Ulrich Zwingli - Diethelm G. Finsler - E-Book

Ulrich Zwingli E-Book

Diethelm G. Finsler

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Beschreibung

Ulrich Zwingli war ein protestantischer Reformator und neben Luther und Calvin wichtigster Vertreter der Reformation. Geboren am 1. Januar 1484 in Wildhaus in der Schweiz wurde er 1519 als Priester an den Züricher Großmünster berufen. Durch das Lesen von Luthers Schriften beeinflusst kritisierte Zwingli öffentlich die römisch-katholische Kirche, den Kirchenzehnten und das Eheverbot für Priester. Besonderes Aufsehen erregte seine Billigung eines öffentlichen Wurstessens während der Fastenzeit 1522, obwohl das Essen von Fleisch in der Passionszeit untersagt war. Zunächst strebte Zwingli eine schrittweise Aufhebung der alten Kirchenbräuche an und die allmähliche Einführung einer neuen Gottesdienstordnung. Der Versuch die Reformation durch ein Bündnis von Luther und Zwingli europaweit zu bündeln, scheiterte am unterschiedlichen Abendmahls-Verständnis. Später ging Zwingli bei den Reformen in Zürich radikaler vor. Besucher wurden zum Gottesdienstbesuch gezwungen, Gegner wurden der Stadt verwiesen und Täufer hingerichtet. 1531 brach ein Krieg zwischen reformierten Orten und Romtreuen aus, bei dem Ulrich Zwingli als Feldprediger mit dem Schwert in der Hand starb.

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Ulrich Zwingli

Der Zürcher Reformator

Diethelm G. Finsler

Impressum

© 1. Auflage 2019 ceBooks.de im Folgen Verlag, Langerwehe

Autor: Diethelm G. Finsler

Cover: Caspar Kaufmann

ISBN: 978-3-95893-220-3

Verlags-Seite und Shop: www.ceBooks.de

Kontakt: [email protected]

 

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Inhalt

Titelblatt

Impressum

1. Zwinglis Jugendzeit

2. Zwingli in Glarus und Einsiedeln

3. Zwinglis Anfänge in Zürich

4. Vorläufige Kämpfe

5. Die Religionsgespräche

6. Die Durchführung der Reformation

7. Zwinglis persönliches und Familienleben

8. Wiedertäufer und Bauern-Unruhen

9. Zürichs Verwicklungen mit den Eidgenossen

10. Von der Berner Disputation bis zum ersten Kappeler Krieg

11. Das Religionsgespräch in Marburg und seine Folgen

12. Der zweite Kappeler Krieg. Zwinglis Tod

13. Zwinglis Charakterbild

Unsere Empfehlungen

1. Zwinglis Jugendzeit

Zuoberst im Toggenburg an der Wasserscheide des Rhein- und Ruhrgebietes, in wild romantischer Umgebung des Gebirges liegt Wild Haus.

Das Dorf gehörte früher nicht zum Toggenburg, sondern bildete einen Teil der Pfarrei Gambs im Rheinthal. Mindestens schon zu Anfang des 14. Jahrhunderts besaßen die Edlen von Sax das Schloss oder Haus Wildenburg und gaben der Ansiedlung um dasselbe her den Namen zum Wildenhaus. Im Jahre 1313 verkauften sie die Wildenburg mit ihrer Umgebung an die Grafen von Toggenburg.

Die Herren von Raron, in deren Besitz nach dem Tod des letzten Grafen das Toggenburg überging, bestätigten und vermehrten die alten Freiheiten der Gemeinden und gewährten ihnen ein Vorschlagsrecht für die Stelle des Ammanns. Auch der Abt von St. Gallen, welcher 1468 die Herrschaft über das Toggenburg erkauft hatte, bestätigte diese Rechte. Bei ihrer Wildenburg hatten die Herren von Sax eine Kapelle erbaut, für welche später wegen der weiten Entfernung von Gambs die Stelle eines Frühmessers, d. h. eines Kaplans, der täglich die Frühmessen zu halten hatte, gestiftet wurde. Das Recht, diesen Frühmesser zu wählen, ging später durch Kauf an die Wildhauser über und diese wählten als ihren ersten Frühmesser 1484 Bartholomäus Zwingli, den Oheim unsers Zwingli.

 

 

In dem kleinen Haus, dessen Bild hier beigegeben ist, dem sogenannten Lisighause, erblickte Ulrich oder Huldreich Zwingli als der dritte von acht Söhnen (zu denen noch zwei Töchter kamen) des Ammanns Ulrich Zwingli und der Frau Margaretha. Meili, der Schwester des nachmaligen Abtes von Fischingen, das Licht der Welt am 1. Januar 1484.

Er berichtet wenig von seiner Jugend; nur einmal erwähnt er seiner Großmutter, die ihm oft eine Heiligengeschichte, also auch wohl deren mehrere, erzählt habe, jedenfalls ein Zeichen, dass sie in ihrer und der Weise ihrer Zeit den frommen Sinn des Knaben zu wecken suchte. Die frische und freie Luft, der Anblick der großartigen, das heimatliche Dorf umgebenden Alpenwelt konnte nicht ohne wesentlichen Einfluss auf den Knaben bleiben. Dass er in seiner Jugend das Leben der Natur belauscht, das hat er später in der Schilderung einzelner Züge aus dem Tierleben gezeigt, in denen er das wunderbare Wirken Gottes sieht. Aber die Umgebung, in der er aufwuchs, wirkte, wie es bei den Bergbewohnern überhaupt der Fall ist, weniger auf das Gemüt, wohl aber stählte sie den Charakter. So finden wir später bei Zwingli neben einem etwas derben Wesen eine unbeugsame Willenskraft, ohne welche er nie im Stande gewesen wäre, ein solches Lebenswerk zu vollbringen.

Aber auch die geistige Luft, die er einatmete, war eine freie. Das Völklein in Wildhaus war sicher stolz auf seine neu erworbenen Rechte, und dass Ammann und Pfarrer der gleichen, vom Völklein bevorzugten Familie angehörten, gab dieser Rang und Gewicht. So mochte beides dem Knaben sich einprägen: die Bedeutung des freien Volkswillens und die Freude, von demselben gehoben und getragen zu sein. Ohne Zweifel hörte der Knabe auch vieles von den kurz vorangegangenen Burgunderkriegen und von dem wachsenden Ansehen der Eidgenossen im Ausland und fand darin Nahrung für seinen aufkeimenden Patriotismus.

Wer in jener Zeit viele Söhne hatte, der widmete gewöhnlich einen von ihnen dem geistlichen Stand. So wurde auch Zwingli, gewiss mit besonderer Rücksicht auf seine Begabung, für den geistlichen Stand bestimmt und kam in Folge dessen zu seinem Oheim, der inzwischen Pfarrer und Dekan in Wesen geworden war. Dieser unterrichtete zwar seinen Neffen nicht selbst, sondern übergab ihn einem Lehrer, der indessen den begabten Schüler bald nichts mehr zu lehren wusste.

Daher wurde der zehnjährige Zwingli nach Basel gebracht zu Gregorius Bünzli bei St. Theodor, einem gelehrten und freundlichen Mann. Die Lehrfächer waren Latein, Musik und Dialektik. Unter der letztem verstand man die Aufstellung von Regeln für ein richtiges Denken, die dann in häufigen Disputationen geübt wurden. Allein es handelte sich dabei mehr um allerlei Spitzfindigkeiten, als um wirkliche Erkenntnis der geistigen Dinge. In derselben Weise wurde auch die Theologie gelehrt. Die kirchliche Lehre war festgestellt und eine Prüfung derselben an der heiligen Schrift nicht gestattet. Darum wurden auch hier allerlei spitzfindige Fragen erörtert, welche mit dem Wesen des Christentums wenig oder keinen Zusammenhang hatten und noch weniger im Stande waren, ein wirklich frommes Leben zu fördern. Man nennt diese ganze Weise die Scholastik, d. h. ein bloßes Schulwissen, das für das Leben fast keinen Wert hatte.

Mit Glück und Erfolg vollendete Zwingli den vorgeschriebenen Lehrkurs in Basel. In den Disputierübungen übertraf er seine Altersgenossen, so dass er oft den Sieg davontrug, und auch in der Musik zeichnete er sich über sein Alter aus.

Jetzt schickten ihn die Seinigen nach Bern. Hier hatte Heinrich Wölflin oder Lupulus eben eine Schule der schönen Wissenschaften eröffnet, die erste in der Schweiz. In Italien zuerst war das Bedürfnis erwacht, im Gegensatz gegen die verknöcherte Kirchenlehre wie gegen eine langweilige Grammatik, die niemals in den Geist der Schriftsteller einführte, eine neue Welt des Geistes zu suchen. Man fand sie in den neuerdings auf Licht gezogenen Werken der griechischen und lateinischen Schriftsteller. Die Dichterwerke öffneten den Blick in eine vergangene Zeit, in welcher bei einer heiteren Lebensauffassung der Sinn für das Schöne, für Kunst und Poesie blühte, in der das allgemein Menschliche als das Höchste erfasst und gepriesen wurde – und die Geschichtschreiber führten jene Zeiten, in denen Griechen und Römer so groß gewesen waren, wieder lebendig vor die Seele und weckten den Wunsch nach besseren politischen Zuständen. Im Gegensatz zur Scholastik nannte man diese Geistesrichtung den Humanismus.

Wölflin führte also seine Schüler in die alten Schriftsteller ein, indem er ihnen den Sinn derselben aufschloss, ihren Geschmack und ihr Urteil bildete, und sie statt in barbarischem Mönchslatein in dem edlen Stil nach dem Muster der Alten in Prosa und Poesie übte. Der Plan der Dominikanermönche, den begabten jungen Sänger für ihren Orden zu gewinnen, veranlasste Vater und Oheim, Zwingli von Bern sofort abzurufen und ihn auf die hohe Schule nach Wien zu schicken. Sie wollten nicht, dass er in einem Kloster das bereits gewonnene Pfund wieder vergrabe; er sollte seine humanistische Bildung weiter fortsetzen.

Hierzu war Wien der geeignete Ort. Was Wölflin in Bern im Kleinen betrieb, das wurde in Wien in größerem Umfang geübt; daneben fehlte es nicht an Pflege der alten scholastischen Weltweisheit und Theologie.

So wenig Näheres uns von Zwinglis Aufenthalt in Wien bekannt ist, so wissen wir doch so viel, dass er denselben gut benutzte, dass er seine Kenntnisse nach allen Seiten hin weiter entwickelte und sich auch hier im Disputieren hervortat. Von Bedeutung für sein späteres Leben war die Bekanntschaft mit Vadian (Joachim von Watt), dem nachmaligen Bürgermeister und Beförderer der Reformation in St. Gallen. Damals stand dieser, von Kaiser Maximilian als Dichter gekrönt, der Universität Wien als Rektor vor. Aber auch Zwinglis spätere erbitterte Gegner Faber und Eck waren hier seine befreundeten Studiengenossen.

Nach zweijährigem Aufenthalt kehrte Zwingli, erst etwa zwanzig Jahre alt, von Wien nach Basel zurück und ließ sich daselbst nieder, um als Lehrer des Lateinischen an der St. Martinsschule das bisher Gelernte zu verwerten und zugleich an der Hochschule weiter zu studieren. Jenes gelang ihm in vortrefflicher Weise und mit den Fechterkünsten der scholastischen Weltweisheit und Theologie, die in Basel den Humanismus nicht aufkommen ließen, gab er sich fleißig ab, was ihm später bei der Bekämpfung derselben von großem Nutzen war. Seine Tüchtigkeit erwarb ihm 1506 die Würde eines Magisters (Meisters) der freien Künste oder der Weltweisheit. Daneben war er ein Freund heiterer Geselligkeit und wusste durch sein freundliches und angenehmes Wesen jedermann für sich zu gewinnen. Namentlich verschaffte seine musikalische Begabung – er spielte neben etwa neun Instrumenten besonders die Laute vortrefflich – ihm und anderen vielen Genuss.

In Basel nahm aber Zwingli noch ein Saatkorn in sich auf, das erst später aufgehen und Frucht bringen sollte. Von Thomas Wyttenbach aus Biel, der als Lehrer nach Basel gekommen war, vernahm er Andeutungen, welche gleicher Weise über die Scholastik wie über den Humanismus hinausgingen. Wyttenbach weissagte, dass die alte Lehre der Kirche werde erneuert werden, wie sie von den Kirchenvätern aus der heiligen Schrift überliefert sei, und redete insbesondere wider den päpstlichen Ablass. Zwingli selbst versichert, dass er zuerst von diesem Mann unterrichtet worden sei, nicht auf die Schlüsselgewalt der Kirche d. h. auf die von ihr in Anspruch genommene Macht der Sündenvergebung zu vertrauen; denn nur im Tode Christi liege das Lösegeld für die Vergebung der Sünden und daher sei der Glaube allein der Schlüssel, welcher den Menschenherzen den Schrein der Vergebung der Sünden ausschließe.

2. Zwingli in Glarus und Einsiedeln

Bis jetzt hatte es den Anschein gehabt, als ob Zwingli sich ganz der Schule zuwenden wollte; er hatte sich nicht einmal darum bemüht, die Priesterweihe zu empfangen. Als er aber 1506 die Berufung zum Pfarrer in Glarus erhielt, nahm er dieselbe an, offenbar in dem Bestreben, einen Wirkungskreis zu finden, in welchem er mit dem Volk in Berührung käme und seine Gaben besser verwenden könnte, als in einer kleinen Schule. Jetzt ließ er sich vom Bischof in Konstanz zum Priester weihen; und nachdem er in Rapperswyl seine erste Predigt und im Herbst in Wildhaus seine erste Messe gehalten, trat er gegen Ende des Jahres sein Pfarramt in der Kirche zu Glarus an, zu welcher damals fast der dritte Teil des Landes gehörte.

Eifrig suchte er sich selbst weiter zu bilden. Er lernte einen späteren lateinischen Schriftsteller auswendig, um die zahlreichen geschichtlichen Notizen, die derselbe gibt, leicht verwenden zu können. Besonders aber lernte er mit unermüdlichem Eifer Griechisch, was bei den geringen Hilfsmitteln der damaligen Zeit ohne den Unterricht eines Lehrers keine leichte Sache war. Er wollte das Neue Testament in der Ursprache studieren und erreichte sein Ziel auch glücklich. Um sich recht in das Verständnis der neutestamentlichen Schriften einzuarbeiten, schrieb er später die Briefe des Apostels Paulus in der Ursprache ab und lernte sie auswendig, indem er zugleich die wichtigsten Erklärungen der Kirchenväter an den Rand seines Manuskriptes schrieb.

Es konnte nicht fehlen, dass aus dieser Beschäftigung mit dem Neuen Testamente jene Keime, die Zwingli schon in Basel in sich aufgenommen hatte, zu weiterer Entfaltung gelangten. Dennoch war von reformatorischen Gedanken noch keine Rede bei ihm; die Missbräuche der Kirche erwähnte er nie oder nur selten. Er wollte vielmehr, dass die erkannte Wahrheit selbst ihren Dienst tue an den Herzen der Zuhörer. Dieser Dienst aber konnte für einmal nur in einer Weckung und Belebung des frommen und sittlichen Sinnes innerhalb der vorhandenen Kirchenformen bestehen. Einige Andeutungen über sein inneres Leben in der damaligen Zeit gibt uns Zwingli selbst. Er erwähnt ein Gedicht des in Basel lebenden gelehrten Erasmus, das er um diese Zeit gelesen, „in welchem sich Jesus in gar schönen Worten beklagt, dass man nicht alles Gute bei ihm suche, da er doch die Quelle des Guten sei, ein Heiland, Trost und Schutz der Seele. Hier habe ich gedacht: warum suchen wir Hilfe bei der Kreatur?“ (Er meint die Bilder, die Messe usw., denen man eine göttliche Wirkung zuschreibe, obgleich sie eine solche nicht haben). Und noch bestimmter äußert er sich im Rückblick auf diese Zeit: „Als ich anhob, mich an die Heilige Schrift zu halten, wollte mir die Philosophie und Theologie der Zänker immer Einwürfe machen. Da kam ich zuletzt dahin, dass ich – jedoch unter Anleitung der Schrift und des Wortes Gottes – gedacht: du musst das alles liegen lassen und die Meinung Gottes lauter aus seinem eigenen einfältigen Wort lernen. Da hob ich an, Gott zu bitten um sein Licht, und fing mir die Heilige Schrift an viel leichter zu werden, als wenn ich viele Kommentare und Ausleger gelesen hätte.“

Wie wenig aber Zwingli trotzdem ein Sinn daran kam, etwas gegen die bestehende Kirche zu unternehmen, das sehen wir auch daraus, dass er unbefangen und dankbar vom Papst ein Jahrgeld annahm, das seinen spärlichen Gehalt aufbesserte, und umgekehrt nahm der Papst keinen Anstand, den jungen Gelehrten zu unterstützen, so wenig sich derselbe durch kirchlichen Eifer auszeichnete, in der Hoffnung, ihn doch noch für die päpstlichen Interessen zu gewinnen. Als aber diese Absicht deutlicher hervortrat, lehnte Zwingli nicht nur glänzende Anerbietungen ab, sondern entledigte sich auch des bescheidenen Jahrgeldes und damit einer Bürde, die ihn nach seinem eigenen Zeugnis oft gedrückt hatte. (1520).

Zwingli beschränkte übrigens seine Wirksamkeit nicht auf die Predigt, sondern er fand auch Zeit, Jünglinge aus edlen Geschlechtern in den Wissenschaften zu unterrichten und in ihnen einen Eifer zu wecken, der eben so groß und andauernd war, als die Liebe und Verehrung dieser jungen Männer gegen ihn, so dass auch nach dieser Seite hin der Grund für eine bessere Zukunft gelegt wurde. Selbst Aegidius Tschudi, der schweizerische Geschichtsschreiber und Gegner der Reformation, wurde doch nie ein persönlicher Gegner seines früheren Lehrers.

Sehen wir so Zwingli, ohne dass er es noch selber weiß, die ersten Schritte tun auf der Bahn, die er später mit vollem Bewusstsein betrat, so war das in anderer Hinsicht auch mit seiner Teilnahme an zwei Feldzügen nach Italien der Fall.

Die Eidgenossen .hatten ursprünglich an den Kämpfen in Oberitalien im eigenen Interesse Anteil genommen, um sich die Handelsstraße nach Italien offen zu halten, und zu diesem Zweck waren auch die italienischen Vogteien (im heutigen Kanton Tessin) erworben worden. Bald aber mehrte sich ihr Kriegsruhm derart, dass in den stets wiederkehrenden Kriegen jede der kämpfenden Mächte ihren Beistand begehrte, weil jede hoffte, mit demselben zu siegen. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtete Zwingli die Sache, als er 1512 mit dem Fähnlein der Glarner als Feldprediger den Kriegszug der Eidgenossen nach Pavia mitmachte, auf welchem sich dieselben durch Besiegung der Franzosen und Einsetzung des jungen Herzogs Sforza in sein mailändisches Erbe Ruhm und Ehre erwarben. Aber bald überzeugte er sich von dem tiefgreifenden Schaden dieses Reislaufens und der Pensionen, mit denen die fremden Mächte die regierenden Herren in der Eidgenossenschaft zu gewinnen suchten, und seine Überzeugung wurde befestigt, als er es mit ansehen musste, wie in der Riesenschlacht bei Marignano 1515 die Bestechlichkeit und Treulosigkeit eines Teils der Eidgenossen die Hauptschuld trug an der furchtbaren Niederlage derselben. Umsonst hatte er wenige Tage vorher in Monza dem eidgenössischen Heer Frieden und Eintracht gepredigt. Von jetzt an trat Zwingli entschiedener gegen all das Unwesen auf, das sich immer mehr entfaltete und wie eine Schlingpflanze alles gesunde Leben in der Eidgenossenschaft zu ersticken drohte. Auch in Glarus machte es sich geltend, so dass Zwingli schon nach dem Pavierzug an Vadian schrieb: „Täglich sind Gesandte anzuhören, bald von Seite des Papstes, bald von Seite des Kaisers, Mailands, Venedigs, Savoyens, Frankreichs.“

Es kann uns nicht wundern, dass Zwingli mit diesen Ansichten, die er wohl auch in seinen Predigten aussprach, auf starken Widerstand stieß, und wir begreifen es, dass er, da auch hinsichtlich seiner Rechtgläubigkeit Zweifel sich zu äußern anfingen, im Jahr 1516 die untergeordnete Stelle eines Leutpriesters (d. h. des mit dem eigentlichen Pfarramt, mit Predigt und Seelsorge beauftragten Geistlichen) in Einsiedeln annahm – er wollte sich in die Stille zurückziehen. Jedoch gab er seine Pfarrstelle in Glarus noch nicht förmlich auf, sondern ließ sie durch einen Vikar versehen. Auch in Einsiedeln finden wir noch kein eigentlich reformatorisches Vorgehen Zwinglis. Zwar gelangte er jetzt durch sein Bibelstudium zu der Überzeugung, „dass das Papsttum einen schlechten Grund habe“, wie er das dem Kardinal Schinner offen heraussagte. Ebenso war er gegen die in der Kirche herrschenden Übelstände keineswegs blind. Aber noch wünschte er, dass die Kirche selbst die Missbräuche abstelle. Darum wendete er sich an den Bischof von Konstanz mit dem Verlangen, dass dieser das Wort Gottes in seinem Bistum frei predigen lasse und der Kirche durch Beseitigung jener Missbräuche und des Aberglaubens zu Hilfe komme, damit nicht Unruhen entstehen und alles in guter Ordnung vollbracht werde.

In Einsiedeln predigte Zwingli das Wort Gottes noch mehr als in Glarus gemäß der heiligen Schrift. „Ich habe, sagt er selbst später, bevor ein Mensch in unserer Gegend etwas von Luthers Namen gewusst, das Evangelium Christi im Jahr 1516 zu predigen angefangen, also dass ich nie die Kanzel betreten habe, ohne dass ich die Worte, welche denselben Morgen als Messevangelium gelesen wurden, vorgenommen und nach der Schrift ausgelegt hätte. Wiewohl ich zu Anfang jener Zeit noch stark den alten Lehrern und Auslegern anhing, obgleich ich zu Zeiten dessen überdrüssig wurde.“ So konnte allerdings, wie ein Freund Zwinglis meldet, von dem in der ganzen Welt berühmten Wallfahrtsort aus die Kunde von Christus und seiner Wahrheit nach verschiedenen und entfernten Orten gekommen sein.

Dem Auftreten Zwinglis wurde kein Hindernis in den Weg gelegt. Der Fürstabt Konrad von Hohenrechberg war wider seinen Willen zum Eintritt in das Kloster genötigt worden und scheute sich nicht, seine Geringschätzung der Messe und des ganzen Ceremoniendienstes auszusprechen; im Übrigen ging er lieber der Jagd nach. An dem ritterlichen Diebold von Geroldseck, dem der Abt die Verwaltung des Klosters übergeben, an Johannes Oechslin, dem nachherigen Pfarrer auf Burg bei Stein und mehreren anderen gewann Zwingli treue Freunde und in ihrer Mitte erblühte ihm ein schönes Leben in der Pflege der Wissenschaft und der Freundschaft.

3. Zwinglis Anfänge in Zürich