Traumprinzen und Wetterfrösche - Janet Evanovich - E-Book

Traumprinzen und Wetterfrösche E-Book

Janet Evanovich

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  • Herausgeber: Manhattan
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
Beschreibung

Wo eine Plum ist, ist auch ein Weg!

Stephanie Plum, die meist mit mehr Glück als Können auf Kautionsflüchtlinge Jagd macht, hat mal wieder einen skurrilen Fall: Der geniale Quantenphysiker Martin Munch wird dringend vor Gericht erwartet, nachdem er ein Magnetometer gestohlen haben soll. Doch von Munch fehlt jede Spur. Bereits seit Wochen scheint er wie vom Erdboden verschluckt. Als dann auch noch sein Chef tot aufgefunden wird, nimmt die Sache eine dramatische Wendung. Bei der Suche nach den Hintergründen bekommt es Stephanie mit zwei skurrilen Schwestern, einem merkwürdigen Waldschrat und ein paar Affen zu tun. Gut, dass sie in dem Chaos auf die Hilfe des rätselhaften, aber unwiderstehlichen Diesel zählen kann …

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Seitenzahl: 360

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JANET EVANOVICH

Traumprinzen und Wetterfrösche

Ein Stephanie-Plum-Roman

Ins Deutsche übertragenvon Ulrike Laszlo

MANHATTAN

Eigentlich möchte man meinen, Stephanie Plum hätte mittlerweile Routine in ihrem Job als Kopfgeldjägerin – doch jeder neue Fall ist eine neue Herausforderung. Außerdem ist es nicht ganz leicht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, wenn einen die Männer derart auf Trab halten. Weil Stephanie sich noch nicht entschieden hat, mit wem sie ihr Leben verbringen will, lebt sie nach wie vor allein. Das heißt, nicht ganz allein: Ihre Untermieter sind Rex, der Hamster, und neuerdings ein Affe namens Carl, der sein Frauchen keine Sekunde aus den Augen lässt.

Stephanies aktueller Auftrag: den genialen Quantenphysiker Martin Munch aufspüren. Munch sollte vor Gericht erscheinen, um sich dafür zu verantworten, ein Magnetometer gestohlen und seinem Chef die Nase gebrochen zu haben. Doch von dem Angeklagten fehlt jede Spur. Noch mysteriöser wird der Fall, als Munchs Chef, Eugene Scanlon, erschossen in seinem Wagen aufgefunden wird. Wo steckt Munch? Wer hat Scanlon auf dem Gewissen? Welche Rolle spielen dessen skurrile Schwestern? Was hat es mit dem finsteren Waldschrat namens Wulf auf sich? Und warum, zum Teufel, muss bei all dem Chaos auch noch der unwiderstehliche Diesel auf der Bildfläche erscheinen?

Die Originalausgabe erschien 2009 unter dem Titel »Plum Spooky« bei St. Martin’s Press, New York.

Manhattan Bücher erscheinen imWilhelm Goldmann Verlag, München, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH

1. Auflage

Copyright © der Originalausgabe

2008 by Janet Evanovich, Inc.

All rights reserved.

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2013

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Die Nutzung des Labels Manhattan erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Hans-im-Glück-Verlags, München

Umschlaggestaltung und Konzeption: R·M·E Roland Eschlbeck / Rosemarie Kreuzer / Sabine Hanel

unter Verwendung von Motiven von © Gettyimages

1) sb10065011t-001 (Frosch)

2) 95838793 (Glas)

© Shutterstock (Leiter und Krone)

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-09592-5

www.manhattan-verlag.de

Ich möchte mich bei Alex Evanovich, Peter Evanovich und meiner Freundin und Lektorin bei St. Martin’s Press, SuperJen Enderlin, für ihre unschätzbare Unterstützung bedanken.

1

Manchmal wacht man morgens auf und weiß genau, dass der Tag unter keinem guten Stern steht. Keine Zahnpasta mehr in der Tube, kein Klopapier auf der Rolle, das heiße Wasser wird beim Duschen plötzlich eiskalt, und jemand hat dir zu allem Überfluss auch noch einen Affen vor die Wohnungstür gesetzt.

Mein Name ist Stephanie Plum, und ich arbeite als Kopfgeldjägerin für das Kautionsbüro Vincent Plum. Ich wohne in einem kleinen, nichtssagenden Apartment in einem dreistöckigen Backsteinbau am Rande von Trenton, New Jersey. Normalerweise lebe ich hier nur in Gesellschaft meines Hamsters Rex, aber an diesem Morgen um acht Uhr dreißig bekam ich einen weiteren Mitbewohner – Carl, den Affen. Ich öffnete die Wohnungstür, um zur Arbeit zu gehen, und da hockte er. Ein kleiner brauner Affe mit einem langen, geringelten Schwanz, gruseligen kleinen Affenfingern und Affenzehen und irren, glänzenden Affenaugen. Er war mit einer Leine an meinen Türknauf festgebunden. An seinem Halsband steckte ein Zettel.

HI! ERINNERST DU DICH AN MICH? ICH BIN CARL UND GEHÖRE SUSAN STITCH. SUSAN IST AUF HOCHZEITSREISE, UND SIE WEISS, DASS DU DICH GUT UM MICH KÜMMERN WIRST, BIS SIE ZURÜCKKOMMT.

Erstens wollte ich nie einen Affen haben. Zweitens kenne ich Susan Stitch kaum. Drittens, was zum Teufel sollte ich mit dem kleinen Scheißer anfangen?

Zwanzig Minuten später parkte ich meinen Jeep Wrangler vor dem Kautionsbüro in der Hamilton Avenue. Der Wrangler war früher einmal rot gewesen, aber er hatte schon einiges hinter sich, als er mir in die Hände fiel, und jetzt war er mehrfarbig und auch sonst nicht mehr im besten Zustand.

Carl stieg mit mir aus dem Wagen und folgte mir in das Büro, wobei er sich wie ein zweijähriges Kind an mein Hosenbein klammerte. Connie Rosolli, die Büroleiterin, spähte hinter ihrem Computer hervor. Connie trug eine wilde Lockenmähne wie jedes echte Jersey-Girl, ihre Oberlippe war frisch gewachst, und ihre Brüste waren unbezahlbar.

Lula unterbrach ihre Ablagearbeit und stemmte die Hände in die Hüften. »Hoffentlich ist das nicht, wofür ich es halte«, sagte sie mit einem Blick auf Carl. »Ich kann Affen nicht ausstehen. Du weißt, dass ich Affen hasse.«

»Das ist Carl«, erklärte ich. »Erinnerst du dich noch an Susan Stitch? Wir haben sie uns geschnappt, weil sie nicht vor Gericht erschienen ist. Und erinnerst du dich noch an ihren Affen Carl?«

»Ja, und?«

»Das ist er.«

»Was tut der Affe bei dir?«

»Er war an meinem Türknauf angeleint gewesen. Susan hat noch einen kleinen Zettel drangehängt. Sie ist in die Flitterwochen gefahren und hat ihn bei mir gelassen.«

»Die Frau hat Nerven«, empörte sich Lula. »Wo wird er sein Geschäft machen? Hast du daran schon gedacht?«

Ich sah zu Carl hinunter. »Nun?«

Carl blinzelte und zuckte die Schultern. Er sah zuerst Lula und dann Connie an, zog seine Lippen zurück und schenkte ihnen ein Affengrinsen, bei dem er sein Zahnfleisch entblößte.

»Es gefällt mir nicht, wie er mich anglotzt«, meinte Lula. »Das ist irgendwie unheimlich. Was für eine Affenart ist das überhaupt?«

Lula ist früher mal auf den Strich gegangen, und sie hatte ihre Garderobe ihrem neuen Job nur geringfügig angepasst. Lula gelingt es irgendwie immer, auf wundersame Weise ihren Plusgröße-Körper in Klamotten für zierliche Frauen zu zwängen. In dieser Woche war ihr Haar blond, ihre Haut war braun wie immer, ihr Schlauchkleid aus Lycra giftgrün, und ihre Stöckelschuhe von Via Spiga mit den zehn Zentimeter hohen Absätzen trugen ein Leopardenmuster. Es überraschte mich nicht, dass der Affe Lula anstarrte. Alle starrten Lula an.

Ich erregte in meiner Jeans, dem biederen roten T-Shirt, der grauen Sweatshirtjacke und meinen mit einer verlängernden Mascara nur unzureichend getuschten Wimpern weit weniger Aufsehen. Ich fühlte mich wie ein Vollkornmuffin in einer mit Eclairs gefüllten Auslage in einer Bäckerei. Und außerdem war ich die Einzige, die keine Waffe bei sich trug. Meine Augen sind blau, mein Haar ist braun und mein Lieblingswort ist Kuchen. Vor langer Zeit war ich einmal zehn Minuten lang verheiratet gewesen, und ich habe nicht vor, diesen Fehler in naher Zukunft zu wiederholen. Es gibt zwar ein paar Männer in meinem Leben, die mich in Versuchung führen … allerdings nicht in Hinblick aufs Heiraten.

Einer dieser verführerischen Männer ist Joe Morelli. Er ist Polizist in Trenton, hat Schlafzimmeraugen und Schlafzimmerhände, und auch alles andere, was man in seinem Schlafzimmer nicht missen möchte, ist spitzenmäßig. Solange ich zurückdenken kann, ist er mit Unterbrechungen immer wieder mal mein Freund, und letzte Nacht war es mal wieder so weit gewesen.

Der zweite Mann in meinem Leben ist Carlos Manoso, auch Ranger genannt. Ranger ist mein Mentor, mein Arbeitgeber, mein Schutzengel, und ich bin so vertraut mit ihm, wie man es mit einem Mann nur sein kann – nur als fester Freund eignet Ranger sich nicht wirklich. Dazu gehört wenigstens hin und wieder eine Verabredung, und das funktioniert mit Ranger nicht. Ranger ist eher der Typ von Mann, der sich unaufgefordert in die Träume und Wünsche eines Mädchens einschleicht und sich dann weigert, diese wieder zu verlassen.

»Was ist mit Martin Munch?«, erkundigte sich Connie bei mir. »Vinnie ist schon auf hundertachtzig wegen ihm. Seine Kaution ist kein Pappenstil. Wenn du es nicht schaffst, seinen Hintern bis Ende des Monats vor Gericht zu zerren, sieht unsere Bilanz nicht sehr gut aus.«

So funktioniert das Kautionsgeschäft. Jemand wird wegen eines Vergehens oder Verbrechens angeklagt, und wenn er bis zur Verhandlung aus der Haft entlassen werden will, fordert das Gericht eine Sicherheitsleistung. Falls der Angeklagte nicht gerade zufällig 50 000 Dollar unter seiner Matratze liegen hat, wendet er sich an einen Kautionsagenten, und dieser Agent stellt für ihn gegen eine Gebühr die Kaution. Wenn der Bösewicht dann am Verhandlungstag nicht vor Gericht erscheint, behält das Gericht die Kaution ein, bis jemand wie ich den Angeklagten zurück ins Gefängnis bringt.

Auf dem Papier gehört das Kautionsbüro meinem frettchengesichtigen Cousin Vinnie, aber das Geld dafür kommt von seinem Schwiegervater Harry dem Hammer. Wenn Vinnie zu viele Kautionsrückzahlungen offen hat und das Büro rote Zahlen schreibt, ist Harry nicht glücklich. Und niemand möchte es sich mit einem Mann verscherzen, der Harry der Hammer heißt.

»Ich suche Munch bereits die ganze Woche«, erklärte ich Connie. »Er ist wie vom Erdboden verschluckt.«

Martin Munch ist ein vierundzwanzigjähriges Genie mit einem Doktortitel in Quantenphysik. Munch ist aus welchen Gründen auch immer wie ein Wilder über seinen Projektmanager hergefallen, hat sich auf ihn geschwungen und ihn bearbeitet wie ein Rennpferd, ihm mit einem Kaffeebecher von Dunkin’ Donuts die Nase gebrochen und ihn k.o. geschlagen. Kurz darauf wurde er von einer Überwachungskamera aufgenommen, als er das Forschungslabor verließ und ein riesiges Cäsiumdampf-Magnetometer mit sich schleifte. Was immer das auch sein mag!

Munch wurde geschnappt und verhaftet, aber das Magnetometer war weg. In einem Anfall von geistiger Umnachtung stellte Vinnie die Kaution für Munch, und nun war Munch samt seinem Apparat verschwunden.

»Der Mann ist kein Verbrecher im herkömmlichen Sinn«, meinte Connie. »Er kommt nicht aus solchen Kreisen. Seine Freunde und seine Familie sind bestimmt entsetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihn verstecken.«

»Er hat nicht viele Freunde oder Verwandte«, erklärte ich. »So viel ich herausgefunden habe, hat er nie mit seinen Nachbarn gesprochen, und seine Familie besteht nur aus seiner Großmutter, die in einem Altersheim in Cadmount lebt. Er arbeitet schon seit zwei Jahren in dem Forschungslabor, hat aber dort mit niemandem Kontakt geknüpft. Vorher hat er in Princeton studiert und dort seine Nase immer in seinen Büchern vergraben. Seine Nachbarn haben mir erzählt, dass Munch in letzter Zeit hin und wieder Besuch von einem Mann bekam. Der Kerl war über eins achtzig groß, kräftig gebaut und teuer gekleidet. Er fuhr einen schwarzen Ferrari, hatte schwarzes schulterlanges Haar und eine blasse, fast weiße Haut. Manchmal ging Munch mit ihm weg und kam erst nach Tagen wieder zurück. Das ist alles, was ich weiß.«

»Das klingt nach Dracula«, meinte Lula. »Trug der Kerl einen Umhang? Hatte er Fangzähne?«

»Niemand hat etwas von einem Umhang oder Fangzähnen gesagt.«

»Munch muss hier gewesen sein, als ich letzte Woche krank und nicht im Büro war«, überlegte Lula. »Ich kann mich nämlich nicht an ihn erinnern.«

»Was hat dir denn gefehlt?«, fragte ich. »Hattest du Grippe?«

»Ich weiß nicht, was es war. Meine Augen waren ganz verquollen, ich musste ständig niesen, bekam kaum Luft und fühlte mich fiebrig. Ich bin in meiner Wohnung geblieben, habe medizinischen Whiskey getrunken und Grippetabletten geschluckt, und jetzt geht es mir wieder gut. Wie sieht dieser Munch denn aus?«

Ich zog seine Akte aus meiner Kuriertasche, einem Prada-Imitat, und zeigte Lula sein Fahndungsfoto und noch eine weitere Aufnahme.

»Gut, dass er ein Genie ist«, meinte Lula. »Recht viel mehr hat er ja nicht zu bieten.«

Mit knapp eins sechzig sah Munch eher wie vierzehn als wie vierundzwanzig aus. Er war schlank und hatte rotblondes Haar und ein blasses, mit Sommersprossen übersätes Gesicht. Das Foto war im Freien aufgenommen worden, und Munch blinzelte in das Sonnenlicht. Er trug Jeans, Turnschuhe und ein T-Shirt mit einem Bild von SpongeBob. Ich vermutete, dass er seine Klamotten wahrscheinlich in der Kinderabteilung kaufte. Wahrscheinlich musste man sich seiner Männlichkeit sehr sicher sein, um damit klarzukommen.

»Ich bin heute richtig gut drauf«, meinte Lula. »Ich wette, ich werde diesen Munch finden. Wahrscheinlich sitzt er in Unterhosen zu Hause und spielt mit seinem Ihr-wisst-schon-was.«

»Ich schätze, es könnte nicht schaden, noch einmal sein Haus zu überprüfen«, erklärte ich. »Er hat eines dieser winzigen Reihenhäuser in der Crocker Street gemietet, in der Nähe der Knopffabrik.«

»Was willst du mit dem Affen machen?«, wollte Lula wissen.

Ich warf Connie einen Blick zu.

»Vergiss es«, wehrte Connie ab. »Ich spiele nicht die Babysitterin für einen Affen. Vor allem nicht für diesen Affen.«

»In meinem Auto nehme ich keine Affen mit«, verkündete Lula. »Falls du diesen Affen mitnehmen willst, müssen wir mit deinem Wagen fahren. Und ich sitze hinten, damit ich ihn im Auge behalten kann. Ich will nicht, dass sich ein Affe von hinten an mich heranschleicht und mir seine Affenläuse anhängt.«

»Ich habe zwei neue Flüchtlinge«, sagte Connie zu mir. »Einer von ihnen ist Gordo Bollo. Er hat den neuen Ehemann seiner Exfrau mit einem Pick-up überfahren. Zweimal. Der andere, Denny Guzzi, hat einen Gemischtwarenladen überfallen und sich bei der Flucht versehentlich selbst in den Fuß geschossen. Und beide Idioten sind nicht zu ihrem Gerichtstermin erschienen.«

Connie schob den Papierkram an den Rand des Schreibtisches. Ich unterschrieb den Vertrag und nahm die Akten der Männer entgegen. In beiden befanden sich jeweils ein Foto, der Haftbefehl und der Kautionsvertrag.

»Denny Guzzi zu schnappen dürfte nicht allzu schwierig sein«, meinte Connie. »Er hat einen großen Verband am Fuß und kann nicht laufen.«

»Schon, aber er trägt eine Waffe bei sich«, entgegnete ich.

»Wir sind in Jersey«, erklärte Connie. »Hier hat jeder eine Waffe bei sich … nur du nicht.«

Wir verließen das Kautionsbüro, und Lula betrachtete meinen Wagen.

»Ich habe ganz vergessen, dass du diesen schrecklichen Jeep fährst«, sagte sie. »Ich kann mich nicht auf den Rücksitz dieser Karre setzen. Nur rumänische Akrobaten schaffen das. Dann wird wohl der Affe hinten sitzen müssen, aber wenn er mich begrapscht, erschieße ich ihn, das schwöre ich.«

Ich rutschte hinter das Lenkrad, Lula zwängte sich auf den Beifahrersitz, und Carl sprang auf den Rücksitz. Ich stellte meinen Rückspiegel ein und warf einen Blick auf das Affenvieh. Und ich hätte schwören können, dass Carl hinter Lulas Rücken Grimassen schnitt und ihr den Stinkefinger zeigte.

»Was ist los?«, fragte Lula. »Warum schaust du so komisch?«

»Nichts«, erwiderte ich. »Ich dachte nur, Carl würde … Ach, vergiss es.«

Ich fuhr quer durch die Stadt und parkte in der Crocker Street vor Munchs Haus. Wir schälten uns alle aus dem Jeep.

»Das ist ein stinklangweiliges Haus«, bemerkte Lula. »Es sieht genauso aus wie alle anderen Häuser in dieser Straße. Käme ich mit zwei Cosmopolitan intus nach Hause, wüsste ich wahrscheinlich nicht, in welchem Haus ich wohnte. Schau dir das an. Sie sind alle aus Backstein. Alle haben die gleiche dämliche schwarze Haustür und schwarze Fensterrahmen. Sie haben nicht einmal einen Vorgarten. Nur eine Veranda. Und die sieht bei allen Häusern gleich bescheuert aus.«

Ich warf Lula einen Blick zu. »Alles in Ordnung mit dir? Das ist reichlich viel Feindseligkeit für ein armes kleines Reihenhaus.«

»Das liegt an dem Affen. Affen machen mich verrückt. Und ich habe wahrscheinlich Kopfschmerzen von dem vielen medizinischen Whiskey.«

Ich klingelte an Munchs Haustür und spähte durch die Gardinen am vorderen Fenster. Dahinter war das Haus dunkel und still.

»Ich wette, er ist da«, erklärte Lula. »Wahrscheinlich versteckt er sich unter dem Bett. Wir sollten zur Rückseite des Hauses gehen und dort nachschauen.«

Die gesamte Reihe bestand aus fünfzehn Häusern, und Munchs Haus lag fast genau in der Mitte. Wir gingen zum Jeep zurück, ich rollte langsam die Straße hinunter, bog links ab und fuhr dann in den kleinen Weg, der hinter den Reihenhäusern entlangführte. Ich parkte, wir stiegen alle aus und stiefelten durch Munchs briefmarkengroßen Garten. Die Rückseite des Hauses ähnelte der Vorderseite. Eine Tür und zwei Fenster. An der Tür befand sich eine kleine schwingende Hundeklappe, und Carl zwängte sich sofort hindurch und huschte ins Haus.

Ich war sprachlos. Gerade hatte Carl noch in meinem Jeep gesessen, und nun war er in null Komma nichts im Inneren des Hauses verschwunden.

»Heiliger Strohsack!«, rief Lula. »Der Kerl ist schnell!«

Wir schauten durch das Fenster hinein und sahen, wie Carl in der Küche über die Schränke sprang und auf dem kleinen Küchentisch auf und ab hüpfte.

Ich drückte meine Nase gegen die Fensterscheibe. »Ich muss ihn rausholen.«

»Den Teufel wirst du tun«, widersprach Lula. »Das ist ein Glücksfall für dich. Wie es so schön heißt: Wer es findet, dem gehört es.«

»Und wenn Munch nun nicht zurückkommt? Dann wird Carl dort drin verhungern.«

»Das glaube ich nicht«, meinte Lula. »Er hat gerade den Kühlschrank aufgemacht.«

»Es muss irgendeine Möglichkeit geben, ins Haus zu kommen. Vielleicht hat Munch irgendwo einen Schlüssel versteckt.«

»Nun, es könnte auch jemand aus Versehen eine Fensterscheibe einschlagen«, schlug Lula vor. »Und jemand anderer könnte dann einsteigen und dem Affen eine ordentliche Tracht Prügel verabreichen.«

»Nein. Wir brechen nirgendwo ein und verprügeln auch niemanden.«

Ich klopfte an die Fensterscheibe, und Carl hob den Mittelfinger.

Lula atmete hörbar ein. »Dieser kleine Mistkerl hat uns gerade den Stinkefinger gezeigt.«

»Das war sicher unabsichtlich.«

Lula starrte Carl an. »Von wegen!« Sie streckte Carl ihren Mittelfinger entgegen.

Carl drehte sich um und zeigte ihr seinen nackten Hintern. Da er keine Kleider trug, musste er sich dazu nicht sonderlich anstrengen.

»Ach so?«, stieß Lula hervor. »Du stehst auf nackte Hintern? Ich kann dir auch einen zeigen.«

»Nein!«, protestierte ich. »Keine weiteren nackten Hinterteile. Schlimm genug, dass ich mir gerade einen Affenhintern anschauen musste. Ich will nicht, dass sich auch noch das Bild deines Pos in mein Gehirn einbrennt.«

»Hmpf«, schnaubte Lula. »Eine Menge Leute haben einen Haufen Geld dafür bezahlt, um diesen Hintern sehen zu dürfen.«

Carl trank Milch aus einer Packung und stellte sie wieder in den Kühlschrank zurück. Er zog die Gemüseschublade heraus und wühlte darin herum, fand aber anscheinend nichts, was ihm gefiel. Dann schlug er die Kühlschranktür zu, kratzte sich am Bauch und sah sich um.

»Lass mich rein«, befahl ich ihm. »Mach die Tür auf.«

»Ja, klar«, sagte Lula. »Als ob er das mit seinem Erbsengehirn kapieren würde.«

Carl zeigte Lula wieder den Stinkefinger. Dann zog er den Türriegel zurück, riss die Tür auf und streckte Lula die Zunge raus.

»Wenn ich etwas nicht ausstehen kann, ist es ein angeberischer Affe«, erklärte Lula.

Ich ging rasch durch das Haus. Viel gab es nicht zu sehen. Zwei kleine Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, ein Badezimmer, eine kleine Wohnküche. Diese Häuser waren nach dem Krieg von der Knopffabrik gebaut worden, um billige Arbeitskräfte anzulocken. Für Extras hatte man kein Geld verschwendet. Seit damals hatten die Häuser viele Male die Besitzer gewechselt, und nun wohnte hier eine merkwürdige Mischung aus Rentnern, frisch verheirateten Pärchen und Verrückten. Munch schien in die letzte Kategorie zu gehören.

Im Schrank befand sich keine Kleidung, im Badezimmer gab es keine Toilettenartikel, und nirgendwo war ein Computer zu entdecken. Munch war mit Sack und Pack ausgezogen und hatte nur eine Milchpackung, einige keimende Zwiebeln und eine halb volle Packung Rice Krispies hinterlassen.

»Das ist wirklich merkwürdig«, bemerkte Lula. »Ich habe plötzlich ein starkes Verlangen nach Kuchen. Riecht es hier etwa nach Zimt? Gemischt mit dem Duft nach Weihnachtsbäumen und Orangen?«

Ich nahm den Duft ebenfalls wahr. Und ich befürchtete, dass ich ihn erkannte.

»Wie sieht’s bei dir aus?«, fragte ich Carl. »Riechst du auch Zimt?«

Carl zuckte wieder die Schultern und kratzte sich am Hintern.

»Jetzt kann ich nur noch an Zimtbrötchen denken«, stellte Lula fest. »Ich bin plötzlich ganz versessen darauf. Wir müssen uns welche besorgen. Oder vielleicht Donuts. Ich könnte jetzt ein Dutzend Donuts vertragen. Wo ist die nächste Bäckerei? Ich hab plötzlich einen richtigen Heißhunger darauf.«

Wir verließen gemeinsam die Küche. Ich schloss die Hintertür, und wir quetschten uns alle in den Jeep und machten uns auf den Weg zur Hamilton Avenue. Vor Tasty Pastry hielt ich an.

»Was für einen Donut möchtest du?«, fragte ich Lula.

»Von allem etwas. Ich will einen mit Cremefüllung, einen mit Erdbeergelee, einen mit Schokoladenüberzug, einen mit weißem Zuckerguss und hübschen bunten Streuseln und einen mit Heidelbeeren. Nein, warte. Den Heidelbeer-Donut kannst du vergessen. Ich will lieber einen mit Vanillecreme und dazu noch eine Zimtstange.«

»Das ist aber eine ganze Menge.«

»Ich bin eine große Frau«, verteidigte sich Lula. »Deshalb habe ich auch großen Appetit. Und im Augenblick habe ich das Gefühl, eine Million Donuts verdrücken zu können.«

»Und du?«, wandte ich mich an Carl. »Möchtest du auch einen Donut?«

Carl nickte heftig mit dem Kopf, sprang auf dem Sitz auf und ab und stieß aufgeregt Affenlaute aus.

»Es ist irgendwie unheimlich, dass er versteht, was wir sagen«, meinte Lula. »Das ist einfach nicht richtig. Er kommt mir vor wie ein außerirdischer Affe oder so etwas in der Art.«

»Manchmal versteht Bob, Morellis Hund, auch, was ich sage. Er kennt die Wörter bei Fuß, komm und Fleischklößchen.«

»Ja, Tank kennt auch einige Wörter, aber nicht so viele wie dieser Affe«, erklärte Lula. »Natürlich liegt das daran, dass Tank eher der große, starke, zurückhaltende Typ ist.«

Tank ist Lulas Verlobter, und er sieht so aus wie er heißt: wie ein Panzer. Er ist Rangers rechte Hand und sein Stellvertreter in Rangers Sicherheitsfirma. Tank als den großen, starken, zurückhaltenden Typ zu bezeichnen ist auf jeden Fall eine dicke Untertreibung.

Fünfzehn Minuten später saßen wir alle wieder im Jeep und hatten sämtliche Donuts aufgefuttert.

»Ich fühle mich viel besser«, erklärte Lula. »Wie geht es jetzt weiter?«

Ich sah an meinem T-Shirt hinunter. Es war mit Puderzucker bedeckt und mit einem dicken Geleeklecks verziert. »Ich werde nach Hause fahren und ein frisches T-Shirt anziehen.«

»Das hört sich nicht sonderlich spannend an«, bemerkte Lula. »Du könntest mich am Büro absetzen. Ich glaube, ich brauche ein Mittagsschläfchen.«

2

Ich parkte meinen Jeep auf dem Parkplatz hinter meinem Mietshaus, und Carl und ich überquerten den Hof und betraten das Gebäude durch den Hintereingang. Wir fuhren mit dem Aufzug ein Stockwerk nach oben, und Carl wartete geduldig, während ich meine Tür aufschloss.

»Und? Vermisst du Susan?«, fragte ich ihn.

Er zuckte die Schultern.

»Du zuckst ziemlich häufig die Schultern«, bemerkte ich.

Er musterte mich eine Weile und zeigte mir dann den Stinkefinger. Okay, wenigstens hatte er nicht wieder mit den Achseln gezuckt. Und den Stinkefinger zu zeigen und gezeigt zu bekommen gehört in Jersey dazu. Aber selbst in Jersey ist es nicht normal, dass ein Affe einem den Mittelfinger vor die Nase hält.

Wenn man meine Wohnung betritt, befindet man sich in einem winzigen Flur mit Haken an der Wand für Mäntel, Hüte und Handtaschen. Von dort erreicht man die Küche und das Wohnzimmer. Der Essbereich befindet sich an einem Ende des Wohnzimmers, und am anderen Ende führt ein schmaler Gang zu meinem Schlafzimmer und dem Badezimmer. Meine Einrichtung setzt sich hauptsächlich aus von meinen Verwandten ausrangierten Möbeln zusammen. Ich bin damit zufrieden, denn Tante Bettys Stuhl, Grandma Mazurs Esszimmergarnitur und der Couchtisch meiner Cousine Tootsie sind gemütlich. Sie sind durchdrungen mit Familiengeschichte und strahlen eine gewisse sanfte Energie aus, die in meinem Leben manchmal fehlt.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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