Tuff - Paul Beatty - E-Book

Tuff E-Book

Paul Beatty

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Beschreibung

East Harlem, New York. Winston "Tuffy" Foshay, neunzehn Jahre alt und 150 Kilo schwer, kann sich und seine junge Familie mit Gaunereien und Drogendeals nur leidlich über Wasser halten. Als Anführer einer bunten Truppe aus Beat-Poeten, Black Panthern, marxistischen Revolutionären und afroamerikanischen Rabbinern wäre er bereit, an der Gesellschaft etwas zu verändern. Als man ihm 20.000 Dollar anbietet, um für den Stadtrat zu kandidieren, scheint das die Lösung für alles zu sein. Und so startet Tuffy eine der ausgefallensten Wahlkampagnen der Geschichte, die sowohl seine Vision von der Welt als auch seinen Platz darin völlig über den Haufen wirft.

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Seitenzahl: 468

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Über das Buch

East Harlem, New York. Winston »Tuffy« Foshay, neunzehn Jahre alt und 150 Kilo schwer, kann sich und seine junge Familie mit Gaunereien und Drogendeals nur leidlich über Wasser halten. Als Anführer einer bunten Truppe aus Beat-Poeten, Black Panthern, marxistischen Revolutionären und afroamerikanischen Rabbinern wäre er bereit, an der Gesellschaft etwas zu verändern. Als man ihm viel Geld bietet, um für den Stadtrat zu kandidieren, scheint das die Lösung für alles zu sein. Und so startet Tuffy eine der ausgefallensten Wahlkampagnen der Geschichte, die sowohl seine Vision von der Welt als auch seinen Platz darin völlig über den Haufen wirft.

Über den Autor

PAUL BEATTY, 1962 geboren, zählt zu den bedeutendsten amerikanischen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher haben in den USA Kultstatus. »Tuff« ist Beattys zweiter Roman, er erscheint hier erstmals auf Deutsch. Für seinen Roman »Der Verräter« wurde Beatty mit dem National Book Critics Circle Award sowie – als erster Amerikaner – mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet. Paul Beatty lebt in New York.

PAUL BEATTY

TUFF

Roman

Aus dem Amerikanischen von Robin Detje

Die Originalausgabe erschien 2000 unter dem Titel »Tuff« bei Macmillan Publishers, New York.Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.Übersetzungsnachweis:Mary Shelley, »Frankenstein oder Der moderne Prometheus«, übersetzt von Ursula und Christian Grawe, Reclam, Stuttgart 1986Edgar Allan Poe, »Der Rabe«, übersetzt von C.T. Eben, https://de.wikisource.org/wiki/Der_Rabe_(Übersetzung_Eben)

Deutsche Erstveröffentlichung Januar 2022

Copyright © 2000 by Paul Beatty

All rights reserved

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2022 by btb Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Covergestaltung: semper smile, München, nach einem Entwurf und unter Verwendung einer Illustration von © Editions Cambourakis

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

cb · Herstellung: sc

ISBN 978-3-641-22252-9V001www.btb-verlag.de

www.facebook.com/btbverlag

Wie der unsterbliche Biggie Smalls vielleicht sagen würde – dieses Buch ist all meinen Niggern gewidmet, die im Kampf stehen, literarisch wie in echt: Nigger Jim, Queequeg, Dilsey, Candide, Uncle Tom, Teacake, Dan »Spook« Freeman, Stagolee; Al und Ronald, Jerry, Charlie und Billy, T. Morrow, DCP, D.W., Lawson und Toi Russell.

1TUFFY UND SMUSH

ALS WINSTON FOSHAY AUF DEN DIELEN einer Drogenhöhle in Brooklyn langsam wieder zu Bewusstsein kam, war sein erster Impuls nicht, die Augen zu öffnen, sondern sie noch fester zusammenzukneifen.

Anstatt zu zwinkern, bis er wieder den Wachheitsgrad eines normalen Menschen erreicht hatte, stand er auf und suchte, die Augen fest geschlossen, die Arme nach vorn gestreckt, nach dem Garderobenspiegel, von dem er wusste, dass er irgendwo zwischen dem Ledersofa und der Halogenlampe stand. Winston kam sich vor wie das Geburtstagskind, das dem Esel den Schwanz anstecken sollte, fand den Spiegel, fuhr mit den Fingerspitzen sanft über das Glas, öffnete langsam die Augen und musste feststellen, dass der Esel ganz genau so aussah, wie er ihn sich vorgestellt hatte.

Der Muli, der ihn anblickt, hat das vom Trommeln matte, von der Hitze verfinsterte Herz und Antlitz eines Eingeborenen an einem der Flüsse Joseph Conrads. Auf seinem Kinn windet sich krauses Lockengewürm. Tiefe Sorgenfalten zieren seine Stirn. Die Augenlider auf Halbmast. Die dicken, festen Lippen zeigen weder Zorn noch Lächeln. Winston hat ein Gesicht, das einen genauso gut nach der Uhrzeit fragen wie um Geld anhauen könnte. Seine Miene ist so randvoll mit East-Harlemer Coolness, dass er meistens selbst nicht weiß, was er denkt, aber diesmal ist alles anders. Diesmal sind die eigenen Gedanken ihm so klar wie sein ramponiertes Spiegelbild. Er tastete das Einschussloch ab, das seine Nase in eine krass weiße Delle aus Glassplittern verwandelt hatte, und dachte: Nigger bleibt Nigger.

Gerade eben war er noch so bewusstlos wie ein weißer Schwergewichtler gewesen, und genau wie der Boxer, beide eine Schande für ihre Rasse eigentlich, traute er der gesunden Anmutung des eigenen Spiegelbilds nicht recht. Er klopfte sich hektisch ab, als würde er nach einem Feuerzeug suchen. Als er keine Einschusslöcher finden konnte, schlug er sich mit einer Faust auf die Brust. »Damn, der Nigger atmet noch wie ein Motherfucker.«

Willkürlich auf dem Boden der kleinen Wohnung in Brooklyn verteilt lagen drei andere Ghetto-Phänotypen, seelenlos, jung und vogelfrei, stocksteif, die Mäuler aufgesperrt, die Augen offen, wie in der Verbrecherabteilung eines Wachsfigurenkabinetts. Im Zimmer war es zenmäßig still, abgesehen von den zerschlissenen Vorhängen, die an die Wände schlugen, und dem Dauergurgeln eines Aquarienfilters. Die selbstsichere Ruhe, die Winston erst vor wenigen Minuten während der Schießerei verlassen hatte, kehrte rasch zurück. Er legte sich die Linke über die Eier und stiefelte zur nächstgelegenen Leiche hinüber, der eines Mannes, den er nur als Chilly Most aus Flatbush gekannt hatte. Chilly Most hing über den Couchtisch gebeugt, die Stirn zwischen Backpulver und Waage. Fünf Minuten zuvor hatte er noch mit den Tariergewichten gespielt, auf das Freebase gewartet und Volksreden über die Blödheit des Bürgermeisters gehalten, der sich im Radio das Lob für die sinkende Kriminalitätsrate an die Brust geheftet hatte. »Der Bürgermeister glaubt, ein paar gereimte Soundbites, Nähe der Polizei zur Bevölkerung und die Todesstrafe halten die Trottel davon ab, sich ihren Lohn zu verdienen. Das kannst du mir doch nicht erzählen, ich bin ein Krimineller im letzten Semester Kriminellogie. Glaubst du, ein Idiotenslogan wie ›Jesus gibt Sicherheit, ein Raubüberfall nicht‹, ein Cop auf einem Moped und die Gaskammer machen, dass ich mir das alles noch mal überlege? Also wirklich, wenn man beschlossen hat, das Verbrechen zu begehen, hat man sich doch schon alles überlegt. Von hinten anschleichen oder Frontalangriff? Sage ich: ›Her mit den Mäusen‹, oder mehr alte Schule: ›Hände hoch‹? Du steckst einem Nigger den Lauf in die Nase und denkst: Scheiße, ich sollte dem Motherfucker echt kein Oberlicht in die Kuppel blasen, und dann sagst du: ›Scheiß drauf.‹ Da ist schon wieder Überlegung drin. Alter, mit Todesstrafe mordet man noch mehr. Wenn du einen alle machst, stecken sie dich ins Duftstübchen, da machst du doch den Zeugen gleich auch noch alle. Jeder Idiot mit einem Funken logischem Denkvermögen würde darauf kommen. Und wenn die Stadt so sicher ist, warum läuft der Bürgermeister dann noch immer mit neun Bodyguards rum? Diese ganze hohle Wahlkampfscheiße – wenn es weniger Verbrechen gibt, dann deshalb, weil Nigger andere Nigger umbringen. So wie wenn die Nahrung knapp wird und die Alligatoren andere Alligatoren fressen. Bevölkerungskontrolle.«

Jetzt war Chilly Most end-bevölkerungskontrolliert. Oben auf seinem Schädel prangte ein Loch so groß wie eine mit dem Golfschläger herausgeschlagene Grassode, und aus der rußgeschwärzten Einschusswunde schwappten sämig das Blut und die Erstsemester-Hirnmasse. Winston zuckte vor dem Anblick des Schlachtfests zurück, saugte an seinen Zähnen, warf ein Kaugummi ein und murmelte: »Mann, wie ich Brooklyn hasse.«

Zur Feier seines achten Geburtstages hatte Winstons Vater mit ihm und seinen rauflustigen Cousins und Cousinen aus Brooklyn einen Tagesausflug nach Coney Island gemacht. Winstons Geschenk war die Teilnahmegebühr für das alljährliche Hot-Dog-Wettessen gewesen. Er kam auf den ersten Platz, um dann disqualifiziert zu werden, weil er die dreiunddreißig Zentimeter langen Frankfurter Würstchen mit dem abgestandenen Bier seines Vaters runtergespült hatte. Statt einer Jahresration Wiener Würstchen vom Allerfeinsten bekam er fünfzig Dollar Strafe für Alkoholkonsum als Minderjähriger.

Anschließend zog die Festgesellschaft ins Tingeltangelzelt um, wo Harry Hortensia, die bärtige Dame, auf einem Nagelbrett lag und alle anderen Kinder über ihren Bauch laufen ließ. Als Hortensia dann aus dem Augenwinkel Winston erspähte, der wie ein kleines Nilpferd auf sie zu trampelte, setzte sie sich mit einem Ruck auf, rieb ihm für ein paar schnelle Lacher den Bauch und gab dem verärgerten Kind seinen ersten Kuss. Während Salamander Sam, der Echsenjunge, brennende Keulen jonglierte, lief Vetter Carl dann durch die Ränge, spielte Fernsehmoderator, hielt den Leuten ein unsichtbares Mikro ins Gesicht und fragte sie: »Die bärtige Dame hat meinen Vetter Winston geküsst, heißt das, er ist schwul?« Und schon ging es weiter in den Höllenpfuhl.

Der Höllenpfuhl war ein aufrecht stehender Blechzylinder, der sich so schnell drehte, dass die Mitfahrenden von der Zentrifugalkraft an der Wand klebten wie Kühlschrankmagneten. Der Fahrer nahm Winstons Eintrittskarte, warf einen Blick auf den pummeligen schwarzen Jungen, dann auf die rostigen Haltekabel, die über ihnen baumelten. »Wie viel wiegst du, Kleiner?«

»Nicht so viel«, antwortete Winston, Tränen in den Augen. »Bitte, Mister, ich habe Geburtstag.« Wider besseres Wissen winkte der Fahrer Winston durch. »Aber weit weg von der Tür bleiben. Ihr anderen kleinen Scheißer stellt euch gegenüber von Buddha-Boy auf, zum Ausbalancieren.« Winston drückte sich an die kalte Stahlwand und wich den Blicken seiner erlebnishungrigen Verwandtschaft aus. »Hör mal, Winston, mit deinem fetten Arsch dreht sich das Ding nicht schnell genug.« Mit einem schrillen Jaulen setzte der Höllenpfuhl sich in Bewegung, immer schneller, bis die g-Kräfte selbst den dicken Winston an die Wand klatschten. Alles war wieder gut, und seine Cousins und Cousinen kreischten und lachten und brüllten dem Fahrer zu, er solle die Bodenplatte absenken. Zu Schmerzenslauten der Mechanik tat sich nach und nach der Boden auf, und einen Augenblick lang war Winstons Gewicht kein Hindernis mehr: Er klebte an der Wand wie eine platt geklatschte Fliege, genau wie alle anderen. Dann, kaum hatte er sich ein Lächeln erlaubt, rutschte er wie ein Tropfen Farbe langsam nach unten. War die Höllenfahrt schon vorbei? Nein, Cousine Julie war noch in der Horizontalen und schwamm innen am Zylinder. »Guckt mal, Winston«, kreischte sie, »kracht runter wie ein toter Vogel!« Die Kids wirbelten über dem hilflosen moppeligen Achtjährigen herum und ließen Spott auf ihn herabregnen, der im Strudel des eisernen Wirbels gefangen war. Winston sammelte Spucke im Mund und schoss sie in die Richtung seines mädchenhaften Vetters Antoine ab, des lautesten seiner Quälgeister. Eine aufreizende Sekunde lang hing der Schleimpropf in der Luft, dann kam er zurückgeflogen und klatschte Winston auf den Nasenrücken. Sogar sein Vater musste lachen. Winston fing an zu weinen. doch die Tränen rannen ihm nicht die Wangen hinunter, sie flossen ihm rückwärts über die Schläfen und suchten sich hinter seinen Ohrmuscheln ihren Weg. In Winstons Ohren legte sich der Sound des dreizehn Jahre alten Spotts jetzt über den Nachhall des Geballers. »Scheiß auf Brooklyn und scheiß auf euch Brooklyn-Nigger!«

Nun, in dieser letzten kühlen Sommernacht, gab es für Winston in Brooklyn drei Nigger weniger zu hassen. Obwohl Chilly Most alle Schwarzen mit »Gott« anredete, war er selbst offenbar ganz und gar nicht göttlich und konnte sich selbst nicht wieder zum Leben erwecken. Zoltan Yarborough, der sich nicht hatte einkriegen können vor lauter Stolz auf seine Brooklyner Wurzeln – »Brownsville, ihr werdet mich nie vor was weglaufen sehen« –, personifizierte jetzt starr und steif seinen eigenen Spruch. Eines seiner Beine hing aus dem Fenster, und mit der Pistolenkugel war es so gewesen wie mit allem, was seine Mutter ihm je gesagt hatte: in ein Ohr rein, zum anderen wieder raus. Demetrius Broadnax aus dem »Do-or-die-Bed-Stuy«, dem knallharten Bedford–Stuyvesant, lag ohne Hemd auf dem Fußboden, vom Brustbein bis an den Bauchnabel Einschusslöcher im schlammbraunen Leib. Mit klammheimlicher Freude stand Winston über Demetrius’ Leiche, sah seinem Ex-Boss in die glasigen Augen und hätte fast »Ich kündige« gesagt und eine Abfindung verlangt. Stattdessen ging er zum Aquarium, drückte die Nase an die Scheibe und fragte sich, wer jetzt die Goldfische füttern würde.

Genau wie die meisten Jobs, die Winston nach der Highschool gehabt hatte, endete auch dieser vorzeitig, nur zwei Wochen nach dem Vorstellungsgespräch, bei dem seine Fresse sein einziger Lebenslauf gewesen war, und zwei Sätze von seinem besten Freund, Fariq Cole, waren seine Referenzen: »Dieser fette Nigger meint es ernst. Yo – der haut die Nigger mit einem Schlag k.o., das weiß uptown jeder.« Da gab es kein »Also, Mr Foshay, wie decken sich Ihre Karriereerwartungen mit unseren Unternehmenszielen? Halten Sie sich für einen Macher? Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?« Demetrius hatte Winston einfach einen Mitgliedsausweis und eine kleine schwarze .22er von Raven Arms rübergeschoben, die Winston ihm unbeteiligt, aber postwendend zurückgab.

»Was, du brauchst kein Eisen?«

»Ach was.«

»Hör mal, du Arsch, auf der Straße kannst du die Nigger vielleicht bodyslammen, aber in diesem Geschäft kommen die Leute nicht rein und fuchteln mit den Fäusten.«

Winston zuckte die Achseln.

Demetrius sah ihn von oben bis unten an und fragte: »Nicht zu erschüttern, was? Siehst gar nicht so furchterregend aus.«

»Nie nachgeben. Nigger, die ein Mal nachgeben, kriegen nie wieder was, klar? Ich steh einfach nicht auf Waffen.«

»Na gut, wenn hier ein paar Nigger reinkommen und rumballern, dann ist dein fetter Arsch im Weg und so, und zwei, drei Motherfucker können sich hinter dir verstecken. Morgen Nachmittag um vier Uhr fängst du an.«

Als Winston dann mit der Arbeit begann, war er »im Weg und so«, aber nicht so, wie Demetrius gehofft hatte. Winstons Stellenbeschreibung war simpel: von vier bis zehn, fünf Tage die Woche, an die Tür gehen, böse gucken und die störrischen Kunden anbrüllen – »Du zahlst den Motherfucker, und zwar pronto!« Aber die Fahrt nach Brooklyn machte ihn kribbelig. Die Kindheitstraumata kamen ihm wieder hoch, und er konnte nicht mehr cool sein. Anstatt aalglatt herumzuschlendern und alle fünf Minuten sein Geld zu zählen, stolperte Winston durch die Drogenhöhle, trat den Leuten auf die Zehen, warf alles um, was er antatschte, und hörte nicht auf zu quatschen. Er versuchte, die düstere verbrecherische Stimmung mit peinlichen schlechten Witzen aufzupeppen. (»Kennst du den, warum tragen die Schotten Röcke?«) Nach den flachen Pointen (»Weil die Schafe einen Reißverschluss schon auf hundert Meter hören«) erklang nicht mehr als ein metallisches Klicken – das von Demetrius kam, der die Sicherung seiner Pistole einrasten ließ.

Mit den Brooklyner Drogensitten tat Winston sich schwer. Welche Farbe Stöpsel gehörte auf welche Plastikröhrchengröße? Waren tragbare Fernseher als Bezahlung okay? Er konnte die geheimen Pfeifsignale der Crews nicht voneinander unterscheiden. Wie oft hatte Demetrius ihn schon angebrüllt: »Nicht die Drogen ins Klo spülen, du Vollkoffer! Das war der Paarungsruf des Rubingoldhähnchens!« Dann fielen Chilly Most und die anderen höhnisch ein: »Im Gegensatz zu unserem Geheimsignal …«

»Dem Gesang der Feldlerche im Flug.«

»Einem zarten wuh-dukkadukka-wuh.«

»Der guten alten Alauda arvensis, heimisch in Eurasien, aber auch in Nordwestkanada verbreitet, wenn ich mich nicht irre.«

»Du irrst dich nicht, du Super-Nigger-Ornithologe, du.«

Das letzte Mal, als Winston dieses hochgeschätzte Pfeifen hörte, öffnete er die Tür, worauf zwei Nigger, die er noch nie gesehen hatte, an ihm vorbeistürmten, mit Pistolen herumfuchtelten und sich, noch bevor er sie hätte ankündigen können, damit vorstellten, dass sie Chilly Most eine Kugel in den frisch geschorenen Kahlkopf jagten. Winston tat daraufhin, was seine Kollegen schon immer für den Fall direkten Waffenkontakts vorhergesagt hatten – er fiel in Ohnmacht »wie eine Bitch«.

Drei Minuten waren vergangen, seit Winston wieder zu Bewusstsein gekommen war, und er kam nicht aus der Wohnung. Es war wie bei einem Raumspaziergang: fest vertäut an irgendeinem Mutterschiff, das im Himmelsraum von Brooklyn hing. Immer wenn er sich bis zur Tür vorgearbeitet hatte, wurde er von einem dumpfen Klappern im Hausflur oder einer fernen Polizeisirene wieder ins Wohnzimmer zurückgetrieben. »Wie in diesem Film«, murmelte er, »diesem anstrengenden spanischen, wo die Reichen nicht mehr aus dem Haus kommen. Luis Bustelo oder so ein Scheiß. Was war das gleich … Surrealismus? Ich leide an Surrealismus.«

Ein Knarren der Dielen hinter ihm brachte ihn zum Schweigen. Rasch wirbelte er herum und ballte die zitternden Hände zu Fäusten.

»Issn da?«

»Issn da?«, kam es zurück. Winston entspannte sich. Er lächelte, »Nigger«, entspannte die geballten Fäuste und ließ sich aufs Sofa fallen.

Fariq Cole kam ins Wohnzimmer gehumpelt, auf seitlich auseinandergespreizten Krücken. Von seinen Freunden wurde er Smush genannt, weil Nase, Lippen und Stirn in seinem Gesicht auf der gleichen euklidischen Ebene lagen und seinem Profil die Anmutung eines Pappkartons verliehen. Mit jedem ruckeligen Schritt eierte Fariqs Körper ein Stück weiter auf Winston zu wie ein Slinky, das sich auf- und wieder ausrollte. Um seinen Hals schlenkerten in elliptischer Flugbahn ein Dollarzeichen-Anhänger aus Echtgold und ein Anch-Kreuz mit eingelegten Diamanten wie mit Edelsteinen verschorfte Satelliten. Am Türpfosten machte Fariq Halt und sah seinen Freund schief an.

»Mit wem hast du geredet?«

»Mit niemandem. Versuche bloß zu verstehen, was ich hier noch mache.«

»Du kannst hier ohne mich nicht weg, nicht ohne deinen sogenannten Boy.«

»Das bist du, ja. Aber es lag nicht an dir – ich bin gerade mal zehn Minuten hier, ich wusste nicht mal, dass du da bist. Nein, das ist was anderes.«

Fariq war der coolste der vielen coolen behinderten East-Harlemiten. Von der Aufmachung her ganz eleganter Großstädter, ein voll funktionsfähiger, körperlich fitter Assimilationskünstler. Er trug schon lange keinen Fahrradhelm mehr, trotz der weichen Stelle am Kopf, wo seine Schädelknochen nie zusammengewachsen waren. Der Schirm seines glasfaserverstärkten Yankee-Basecaps verdeckte sein linkes Auge und beschattete die Operationsnarben. Die Baggycordhose verhüllte seine Beinschienen. Die Klumpfüße hatte er in ein Paar teure Joggingschuhe gequetscht, obwohl er im Leben noch nie einen Schritt gejoggt war. Fariq fuhr mit der Zunge über das Edelmetall in seinem Mund – auf seinen vier Schneidezähnen, oben und unten, steckten Zahn-Caps mit einem Schachbrettmuster aus Gold und Silber. In die beiden Vorderzähne waren kleine Schachfiguren eingeätzt, schwarzer König und schwarze Königin, in mikroskopisch kleinen Lettern »Fariq« und »Nadine« getauft.

»Jetzt guck dir diese Pleitefucker an – und wer sorgt jetzt für ihre Familien?«, sagte Fariq und fuhr das Gemetzel mit dem Gummifuß seiner Krücke ab. »Deshalb hat ein Schlaufucker wie ich eine private Rentenversicherung, ein paar Schatzanweisungen mit kurzer Laufzeit und die Finger immer auch ein bisschen in langfristigen Unternehmensanleihen und Hochrisiko-Auslandsaktien. Scheiße, im einundzwanzigsten Jahrhundert diversifiziert ein Nigger sein Portfolio – immer gefasst auf schlechte Zeiten. Und jetzt sieh dir den an: voll in den Regen gekommen.«

Winston und Fariq hatten einander schon gekannt, als die U-Bahn noch fünfundsiebzig Cent gekostet hatte. Fariq war ein geschäftstüchtiger kleiner Gauner, der Winston bei all seinen Abzockernummern für die Drecksarbeit mitschleppte; die erste davon war in der fünften Klasse die Operation Hundeentführung gewesen, so groß angelegt, dass dafür alle Taubenschläge auf den Dächern an der 109. Street zwischen Park und Second Avenue leer geräumt und zu Hundezwingern umgewandelt werden mussten.

Der Plan war, durch die Parks und Straßen von Manhattan zu streifen und frei laufende Hunde mit Pfiffen, ganz lieben »Komm zu Papa«-Rufen und Räucherwurst ins Gebüsch zu locken. Mit der Gartenschere wurden bedauernswerte winselnde Kreaturen befreit, die mit der Leine an Parkuhren gebunden worden waren, damit Herrchen und Frauchen beim Cappuccino plauschen konnten. Dann warteten die Jungen, dass die Belohnungsversprechen ausgehängt wurden, und kamen das Kopfgeld eintreiben. »Yeah, Lady, das Hundchen ist in Harlem rumgelaufen. Ein paar Crackheads hatten ihm einen Apfel in den Mund gestopft und wollten ihn gerade mit einem Spieß im Arsch über offenem Feuer rösten, ›Heute steht Hund auf der Karte‹, da haben wir ihn gerettet und hergebracht. Ob fünfzig Dollar reichen? Ehrlich gesagt, nein.«

Winston lief zu Fariq und nahm den Kopf seines Freundes mit seinem Schlabberarm in einen jungenhaften Schwitzkasten. Fariq traten vor Schmerz die Augen aus den Höhlen. »Aua, Tuff! Du weißt genau, dass diese Scheiße nicht geht.«

»Sorry, Mann – nur ein kleiner Liebesbeweis, weil ich froh bin, dass du noch lebst und so. War das die Spina bifida, oder ist die Rachitis wieder ausgebrochen? Weiß nie, was du gerade hast.«

»Beides, Nigger, beides. Aber jetzt tut mir alles weh, weil ich in der Badewanne war. Beim ersten Schuss hab ich die Hosen hochgezogen, bin rein in die Wanne, und dann Duschvorhang zu. Ein Glück, dass die Nigger nicht pissen mussten.«

»Wir müssen hier raus, Kleiner. Gleich sind die Bullen da.«

»Wenn die Po-po jetzt noch nicht da ist, kommt sie nicht mehr.«

»Aber vielleicht kommen die Ballermänner zurück, meinetwegen – die müssen sämtliche Zeugen alle machen.«

»Alter, als die die ganzen Clowns umgeballert hatten, konnte ich hören, wie die sich über deinen fetten Ohnmachtsanfall lustig gemacht haben. Die haben keine Angst, dass die dicke Kameliendame sie holen kommt. Ich wollte rauskommen und dir ein bisschen Wasser ins Gesicht spritzen. Oder dir James-Cagney-mäßig eine Gesichtsmassage verpassen.«

»Das war keine Ohnmacht. Ich hab mich tot gestellt und so.«

»Aber sicher doch. Los jetzt: Ab durch die Mitte!«

»Wer bist du denn, bist du jetzt der Bestimmer?«

»Leck mich, Tonto. Hi-ho Silver, hopplahopp, Nigger.«

»Robin.«

»Batgirl.«

»Al Cowlings.«

»Das war ein Tiefschlag.«

Sie verließen die Wohnung super draufgängerisch, um ihre Angst zu überspielen. Im Hausflur, der normalerweise voller Kinder und dem Lärm von Fernsehern war, herrschte Stille. Die Flüchtlinge hatten sich in ihren Stadtsanierungslöchern eingegraben und warteten, dass die Besatzungstruppen abzogen. Ein kleines Mädchen mit einem Glöckchen um den Hals lugte aus einer Tür und streckte den beiden Jungs die Zunge raus, wurde aber an ihrem Pferdeschwanz so schnell wieder nach drinnen gezogen, dass das Glöckchen nicht mal Zeit zum Klingeln hatte. Die Fahrstühle waren wie immer kaputt, und Winston trug Fariq die zwölf Stockwerke nach unten, wo er ihn sanft neben den verbeulten Briefkästen absetzte. Winston zog Fariq den Hemdkragen gerade, trat einen Schritt zurück und schnipste mit den Fingern. »Warte hier. Jetzt weiß ich, warum ich nicht weg konnte – ich hab was vergessen. Gleich wieder da.« Bevor Fariq »Lass mich hier nicht sitzen, Nigger« sagen konnte, war Winston schon wieder im Treppenhaus und nahm zwei, drei Stufen auf einmal.

Allein gelassen worden zu sein machte Fariq nervös, aber es freute ihn, dass Winston seine berühmte Beweglichkeit zurückerlangt hatte. Stand wie angenagelt da, der Nigger, und hat Witze erzählt wie Henny Youngman und so. Selbstgespräche geführt. Ich weiß, der Junge hasst Brooklyn, aber gleich in Ohnmacht fallen? Wie oft hat dem schon ein Idiot eine Waffe vors Gesicht gehalten? Und er dann immer so: »Schieß doch, Motherfucker!« Aber das Gute an einer Ohnmacht im Angesicht des Todes ist bestimmt, dass man nicht um sein Leben betteln kann. Ganz der alte Tuffy, im Galopp die Treppe rauf, wieder der volle Braunbär-Brother. Fariq grinste und dachte ans Fangenspielen, den ganzen Sommer lang, und nur die schnellsten Kinder der East 109th Street konnten Tuffy und seinem schmerzhaften unbeholfenen Abschlagen entkommen. Fariq kribbelte es in den Zehen. Er konnte das Zittern spüren – das Zittern vom Schleifen seiner orthopädischen Schuhe über das raue Pflaster beim Versuch zu laufen. Einen ganzen Sommer lang hörte Fariq »Du bist« und humpelte auf Krücken kreischenden Kinderhorden hinterher, fühlte sich wie der Aussätzige des Viertels, bekam nie jemanden zu fassen. In der fünften Klasse musste Fariq am ersten Schultag um halb sieben Uhr morgens bei Sharif Middleton klingeln, um den nichts ahnenden Trauerkloß mit einem Krückenstoß in den Bauch abschlagen zu können, als der sich noch an der Tür den Schlaf aus den Augen wischte. Tuffy, mein Nukka, wo bleibst du denn?

Winston ging in die Wohnung, stieg über eine Leiche und griff sich ganz hinten aus dem Kühlschrank eine Lunch-Tüte. Er langte hinein und schlang ein kaltes, durchgeweichtes Schinken-Käse-Sandwich hinunter. Mit vollem Mund krempelte er die Plastiktüte um, ging zum Aquarium, schüttelte die Krümel ins Wasser, und als der Fisch nach oben kam, fischte er ihn mit Schwung heraus, wobei er sich kaum die Hände nass machte.

Winston knotete die Plastiktüte zu und war auf dem Weg nach draußen, als er ein blechernes Bimmeln hörte. In einer Zimmerecke kauerte das Mädchen aus dem Hausflur, im Schoß drei dicke Brieftaschen, ein bisschen Schmuck und die .22er Raven von Demetrius. Winston wurde wütend. »Du kleiner Geier, die sind noch warm, und du gehst ihnen schon durch die Taschen.«

»Des einen Leid, des anderen Freud.«

»Herrgott, überall nur noch Abzocker. Gib mir die Pistole.«

Das Mädchen verzog das Gesicht, verkroch sich noch weiter in die Ecke und streckte wieder die Zunge heraus. Winston nahm ihm die Pistole weg, dann zog er es am Ellenbogen auf die Füße.

»Nach Hause mit dir.«

Es hüpfte durch den Hausflur zu seiner Wohnung, die Tür ging auf, und eine hagere Hand riss es am Rocksaum nach drinnen. Krachend fiel die Tür zu. Winston wartete auf das Schlossgeräusch, steckte sich die Pistole in die Tasche und raste wieder treppab.

»Wo warst du denn, Alter?«, flüsterte Fariq verängstigt. »Draußen ist jemand.«

»Hab ich doch gesagt, ich hatte was vergessen«, antwortete Winston und hielt die Tüte hoch.

»Du hattest deinen Lunch vergessen? Na toll … die Nigger bringen sich gegenseitig …«

»Pssst! Cállate, Alter.« Vorsichtig lugte Winston um die Ecke. Der Security-Mann saß an seinem Tisch und kritzelte falsche Namen ins Besucherformular. Al Capone, King Kong und Mao hätten als faulige Zombies hereinkommen, die Thompson-Maschinenpistolen durchladen, sich nach der weißen Frau verzehren und von der Kulturrevolution erzählen können, und dieser Mindestlohn-Wachmann würde sie einfach durchwinken, keine weiteren Fragen.

»Da draußen ist niemand, bloß der Mietbulle – mal sehen, ob der gemerkt hat, was los war.« Winston bat von seinem Versteck aus um die Aufmerksamkeit des Wachmanns: »Hey, yo, Barney Fife, sind hier ein paar Nigger durch und haben vom Krieg erzählt?«

»Yup, vor ein paar Minuten, die müssen irgendeinen verkrüppelten Motherfucker finden und umbringen, haben sie gesagt. Haben mich gefragt, ob ich mal die Waffen anfassen will. Wollte ich, und die waren so heiß wie eine Predigerstirn am Sonntagmorgen.«

Fariq knickte in der Hüfte ein, und die Krücken rutschten ihm weg. Als er sich wieder aufrichtete, grummelte sein Magengeschwür wie ein Vulkan vor dem Ausbruch, und ihm floss ein bisschen warmes, klumpiges Exkrement in die Unterwäsche. »Scheiße.«

»Wo sind die lang?«, fragte Winston den Wachmann.

»Nirgendwo.«

»Was?«

»Die stehen noch hier vorne, rauchen Phillies und baggern ein paar Ladys an.«

Fariq schloss die gelbstichigen Augen, während all seine Leiden gleichzeitig ausbrachen. Seine Herzrhythmusstörungen wurden schlimmer und pumpten ihm die Sichelzellen stoßweise durch die Adern. Sich am kaputten Fahrstuhl abstützend verfluchte er seine Mutter für ihr Trinken, Rauchen und den Verzicht auf Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft. Er schluckte unter Mühen, drückte immer wieder den Aufwärts-Knopf und schimpfte seinen Vater dafür, dass er geglaubt hatte, seine Geburt zwei Monate zu früh sei genau der richtige Zeitpunkt, um die Welt zu erobern. Der Junge braucht keinen Brutkasten. Das ist doch kein Küken!

Winston nagte an seiner Unterlippe und sah seinem Freund beim Bibbern zu, dann sprintete er plötzlich am Wachmann vorbei, Richtung Notausgang. Er drückte die schwere Tür auf und blickte in die Abenddämmerung. Die Frühlingsbrise kühlte Winston ganz kurz das schweißüberströmte Gesicht. Die Sirene schrillte und erfüllte die Betonziegel-Flure mit ohrenbetäubendem Lärm. Winston lief wieder zu Fariq, warf sich den Freund mit einer einzigen Bewegung über die Schulter und hastete Richtung Vordertür. In einer Nische machte er Halt und sah den Gangstern nach, die um das Gebäude nach hinten liefen. Er trug Fariq wie einen verwundeten Kameraden im Krieg und verließ das Gebäude Richtung Bushwick Avenue, sprang über die Büsche und wich elegant den fleckigen Brooklyner Bäumen aus wie damals beim Fangenspielen. Das Schlagen der Pistole am Bein, das Klimpern des Kleingelds in der Tasche und das Quietschen der Eisenschienen, die Fariq an den Gelenken zusammenhielten, klangen in Winstons Ohren wie die Filmmusik zum dramatischen Höhepunkt eines Hitchcock-Thrillers. Er warf einen verstohlenen Blick über die Schulter und erwartete fast, ein Schädlingsbekämpfungsflugzeug auf sich zu rasen zu sehen.

An der Kreuzung Bushwick und Myrtle Avenue stauten sich die Busse ungeduldig vor einem einsamen Säufer, der mitten auf der Straße Volksreden hielt. Wie eine Panzerkolonne auf dem Weg zum Tian’anmen-Platz versuchten die Busse, um den Mann herumzufahren, aber er ließ sie nicht vorrücken, stellte sich ihnen in den Weg und winkte sie wagemutig mit einer verschlissenen Jacke fort. Aus seiner Zeit als Drogenkurier wusste Winston, dass der Mann gewöhnlich um diese Zeit mit seinen rosa Elefanten zu kämpfen anfing, und hatte damit gerechnet, dass er dort war und mit zusammenhanglosem Gebrüll die Mächtigen herausforderte. »Ich bin schwarz, es regnet. Wahrscheinlich ist wieder die Warren Commission schuld. Feindbeschuss!« Winston und Fariq hechteten um den Mann herum (»Männer, auf Position!«), sprangen in den dritten Bus und eilten ganz nach hinten. Sie drückten sich tief in die Plastiksitze, schnappten nach Luft und warteten, dass der Bus anfuhr. Fariq röchelte. Panisch holte er sein Asthmaspray aus der Tasche und setzte sich zwei große Dosen.

»Scheiße, Nigger, das wär doch nicht nötig gewesen! Du hättest bloß sagen müssen, dass du jetzt losrennst, ich wäre schon hinterhergekommen.«

»Ha«, schnaubte Winston.

Fariq wollte Winston eine Krücke überziehen, aber sie hatte sich unter dem Vordersitz verklemmt. »Nee, mein Goldschatz, im Ernst jetzt. Das ist erniedrigend, der Scheiß. Ich kann selbst auf mich aufpassen, verstehst du mich, Tuffy?«

»Verschon mich, Alter. Ich musste dir den Arsch retten wie in Die durch die Hölle gehen. Ohne mich würdest du jetzt in einer Bambushütte mit dem Vietcong von Brooklyn Russisch Roulette spielen. Di di, mau! Mau!« Winston schnüffelte und sah sich dann die Sohlen seiner Turnschuhe an. »He, hast du dir in die Hose geschissen?«, fragte er Fariq. Der schwieg und drückte sich die Zunge in die Wange. Bei den meisten jungen Männern war das ein Zeichen für Oralverkehr; bei Fariq war es der Code für »Ich hatte einen Unfall«. Winston langte unter den Sitz und ruckelte Fariqs Krücke heraus.

Der Bus bog auf den Broadway ab und bahnte sich hupend einen Weg aus Bedford-Stuyvesant in die Ausläufer des weltgewandteren Williamsburg. Als die Sozialwohnungen hinter ihnen verschwanden, setzten die beiden Überlebenden sich auf und blickten aus den dreckverkrusteten Fenstern. Die Menschen auf den überfüllten Bürgersteigen sahen müde und zornig aus und kämpften sich den Heimweg von der Arbeit frei. Weiße Bohemiens schlängelten sich durch den Verkehr, mit gesenkten Köpfen, verbittert, weil sie sich keine Wohnung in Manhattan leisten konnten. Paarweise spazierten Chassidim vorbei, elegant und dandyhaft in schwarzem Nadelstreif mit Schwalbenschwänzen, Aktenkoffer in den Händen, und redeten über das Spiel der Knicks am Vorabend. Die Einzigen, an denen Winston individuelle Züge ausmachen konnte, waren die Puertoricaner. Die Weißen, ob Juden oder Gojim, sahen für ihn alle gleich aus. Mit hartherzigen, verschlossenen Mienen marschierten sie untergehakt im Gleichschritt dahin. Die Puertoricaner erinnerten ihn an seine Bekannten. Sie waren mehr oder weniger von nebenan, mehr oder weniger Nigger, mehr oder weniger arm. Die Puertoricaner hatten Gesichter, denen er Hallo sagen konnte. Und der Frau im grünen Kunstseidenpulli rief er ein großes lautloses »Was geht?« zu. Ja, du, du Honiglöffel mit der Einkaufstüte. Warum gehst du so schnell? Musst du den Kindern noch bei den Hausausgaben helfen? Kann ich gut verstehen. Die Hauptstadt von Kansas heißt Topeka, den Rest hab ich vergessen.

Winston erhaschte Blicke aus den rastlosen Augen der farbigen Jungen, die wie Weinranken an den Marktmauern emporgesprossen waren. Er konnte die kindlichen Um-elf-zu-Hause-Muttersöhnchen erkennen und die anderen, die auf dem Drahtseil zwischen Rebellion und Heiligsprechung. Ein paar davon, wie der junge Mann ungefähr in Winstons Alter, der auf dem Bürgersteig so cool wie möglich gegen den Strom lief, hatten sich der Straße ergeben. Die Sorte kannte Winston gut, verlorene Krieger auf der Suche nach einem Kampfplatz zum Kräftemessen. Winston grinste und schenkte ihm eine geflüsterte Kampfansage: »Dein Glück, dass ich nicht da draußen bin. Pass bloß auf, Nigger.« Dann, etwas lauter: »Schwachmat!«

Winston drückte seinen breiten Rücken in den motorwarmen Sitz. Er spürte das Zittern des Motors, und einen Augenblick lang entspannte er sich und genoss die Gratismassage. Fariq blickte seinen Freund an. Er kannte dieses Grinsen, diesen Ausdruck der Zufriedenheit, wenn Winston jemanden zu Brei geprügelt hatte. »Tuffy?«

»Mhmm.«

»Du bist da oben wirklich in Ohnmacht gefallen, oder?«

»Kampfmüdigkeit wahrscheinlich. Hat mir immerhin das Leben gerettet. Vielleicht die Hand Gottes, die mich berührt hat. Mich errettet hat, für höhere Zwecke.« Winston lachte. »Schnell, Smush, mach mir Laune.« Fariq trommelte sich mit den Fingern an den Kiefer. »Weißt du noch, der dürre Arsch, den du letzte Woche vor der Old Timers’ Lounge ausgeknockt hast?«

»Ja, der, der mit dem Teppichmesser rumgefuchtelt hat, ›en garde, Motherfucker‹, als wenn er wirklich was gewollt hätte.«

»Ich hab gehört, zum Ausgleich für die Schande im Viertel hat der Punk versucht, zum Militär zu gehen. Hat alle Motherfucker abgeklappert – Navy, Marines, Coast Guard – scheitert aber jedes Mal beim Psychotest. Du musst ihm irgendwie das Hirn angeschlagen haben oder so. Alle zwei Minuten brüllt er völlig ohne Grund: ›La Mega!‹, wie ein DJ auf dem spanischen Sender. Er legt den Sprechen-Sie-mir-nach-Eid ab: ›Ich schwöre, den Vereinigten Staaten immer treu La Mega!‹ – ›Jawohl, Sir, Flugzeugmechanik interessiert mich sehr und La Mega Noventa y siete punto nueve!‹ Ein Dauer-Radiojingle, Nigger.«

Winston grinste. »Dann nennen wir den Nigger ab jetzt La Mega, okay?«

»Yeah.«

Tuff holte eine zerknitterte braune Packpapiertüte aus der Jackentasche und hielt sie Fariq hin. »Hunger?«

»Was hast du?«

»Speckbonbons mit Fisch.«

»Da kannst du dich ja gleich erschießen lassen. So wie du isst, bringst du dich selber um. Wie viel wiegst du jetzt?«

»Keine Ahnung – hundertvierzig, hundertfünfzig. Hab mich schon länger nicht mehr im Schlachthof an der Edgecomb auf die Waage gesetzt. Egal, das sind Speckbonbons ohne Fett.«

Fariq schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Du Idiot! Speckbonbons sind Stücke aus der Schweineschwarte, in Schweinefett ausgebacken. Wie können die ohne Fett sein, wenn sie hundertprozentig aus Fett bestehen? Mit dummen Niggern wie dir verdient der weiße Mann sein Geld.«

Winston zuckte die Achseln und holte eine kleine durchsichtige Plastikflasche mit einem hellblauen, sirupartigen Saft heraus. »Und jetzt trinkst du auch noch Thirstbuster? Wie oft habe ich dir schon gesagt, der Scheiß gehört dem Klan. Unfruchtbar wirst du von dem Müll. Warum glaubst du, kann die Firma es sich leisten, das Zeug für nur fünfundzwanzig Cent zu verkaufen? Das ganze Scheißgift wird von der CIA subventioniert. Hast du in einem Weißenviertel schon mal Thirstbuster gesehen? Ganz bestimmt nicht. Und warum nicht? Etwa weil die Weißen nicht gern billig einkaufen?«

An Fariqs Worten war etwas dran. Immer wenn Winston in Midtown war, um zu tun, was in Harlem nicht ging, ins Kino gehen zum Beispiel oder Klamotten ohne Logos kaufen, und Lust auf einen Thirstbuster hatte, war sein Lieblingsgetränk nirgends zu finden. Die Regale der geleckten Delis der East Side waren voller Cola und Säfte und Mineralwasser aus allen Seen Europas, nur Thirstbuster gab es nicht. Wenn Winston im Laden nach einem Trauben- oder Ananas-Thirstbuster fragte, erntete er nur leere Blicke, kam mit einer Zweidollarflasche geschmolzenem Gletschereis wieder raus und suchte sie auf Mastodonhaare ab.

In zwei Schlucken leerte Winston die geliebte Flasche, nahm sie langsam aus dem Mund und ließ ein lautes »Aaaahhhh« hören. »Scheiße, Fariq, du hast recht, mir braust das Sperma.«

»Leck mich.«

Winston zerquetschte die leere Plastikflasche in einer Hand und ließ sie durch den Gang kullern. Der Bus war noch immer auf dem Broadway.

»Ich weiß, wie wir Cash machen können. Bist du dabei, Tuff?«

»Weiß nicht.«

»Dieser Drogenwahnsinn ist durch. Die Scheiße macht zu viel Arbeit. Man muss einen Kundenstamm aufbauen, die Inventur ist total kompliziert, einmal LIFO, dann wieder FIFO. Zu viele verplante Irre, die nerven. Wir brauchen was in sich Abgeschlossenes. Einmal zuschlagen, fertig. Drauf und lauf.«

»LIFO und FIFO? Was erzählst du für einen Scheiß?«

»Last in, first out – first in, first out. Grundkurs Rechnungswesen! Alter, wir müssen das Drogengeschäft revolutionieren. Eine Ware finden, von der man schon abhängig ist, wenn man sie länger als zwei Sekunden anguckt. Irgendwas, das dir nicht mehr aus dem Blut geht, wie PCP, vielleicht mit ein bisschen Prozac als Zugabe, für die Zielgruppe Upper-Class-Weiße – Tusch, eine Droge, die die Loser für den Rest ihres Lebens high macht.« Fariq berührte Winston leicht am Unterarm, wie ein Gebrauchtwagenhändler beim Deal deines Lebens. »Eine mit einem einzigen Schuss lebensverändernde Goldmine. Ewiger Frieden nennen wir das, des Junkies Unkaputtbarer Dauerlutscher. Für so einen Motherfucker mach ich dir den Willie Wonka. Aber hallo.«

Winston schüttelte Fariq ab. »Was hast du denn eingeworfen?«

Unverdrossen redete Fariq weiter, ein paar Oktaven höher, wie ein Infomercial-Pitch beim Teleshopping. »Denk nur, Tuff, was man da als Konsument auf lange Sicht sparen kann!«

Während Fariq weiter laut an seiner Marketingstrategie arbeitete, ignorierte Winston ihn, sah zu, wie sich langsam die Skyline von Manhattan ins Blickfeld schlich, und glitt in einen deprimierten Halbschlaf. Die Bilder der Leichen, die er hinter sich gelassen hatte, flackerten in seinem Kopf auf wie Dias im Biologieunterricht. Er schloss die Augen und fing an, die Leichen zu zählen, die er mit seinen zweiundzwanzig Jahren schon gesehen hatte. Fariqs Großmutter im Beerdigungsinstitut mitgezählt: sechzehn.

Nach warmen Wochenendnächten tauchten auf den Straßen rund um die Kreuzung 109th Street und Fifth Avenue, der Grenze zwischen Spanish Harlem und dem schwarzen Harlem, die Leichen auf wie Regenwürmer nach einem nachmittäglichen Schauer. Manchmal zog der Gerichtsmediziner aus den leer stehenden Wohnungen an der 116th Street Junkies, steif wie Styropor, oder Kinder fanden auf dem Schulweg einen Obdachlosen, der unter der Hochbahn an der Park Avenue erfroren war. Zwei Wochen zuvor hörte Winston auf dem Weg zum Pizzaladen an der Ecke 103rd und Lexington, wo er sich ein italienisches Eis kaufen wollte, die Bremsen quietschen. Er drehte sich um und sah die kleine Ursula Huertas, sieben Jahre alt, wie aus der Zirkuskanone geschossen über die Lexington Avenue fliegen. Dann lag sie in der Gosse, eine zerknautschte Kugel aus schwarzen Haaren und knochigen braunen Gliedern, während ihre Mutter kreischte wie das Lila der Blumen auf Ursulas weißem Sonntagsschulkleidchen. Winston stellte eine Sandelholzkerze in den Pappschrein, den Ursulas Familie an dem Ort aufstellte, wo sie gestorben war. Der Schrein voller brennender Kerzen und allerlei Kitschbildchen der Jungfrau Maria und engelsgleicher Heiliger, die Winston nicht kannte, war einer von vielen Ewiges-Licht-Gedenkstätten, die in Spanish Harlem an den Straßenecken auftauchten und nach zwei Wochen wieder verschwanden.

Die dräuenden Wolkenkratzer Manhattans sahen für Winston inzwischen aus wie Grabsteine für Riesen, und er wurde von einem seltsamen Heimweh erfasst. Nigger sterben überall, das wusste Winston, aber er sehnte sich nach der Tragödie des Vertrauten: sein Bier an einer Straßenecke trinken, wo er die Menschen, denen die gesprayten Ehrenmale galten, die das Viertel sprenkelten, wenigstens vom Hörensagen kannte. Den Kindern zusehen, wie sie Kronkorken über die Grabsprüche auf dem Gehsteig schubsten, wo Nigger Soundso das Zeitliche gesegnet hatte. Trauergemeinden mit dicker Brieftasche bezahlten Graffitikünstler aus dem Viertel für riesige Wandgemälde auf Handball- oder Häuserwänden. Ein überlebensgroßes Porträt des Dahingeschiedenen, dazu Abbildungen von Sportwagen in Neonfarben und die stilisierten Unterschriften seiner Freunde. Der Frauen des Viertels wurde an den Wänden nie gedacht. Winston wünschte, er könnte malen. Er hätte seiner großen Schwester Brenda eine dreistöckige Wandmalerei gewidmet. Winston war zwölf, als Fariq unter seinem Fenster stand und rief: »Komm lieber mit, Nigger, an der Siebzehnten verprügeln sie Brenda.« Als Winston ankam, fuhr der Krankenwagen gerade ab. Er ging an ein öffentliches Telefon, von dem aus man, der Deregulierung sei Dank, für fünfundwanzig Cent überall in den Vereinigten Staaten anrufen und dreißig Sekunden reden konnte. Winston wählte ein Ortsgespräch und rief seine Mutter auf der Arbeit an. »Darf ich bitte mit Mrs Foshay sprechen? … Ma, fahr ins Metropolitan. Wir treffen uns auf der Intensivstation.«

Winston zog einen Filzmarker aus der Tasche und kritzelte zerstreut seinen Graffitti-Tag aus der Grundschule auf das zerfledderte Sitzpolster des Busses: TUFFY 109. »Bist du down, Kleiner?«, fragte Fariq und stieß Winston einen Ellenbogen in die Rippen. »Hier geht es um Fässer voller Geld. Wagenladungen Cash.«

»Das läuft nicht.«

»Und wieso bitte nicht?«

»Weil Süchtige einen Grund wollen, morgens aus dem Bett zu kommen, und Crack oder Heroin oder sonst was ist dieser Grund. Die Pfeife anlecken, das ist so, als würde man sich jeden Tag verlieben – vielleicht noch besser. Kannst du dir vorstellen, wie es ist, morgens aufzuwachen und zu wissen, dass man wieder die ewige Liebe finden wird, sobald man zehn Dollar rangeschafft hat? Dazu darf man beim Aufwachen aber noch nicht verliebt sein. Du musst in einem kalten Zimmer aufstehen, scheißwütend, weil du auf einem flachen Kissen geschlafen hast oder ohne Kissen, ganz sicher, dass du das Leben hasst und das Leben dich. Dann weißt du das High zu schätzen. Das High soll anhalten, aber nicht für immer, yo.«

Fariq knuffte seinen Freund. »Du kennst dich offenbar aus.«

Winston überlegte, ob er beichten sollte, wie er am fünften Todestag seiner Schwester mit Crack experimentiert und vier Tage im Kleiderschrank verbracht hatte, völlig jenseits. Wie ein süchtiger Juwelier hatte er sich die pulverigen Brocken mit einer Pinzette vor das Auge gehalten und all ihre bräunlich weißen Facetten nach Unreinheiten abgesucht. Als ihm das Kokain ausgegangen war, hatte er Brotkrümel und Staubmäuse für makellos rein erklärt und sie sich in die Pfeife gestopft. Am vierten Tag war Winston aufgefallen, dass er zur Zerstreuung mit Papierhandtuchrollen und Vaseline masturbiert hatte, und gab seine Minisucht aus Scham wieder auf. Aber immer wenn Winston die Zeile »I wanna rock right now« aus dem Hip-Hop-Klassiker »It takes two« von Rob Base hörte, wurde ihm die Kehle trocken. Winston drehte sich von Fariq weg und wischte sich die Stirn. »Ich habe keine Ahnung von dem Zeug, aber ich hab die Leute reden hören.«

Fariq schwieg kurz. »Vielleicht brauchen wir für den ewigen Frieden eine Art Retardwirkung wie bei Grippemitteln.«

Winston seufzte, und der Bus kam mit einem Ruck zum Stehen. »Broadway Station, Endhaltestelle.«

Ab da mussten sie den J Train über die Brücke bis zur Canal Street nehmen, dann kam ein langer Fußmarsch durch die modrigen, mit Schleimalgen besetzten Tunnel zum Bummelzug nach Uptown. Im Zug beugte Fariq sich vor und starrte einen älteren Mann im Tweedsakko an, der an der Tür saß. »Kannst du nicht lesen, Motherfucker?«, rief er und zeigte auf einen Aufkleber mit der Aufschrift RESERVIERTFÜRBEHINDERTEUNDSENIOREN. Der Mann stand beschämt auf und bot Fariq höflich seinen Sitzplatz an. Winston lachte, und der Mann, der neben ihm stand, prüfte unauffällig, ob seine Brieftasche noch da war. Winston atmete tief durch, und um dem Herrn keine Kopfnuss geben zu müssen, packte er ihn fest am Handgelenk und grub ihm sein Uhrarmband ins Fleisch. »Das war ein langer Tag, und ich habe heute schon viele Verbrechen begangen. Aber eins geht noch, das tut mir nicht weh. Die Kriminalstatistik sieht gut aus, aber das heißt nicht, dass es keine Kriminellen mehr gibt.« Beim nächsten Halt stürmte der Mann nach draußen. Zwei Sitze weiter versteckte eine Frau ihre Brosche unter ihrer Bluse und drehte ihren Verlobungsring so, dass ihre Handfläche den Glanz des Brillanten verbarg.

»Auf nach Uptown, yo!«

»Ich kann keine Brooklyn-Nigger-Rambos in Camouflage-Hosen mehr sehen.«

»Genau. Scheiß auf Brooklyn.

»Spike Lee, Jackie Robinson, Barbra Streisand, Woody Allen und Mary Tyler Fucking Moore können mich alle an meinem Manhattan-Arsch lecken.«

Winston warf sein letztes Stück Kaugummi ein, sah sich den Comic auf der Innenseite der Verpackung an, der wie immer nicht komisch war, und las seine Weissagung. Nicht nachtragend sein, das versauert dir das Leben. Unbeeindruckt ließ Winston Kaugummiblasen platzen, bis sich die U-Bahn-Türen an der 116th Street auftaten.

2PAQUETES DE SEIS DE BUDWEISER

WIE FRISCH AUS IHREN ERDLÖCHERN in die belebende Kühle der Wüstennacht gekrochene Präriehunde platzte das Duo aus dem U-Bahnhof und stand einfach da, vor dem Anblick von Spanish Harlem, das eben aus seiner frühabendlichen Siesta erwachte. Am Waschsalon spielte ein Quartett aus rüstigen Oldtimern ganz brav Domino. Aus einem Fenster weit oben ergoss sich wilde Salsamusik wie ein puertoricanischer Wasserfall. Sie riss Winston aus seiner Trance, und er planschte fröhlich in den Latin-Rhythmen herum, dribbelte und sang hüftwackelnd mit. No tengo miedo, tengo bravura, tú y yo, tenemos amor pura. Winston war wieder da!

»Das ist Hector Lavoe.«

»Bei dir ist alles Hector Lavoe. Das ist der einzige spanische Sänger, den du kennst. Könnte auch Marco Manteca von um die Ecke sein.«

»Geh erst mal die Unterhose wechseln. Du stinkst.«

Fariq holte seine Reserveunterhose heraus und marschierte im Kansas Fried Chicken aufs Klo. Winston ging direkt in den T&M Tienda, »Dos paquetes de seis de Bud, por favor«, dann stürzte er sich wieder ins nächtliche Treiben und zog sich die graue Kapuze seines Hoodies über den Kopf. Als Fariq mit Reinemachen fertig war, zog das Duo in Richtung 3rd Avenue ab, Fariq immer voller Neid, weil Winston im Gehen trinken konnte, er aber warten musste, bis sie am Ziel waren, bevor er an sein Bier kam. Winston blieb stehen und hielt Fariq die Dose an die Lippen. Fariq nahm zwei Schlucke.

»Mein Brother.«

»Lecker, oder?«

»Aber hallo.«

Entschlossen wischte Winston Fariq mit dem Daumen den Schaum aus den Mundwinkeln. Er überlegte, ob er Fariq von der Pistole erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. Wenn die Leute erst wussten, dass man eine Waffe hatte, war das genauso wie bei einem Auto – alle bettelten einen an, weil sie es ausleihen wollten, alle wollten, dass du ihnen das Leben verschönerst. Winston deutete auf ihren üblichen Saufplatz am leeren Schwimmbecken im Jefferson Park. Sie liebten es, am Beckenrand zu sitzen und die Beine baumeln zu lassen, in seligem Gedenken, wie sie im flachen Wasser abwechselnd an Henrietta Robles rumgemacht hatten. Für ein bisschen Fummeln ohne Gucken hatte Fariq sogar Rost an den Beinschienen riskiert.

Vier Biere, vielleicht fünf, schätzte Winston, dann würde Fariq ihm genug Geld leihen, um über den Monat zu kommen. An Winstons Hüfte vibrierte es, und er blickte auf seinen Beeper hinab, der die Nummer aufleuchten ließ. So wie Winston das Gesicht verzog, wusste Fariq, wer ihn angepiepst hatte. »Geh mal lieber nach Hause, Nigger, du bist jetzt Vater.«

»Mhmm.«

Winston schaltete den Beeper aus, würgte noch ein Bier aus dem Plastikkorsett und dachte zurück an den Sonntag vor vielen Jahren auf Coney Island, an den Weg zurück vom Höllenpfuhl, weinend und auf die Cousins und Cousinen schimpfend. Er wusste noch, wie sein Vater versucht hatte, ihn mit leeren Versprechen zu beruhigen. Das war der letzte Tag, an dem er geweint und an dem sein Vater ihn an der Hand gehalten hatte.

In einem großen Strahl rann das Bier Winston die Kehle hinunter und stieg ihm in die Nase. Mit der halb leeren Dose zeigte Winston auf das Sprungbrett. »Weißt du noch, als Raymond Vargas von dem Scheißteil gesprungen ist und sich an der Vorderkante den Mund aufgeschlagen hat?«

»Yeah, der wollte immer Kunstspringer bei der Olympiade werden. Hat immer ganz vorn an der Kante rumgetänzelt und gerufen: ›Das ist ein eineinhalbfacher dominikanischer Flucht-aus-dem-Ghetto-Salto mit Tränen-auf-dem-Goldmedaillen-Treppchen-bei-der-Nationalhymne-Schraube. Schwierigkeitsgrad: dass Weiße nicht glauben, dass Nigger schwimmen können.‹ Und rumms lag der Kleine unten auf dem Beckenboden, bewusstlos und ohne Zähne. Bist du nicht runtergetaucht und hast ihn wieder raufgeholt?«

»Mhmm. Einen Monat danach habe ich Raymond den Kiefer noch mal gebrochen, weil er gesagt hat, ich sähe beim Schwimmen wie ein großer schwarzer Ölfleck aus.«

Unter Mühen stemmte Fariq sich auf die Beine, trank sein Bier aus und golfte die leere Dose dann mit einer Krücke weit ins Becken. Einen Meter vor dem Abfluss blieb sie liegen, und Fariq ahmte das angespannte Flüstern eines Sportkommentators nach: »Und damit ist Fariq nur noch einen Schlag unter Par.«

»Setzen, du machst mich nervös.«

Fariq setzte sich wieder hin. »Tuff?«

»Was denn?«

»Golf, ist das Spiel oder Sport?«

»Du hast ja Hummeln im Arsch. Entspann dich mal, Alter. Guck dir die Sterne an. Also, wenn du auf dem Profilevel eine Armbanduhr tragen kannst – Golf, Tennis, Bowling –, dann ist das Spiel oder Zeitvertreib und kein Sport.«

»Ich wollte nur sagen, gute Pflege heute. Danke, mehr nicht.«

Beschämt nickte Winston Fariqs Dankesbekundung ab. Dann folgte er seinem eigenen Rat, legte sich am Beckenrand auf den Rücken und richtete den Blick auf die zwanzig und ein paar zerquetschten Sternchen, die man im Dunst der New Yorker Nacht ausmachen konnte. Er benutzte die Dose, die er auf seinem Bauch abgestellt hatte, als Sextant, berechnete seinen Kurs durch das schwarze Meer über sich und schlüpfte aus seiner irdischen Hülle, um dem ganzen Wahnsinn zu entkommen.

FLUGHÖHEZEHNMETER: Ich schwebe neben einer älteren Frau, die aus ihrem Fenster im zweiten Stock guckt, die Ellenbogen auf ein Badehandtuch gestützt, und mit nichts als einem hauchdünnen Slip am Leib die Straße im Blick hat wie eine Großstadteule.

ZEHNTAUSENDMETER: Ich fahre mit E.T., dem Außerirdischen,Tandem. Ich sitze hinten, E.T. steuert uns durch zigarettenrauchdünne Wolkenschleier. Ich sage: »Tritt in die Pedale, diese lästigen Weißenkinder holen auf.«

EINEMILLIONMETER: Die Erde sieht aus wie mit Schleifpapier glatt geschmirgelt. Der Himalaya ist genauso hoch wie der Indische Ozean und der Grand Canyon. Der ganze Planet sieht im Sonnenlicht aus wie mit Glanzlack überzogen.

EINEMILLIARDEMETER: Ich bin auf dem Mond. Ich schließe die Mondbuggys kurz und mache eine Spritztour vom Meer der Ruhe an die Bucht der Regenbögen.

ZEHNMILLIONENMEILEN: Von hier aus ist die Erde nur noch eines von vielen kleinen Mottenlöchern in einem zerlumpten interstellaren Theatervorhang. Wann fängt die Show endlich an?

HUNDERTMILLIONENMEILEN: Ich reagiere allergisch auf den Sternenstaub im Asteroidengürtel und muss niesen. In fünfzig Jahren wird in der Wüste ein Meteor mit meinem Nasenschleim einschlagen, und die Wissenschaft dreht durch.

EINE MILLIARDE MEILEN: Der Ring des Saturn ist die Krempe am schief aufgesetzten Hut vom Zuhälter des Sonnensystems. Ich setze auf die Bitches Venus und Uranus.

ZEHNMILLIARDENMEILEN: Ich überlasse die Boombox den Weiten des Alls, auf atmosphärisches Rauschen eingestellt. Die Sternbilder und ich lauschen einem Mitschnitt von 1937. »Einen guten Abend der Ostküste, der Westküste einen guten Morgen. Diese Folge ultramoderner Rhythmen kommt für Sie aus dem Savoy Ballroom, bekannt als Home of the Happy Feet, beheimatet in Uptown New York City. Hier sind Count Basie und sein Orchester, Billie Holiday singt »They can’t take that away from me«. Die Sternbilder tanzen den Jitterbug, als Teilnehmer des Tanzmarathons, der seit Anbeginn der Zeiten läuft. Orion schwingt Kassiopeia um seine Hüften. Ich werfe Andromeda zwischen meinen Beinen hindurch.

EINEBILLIONMEILEN: Die Farben verblassen. Alles ist schwarz-weiß. Mein Geist hat die Ausdehnung des Universums. In einem fernen Salon hält mein Vater Hof, berät sich mit den Poeten der Antike und sagt: »Siehst du, hab ich dir doch gesagt, alles ist alles.«

EINLICHTJAHR: Zeit, die Papa gebraucht hat, die erste Unterhaltszahlung zu schicken.

HUNDERTLICHTJAHRE: Keine Tiefenwahrnehmung mehr. Alles im Universum sieht aus wie eine Armlänge entfernt. Man muss ganz vorsichtig mit dem Universum umgehen, wie mit der ältesten Schallplatte der Sammlung. Vorsichtig ziehe ich es aus einer verschlissenen Papphülle. Ich halte es an den Rändern und puste auf seine zerkratzte Oberfläche. Einmal umgedreht, noch mal pusten, und aus dem Staub der B-Seite wird eine neue Galaxie. Wie sich die Schöpfung wohl anhören würde, wenn man sie auf einen Plattenspieler legen könnte?

EINTAUSENDLICHTJAHRE: Ich sehe die Seelen von Demetrius, Zoltan und Chilly Most auf der Suche nach den ewigen Jagdgründen. »Wo sind wir? Alpha Centauri, Nigger, aber wir müssen nach Alpha Cygni! Gib mir die Karte, Motherfucker!«

»Kannst du da oben deinen Himmel sehen?« Fariq hatte seine Krücken am Maschendrahtzaun zum Kreuz geformt und sich davor aufgebaut. Die Beine an den Knöcheln überkreuzt, die Arme seitlich ausgestreckt, in einer Hand eine Dose Bier, in der anderen eine Zigarette, fing Fariq an zu brüllen, und seine Stimme hallte durch den leeren Park: »Bier und Fisch für alle! Wer hat mich verraten? Judas? Wusste ich’s doch – habgieriges Arschloch! Bevor ich sterbe, gebe ich euch noch diesen letzten heiligen Rat: Lasst euch in der Öffentlichkeit nie, nie von einem Nigger küssen.«

Winston zog die Kappe von seinem Marker, rammte Fariq den Unterarm in die Kehle und schmierte ihm etwas auf die gerunzelte Stirn. Dann trat er einen Schritt zurück und bewunderte sein Werk. »So, jetzt bist du Jesus.« Fariq benetzte sich die Hände mit Bier und versuchte, sich das tintenschwarze Gekritzel von der Stirn zu wischen. »Echt jetzt, Alter, was hast du geschrieben?«

»I-N-R-I.«

»Was heißt das?«

»Weiß ich nicht, steht aber immer oben über allen Jesus-am-Kreuz-Bildern, die ich gesehen habe. Ein Rastatyp hat mir mal erzählt, es heißt: ›Ich Nigger Regiere I-wig.‹«

Fariq hörte mit dem Stirnabwischen auf. »I-wig? Was soll der Scheiß denn?«

»Keine Ahnung. Ich dachte, du weißt es vielleicht. Klingt nach dem Five-Percenter-Irrsinn, den du immer brabbelst: ›Der weiße Mann ist der Teufel.‹«

Fariq drehte auf seinem Klumpfuß eine Pirouette und zog die Krücken aus dem Zaun. Er wollte sich gerade aufrichten, als er aus dem Gleichgewicht kam, wankte und die Gehstöcke fallen ließ. Noch bevor er sie wieder aufheben konnte, hatte Winston die Metallstabilisatoren an sich gerissen, wedelte Fariq mit den Pfählen vor dem Gesicht herum und gackerte: »Besoffen?«

»Lass die Scheißteile fallen, Fettsack. Kann ich mir selber aufheben.«

»Fettsack?«

Winston warf Fariq die Eisenpfähle ungefähr drei Meter vor die verdrehten Beine. »Hol das Stöckchen, du Arsch. Wenn Jesus auf dem Wasser wandeln konnte, wird ein falscher Jesus ja wenigstens auf zwei Beinen laufen können.« Sofort ließ Fariq den Zaun los und stolperte tapfer voran, die Füße so stark nach innen gedreht, dass sie an den Zehen aneinanderstießen, die dünnen Beine x-förmig angewinkelt. Die Füße am Boden krampfte er sich drei Schritte vorwärts, hielt an und atmete aus. Winston konnte nicht an sich halten. »Warum hältst du den Atem an? Das ist doch kein Tauchgang – atme.«

»Guck mir nicht beim Gehen zu«, warnte Fariq Winston. »Ich hasse das, wenn Motherfucker mir beim Gehen zugucken.«

»Du gehst ja gar nicht, Nigger. Du machst Eislaufen oder so was. Du wackelst, als hätten wir ein Erdbeben, und du bist der Einzige, der es spürt.«

Fariq warf sich auf seine Krücken wie auf Dollarscheine, die auf der Straße lagen, und drückte sich die Stützen an die Brust, bevor der Wind sie davonwehen konnte. »Ich hab dir doch gesagt, dass ich laufen kann.«

»Gib nicht so damit an, Jesse Owens, sonst rufe ich morgen auf dem Sozialamt an und lass dir die Invalidenrente streichen. Komm, wir holen uns noch was zu saufen.«

Schweigend gingen sie zurück zum Laden und lauschten dem Lärm dessen, was in der Stadt als ruhige Nacht durchging. Eine Straßenlaterne brummte und knisterte. Ratten bestiegen Berge aus Müllsäcken. Der Gegenwind blies den Jungen Papiere und Schutt um die Füße. Eine Parteienwerbung für die bevorstehende Wahl blieb an Winstons Brust hängen. Er riss sie sich ab. Auf dem Flyer stand: vota wilfredo cienfuegos, democrat por councilman distrito 8. septiembre 9th. ¡pare la violencia! Pare la violencia: Stoppt die Gewalt – ein Spruch, der vor dem Zwischenfall von Brooklyn für ihn zum ökumenischen weißen Rauschen gehört hatte, das er seit der Grundschule kannte. Nicht rauchen. Sag Nein zu Drogen. Safer Sex. Sei deinem Kind ein guter Vater. Kein Alkohol am Steuer. Pare la violencia. Winston hatte kein Problem mit Mr Cienfuegos’ Vorschlag, aber sehr praktisch fand er ihn nicht. Wie denn?, fragte er sich. Würde das leidenschaftliche Plädoyer eines Politikers Winston zum Pazifisten machen? Hätte Wilfredo Cienfuegos die Killer in Brooklyn überzeugen können, die Waffen sinken zu lassen und einem Krüppel und einem faulen Sack den Abgang mit dem Geld aus Bed-Stuy in der Tasche zu erlauben, als Nutznießer der freien Marktwirtschaft im Ghetto?

Winston aber hatte sehr wohl die Power, der Gewalt ein Ende zu machen. Wenn er zu gewalttätigen Auseinandersetzungen dazukam, hörten die Beteiligten oft auf zu prügeln, weil sie nicht wussten, auf wessen Seite Tuffy, die Supermacht des Viertels, eingreifen würde. Winston sah sich selbst mit Schlips und Kragen vor sich, sein Gesicht auf das politische Flugblatt kopiert. Aber rasch entglitt ihm dieser Tagtraum wieder. In seinem Kopf verwandelte sich der Flyer in ein vergilbtes Wanted-Plakat aus dem Wilden Westen: »Wanted als Stadtteilverordneter im Achten Bezirk – Winston Foshay. Gewalt ist die Lösung!« Winston überließ das Flugblatt wieder dem Wind. Aber ich würde einen ziemlich geilen Politiker abgeben. Wie ein Bumerang kam der Zettel zu ihm zurückgeflogen und klebte ihm an der Hüfte wie eine Hauskatze, die Angst vor der Wildnis des Hintergartens hat. Winston faltete den Flyer zusammen und stopfte ihn sich in die hintere Hosentasche.

»Tuff, das waren alles tote Leichen, mausetot.«

»Jep.«

»Wir leben noch.«

»Jep.«

»Culture cipher, Brother. Das Urmanifest des schwarzen Mannes als elementare Hierarchie der Dichotomie von Erde und Sonne …«

»Kein Wort mehr.«

»Yacub …«

»Im Ernst jetzt, kein Wort mehr.«

Fariq gab seinen Versuch auf, Winston zu erleuchten und ihm die Wege der weisen, geheiligten Five Percenter nahezubringen, und dachte sich als Beschäftigungstherapie für seinen hyperaktiven Geist weitere mögliche Bedeutungen von I-N-R-I aus. Im Notfall Ratlose Innigkeit. Infame Nekrophilie, Religiöse Inkontinenz. Irgendwie Natürliche Rotfront-Intrige. Ist Nichts Richtig Igitt?

»Tuff, ich wette, I-N-R-I ist was Lateinisches.«

Tuffys Kopf steckte tief im Nachtverkaufsfenster des Ladens, er versuchte, durch drei Zentimeter Plexiglas hindurch mit dem Besitzer zu reden; falls er Fariq gehört hatte, antwortete er nicht.

Ich Nigger – Rausch Immer.