Umweltliebe - Jennifer Sieglar - E-Book

Umweltliebe E-Book

Jennifer Sieglar

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Beschreibung

Spätestens seit Jennifer Sieglar als Reporterin den UN-Klimagipfel besucht hat, ist ihr klar, dass sich etwas an unserem Konsumverhalten verändern muss. Was also tun? Wie kann ich weniger Plastikmüll produzieren? Worauf kann ich beim Klamottenkauf achten? Wie erkenne ich Mikroplastik in Pflegeprodukten? In ihrem umweltfreundlichen Jahr stellt sich die Journalistin monatlich einer neuen Herausforderung: von nachhaltigem Reisen bis zu umweltverträglichem Lebensmitteleinkauf. Sie teilt ihre spannenden Erfahrungen mit Verzicht und dem inneren Schweinehund – und liefert zahlreiche Tipps, wie wir alle ganz nebenbei viel für unseren Planeten tun können. Denn: Jeder von uns kann mit wenig Aufwand viel erreichen.

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Mehr über unsere Autoren und Bücher:www.piper.de© Piper Verlag GmbH, München 2019Vignetten: shutterstock/mhatzapaCovergestaltung: FAVORITBUERO, MünchenCovermotive: Sebastian Lapke (Foto Jennifer Sieglar); Shutterstock.com (Illustrationen)Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.Inhalte fremder Webseiten, auf die in diesem Buch (etwa durch Links) hingewiesen wird, macht sich der Verlag nicht zu eigen. Eine Haftung dafür übernimmt der Verlag nicht.

Inhalt

Cover & Impressum

Vorwort

Monat 1: Die Plastik-Challenge

Das Problem mit dem Plastik

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Anti-Plastik-Tipps

Monat 2: Die Fortbewegungs-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Tipps zur Mobilität

Monat 3: Die Mikroplastik-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Tipps zur Vermeidung von Mikroplastik

Monat 4: Die Kleidungs-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Tipps für einen nachhaltigen Kleiderschrank

Monat 5: Die Palmöl-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Anti-Palmöl-Tipps

Monat 6: Die Essens-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun:

Meine Tipps für umweltfreundliche Ernährung

Monat 7: Die Reise-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Tipps zu nachhaltigem Reisen

Monat 8: Die Holz- und Papier-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Tipps zur Rettung der Bäume

Monat 9: Die Garten- und Balkon-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Garten- und Balkontipps

Monat 10: Die Wohn-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Tipps für nachhaltiges Wohnen

Monat 11: Die Weniger-ist-mehr-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Minimalismus-Tipps

Monat 12: Die Weihnachts-Challenge

Das Problem

Meine Lösung

Fazit

Das könnte die Politik tun

Meine Tipps für ein umweltfreundliches Weihnachtsfest

Danke

Produktverzeichnis

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

 

was wollen wir unseren Kindern oder Enkeln sagen, wenn sie uns fragen, was wir eigentlich damals rund um das Jahr 2020 gemacht haben, als der Klimawandel noch in den Griff zu bekommen war? Ich würde gerne antworten können, dass ich mein Bestes gegeben habe. Denn klar ist, dass sie unter dem Klimawandel leiden werden, wenn wir nichts unternehmen. Es wird Hitzeperioden geben, Unwetter, Hochwasser und Millionen von Klimaflüchtlingen. Daher dieses Buch, das ich nicht nur geschrieben habe – ich habe es gelebt und erlebt. Ihr haltet einen einjährigen Selbstversuch in der Hand. Ein Jahr, in dem mein Freund und ich ein neues Hobby geteilt haben: regional und saisonal kochen. Aber auch ein Jahr, in dem wir einen großen Streit wegen des romantischen Themas öffentliche Verkehrsmittel hatten. Ein Jahr, in dem meine Mutter nicht glauben konnte, dass ich keinen Müll für die Müllabfuhr hatte, und ein Jahr, in dem ich es dank viel frischer Luft geschafft habe, meine Nase von der Nasenspray-Sucht zu befreien. Es war ein Jahr, in dem ich versucht habe, möglichst umweltfreundlich zu leben. Eine große Herausforderung, denn lange Zeit glich mein Leben einer Umweltkatastrophe. Ich fahre furchtbar gern Auto, kaufe oft zu viele Klamotten und komme aus einer Kleinstadt, die regelmäßig den Preis für die beste hessische Fleischwurst erhält – Vegetarierin bin ich demnach also auch nicht.

In meinem Beruf als Fernsehmoderatorin und Reporterin für die Kindernachrichtensendung logo! verschlug es mich 2016 auf den UN-Klimagipfel in Paris. Die Tage dort wurden zu einem Wendepunkt in meinem Leben. Ich erlebte Politiker aus fast allen Ländern der Welt, die sich im Grunde alle einig waren: Mit unserer verschwenderischen Lebensweise machen wir unseren Planeten systematisch kaputt. Durch den Klimawandel gibt es immer häufiger starke Unwetter, die Temperaturen steigen beständig weiter an, durch die Erhöhung des Meeresspiegels drohen ganze Inselgruppen zu verschwinden, und in unseren Meeren wird laut neuesten Studien im Jahr 2050 mehr Plastik schwimmen als Fische. Trotz dieser Einsicht folgten am Ende des Weltklimagipfels nur allgemeine Versprechungen und keine ambitionierten Taten. Also fragte ich mich, was ich selbst tun könnte, um nachhaltiger zu leben. Seitdem versuche ich, Umweltliebe zu betreiben. Dabei war mir von Beginn an klar: Eine vegane, völlig konsumkritische Öko-Vorbildfrau wird aus mir nicht werden. Aber ich wollte mich bemühen, zumindest Schritt für Schritt grüner zu leben und meinen Alltag auch im Kleinen umweltfreundlicher zu gestalten.

Schon vorher hatte ich mit der Aktion »2 Minute Beach Clean« versucht, meine Follower bei Instagram dazu zu motivieren, es mir gleichzutun und im Urlaub den Strand von Plastikmüll zu säubern. Im Rahmen einer logo!-Sondersendung hatte ich mit »Jennies Umwelt-Challenge« außerdem jeweils eine Woche auf Plastikverpackungen, das Auto und Palmöl verzichtet. Mein Ziel für das neue Jahr lautete nun: zwölf Monate – zwölf Veränderungen. Von Januar bis Dezember stellte ich mich jeden Monat einer Challenge für mehr Nachhaltigkeit: weniger Müll produzieren, Kleidung umweltfreundlicher auswählen, regional und saisonal essen und Mikroplastik und Palmöl aus meinem Leben verbannen. Mein Ziel war es, alle Veränderungen in meinem Leben dauerhaft beizubehalten, also auch über den Monat des Selbstversuchs hinaus. So viel kann ich euch jetzt schon verraten: Es ist gar nicht so schwer. Auf den folgenden Seiten erfahrt ihr, wie ihr euren Plastikflaschenverbrauch von 700 Stück pro Jahr auf ein Minimum reduzieren könnt, wie ihr mit dem Kauf der richtigen Klamotten und der richtigen Kosmetik dazu beitragt, das Mikroplastik in den Ozeanen zu reduzieren, und wie ihr durch eure Lebensmittelwahl das Klima beeinflusst. Alle Produkte, die ich im Rahmen dieses Buchprojekts ausprobiert habe, habe ich übrigens selbst gekauft. Die, die ich für gut befunden habe, findet ihr am Ende des Buches aufgelistet.

Auch bei der Herstellung dieses Buches haben wir uns Mühe gegeben und versucht, möglichst umweltfreundlich vorzugehen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn ich mit meinen Ideen dazu beitragen kann, auch eure Umweltliebe zu wecken. Denn wenn viele ein bisschen was tun, kann das in der Summe Großes bewirken! Und jetzt: Viel Spaß beim Lesen.

 

Eure Jennie Sieglar

Monat 1

Die Plastik-Challenge

Wie verursache ich möglichst wenig Plastikmüll?

Das Problem mit dem Plastik

An der Küste Norwegens strandete im Februar 2017 ein Wal. In seinem Magen wurden 30 Plastiktüten gefunden. Der Wal hatte sie mit Futter verwechselt und war quasi mit vollem Bauch verhungert. Er strandete und musste getötet werden. Meeresschildkröten müssen regelmäßig Strohhalme qualvoll aus der Nase entfernt werden. In den Mägen vieler toter Seevögel findet sich heutzutage Plastik. In Norwegen habe ich als Reporterin eine unbewohnte Insel besucht, die komplett voller Plastikmüll ist. Man kann dort einen Meter tief in die Erde graben und findet Verpackungen mit Aufschriften aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, England und Norwegen. Durch die Meeresströmung werden sie seit Jahrzehnten angespült.

Plastik ist ein überaus beliebtes und für die Industrie sehr praktisches Material. Es ist billig, leicht und robust. Deshalb ist es überall. Man kann diesem Stoff kaum entkommen. Gurken sind in Plastik verpackt, Milchtüten sind mit Plastik beschichtet und wenn man endlich eine Nudelverpackung aus Pappe gefunden hat, bemerkt man darin doch noch ein Guckloch aus Plastik. Zudem wird es immer häufiger verwendet. Im Jahr 2015 wurden laut dem Kunststoffhersteller-Verband PlasticsEurope weltweit 322 Millionen Tonnen Plastik produziert. Das ist siebenmal so viel wie Mitte der Siebzigerjahre. Schuld daran sind auch wir Verbraucher. Jede Stunde werden laut der Deutschen Umwelthilfe in Deutschland 320 000 plastikbeschichtete To-Go-Becher mit Plastikdeckel in den Müll geworfen. Das sind mehr als sieben Millionen pro Tag. Deutschland ist hier übrigens trauriger Spitzenreiter. Wir produzieren den meisten Müll in der gesamten EU.

Dabei bereitet Plastik der Umwelt gleich vierfach Probleme. Da ist erstens das oben schon geschilderte Problem der verdreckten Meere. Studien zufolge wird im Jahr 2050 in unseren Ozeanen mehr Plastik schwimmen als Fische. Denn Plastik zersetzt sich nicht richtig. Es ist im Grunde nicht abbaubar, sondern zerfällt über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg lediglich in immer kleinere Teile. Ein nach einem Picknick liegen gelassener Plastikbecher zum Beispiel, der durch den Wind in einen Fluss gerät und auf diesem Weg ins Meer, wird durch Reibung und UV-Strahlung zu winzigen Partikeln zerkleinert, die dann kaum mehr von Sand zu unterscheiden sind. Die Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften hat herausgefunden, dass diese Mikroplastikteilchen Schadstoffe anziehen wie ein Magnet. Sand tut das nicht. Fische oder Seevögel verwechseln das Mikroplastik häufig mit Nahrung oder nehmen es beim Fressen aus Versehen mit auf – und damit auch die daran haftenden, krankheitserregenden Substanzen. Das kann für uns Menschen direkt zum Problem werden, wenn wir die betroffenen Tiere essen. Die Forschung dazu steht noch ganz am Anfang, weshalb bisher unklar ist, welche Schäden das Mikroplastik bei uns Menschen anrichtet. Sicher ist aber, dass das Plastik in den Meeren Auswirkungen auf Menschen und Tiere hat.

Das zweite Problem: Bei der Herstellung von Plastik wird viel Energie aufgewendet. Es werden endliche Rohstoffe wie Rohöl oder Erdgas verbraucht, die aus vielen verschiedenen Ländern zur Produktionsstätte gebracht werden müssen. Durch diese langen Transportwege gerät Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre. Schon deswegen ist es also gut, auf Plastikverpackungen zu verzichten, denn je weniger Plastik überhaupt hergestellt wird, desto besser für die Umwelt.

Das dritte Problem besteht darin, dass das Recycling von Plastikmüll nicht so funktioniert, wie es sollte und könnte. In Deutschland gibt es ein Mülltrennungssystem, den sogenannten Grünen Punkt, der dafür sorgt, dass recycelbarer Müll wie Plastikverpackungen vom Restmüll getrennt und wiederverwertet wird. Man darf sich das aber keinesfalls so vorstellen, dass unsere Joghurtbecher ausgespült und dann noch mal verwendet werden. Die Becher und alle anderen verwertbaren Plastikabfälle werden stattdessen eingeschmolzen und zu Granulat verarbeitet, aus dem wieder neue Plastikprodukte hergestellt werden können. Aus einer Folie wird also nicht wieder eine Folie, sondern zum Beispiel eine Mülltonne. Diese besteht aber nie komplett aus recyceltem Plastik, sondern immer auch aus neuem, da sonst die Qualität des Materials zu schlecht wäre. Dazu kommt, dass tragischerweise nicht besonders viel des Plastikmülls aus unserem Gelben Sack auch wirklich wiederverwertet wird. Zwar gilt alles, was in der Recyclinganlage des Grünen Punktes landet, auch als recycelt, tatsächlich ist das aber laut der Deutschen Umwelthilfe nur bei etwa 40 Prozent der Fall. Die restlichen 60 Prozent werden wieder aussortiert, da viele Menschen schlicht und ergreifend falsch trennen. Jeder, der in einem Mehrfamilienhaus wohnt, weiß wahrscheinlich, was ich meine: Im Papiermüll ist Plastik, im Gelben Sack sind Essensreste und im Restmüll Plastikverpackungen. Mehr als die Hälfte des Plastikmülls, der an die Recyclingfirma geht, muss also wieder aussortiert und zusammen mit dem Restmüll verbrannt werden. Er zählt in der Statistik aber als recycelt. Der Dampf, der bei der Müllverbrennung entsteht, wird zur Stromgewinnung oder für Fernwärme genutzt – eigentlich eine gute Sache. Nur leider werden dabei auch Giftstoffe und Abgase in die Luft geblasen. Ein weiteres Problem ist, dass der deutsche Plastikmüll häufig gar nicht in Deutschland recycelt wird, sondern in weit entfernten Ländern. Jahrelang wurde ein Großteil davon nach China verschifft. Wie viel CO2 bei diesem Transport angefallen ist, kann man sich ungefähr vorstellen. Recycling ist also keinesfalls die Lösung des Problems. Die bessere Alternative ist: einfach weniger Plastikmüll produzieren.

Meine Lösung

Als erste Herausforderung habe ich mir gleich die wahrscheinlich schwierigste ausgesucht. Ich werde mich ihr natürlich nicht nur für einen Monat stellen, sondern versuchen, möglichst viele der Lösungsansätze dauerhaft in meinen Alltag zu integrieren. Das habe ich bei allen Herausforderungen vor.

Dass Plastikverzicht hart ist, weiß ich, weil ich für eine Sondersendung bei logo! schon mal eine Woche auf Plastikverpackungen verzichtet habe. Dazu habe ich zuerst alle Dinge in meinem Haushalt zusammengesucht, die mit Plastik verpackt sind. Das sind fast alle. Der Behälter meines Deos zum Beispiel ist zwar aus Glas, hat aber einen Plastikzerstäuber. Müsli- und Spaghettipackungen sind häufig aus Pappe, innen drin ist dann aber doch wieder eine Plastikfolie. Im Grunde kann man sich, wenn man von heute auf morgen auf Plastik verzichten möchte, weder die Zähne putzen noch waschen noch etwas essen. Noch nicht mal die Modezeitschrift, die ich abonniert habe, könnte ich lesen, denn auch sie steckt unsinnigerweise in einer Plastikfolie. Ein Plan muss also her. Bis ich den habe, könnt ihr ja mal gucken, was bei euch zu Hause alles aus Plastik/in Plastik verpackt ist.

Als wichtigste Regel meines Plastikmonats habe ich mir schließlich vorgenommen, vor allem auf »Wegwerfplastik« zu verzichten. Das heißt, dass ich zwar auch wiederverwendbares Plastik möglichst vermeiden will, aber zum Beispiel die Brot- und Gefrierboxen aus Plastik, die ich eh schon besitze, weiterhin benutzen werde. Ich fände es unsinnig und verschwenderisch, sie ohne Not durch etwas Neues zu ersetzen. Auch meinen Schreibtischstuhl werde ich behalten, obwohl er aus Plastik ist. Denn geht es mir ja primär darum, weniger Plastikmüll zu produzieren.

Die ersten Tage habe ich versucht, wie immer im normalen Supermarkt einzukaufen, nur eben plastikfrei. Zwei Stoffbeutel mitzunehmen war noch relativ einfach, der Rest allerdings hat leider gar nicht geklappt. Man kann zwar unverpackte Kartoffeln oder Kiwis in den Einkaufswagen laden und nicht jede Kassiererin guckt einen an, als hätte man sie nicht mehr alle, wenn sie zwanzig einzelne Kartoffeln vom Band fischen muss, aber die plastikfreie Auswahl ist doch sehr begrenzt. Sogar Gurken sind mittlerweile in Plastik eingeschweißt, Paprika gibts häufig nur im Dreierpack in der Plastikhülle. Auch Salatköpfe stecken meist in Plastik.

Immerhin hatte ich ein erstes kleines Erfolgserlebnis: in fast jedem Supermarkt gibt es Milch und Joghurt im Glas. Das ist eine gute Möglichkeit, Plastikverpackungen einzusparen, denn das Pfandsystem für die Gläser funktioniert super. Zwar schneidet in der Umweltbilanz des Umweltbundesamtes die plastikbeschichtete Milchtüte auch nicht schlecht ab, weil sie leicht ist und damit beim Transport nicht so viel CO2 verursacht, allerdings stammt diese Studie aus einer Zeit, als die Tüten noch aufgeschnitten oder aufgerissen wurden. Heute haben alle Tüten einen aufgesetzten Plastikauslauf mit Deckel. Deshalb würde die Umweltbilanz heute wohl deutlich schlechter ausfallen. Glasflaschen, die bis zu 50 Mal wiederbefüllt werden, sind also die deutlich bessere Wahl.

Apropos Flaschen: Die meisten von uns trinken ein bis zwei Flaschen Wasser pro Tag, dazu mal noch eine Cola, einen Saft und so weiter. Ich schätze, dass jeder von uns auf etwa 700 Plastik- oder Glasflaschen pro Jahr kommt. Da kann man richtig was einsparen. Die absolut umweltfreundlichste Möglichkeit, seinen Durst zu löschen, ist Leitungswasser zu trinken. Der Grund liegt auf der Hand: Es ist sowieso schon da, in deiner Leitung! Daher entfallen die Transportwege von Wasser und Flaschen. Leitungswasser in Deutschland hat eine hervorragende Qualität. Es spricht also absolut nichts dagegen, es zu trinken. Allerdings gibt es eine Ausnahme, die aber bei kaum jemandem zutreffen wird. Wenige Häuser in Deutschland haben noch Wasserleitungen aus Blei. Dieses sollte auf keinen Fall über das Trinkwasser in den Körper gelangen. Wenn ihr euch unsicher seid, ob eure Leitungen aus Blei sind, fragt bei eurem Vermieter nach. Kann auch der nicht helfen, kann man im Internet Tests bestellen, um die Leitungen zu überprüfen.

Ich persönlich habe ein anderes Problem. Ich finde schlicht und ergreifend, dass Leitungswasser nicht schmeckt. Erstens trinke ich gerne Wasser mit Kohlensäure und zweitens finde ich, dass Leitungswasser einen Eigengeschmack hat. Beim Dreh in einem Wasserwerk wollte mir das der Werkschef nicht glauben und machte eine Blindverkostung mit mir. Er goss in ein Glas Leitungswasser und in ein zweites stilles Mineralwasser. Ich habe den Unterschied sofort gemerkt. Also musste für mich eine andere Lösung her, bei der das Leitungswasser gefiltert und mit Kohlensäure versetzt wird. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: verschiedene Wasserfilter und etliche Systeme zum Aufsprudeln des Wassers. Allerdings ist es ein wenig umständlich, das Wasser erst durch den Filter zu jagen, es dann aufzusprudeln und am Schluss hat man meist nur einen halben Liter und muss gleich wieder von vorne anfangen. Als mein Freund und ich ein Haus kauften und eine neue Küche brauchten, haben wir uns auf die Suche nach etwas Praktischerem gemacht – und wurden fündig. Wir haben eine wasserfilternde Armatur eingebaut, mit der man sprudelndes gefiltertes Wasser direkt aus dem Wasserhahn bekommt. Sie kostete 1200 Euro im Angebot, und ich kann sagen, dass sich selten etwas für mich so gelohnt hat. Zu jeder Zeit kann ich jetzt Wasser in meiner Wunschtemperatur direkt aus der Leitung zapfen, gesprudelt oder still. Einmal im Monat muss man die Kohlensäureflasche tauschen. Sie wird in einem Mehrwegsystem wieder aufgefüllt, ist also auch umweltfreundlich. Einzig der Filter landet zweimal im Jahr im Hausmüll. Und der Müll, den mein Freund und ich durch diese Anlage gespart haben? Etwa 1500 Plastikflaschen im Jahr. Dazu kommt, dass wir nichts mehr schleppen müssen. Um das Wasser mit zur Arbeit nehmen zu können, haben wir uns mehrere Glasflaschen mit Bügelverschluss gekauft, außerdem benutze ich eine Edelstahlflasche. Ich musste mich zwar erst dran gewöhnen, die Flasche immer wieder mit nach Hause zu nehmen und sie nicht in der Arbeit zu vergessen, doch bis zum Ende des Jahres habe ich sie noch nicht verloren. Juhu!

Sollte Leitungswasser für euch nicht infrage kommen, könnt ihr beim Kauf von Plastikflaschen Folgendes beachten: Meidet Einwegflaschen. Jahrelang habe ich Mineralwasser aus Einwegflaschen getrunken, ohne mir dieser Tatsache bewusst zu sein. Ich kannte schlicht den Unterschied zur Mehrwegflasche nicht. Da man ja in beiden Fällen Pfand bezahlt und die Flasche in den Laden zurückbringt, dachte ich, dass es sich um Mehrwegflaschen handelt. Heute weiß ich: Einwegflaschen erkennt man daran, dass sie aus relativ weichem Plastik sind und 25 Cent Pfand kosten. Sie werden direkt, nachdem sie zurückgebracht wurden, im Pfandautomaten zerquetscht. Das bedeutet: Diese Flaschen werden irgendwo hergestellt, dafür werden Erdöl und andere Stoffe verbraucht und es entsteht CO2, dann werden sie häufig durch halb Deutschland zum Laden gefahren – was ebenfalls CO2 freisetzt. Später werden sie ausgetrunken zurück zum Laden gebracht und im Automaten zu Plastikklumpen zerquetscht, die dann wieder durch halb Deutschland gefahren werden, um recycelt zu werden. Auch im Recyclingprozess wird Energie verbraucht und so geht das Spiel von vorne los. Deswegen ist es deutlich umweltfreundlicher, Mehrwegplastik- oder Mehrwegglasflaschen zu verwenden, am besten von Mineralwassermarken aus eurer Region. Recherchiert im Internet, welche Firmen in eurer Nähe sind, oder fragt euren Getränkehändler. Diese Mehrwegflaschen kosten nur acht bis 15 Cent Pfand. Der Vorteil der Mehrwegflasche ist, dass sie bis zu 50 Mal neu befüllt wird. Und wenn sie dann auch noch aus deiner Region kommt, legt sie nur kurze Strecken zurück, was zu einem geringen CO2-Ausstoß führt.

Bei meinem letzten Ausflug an einen Hundestrand am Main kam ich dabei übrigens an meine Grenzen. Ich hatte mir natürlich Wasser mitgenommen, es war aber so heiß, dass es nicht genug war. Also bin ich an einer Tankstelle rausgefahren, um Nachschub zu kaufen. Dort gab es aber, wie an den meisten Tankstellen, ausschließlich Einwegflaschen. Meine Mission ist seitdem, jeden Tankwart darauf aufmerksam zu machen. Vielleicht macht ihr mit und wir nerven die Tankstellen so lange, bis man dort Mehrwegflaschen kaufen kann. Übrigens: Auch bei den Discountern Aldi und Lidl gibt es nur PET-Flaschen. Dort könnt ihr also auch lange nach Mehrwegflaschen suchen.

Beim nächsten Lebensmitteleinkauf war ich besser vorbereitet. Bewaffnet mit Jutebeuteln, Dosen und Einkaufsnetzen machte ich mich auf zum Wochenmarkt. Hier geht unverpackt einkaufen sehr gut, da Obst und Gemüse nur lose angeboten werden. Bei Käse und Wurst hatte ich allerdings ein Problem: Die Verkäufer weigerten sich zuerst, mir die Lebensmittel in meine mitgebrachten Dosen zu füllen. Das sei laut Lebensmittelhygiene-Verordnung verboten, denn mit meiner Dose könnte ich irgendwelche Keime oder Sonstiges hinter ihre Theke schleusen. Nach langem Hin und Her entschlossen sich dann sowohl der Käse- als auch der Wurstverkäufer, mir die Ware quasi in die Dose fallen zu lassen. Ich muss zugeben, dass mir das Ganze ziemlich peinlich war, denn ihr könnt euch vorstellen, wie genervt viele Leute in der Schlange hinter mir von meiner Diskussion waren. Wenn man häufiger bei denselben Leuten einkauft, muss man dieses Gespräch aber zum Glück meist nur einmal führen.

 

In der zweiten Woche geriet ich in eine Art Einkaufswahn. Denn ich stellte fest, dass ich manche Plastikdinge wie zum Beispiel Zahnpasta, Zahnbürste und Shampoo, aber auch Strohhalme und Coffee-to-Go-Becher nicht einfach nur weglassen konnte, sondern eine Alternative brauchte. Von letzteren besaß ich bereits einige, denn schon vor etwa einem Jahr hatte ich beschlossen, nicht mehr täglich einen Plastikbecher plus Deckel auf dem Gewissen haben zu wollen. Bis dato hatte ich mir jeden Tag vor der Arbeit einen Kaffee bei einem kleinen Tante-Emma-Laden mit einer fantastischen italienischen Siebträgermaschine bei mir um die Ecke geholt. Seitdem bereite ich meinen Kaffee jeden Morgen rituell mit meiner eigenen – zugegebenermaßen deutlich kleineren und vielleicht nicht ganz so guten – Siebträgermaschine zu. Die Kapsel-Kaffeemaschine wurde verschenkt. Mittlerweile besitze ich fünf sogenannte Tumbler, also Mehrweg-Coffee-to-Go-Becher, die ich entweder schon gefüllt mitnehme oder einpacke, wenn ich weiß, dass ich mir unterwegs einen Kaffee kaufen will. Wenn ihr, wie ich, zu den Leuten gehört, die das regelmäßig vergessen, dann hilft es, euch zu bestrafen: entweder mit Kaffee-Entzug (sehr günstige Alternative) oder mit dem Kauf eines neuen Tumblers (teure Alternative). Ich habe mittlerweile seit mehr als einem Jahr keinen Kaffee mehr aus einem Wegwerfbecher getrunken. Übrigens: Auch wenn es anders draufsteht, kann man die meisten Tumbler bedenkenlos in die Spülmaschine tun. Das ist – wenn die Maschine voll beladen ist – umweltfreundlicher als mit der Hand zu spülen.

Nun aber zurück zu den Dingen, die ich noch nicht besessen habe. Eine plastikfreie Zahnbürste musste her. Glücklicherweise gibt es die mittlerweile sogar bei großen Drogerieketten zu kaufen. Sie sind meist aus Bambus, was ein sehr schnell nachwachsender, biologisch abbaubarer Rohstoff ist. Er kann also in den Biomüll geworfen werden. Bei den Borsten der Zahnbürste wird es hingegen schon schwieriger. Bei vielen Bambuszahnbürsten sind sie einfach weiterhin aus Plastik. Man muss also den Stiel abbrechen und die Borsten separat im Restmüll entsorgen. Es gibt aber auch Alternativen aus Bambusviskose. Die ist zwar biologisch abbaubar, bei der Herstellung werden aber extrem viele Chemikalien verwendet. Für die ganz Hartgesottenen gibt es übrigens auch Zahnbürsten mit Schweineborsten!

Außerdem brauchte ich plastikfreie Hygieneartikel und landete auf meiner Suche ganz schnell bei der Art und Weise, wie man sich auch schon vor Jahrhunderten gewaschen hat: mit fester Seife. In jeder größeren Stadt gibt es ja diesen einen Seifenladen, den man schon von Weitem in der Fußgängerzone riechen kann. Ich muss mich jedes Mal sehr überwinden, den Laden zu betreten, denn der Geruch ist wirklich ziemlich intensiv. Doch es lohnt sich, denn dort gibt es Seifen zum Duschen, zum Haarewaschen, als Spülung für die Haare, für das Gesicht und sogar zum Eincremen. In vielen Öko-Onlineshops kann man außerdem festes Deo und Zahnpasta-Tabletten kaufen. Somit war ich fürs Erste ausgerüstet und bin sofort duschen gegangen. Mein erstes Problem war allerdings die Frage, wohin mit all den Dingen. Man bekommt sie im Laden in Papier eingewickelt oder in selbst mitgebrachte Dosen verpackt. In meiner Dusche sah es dementsprechend auch erst mal nach einer Tupperdosen-Party aus. So richtig praktisch war das aber leider nicht, denn in den Dosen sammelt sich das Wasser und die darin vor sich hin dümpelnden Seifen lösen sich bis zum nächsten Tag halb auf. Also mussten richtige Seifenbehälter her, auf denen die Seifen abtropfen konnten. Es gibt auch Netze, in denen man die Seifen an der Duscharmatur aufhängen kann, die habe ich aber bisher nicht ausprobiert.

Nachdem dieses Problem gelöst war, konnte ich mich ganz auf mein neues Duscherlebnis konzentrieren und habe festgestellt: sich mit Seife zu waschen ist super! Es gibt so viele unterschiedliche Sorten, sie riechen gut und man wird sauber. Alles tipptopp. Auch die Seife zum Eincremen ist erstaunlich gut, da sie keinen klebrigen Film hinterlässt, wie so viele Bodylotions und Cremes. Eine echte Katastrophe war dagegen die Haarseife. Erst dachte ich, meine Haare müssten sich einfach an die neuen Wirkstoffe gewöhnen, aber nachdem mich zwei Maskenbildnerinnen auf der Arbeit gefragt hatten, was denn mit meinen Haaren los sei, die sähen ja aus wie Stroh, habe ich das Haarewaschen mit Seife wieder aufgegeben. Noch schlimmer war das Deo, ich habe geschwitzt und gestunken. Ich möchte nicht grundsätzlich von festem Deo abraten, denn sicher haben andere Menschen andere Erfahrungen damit gemacht und, wenn man den Berichten im Internet trauen kann, zum Teil sogar recht positive. Vielleicht habe ich auch einfach nur komische Achselhöhlen. Aus Rücksichtnahme auf meine Mitmenschen benutze ich jetzt jedenfalls wieder ein Deo in einer Glasflasche, die leider einen Sprühkopf aus Plastik hat. Schande über mein strohiges Haupt.

Apropos Maskenbildnerinnen: Ich werde ja an etwa 200 Tagen im Jahr, wenn ich logo! oder die Hessenschau moderiere, professionell geschminkt. Das geht leider nicht ohne Plastik, denn ich habe noch kein HD-Make-up und keine Mascara ohne Plastikverpackung gefunden. Falls ihr eine kennt, schreibt mir gerne. Am Ende des Buches steht, wie ihr mich erreichen könnt. Zumindest beim Abschminken wollte ich aber auf Plastik verzichten. Bisher hatte ich dafür meistens ein feuchtes Abschminktuch aus einer Plastikverpackung benutzt oder Reinigungsmilch aus einer Plastikflasche. Jetzt wollte ich es mit Abschminkpads versuchen, die bei 60 Grad waschbar sind. Ihr müsst sie euch von der Haptik wie ein Fensterleder vorstellen. Man macht sie etwas feucht und schminkt sich dann einfach mit diesem Pad ab. Das Verrückte ist, sie funktionieren wirklich. Ich brauche bei normalem Tages-Make-up ein Pad und bei Fernseh-Make-up zwei. Die kommen in die Wäsche und sind dann sofort wieder einsatzbereit. Damit immer eins da ist, wenn ich es brauche, habe ich mittlerweile zehn Stück. Beziehungsweise hatte ich. Leider frisst meine Waschmaschine die Dinger wie Socken. Ich werde mir irgendwas einfallen lassen müssen. Vielleicht stecke ich sie in einen kleinen Kissenbezug beim Waschen.

Der nächste Test beinhaltete die Zahnpasta-Tabletten. Sie sehen aus wie Pfefferminzdrops und schmecken auch so. Leider habe ich es auch nach vielem Darauf-herum-Kauen noch nicht geschafft, sie richtig zum Schäumen zu bringen. Ehrlich gesagt befürchte ich, dass ich das mit den Drops nicht durchhalten werde. Wenn sie aufgebraucht sind, steige ich wahrscheinlich wieder auf normale Zahnpasta um oder mache meine Zahnpasta selbst.

Mein Fazit, nachdem ich plastikfreie Kosmetik und Hygieneartikel ausprobiert habe: Nicht alles davon wird es dauerhaft in mein Badezimmer schaffen. Feste Seifen werde ich definitiv weiter verwenden, Bambuszahnbürsten und Abschminkpads auch. Bei Zahnpasta, Schminke und Shampoo brauche ich noch Alternativen.

In meinem Shoppingwahn hat es übrigens noch ein weiteres Produkt in meinen Haushalt geschafft: Strohhalme aus Edelstahl. Laut dem WWF sind Strohhalme aus Plastik der am fünfthäufigsten aus dem Meer gefischte Gegenstand. Täglich werden weltweit drei Milliarden davon benutzt und dann entsorgt. Sie sind eines der unsinnigsten Wegwerfprodukte des Planeten. Denn außer alten oder kranken Menschen ist schließlich jeder in der Lage, direkt aus einem Glas zu trinken. Ich liebe allerdings Kaffee mit Eiswürfeln und der lässt sich angenehmer mit einem Strohhalm trinken. Daher habe ich mich für die Edelstahlvariante entschieden. Da ich niemals dickflüssige Getränke wie Smoothies oder Ähnliches daraus trinke, werden sie in der Spülmaschine auch immer super sauber. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann im Internet aber auch kleine Putzbürsten für die Strohhalme kaufen. Schwieriger wird es, wenn man unterwegs ist. Viele Getränke werden in Restaurants und Bars mit Strohhalm serviert, vor allem im Sommer. Ich ärgere mich jedes Mal unfassbar, wenn ich vergessen habe, bei der Bestellung »ohne Strohhalm« zu sagen, und das Getränk dann mit Strohhalm vor mir steht. Leider passiert das auch sehr oft, obwohl man es vorher gesagt hat. Ich hoffe aber auf eine Revolution in der Gastronomie. Vielleicht verändert sich ja was, wenn immer mehr Gäste ihre Getränke ohne Strohhalm bestellen. Immerhin gibt es schon ein paar Restaurants, die zumindest Recycling- oder Papp-Strohhalme benutzen.

 

Nach zwei Wochen war also ein großer Teil meines Lebens schon einigermaßen plastikfrei organisiert. Aber eben nur ein Teil. Müsli, Nüsse, Waschmittel, Nudeln, Putzmittel, Süßigkeiten – all diese Produkte gibt es weder auf dem Wochenmarkt noch im Supermarkt lose zu kaufen. Also musste ich in einen Unverpackt-Laden. Die gibt es mittlerweile in jeder größeren Stadt, auch bei mir in der Nähe. Frische Produkte kann man problemlos auf dem Markt kaufen, und für den Rest lohnt sich der Weg dorthin. Bei meinem ersten Einkauf war ich allerdings leicht überfordert. Nudeln, Reis, Couscous, Müsli, Nüsse – alle Lebensmittel hängen dort in Glasspendern an der Wand. Ich hatte meine eigenen Gefäße mitgebracht und wollte das erste benutzen, als mich eine Verkäuferin gerade noch rechtzeitig davon abhalten konnte. Ich hatte vergessen, mein Gefäß vorher zu wiegen, und da alles nach Gewicht berechnet wird, hätte ich dieses quasi mitbezahlt. Also erst mal wiegen, Gewicht mit abwaschbarem Stift auf der Dose notieren (manche Läden haben auch ein System mit Aufklebern) und dann kann man losshoppen. Praktisch ist, dass man nur genau so viel nimmt, wie man möchte. Wer also nur alle Schaltjahre Reis isst, kann auch nur eine ganz kleine Portion kaufen. Auch das ist umweltfreundlich, weil so nichts weggeworfen wird. Nachdem ich die Wochen zuvor auf unfreiwilliger Süßigkeiten-Fastenkur war – es gibt einfach keine unverpackten Gummibärchen und Schokolade zu kaufen –, war ich plötzlich sehr glücklich. Im Unverpackt-Laden gibt es nämlich beides. Leider werde ich kein Fan der Gummibärchen dort, sie schmecken, wie man sich Bio-Gummibärchen vorstellt. Die Schokolade ist aber ein absolutes Highlight, der Unverpackt-Laden bekommt nämlich Bruchschokolade geliefert. Das ist hochwertige Schokolade, die bei der Produktion gebrochen ist und deswegen keine vollständige Tafel mehr ergibt. Da der Laden sie sehr günstig beziehen kann, erhält man hier richtige Luxus-Schokolade zu einem fairen Preis. Und ob sie gebrochen ist oder nicht, ist für den Geschmack schließlich vollkommen egal.

Was man auch beim Unverpackt-Laden nicht vergessen darf: Auch er bekommt die Lebensmittel, wie ein normaler Supermarkt, in Verpackungen geliefert. Vergleicht man allerdings die Menge an Verpackungsmüll, schneidet der Unverpackt-Laden deutlich besser ab. Eine Müslipackung, die man im normalen Supermarkt kauft, produziert schließlich nicht nur eine Plastiktüte und eine Pappverpackung an Müll, sondern wird zusätzlich auch noch mit vielen anderen Müslipackungen in einer großen Plastikhülle angeliefert. Die sieht nur eben niemand außer den Supermarkt-Angestellten.

 

Und hier noch zwei Selbstmachtipps für diejenigen unter euch, die wirklich motiviert sind: Ich habe gleich versucht, Zahnpasta selbst zu machen, und ich finde das Ergebnis gar nicht schlecht. Vor allem nachdem ich gelesen habe, dass viele Schauspieler und Models Mundspülungen mit Kokosöl machen, weil das angeblich gesund hält. Man nimmt vier Esslöffel erwärmtes Kokosöl – erwärmt muss es sein, weil es sich im festen Zustand mit nichts anderem mischen lässt –, dann kommen zwei Esslöffel Natron dazu, das ihr im Unverpackt-Laden kaufen könnt. Natron ist quasi ein natürliches Putzmittel und macht die Zähne weiß. Für die Süße fügt man zwei Teelöffel Stevia hinzu und dann nach Geschmack ein paar Tropfen Pfefferminzöl. Das Ganze füllt man in einen Glastiegel und lässt es fest werden. Und schon habt ihr eure eigene Zahnpasta. An den etwas öligen Geschmack muss man sich erst gewöhnen, dafür ist sie aber garantiert plastik- und mikroplastikfrei.

Auch Waschmittel kann man selber herstellen. Man braucht dazu vier Esslöffel Waschsoda (das ist Natriumkarbonat, ein Salz der Kohlensäure), 30 Gramm Kernseife, am besten biologisch hergestellt, ein paar Tropfen ätherisches Öl bzw. Duftöl für den angenehmen Geruch (ich liebe Lemongrass, es gibt aber auch Lavendel, Rose und andere Düfte), zwei Liter Wasser und einen Kanister oder eine Flasche für die Aufbewahrung. Und so geht’s: die Kernseife mit einer Küchenreibe raspeln oder mit einem Messer klein schneiden. Das Wasser in einen Topf geben, Soda und geriebene Kernseife dazugeben, mit dem Schneebesen rühren und kurz aufkochen, bis sich alles aufgelöst hat. Dann solltet ihr das Ganze eine Stunde stehen lassen und nochmals unter Rühren aufkochen. Über Nacht stehen lassen. Dabei wird die Masse dicker und, je nachdem was für eine Seife ihr benutzt habt, an der Oberfläche fest. Also alles noch mal umrühren und erhitzen, bis die Mischung wieder flüssig ist. Dann abkühlen lassen und erst danach das ätherische Öl dazugeben. Jetzt ist das Waschmittel fertig und ihr könnt es in Kanister oder Flaschen füllen. Leider bekomme ich mit dem selbst gemachten Waschmittel nicht alle Flecken raus, vor allem die Abschminkpads kommen häufig noch mit Schmutzresten aus der Wäsche. Ich benutze das Waschmittel deshalb hauptsächlich bei Wäsche, die einfach nur mal wieder gewaschen werden muss, aber keine starken Flecken hat.

 

Nach vier Wochen Plastikreduktion habe ich festgestellt, dass ich mit all den Einschränkungen leben kann. Nur ein Hindernis gibt es noch – meine Leidenschaft, Essen zu bestellen. Nie mehr Sushi liefern lassen? Nie mehr sonntags Curry beim Thai holen und vor dem Fernseher essen? Mein Leben wäre ohne diese Dinge deutlich weniger lebenswert. Aber bei nichts fällt mehr Verpackungsmüll an als beim Essenbestellen. Die erste Möglichkeit, das zu vermeiden, wäre, stattdessen Pizza zu bestellen. Pappe ist schließlich viel einfacher wiederzuverwerten als Plastik. Ich habe aber noch etwas anderes ausprobiert und bei meiner Sushi-Bestellung am Telefon angekündigt, dass ich mit meinen eigenen Gefäßen kommen werde. Ich war sehr gespannt, ob das klappen würde, denn ich hatte schon einmal eine lustige Erfahrung beim Bäcker gemacht, als ich die Verkäuferin fragte, ob ich das Brot bitte in einer Papiertüte haben könnte statt in einer Plastiktüte. Sie bejahte. Bis sie das Brot geschnitten hatte, hatte sie das aber offensichtlich wieder vergessen und steckte es in eine Plastiktüte. Ich rief: »Oh nein!«, und sie meinte, das sei doch kein Problem, warf die Plastiktüte in den Müll und gab mir das Brot in der Papiertüte. Sie hatte gar nicht verstanden, dass es mir um das Einsparen von Plastik ging, sondern dachte, ich würde Brot einfach lieber im Papierbeutel lagern. Beim Sushi-Laden angekommen konnte ich aber erleichtert aufatmen. Alle Sushis lagen ordentlich auf einem Porzellanteller. Ich füllte sie in meine Boxen und nahm sie mit nach Hause. Beim Thailänder oder beim Italiener ist das etwas schwieriger. Bis man mit seiner Dose da ist, kann das Essen kalt sein. Daher ist es am besten, dort einfach direkt mit den Dosen hinzugehen und vor Ort zu bestellen.

Fazit

Das plastikreduzierte Leben ist ein wenig anstrengend. Man muss daran denken, immer alle Boxen, Dosen, To-Go-Becher und so weiter dabei zu haben. Das Leben muss also etwas organisierter ablaufen und ist weniger spontan. Außerdem ist es zu Beginn etwas teurer, da man in einige Produkte investieren muss. Grundsätzlich wird der Geldbeutel durch das plastikfreie Leben aber nicht stärker belastet als zuvor. Klar, man kann nicht mehr alles beim Discounter kaufen, aber wer sich auch vorher schon bewusst für Bioprodukte und Ähnliches entschieden hat, wird kaum einen finanziellen Unterschied merken. Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass nicht jeder alle Änderungen übernehmen muss. Guckt doch mal, was davon sich in euer Leben integrieren lässt.

Das könnte die Politik tun

Am einfachsten wäre es, eine Steuer auf Einweg-Artikel und Einmal-Verpackungen einzuführen. So wären unverpackte Produkte günstiger als verpackte oder die Hersteller müssten sich alternative Verpackungsmöglichkeiten einfallen lassen. Zudem könnte man Anreize schaffen, damit die Hersteller Plastik verwenden, das sich leicht recyceln lässt, oder sogar Quoten für Anteile an Recyclingmaterial einführen. Komplett verbieten sollte man meiner Meinung nach PET-Einwegflaschen. Wir haben ein ausgefeiltes und gut funktionierendes Mehrwegsystem in Deutschland, das durch Einwegflaschen ad absurdum geführt wird. Ein Vorstoß der EU, bestimmte Einwegprodukte wie Wegwerfgeschirr zu verbieten, ist ein Anfang. Allerdings müsste dieses Verbot, damit es wirklich wirkungsvoll ist, auch auf To-Go-Becher und Plastiktüten ausgeweitet werden. Diese Idee wird aber keine Zustimmung finden, da diese Produkte zu wichtig für den alltäglichen Konsum sind. Stattdessen wäre es eine Idee, sie teurer zu machen und mit dem zusätzlich eingenommenen Geld die Forschung für alternative Verpackungen zu fördern.

Meine Anti-Plastik-Tipps

Leitungswasser trinken

PET

-Einwegflaschen mit 25 Cent Pfand meiden

Milch und Joghurt in Glasflaschen kaufen

Feste Seife benutzen

Wegwerfartikel wie Strohhalme und To-Go-Becher vermeiden

Eigene Dosen an der Fleisch- und Käsetheke verwenden

Stoffbeutel mit zum Einkaufen nehmen

Auf dem Wochenmarkt oder im Unverpackt-Laden einkaufen

Essenslieferungen vermeiden oder eigene Boxen mitbringen

Zahnpasta und Waschmittel selbst herstellen

Wie gerät Plastik ins Meer? Die fünf Hauptursachen:

Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern, in denen es kein funktionierendes Müllverwertungssystem gibt, werfen viele Menschen ihren Müll aus Unwissenheit und wegen fehlender Alternativen einfach auf die Straße oder direkt in Flüsse. Von dort findet er seinen Weg ins Meer. Doch auch hier bei uns in Deutschland landet an Stränden und Flussufern liegen gelassener Müll früher oder später im Meer.