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Regenwürmer vertragen kein Coffein - Teil I
Du wirst dich biegen wie ein Halm im Wind. Doch wirst du nicht brechen…
Regenwürmer vertragen kein Coffein. Die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe. Sie vierzehn, er Mitte vierzig, lernen sie sich kennen, weil seine lockere Bekanntschaft zur Mutter, Mitte dreißig, auf deren Betreiben hin in eine feste Beziehung hinein wachsen soll.
Alles nur Spiel oder der Versuch, eine zerrüttete Familie zu retten? Ein Kampf zwischen Lust, Leidenschaft, Verantwortung und Angst. Gier nach Reichtum, Geltungssucht. Wer bleibt auf der Strecke?
Ein Buch mit sehr viel Herzblut geschrieben, wie der Autor selbst sagt…
Chrissys Tagebuch - Chronik einer lesbischen Liebe, Teil I/I
Als der Roman erschien, war die Homo-Ehe noch nicht legalisiert. Inzwischen hat sich das geändert. Doch änderte sich in der Folge die Haltung einer Mehrheit der Gesellschaft zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen? Ein Nachbar erzählte mir unlängst Neues über eine Familie, die wir beide kennen. Er sagte: „Und stell dir vor, die haben nur einen Sohn und der ist schwul…“, da könne man doch verrückt werden. Als ich ihn fragte, was denn einen Menschen schlechter mache, wenn er schwul ist, antwortete er, das sei doch nicht normal. Was ist normal, was nicht? Lesen Sie einen spannenden, über weite Teile entspannenden Liebesroman voller Erlebnisse der Leidenschaft und ungehemmter Lust, der auf einer wahren Geschichte beruht und Einblicke in die Geheimnisse eines bisweilen ausufernden Liebeslebens zweier junger Frauen bietet.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2016
Was folgte, glich einer Geisterbahn, auf- und abschwellende Töne, graue Gestalten, die, so schnell sie erschienen, wieder verschwanden, wie in einem wabernden Nebel, hohe Töne, tiefe Töne …
Die Gespenster hinter dem Schleier, der mich umgab, sprachen miteinander, Schattenbilder, sie bewegten sich ruckartig von einem Platz zum anderen, wie beim Break-Dance. Froschmäuler mit Glupschaugen, Töne wie man sie von einem langsam laufenden Film kennt, Zeitlupe in Bild und Ton …
Die Story hinter der Story
„Es war einmal …“, so fangen die meisten Märchen an. Was Sie hier lesen werden, kein Märchen, obgleich es sich bisweilen als solches lesen mag, eine Story?
Das Originalgeschehen in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, irgendwo in der verstorbenen DDR, bis hinein in die Neunziger im wiedervereinigten Deutschland. Die Zeitebenen im Roman wurden verändert, ebenso die Handlungsorte, es sollte keine Biografie werden, die Gefühlsebenen stehen im Mittelpunkt. Da eine der Protagonistinnen Tagebuch schrieb, haben wir uns dazu entschieden, die Tagebuch-Form anzuwenden.
Eine junge Frau, gerade fünfzehn, unternahm denselben Versuch, den viele ihrer Altersgenossinnen bereits hinter sich, andere vor sich hatten, die erste intime Begegnung mit einem Mann. Sie holte sich vorher Rat bei erfahrenen Freundinnen. „Suche dir einen älteren aus, die können das besser, über die Zwanzig, vielleicht sogar über die Dreißig …“, riet man ihr.
Sie befolgte den Rat, doch sie konnte dem nichts abgewinnen. Sie versuchte es mehrmals aufs Neue, wie ein Hamster im Laufrad, mit jüngeren, mit älteren. Bald hing ihr ein zweifelhafter Ruf an: „Die fickt mit allen, die nicht bei Drei auf den Bäumen verschwinden …“
Es kam der Tag, da gab sie es auf. So lange, bis ihr eine Frau begegnete. Wandern durch tiefe Täler der Tränen begann, obgleich sich ihr Glück endlich eingestellt hatte.
Der § 175 war in der DDR wie in Westdeutschland seit langem Geschichte, dennoch, Freunde, Nachbarn, Kollegen, Eltern, Verwandte, selbst völlig fremde Leute, wenn sie davon Kenntnis erhielten, wandten sich ab, eine Lesbe, schwul, homo, nicht normal.
Während ich die Geschichte aufschrieb, fiel mir oft ein Ereignis ein, das sich im Sommer 1989 in einem bekannten Urlaubsort an der Küste abspielte, und das mir selbst heute noch Schwermut bereitet.
Thomas, gerade siebzehn, Sohn enger Freunde, Gerda und Bert (Namen geändert, der Verfasser), geht in den Wald, um sich zu strangulieren, ohne einen Abschiedsbrief zu hinterlassen. Von Schulfreunden erfuhren die Eltern, dass er vermutlich schwul gewesen sei. Jedenfalls habe er sich nicht „normal“ verhalten.
Er fand nicht den Mut, nicht einmal mit seinen engsten Vertrauten, den Eltern, über seine Neigung zu sprechen, obwohl ich stets den Eindruck hatte, in der Familie ginge man offen mit jeglicher Art von Problemen um. Er schämte sich, so zu sein, anders zu sein, als das, was man von heranwachsenden Männern erwartete, darum nahm er sich das junge Leben.
Viola, eine der Akteurinnen im Roman, sagt im Teil I während eines Dialogs mit Chrissys Eltern, sie lehne jegliche Art der Kategorisierung sexueller Neigungen, Gewohnheiten oder Vorlieben von Menschen ab. Die Worte „Lesbe“, der „Schwule“ oder das selbst heute noch häufig zu hörende, abwertende Wort: „Homo“, klängen mehr wie Beschimpfungen, denn als Beschreibung einer bestimmten sexuellen Orientierung, einer Lebenseinstellung. Vielmehr ginge es um zwei Menschen, die sich liebten, die mehr oder weniger leidenschaftlich ihrer Lust den freien Lauf ließen, wie es bei heterosexuellen Paaren als völlig normal empfunden werde.
Lesen Sie diesen zweiteiligen Roman, der einen tiefen Einblick in ein ausschweifendes und leidenschaftliches Liebesleben zweier junger Frauen gewährt, basierend auf einer wahren Geschichte. Zudem Thomas gewidmet, der aus Scham, Verzweiflung oder einfach aus Angst nicht mehr weiterleben wollte.
Nachtrag 2020:
Inzwischen haben wir in Deutschland die Homo-Ehe, hat sich die Haltung zahlreicher Zeitgenossen zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen wirklich grundlegend geändert? Beantworten Sie sich diese Frage bitte selbst.
Prolog
Mit dreizehn die ersten Gefühle, der Wunsch stellte sich von ganz alleine ein, der Körper schrie danach. Im Halbschlaf, wie von Geisterhand gelenkt, fanden die Finger den Ort des Verlangens, ein wohliges Kribbeln, es ging sehr schnell beim ersten Mal, und weil dieses Gefühl so überwältigend war, wurde es sehr schnell zur befriedigenden Gewohnheit. Aus Zufall wurde Vorsatz, aus Vorsatz wurde Lust. Oft suchte ich früher als nötig mein Zimmer auf, allein um mich diesem Rausch auszuliefern. Ob es dabei jemals zu einem richtigen Orgasmus kam, wusste ich damals noch nicht. Was überhaupt ist ein richtiger Orgasmus? Die Frage beschäftigte mich lange Zeit.
Mütter müssen das bemerken, wenn die Töchter so weit sind, sie wissen wohl auch, dass die Zeit der Selbstbefriedigung begrenzt sein wird. Woran sie das bemerken, das weiß ich nicht, ich bin keine Mutter. Vielleicht riechen sie das. Dass ich seit geraumer Zeit schon meine Regel bekam, war schließlich kein Geheimnis. Es musste also einen weiteren Grund geben.
Eines Abends erschien meine Mutter in meinem Zimmer. Sie müsse dringend mit mir reden, erklärte sie ihr Erscheinen. Es ginge um eine wichtige Angelegenheit, weil sie Veränderungen meines Verhaltens bemerkt habe. Schließlich sei ich hinreichend aufgeklärt, mit dreizehn allerdings zu jung, um gewisse Gefühle bereits mit einem Jungen zu teilen. Wenn ich diese Lust verspürte, gäbe es als Ersatz die Möglichkeit, dieselbe mit meinen Fingern zu befriedigen. Sie habe das als junges Mädchen ebenso gehandhabt, heimlich, weil Selbstbefriedigung in ihrer Kindheit als große Sünde galt. Damals habe es Eltern gegeben, die ihren Töchtern in der Pubertät nachts sogar die Hände auf dem Rücken fesselten.
Oh Gott, welche Vorstellung. Ich hörte andächtig zu, war dieses Thema doch lange allgemeiner Gesprächsstoff auf dem Schulhof, so unter dem Motto: “Hast Du schon mal? Wenn ja, wie war es?” Ich beteiligte mich zwar nie an dieser Konversation, hörte aber gern zu.
Meine Mutter fügte mit ernster Miene hinzu, dass sie selbst zu dieser Zeit gelegentlich den Selbstversuch praktiziere, obgleich sie mit Dad ein sehr erfülltes Liebesleben pflege. Eine Frau brauche das, um sich zusätzlich zu stimulieren, um ihre eigenen Gefühle besser erkennen und vor allem ergründen zu können, was ihr besonders gut tue.
Das Schlafzimmer meiner Eltern lag quer über dem Flur. Da meine Mutter bisweilen ihre Gefühle außerordentlich laut äußerte, konnte ich ihre Worte sehr gut nachvollziehen.
Sie sprach mit mir beinahe wie mit einer Gleichaltrigen. Dafür versprach ich ihr, die Jungs für einige Zeit zu meiden und ihrem Rate zu folgen.
Mein erster Versuch
Das Versprechen hielt vier Jahre bis zu meinem Siebzehnten. Die Finger genügten mir plötzlich wirklich nicht mehr. Außerdem schien ich, mit Ausnahme meiner besten Freundin Manu – die, was Sex betraf, auf einem anderen Planeten lebte -, die Letzte zu sein, die bis dahin diesen bewussten Akt nicht hinter sich gebracht hatte.
Eine Reihe der Mädchen schwärmte von hinreißenden Erlebnissen mit dem anderen Geschlecht, was für ein Hochgefühl es sei, mit einem Jungen, besser mit einem Mann zu schlafen. Was für einen unvergleichlichen Orgasmus man erlebe, spürte man erst so ein männliches Glied in sich oder ersatzweise eines der allseits bekannten Spielzeuge. Tina, ein Mädchen aus meiner Klasse, war besonders gesprächig. Richtige Männer begnügten sich nicht damit, einfach ihr Ding da reinzustecken und zu rubbeln, bis sie ins Kondom spritzten.
„Hm, wenn die lange und gut deine Pussy lecken, dann gehst du ab, das sag ich dir …“, einer ihrer Sprüche, das käme in ihrer Beliebtheitsskala noch vor dem Poppen. Nicht dass mich der Gedanke daran besonders erregte, aber ich wollte endlich wissen wie sich das anfühlt.
Auf Manu, mit der ich einen großen Teil meiner Freizeit verbrachte, werde ich später zurückkommen. Jedenfalls hielt sie nichts von Jungs und dem ganzen Darum herum. Das muss sich auf mich übertragen haben, meinte ich in diesen für Heranwachsende so wichtigen Jahren. Sie kümmerte sich lieber um die Schule und riet mir stets dasselbe. Leider war sie in den Naturwissenschaften dieselbe Niete wie ich. Allein sie kompensierte das Defizit mit viel Fleiß, an dem es mir fehlte. Wäre sie nicht meine beste Freundin gewesen, hätte ich sie eine unverbesserliche Streberin genannt.
Überhaupt, soviel vorausgeschickt, wirkte Manu von einem bestimmten Alter an, ab dem Sexualität eine Rolle spielt, auf mich wie ein sexuelles Neutrum. Seit der Zeit zog sie sich nie in meiner Gegenwart um. Wenn ich dasselbe in ihrem Beisein tat, schaute sie stets weg, oft ermahnte sie mich. Wenn sie bei uns übernachtete, schlief sie stets im Gästezimmer.
Mein Entschluss reifte endgültig, nachdem ich die bereits erwähnte Tina, während meiner Geburtstagsparty ungewollt im Geräteschuppen mit einem der Jungs beobachtete. Er lag auf dem Rücken, sie kniete über ihm. Nach vorn gebeugt bewegte sie ekstatisch ihr Hinterteil, der ganze Körper von einem fieberhaften Schütteln ergriffen. Beide schienen so weit entrückt zu sein, dass sie nicht einmal bemerkten, wie ich einen Klappsessel entnahm.
Der Name des Auserwählten, dem ich die Missetat antragen wollte: Paul, Paul das Mathe- und Physikgenie. Er hatte schon mehrere Olympiaden gewonnen und besuchte eine Parallelklasse im selben Gymnasium. Auf dem Schulhof fragte ich ihn, ob er mir nicht ein paar Nachhilfestunden geben wolle. So nachdenklich und gleichzeitig herausfordernd, wie er mich anblinzelte, schien er meine wahren Gedanken erkannt zu haben. Daher sagte er ohne jeglichen Vorbehalt zu. Ich könne nach der Schule jederzeit bei ihm vorbeikommen.
Paul wohnte in unserer Siedlung zwei Straßen weiter. Die Eltern, beide Bedienstete in einer Landesbehörde, waren selten zu Hause. Groß gewachsen, schlank und blond, trug er einen kurzen Bürstenschnitt. Er gehörte nicht zu den Jungs, die ständig an den Mädchen herum baggerten. Das machte ihn interessant für mich, da mir auf dem Schulgelände seinerseits in Punkto Freundinnen oder Favoritinnen bis dahin nichts weiter aufgefallen war. Selbst außerhalb der Schule sah ich ihn nie in Begleitung einer Freundin. Außerdem sollte er gut aussehen, mein Erster, das war ich mir schließlich selbst schuldig.
Mein normaler Aufzug im Schulalltag bestand aus Jeans mit Shirt oder Pullover, stets einen BH darunter. Darauf legte meine Mutter großen Wert. Vor meiner ersten „Nachhilfestunde“ bei Paul fuhr ich nach der Schule zuerst nach Hause, wo ich mir den kürzesten Rock, den knappsten String, dazu ein bauchfreies Trägershirt, das wenig bedeckte, aussuchte. Den Büstenhalter ließ ich weg.
Paul zeigte keinerlei auffällige Reaktion, meine Garderobe betreffend, nachdem er mir die Haustür öffnete. Er begrüßte mich mit einem trockenen „Hallo“, dann bat er mich, einzutreten. Er trug Bermudas, darüber ein Muskelshirt, das seinen makellosen Körper außerordentlich gut betonte. Wie sagt man in solchen Fällen? Er sah sexy aus, er gefiel mir, so wie er vor mir stand, trotz seines gleichgültigen Blickes. Einzig in meinem Bauch regte sich nichts. Das kommt schon, sagte ich mir zu meiner Beruhigung.
Die Treppe nach oben zu seinem Zimmer betrat ich vor ihm. Er sollte meinen schmalen Slip sehen. Dennoch blieb er völlig cool, nachdem er in seiner Sitzecke Platz nahm. Ich saß ihm schräg gegenüber. Auf dem Clubtisch lagen bereits die zu unserer Nachhilfestunde passenden Lehrbücher.
Am Abend davor, als ich in meinem Bett lag, versuchte ich mir vorzustellen, wie es ablaufen würde. Romantisch in jedem Falle, wie sonst? Ich meinte, er würde, wenn er mich in diesem Aufzug sieht, augenblicklich aufmerksam und mir Komplimente machen. Zuerst wollte ich ihn zappeln lassen. Wenn er seine Annäherungsversuche fortsetzte, würde ich ihm Stück für Stück näher und an der richtigen Stelle entgegen kommen. In jedem Falle sollte es passieren.
Aber so lief das wohl nicht bei ihm, wenngleich er manchmal verlegen hüstelte, wenn ich mich über den Tisch hinweg beugte, wenn er mit Sicherheit bis zu meinem Bauchnabel gucken konnte. Oder wenn ich mich nach gelöster Aufgabe auf der Sitzecke zufrieden so weit zurücklehnte, dass er meine Beine bis an deren schönstes Ende sehen musste.
Dass die Betrachtung einer von einem knappen Höschen spärlich bedeckten Vulva bei Männern gewisse Wunschvorstellungen zu wecken vermag, das wusste ich schon. Dass derartige Betrachtungen bei den meisten zur Penissteife führen, ebenfalls. Der Satz: „Ich habe eine Latte bekommen, als ich der unter den Rock geguckt habe …“, gehörte zum Standartrepertoire einiger Jungs in den Pausengesprächen.
Nachdem nichts von dem passierte, was ich mir in meinen bis dahin schönsten Träumen ausgemalt hatte, sah ich mich genötigt, zum Angriff überzugehen. Auf der Toilette zog ich mein Höschen aus. Als ich zurückkam, saß Paul nackt auf der Kante seines Bettes, lässig zurückgelehnt. Sein steifer Penis, dessen Ausmaß mir im ersten Moment einen Schreck einjagte, stand kerzengerade aus seinem Schoß heraus.
„Das wolltest Du doch, oder?“, fragte er mich trotzig, nachdem ich das Zimmer wieder betrat. Mit klopfendem Herzen erwiderte ich stumm seine Frage, indem ich mein Shirt langsam über den Kopf zog, um anschließend weltfraulich meinen Rock fallen zu lassen, so wie ich es aus Filmen kannte.
Ob mir dieser Strip so aufreizend gelang wie es die Schauspielerinnen gewöhnlich zeigen, daran kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Doch tat ich anschließend dasselbe, was Frauen in derartigen Filmszenen oft zeigen: ich setzte mich zu ihm und betastete behutsam dieses Ding, dessen Funktion mir sehr wohl bekannt war, zu dessen Handhabung ich jedoch überhaupt keinen Plan hatte.
Nicht einmal in meinen Fantasien spielte bis dahin ein erigiertes männliches Glied eine Rolle. Wenn ich abends im Bett eine Hand über meinen Bauch abwärts gleiten ließ und mit der anderen meine Brüste streichelte, war ich stets völlig eingenommen von diesem Gefühl, das sich kurzfristig einstellt. Ich gehörte mir ganz allein. Nie dachte ich an etwas anderes als daran, diesen Fall ins Bodenlose zu erleben, ohne jeglichen Bezug zu irgendeiner zweiten Person. Ich verspürte nicht einmal eine besondere Lust darauf. Dass ich in diesem Moment nackt neben einem Jungen mit steifem Penis saß, entsprach lediglich dem unwiderstehlichen Drang, es hinter mich bringen zu müssen. An etwas Dauerhaftes mit einem Jungen dachte ich hingegen noch nicht, doch wer weiß, was sich hätte entwickeln können?
Er hatte schon ein Kondom übergestreift. Gern hätte ich gewusst, wie sich so ein Ding in Natura anfühlt. Ich konnte Pauls Penis mit meiner zierlichen Hand nicht einmal völlig umfassen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er mich mit dem Rücken auf sein Bett drückte. Dort küsste er meine Brüste, während seine Hand an meinen Oberschenkeln Stück für Stück nach oben wanderte. Bis er schließlich an den Ort gelangte, um dessen feierliche Entweihung sich meine Wünsche an besagtem Nachmittag drehten. Er verstand das sehr gut, und mir schien, dass er bereits einige Übung darin haben musste. Besonders nachdem er begann, meinen Schoß zu streicheln. Erst als er versuchte, mit seinen Fingern in mich einzudringen, gab ich ihm zu verstehen, dass ich Jungfrau sei.
„Auch das noch“, erwiderte er gelangweilt. „Du hast noch nie gepoppt, und das mit siebzehn? Unglaublich!“ „Nein“, erwiderte ich verlegen. Mein Herz schlug schnell, wenngleich seine für mich unerwartete Reaktion bei mir für einige Abkühlung sorgte.
„Ich möchte, dass Du der Erste bist“, fügte ich kleinlaut hinzu. Jetzt waren wir an der Stelle angekommen, an der ich erwartete, dass er mich küssen würde, doch er sah mich nur entgeistert an. Nicht dass ich hoffte, auf Rosen gebettet zu werden, ein Stück mehr Romantik wünschte ich mir schon.
Nach einer Pause, während derer ich ein weiteres Mal meine Hand um sein aufrecht stehendes Glied legte, sprach ich verunsichert:
“Obwohl mir das Ding da …“, ich wusste nicht, wie ich seinen Penis anders bezeichnen sollte. „Obwohl mir das Ding da Angst einflößt, so lang und so dick.“
Lachend versicherte er mir, dass der auf jeden Fall hinein passen würde, so nass und so erregt wie ich schon sei. Zur Demonstration desselben rieb er seinen Daumen am Zeigefinger. Ja, das gebe ich ehrlich zu, ich war erregt, so wie er mich berührte, ich war wie elektrisiert, ich hätte mir gewünscht, er würde das noch länger tun, wenigstens so lange, bis ich einen ersten Höhepunkt erleben würde. Auch das andere, von dem Tina öfter so begeistert sprach, das Pussy lecken, aber das zu sagen, traute ich mir nicht. Stattdessen stand er abrupt auf, um zwei Handtücher aus dem Badezimmer zu holen.
„Na komm schon“, seine einzigen Worte, während er meinen nackten Körper über die beiden Handtüchern beförderte. Anstatt der zärtlichen und leidenschaftlichen Küsse, die ich erwartet hatte, legte er sich eilig zwischen meine Schenkel, die er mit beiden Knien unsanft auseinander spreizte. An meiner Haut spürte ich mit wachsendem Unbehagen dieses drängende Etwas, das der Aufwärtsbewegung seines Körpers folgte. Lediglich seine Lippen lagen an meinem Hals, er keuchte leise, je näher er an den Ort meiner höchsten Lust gelangte, mein Heiligtum, das mir bis dahin ganz allein gehörte. Hatte er mich am Anfang wenigstens noch zärtlich gestreichelt, so zog er jetzt gefühllos mit Daumen und Zeigefinger meine empfindlichen Lippen auseinander, als wolle er gewaltsam ein Tor öffnen, sobald sein Glied, dessen Spitze mich bereits berührte, dort angekommen war. So ungestüm und empathielos wie er das anstellte, empfand ich es bereits als schmerzhaft, bevor er überhaupt die Schwelle übertrat. Mit beiden Händen stieß ich ihn im letzten Moment von mir.
„Nicht so schnell! Du tust mir weh“, schrie ich ihn an. Paul erstarrte plötzlich. Sein Penis erschlaffte in Windeseile, und er meinte, dass ich ihn völlig frustriert habe mit meinem Geschrei. Bei ihm würde nun nichts mehr gehen, sagte er enttäuscht.
Ich zog mich eilig an, die ganze Szene war mir peinlich, ich wollte nichts als schnell weg von ihm. Hinterher stellte ich mir die Frage, ob ich das Ganze wirklich wollte.
Meine Mutter stand im Garten, als ich kurz darauf in meinem aufreizenden Aufzug durch die Gartenpforte trat. Ich hatte sie zu spät gesehen.
„Wie läufst du denn herum?“, fragte sie mich entsetzt. An der Hitze, die in mir aufstieg, bemerkte ich, dass ich dunkelrot angelaufen sein musste. Lügen würde mir nichts nützen, das war mir gleich klar.
„Ich war zum Nachhilfeunterricht in Physik und Mathe“, erwiderte ich kleinlaut. „Halb nackt?“, fragte Mam. Da wir in sexuellen Fragen offen miteinander umgingen, obgleich dieselben bei mir bis dahin eine untergeordnete Rolle spielten, erwiderte ich: „Den Rat, den du mir damals in Bezug auf die Jungs gegeben hast, habe ich bis heute befolgt.“ Da lächelte sie mich an und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich hoffe mit Schutz“, fügte sie hinzu, ich ließ sie in dem Glauben.
Das Ding mit Paul, gelaufen, dumm gelaufen, wenn ich das so bezeichnen darf. Nach dem verunglückten Date zog er auf dem Schulhof einen großen Bogen um mich herum. Er würdigte mich keines Blickes mehr. Vielleicht schämte er sich und hatte Angst, ich würde Sprüche über ihn verbreiten. Dazu gab es für mich überhaupt keinen Grund. Die Situation war eben blöd, und ich war mir zudem nie wirklich sicher, ob ich es ernsthaft mit ihm wollte oder ob der Versuch mehr eine Schnapsidee war. Was sollte nun mit meiner Nachhilfe in Physik und Mathe werden? Das Abi rückte unaufhaltsam näher. Ein paar Tage später ergab sich die Antwort von selbst. Da lief mir Frau Kirchner über den Weg.
Bis zur neunten Klasse unterrichtete sie uns in den beiden Fächern. Für meine Verhältnisse erhielt ich bei ihr sehr gute Noten. Nach der Neunten wechselte sie die Schule an ein Gymnasium am anderen Ende der Stadt. Es gab Gerüchte, dass etwas vorgefallen sei, was, das wusste keiner so genau, es interessierte mich auch nicht. Die richtige Ausgangssituation für Geschichten jeglicher Art. Es wird eben manchmal viel erzählt, besonders über Lehrer, die bekanntlich Vorbild sein sollen.
Wie aus dem Nichts kam sie mir plötzlich auf der Straße entgegen, spürbar erfreut, sie strahlte regelrecht. Ehe ich mich versah, schlang sie ihre Arme um meine Schultern.
„Was für ein Zufall! Lass dich umarmen, Chrissy“, ihre ersten Worte. Die Umarmung dauerte mehrere Sekunden, wie der Kuss, den sie mir auf die Wange gab. Sie zog mich fest an sich, eine Hand an meiner Hüfte, die andere in meinem Nacken. Ich spürte ihre Brüste. Ihre feuchten Lippen wie ihre weiche Hand, mit der sie zärtlich meinen Nacken streichelte, trieben mir eine bis dahin nie erlebte Hitzewelle durch den Körper, mein Herz raste. Ich wurde augenblicklich verlegen und wusste in meiner Verwirrung nicht so recht wohin mit meinen Händen. Nachdem sie zufrieden einmal tief durchgeatmet hatte, schaute sie anschließend, beide Arme ausgestreckt an meinen Schultern, zufrieden an mir herab.
„Aus dir ist eine richtig schöne junge Frau geworden, Chrissy“, sagte sie mit aufgerissenen Augen, bevor sie mich ein weiteres Mal stürmisch umarmte. Ich hatte gern bei ihr Unterricht, sie war eine sehr gute Lehrerin.
Frau Kirchner lud mich auf einen Kaffee ein. Kaum dass wir am Tisch saßen, bot sie mir das „Du“ an. „Du bist erwachsen geworden, dann können wir uns duzen“, sagte sie überzeugt zu mir. Ich sah ein geheimnisvolles Leuchten in ihren Augen, so, wie sie mich anschaute. Diesen Blick kannte ich noch nicht, doch allein ihre Gegenwart erwärmte mich auf eine Art, wie ich sie allein aus meinen intimen Begegnungen mit mir selbst kannte.
„Ich bin nicht mehr deine Lehrerin“, widerholte sie, mehr besänftigend, als habe sie meine Verwirrung erkannt, allmählich beruhigte ich mich. Nach ein paar Worten Klatsch über die Schule, kam ich wegen meines Bedarfs an Nachhilfe zur Sache.
Sie war gleich bereit, mich zu unterstützen. Nachdem sie mir Adresse und Telefonnummer gab, zählte sie die nächsten Nachmittage auf, an denen es ihr am besten passen würde. Da einer der Wahltermine bereits auf den folgenden Tag fiel, und weil ich nachmittags nichts vor hatte, trafen wir für diesen Tag unsere erste Verabredung.
Abends im Bett genügten mir meine Finger plötzlich wieder. Ich musste ständig an Viola denken, an die Umarmung, an ihre Hand in meinem Nacken, ich spürte den Kuss auf meiner Wange, ihre Brüste, die sich deutlich aufrichteten, als sie tief durchatmete, ich sah ständig ihr Gesicht über mir. Schlief ich sonst nach einer Entspannung meist ein, bekam ich an diesem Abend nicht genug, lange war ich nicht so heftig gekommen.
Dann fiel mir ein, dass es ein Album mit Fotos unseres letzten gemeinsamen Klassenausflugs gibt. Ein Foto, das Manu aufgenommen hatte, zeigte uns beide, Viola und mich, während des Besuchs eines Freibades. Wir beide in extrem knappem Bikini, hatte Viola ihren Arm um meine Schulter gelegt. Ich erinnerte mich an das Zittern, das mich in diesem Augenblick ergriff, als ihre Hand auf meiner Haut lag. Wir waren gerade aus dem Wasser gekommen.
„Du zitterst ja, Chrissy“, hatte Viola gesagt. Das war mir sehr peinlich. „Das Wasser war so kalt“, fiel mir im letzten Moment als Antwort ein.
Während ich mir auf dem Bauch liegend, das Bild betrachtete, wir beide spärlich bekleidet, äußerst sexy, wie mir jetzt erst auffiel, ging mit einem Mal meine Fantasie mit mir durch. Der Anblick einer Frau hatte mich bis dahin nie erregt, außer bis dahin, dass man jemanden attraktiv findet, aber das fand ich ebenso bei Jungs. Eine Hand unter meinen Bauch geschoben, gab ich mich abermals meiner wachsenden Lust hin, während ich meine Augen nicht von dem Bild lassen konnte.
Ich versuchte mir vorzustellen, wie sie nackt aussehen würde. Ich nackt daneben, sie berührt mich nicht allein an der Schulter, sie umarmt mich, leidenschaftliche Küsse, wir sind plötzlich allein, weit ab von allem Trubel, leise Musik in einem von Kerzen erleuchteten Raum auf einem breiten Bett. Hatte sich bislang bei mir alles allein um meinen Körper gedreht, so erschien an diesem Abend zum ersten Mal eine Person in meiner Fantasie. Lag ich bis dahin meist still auf dem Rücken, wenn ich mit mir selbst schlief, wälzte ich mich diesmal in meinem Bett in ekstatischer Gier einem Orgasmus entgegen, den Wunsch tief in mir, dieser möge alsbald von einer beteiligten Person ausgelöst werden.
Als ich aus dem Rausch erwachte, bekam ich einen Schreck, eine Frau! Mir ging ein weiteres Mal der Nachmittag durch den Kopf, Violas Körper, wie sie mich an sich zog, die Hand zärtlich in meinem Nacken. Die erste intime Berührung hatte ich mit Paul, die tat mir gut, die erregte mich, das was danach kam, stieß mich ab. Jetzt Viola, das war nichts weiter, nein, das war nichts weiter, versuchte ich, mir einzureden. Ich war siebzehn und ich hatte Wünsche, die ich nicht verdrängte, es war mein Körper, der danach verlangte, nach einem zweiten, nach nackter Haut, das musste endlich aus mir heraus. Oder gab es etwa Gründe, außer Manu, die mich von allem Sexuellen fern hielt, dass ich bis zu meiner Schnapsidee mit Paul nichts von Jungs wissen wollte?
An diesem Abend entschloss ich mich, nicht weiter darüber nachzudenken, doch ich entschied mich, in Zukunft auch die Jungs aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Vielleicht sollte ich es ein zweites Mal mit einem anderen versuchen?
Pünktlich fünfzehn Uhr stand ich am Folgetag vor Violas Haustür. Der Unterricht endete vierzehn Uhr. Mit Manu ging ich, um die Zeit zu überbrücken, Eis essen. Mein Kopf aber eilte bereits eine Stunde voraus. Den ganzen Vormittag war ich nervös, unkonzentriert, ich hatte schlecht geschlafen, ein Traum jagte den anderen, mehrmals war ich wach, etwas ging in mir vor, das ich nicht mehr beherrschte.
„Hey Chrissy, hörst du mir überhaupt zu?“, ermahnte mich Manu, nachdem sie mit einem Schwall an Sätzen die letzte Deutschstunde ausgewertet hatte. Es ging um eine Literaturinterpretation. Manu war wieder einmal an unserem Deutschlehrer angeeckt, weil sie dessen Meinung nicht teilen wollte. Deutsch besuchten wir beide als Leistungskurs.
Vorausgeschickt: Manu war die Leseratte vor dem Herrn. Wenn sie mich besuchte, verbrachte sie die meiste Zeit in der Bibliothek meines Vaters. War der anwesend, gehörte seine Aufmerksamkeit überwiegend Manu. Beide erörterten sie ausführlich die Inhalte der Bücher, die Manu gerade las. Da Dad ebenfalls sehr belesen war, meinte ich mitunter, nicht Manu, sondern mein Vater stritt sich mit unserem Lehrer.
„Ich habe schlecht geschlafen“, entschuldigte ich mich, mit Hinweis auf den bevorstehenden Arztbesuch, meine Ausrede Manu gegenüber für meinen Fünfzehn-Uhr-Termin. Zum Glück konnte ich ihr ausreden, mich zu begleiten. Gynäkologe, sie winkte ab, das war nicht so ihr Ding, nicht einmal das Darüber reden.
„Nicht dass du schwanger bist“, mit einem hämischen Grinsen im Gesicht, mehr sagte sie nicht dazu.
Mein Puls hämmerte in den Schläfen, als ich den Klingelknopf betätigte. Nach dem zweiten Klingeln öffnete Viola die Tür. Sie sei gerade unter der Dusche hervorgesprungen, daher habe es so lange gedauert, entschuldigte sie sich. Ihr mittellanges, dunkelblondes Haar hing in nassen Strähnen herab. Sie trug ein Hauskleid in der Art eines Ponchos. Unter den Armen tief ausgeschnitten, reichte es bis kurz über ihre Knie. Meine aufmerksamen Blicke schien sie, nach einer kurzen Umarmung, bemerkt zu haben.
„Wenn dich mein Aufzug stört, ziehe ich mir etwas anderes über“, sagte sie im Hineingehen. „Ich ziehe mich zu Hause gern locker an, an solch einem warmen Frühlingstag ist das ohnehin bequemer“, fügte sie hinzu, nachdem wir im Wohnzimmer ankamen. Weil ich im ersten Moment nicht zu antworten in der Lage war, schüttelte ich schüchtern den Kopf. „Nicht nötig, bleiben sie …“ Mir fiel das Du ein. „Bleib ruhig so“, kam es kurz darauf zögerlich aus meiner trockenen Kehle heraus.
Violas Wohnzimmer war zweigeteilt. Im größeren Teil, der von einem Raumteiler begrenzt wurde, befand sich eine gemütliche Sitzecke mit einer ledernen Couch und zwei Sesseln. Davor ein Clubtisch, an der Wand zwei Kommoden. Im kleineren Teil des Zimmers, der über einen Durchgang zur Küche verfügte, auf der einen Seite die Essecke, gegenüber am Fenster ein ziemlich unaufgeräumter Schreibtisch. Jugendstilmöbel, wie ich später erfahren durfte. Die Wände über und neben den Kommoden voller Regale, die sich unter endlos vielen Büchern aller möglichen Genres, wie ich feststellen konnte, bogen. Auf dem Clubtisch standen bereits Kaffeetassen und eine Thermoskanne. „Hey Chrissy, was ist?“, fragte sie mich vergnügt, weil ich unschlüssig inmitten des Raumes stehen geblieben war. Viola saß schon auf der Couch. Von da aus bot sie mir den Sessel gegenüber an. Vor der Nachhilfe setzten wir die im Café begonnene Plauderstunde fort. Was aus dem einen Kollegen oder der anderen Kollegin an ihrer alten Schule geworden sei, ob es alle Schüler in die Oberstufe geschafft hätten, wie es mir ginge und ob ich schon einen festen Freund habe, der übliche Klatsch. Zwischendurch aktuelles aus dem Tagesgeschehen.
„Noch keinen Freund?“, fragte sie erstaunt, nachdem ich verneinte. „Dann wird es aber Zeit!“
Ihre lockere Art und weil sie so ungezwungen mit mir sprach, ließen mich meine anfängliche Scheu schnell vergessen, ich wurde zunehmend sicherer.
„Bist du endlich aufgetaut?“, fragte sie mich nach einer Weile, nachdem ich meine Zurückhaltung abgelegt hatte. Das „Du“ ging mir anfangs schwer über die Lippen, das schien sie bemerkt zu haben. „Sieh mich einfach nicht mehr als deine Lehrerin an. Versuche stattdessen in mir eine Freundin zu sehen“, sagte sie lächelnd, ihren warmen Blick unablässig in meine Augen gerichtet. Da wurde es mir endgültig besser.
Zum Üben nahmen wir anschließend am Esstisch Platz, da sich dort Hefte und Bücher besser ausbreiten ließen. Ich hatte bereits während unseres Treffens am Vortag über meine Engpässe berichtet. Daher war Viola ihrerseits vorbereitet. Wir wollten jeweils an einem Tag gemeinsam einen Themenbereich durchgehen. Sie würde mir entsprechende Aufgaben stellen, die ich anschließend lösen sollte und die wir am Ende der Übung gemeinsam auswerten wollten. So hatten wir es im Café besprochen und danach verfuhren wir. Ich am Esstisch, Viola an ihrem Schreibtisch, wo sie zwischendurch Klassenarbeiten korrigierte. Zum Durchsehen meiner Ergebnisse und zur Auswertung kam sie jeweils an den Esstisch, lässig an die Tischkante gelehnt.
„Geht doch ganz gut“, sagte sie nach dem ersten Komplex. „Man könnte fast meinen, du hast überhaupt keine Engpässe.“
Ratlos hob ich die Schultern. „Das war schon so, als du meine Lehrerin warst. Da habe ich vieles besser verstanden als jetzt“, erwiderte ich.
Sie streichelte sanft über mein Haar. „Das kommt nicht selten vor. Wenn Schüler ihren Lehrer sympathisch finden, sind die Lernergebnisse häufig besser“, erwiderte sie leise mit gesenkter Stimme. Dafür gäbe es sogar Statistiken. Das letzte Wort kaum ausgesprochen, ging sie an ihren Schreibtisch zurück. Ich hätte mir gewünscht, sie wäre länger neben mir stehen geblieben, intuitiv wartete ich auf etwas, doch ich wusste nicht, worauf.
Wir verabredeten uns für den nächsten Donnerstagnachmittag zur selben Zeit. „Ich freue mich auf dich“, sagte Viola im Flur während einer flüchtigen Umarmung, nachdem sie meine Wange küsste.
„Ich freue mich genauso“, erwiderte ich, erschrocken, weil mir der Ton, mit dem ich geantwortet hatte im Nachhinein als kühl erschien, doch Viola lächelte mich zufrieden an, vielleicht bemerkte sie es nicht, dachte ich danach. Sie hatte mir ein paar Aufgaben mitgegeben, die ich, aus ihrer Auswertung heraus, vertiefen sollte, und die sie beim nächsten Mal zu Beginn der Übungsstunde abfragen würde. Selten lernte ich in den beiden Fächern Mathe und Physik mit dieser Freude. Die Woche schien mir endlos lang.
Abends in meinem Bett empfand ich plötzlich keine Lust mehr. So etwas hatte ich zuvor schon zeitweilig erlebt, daher sah ich nichts Ungewöhnliches darin. Dass diese heftige Erregung am Abend vor meinem ersten Besuch bei Viola mehr gewesen sein sollte als eine Fantasie, versuchte ich indes zu verdrängen. Viola war freundlich zu mir. Das war sie früher schon als meine Lehrerin. Sicher verhielt sie sich ebenso anderen gegenüber, höflich, freundlich und zuvorkommend. Außerdem schien sie Männer zu lieben. Ich erinnerte mich daran, dass sie hin und wieder von einem Mann abgeholt wurde.
Doch was sollte das überhaupt, eine solche Frage? Männer oder Frauen? Was ging da wieder Wirres durch meinen Kopf? Ich bekam Schweißausbrüche. An einem Abend versuchte ich, das Bild Pauls in meine Erinnerung zu rufen, wie er da mit seinem steifen Penis auf der Bettkante saß, wie er mich anschaute. Die Gesichter wechselten, Viola, Paul, Manu mit strengem Blick, dann ging gar nichts mehr, ich fühlte mich wie taub. Für den nächsten Besuch bei Viola nahm ich mir vor, allein an die Nachhilfe zu denken, egal wie sie sich verhalten würde. Dazu fest entschlossen fuhr ich zu Violas Haus.
Viola öffnete bereits nach meinem ersten Klingeln. Abermals trug sie ein Hauskleid, das dem vom ersten Tag ähnelte. Dieses jedoch nicht allein unter den Armen, sondern selbst vorn weit ausgeschnitten, ein Stück länger als das andere, dafür an einer Seite bis weit nach oben geschlitzt.
„Hallo Chrissy, tritt ein …“ Violas Stimme drang in mich, mehr die folgenden Worte, die sie, nachdem die Haustür ins Schloss gefallen war, in die Umarmung und den flüchtigen Begrüßungskuss hinein sprach:
„Ich freue mich, dass du da bist.“ Ihre Lippen bewegten sich über die empfindliche Haut meiner Wange. Vibrationen, die tief in meinen Schoß hinein drangen, ließen mich meine Vorsätze vergessen, ehe ich mich versah. Und da war noch etwas, das mir bereits im Flur aufgefallen war, stärker, intensiver im Wohnzimmer. Ein seltsamer Geruch, den zu zuordnen ich mich außerstande fühlte. Kein Parfüm, Reinigungsmittel oder Küchengeruch schon gar nicht. Nicht unangenehm, das ganze Gegenteil, geradezu betörend drang er über die Nase in mein Hirn, wo er das Gefühl verstärkte, welches während Violas Umarmung bereits von meinem Bauch Besitz ergriffen hatte.
Wie benommen erwiderte ich: „Ich freue mich ebenfalls Viola.“, ein leichtes Zittern, das ich nicht unterdrücken konnte, lag in meiner Stimme.
Das Folgende verlief wie am ersten Tag, eingangs Kaffee, Klatsch über dies und das und jeden; doch während Viola zu unserem ersten Treffen wesentlich distanzierter wirkte, - vielleicht bildete ich mir das auch nur ein -, erschien sie mir dieses Mal außerordentlich aufgeschlossen. Ihr Blick wich selten von mir, als beobachte sie mich.
Mir fiel schnell auf, dass sie nichts unter ihrem Hauskleid trug. Oben herum erschien mir das nicht ungewöhnlich, da ich ebenso gerne ohne Büstenhalter ging, in der Freizeit die Regel. Sie trug keinen Slip.
Der freie Blick zwischen ihre Beine, den sie mir bisweilen bot, wie einst Sharon Stone in einem bekannten Thriller, allerdings weniger verführerisch, eher wie zufällig, verunsicherte mich anfangs. Gleichzeitig verspürte ich einen inneren Drang, stets aufs Neue heimlich in diese Richtung zu schielen. Ich ertappte mich sogar dabei, dass ich regelrecht auf eine nächste Bewegung wartete, die mir einen weiteren Blick erlaubte. Und dann dieser Geruch, der anhielt, der sich sogar zu verstärken schien.
Mir war, als hinge ich zwischen zwei Stühlen in einer Art Schwebezustand, jeden Moment in der Gefahr gefangen, auf den Boden zu stürzen. Es gelang mir weder den einen Stuhl unter mich zu bringen, den, von dem aus ich ungehindert diese Bilder einzufangen vermochte, noch den anderen. Den zweiten, der den eigentlichen Zweck meiner Anwesenheit in diesem Hause verkörperte, die Nachhilfe.
Sicher Zufall, sie denkt sich nichts dabei, versuchte ich mir einzureden. Was, wenn ihr meine neugierigen Blicke auffielen? Nicht auszudenken. Nein, das konnte nicht sein, keine Absicht, alles einzig ein Produkt meiner eigenen ausschweifenden Fantasien, die mich bereits vor dem ersten Besuch Violas im Bett getrieben hatten.
Ich selbst trug nie eine solche Garderobe, meine Mutter ebenso wenig, doch vielleicht war es für andere Leute völlig normal, zu Hause keine Unterwäsche zu tragen. Doch was ich auch zu denken versuchte, ständig kamen die Bilder dieses ersten Abends zurück, Viola und ich im Bikini, dann wir beide nackt, plötzlich saß sie mir nackt gegenüber, mit einladend gespreizten Schenkeln, komm, bediene dich, Chrissy, ich weiß dass du es willst …
Viola begann ihren Dienst an unserer Schule, als ich die achte Klasse besuchte. Frisch vom Studium gekommen, musste sie jetzt, so schätzte ich, Ende der Zwanzig sein, vielleicht siebenundzwanzig oder achtundzwanzig. Ihr mädchenhaftes Äußeres, das mir bereits damals aufgefallen war, ließ sie kaum älter erscheinen als die Mädchen in der Oberstufe. Man erkannte sie nicht gleich als Lehrerin, hielt sie sich auf dem Schulhof unter Schülerinnen der oberen Klassen auf.
Ich solle sie als Freundin, nicht als die frühere Lehrerin sehen, hatte sie zu mir gesagt. Um meine Fantasien in die Schranken zu weisen, um nicht aufzufallen, versuchte ich, sie wieder mehr als meine Lehrerin zu sehen. Die Lehrerin, die eben ein solches bequemes Hauskleid ohne Unterwäsche trägt, weil das ihrer Gewohnheit entspricht. Meine Erregung ließ allmählich nach, wie ich zufrieden feststellte. Ich meinte, den richtigen Stuhl gerade noch im richtigen Moment erwischt zu haben.
Über meine sexuelle Orientierung hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt nie wirklich nachgedacht. Unterschiede in der Bewertung einzelner Gewohnheiten oder Vorlieben gab es zu Hause nicht. Meine Eltern, beide liberal, äußerten sich nie abwertend. Im Gegenteil, Dad sprach hin und wieder kritisch über die bis dahin politisch nicht durchgesetzte Gleichberechtigung anderer Lebenspartnerschaften als der zwischen Mann und Frau. Homosexualität galt als völlig normal. Daher bekam ich keinen Schreck, als ich diese Neigung ansatzweise in mir vermutete, als Viola zum ersten Mal Gegenstand meiner Fantasien wurde. Dennoch wollte ich vermeiden, dass sie etwas davon mitbekommt.
Erleichtert war ich, als sie sich zum Schreibtisch begab. Ich nahm auf demselben Stuhl am Esstisch Platz, den ich bereits während der ersten Übungsstunde eingenommen hatte. Als erstes fragte sie die Aufgaben ab, die ich zu Hause vertiefen sollte. Ich hatte mir Mühe gegeben, wofür sie mich lobte.
Gab sie ihre Erklärungen zum jeweiligen Thema am ersten Tag überwiegend vom Schreibtisch aus ab, blieb sie an besagtem Tag öfter in meiner Nähe stehen. Ich spürte ihren Atem, wenn sie sich über mich lehnte, um nachzuschauen, wie weit ich sei. Häufig so nah, dass ich ihre kleinen, festen Brüste an meinem Rücken spürte.
Kleiner als die meinen, dafür fest mit spitzen Brustwarzen, die etwas zur Seite geneigt leicht nach oben standen. Das war unter dem Poncho zu erkennen. Fast wie die meiner Mutter, deren Brüste Dad bisweilen scherzhaft als Igel-Schnäuzchen bezeichnete. Dozierend umrundete sie den Tisch, ein Bein auf dem davor stehenden Stuhl abgestützt, blieb sie ab und zu auf der Tischkante sitzen.
Wandte sie mir die Seite zu, an der ihr Kleid geschlitzt war, ragte ihr gesamter Oberschenkel aus seiner Bedeckung heraus. Während ich schrieb, flohen meine Augen wiederholt in diese Richtung. Fast tat es mir leid, dass die Einblicke wegen Violas Sitzhaltung weniger aufschlussreich blieben als auf der Couch. Nur wenn sie aufstand und das Bein ein Stück abspreizte, kam ein winziges Stück ihrer Vulva zum Vorschein. Ein Wimpernschlag, der mir jedes Mal den Atem stocken ließ.
Ich sah in dem Schattenspiel unterhalb des Kleides nicht einmal alles. Es waren oft einzig die schemenhaften Umrisse dieses Ortes, an dem sich die beiden Oberschenkel begegnen. Der äußerste Rand dieser Wölbung, an der Frauen ganz besonders empfindlich sind. Als ich damit anfing, mich selbst zu befriedigen, hielt ich mir gelegentlich einen Spiegel zwischen die Beine. Mit den Augen verfolgte ich die Bewegungen meine Finger, das erregte mich. Doch war das alles mehr Fantasie, hier ging es plötzlich um die Realität. Und seit Viola das erste Mal dicht neben mir auf der Tischkante saß, wusste ich auch, woher dieser faszinierende Geruch stammt, er kam aus ihrem Schoß.
Meine Erregung wuchs mit jedem Mal, dass Viola auf die Tischkante neben mir zurückkehrte. Ich wartete geradezu gespannt darauf, darauf, dass ich ein Stückchen mehr zu sehen bekäme, darauf, dass dieser Duft sich verstärken möge, während ihre Worte zunehmend an mir vorbei flogen. Mehrmals bat ich sie darum, das zuletzt Gesagte zu wiederholen.
„Bist du heute abwesend, Chrissy?“, fragte sie ein paarmal. „Wenn du willst, brechen wir die Übung ab.“
Ich schüttelte den Kopf. Für einige Minuten verschafften mir Violas Worte, die sie stets nüchtern aussprach, ein Stück Befreiung, die nie weiter als bis zu dem Moment reichte, an dem sie erneut in meiner Nähe erschien. Das Thema, das wir gerade behandelten, passte zu meinem Zustand, divergierende geometrische Reihen.
Die extrem engen Jeans, die ich an diesem Tag trug, erzeugten eine unangenehme Nebenwirkung, weil sie der inzwischen eingetretenen Schwellung meiner liebsten Körpergegend nicht nachgaben. Dass sich die Schwellkörper im Zustand der Erregung bisweilen um das Dreifache vergrößern, war mir bekannt. Doch hatte sich dieser Zustand bis dahin stets im Bett abgespielt, unbedeckt, ohne Fessel. Außerdem hielt die Schwellung, wenn ich mich selbst befriedigte, nie derart lange an. Wahrscheinlich kam es nicht einmal so weit, weil die Erlösung meist sehr schnell eintrat. Ich geriet in einen Strudel hinein, in einen Dauerzustand zwischen Angst und Lust, zwischen Flucht und Verlangen.
Es nahte der Moment, in dem ich nicht mehr in der Lage war, meine Aufgaben zu lösen. Ich bat Viola um eine Pause. Sie hatte sich an meinem Rücken gerade wieder über mich gebeugt, enger als zuvor. Ihre Brüste lagen beide an meinem Nacken. Nachdem ich sprach, legte sie beide Hände mit sanftem Griff auf meine Schultern.
„Geht es dir nicht gut, Chrissy?“, fragte sie, den Mund so nah an meinem Ohr, dass der Luftzug ihrer Worte eine Haarsträhne in Bewegung setzte, die einen Kitzel an meiner Wange auslöste. Dass bereits meine Wangen zu einer dieser Zonen gehört, die man landläufig als erogen bezeichnet, wurde mir zum ersten Mal bewusst, als Viola während unseres Wiedersehens ihre Lippen darauf drückte. Das im Nachhinein, beim Sortieren meiner Gefühle. So hatte mich noch niemand geküsst.
Der Kitzel, das Wort in all seiner erotischen Magie, Kitzler der Ort, an dem sich die Nervenstränge der Klitoris treffen, darum im Volksmund von Kitzel hergeleitet. Bei mir besonders empfindlich, wenn ich ihn nur berührte. Jedes Wohlgefühl, egal an oder in welcher Körperzone es stattfand, sobald es mich erotisierte, löste dieses Verlangen aus, so als spräche er mit mir, dieser kleine, runde Mund, von Lippen und Fältchen umkränzt. Der Kitzel an meiner Wange wirkte wie eine Hand, die mich in einen Abgrund stieß.
Als ich ihr zur Antwort meinen Kopf zuwandte, sah ich, dass sie ihre Augen geschlossen hielt. Das Weitere ging sehr schnell. Unsere Lippen berührten sich wie zufällig, Viola ergriff meinen Kopf. Im selben Augenblick trat sie um den Stuhl herum, um sich an die Tischkante zu lehnen. Vom Stuhl zog sie mich auf die Beine, da wühlte ihre Zunge bereits in meinem Mund.
Ich hatte bis zu diesem Augenblick nie geküsst, schon gar nicht mit dieser Leidenschaft. Bei Paul hatte ich es mir gewünscht, jetzt küsste ich mit einer Frau. Nicht allein dass sie mich küsste, ich tat alles, um diese orale Vereinigung möglichst lange und intensiv auszukosten. Es muss einer unserer Urinstinkte sein, der uns, ohne jegliche Übung in die Lage versetzt, einen solchen Kuss zu erwidern. Ich verlor jegliches Zeitgefühl, ich verlor überhaupt jegliches Gefühl, bis auf das eine, dass jede Faser meines Körpers in Besitz nahm. Das auf und ab zu rasen begann, zwischen Kopf und Schoß. Ich nahm einzig am äußersten Rande wahr, dass Viola ihren Poncho abstreifte, dass sie anschließend hastig mit einer Hand meine Bluse aufknöpfte, während die andere bereits meinen Büstenhalter löste. Die Berührung unserer entblößten Brüste entfachte das nächste Feuer in meinem Schoß.
„Zieh die enge Jeans aus, sonst bekommst du Schmerzen“, keuchte sie in unseren Kuss hinein. Da hatte sie bereits den oberen Knopf geöffnet.
„Die habe ich schon“, erwiderte ich erregt. An ihren Mundwinkeln bemerkte ich, dass sie lächelte, während sie die Jeans mitsamt Höschen nach unten schob. Da erwartete ich schon ihre Hand in meinem brennenden Schoß, doch die blieb aus. Leise in mich hinein keuchend, rieb sie allein ihre nackten Brüste an den meinen, während sich unsere Zungen gegenseitig verschlangen. Einzig ihren feuchten Schoß spürte ich an meinem nackten Schenkel, ich hatte ein Bein ein Stück nach vorn gestellt, um mich zu stützen. Viola kreiste ihr Becken und ihre Scham berührte mehrmals die meine. Das genügte bereits, um in mir dieses Gewitter auszulösen, dieses Wahnsinnsgefühl, das ich bis dahin stets allein mit mir erlebte, intensiver als ich es je erlebte, ich explodierte regelrecht. Weil mir der Atem bereits vorher versagte, löste ich mich von Violas gierigen Lippen. Auch sie seufzte in diesem Moment laut auf, und ich spürte wie sich ihr Körper einen Augenblick später entspannte.
Mein Gesicht lag an Violas Hals, als der Einschlag stattfand. Ich spürte keine Beine mehr, Viola hielt mich mit beiden Armen eng an sich gedrückt. Als ich zu mir kam, fand ich mich wieder auf ihrem Schoß. Sie hatte sich auf den Stuhl gesetzt.
Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen, mein Gesicht lag an ihrem Hals. „Alles gut, Chrissy?“, hörte ich sie mehrmals fragen. Mit einer Hand streichelte sie zärtlich über meine Brüste hinweg, deren Spannung nicht nachlassen wollte, so wie das Pulsieren in meinem Schoß nicht aufhörte. Die andere Hand an meiner Schulter, zog sie mich fest an sich.
Später wusste ich nicht mehr, wie lange wir so saßen, es muss länger gewesen sein als es mir vorkam. „Du hast wunderschöne Brüste … So eine weiche Haut … Deine seidigen Haare duften …“, das klang, so wie sie es sagte, als spreche sie aus weiter Ferne zu mir.
Erst als Viola mich fragte, ob ich reden wolle, rückte sie wieder in meine Nähe. Ein Blick zur Uhr zog mich zurück in die Wirklichkeit. Die zeigte bereits kurz vor halb Sechs. Sechs Uhr gab es Abendessen, ich brauchte knapp zwanzig Minuten mit dem Rad. Erst in diesem Moment wurde mir wirklich klar, was da eben gerade passiert war, ich war schockiert, nicht in der Lage, überhaupt etwas zu sagen.
Wortlos schüttelte ich den Kopf, anschließend sammelte ich meine Garderobe vom Boden auf. Vom Tisch aus sah Viola mir zu, wie ich mich anzog.
„Ich muss jetzt gehen“, mehr brachte ich nicht über meine Lippen. Sie begleitete mich bis zur Haustür. Keine Umarmung, keinen Kuss. Gerade hatte ich das grandioseste Gefühl meines bisherigen Daseins erlebt, doch plötzlich fühlte ich mich wie gelähmt. Erst als ich auf dem Fahrrad saß, bemerkte ich, dass ich über Beine und Arme verfüge.
Der Tisch war bereits gedeckt, als ich zu Hause eintraf. Ich gab mir die größte Mühe, mir nichts anmerken zu lassen. Das schien mir sogar gelungen zu sein. Wobei ich sagen muss, dass meine Eltern äußerst selten in mich einzudringen versuchten, wenn ich mal nicht so gut drauf war. Wenigstens nicht gleich.
Erst später auf meinem Zimmer fiel mir ein, dass ich mit Viola keinen nächsten Termin vereinbart hatte. Danach im Bett jagte ein Gedanke den anderen. Überlegungen, die anzustellen ich in Violas Haus überhaupt keine Zeit hatte, alles war wie im Tempo eines ICE über mich herein gebrochen und hinweg gerollt. Die Erregung, in die Paul mich versetzte, hielt sich in Grenzen. Ich fühlte kein Verlangen nach ihm, obgleich ich Zärtlichkeit erwartete, wenn es schon passieren sollte. Bei Viola war das völlig anders.
Die Frage, ob ich lesbisch sei, bereitete mir die wenigsten Probleme. Dennoch, das wurde mir ebenfalls klar, war dies eine Frage, die keine geringe Auswirkung auf mein weiteres Leben haben würde. Meine Eltern würden damit leben können, obgleich sie sich, wie andere Eltern, sicher Enkel wünschten. Wenn auch Dad auf eine scherzhafte Frage meiner Mutter in diese Richtung einmal erklärte, für Enkel fühle er sich viel zu jung.
Meine vagabundierenden Gedanken gingen so weit, dass ich mich zwischenzeitlich als das kleine Dummchen fühlte, das sich von einer reifen Frau verführen ließ, eine Laune? So oft mir dieser Gedanke durch den Kopf ging, so oft versuchte ich ihn zu verdrängen. Das passte nicht zu Violas Verhalten. Sie versuchte nicht, mir etwas einzureden bevor ich ihr Haus verließ. Sie sagte eher gar nichts, sie hinderte mich auch nicht daran, zu gehen. Vielleicht überfiel sie diese Lust auf mich ebenso unvorbereitet, wie mich der heimliche Wunsch, in ihren Armen zu landen. Das gestand ich mir ein, ich wollte es so. Nichts, das einem so nahe geht, könnte jemals eine solche Erregung hervorrufen, wie ich sie an diesem Nachmittag erfahren hatte.
Bevor ich einschlief, schaute ich mehrmals auf mein Handy. Stets kurz davor, Viola anzurufen. Dabei wusste ich gar nicht, was ich ihr hätte sagen oder was ich sie hätte fragen sollen. Wann setzen wir die Nachhilfe fort? Das kam mir plötzlich so furchtbar banal vor. Vielmehr hätte ich ihr wohl sagen wollen, dass ich mich nach ihrer Umarmung sehne. Ich verspürte an diesem Abend wie an den folgenden, wie schon die Woche davor, erneut keine Lust, mir selbst dieses Gefühl zu verschaffen. Wenngleich sich meine Brüste spannten und Wärme in meinen Schoß drang, allein wenn ich an Viola dachte. Den fälligen Anruf schob ich vor mir her.
Mam und Dad ließen mich in Ruhe, bis zum darauffolgenden Samstag. Das gemeinsame Frühstück an den Wochenenden nahm stets viel Zeit in Anspruch. Da kam alles auf den Tisch, was man die Woche über aus Zeitgründen von sich schob.
Dad hatte sich in einem längeren Monolog wieder einmal über seinen Parteivorsitzenden aufgeregt, den er gern als Spaßvogel bezeichnete. Die Betonung auf den „Vogel“ gelegt. Im Herbst standen Bundestagswahlen an. Das Spaßmobil rollte bereits über Land.
„Dieser Vogel entblödet sich nicht einmal, den Container mit den verrückten Exhibitionisten aufzusuchen“, erboste er sich. „Vielleicht denken die, man wählt sie am Ende aus Mitleid. Wie vor ein paar Jahren, als die andere Witzfigur vergaß, die Reißleine seines Fallschirms zu ziehen.“
Das Letzte sagte selbst meiner Mutter nichts, im ersten Moment. Erst nachdem die erste Silbe des Namens fiel, hob sie die Hand. „Ach der, der diesen Journalisten damals als Zigeuner-Juden beschimpfte.“ Dad nickte zufrieden. Er fände diesen Journalisten zwar ebenfalls anstrengend, weil dessen frühere Talk-Sendung bisweilen einer Hinrichtung geglichen habe, doch solche Art Beschimpfungen gingen ihm gegen den Strich.
„War das nicht der mit dieser Kokain-Orgie und den Prostituierten im Hotel, was ihm schließlich das Genick brach?“, fragte Mam. „Genau der“, erwiderte Dad. Für mich waren das böhmische Dörfer. Lediglich der Name des aktuellen Vorsitzenden der Partei, der Dad angehörte, war mir bekannt. Den sah man hin und wieder in den Nachrichten.
Nach einer Denkpause, blinzelte Dad mich an. „Ist dir nicht aufgefallen, dass unsere Tochter seit einigen Tagen sehr einsilbig geworden ist. Sonst spart sie nie mit spitzen Bemerkungen, wenn ich über Politik rede“, fragte er Mam, während er mich zwischendurch mehrmals erwartungsvoll angrinste.
„Vielleicht hat sie ja Liebeskummer, unsere Kleine. Seit ein paar Tagen gehört sie nun zum Kreis der Frauen, wie sie mir neulich berichtete“, antwortete Mam spürbar vergnügt. Lächelnd sah sie mich von der Seite her an. Dad tat überrascht. Er tat nur so, das wusste ich genau. Es gab nichts, worüber die beiden nicht miteinander redeten. Besonders wenn es um mich ging. Spätestens an dem Abend, nachdem ich meiner Mutter im Garten über den Weg lief, hat sie es Dad erzählt, da war ich mir sicher.
„Willkommen im Kreis der Erwachsenen“, sagte er grinsend. „Wann lernen wir den jungen Mann denn kennen?“
„Tu nicht so, als hättest du das gerade erst erfahren“, versuchte ich mich um die Antwort herum zu mogeln, doch Dad bohrte weiter.
„Lass sie, Curd …“, mischte Mam sich ein. „Das gibt sich schon wieder. Schließlich war er der Erste für sie … Da …“
„… Nein, nein, nein“, fiel Dad meiner Mutter ins Wort. „Wenn unsere Tochter mit einem Mann schläft …“ Er hielt kurz die Luft an, als er mich ansah. „Ich will ja hoffen, ihr verhütet …“, fügte er ein, bevor er fortfuhr:
„Also, ich meine, wenn das keine Eintagsfliege war … Und das scheint es nicht zu sein, wenn sie Liebeskummer hat. Wenn es etwas Ernsteres sein sollte, dann würde mich schon interessieren, um wen es sich handelt. Es muss ja nicht gleich heute oder morgen sein.“ Nach dem letzten Wort warf er sich im Stuhl zurück.
Er meinte das alles nicht derart ernst wie es klang, ich kannte Dad. Besonders wenn er sehr ernst tat, dachte er meistens das Gegenteil. Außerdem konnte er kaum sein heimliches Grinsen unterdrücken. Die Situation kam mir eher spaßig vor.
„Und wenn es nun eine Eintagsfliege war?“, fragte ich, versucht gleichgültig. „Ihr habt mir seit einiger Zeit des Öfteren besorgt die Frage gestellt, ob ich keinen Freund habe …“
„… Also hast du dir gedacht, ich bring es jetzt einfach mal so hinter mich“, unterbrach mich Dad. „Und jetzt, ein paar Tage später, der Katzenjammer.“ Mam schüttelte lächelnd den Kopf. „Wie war das denn bei uns damals, Curd?“, fragte sie Dad.
„Ich habe dich geliebt, als wir …“, erwiderte der prompt. „Ach komm … Denk mal genau nach …“ Mam sprach mit warmer Stimme, sehr liebevoll. Dad kam ins Schleudern. „Na gut, ja, zuerst war es mehr Neugier, aber so nach …“ Über die Tischkante gebeugt, gab Mam Dad einen Kuss, bevor er weiter sprach. Ich konnte mir das Lachen nicht mehr verkneifen.
„Siehst du, jetzt geht es ihr schon besser“, sagte meine Mutter schließlich zufrieden. Danach kam die Schule an die Reihe, Mathe und Physik. „Ich bin auf einem guten Weg“, sagte ich, da fiel mir Viola ein. Mein Lachen war erzwungen, das bemerkte zum Glück niemand.
Am nächsten Tag, Sonntagvormittag, ich war gerade aus dem Badezimmer gekommen, schrieb Viola mir eine SMS. „Wie geht es Dir, Chrissy?“
„Es geht so“, schrieb ich mit zitternden Händen zurück. Mittwochabend, ich lag bereits im Bett, die nächste SMS: „Kommst du morgen zur Nachhilfe? Ich würde dich gern sehen.“ Das war der Bahnbrecher, meine Sehnsucht nach ihr war von Tag zu Tag gewachsen.
Ich würde dich gern sehen, das las ich mehrmals, ich sprach es leise vor mich hin. Je öfter ich die Worte sprach, umso mehr wuchs mein Verlangen. Zum ersten Mal seit dem zweiten Besuch bei Viola verspürte ich wieder Lust in mir. Die Spannung kam von ganz allein, mir war als läge der Besuch erst wenige Sekunden zurück. Ihre nackten Brüste, ihr feucht-warmer Schoß, ihre warme, weiche Hand auf meiner Haut, in der es prickelte, als läge ich in einem Ameisenhaufen. Ich hatte bereits die Augen geschlossen, in der Linken das Handy, als sei es Violas Auge, tat ich mir mit der Rechten gut. Ein zweites Mal, weil die Lust nicht nachlassen wollte. Meine Erregung war nicht völlig abgeklungen, als ich das „V“ im Nummernspeicher drückte. Unter ´“V“ gab es einen einzigen Eintrag, Viola.
„Hallo Chrissy, ich freue mich …“ Das Telefon hatte einmal geklingelt, als Viola bereits annahm. Sie sprach leise und ihre Stimme drang wieder so tief in mich. Wie das Summen einer Biene, das man auf der Haut spürt, kommt sie nah genug heran.
„Ich wollte mich bei dir …“
„Pst …“, unterbrach sie mich. „Sag jetzt bitte nichts von Entschuldigung, sag einfach, ob du morgen zur gewohnten Zeit kommst. Sag nur, dass du dich genauso darauf freust wie ich …“ Ich hörte Violas Atem.
Mein „Ja, ich freue mich …“ ging schon unter in der Erregung, in die mich allein Violas Stimme versetzte. „Seit einer Stunde liege ich im Bett, das Handy in der Hand, und überlege, ob ich dich nicht anrufen sollte. Ich wollte gerade, als es …“, da unterbrach ich sie.
„… Seit einer Stunde liege ich im Bett, das Handy in der Hand, und überlege, ob ich dich nicht anrufen sollte“, wiederholte ich Violas Worte, mir war es ebenso gegangen. Weil ich jetzt beide Hände für etwas anderes benötigte, legte ich das Handy neben mein Ohr auf das Kopfkissen. Sie lachte leise, ein leichtes Röcheln klang hindurch.
„Dann denkst und fühlst du jetzt dasselbe wie ich?“, fragte sie mich. Ich war nicht mehr in der Lage, zu antworten. Ein heiseres „Ja“, bevor die dritte Woge an diesem Abend über mich hinweg rollte, die dritte Woge, die mich fast hinweg riss.
Sanfte Wellen, ein leises Plätschern, die ersten zwei. Violas Stimme, der Kitzel, das Verlangen, die Lust wollten nicht nachlassen, solange die Geräusche in mein Ohr drangen. Ich hörte ihr leises Stöhnen, in das hinein sie sprach:
„Ich höre dir zu, ich brauche noch einen Moment … Bei mir geht das nicht so schnell. “ Für einen Augenblick war ich aufgetaucht.
„Ja, ich warte auf dich …“, erwiderte ich atemlos. Kurz darauf tauchten wir beide gemeinsam unter. Von dem Moment an wusste ich, dass er nur noch einen einzigen Weg für mich gab.
Manu war angesäuert, als ich mich nach der letzten Stunde von ihr verabschiedete. „Die letzten Tage bist du herumgelaufen wie Falschgeld, und heute, wo du wieder normal zu sein scheinst, hätte ich gern etwas mit dir gemeinsam unternommen“, sagte sie verärgert. Das hörte ich schon gar nicht mehr richtig. „Du bleibst doch sowieso nur so lange bei mir, bis mein Vater kommt, dann hängt ihr beide gemeinsam in Dads Bibliothek herum“, rief ich ihr zu, da saß ich bereits auf meinem Fahrrad.
Von der Schule nach Hause brauchte ich knapp zehn Minuten. Von zu Hause bis zu Viola etwa zwanzig. Die Siedlung, in der sie wohnte, lag zwar, wie die unsere, am Stadtrand, allerdings weiter nördlich. Ich wollte mich umziehen. Dasselbe, was ich bei Paul trug, ohne lästigen Büstenhalter, nichts was klemmte, wie die engen Jeans, nichts, was die Hände länger als nötig aufhält. Mam und Dad würden um diese Zeit in der Praxis zu tun haben. Bevor ich die Fahrt zu Viola antrat, steckte ich den Kopf durch die Tür zum Empfang.
„Sagen sie meinen Eltern bitte, dass sie mit dem Abendessen nicht warten sollen. Bei mir wird es heute später!“, rief ich der Sprechstundenhilfe zu. Deren Antwort: „Was für einen Grund soll ich ihren Eltern denn sagen?“, ignorierte ich und tat so, als hätte ich nichts gehört.
Die Strecke schaffte ich in Rekordzeit. Fünf Minuten vor Drei stand ich bereits vor Violas Tür. Ich überlegte einen Moment, ob ich warten sollte, doch mein Herz raste bereits. Ich zitterte am ganzen Körper, als ich den Klingelknopf drückte. Das Fenster neben der Tür war an gekippt.
„Moment!“, schallte es aus dem Inneren. Wenig später sah ich Viola durch das Fenster im offenen Bademantel, ein Handtuch um den Kopf gebunden, in den Flur stürmen. Sie öffnete die Tür. „Du bist ja schon … Es ist doch noch nicht … Ich war gerade …“, Violas Worte erstickten bereits in Küssen, nachdem sie mich an einer Hand in den Flur zog.
„Ich hab` es nicht mehr ausgehalten … Ich hatte solche … Ich hab` mich so sehr …“, erwiderte ich keuchend in unsere Küsse hinein. Ihr Körper war nass. Weil sie schon beim ersten Kuss den Turban verlor, klebten ihre nassen Haare an meinem Gesicht. Ich bemerkte nicht, wo die beiden Teile blieben, die ich auf meinem Körper trug. Alles was ich spürte, waren Brüste, Hände und nackte Haut … Und Violas Mund, der mich benetzte, vom Hals über meine Brüste, über mein Gesicht, zurück an meinen Lippen. Ich fühlte mich plötzlich wie ein Stück Wild, das man gerade, nach Jahren in einem engen Käfig, in die Freiheit entließ.
Weil meine Beine versagten, schob ich meinen Po ein Stück auf die Kommode im Flur. „Warte bitte!“, keuchte Viola in einen weiteren Kuss hinein, weil sich bei mir ein erstes leichtes Beben ankündigte. „Du hast einen Orgasmus Vorsprung“, sagte sie, während sie meine Hand in ihren Schoß hinein zog. Dieselbe klemmte sie anschließend zwischen sich und meinem linken Oberschenkel ein, während sie zurück gelehnt, beide Hände in meinen Haaren vergraben, Bewegung aufnahm. Ich sah zu wie ihr Kopf hin und her flog, nach hinten, nach links, nach rechts, bis ihr Knie in meinem Schoß landete, das folgte ihren Bewegungen. Da konnte ich es nicht länger aufhalten, wir entluden uns beide gemeinsam.