Unter Milch-Holz - Dylan Thomas - E-Book

Unter Milch-Holz E-Book

Dylan Thomas

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Beschreibung

´Unter Milch-Holz` ist eine Adaption des Werkes ´Under Milk Wood` des walisischen Schriftstellers Dylan Marlais Thomas (1914-1953), der als einer der größten englischen Lyriker des 20. Jahrhunderts gilt. Schon bald nach seinem Erscheinen (posthum im Jahr 1954) erreichte es große Popularität und wird häufig als Hauptwerk des früh verstorbenen Poeten bezeichnet. In dieser aktuellen Nachdichtung wird der Fokus darauf gesetzt, die lyrische Formgebung des Originalwerks auch in der deutschen Sprache beizubehalten. Das Buch ist mit 50 Kohlezeichnungen von Gudrun Tossing illustriert und enthält den englischen Text zwecks guter Vergleichbarkeit.

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Seitenzahl: 160

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Dylan Thomas

Unter Milch-Holz

- Ein Spiel für Stimmen -

Nachdichtung von Gudrun Tossing

© 2025 Dylan Thomas

Lektorat von: Norbert Peter Tossing

Illustration von: Gudrun Tossing

Übersetzt von: Gudrun Tossing

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: Dr. Gudrun Tossing, Tannenstr. 15-15a, 42653 Solingen, Germany.

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Dylan Thomas

Unter Milch-Holz

Nachdichtung von Gudrun Tossing

(mit englischem Originaltext)

Illustriert mit 50 Kohlezeichnungen von Gudrun Tossing

Über das Werk

Der walisische Schriftsteller Dylan Marlais Thomas (1914-1953) schrieb das Hörspiel Under Milk Wood, welches am 24. Januar 1954 über das Dritte Hörfunkprogramm der BBC urgesendet und wenige Monate später als Druckversion erstpubliziert* wurde. Es erreichte rasche Popularität und galt bald schon als das Hauptwerk des früh verstorbenen Schriftstellers und Poeten.

Die vorliegende Adaption erfolgte durch die deutsche Autorin Gudrun Tossing, die ihre eigenen Kurzgeschichten und Romane unter Echtnamen oder den offenen Pseudonymen Alissa Carpentier und Jeff Sailor veröffentlicht und bisweilen als Übersetzerin ihrer literarischen Vorbilder sowie als Buchillustratorin in Erscheinung tritt.

* Thomas, Dylan: Under Milk Wood. A Play for Voices. J.M. Dent & Sons Ltd., London 1954

Für Dick

´The only excuse for making a useless thing is that one admires it intensely. All art is quite useless.` (Oscar Wilde)

Abbildung 1: Die Leute von Llareggub

Inhaltsverzeichnis

Cover

Halbe Titelseite

Urheberrechte

Titelblatt

Über das Werk

Widmung

Unter Milch-Holz

Under Milk Wood

Anmerkungen der Übersetzerin und Illustratorin:

Abbildungsliste / Table of Figures

Unter Milch-Holz

Cover

Urheberrechte

Titelblatt

Über das Werk

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Abbildungsliste / Table of Figures

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Unter Milch-Holz

(Ein Spiel für Stimmen)

Stille

ERSTE STIMME (sehr sanft)

Beginnend beim Beginn:

Frühling ist´s.

Mondlos die Nacht

über kleiner Stadt,

ohne Sterne, Bibel-schwarz,

still das Kopfsteinpflaster.

Und die buckligen Büsche,

- für Liebespaare und Kaninchen –

hinken kaum wahrnehmbar hinab

zur Schlehen-schwarzen, Zehenschwarzen,

zur Krähen-schwarzen See,

die wild die Boote schaukelt.

Die Häuser: maulwurfsblind

(doch Maulwürfe „sehen“ nachts recht gut,

beim Schnüffeln und Wühlen in samtiger Mulde).

Vielleicht auch blind wie Käpt`n Cat,

dort in eingemummter Mitte

zwischen Brunnen und Rathausuhr,

bei den Läden in Trauer

und bei einer Wohlfahrtshalle,

die wie im Witwenschleier liegt.

Und all die Leute

in der dumpf-eingelullten Stadt,

die schlafen nun in ihren Betten.

Leise, sacht, die Babys schlafen,

die Bauern, die Fischer,

die Händler und Rentner,

der Flickschuster, Schulmeister,

Briefträger und Schankwirt,

der Leichenbitter und die leichte Dirn`,

Trunkenbold und Schneiderin,

Prediger und Polizist,

schwimmflossige Meer-Muschelweiber

- und ordentliche Haushaltsdrachen.

Junge Mädchen: Wohl-gebettet

gleiten sie durch ihre Träume,

mit Ring und Aussteuer staffiert,

vom Glühwurm brautumjungfert,

schwebend durch den Mittelgang

des Orgelklang-erfüllten Waldes.

Die Burschen träumen lasterhaft

von bockstößigen Nacht-Rodeos

oder von freibeuterischer See,

in der sie liebestrunken sich ergehen.

Rabenschwarze Statuen der Pferde

schlafen stehend auf der Koppel

und die Kühe ruhen in Verschlägen,

Hunde in feucht-schnäuzigen Hinterhöfen.

Katzen nicken ein in schiefen Winkeln

oder springen schlau von First zu First.

Sie huschen und sie schlängeln sich

auf der großen Wolke aller Dächer.

Du kannst den Tau hier fallen hören

und ganz verhalten auch den Atem dieses Orts.

Nur deine Augen sind geöffnet,

um die kleine Stadt zu sehen,

schwarz und fest verschachtelt,

tief und ruhig schlafend.

Nur du kannst ihn spüren,

den unsichtbaren Sternenfall,

die tiefste Dunkelheit vor Dämmerung,

die von kleinsten Tautropfen berührte Regung

einer schwarzen Flunder-vollen See,

wo Boote mit den Namen

´Arethusa`, ´Schnepfe`, ´Himmelslerche`,

wo ´Sansibar`, ´Rhiannon` und ´Strolch`,

die ´Kormoran` sowie die ´Stern von Wales`

wild schaukelnd auf den Wogen reiten.

Nun höre: Nachtbewegung in den Straßen,

ein Zug von lüstern-kriechendem, von

salzig-melodischem Wind, wehend durch

die Straße der Krönung

und die Gasse der Muscheln.

Auf dem Hügel Llareggub

hörst das Gras du wachsen,

den Fall von Tau und Sternen,

der Vögel Schlaf im Milch-Gehölz.

So höre: Es ist Nacht.

In frostig-kauernder Kapelle

singt sie Choräle,

in Haube, mit Brosche,

gehüllt in Bombasin-Schwarz,

mit Choker-Halsband

oder dünner Kragenschleife.

Sie hustet wie Milchziegen,

die an Eukalyptus saugen,

- und döst beim Halleluja ein.

Nacht auch in der Taverne,

Stille wie beim Domino;

In Ocky Milchmanns Bodenkammer:

still wie eine Maus im Handschuh;

in Dai Brots Bäckerei:

fliegt die Nacht wie schwarzes Mehl.

In der Eselsstraße trottet sie

mit Seetang an den Hufen

lautlos übers Kopfsteinpflaster,

das rillig ist von Muschelschalen;

vorbei am Farn-Topf hinterm Vorhang,

am Zimmer mit gerahmtem Wandspruch,

mit Nippes und Harmonium,

mit Hausaltar auf der Kommode,

zartgetünchten Aquarellen,

rosenbedruckter Tee-Blechdose

und Porzellanhund auf dem Bord.

Eine Nacht, die Unfug treibt,

indem sie ihren Esels-Ruf

in die Kleinkinderzimmer dröhnt.

Siehe. Es ist Nacht, die dummstumm,

doch majestätisch durch die

Kirschalleen der Krönungsstraße defiliert;

über den Friedhof der Bethesda

geht sie mit Handschuh-gefalteten

Händen aus Vier-Winden,

und legt Tautropfen ab;

- dann taumelt sie ins ´Seemannswappen`.

Die Zeit verrinnt.

Höre, wie die Zeit verrinnt.

Komm näher jetzt.

Nur du kannst die Häuser

in den Straßen schlafen hören

in einer Nacht, die sich

mit sanft-tief-salz`ger Wollust

und mit schweigendem Samt-Schwarz

wie mit Bandagen ein- und verhüllt.

Nur du kannst durch die Jalousien

in die Schlafgemächer schauen

wo die Leibeswäsche hängt:

Hemdhosen und Unterröcke

über Stuhllehnen geworfen,

Wasserkrug am Handwaschbecken,

Gläser mit künstlichen Gebissen,

gerahmt an der Wand: die Zehn Gebote

sowie verblichene Fotografien

als das ´Bitte-recht-freundlich`

von längst Verblichenen.

Nur du kannst hören und auch sehen,

- hinter die Augen der Schläfer:

Reisen und Länder,

Irrgärten und Farben,

Betroffenheit und Regenbogen,

Klänge und Wünsche, Flug und Fall,

Entmutigung, Verzweiflung und

- die Großen Seen ihrer Träume.

Wo du nun gerade bist,

kannst du ihren Träumen lauschen.

Käpt`n Cat, der alte, blinde

Ex-Kapitän zur See,

schläft in seiner Koje,

in dieser muschelschaligen,

Buddelschiff-gestopften,

rein-Schiff-gemachten,

besten Kabine vom Seemannsheim.

Er träumt von:

ZWEITE STIMME

nie jemals solche Wogen wie die,

die damals über die Deckplanken

seines Dampfschiffs ´Kidwellly` schwappten.

Doch nun blähen sie sich mächtig

über seinem Bettzeug auf,

saugen Quallen-schleimig an ihm,

ziehen ihn stetig abwärts

ins salzige Tief der Klabautermann-Nacht,

aus der die Fische schnappend schnellen

und ihn bis aufs Gabelbein abnagen

und die längst schon Ertrunkenen

kuscheln sich nuschelnd an ihn.

ERSTER ERTRUNKENER

Entsinnst du dich meiner, Kapitän?

KÄPT`N CAT

Klar, du bist Williams, der Tänzer!

ERSTER ERTRUNKENER

In Nantucket geriet ich aus dem Takt.

ZWEITER ERTRUNKENER

Hallo Käpt`n, siehst du mich?

Abbildung 2: Käpt`n Cat

Mich, den sprechenden weißen Knochen?

Ich bin´s, Tom-Fred, der Hilfsmaschinist …

Wir teilten uns mal dasselbe Mädel …

Ihr Name, der war Mrs Probert …

FRAUENSTIMME

Rosie Probert, Entengasse 33.

Kommt nur rauf, Jungs, ich bin tot.

DRITTER ERTRUNKENER

Halt mich, Käpt`n, ich bin Jonah Jarvis,

mit mir nahm es ein schlimmes Ende,

- schlimm, aber dennoch sehr vergnüglich.

VIERTER ERTRUNKENER

Alfred Pomeroy Jones,

Querulant und Besserwisser,

geboren in Mumbles,

gesungen hab´ ich wie ein Hänfling,

dir zog ich einmal mit Wucht

einen Bierkrug übern Schädel;

bin tätowiert mit Seejungfrauen,

bin durstig wie ein Schwimmbagger,

- gestorben bin ich an den Blattern.

ERSTER ERTRUNKENER

Und der kahle Schädel da,

rechts an deiner Ohrmuschel,

das ist …

FÜNFTER ERTRUNKENER

Lockenkopf Bevan.

Sag meinem Tantchen nur,

dass ich es war,

der ihre Messinguhr verpfändete …

KÄPT´N CAT

Aye, Aye, Locke.

Abbildung 3: Lockenkopf Bevan

ZWEITER ERTRUNKENER

Sagst du bitte meiner Missus,

Dass ich niemals nicht …

DRITTER ERTRUNKENER

Dass ich niemals nie tat,

was sie stets behauptete,

nie und nimmer.

VIERTER ERTRUNKENER

Aber klar, taten die das alles.

FÜNFTER ERTRUNKENER

Und wer bringt meiner Gwen nun

Kokosnüsse, Seidenschals

und bunte Papageien?

ERSTER ERTRUNKENER

Wie geht es überhaupt dort oben?

ZWEITER ERTRUNKENER

Gibt´s noch Rum und Seetang-Brot?

DRITTER ERTRUNKENER

Brüste und Rot-busige-Kehlchen?

VIERTER ERTRUNKENER

Ziehharmonika und Quetschkommode?

FÜNFTER ERTRUNKENER

Ebenezers Glocke?

ERSTER ERTRUNKENER

Eins auf die Mütze in ´ner Klopperei?

ZWEITER ERTRUNKENER

Sperlinge und Gänseblümchen?

DRITTER ERTRUNKENER

Stichlinge im Marmeladenglas?

VIERTER ERTRUNKENER

Buttermilch und Hunderennen?

FÜNFTER ERTRUNKENER

Schaukelwiegen für die Babys?

ERSTER ERTRUNKENER

Frische Wäsche auf der Leine?

ZWEITER ERTRUNKENER

Alte Schachteln mit Likör

in den Kneipenhinterzimmern?

DRITTER ERTRUNKENER

Singen in Dowlais noch Tenöre?

VIERTER ERTRUNKENER

Wer melkt die Kühe nun

auf Maesgwyns schönen Weiden?

FÜNFTER ERTRUNKENER

Sieht man noch Grübchen,

wenn sie lächelt?

ERSTER ERTRUNKENER

Wie riecht noch gleich die Petersilie?

KÄPT´N CAT

Ach, meine lieben Toten,

ach, meine toten Lieben!

ERSTE STIMME

Von dort, wo du bist, kannst du

in mondloser Frühlingsnacht

von der Muschelgasse her

Miss Price hören,

Schneiderin und Inhaberin

des Schokoladengeschäfts am Ort.

Sie träumt von

ZWEITE STIMME

ihrem geliebten Galan,

aufrecht und so stattlich

wie der Uhrenturm der Stadt,

ein Samson mit Sirup-gold`ner Mähne,

Abbildung 4: Miss Myfanwy Price & Mr Mog Edwards

von siedend-heißem Temperament,

mit Mordsschenkeln und Donnerstimme.

Die schiffsbugige Brust muschelbewachsen

drischt er mit Lötkolbenblick

ihr Herz, bis es ihr im Leibe hüpft,

wenn er sich herniedersenkt und schabend

an ihrem Wärmflaschen-liebenden Körper reibt.

MR EDWARDS

Myfanwy Price!

MISS PRICE

Mr Mog Edwards!

MR EDWARDS

Tuchhändler bin ich und liebestoll.

Mehr lieb ich dich als Flanell,

Kattun und Dowlas, mehr als

Steppdecke und Baumwollstoff,

Frottee und Merinowolle,

Halbseide, Krepp und Cretonne,

mehr als Musselin und Popelin,

als Kissen-Inlett und als Twill

in der Weltenwarenhalle

aller Kleider und Textilien.

Gekommen bin ich,

um dich mitzunehmen,

fort von dort unten,

empor ins Emporium

hin zu meinem Hügel,

zum Warenhaus hier oben,

wo`s Wechselgeld auf Drähten surrt.

Streif ab dir deine Nacht-Bettsöckchen

und die walisisch-wollgestrickte Jacke.

Ich wärme dir die Laken an

wie ein surrender Elektrotoaster;

bei deiner Seite will ich liegen

so wie ein heißer Sonntagsbraten.

MISS PRICE

Ein Brieftäschchen für feine Herren,

das strick ich dir mit eigner Hand

im Hellblau des Vergissmeinnichts,

damit`s dem Geld darin gefällt.

Dein Herz wärm ich am Feuer an,

dass du es dir nach Ladenschluss

unters Leibchen schieben kannst.

MR EDWARDS

Myfanwy, Myfanwy,

bevor die Mäuse dir den Slip annagen

oder sonst was in der tiefsten Lade,

wirst du dich mir erklären müssen,

und sollst mir sagen

MISS PRICE

Ja, Mog, ja, Mog, - ja, ja, ja.

MR EDWARDS

So mögen alle Ladenkassen der Stadt

klingeln wie die Kirchenglocken

und uns zur Hochzeit läuten.

(Klang von Laden- und von Kirchenglocken)

ERSTE STIMME

Komm nun, lass dich treiben,

wehen durch die Finsternis

hin zur wehenden, sehenden,

seedunklen Straße,

die nun im Nachtschwarz

auf und ab wogt wie das Meer.

Komm zur Bibel-schwarzen,

mufflig-buckligen Mansarde

über Jack Blacks Schusterladen,

wo einsam und verbiestert

Jack Black im Nachthemd liegt,

welches er stets mit Gummiringen

um seine Fußgelenke bindet.

Er träumt davon, dass er

Abbildung 5: Jack Black

ZWEITE STIMME

die lasterhaften Pärchen jagt,

hinaus aus ihrem Lotterbett im Walde,

das grasgrün und Stachelbeerumrandet

sich über des Haines Lichtung dehnt,

dass er die Trunkenbolde prügelt und sie

auf den mit Sägemehl bestreuten Böden

der Arbeitertavernen drischt,

dass er die bloßen, losen, bösen Mädchen

aller Dreigroschen-Tanzkaschemmen

hinaus aus seinem Albtraum treibt.

JACK BLACK (laut)

Ach, igitt, igittigitt!

ERSTE STIMME

Evans Todd, der Leichenbitter,

ZWEITE STIMME

Lacht schrill auf in seinem Schlaf

und rollt die Zehen ein,

denn er erwacht vor fünfzig Jahren

und schaut aufs Freiland für die Gänse

hinter dem schlaftrunkenen Haus:

Alles bedeckt von hohem Schnee.

Er läuft hinaus aufs Feld,

wo seine Mutter mitten im Schnee

Waliser Küchlein bäckt.

Eine Faust voll Rosinen und Flocken

stiehlt er und stiebt zurück ins Bett,

um seine Beute, kalt und süß,

unter den warmen, weißen

Laken zu verzehren.

Währenddessen tanzt die Mutter

durch ihre Schneeküche,

und sie beklagt sich

über die verlorenen Korinthen.

ERSTE STIMME

Und im kleinen pinkäugigen Häuschen

neben dem Laden des Leichenbitters

liegen allein und schnarchend

die hundertacht sanften

Kilos des Herrn Waldo,

Kaninchenjäger und Barbier,

Kräuterhändler, Kurpfuscher und Katzendoktor.

Die fetten rosa Pfötchen ruhen

mit den Handflächen nach oben

über seiner Patchwork-Decke.

Die schwarzen Stiefel nett-adrett

im Handwaschbecken stehend.

Auf dem Nagel überm Bett

hängt schwarz seine Melone.

Unterm Kopfkissen verstaut:

eine Henkelflasche Starkbier

und eine kalte Scheibe Brotpudding.

Tröpfelnd in der Dunkelheit träumt er von:

MUTTER

Ein kleines Schweinchen ging zum Markt,

ein kleines Schweinchen blieb daheim,

ein kleines Schweinchen Roastbeef fraß,

ein kleines Schweinchen saß allein

und ein kleines Schweinchen …

KLEINER JUNGE

Quiek, quiek, quiek!

MUTTER

… ging den ganzen Weg zurück bis …

FRAU (schreiend)

Waldo! Wal-do!

HERR WALDO

Ja, Blodwen, Liebes?

FRAU

Ach, was sollen nur

die Nachbarinnen

über uns erzählen …

Ach, was werden nur

die Nachbarinnen …

ERSTE NACHBARIN

Arme Frau Waldo,

ZWEITE NACHBARIN

was die nur zu ertragen hat.

ERSTE NACHBARIN

Hätte den nie nehmen dürfen.

ZWEITE NACHBARIN

War schließlich eine Mussehe,

ERSTE NACHBARIN

das gleiche wie bei deren Mutter

ZWEITE NACHBARIN

Das ist mir doch ein feiner Mann,

ERSTE NACHBARIN

grad so niederträchtig wie sein Vater,

ZWEITE NACHBARIN

und man weiß ja, wie es endet:

ERSTE NACHBARIN

beim Alten ganz klar: in der

Klapse.

ZWEITE NACHBARIN

Der Sohn schreit nun nach seiner Mama

ERSTE NACHBARIN

und das jeden Samstagabend.

ZWEITE NACHBARIN

Dann weiß der nicht mehr heimzukehren

ERSTE NACHBARIN

und treibt sich ständig nur herum

ZWEITE NACHBARIN

mit dieser Mrs Beattie Morris

ERSTE NACHBARIN

im alten Steinbruch oben.

ZWEITE NACHBARIN

Und ihr Baby gleicht ihm:

ERSTE NACHBARIN

Das Kind hat seine Nase.

ZWEITE NACHBARIN

Ach, mir blutet schon das Herz,

ERSTE NACHBARIN

um zu saufen, tut der Alles.

ZWEITE NACHBARIN

Verkaufte schon das Pianola

ERSTE NACHBARIN

und danach die Nähmaschine.

ZWEITE NACHBARIN

Fällt besoffen in die Gosse,

ERSTE NACHBARIN

spricht mit dem Laternenmast

ZWEITE NACHBARIN

und zwar in schlimmen Zoten,

ERSTE NACHBARIN

singt lauthals auf dem Lokus.

ZWEITE NACHBARIN

Die arme Mrs Waldo!

FRAU WALDO (in Tränen)

… Ach, Waldo, Waldo!

HERR WALDO

Ruhig, Lieb`, sei endlich still.

Will mich als Witwer Waldo fühlen.

MUTTER (laut rufend)

Waldo, Wal-do!

KLEINER JUNGE

Ja, liebe Mutti?

MUTTER

Ach, was werden nur die Nachbarinnen

Wieder von uns reden.

Ach, was werden nur die Nachbarinnen …

DRITTE NACHBARIN

Schwarz wie ein Schornsteinfeger,

VIERTE NACHBARIN

Klimpermännchen spielend,

DRITTE NACHBARIN

Scheiben einwerfend,

VIERTE NACHBARIN

Matschkuchen backend,

DRITTE NACHBARIN

Korinthen klauend,

VIERTE NACHBARIN

Unflätige Kreideschmierereien.

DRITTE NACHBARIN

Ich sah ihn in den Büschen

VIERTE NACHBARIN

schweinische Doktorspiele treibend.

DRITTE NACHBARIN

Ohne Abendbrot ins Bett

sollte man ihn schicken.

VIERTE NACHBARIN

Ihm Abführmittel geben

und ab in den Verschlag.

DRITTE NACHBARIN

Noch besser in die Besserungsanstalt,

VIERTE NACHBARIN

Ab in die Besserungsanstalt!

ZUSAMMEN

Die schluffen ihm Benimm ein

und versohlen ihm den Hintern

EINE ANDERE MUTTER (schreiend)

Waldo, Wal-do!

Was tust du da mit unserer Matti?

KLEINER JUNGE

Her mit ´nem Kuss, Matti Richards!

KLEINES MÄDCHEN

Her mit ´nem Penny dafür!

HERR WALDO

Ich hab` doch nur ´nen halben Penny.

ERSTE FRAU