Treffpunkt mit dem Killer: Krimi Großband 7/2021 - Alfred Bekker - E-Book

Treffpunkt mit dem Killer: Krimi Großband 7/2021 E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Diese Ausgabe enthält folgende Titel: (399) Alfred Bekker/W.A.Hary: Treffpunkt Hölle W.A.Hary: Ein Killer kommt selten allein Alfred Bekker: Die toten Frauen Ein Frachter mit grauenerregender Ladung erreicht den Hafen. Und die Ermittler stehen vor einem Rätsel. Von den Opfern dieser unheimlichen Mordserie ist nicht viel geblieben – und das wenige muss ausreichen, um die Täter zu überführen!

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Alfred Bekker, W.A.Hary

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Inhaltsverzeichnis

Treffpunkt mit dem Killer: Krimi Großband 7/2021

Copyright

TREFFPUNKT HÖLLE

Ein Killer kommt selten allein

Die toten Frauen

Treffpunkt mit dem Killer: Krimi Großband 7/2021

Alfred Bekker, W.A.Hary

Diese Ausgabe enthält folgende Titel:

Alfred Bekker/W.A.Hary: Treffpunkt Hölle

W.A.Hary: Ein Killer kommt selten allein

Alfred Bekker: Die toten Frauen

Ein Frachter mit grauenerregender Ladung erreicht den Hafen. Und die Ermittler stehen vor einem Rätsel. Von den Opfern dieser unheimlichen Mordserie ist nicht viel geblieben – und das wenige muss ausreichen, um die Täter zu überführen!

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author /

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

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TREFFPUNKT HÖLLE

Alfred Bekker & W.A. Hary

1

JAY BROWNING, PRIVATE ERMITTLUNGEN ALLER ART - so stand es auf dem Schild an meiner Bürotür. Die Großbuchstaben hatten leider nicht dazu geführt, daß mir die Klienten die Tür einrannten.

In der Linken hielt ich eine halbvolle Flasche Bourbon, die Rechte suchte in der Seitentasche des Jacketts nach dem Türschlüssel. Es war halb vier am Morgen, ich war hundemüde und der Bourbon trug sicherlich auch nicht zu einem klaren Kopf bei. Aber als ich die Kratzspuren am Türschloß sah, war mir klar, daß etwas nicht stimmte.

Innerhalb einer Sekunde war ich hellwach und so nüchtern wie ein reformierter Prediger. Ich stellte die Bourbon-Flasche auf den Boden, nahm mit der Linken den Schlüssel und riß mit der Rechten die 45er Automatik aus dem Schulterholster, das mein Jackett ausbeulte.

Kalte Wut stieg in mir auf. Ich zählte zwei und zwei zusammen. Jemand hatte mir einen unangemeldeten Besuch abstatten wollen, soviel stand fest.

Mein Office und meine Wohnung lagen in der dritten Etage eines etwas heruntergekommenen Brownstone-Hauses in der Lower East Side. Ich hatte die Räume genommen, weil sie nicht viel kosteten, aber das bedeutete auch, das irgendwo gespart worden sein mußte. In diesem Fall vor allem an einer vernünftigen Sicherheitselektronik. Jeder konnte hier rein- und rausgehen, wie er wollte, ohne daß ihn ein Security Guard ansprach. Und die Videoanlage war schon seit Jahren kaputt.

Ich dachte an Mona. Sie war dort drinnen, hatte wahrscheinlich schon geschlafen, als die Eindringlinge gekommen waren.

Ich weigerte mich, mir vorzustellen, was mit ihr geschehen war... Den Umgang mit dem Revolver hatte ich ihr zwar beigebracht, aber bei den Kerlen, die hier eingedrungen waren, handelte es sich um Profis. Dafür sprach schon die Tatsache, daß sie die Tür nicht einfach offen gelassen hatten.

Ich entsicherte die Automatik und drehte vorsichtig den Schlüssel herum. Wenn die Kerle noch hier waren, dann konnte ich nicht vorsichtig genug sein...

Mit dem Fuß stieß ich die Tür auf, riß die Automatik hoch und duckte mich. Blitzschnell ließ ich den Blick durch das Büro schweifen.

Ein Vorzimmer gab es nicht. Es herrschte Halbdunkel. Die Jalousien waren zur Hälfte heruntergelassen. Neonreklamen auf der anderen Straßenseite sorgten für das bißchen Licht. Eine Stecknadel hätte man in diesem Moment fallen hören können. Das Fenster war abgeklappt. Ein kühler Luftzug drang von draußen herein.

Ich machte das Licht an. Im Büro sah es aus, als wäre eine Handgranate gezündet worden. Die Akten hatte jemand aus dem Regal gerissen, und zahllose Belege fürs Finanzamt lagen auf dem Fußboden verstreut herum. Die Anschlüsse von Telefon und Computer waren durchtrennt, die Sesselpolster aufgeschlitzt. Um den Tresor in der Wand hatte sich allerdings niemand gekümmert. Es war zwar ohnehin nichts Wertvolles darin, aber das sah man ihm von außen ja nicht an.

Reine Zerstörungswut war hier zum Ausbruch gekommen. Aber ich hatte ohnehin nicht damit gerechnet, daß es sich bei den Eindringlingen um Diebe handelte...

Ein Geräusch ließ mich erstarren. Es klang wie das Atmen eines Menschen. Ich packte die 45er mit beiden Händen und bewegte mich mit der Geschmeidigkeit einer Raubkatze seitwärts, so daß ich nicht in der Schußlinie stand, wenn sich an der offenstehenden Zwischentür etwas bewegte.

Einen Augenblick später hatte ich die Wand erreicht, preßte mich dagegen und wartete ab.

"Mona?" rief ich dann. Ich bekam eine Antwort, die mich rasend machte. Sie bestand in einem halb unterdrückten Laut, wie er entsteht, wenn jemand zu schreien versucht, den man geknebelt hat.

"Kommen Sie mit erhobenen Händen herein, Browning!" rief eine heisere Stimme. "Aber legen Sie vorher ihre Kanone auf den Boden. Sonst geht es deinem Engelchen schlecht..."

Innerlich kochte ich. Aber es hatte keinen Sinn, gegen Wände zu laufen. Vor allem nicht, wenn Mona in Gefahr war.

Ich hörte ihren unterdrückten Schrei, der mir wie ein Messer ins Herz schnitt.

Diese Hunde! durchfuhr es mich. Wenn sie mit mir eine Rechnung offen hatten, dann sollten sie das auch mit MIR zu Ende bringen.

Aber im Moment hatte ich keine andere Wahl, als nach der Pfeife meines Gegners zu tanzen.

Ich beugte mich vor, legte langsam die 45er auf den Boden. Dabei blickte ich den kleinen Korridor entlang. Ein Wohnzimmer und ein Abstellraum lagen auf der linken Seite. Am Ende befand sich das Schlafzimmer. Dort brannte Licht. In der offenstehenden Tür stand ein dunkelhaariger Lockenkopf mit einem gewaltigen 457er Magnum-Revolver in der Faust und einem zynischen Grinsen im Gesicht.

Ich befand mich in seinem Schußfeld. Wenn er wollte, konnte er mir von einer Sekunde zur anderen das Lebenslicht ausblasen. Aber der Lockenkopf schien mich nicht einfach über den Haufen schießen zu wollen. Noch nicht.

Ich erhob mich, ließ die Handflächen in seine Richtung zeigen und gab der Automatik dann einen Tritt, so daß sie über den Fußboden des Korridors rutschte. Auf halber Strecke blieb sie liegen. Der Lockenkopf hob inzwischen den 457er und zielte auf meinen Kopf. "Komm her, du Ratte. Und versuch keine Tricks, sonst..." Ich hörte ein klatschendes Geräusch, wie von einem Schlag ins Gesicht. Dann ein Wimmern.

Ich wußte jetzt, daß der Lockenkopf nicht allein war. Zumindest ein weiterer Gorilla war bei ihm und quälte Mona.

Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Ich zermarterte mir das Hirn darüber, was ich tun konnte. Diese Bastarde hatten alle Trümpfe in der Hand.

In einem Futteral am Fußgelenk trug ich noch einen zierlichen 22er-Revolver, aber ich hatte im Augenblick nicht den Hauch einer Chance, an die Waffe heranzukommen. Außerdem durfte ich nichts riskieren. Sie hatten schließlich Mona in ihrer Gewalt.

Ich betrat das Schlafzimmer.

Ich sah gerade noch die von der Seite kommende Bewegung und fühlte im nächsten Moment schon das harte Holz des Baseballschlägers in meinem Magen. Ächzend sank ich zu Boden.

2

Mir wurde schlecht. Der Kerl mit dem Baseballschläger holte erneut aus. Er hatte rotes, kurzgeschorenes Haar, und als er den dünnlippigen Mund zu einem Grinsen verzog, sah ich, daß er eine Menge Blech im Gebiß hatte.

Der Lockenkopf hob die Hand. "Laß ihn!" befahl er unmißverständlich. "Ich will erst noch mit ihm reden. Dann gehört er dir!"

Der Rothaarige bremste den mörderischen Schlag ab und stieß einen unartikulierten, dumpfen Laut hervor. Dann spielte er lässig mit dem Schläger herum und trat dabei etwas zur Seite. Ich blickte auf und sah...

...Mona! Sie saß an einen Stuhl gefesselt da, nur in ein hauchdünnes Nachthemd gekleidet. Ihr aufregender Körper zeichnete sich deutlich darunter ab. Ihre Schenkel waren frei. Der Mund war mit Klebeband verschlossen. Das dunkle Haar fiel ihr bis über die Schultern. In ihren Augen glänzte es furchtsam.

Ich kam wieder einigermaßen zu mir, auch wenn der Schlag noch höllisch wehtat. Zeit gewinnen! dachte ich. Das war alles, was ich im Moment tun konnte. Irgendwie dafür sorgen, daß die sogenannte 'Unterhaltung', die der Lockenkopf mit mir führen wollte, sich möglichst in die Länge zog und mir sein Komplize nicht mit einem gezielten Schlag seines Baseballschlägers den Schädel zertrümmerte.

Ich kauerte mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden und dachte an die 22er an meinem Fußgelenk...

"Ihr könnt Maldini einen schönen Gruß von mir bestellen", meinte ich gequält. "Ich weiß, daß er euch geschickt hat! Ihr braucht mir nichts vorzumachen..."

Sid Maldini war eine große Nummer in der New Yorker Unterwelt. Ein großer Boss, der dafür sorgte, daß nur die unteren Chargen seiner Organisation sich die Finger schmutzig genug machten, um ins Visier der Cops zu geraten.

Ich hatte dafür gesorgt, daß sein Sohn lebenslang hinter Gittern saß. Und das konnte Maldini mir einfach nicht verzeihen. Seitdem mußte ich ständig auf der Hut sein, nicht auf seine Schläger zu treffen. Außerdem sorgte er ziemlich wirkungsvoll dafür, daß ein Klient, der auch nur mit dem Gedanken spielte, mir einen Auftrag zu geben, sehr schnell mit klappernden Zähnen das Weite suchte.

Maldinis Arm war verdammt lang. Aber ich war nicht bereit aufzugeben. Dies war meine Stadt, und ich dachte nicht im Traum daran, einfach davonzulaufen. Irgendwann würde ich den passenden Paragraphen und die Gelegenheit finden, um Maldini an die Wand zu nageln.

"Maldini muß es ziemlich dreckig gehen, wenn er auf so miese Typen wie euch angewiesen ist", zischte ich zwischen den Zähnen hindurch.

Die Gesichtsfarbe des Rothaarigen änderte sich, wechselte von betonbleich zu dunkelrot. Er faßte den Baseballschläger fester.

Der Lockenkopf hob die Hand. "Laß ihn quatschen!" murmelte er. "Mal sehen, ob er nachher noch dazu in der Lage ist, wenn er keine Zähne mehr hat."

Der Rothaarige grinste. Das gefiel ihm.

Der Zeigefinger des Lockenkopfs richtete sich indessen auf mich. "Du hast großes Glück, Browning, obwohl du so ein unglaublicher Dummkopf bist, daß du im Ernst glaubst, es mit den ganz großen Tieren aufnehmen zu können. Du bist 'ne lästige Zecke, weiter nichts. Und es würde kaum jemanden auffallen, wenn man dich zerquetscht. Nicht einmal deine Exkollegen vom New York Police Department erkennen dich noch, wenn du als Fischfutter im Hudson landest..."

"Warum sind wir dann noch nicht auf den Weg zu den Piers?" erwiderte ich trotzig.

"Weil der Boss seinen großzügigen Tag hatte. Er will nicht, daß wir dich umlegen. Wir sollen dich nur so bearbeiten, daß du für den Rest deines Lebens keine feste Nahrung mehr zu dir nehmen kannst und im Rollstuhl vor dich hin sabberst... Du sollst sehen, was um dich herum passiert, daß das Leben überall weitergeht, daß deine hübsche Freundin mit einem anderen ausgeht, weil sie deinen Anblick nicht mehr erträgt... Du sollst genauso leiden wie Maldinis Junge, den du hinter Gitter gebracht hast und der das auch alles mit ansehen muß. Nur wird dein Gefängnis dein eigener Körper sein, Browning. Es wird keine Begnadigung wegen guter Führung für dich geben... Du wirst nicht einmal in der Lage sein, deiner jämmerlichen Existenz selbst ein Ende zu setzen!"

Der Lockenkopf ging auf Mona zu. Ein Zittern durchlief den Körper der jungen Frau. Der Gangster packte grob ihr Kinn. "Sieh ihn dir nochmal an, Baby. Du wirst ihn nicht wiedererkennen..."

Er wandte den Kopf in ihre Richtung, grinste schief und ich dachte: Das ist meine Chance. Die letzte vielleicht! Der Lauf des Magnum-Revolvers zeigte nach unten.

Ich rechnete mir nicht aus, wie schnell er ihn hochreißen und abdrücken konnte. Mit einer schnellen Bewegung griff ich hinunter zum Fußgelenk und riß den 22er heraus.

Eine zierliche Waffe. Man mußte gut zielen, wenn man eine mannstoppende Wirkung erzielen wollte. Aber in den Händen eines guten Schützen war sie ebenso tödlich wie der plumpe Magnum-Revolver meines Gegners.

Das Gesicht des Rothaarigen verzog sich. Er hatte gerade zum Schlag mit dem Baseball-Prügel ausholen wollen und hielt nun etwas irritiert inne.

Der Lockenkopf feuerte den Magnum-Revolver ab, ohne auch nur einen Sekundenbruchteil zu zielen.

Ich warf mich seitwärts, rollte auf dem Boden herum, während das gewaltige Kaliber dieser Waffe dicht neben mir in den Boden einschlug, den Belag zerfetzte und sogar noch ein faustgroßes Stück aus dem Estrich heraussprengte.

Der Schuß meines 22er folgte einen Sekundenbruchteil später und traf ihn am Oberkörper.

Die Augen des Lockenkopfs weiteten sich. Er griff sich an die Wunde. Das Blut sickerte zwischen seinen Fingern hindurch. Sein Gesicht verzerrte sich zur haßerfüllten Maske.

Er hob noch einmal die Magnum, zielte auf mich und ließ mir keine Wahl.

Mein zweiter Schuß traf ihn mitten in der Stirn. Er taumelte zurück und legte sich mit dem Rücken auf das breite Doppelbett.

Unterdessen schleuderte der Rothaarige seinen Prügel in meine Richtung. Keulenartig sauste der Baseballschläger dicht über mich hinweg und fuhr dann in eine Fensterscheibe hinein, die klirrend zu Bruch ging.

Der Rothaarige riß eine Beretta unter seiner Jacke hervor.

Ich ließ ihn nicht zum Schuß kommen. Bevor er abdrücken konnte, hatte eine Kugel meines 22er ihn in der Herzgegend getroffen.

Er machte einen unbeholfenen Schritt auf mich zu und krachte dann wie ein gefällter Baum zu Boden.

Ich atmete tief durch. Zwei Leichen in der Wohnung, das bedeutete jede Menge Probleme. Und die Schüsse hatten sicherlich Aufsehen genug in der Umgebung verursacht. Was auch immer jetzt zu geschehen hatte, es mußte schnell passieren. Und das nicht zuletzt deshalb, weil es sich bei den Leichen um Maldinis Männer handelte.

Ich erhob mich, steckte den 22er ein und trat auf Mona zu, die mich mit entsetzten Augen anstarrte. Ich beugte mich zu ihr hinunter. "Es wird jetzt ein bißchen wehtun, Baby", sagte ich und zog ihr das Klebeband vom Mund.

"Jay!" stieß sie hervor. Ihre Brüste hoben sich dabei. "Jay, ich..."

Ich verschloß ihr den Mund mit einem Kuß. "Zieh dich an, Mona", sagte ich dann. "Wir müssen hier schleunigst weg..."

"Jay, diese Männer..."

"Ich werde dir alles erklären, aber nun zieh dir um Himmels Willen etwas an, damit wir endlich verschwinden können! Es geht um unser Leben..."

"Was hast du vor?"

"Dich erst mal an einen sicheren Ort bringen!"

"Aber..."

"Später, Baby!" Ich strich ihr über das Haar, dann wandte ich den Leichen einen kurzen Blick zu. Um hier aufzuräumen, blieb mir keine Zeit, denn außerdem gab es da noch ein anderes Problem: Ich fragte mich, ob die beiden Gorillas allein gewesen waren. Ich hatte zehn Jahre als Cop bei der Homicide Squad des NYPD hinter mir, bevor ich mich auf das Abenteuer einließ, mich als Private Investigator selbständig zu machen. Ein bißchen Berufserfahrung kam da also zusammen, und die sagte mir, daß in Fällen wie diesem für gewöhnlich irgendwo jemand in einem Wagen saß und darauf wartete, daß die Drecksarbeiter ihren Job erledigt hatten. Und darum mußte ich mich kümmern.

"Komm runter, wenn du fertig bist, Mona!" rief ich. "Meinen Wagen kennst du ja. Und nimm eine Waffe mit!"

Ich drehte mich nicht noch einmal um.

3

Während ich den Korridor vor meinem Wohnbüro entlangging, blickte ich seitwärts aus den Fenstern, die zur Rückseite des Brownstone-Baus hin gerichtet waren. Ich hatte freie Aussicht auf einen asphaltierten Parkplatz, auf dem einige Müllcontainer herumstanden. In manch klarer Winternacht konnte man von diesen Fenstern aus Jagd auf Ratten machen, wenn man wollte.

Ich blickte mich sorgfältig um. Aber dort unten konnte ich nichts Verdächtiges erkennen.

Meine 45er Automatik hatte ich aufgehoben, bevor ich mein Büro verlassen hatte. Ich wog sie wie prüfend in der Hand.

Dann hatte ich das Treppenhaus erreicht. Die Aufzüge waren zum hundertfünfzigsten Mal defekt, und es war die Frage, wann die Immobilienfirma, der dieses Haus gehörte, die nötigen paar Dollars dafür springen lassen würde. Drei Stockwerke wären sogar für einen Herzkranken zu schaffen gewesen. Worüber sollte ich mich also beklagen?

An die Bourbon-Flasche, die noch vor der Tür meines Büros im Flur stand, dachte ich erst, als ich schon im Erdgeschoß angelangt war.

Bevor ich die Haustür öffnete, schaute ich die 45er in meiner Faust unschlüssig an. Als könnte sie mir guten Rat erteilen: Der Kerl, den ich suchte, hatte seinen Wagen wahrscheinlich so hingestellt, daß er den Eingang immer im Auge hatte, so daß er den Motor anlassen konnte, sobald seine Komplizen nach draußen traten. Sobald jedoch ich an ihrer Stelle ins Freie trat, würde er wissen, daß seine Leute versagt hatten.

Ich schüttelte unwillkürlich den Kopf und steckte die Waffe weg. Keine Sekunde mehr Zeit verlor ich: Ich hetzte die drei Stockwerke nach oben zurück und hoffte, daß Mona inzwischen fertig angezogen war. Mir war da so eine Idee gekommen...

Sie schaute mich überrascht an, als ich mit der Bourbonflasche in der Hand hereinstürmte.

Ich übersah die Waffe, die sie auf mich gerichtet hielt, weil sie ja nicht wußte, ob ich das wirklich bin, der da angerannt kam. Ich ignorierte auch, daß sie vergaß, die Waffe jetzt wieder sinken zu lassen.

Ich deutete mit dem Kinn auf die beiden Leichen. "Lockenkopf hat 'ne Menge Sauerei auf meinem Bett verursacht. Das muß alles entfernt werden. Es darf keine Spuren geben."

"Was - was hast du denn vor, Jay? Ich dachte..."

Ich unterbrach sie mit einer ungeduldigen Handbewegung. "Da unten wartet ein Komplize von den beiden. Wenn er mich sieht, bevor ich ihn erreiche, ist alles zu spät. Dann wird er davonbrausen und seinem Boss melden, daß es mißlungen ist. Dann haben wir Maldini auch in Zukunft am Hals. Und das nächste Mal werden seine Häscher vielleicht mehr Glück haben."

"Und die Alternative, die dir so vorschwebt?"

Sie hatte das Geschehene erstaunlich gut verkraftet. Oder tat sie nur so? Tapferes Mädchen! dachte ich anerkennend. Aber verlangte ich nicht zuviel von ihr - dennoch?

Ich betrachtete die Flasche. Ein kräftiger Schluck vielleicht?

Nicht jetzt! rief ich mich zur Besinnung.

"Hör zu, Mona, wir haben keine Sekunde zu verlieren. Ich werde mich an den Typ dort unten heranmachen. Du wartest hier oben, bis es gelungen ist..."

"Aber wenn der jetzt schon Verdacht geschöpft hat?"

"Wie denn? Das sind Profis. Die wissen, daß Funksprechgeräte und Handys abgehört und vor allem geortet werden können. Es gibt keine Verständigung zwischen ihm und ihnen."

"Verdammt, was hast du wirklich vor?" Sie wirkte jetzt gar nicht mehr so gespielt cool wie noch vor einer halben Minute.

Ich versuchte ein Grinsen, aber es wurde anscheinend eine fürchterliche Grimasse daraus, denn sie reagierte erschrocken.

"Hör zu, Girlie: Wir haben keine Wahl mehr. Hatten wir vorher zwar auch nicht, aber jetzt geht Maldini sozusagen aufs Ganze. Er wird uns kriegen - uns beide, wohlgemerkt! - wenn wir ihm nicht zuvorkommen. Aber auf normalem Weg gibt es keinerlei Möglichkeit, an ihn heranzukommen. Da hilft nur ein wahnwitziger Plan, und den nehme ich auch nur deshalb in Angriff, weil wir wirklich keine Alternative mehr haben."

"Wahnwitziger Plan?" echote sie alarmiert, aber ich achtete nicht mehr auf sie, sondern riß den Schrank in der Ecke auf. Dort hatte ich einige Utensilien, die zur Ausstattung eines Privatdetektivs gehörten. Es war mehr als nur ein Klischee, daß man manchmal sein Äußeres verändern mußte, um Erfolg zu haben.

Zu den Utensilien gehörte natürlich auch eine Lockenperücke. Ich hatte mehr als eine davon, und ich brauchte nur die, die mich in den Lockenkopf verwandeln konnte, der tot auf meinem Bett lag. Wenigstens auf einige Yards Entfernung sollte man den Unterschied nicht erkennen dürfen.

Ich zog sie mir über den Kopf, kontrollierte kurz im Spiegel und schaute mich dann suchend um.

Klar, die beiden waren mit Jacken gekommen, die sie hier ausgezogen hatten.

"Welche ist die vom Lockenkopf?"

Mona deutete stumm auf die schwarze Lederjacke mit den ausgestopften Schultern und den Puffärmeln, die aus Lockenkopf eine imposante Erscheinung hatten machen sollen.

Mona sagte nichts, weil sie mich lange genug kannte, um zu wissen, daß dies jetzt sowieso nichts genutzt hätte. Wenn ich mir mal was in den Kopf gesetzt hatte... Dabei kam ich nicht einmal im entferntesten auf die Idee, mein wahnwitziger Plan könnte schiefgehen.

Wahnwitzig? Eine nette Umschreibung für etwas, was eigentlich völlig unmöglich war!

4

Ich öffnete unten vorsichtig die Haustür und zeigte mich halb.

Das Problem war, daß ich nicht die geringste Ahnung hatte, wo der Komplize der beiden stecken konnte. Für einen Augenblick hatte ich sogar die verrückte Idee, daß es vielleicht gar keinen Komplizen der beiden hier unten gab.

Aber den Gedanken verwarf ich sofort wieder. Nicht nur, weil sonst die Grundlage für das Gelingen meines wahnwitzigen Plans zunichte war.

Ich winkte energisch und zog mich sofort wieder zurück. Die Haustür ließ ich einen Spaltbreit offen. Ich stellte mich hinter das Türblatt und wartete.

Nichts geschah. Das war ja klar gewesen, daß der Kerl nicht auf Anhieb reagieren würde, wenn Lockenkopf nach ihm winkte. Ich mußte die Prozedur halt wiederholen, diesmal noch energischer. Es mußte so aussehen, als sei die Anwesenheit des Komplizen dringend erforderlich.

Dabei dankte ich im stillen den segensreichen Erfindungen von Polizei und Geheimdienst, die schon lange in der Lage waren, Handys jeglicher Art abzuhören und so die Profis zwangen, darauf möglichst zu verzichten. Genauso wie auf Funkgeräte. Es wäre schon schwieriger gewesen, den Komplizen per Funk oder per Handy zu überzeugen, daß seine unmittelbare Anwesenheit dringend vonnöten war.

Nach dem zweiten Mal hörte ich draußen Schritte, begleitet von einem wütenden Schnauben. Die Haustür wurde ärgerlich aufgestoßen. Jemand stürmte herein, den ich in der Dunkelheit des Treppenhauses nicht erkennen konnte. Aber ich übersah nicht, daß der Kerl eine Waffe in der Faust hielt.

Nicht mehr lange, denn mit einem geübten Griff entwand ich ihm das Ding und knallte ihm fast gleichzeitig den Baseballschläger auf die Birne, der eigentlich mich zum Krüppel hatte machen sollen.

Der gab keinen Mucks mehr von sich, als er zu Boden krachte.

Ich schnappte ihn mir und zog ihn von der Tür weg in den Hohlraum unter der Treppe. Dort fesselte ich ihn kunstgerecht und nahm auch noch seine Wagenschüssel an mich.

Die Schlüssel hatten einen hübschen Mercedesanhänger. Besser konnte es kaum kommen.

Ich rannte auf die Straße und schaute mich suchend um.

Es gab kaum Verkehr um diese Zeit. Das würde sich bald ändern, wenn der frühe Berufsverkehr begann. Aber bis dahin wollte ich den ersten Teil meines Planes hinter mir haben.

Der Mercedes stand in Sichtweite, wie zu erwarten. Ich lief hinüber, klemmte mich hinter das Steuer und fuhr den Wagen hinter das Haus auf den Hinterhof.

Ich betrat das Gebäude von dort und lief zu dem Überwältigten zurück.

Er kam gerade wieder zu sich. Jetzt erst nahm ich mir die Zeit, dem Kerl mit der Taschenlampe ins Gesicht zu leuchten.

Ein Pfiff der Überraschung drängte sich mir gegen meinen Willen über die Lippen: "Boris Galinski! Das ist ja wie an Weihnachten: Eine Überraschung jagt die andere. Ausgerechnet der engste Vertraute von Maldini... Du hast ihm schon ziemlich Sorgen bereitet, weil du kein Italoamerikaner bist und trotzdem ganz nach oben steigen konntest - von Maldini protektiert. Aber er hält so große Stücke auf dich, daß er dieses Risiko einging - gegen den Willen seiner Familie. Und er scheint wirklich nur dir zugetraut zu haben, die Sache Browning erfolgreich abzuhaken."

Ich beugte mich ganz nah zu ihm hinab und zischte in sein Ohr: "Sein Pech - und das deinige obendrein!"

"Scheiß Browning! Binde mich los, sonst geht es dir schlecht!"

Ich schüttelte tadelnd den Kopf. "Du willst mir drohen? Einem, der sowieso nichts mehr zu verlieren hat?" Dann zog ich den Knebel aus der Tasche und machte ihn damit erst mal mundtot. "Außerdem redest du zuviel für meine Begriffe, und wir haben keine Zeit für Plaudereien - so leid es mir auch tut."

Ich vergewisserte mich davon, daß er sich weder befreien noch sonst etwas unternehmen konnte, um vielleicht die Aufmerksamkeit von Hausbewohnern auf sich zu lenken.

Ich hatte tatsächlich schon ziemlich Zeit verloren, und es grenzte an an Wunder, daß noch kein Polizeiwagen gekommen war, um die Schüsse zu klären, die es in meiner Wohnung gegeben hatte.

Aber Polizei kam in dieser Gegend sowieso nicht so schnell vor Ort, weil sie sowieso hoffnungslos überlastet waren.

Mein Glück. Aber ein Glück, das ich nicht überstrapazieren wollte.

Ich rannte wieder nach oben.

5

Mona - die gute Mona! - hatte Lockenkopf vom Bett gezogen, nachdem sie seinen blutenden Schädel mit einem Strandtuch umwickelt hatte. Sonst verteilte er die Sauerei auch noch auf den Boden, und der war sowieso schon in Mitleidenschaft gezogen vom Blut seines Kumpanen. Außerdem hatte Mona das Bett abgezogen und alles auf einen Haufen geworfen,

"Die Matratze ist ebenfalls versaut!" berichtete sie mir.

"Egal: Überzieh das Bett neu und versuche, den Boden so zu säubern, daß man es wenigstens nicht mehr auf Anhieb sieht. Unterdessen bringe ich die Leichen nach unten."

"Was denn, ganz allein, Jay?"

"Siehst du hier noch jemanden, der mir helfen könnte?" fragte ich lapidar zurück, aber bevor ich meine Ankündigung in die Tat umsetzte, ging ich erst zum Telefon.

Die Geheimnummer von Maldini kannte ich natürlich - und natürlich auswendig. Ich tippte sie ein.

Maldini meldete sich - persönlich! Und das zu dieser Zeit?

"Scheiße, Sid!" keuchte ich gequält - so gequält, daß es kaum verständlich war. So brauchte ich mir keine Mühe zu machen, etwa die Stimme von Galinski nachahmen zu wollen.

"Bist du bescheuert, Galinski?" wetterte der Bigboss. "Mich persönlich anzurufen?"

"Scheiße, Boss, es ging schief. Die beiden Arschlöcher haben versagt, und dann kam Browning herunter und hat mich überwältigt. Hat es zumindest versucht. Aber ich habe ihm eine Kugel in den häßlichen Schädel gejagt."

"Und was ist mit dir?" fragte Maldini lauernd.

"Mich hat es böse erwischt. Ich - ich brauche dringend einen Arzt, sonst gehe ich hopps!"

"Und deshalb rufst du hier an? Wenn jetzt mein Telefon abgehört wird?" Anscheinend hatten die beiden einen Code vereinbart, den ich natürlich nicht wissen konnte. Deshalb tat ich ja auch so, als würde es für Galinski um Leben und Tod gehen und als könnte er sich an solche Absprachen angesichts seiner schlimmen Lage nicht mehr halten. "Und außerdem weißt du, daß ich nichts für Kriminelle übrig habe." Das war für etwaige Abhörexperten gedacht, obwohl er eigentlich mit Bestechung sein Telefon praktisch abhörsicher gemacht hatte. Sonst hätte man ihn längst drankriegen können...

"Herrschaft, Boss, dieser Browning ist eine Killermaschine gewesen. Wir wollten doch nur friedlich mit ihm reden, und da drehte der durch. Und jetzt ist er tot. - Was sollte ich denn machen? Entweder der oder ich!" Das war natürlich ebenfalls für die Ohren von etwaigen Abhörspezialisten gedacht. Ich mußte das Spielchen einfach mitmachen, um keinen Verdacht bei Maldini zu erregen, auch wenn ich solche übertriebenen Vorsichtsmaßnahmen für bescheuert hielt. Maldini litt schon immer ein wenig an Verfolgungswahn. Ein Wunder, daß er überhaupt noch weitertelefonierte. Aber dafür schien ihm das Thema nun doch zu brisant zu sein...

"Und seine Freundin?"

"Die habe ich leider nicht mehr erwischen können. Hat mich gesehen und ist abgehauen. Weiß nicht, wo sie jetzt steckt. Vielleicht bei den Bullen?" Ich hustete und tat, als würde ich Blut spucken. "Bitte, Sid, Boss, hilf mir. Ich - ich habe Browning im Wagen. Wir treffen uns..." Und ich nannte ihm den Treffpunkt, wie er mir vorschwebte.

Dabei rechnete ich mir meine Chancen aus: Galinski war sein Liebling. Sonst hätte er ihn nicht so gefördert. Aber jetzt, nachdem das anscheinend so unglücklich abgelaufen war, bildete Galinski eine Gefahr für den Boss. Wenn er jetzt andere Helfershelfer zum Treffpunkt schickte, war das in doppelter Hinsicht schlecht für ihn: Erstens gab es dann unliebsame Mitwisser, was man nicht unbedingt riskieren mußte, und zweitens würgte er sich selber eins rein, wenn er Galinski als Versager und nunmehr potentielle Gefahr umlegen ließ, denn wie sollte er das so begründen, daß er sich selber nicht zum Deppen machte, weil er ausgerechnet Galinski all die Jahre so stark gefördert hatte?

"Bitte!" flehte ich mit ersterbender Stimme.

"Schaffst Du es bis dorthin?"

"Klar, Sid - und... danke!"

Maldini legte einfach auf, und ich schnappte mir erst mal den toten Kerl, der mich zum Krüppel hatte schlagen sollen.

Verdammt, wenn wenigstens einer der Fahrstühle funktionieren würde...

Ich nahm den Kerl auf und legte ihn mir quer über die Schultern - so, wie ich es mal bei der Polizei gelernt hatte. Dann schleppte ich ihn nach unten zum Mercedes von Galinski, dabei hoffend, daß mir niemand bei meiner Tätigkeit zufällig zuschaute.

Egal, ich mußte es riskieren.

Genauso, als ich Lockenkopf nach unten schleppte.

Beide verstaute ich kurzerhand im Kofferraum des Wagens.

Inzwischen war Mona mit ihrer Arbeit fertig - wahrlich in Rekordzeit. Die versaute Wäsche brachten wir zu meinem eigenen Wagen.

"Fahr jetzt los, Mona!" befahl ich knapp, und dann sagte ich ihr, wo sie mich treffen sollte - nämlich ganz in der Nähe des Treffpunktes mit Maldini - eben nur zu einem späteren Zeitpunkt.

Sie fragte mich nicht weiter, machte nur eine verbissene Miene und steckte den Schlüssel ins Zündschloß.

Ich beugte mich zu ihr hinein und küßte sie auf den Mund. Soviel Zeit mußte jetzt doch noch sein.

Sie erwiderte meinen Kuß nur zögernd.

Kein Wunder, bei dem, was sie in der letzten Stunde durchgemacht hatte - und was vielleicht auch noch auf sie zukommen würde...

6

Ich schleppte Galinski zu seinem Wagen und half ihm auf den Beifahrersitz. Seine Waffe legte ich mir zwischen die Knie, und dann startete ich. Die Zeit tickte. Ich mußte deutlich vor dem Boss am Treffpunkt sein.

Unterwegs ging mir einiges durch den Kopf. Vor allem die Risiken. Was, wenn ich mich in Maldini täuschte und er nicht in die Falle ging?

Ich hatte wirklich keine andere Wahl. Sein Arm reichte bis in Polizeikreise hinein. Niemand wußte das besser als ich. Ich würde niemals an ihn herankommen. Nicht nur, weil seine Villa einer Festung glich. Bevor ich auch nur den Hauch einer Chance hätte, würde er es noch einmal versuchen, seinen teuflischen Plan mit mir durchzuführen. Und selbst wenn ich das ebenfalls überstand... Es würde ein drittes Mal geben. Irgendwann war er erfolgreich - und ich tot oder noch schlimmer dran... Und Mona hatte er sowieso ebenfalls auf dem Kieker. Jetzt erst recht.

Ich entschuldigte mich in Gedanken bei ihr, daß ich sie Maldini gegenüber als Augenzeugin genannt hatte. Ich hatte das eigentlich gar nicht bedacht, daß ich sie dadurch noch mehr in Gefahr bringen würde, als sie es ohnedies bereits war...

Es sei denn, mein Plan gelang, und davon hing nun alles ab - ja, restlos alles!

Galinski beobachtete mich die ganze Zeit aus den Augenwinkeln. Er hatte nicht den geringsten Verdacht, was überhaupt hier ablief. Mir war das sowieso egal. Ich hatte andere Sorgen - wahrlich.

Und dann erreichte ich mein Ziel.

Ah, ein herrliches Plätzchen - zumindest für meine Zwecke.

Ich parkte den Wagen so, daß Maldini ihn teilweise sehen konnte, wenn er kam. Bis in die Hälfte der Fahrerseite wurde er verdeckt von einem wuchtigen Brückenpfeiler.

Ich schnappte Galinski und zerrte ihn auf den Fahrersitz.

Das gelang mir nur zur Hälfte. Galinski wußte zwar nicht, was ihm blühte, aber er begann, sich heftig zu sträuben.

Ich schüttelte tadelnd den Kopf und schlug dann mit dem Baseballschläger zu. Jetzt gab er Ruhe - zwangsläufig.

Ich zog ihn ganz herüber und setzte ihn so hin, daß er halb über das Steuer sank und man von außen nicht gleich sehen konnte, daß ich ihm einen Knebel verpaßt hatte. Dann schlug ich die Fahrertür zu und begutachtete erst mal meine Arbeit.

Nein, ich mußte den Knebel doch abnehmen, denn wenn er vor der Zeit zu sich kam und sich aufrichtete, konnte Maldini den Knebel sehen.

Ich öffnete noch einmal, nahm seinen Knebel ab und verpaßte ihm sicherheitshalber noch einen Hieb mit dem Schläger.

Blut sickerte aus den Wunden, die meine Schläge verursacht hatten, und seine Haare waren bereits vom Blut verklebt.

Das machte die Sache nur noch glaubwürdiger. Auch, daß das Blut jetzt begann, ihm über Stirn und Gesicht zu sickern.

Ein letztes Mal überprüfte ich den Sitz der Fesseln. Dann schlug ich endgültig die Fahrertür zu und ging in Position - hinter dem zweiten wuchtigen Brückenpfeiler.

Einige Yards über meinem Kopf brauste der beginnende Frühverkehr hinweg. Was hier unten geschah, würde niemand mitbekommen - außer den Beteiligten.

Suchend schaute ich umher, um wirklich sicher zu gehen, daß es auch keinen Penner gab, der diesen Ort zum Nachtlager erkoren hatte.

Nein, es hätte mich auch sehr gewundert, denn außer stinkenden Abfällen, die sich hier türmten, und Ratten, die sich gelegentlich aus ihrer Deckung wagten, gab es nur Galinski und mich.

Aus Richtung Piers hörte ich eine Schiffsirene, und als wäre das ein verabredetes Zeichen, bog der Wagen von Maldini ein. Die Scheinwerfer waren ausgeschaltet. Nur das Standlicht war an.

7

Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich packte die Waffe von Galinski fester. Verdammt, hoffentlich kam Maldini wirklich persönlich und... allein!

Die Scheiben waren verdunkelt. Man konnte von außen nichts sehen. Außer durch die Windschutzscheibe.

In der Ferne schickte die Sonne ihre ersten blutigroten Strahlen über den Horizont. Es war wie ein schlechtes Omen.

Das Licht der beginnenden Morgenröte, gepaart mit dem Licht der Großstadt, das diesen Platz nur dürftig erhellte, reichte nicht aus, um zu erkennen, ob es wirklich Maldini war, der sich ausnahmsweise selber hinter das Steuer seines Wagens geklemmt hatte.

In gebührendem Abstand zu Galinskis Wagen hielt er an. Nichts rührte sich zunächst.

Die Schattenumrisse von Galinski begannen, sich zu bewegen. Aha, der Kerl kam zu sich. Ausgerechnet jetzt. Besser konnte es kaum kommen.

Der Wagen von Maldini ruckte wieder an. Er rollte nur ein paar Schritte weiter, bis die Scheinwerfer aufflammten, um den Wagen von Galinski zu erfassen.

Maldini ging kein unnötiges Risiko ein. Damit war zu rechnen gewesen.

Galinski blinzelte verwirrt - und noch immer benommen von meinen Schlägen.

Sein Gesicht war eine blutverschmierte Grimasse.

Das war überzeugend. Maldini schaltete die Scheinwerfer wieder aus. Dann öffnete sich der Wagenschlag seiner Limousine.

Mein Herz blieb für einen Augenblick lang stehen.

Maldini hatte eine gedrungene Gestalt. Früher war er einmal ein agiler Sportler gewesen. Als brutaler Schläger hatte er seine zweifelhafte Karriere begonnen. Jetzt war er nur noch fett. Aber seine Grausamkeit war eher noch gestiegen.

Er ließ den Wagenschlag offenstehen, als er vorsichtig in Richtung Galinski schritt. Im Innern seiner Limousine brannte kein Licht.

Das war mir nur recht. Ich löste mich aus dem Schatten des Betonpfeilers und und folgte Maldini geräuschlos. Dabei mußte ich an der Limousine vorbei. Wenn jetzt doch noch jemand da drin saß, war ich verloren - und damit auch mein ganzer schöner Plan. Hatte ich wirklich recht mit meiner Einschätzung von Maldini?

Ich mußte es einfach riskieren...

8

Ich kam am offenen Wagenschlag vorbei und beugte mich blitzschnell hinein.

Es war nur wenig Licht, das ins Innere fiel, aber es reichte aus, um mich erkennen zu lassen, daß ich mich in Maldini nicht geirrt hatte.

Ich richtete mich wieder auf. Gerade rechtzeitig, denn Maldini hob seine Rechte, und es war unschwer zu erkennen, daß er eine großkalibrige Waffe in der Faust hielt. Damit zeigte er auf Galinski.

Auch in diesem Punkt hatte ich mich also nicht geirrt.

"Nein! Bitte nicht, Boss! Du machst einen schrecklichen Fehler!" kam es dumpf aus dem geschlossenen Mercedes.

"Stimmt!" sagte ich ruhig.

Mit einer Hand hielt ich Galinskis Revolver, und mit der anderen Hand griff ich in das Innere der Limousine, um die Scheinwerfer einzuschalten.

Maldini! Er war es tatsächlich! Er fuhr nur halb herum, seine Hand mit der Waffe wie zögernd hin und her bewegend.

"Laß es lieber, Maldini. Du hast keine Chance. Ich bin auf jeden Falls schneller."

Er erkannte meine Stimme, obwohl er mich nicht sehen konnte, von den Scheinwerfern seines eigenen Wagens geblendet.

Sein Blick fuhr zwischen mir und Galinski hin und her.

"Du hast mir eine verdammte Falle gestellt!" würgte er hervor, als könnte er es selber kaum glauben.

"Sicher doch, Maldini!"

Ich setzte mich in Bewegung, seitlich, um Maldini zu umrunden.

"Was hast du jetzt vor? Mich erschießen?" Er lachte heiser. "Man wird dich jagen. Deine Polizeikameraden werden dich als Mörder suchen und meine Leute..."