengelernt.“

„Wirklich? Mir kommt es vor, als wärt ihr beide ein festes Paar“, sagte Elle ungläubig.

„Na ja, er behandelt mich sehr … zuvorkommend. Aber wir haben erst zwei Abende gemeinsam verbracht.“

„Nicht möglich!“ Elle staunte. „Halten Sie mich bitte nicht für neugierig, wir kennen uns ja auch erst seit Kurzem, aber wenigstens geküsst habt ihr euch schon, oder?“

Verlegen schüttelte Bree den Kopf. Wenn sie so gut aussehen würde wie Elle … Vielleicht hätte er es dann versucht. „Ich glaube, er verhält sich einfach freundschaftlich.“

„Aber er hat ständig den Arm um Sie gelegt, das tut er sicher nicht aus reiner Freundschaft. Nein, er ist definitiv an Ihnen interessiert. Vielleicht lässt er es nur langsam angehen.“

Bree zuckte die Schultern und hoffte, die neue Freundin würde ihr die Aufregung nicht anmerken. „Ich hole uns Teller.“

Bei Kaffee und Gebäck unterhielten sie sich über das Haus, die Umgebung, schließlich über alles Mögliche. Bald gingen sie zum vertraulicheren Du über. Nach dem Frühstück zeigte Bree Elle einige ihrer Fotos.

„Wow, welche Begabung! Dir gelingt es, die Persönlichkeit deiner Modelle einzufangen und zur Geltung zu bringen. Ich dagegen kriege keine anständige Porträtaufnahme hin, ich bin schon froh, wenn die Leute auf dem Foto die Augen offen haben.“

„Ich fürchte, ich bin nicht imstande, es zu erklären.“

„Das ist eben Talent. Genie!“, rief Elle begeistert. „Kein Wunder, dass Gavin verrückt nach dir ist.“

Lachend widersprach Bree. „Moment mal! Erstens ist er nicht verrückt nach mir. Und zweitens hat er meine Fotos noch gar nicht gesehen.“

„Doch. Am Freitag hat er allen in der Firma das Black Book gezeigt.“

„Wirklich?“ Bree biss sich auf die Unterlippe.

„Eindeutig: Er ist völlig vernarrt in dich“, stellte Elle fest. „Ein verliebter Mann. Manchmal geht es eben schnell.“

„Ach, hör schon auf! Was soll Gavin schon an mir finden? Ich bin nicht der Typ, in den sich Männer Hals über Kopf verlieben.“

„Wieso denkst du das?“

„Sagen wir mal so“, begann Bree voller Selbstironie. „Mein Haar ist kraus und widerspenstig, ich dürfte ruhig ein paar Pfund weniger wiegen, und die einzige Berühmtheit, der ich ähnlich sehe, ist Duncan Kincannon, der zehnte Lord von Aislin. Sein goldgerahmtes Bildnis hängt unten in der Halle.“

Elle lachte. „Ich wette, Gavin liebt deinen Sinn für Humor.“

„Das ist aber auch das Einzige, was ich zu bieten habe.“

„Unsinn! Obwohl …“ Elle neigte den Kopf zur Seite und überlegte. „Wenn ich das mal so sagen darf, ich sehe hier und da Verbesserungsmöglichkeiten. Du machst einen netten Eindruck, aber das lässt sich noch steigern. Ich habe mal einen Sommer lang auf einer Schönheitsfarm in Santa Barbara gearbeitet. Daher kenne ich alle möglichen Tricks.“

„Zum Beispiel?“, fragte Bree skeptisch.

„Deine Haare sind lockig …“

„Eher kraus, würde ich sagen.“

„Würdest du den Haargummi mal kurz abmachen?“

Zweifelnd kam Bree der Bitte nach, und das dichte Haar fiel ihr – kraus, wie sie fand – über die Schultern.

„Genau. Du hast sehr schöne Locken. Wir müssen sie nur zur Geltung bringen.“

„Und wie?“

Elle lächelte geheimnisvoll. „Dazu brauchen wir zuerst ein paar nützliche Kleinigkeiten.“

Gegen vier Uhr nachmittags war Elle mit dem Ergebnis ihrer Arbeit zufrieden.

Zuerst hatten sie eine Stunde vor dem offenen Fenster in der Sonne verbracht, und Elle hatte Bree die Nägel manikürt. Dann wuschen sie den Zitronensaft aus, der Highlights in Brees Haare zaubern sollte.

Danach wurde reichlich Conditioner aufgetragen, ausgespült – und der Vorgang wiederholt. Bree musste versprechen, sich künftig nie wieder mit Haarewaschen ohne anschließende Pflege zu begnügen.

Während der Einwirkzeit schaute Elle die Sachen in Brees Schrank durch. Offenbar fand sie nicht das, was sie sich vorstellte, denn sie bestand darauf, sogleich gemeinsam in die Union Street zu gehen.

Mit noch feuchten Haaren folgte Bree der Freundin durch die Geschäfte und Trendboutiquen. Zu zweit machte das Shoppen einen Riesenspaß. Auf Elles Empfehlung erstand Bree drei sündhaft teure BHs und einige edle Kleidungsstücke, die sich gut miteinander kombinieren ließen.

Als sie auch noch passende Schuhe aufgetrieben hatten, ging es zurück ins Studio, wo Elle mit dem Make-up begann. Zuerst verteilte sie Puder auf Brees Gesicht, um, wie sie sagte, ihren Teint zum Strahlen zu bringen. Dann trug sie dezentes Rouge auf und hellgrauen Lidschatten. Als Lippenstiftfarbe hatte sie einen leichten Rosaton gewählt, sodass Bree einen frischen und anziehenden Eindruck machte – ohne angemalt auszusehen.

„Deine Haare sind jetzt auch trocken“, sagte Elle. „Schau doch mal in den Spiegel!“

Gespannt durchquerte Bree das Studio, was sich in den neuen hochhackigen Stiefeletten sehr ungewohnt anfühlte, und schaute in den langen Spiegel, der hinter der Badezimmertür hing.

Überrascht sog sie die Luft ein und blinzelte. Dann lachte sie. „Wer ist diese Frau?“

„Du!“

„Kann nicht sein. Sie ist schlank, elegant angezogen und hat seidenweiche gold schimmernde Locken.“

„Trifft alles auf dich zu. Übrigens: Eine aufrechte Körperhaltung macht viel aus. Große Mädchen und Frauen ziehen oft etwas die Schultern nach vorne. Aber wenn du einmal am Tag die Yogaübungen machst, die ich dir gezeigt habe, wirst du bald den Unterschied merken.“

„Ich hätte nie gedacht, dass es Kleidung gibt, in der ich so schön schlank aussehe!“

„Du hast eine tolle Figur mit sexy Kurven, die du wahrlich nicht zu verstecken brauchst.“

„Wer hätte das gedacht?“ Bree war glücklich. „Und wie war das noch mal? Nie wieder Haarewaschen ohne anschließenden Conditioner!“

„Sehr gut!“ Elle lächelte. „So, und wann siehst du Gavin zum nächsten Mal?“

3. KAPITEL

Am Sonntag rief Gavin an und lud Bree für Dienstagabend zu einer neuen Fotoausstellung ein. Wie er sagte, interessierte ihn ihre Meinung dazu.

Natürlich nahm sie die Einladung an.

Zur Eröffnung der Ausstellung wählte sie ein Wickelkleid in dunklem Aubergine, dessen Eleganz in seiner Schlichtheit lag. Die lange Anzugjacke, die sie dazu trug, umspielte ihre Figur und betonte die schlanke Taille.

Zum ersten Mal seit Langem hatte Bree hochhackige Schuhe angezogen – und maß damit nun fast einen Meter achtzig. Sie hatte ihre Haare gewaschen, und dank des Conditioners glänzten sie herrlich und wirkten dicht und lockig. Außerdem hatte sie sich dezent geschminkt, so wie Elle es ihr beigebracht hatte.

Und nun war Bree gespannt auf Gavins Reaktion.

Pünktlich um sieben klingelte es.

Mit klopfendem Herzen schritt sie über den glatten Holzfußboden ihres Studios und öffnete die Tür.

„Hallo Bree …“ Sprachlos sah Gavin sie an.

„Hallo Gavin“, erwiderte sie und lächelte. Seit dem Abend in der Rosa Lounge duzten sie einander. „Wie war es in der Firma?“

„Gut. Alles ist bestens gelaufen. Du siehst verändert aus.“

„Ein bisschen“, sagte sie schulterzuckend und ging voraus in die Wohnung. Sie schmunzelte. „Das Kleid ist neu.“

„Steht dir wirklich ausgezeichnet.“

Täuschte sie sich, oder klang seine Stimme tiefer, als er das sagte? Dabei sah er selbst umwerfend gut aus in seiner dunklen Hose und dem weißen Hemd mit feinen hellen Nadelstreifen. „Danke. Warte kurz …“ Sie hängte sich die perlenbesetzte Tasche, die ihrer Mom gehört hatte, über die Schulter. „Ich bin schon gespannt auf die Ausstellung.“

„Ich auch.“ Unentwegt sah er sie an.

„Alles in Ordnung?“, fragte Bree.

„Ja, alles klar“, versicherte er, senkte die Lider – und betrachtete ihr neues Kleid, das der Rundung ihrer Hüfte schmeichelte.

Ja, er findet mich attraktiv! dachte Bree voller Freude.

So hatte sie noch nie empfunden. Sie dachte an Elles Tipps und straffte die Schultern. Dabei hoffte sie inständig, Gavin würde ihr die Aufregung nicht anmerken. Ihr Herz klopfte bis zum Halse.

Gavin räusperte sich. „Mein Wagen steht vor der Tür.“

Arm in Arm betraten sie wenig später die Razor Galerie. Mit ihren neuen Schuhen war Bree fast so groß wie Gavin.

Wieder zogen sie die Blicke auf sich, aber dieses Mal wurden sie beide bewundert, er und sie. Nun erschien Bree niemandem mehr als unscheinbares Mauerblümchen! Im Gegenteil, die Männer waren von ihr fasziniert.

Sie warf den Kopf mit den dichten weichen Locken zurück und nahm sich ein Glas Weißwein. „Wollen wir uns die Bilder ansehen?“, fragte sie, und selbst ihre Stimme klang dunkler und voller als sonst.

Als hätte Bree sich in jeder Hinsicht in ihr attraktiveres Selbst verwandelt.

Bei den Bildern handelte es sich um großformatige Drucke, auf denen zumeist Menschen auf Partys zu sehen waren. Durch die satten Farben wirkten die Aufnahmen regelrecht mitreißend. „Mir kommt es vor, als könnte ich die Musik hören“, sagte Bree und betrachtete ein tanzendes Pärchen in sommerlicher Kleidung. Die Fotos waren so klar, dass der Eindruck entstand, die Haut der beiden berühren zu können.

„Darum gefallen mir Dougs Fotos so gut“, sagte Gavin. „Weil sie alle Sinne ansprechen. Ich hoffe, dass ich ihn für eine Wodkawerbung gewinnen kann. Normalerweise vermittelt ein Stück Papier nicht so leicht die Aussage ‚Trink mich‘, aber Doug schafft selbst das.“

Unauffällig deutete er auf den Fotografen, einen nicht sehr großen mageren Mann mit vielen Piercings, einem spitzen Bärtchen und lebhaften Gesten und Bewegungen.

„Sieht nach typischem Künstler aus“, flüsterte Bree. „Vielleicht sollte ich mir auch die Nase piercen lassen? Was meinst du dazu?“ Fragend neigte sie den Kopf zur Seite und verbiss sich ein Lachen.

„Nein! Deine Nase sieht wunderbar aus, auch ohne das.“ Als Gavin sie mit seinen warmen grauen Augen ansah, begann Brees Haut zu prickeln. „Und deine Augen sind grün“, fügte er hinzu.

„Ja. Ich trage Kontaktlinsen“, gab sie zu. Farbige. Auch eine Idee von Elle.

„Sieht toll aus ohne die Brillengläser.“

„Wir wollten uns lieber die Fotografien anschauen. Sonst werde ich noch eingebildet …“

Aber es war ein gutes Gefühl, Bewunderung zu spüren, wie Bree sich eingestand. Während Gavin neue Weingläser holte, sprach sie ein hochgewachsener Mann mit blonder Igelfrisur an und unterhielt sich mit ihr über die Bilder.

Als Gavin zurückkam, sprach sein Gesichtsausdruck Bände …

Er musste Bree von hier wegbringen.

Gavin kannte den Mann, der bei Bree stand: ein Finne, mit dem er schon einmal bei einem Projekt zusammengearbeitet hatte. „Hallo Lars. Wie geht’s?“

„Danke gut, Gavin“, antwortete Lars und wandte sich wieder Bree zu. „Sie sind also auch als Fotografin tätig?“

„Ja“, sagte Bree und lächelte.

Jetzt erst fiel Gavin auf, wie voll und sinnlich ihre Lippen waren.

„Bisher allerdings nicht als Profi.“

„Bree und ich wollten gerade essen gehen“, mischte Gavin sich ein.

Kein Wunder, dass Bree die Blicke aller Männer auf sich zog. Schon allein, weil sie hochgewachsen war, fiel sie auf, und in dem dunklen Kleid kam ihre Figur wunderschön zur Geltung.

Ihre dichten Locken schimmerten golden. Und wenn sie beim Zuhören verständnisvoll den Kopf zur Seite neigte, wirkte sie nahezu hoheitsvoll – wie eine strahlende Göttin.

„Ich möchte mir nur noch schnell die Porträts im nächsten Raum ansehen, von denen Lars gesprochen hat.“

Gavin hätte Lars gegenüber am liebsten einiges klargestellt, aber er hielt sich zurück. „Klar, machen wir“, sagte er stattdessen und legte den Arm um Bree.

„Oh, schau mal“, rief Bree und wies auf ein kleines quadratisches Bild, das ein jugendliches Pärchen eng umschlungen auf einer Parkbank zeigte.

Nur zu gut konnte Gavin sich vorstellen, Bree auf diese Art zu umarmen. Ihre angenehmen Formen schienen ihn regelrecht dazu einzuladen. Er riss sich vom Anblick ihres Dekolletés los und betrachtete das Bild. „Sehr schön.“

Sie warf den Kopf mit den glänzenden Locken zurück. Letztes Mal hatte ihr Haar irgendwie anders ausgesehen … Ja, sie hatte es als Knoten getragen, das war es vermutlich.

Aber auch sonst hatte sich Bree verändert. Auf eine zurückhaltende Art war sie bereits vorher schön gewesen, aber jetzt wirkte sie geradezu atemberaubend. Selbst ihre Körperhaltung wirkte dynamischer und aufrechter.

Bei der Wohltätigkeitsveranstaltung hatte sich ihre Figur in der Stofffülle kaum erahnen lassen.

Dagegen betonte das Kleid, das sie heute trug, jedes Detail. Allein ihr Rücken erschien Gavin als vollendetes Kunstwerk.

Die Schleife um die Taille ließ ihn an ein Geschenk denken, das er liebend gerne ausgepackt hätte. „Möchtest du etwas essen?“, fragte er, weil er immer mehr Appetit bekam – allerdings nicht auf Essen.

Und ihr Vater wollte ihm eine Million geben, wenn er sie heiratete?

Im Zuge seiner geplanten Firmengründung hatte Gavin den erfolgreichen Unternehmer als möglichen Investor angesprochen. Aber Kincannon hatte ihm einen ganz anderen Vorschlag gemacht: eine Million Dollar und seine unverheiratete Tochter.

Trotz seiner ersten Befremdung hatte Gavin einem Treffen zugestimmt. Und jetzt konnte er sein Glück kaum fassen! Er würde nicht zulassen, dass ihm womöglich ein anderer Mann in die Quere kam.

„Ja, gern.“ Der Grünton ihrer Augen war ihm bisher hinter den Brillengläsern gar nicht so aufgefallen. „Nicht weit von hier gibt es prima thailändisches Essen.“

„Gute Idee“, sagte Gavin und vermied es, den Arm von ihrer Taille zu nehmen. Auf dem Weg zum Ausgang sah er sich einige Male im Saal um, mit Blicken, die bedeuteten: Hände weg von ihr. Sie gehört mir!

Erregt spürte er die geschmeidigen Bewegungen ihrer Hüfte. In kürzester Zeit hatte sich seine Beziehung zu Bree von einer geschäftlichen in eine sehr private Angelegenheit verwandelt. Noch nie hatte ihn eine Frau so fasziniert.

Im Thairestaurant wählte er einen ruhigen Tisch, wo sie sich ungestört unterhalten konnten.

„Die gebratenen Nudeln mit Hühnerfleisch schmecken hier sehr gut“, sagte Bree und faltete ihre Serviette auseinander.

„Nehme ich.“ Gavin befand sich nicht in der Stimmung, die Speisekarte zu studieren. Lieber betrachtete er Bree. Sie trug eine feine Silberkette mit einem Herzchen daran, das den Blick auf ihr Dekolleté lenkte.

Nun musste er sie nur noch davon überzeugen, dass er der ideale Mann für sie war. Während er ihr Mineralwasser eingoss, fragte er: „Hast du immer in San Francisco gewohnt?“

„Eigentlich ja. Nur als ich klein war und meine Mom noch gelebt hat, haben wir die Sommer oft in Napa Valley verbracht.“

„Russian Hill ist wirklich eine wunderschöne Gegend.“

„Das haben sich meine Vorfahren vermutlich auch gedacht, als sie vor hundert Jahren das Haus gebaut haben. Es hat schon ein paar Erdbeben überstanden. Und es ist groß genug, dass Dad und ich uns nicht auf die Nerven gehen. Schon darum mag ich es sehr.“ Sie lächelte.

„Weißt du“, fuhr sie fort, „es stört mich nicht, dass ich noch mit meinem Vater unter einem Dach lebe. Auch wenn manche Leute sagen, dass es langsam Zeit für mich wird, auszuziehen. Eines Tages werde ich das schon noch tun.“

Zum Glück, denn Gavin verspürte wenig Lust, mit Elliott Kincannon in einem Haus zu wohnen.

„Lebt deine Familie auch in San Francisco?“, wollte Bree wissen.

„In San Diego, aber ich bin schon mit siebzehn ausgezogen. Mein Dad wollte unbedingt, dass ich die Militärlaufbahn einschlage. Als ich mich aber an der Uni beworben und sogar ein Stipendium für mein Marketingstudium erhalten habe, wurde er wütend. Es kam zum Streit, und noch in derselben Nacht habe ich meine Sachen gepackt und bin gegangen.“

„Klingt ja schrecklich. Habt ihr euch wieder versöhnt?“

Gavin nickte. „Ja, zum Glück. Es hat vier Jahre gedauert, bis er seinen Traum von einem Sohn in Uniform mit vielen Orden aufgegeben hatte. Inzwischen freut er sich über meinen Erfolg und weiß, wie viel Spaß mir meine Arbeit macht.“

„Mein Dad versteht nicht, dass ich für wohltätige Organisationen arbeite – oft nur für ein Butterbrot. Ich mache es gern, und es freut mich, wenn ich helfen kann. In meiner Situation muss ich ja nicht das große Geld verdienen.“

„Darum beneide ich dich. Nach der Uni kam für mich eine harte Zeit. Ich wollte die Welt aus den Angeln heben, aber mein Chef hat mich Formulare ausfüllen lassen und mich für den Telefondienst eingeteilt.“

Bree lachte. „Glaub mir, das ist bei gemeinnütziger Arbeit nicht viel anders! Aber es hat ja auch Vorteile, klein anzufangen. Zum Beispiel kann man sich von anderen etwas abschauen.“

„Und aus ihren Fehlern lernen.“

„Stimmt.“ Sie lächelte, und Gavin fand sie unglaublich süß.

„Arbeitest du gern für Maddox Communications?“

„Klar. Madd Comm ist eine der Top-Agenturen der Westküste. Die wichtigsten Firmen Nordamerikas gehören zu unseren Kunden. Außerdem verstehe ich mich gut mit Brock und Flynn Maddox. Sie haben die Firma von ihrem Vater geerbt und weiter ausgebaut.“

Sollte er ihr erzählen, dass er sich selbstständig machen wollte? Besser nicht, sonst nahm sie vielleicht an, er würde sich nur für ihr Geld interessieren.

Als der Kellner kam, bestellten sie.

„Ich glaube, mein Dad findet es enttäuschend, dass ich keine Unternehmerin geworden bin. Dass sich jemand für eine Sache engagiert, die keinen Gewinn abwirft, kann er nicht verstehen.“

Gavin bemühte sich, unbefangen auszusehen.

„Ich wette, er hat nur darum nicht wieder geheiratet, weil er keine Frau gefunden hat, die noch reicher ist als er.“ Bree lachte.

Auch Gavin lachte, wenn auch etwas gezwungen. Sie durfte nie, nie herausfinden, dass ihr Vater ihm Geld geboten hatte. „Was ist in deinen Augen ein guter Grund, um zu heiraten?“, fragte er und goss ihr Glas nach.

„Liebe“, sagte sie. „Ein anderes Motiv kann ich mir nicht vorstellen.“

Gavin spürte einen leichten Schmerz in der Magengegend. „Und warst du schon einmal verliebt?“

„Zuletzt in der dritten Klasse. Als sich Randy Plimpton beim Klassenausflug nur mit Jessica Slade abgegeben hat, brach es mir das Herz“, scherzte Bree.

„Und ab da wolltest du von der Männerwelt nichts mehr wissen?“

„Richtig. Nicht einmal einen richtigen Freund hatte ich“, sagte Bree und wurde rot.

„Daran ist nur dieser Randy schuld. Andererseits, wenn du einen Freund gehabt hättest, hättest du ihn vermutlich geheiratet – und würdest jetzt nicht mit mir hier sitzen.“

„Alles hat eben auch seine guten Seiten. Aber ich glaube, mein Leben ist ziemlich ereignislos verlaufen.“

„Wer weiß, vielleicht ändert sich das bald. Ich habe so ein Gefühl“, sagte Gavin und betrachtete Bree.

Ihre Lippen waren leicht geöffnet – wie eine Einladung zum Kuss. Wenn es nur schon bald so weit wäre …

Bree nahm einen Schluck aus ihrem Glas. „Das würde mich freuen. Irgendwie bin ich es leid, immer nur Zuschauerin zu sein. Ich möchte endlich selbst etwas erleben.“

In diesem Augenblick wurde das Essen gebracht. Es dampfte und roch köstlich nach thailändischen Gewürzen.

Eine Zeit lang aßen sie schweigend, dann wagte sich Gavin weiter in schwieriges Gelände vor. „Was mich betrifft: Ich hatte schon ab und zu eine Freundin, aber die Richtige war noch nicht dabei.“

„Wie sich das wohl anfühlt, plötzlich zu wissen, dass man den Partner fürs Leben gefunden hat?“ Bree runzelte die Stirn. „Das muss toll sein.“

„Angeblich soll es oft sehr schnell gehen.“

„Liebe auf den ersten Blick?“, fragte sie.

„Ja, so etwas in der Art. Es macht einfach klick!“

Als sie tief einatmete, hob sich ihre Brust in dem engen Kleid. Gavin spürte seine Erregung wachsen.

Sanft sah sie ihn an. „Hoffentlich erlebe ich das eines Tages und finde einen Mann, bei dem ich mich geborgen fühle.“

Vielleicht hast du ihn ja schon gefunden, dachte Gavin. Laut sagte er: „Manchmal entsteht so ein Gefühl, wenn man einen Menschen besser kennenlernt.“

„Du meinst, eben ist man einfach nur befreundet, und im nächsten Moment … kann man nicht voneinander lassen?“ Sie lachte leise.

„So etwas soll vorkommen, und gar nicht so selten. Manchmal genau dann, wenn man am wenigsten damit rechnet.“

Als Gavin sie später am Abend zu Hause absetzte, küsste er Bree zum Abschied nur leicht auf die Wange. Er wusste, er musste sich Zeit zu lassen, um nicht alles zu verderben.

Bree bat ihn nicht herein, obwohl sie wirkte, als ob sie es sich wünschen würde.

Als sie das nächste Mal ausgingen, lud er sie zu einem Open-Air-Jazzkonzert vor dem Palace of Fine Arts ein, einem malerischen Gebäude im Stil eines antiken Tempels.

Für das Picknick hatte Gavin im Feinkostladen in der Nähe seiner Wohnung einen netten Korb zusammenstellen lassen und eine Flasche Champagner besorgt. Bree trug ein dunkelblaues Kleid und silberne Ohrringe – sie wirkte strahlend schön. Ihre Wangen waren vor Vorfreude leicht gerötet.

Das Wetter war angenehm warm, und Gavin breitete die Decke unter einem großen Baum aus.

„Hier ist es wunderschön. Ich wollte schon immer mal zum Picknicken herkommen“, rief Bree begeistert.

Gavin, der das Essen auspackte, sah auf. „Dafür ist das Konzert ja eine gute Gelegenheit.“

„Schau mal, welch herrlicher Sonnenuntergang.“ Mit leuchtend roten Farben schien die Sonne im golden schimmernden Meer zu versinken.

Auch andere Paare genossen den wunderbaren Frühlingsabend, sie lachten, aßen und unterhielten sich.

„Die Stadt hat so viel zu bieten. Selbst wenn man Jahrzehnte hier wohnt, entdeckt man immer wieder etwas Neues.“

„Stimmt“, bestätigte Bree und öffnete eine Dose mit gefüllten Weinblättern. „Oh! Köstlich“, rief sie. „Man könnte meinen, wir Kincannons haben Griechen unter unseren Vorfahren. Ich liebe griechisches Essen.“

„Das passt ja hervorragend zu dem Tempel. Der Stil ist doch griechisch? Oder römisch?“ Interessiert betrachtete Gavin die reich verzierten Säulen.

„Der Palace of Fine Arts wurde neunzehnhundertfünfzehn für die Panama-Pazifik-Ausstellung hier in San Francisco errichtet“, erklärte Bree. „Im ‚Weltausstellungsstil‘, wie ich es nenne. Gerade die leichten Übertreibungen gefallen mir besonders. Ursprünglich war vergängliches papierartiges Baumaterial verwendet worden, das schnell zerfallen sollte, um eine Art künstlicher Ruine zu schaffen. Aber die Konstruktion erwies sich als erstaunlich haltbar, und die Menschen gewöhnten sich daran. Als dann Jahrzehnte später der Verfall nicht mehr aufzuhalten war, erfolgte ein Neuaufbau aus haltbarem Material.“

Im Licht der untergehenden Sonne schimmerten goldene Glanzlichter in Brees Haar. Ihre Wangen waren noch immer leicht gerötet, was einfach zauberhaft aussah.