Unterwegs im Auftrag des Herrn - Carsten Leinhäuser - E-Book

Unterwegs im Auftrag des Herrn E-Book

Carsten Leinhäuser

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Beschreibung

Dieses Buch weckt die Sehnsucht nach einem Glauben, wie er auch sein könnte: wild, aufregend, lebenslustig, tiefgehend, abenteuerlich und manchmal einfach urkomisch. Woran denken Sie, wenn Sie an »Katholische Kirche« und »Priester« denken? Egal, was es ist: Vergessen Sie es! Denn Carsten Leinhäuser passt in kein Klischee. Der katholische Geistliche ist ein Abenteurer Gottes, der ihm immer wieder unterwegs begegnet – in der Gegenwart faszinierender Menschen und an vielen Orten der Erde. Er landet in den unmöglichsten Situationen, erzählt von Testfahrzeugen, die er zu Schrott fährt, Beziehungskisten, Blind-Dates mit Gott und warum Apfelsinen ihn ans Beten erinnern. Wenn er wütend feststellt, was ihn an Kirche stört, nimmt er kein Blatt vor den Mund – und er berührt unsere Herzen, wenn er erzählt, warum er sich trotzdem kein anderes Leben vorstellen kann. »Ich bin ein Liebhaber der konkreten, greifbaren und echten Zeichen der Liebe Gottes, die ich in meinem Leben und in dem der anderen entdecken kann.« Carsten Leinhäuser

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Seitenzahl: 148

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Carsten Leinhäuser

Unterwegs im Auftrag des Herrn

Kirche kann ganz anders sein!

Knaur e-books

Über dieses Buch

Carsten Leinhäuser passt in kein Klischee. Der katholische Geistliche ist ein Abenteurer Gottes, der ihm immer wieder unterwegs begegnet – in der Gegenwart faszinierender Menschen und an vielen Orten der Erde. Er gerät in die unmöglichsten Situationen, erzählt von Testfahrzeugen, die er zu Schrott fährt, Beziehungskisten, Blind-Dates mit Gott und warum Orangen ihn ans Beten erinnern. Wenn er wütend feststellt, was ihn an Kirche stört, nimmt er kein Blatt vor den Mund – und er berührt unsere Herzen, wenn er erzählt, warum er sich trotzdem kein anderes Leben vorstellen kann. Eine spannende und unterhaltsame Abenteuerreise durch die Welt des christlichen Glaubens.

Inhaltsübersicht

MOTTOWER BIST DU, GOTT?UNTERWEGSFERNWEHGEGENWINDZWEIFELDA HILFT NUR BETENGUTE BEGLEITERIM NAMEN DES HERRENES WIRD NIE LANGWEILIGVERTRAUENSEHNSUCHTDANKEQuellennachweis
[home]

Allen Suchenden.

Allen Fragenden.

Allen Zweifelnden.

Allen Hoffenden.

Allen Neugierigen.

Allen Abenteuerlustigen.

Allen, die auf dem Weg sind.

 

*

 

Irgendwann kommst du an den Punkt,

da willst du es einfach wissen.

Warum?

Wohin?

Mit wem?

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1

WER BIST DU, GOTT?

Die Hüttenwirtin

Es ist Sommer in den Bergen. Der Himmel tiefblau, die Sonne brennt. Seit Stunden bin ich unterwegs: vom Tal hoch auf den Gipfel und wieder zurück.

Weil ich meine Wanderstöcke vergessen habe, bin ich beim Absteigen mehrmals ausgerutscht und gestürzt. Die Knochen tun weh – und die Beine noch mehr. Die letzten Meter schleppe ich mich zur Hütte und lasse mich auf die verwitterte Holzbank fallen.

Vor mir steht die füllige Hüttenwirtin mit zerzaustem Haar und wettergegerbter Haut. Tiefe Lachfalten zeichnen sich in ihrem Gesicht ab. »Wos dearf’s sai? A Radler?«

Ich nicke wortlos, und die Hüttenwirtin bringt mir kurz darauf mein kühles Getränk, das ich mit einem Satz in mich reinkippe. Der Alkohol tut sein Werk, und bald bin ich mit der Flasche in der Hand eingenickt.

Ein Tippen auf meiner Schulter: »Wenn ’d moagst, leg di da hinten auf an Liegestuhl«, sagt sie mit einem milden Lächeln. »Da koanst gut schloafen. I weck di, wenn der Bus ins Tal koamt.«

Am Abend liege ich in meinem Bett und frage mich, ob Gott vielleicht eine mollige, immer lächelnde Hüttenwirtin ist. Während den Berg- und Talwanderungen meines Lebens ist sie immer gleich um die Ecke und begrüßt mich mit ihren lustigen Fältchen um die Augen. Sie bietet mir einen gemütlichen Platz an, wenn ich keine Energie mehr habe, und serviert mir ein kühles Radler und ein großes Schnitzel. Sie hört sich meine Geschichten geduldig an und gibt mir spannende Insidertipps für den nächsten Wegabschnitt. Manchmal ist sie etwas grantig, wenn gerade viel los ist. Aber sie hat ein Herz aus Gold. Und ich mag sie irgendwie.

 

*

 

Ich habe Gott gesehen.

Im Ernst. Ich habe ihn gesehen. Ganz deutlich. Direkt vor meinen Augen.

Du glaubst mir nicht? Du hältst mich für verrückt? Vielleicht bin ich das.

Aber ich habe Gott gesehen!

An diesem einen Abend am Strand. Wir haben im Kreis gesessen und dem Rauschen der Wellen gelauscht. Überm Meer ging die Sonne langsam unter, und wir haben Lieder gesungen und miteinander gebetet. Und ER war da.

In diesen Nächten am Lagerfeuer. Wir haben lauwarmes Flaschenbier getrunken, allerlei Geschichten erzählt und den klampfenden Gitarrenspielern zugehört. Und ER war da.

Bei diesem Gespräch im Herbst in Taizé. Zwei Jugendliche haben mir von ihren Herausforderungen und Kämpfen und Sorgen berichtet. Davon, dass ihr Leben gerade sauanstrengend ist. Und ER war da.

Dort oben auf dem Gipfel. Völlig entkräftet bin ich am Ufer des türkisfarbenen Bergsees auf den Boden gefallen und erst mal liegen geblieben. Keine Menschenseele weit und breit. Nur der See, die Gipfel und eine Herde neugieriger Kühe. Und er. Und ER war da.

Bei diesem verrückten Roadtrip im Sommer. Als ich meinen Neffen mal eben zu seinem Papa nach Belgien gefahren habe. Er konnte meine Spotify-Playlist besser und lauter mitsingen als ich. Und ER war da.

An jenem grauenhaften Tag, an dem ich so kurz davor war, alles hinzuschmeißen, und am liebsten weit weggerannt wäre. Da waren Freunde für mich da. Und ER war da.

In diesen einzigartigen Momenten, die man nicht machen kann; die einfach passieren. Die plötzlich da sind und nur einen Hauch lang dauern. Die einfach nur gut sind. Da war ER dabei.

Ich habe Gott gesehen.

Im Ernst. Ich habe ihn gesehen.

Ganz deutlich. Direkt vor meinen Augen.

Und du?

 

Blind Date mit Gott

Vor vielen Jahren hat mir ein stolzer Bauer seinen Orangengarten gezeigt. Eine Stunde lang sind wir von Baum zu Baum marschiert. An jedem Baum schnitt er eine Orange ab, öffnete sie und hielt sie mir hin. Orangen seien wunderbar, und man müsse sie mit allen Sinnen genießen und schmecken.

Früher waren Orangen für mich  … na ja  … Orangen halt: Sehen aus wie Orangen, riechen wie Orangen, schmecken wie Orangen, sind Orangen. An jenem Tag hat sich mein Blick auf diese Frucht grundlegend geändert. Die Geschmackssinne sind förmlich explodiert. Jede Orange war »orangig« und doch ganz anders. Lecker, saftig, süß, sauer, bunt, blumig, mal mit einem bitteren Unterton, manchmal mit einer Art Schärfe drin. Und sie sahen auch alle irgendwie ein wenig anders aus. Hatten eine glatte, vernarbte, ungleichmäßige, rissige, eine perfekt glänzende oder eine eher matte Haut. Es gab die Früchte in diesem Garten in allen möglichen Größen und Farbnuancen.

Orangen sind Orangen. Aber sie sind nicht gleich.

Gott ist Gott. Aber er ist nicht für jeden von uns der Gleiche. Auf meiner Lebensreise lerne ich immer wieder neue »Geschmacksvarianten« Gottes kennen. Mal zeigt er sich mir als Vater oder als Gärtner. Mal als die mollige Hüttenwirtin. Mal ist sie voller Macht und Stärke, mal ist er ganz verletzlich. Sie hat ein breites Lächeln; er bebt er vor Zorn und Wut.

Gott. Er ist freundlich, gütig, demütig. Sie ist gerecht, streng und mächtig. Lustig und bitter. Unendlich groß und verbirgt sich doch zuweilen im unsagbar Kleinen. Er hat jede Menge Humor – und einen tiefen Ernst. Sie lacht laut schallend, er kichert gerne vor sich hin. An manchen Tagen weint und schreit er – und in einigen Situationen scheint sie keine Worte für mich zu haben.

Ich hab aufgegeben, mir ein Bild von Gott machen zu wollen. Stattdessen habe ich große Freude daran, neugierig zu schauen, welche Geschmacksvarianten er noch so auf Lager hat. Wie sie sich mir heute zeigen wird. Oder morgen. Oder übermorgen.

Ich weiß, dass ich wenig über ihn weiß – und dass ich ihn jeden Tag besser kennenlernen kann. Ein ganzes Leben lang und darüber hinaus.

 

Abraços – Wenn dich das Leben umarmt

Irgendwo in Brasilien. Ich stehe mit drei Frauen an einem Grab. Meine Hand ruht auf dem glatten Stein der Grabplatte. Wir stehen lange da. Wir schweigen, weinen leise. Tränen der Trauer und der Dankbarkeit.

Zwei Jahre zuvor habe ich Paulo zum letzten Mal gesehen und zum Abschied umarmt. Auch damals haben wir geweint. Der alte, dürre Bauer mit seinen von der harten Arbeit gezeichneten schwieligen Händen und der junge Priester aus dem fernen Deutschland.

18 Jahre zuvor haben wir gemeinsam an einem Haus gebaut. Es sollte ein soziales Projekt werden. Nach wenigen Jahren ist dieses Vorhaben leider gescheitert. Stattdessen ist eine tiefe Freundschaft gewachsen, die auch den Tod übersteht.

 

Von Paulo habe ich gelernt, dass man weder Studium noch Doktortitel, noch Macht braucht, um ein wahrhaft großer Mensch zu sein. Dass das Unscheinbare, Kleine, Einfache oftmals das Wertvollste ist. Dass Christ*innen füreinander und für andere da sind. Dass die wahren Theologen oftmals eher mit einer Hacke, einer Schippe und rissigen Händen daherkommen als mit schlauen Büchern und großen Worten.

Bei unserer ersten Begegnung hat Paulo mir eine kleine steinerne Statue des Jesus vom Corcovado, eine Miniatur der Christusfigur in Rio de Janeiro, geschenkt. Darauf hat er die Worte »De Paulo /p Cassio« (»Von Paulo. Für Carsten«) eingraviert. Diese Statue ist mein wertvollster Besitz. Sie erinnert mich jeden Tag daran, dass Jesus mich umarmt.

Mich umarmt durch Menschen wie Paulo. In besonderen Begegnungen und Momenten. Auch an diesem Tag an Paulos Grab.

 

Gastfreundschaft

Gemeinsam mit knapp 40 jungen Erwachsenen aus Freiburg und Speyer sind wir fast drei wunderbare Wochen zum Weltjugendtag in Südamerika. Wir dürfen bei Familien zu Gast sein und das Leben auf dem Land und in der Stadt kennenlernen. Mit fast zwei Millionen Jugendlichen und Papst Franziskus erleben wir einen gigantischen Gottesdienst an der Copa Cabana und chillen schließlich drei Tage auf einer Insel südlich von Rio.

Während die anderen Teilnehmer zurück nach Deutschland fliegen, mache ich mich auf den Weg in den Bundesstaat Minas Gerais. Dort habe ich 14 Jahre zuvor bei einem Projekt der Kolpingjugend gemeinsam mit deutschen und brasilianischen Freunden ein Haus gebaut, mich in das Land und die Menschen verliebt – und mich entschieden, Priester zu werden. Jetzt will ich zum ersten Mal nach langer Zeit endlich wieder meine brasilianische Familie besuchen.

Obwohl die Reise nach Minas Gerais »nur« knapp 600 Kilometer lang ist, brauche ich fast 24 Stunden dafür: Per Schiff, Bus, Taxi, Flugzeug und Mietwagen. Wenige Kilometer vor dem Ziel entdecke ich einen kleinen See neben der Landstraße. Weil ich total übermüdet und verschwitzt bin (und vermutlich auch dufte wie ein Iltis), suche ich einen Weg zum See, um darin zu baden. Ein alter Mann steht auf dem Weg, ich halte meinen Wagen an und erkläre ihm, wohin ich möchte. Er lächelt und fordert mich auf, hinter ihm herzufahren. Nach wenigen Minuten parke ich vor seiner Hütte, und er lädt mich ein hereinzukommen. Dann zeigt er mir seine Küche, sein Schlafzimmer und das Ufer hinter dem Haus.

»Wenn du Hunger hast oder Durst, bedien dich«, sagt er. »Und wenn du müde bist, leg dich ins Bett und schlaf dich mal aus. Nimm dir, was du brauchst.« Während ich ziemlich baff bin, lächelt er mich an und meint: »Ich muss jetzt übrigens zur Arbeit. Wenn du gehst, mach einfach die Tür hinter dir zu.« Bevor ich mich bedanken kann, dreht er sich um und geht.

Ob ich da – mal wieder – Gott begegnet bin?

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2

UNTERWEGS

Groove

Sommer 1998. Vor einem Jahr haben mir meine Eltern zum bestandenen Führerschein einen »kleinen Gebrauchten« geschenkt. Einen Fiat Panda: schwarz, mit Faltdach, schepperndem Kassettenradio und unglaublichen 34 Pferdestärken. In einer feierlichen Zeremonie haben meine Freunde und ich das Fahrzeug mit einer Flasche Bier getauft. Auf den Namen Moses. Weil dieser 40 Jahre gebraucht hat, um mit dem Volk Israel einmal quer durch die Wüste zu wandern – und weil »mein Moses« auch nicht der Schnellste ist.

Da zwischen Abi und Studium etwas Zeit ist, habe ich mich entschieden, gemeinsam mit Moses einen Roadtrip quer durch Frankreich zu machen. Im Gepäck: mein Rucksack, eine Landkarte (damals gab’s noch kein Google Maps) und drei einfachen Regeln:

1. Es gibt kein Ziel – höchstens eine Richtung

2. Sei spontan

3. Autobahnen sind verboten

 

Mit offenem Dach und mehreren ultimativen Mixtapes starten Moses und ich unsere Tour quer durch Frankreich – und erleben eines der schönsten Abenteuer meines Lebens. Wir grooven uns gen Süden ein und gondeln kreuz und quer durch das Land. Auf unserem Weg entdecken wir Landschaften, Dörfer und Städtchen, die wunderschön sind und oft halb verfallen. Dort, wo es uns gefällt, machen wir halt und genießen die Sommersonne.

Irgendwo in Burgund klopfe ich an einem alten Pfarrhaus und bitte um Unterkunft. Der Pfarrer hat gerade Freunde zu Besuch, und wir trinken zusammen bis spät in die Nacht Rotwein und quatschen. Ich schlafe in einem kleinen staubigen Zimmer auf dem Boden und ziehe am nächsten Morgen weiter. Irgendwo im Nirgendwo besichtige ich ein bizarres Museum mit rostenden Staatskarossen aus allerlei Ländern. Angeblich steht hier sogar das Auto, in dem Kennedy gestorben ist. Keine Ahnung, ob an der Geschichte was dran ist.

Zufällig bin ich während des Viertelfinales der Fußball-WM in Lyon und stehe umringt von Kroaten und Franzosen vor einer großen Leinwand, während Deutschland nur wenige Kilometer entfernt 0:3 gegen Kroatien verliert. Danach lädt mich ein junges französisches Pärchen auf ein »Trostbier« in eine Straßenkneipe ein. Auf dem Weg durch den Grand Canyon de Verdon gabele ich zwei Anhalterinnen auf. Wir bezwingen im zweiten Gang die steilen Serpentinenstraßen und reden über Gott und die Welt.

Es gäbe noch mehr lustige und schräge Momente von dieser Reise zu erzählen. Was bleibt, ist die Erinnerung an zwei unvergessliche Wochen. Und die Erfahrung, dass es sich absolut lohnt, ab und an ohne Ziel aufzubrechen und sich vom Leben überraschen zu lassen.

 

Umwege

Ob ich mal eben noch zehn Minuten Zeit habe, fragt mich Guto. Er ist der Besitzer der kleinen Pousada, in der ich seit vier Tagen zu Gast sein darf. Ich bin in Lavras Novas, einem kleinen zugigen Städtchen auf 1500 Metern Höhe in den Bergen Brasiliens. Mein Plan ist es, dass ich heute noch knapp 300 Kilometer über teilweise unbefestigte Straßen zu meinem nächsten Ziel fahre. Die Zeit ist knapp – und wenn ich pünktlich sein will, muss ich jetzt losfahren.

»Nur zehn Minuten, Carsten; keine große Sache.« Guto ist hartnäckig und will mich so schnell nicht ziehen lassen.

»Ich überlege kurz: Eigentlich will ich jetzt lieber direkt los. Das Auto ist fertig gepackt, und ich habe mir gerade zwei Aspirin eingeworfen, weil ich total verschnupft bin. Aber die Bitte abzuschlagen wäre irgendwie unhöflich, und zehn Minuten sind ja auch kein Ding. Also sage ich zu.

Guto packt mich in sein Auto, und wir holpern los. Erst jetzt komme ich auf die Idee, mal nachzufragen, was er eigentlich genau von mir will. Grinsend erzählt er, dass der Fernsehsender »Rede Minas Gerais« im Dorf ist und eine Reportage über Tourismus auf dem Land drehen möchte. Dazu suchen sie noch einen Hauptdarsteller, der mit dem Quad über die Berge fährt – die Reporterin als Sozius mit dabei. »Wie gesagt: nichts Großes. Und in zehn Minuten sitzt du wieder in deinem Auto und fährst los. Es könnten auch 20 Minuten werden oder eine halbe Stunde. Maximal. Keine Sorge.«

Was soll ich sagen? Die »zehn Minuten« haben dann über zwei Stunden gedauert und waren absolut der Hammer! Mit einer sympathischen Reporterin auf dem Rücksitz durfte ich mit einem Quad über Stock und Stein düsen. Über sandige Pisten, an verborgenen Wasserfällen vorbei zur »Lagune der Verliebten«. Ein etwas verpeilter Kameramann hielt alles im Film fest – und der stets freundlich lachende Guto war unser Zuschauer. Fazit: Manchmal sind »Zehn-Minuten-Umwege« das Beste, was dir bei deiner Lebensreise passieren kann.

Die Reportage könnt ihr übrigens hier sehen (ab Minute 3): https://www.youtube.com/watch?v=7QMxHVAnXzw

 

Salami und Wasser

In den Bergen.

Über weite Strecken – nix außer Natur.

Wilde, ungezähmte Natur.

Genau so wild und ungezähmt wie das Leben.

Kleines Gepäck: eine Salami, ein Stück Brot, eine Flasche Wasser.

Pures Glück.

Was brauchen wir wirklich zum Leben? Was gibt dir Energie in deinem Alltag – auf deinem Weg?

Im Job – im Stress – in all den Aufgaben, die du zu bewältigen hast?

Was löscht deinen Durst, was stillt deinen Hunger nach Leben?

 

14:37

Mein Alltag ist komplett durchgetaktet und vorprogrammiert! Der Kalender auf meinem Smartphone weiß schon Monate im Voraus ganz genau, wann ich an welchem Tag zu welchem Zweck an welchem Ort sein werde. Und die To-do-App auf meinem PC sagt mir jeden Morgen, was ich heute zu tun habe. Sie gibt mir sogar Punkte für erledigte Aufgaben – und macht mich blöd von der Seite an, wenn ich mein Tagesziel mal wieder nicht erreicht habe.

Mein Leben ist komplett durchgetaktet und vorprogrammiert? Von wegen!

Denn weder mein Kalender noch meine To-do-Liste können vorherberechnen, was am nächsten Montag um 14:37 Uhr tatsächlich passieren wird. Beide haben keinen blassen Schimmer von all den unerwarteten Dingen, die mich ständig überraschen und alle Pläne über den Haufen werfen.

Woher sollen sie auch wissen, dass ausgerechnet an diesem knallvollen Montag um 14:37 Uhr meine beste Freundin anruft, weil sie mal wieder mit einem platten Reifen liegen geblieben ist und jetzt dringend meine Hilfe braucht?

In solchen Momenten lege ich, wenn’s irgendwie geht, den Kalender und die To-do-Liste zur Seite und mache mich auf den Weg, um zu helfen. Aus der Vorbereitung des nächsten Meetings wird mal eben eine ungeplante Reifenwechselaktion. Statt PC und Schreibzeug sind plötzlich Wagenheber und Radkreuz meine Werkzeuge.

Mein Leben lässt sich weder durchtakten noch vorprogrammieren. Ich kann mit voller Hingabe Pläne schmieden und versuchen, irgendwie den Überblick zu behalten.

Aber im Grunde ist mein Leben unvorherberechenbar. Es streckt mir mit einem breiten Lächeln die Zunge raus, wenn ich versuche, es zu sehr in Termin- und To-do-Listen einzuzwängen. »Hey, ich bin das Leben«, sagt es. »Ich hab keinen Bock auf enge Fesseln und Vorschriften. Ich will atmen. Frei sein. Leben!« Und genau das macht es spannend. Aufregend. Herausfordernd. Faszinierend.

 

Da wartet ein Abenteuer

Ja, ich weiß. Manchmal ist das echt nervig. Da hast du so perfekte Pläne ausgearbeitet – und dann kommt plötzlich alles ganz anders. Das Leben selbst wirft alles über den Haufen. Jetzt hast du drei Optionen:

1. Du kannst versuchen, deinen ursprünglichen Plan mit aller Kraft doch irgendwie durchzuziehen. Das wird dich jede Menge Energie kosten. Und glaub mir: Meistens klappt das nicht.

2. Du kannst dich schmollend in die nächste Ecke setzen und über dieses doofe Leben schimpfen.

3. Du kannst die Herausforderung annehmen und versuchen, das Beste draus zu machen.

Um ehrlich zu sein, hangele ich mich ziemlich oft von Option 1 über 2 nach 3 durch: Ich mag’s nämlich nicht so, wenn meine »coolen« Pläne durchkreuzt werden. Ich checke also, ob und wie mein Plan doch noch funktionieren könnte. Wenn’s nicht klappt, bin ich erst mal zickig und sauer. Es kratzt ja schon am Ego, wenn’s nicht so läuft wie gedacht. Schließlich nehme ich die Herausforderung an, gebe mein Bestes und schaue, was passiert.