"Verbotene Nähe – Wenn Begierde keine Grenzen kennt" - Sophie Nacht - E-Book

"Verbotene Nähe – Wenn Begierde keine Grenzen kennt" E-Book

Sophie Nacht

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Beschreibung

Sie ist 38. Er ist 20. Und der Sohn ihrer besten Freundin. Klara führt ein stilles Leben – geprägt von Loyalität, Gewohnheit und der leisen Angst, etwas verpasst zu haben. Als sie beim Abendessen auf Leon trifft, den Jungen, den sie als Kind kannte, ist nichts mehr, wie es war. Denn Leon ist kein Kind mehr. Er ist ein Mann – und er sieht sie. Auf eine Weise, wie sie lange niemand mehr angesehen hat. Was folgt, ist ein gefährliches Spiel aus Blicken, Berührungen und unterdrückter Sehnsucht. Eine verbotene Liebe wächst im Schatten der Moral – und fordert alles: Freundschaft. Ruf. Familie. Und vor allem Klaras eigene Wahrheit. Wie viel darf Liebe kosten, wenn sie sich echt anfühlt? Und was bleibt, wenn nichts mehr sicher ist – außer dem, was zwei Menschen füreinander empfinden? Ein fesselnder Dark-Romance-Roman über Begierde, Schuld, Mut und die schmerzhaft schöne Erkenntnis: Echte Gefühle halten sich nicht an Regeln. Für Fans von verbotenen Lieben, moralischem Dilemma und emotionalen Geschichten, die lange nachhallen. Keine einfache Lovestory – sondern eine intensive Reise zwischen Haut und Herz.

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Seitenzahl: 182

Veröffentlichungsjahr: 2025

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„Verbotene Nähe – Wenn Begierde keine Grenzen kennt“

Kapitelübersicht (20 Kapitel)

Einladung zum Abendessen

Ein Blick zu viel

Alte Erinnerungen, neue Reize

Erwachsen geworden

Das Spiel beginnt

Gedanken, die nicht sein dürfen

Zufälliges Wiedersehen

Berührungen in der Dunkelheit

Zerrissene Moral

Erster Kuss

Die Nacht in seinem Zimmer

Doppelleben

Gefährlich ehrlich

Entdeckung droht

Kalte Distanz

Liebesgeständnis

Das große Geheimnis fliegt auf

Konfrontation

Was bleibt übrig?

Verboten. Aber echt.

Einladung zum Abendessen

Der Tag war ungewöhnlich mild für einen Spätsommerabend, als Klara den silbernen Reißverschluss ihres schwarzen Kleides hochzog. Es schmiegte sich eng an ihre Taille und ließ ihre Schultern frei. Nicht zu aufreizend, aber auch nicht so brav, wie sie es früher vielleicht getragen hätte. Sie betrachtete sich kritisch im Spiegel, fuhr sich durch das halblange, dunkelblonde Haar und seufzte. „Es ist nur ein Abendessen bei deiner besten Freundin“, murmelte sie sich selbst zu.

Aber warum war sie dann so nervös?

Klara war 38, geschieden seit vier Jahren, Mutter einer fast erwachsenen Tochter, die inzwischen ihr eigenes Leben führte. Sie hatte sich eingerichtet in ihrem Alleinsein. Ein Leben zwischen Arbeit, gelegentlichen Yoga-Kursen und Weinabenden mit Nadine – ihrer ältesten Freundin, mit der sie schon seit dem Studium durch dick und dünn ging. Und heute Abend hatte Nadine sie eingeladen, wie so oft. Nur war diesmal jemand dabei, der das Gleichgewicht verändern sollte: Leon – Nadines Sohn.

Der Junge, der damals noch mit Zahnspange und endlos langen Beinen durch die Wohnung stolperte, war mittlerweile ein Mann. Zwanzig Jahre alt, wie Klara beiläufig erfahren hatte. Das letzte Mal hatte sie ihn vor fast drei Jahren gesehen, als er noch am Gymnasium war. Danach war er für ein Auslandsjahr in Kanada, dann Bundesfreiwilligendienst, und jetzt... na ja, jetzt war er wieder da.

„Er ist so erwachsen geworden, Klara! Und sooo gutaussehend“, hatte Nadine neulich lachend am Telefon geschwärmt, als hätte sie nicht selbst das Kind geboren. „Warte nur, wenn du ihn siehst. Ich musste dreimal hinschauen, um ihn zu erkennen!“

Klara hatte gelacht, war aber nie jemand gewesen, der sich viel aus Äußerlichkeiten machte. Trotzdem war da jetzt dieses kleine Flattern in ihrem Bauch. Vielleicht lag es an der Einsamkeit. Oder an der Vorstellung, dass die Zeit einfach weiterlief – und die Kinder, die man einmal beim Schwimmunterricht beaufsichtigte, plötzlich alt genug waren, um... Nein. Nicht dieser Gedanke.

Sie griff nach ihrer Handtasche, zog sich einen leichten Mantel über und trat in die laue Dämmerung. Der Weg zu Nadines Haus war ihr vertraut, sie fuhr ihn seit Jahren. Nichts deutete darauf hin, dass dieser Abend anders werden würde. Und doch... irgendetwas in ihr sagte: Heute beginnt etwas, das du nicht mehr aufhalten kannst.

Die Tür war offen, als Klara das gepflegte Einfamilienhaus betrat, in dem Nadine mit Leon lebte. Sie hatte es nach der Scheidung von Leons Vater übernommen, leicht umgebaut, gemütlich eingerichtet – viel Holz, warme Farben, überall Kerzen und Pflanzen. Ein Zuhause mit Seele.

„Klaaara!“ Nadines Stimme hallte aus dem Wohnzimmer. Kurz darauf stand sie im Flur – barfuß, mit einer Schürze über ihrem lockeren Sommerkleid, in der einen Hand ein Weinglas, in der anderen eine Serviette. „Du siehst toll aus! Komm rein, Liebling! Ich bin fast fertig.“

„Wie immer ein Chaos hier“, lachte Klara und trat ein, umarmte ihre Freundin herzlich. Nadine roch nach Rosmarin und Weißwein. „Wo ist dein junger Adonis?“

„Er duscht noch. Der war eben noch joggen – mit nacktem Oberkörper durch die Nachbarschaft, verstehst du? Ich schwöre dir, die Frau Reuter von gegenüber hat fast die Gartenhecke umgesäbelt.“ Sie zwinkerte frech und zog Klara ins Esszimmer. Der große Holztisch war gedeckt, zwei dicke Kerzen brannten bereits, und aus der Küche roch es nach Knoblauch, Zwiebeln und irgendetwas mit Thymian.

„Mmmh, du verwöhnst uns wieder. Was gibt's heute?“

„Zitronenhähnchen mit Rosmarinkartoffeln. Und diesen Auberginenkram, den du magst.“

Klara setzte sich und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Alles war so vertraut und gleichzeitig... heute wirkte es anders. Lebendiger. Erwartungsvoller. Ihr Blick blieb an einem Foto an der Anrichte hängen – Leon, vielleicht achtzehn, mit sonnengebleichtem Haar, tief gebräunt, durchtrainiert. Er hatte seine Mutter im Arm, beide lachten.

„Du bist ruhig“, sagte Nadine plötzlich. „Alles gut bei dir?“

Klara nickte. „Nur... müde vom Tag. Und vielleicht ein bisschen neugierig, wie dein erwachsener Sohn jetzt aussieht.“

Nadine lachte laut auf. „Oh, du wirst ihn nicht wiedererkennen. Er sieht aus wie ein junger Gott. Ich sag’s dir, wenn ich zehn Jahre jünger...“ Sie warf Klara einen verschwörerischen Blick zu, dann trank sie aus ihrem Glas.

Klara wollte etwas erwidern, doch in diesem Moment hörte sie Schritte auf der Treppe. Langsam, fast schwer. Ihre Sinne schärften sich unwillkürlich. Jeder Schritt hallte in ihr nach, als würde sie auf etwas warten, das sie nicht benennen konnte.

Dann erschien er.

Leon.

Er trat in den Raum, ein schlichtes schwarzes T-Shirt spannte sich über breite Schultern, eine graue Jogginghose hing lässig auf der Hüfte. Seine Haare waren noch leicht feucht, er roch nach Duschgel und frischer Luft. Und ja – Nadine hatte nicht übertrieben. Er war nicht mehr der schlaksige Junge, den Klara zuletzt gesehen hatte. Er war ein Mann.

Ein sehr junger Mann.

Seine Gesichtszüge waren markant, das Kinn kantig, die Lippen voll. Die Augen – tiefblau, fast schwarz im Kerzenlicht – richteten sich auf Klara. Und für einen Moment war da etwas in seinem Blick. Kein höfliches Lächeln. Kein schüchternes Grüßen. Sondern... Neugier. Intensität.

„Hallo, Klara“, sagte er. Seine Stimme war tief, leicht heiser vom Training, und sie fühlte sich an, als hätte sie Gänsehaut unter der Haut bekommen. Er trat zu ihr, beugte sich vor und küsste sie auf die Wange. Warm. Nah. Seine Hand lag dabei kurz auf ihrer Schulter – fest, vertraut, zu vertraut?

„Wow“, sagte sie, und ihre Stimme klang zu hell. „Du bist ganz schön... erwachsen geworden.“

Er grinste. „Hab mir Mühe gegeben.“

Nadine schnitt dazwischen. „Setzt euch, das Essen ist gleich fertig! Leon, sei ein Gentleman und schenk Klara Wein ein.“

Leon nahm die Flasche, ging um den Tisch, und Klara spürte seine Nähe, wie einen Druck auf ihrer Haut. Als er ihr Glas füllte, beugte er sich ein wenig zu weit vor, sein Arm streifte ihre Schulter, und der Hauch seines Atems streifte ihren Hals.

Sie schluckte. Was zum Teufel war los mit ihr?

Das war Leon. Der Sohn ihrer besten Freundin. Ein Junge. Ein... junger Mann, ja – aber trotzdem. Tabu. Komplett außerhalb jeder akzeptablen Gedankenwelt. Und trotzdem... war da etwas in ihr aufgewacht. Etwas Wildes. Etwas, das sie jahrelang verdrängt hatte.

Beim Essen unterhielten sie sich über Banales. Nadine redete viel – wie immer. Über ihre Arbeit, über Leons neue Trainingsroutine, seine Pläne, Sportpsychologie zu studieren. Klara hörte zu, lachte an den richtigen Stellen, aber ein Teil von ihr war woanders. Beobachtete. Analysierte.

Leon bewegte sich wie jemand, der sich seiner Wirkung bewusst war. Nicht überheblich – aber auch nicht naiv. Und wenn er Klara ansah, dann war da nichts Kindliches mehr. Kein unschuldiger Blick. Kein „Hallo, Tante Klara!“ wie früher. Sondern... etwas anderes. Tiefer. Länger.

Als Nadine kurz in die Küche ging, um das Dessert zu holen, war der Moment da. Leon lehnte sich zurück, nippte an seinem Wein und sah Klara direkt an.

„Du bist schöner geworden“, sagte er ruhig.

Sie runzelte die Stirn, überrascht. „Wie bitte?“

„Seit damals. Ich erinnere mich, wie du mich früher manchmal mit zum See genommen hast. Mit Alina. Du hattest immer diese Sonnenbrille mit dem goldenen Rand. Ich hab’s nicht vergessen.“

Sie musste lachen, aber da war Nervosität in ihrem Lachen. „Du warst ein Kind, Leon.“

„Bin ich das jetzt nicht mehr?“

Stille. Nur das Ticken der Wanduhr war zu hören. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, dass die Luft zwischen ihnen dichter wurde. Schwer. Voller Bedeutung.

„Vorsicht, junger Mann. Du spielst mit dem Feuer“, sagte sie leise, halb im Spaß.

„Vielleicht mag ich Feuer.“

Dann kam Nadine zurück, und der Bann war gebrochen. Klara sah zur Seite, zwang sich zum Lächeln, nahm den Nachtisch entgegen und hoffte, dass niemand bemerkte, wie ihre Hand leicht zitterte, als sie den Löffel aufnahm.

Der Rest des Abends verlief wie erwartet – zumindest nach außen hin. Nadine redete, Leon lachte, Klara nickte, trank, antwortete höflich. Sie hätte eine Kamera gebraucht, um zu überprüfen, ob sie sich normal verhielt. Ob man ihr ansah, dass ihr Herz jedes Mal schneller schlug, wenn Leon sich bewegte, wenn sein Blick den ihren streifte, wenn seine Stimme durch den Raum drang wie ein dunkler Akkord, der in ihrer Brust vibrierte.

Als sie gemeinsam abräumten, bot Leon an, ihr den Mantel zu bringen. Klara winkte ab, bedankte sich, aber seine Aufmerksamkeit war wie ein Magnet, der ihre Kontrolle Stück für Stück aufzulösen begann.

Nadine wirkte ahnungslos. Natürlich. Warum auch nicht? Wer rechnete schon damit, dass zwischen einer fast 40-jährigen Frau und dem eigenen Sohn eine Spannung entstand, die knisterte wie ein Gewitter über offenem Wasser?

„Ich bring dich noch zur Tür“, sagte Leon später, als Klara sich verabschiedete.

„Danke. Muss nicht sein“, erwiderte sie – aber er stand bereits auf.

Sie trug flache Schuhe, war trotzdem fast so groß wie er. Draußen war es inzwischen dunkel geworden, ein Windzug wehte durch die Büsche im Vorgarten. Leon öffnete die Tür, trat hinaus, hielt sie ihr auf.

„Danke für den schönen Abend“, sagte sie, drehte sich zu ihm. „Und… für den Wein.“

Er nickte, trat einen halben Schritt näher. „Du warst anders, als ich dich in Erinnerung hatte.“

„Weil ich älter bin?“

„Nein. Weil du... schöner bist.“

Sie schluckte. Es war nicht nur das, was er sagte – es war wie er es sagte. Seine Stimme war tief, ruhig, ernsthaft. Kein jugendlicher Flirt, kein Spaß. Es fühlte sich an wie ein Geständnis.

„Leon, du solltest vorsichtig sein mit solchen Worten.“

„Warum?“

„Weil sie gefährlich sind.“

Einen Moment lang standen sie einfach nur da, im Dämmerlicht der kleinen Außenlampe über der Tür. Der Moment war so dicht, so unausweichlich, dass Klara das Gefühl hatte, sie müsste sich jetzt entscheiden: Flucht oder Feuer.

Sie entschied sich für die Flucht.

„Gute Nacht, Leon.“

„Gute Nacht, Klara.“

Sie ging. Nicht hastig. Nicht zögernd. Aber jeder Schritt fühlte sich an, als würde sie eine Grenze zurücklassen, von der sie wusste, dass sie bald wieder überschritten werden würde.

Zuhause angekommen, ließ sie ihre Tasche auf die Kommode fallen, warf die Schuhe achtlos in die Ecke und trat ans Fenster. Ihre Wohnung lag ruhig da, niemand außer ihr war hier, niemand wartete auf sie. Das war sonst ein Trost gewesen – heute nicht.

Sie goss sich ein Glas Wasser ein, ging ins Schlafzimmer, schaltete das Licht an und warf sich auf das Bett. Doch der Schlaf kam nicht. Stattdessen kam er – in Gedanken. Immer wieder.

Sein Blick. Seine Stimme. Die Art, wie er ihre Nähe suchte, ohne sie zu berühren. Als hätte er gewusst, wie nah an der Kante sie stand.

„Er ist zwanzig“, flüsterte sie sich selbst zu. „Du bist achtzehn Jahre älter. Du bist fast seine Mutter, verdammt.“

Aber war das wirklich so einfach?

Sie war nicht seine Mutter. Sie war nicht einmal seine Tante, obwohl sie oft so genannt wurde, als die Kinder kleiner waren. Sie war eine Frau. Und er war ein Mann. Ein gefährlich schöner, junger Mann mit einer Präsenz, die sie völlig aus dem Konzept brachte.

Sie stand auf, ging ins Bad, wusch sich das Gesicht. Kaltes Wasser, tiefer Atem.

Und dann, als sie in den Spiegel sah, erschrak sie kurz – nicht wegen ihres Aussehens, sondern wegen dessen, was sie in ihren Augen sah: Verlangen.

Reines, unausgesprochenes, fast schamvolles Verlangen. Es war nicht nur körperlich. Es war das Verbotene daran. Das Heimliche. Die Tatsache, dass es falsch war – und gerade deshalb so intensiv.

Sie wusste, wie das klang. Wie es auf andere wirken würde. Vielleicht sogar auf Nadine. Wenn sie es je erfahren würde... Sie konnte es sich kaum vorstellen. Die Enttäuschung. Die Wut. Der Verrat.

Aber was, wenn es nicht aufhörte?

Was, wenn es jetzt erst begonnen hatte?

Am nächsten Morgen war sie früh wach. Zu früh. Der Kaffee schmeckte bitterer als sonst, und die Musik im Radio schien zu laut. Sie versuchte, sich abzulenken – mit Arbeit, E-Mails, einer endlosen To-Do-Liste. Doch ihr Kopf wanderte immer wieder zurück.

Hatte sie sich das alles nur eingebildet? Vielleicht war es Einbildung. Vielleicht war Leon einfach nur höflich, charmant, freundlich.

Aber da war dieser Satz gewesen. „Vielleicht mag ich Feuer.“

Er wusste. Zumindest ahnte er etwas. Er spielte damit.

Gegen Mittag vibrierte ihr Handy. Eine Nachricht. Von einer unbekannten Nummer.

Leon:
 War schön gestern. Würde mich freuen, dich mal allein zu sehen.

Sie starrte auf den Text. Sekunden. Minuten. Es fühlte sich an wie eine Stunde. Die Worte waren harmlos – zumindest auf dem Papier. Doch die Bedeutung war eindeutig.

Allein.

Nicht mit Nadine. Nicht in der sicheren Dreierrunde. Sondern… mit ihr.

Sie legte das Handy weg, stand auf, ging im Wohnzimmer auf und ab. Sie war keine sechzehn mehr. Keine naive Frau, die sich leicht verführen ließ. Und doch fühlte sie sich gerade genau so: wie ein Teenager vor dem ersten großen Fehler – oder dem ersten echten Feuer.

Sie griff erneut zum Handy, tippte eine Antwort ein – löschte sie wieder. Noch eine. Wieder gelöscht.

Dann, nach langem Zögern, schrieb sie:

Vielleicht. Schreib mir.

Kein Herz. Kein Smiley. Nur Worte. Aber es reichte. Es war ein Tor. Ein Einverständnis. Eine Einladung, mehr zu wollen, als sie sollte.

Kapitel 2: Ein Blick zu viel

Zwei Tage vergingen, in denen Klara versuchte, sich abzulenken. Sie arbeitete mehr als sonst, traf sich mit einer Kollegin zum Lunch, ging spät spazieren – aber Leons Nachricht brannte in ihr nach wie eine Glut unter der Haut. Sie antwortete nicht mehr. Nicht aus Desinteresse, sondern aus Angst, was passieren könnte, wenn sie weiter antwortete.

Am dritten Abend kam eine neue Einladung. Von Nadine. Harmlos. Oberflächlich. Und doch mit Potenzial.

„Hab am Samstag wieder gekocht. Leon hat seine Lasagne gemacht, der schwört ja, die sei besser als meine. Komm vorbei – 19 Uhr. Wein steht kalt.“

Klara saß minutenlang da, starrte auf die Nachricht, kaute an ihrer Unterlippe. Ein Teil von ihr schrie: Sag ab. Flieh. Mach es dir nicht schwerer. Der andere Teil war bereits dabei, ein Kleid auszuwählen.

Es war das gleiche Spiel wie vor ein paar Tagen. Doch diesmal wusste sie, was sie erwartete. Oder besser gesagt: wen.

Samstag, 19:12 Uhr. Sie war leicht zu spät. Extra. Sie wusste, dass es etwas an sich hatte, zu spät zu erscheinen, sich anschauen zu lassen, beobachtet zu werden, während sie sich entschuldigend durch die Tür schob. Sie trug ein weinrotes Kleid – schmal geschnitten, knielang, mit dezentem Ausschnitt. Elegant, aber nicht zurückhaltend. Das war kein Zufall.

„Da ist sie ja!“ rief Nadine, die bereits ein Glas in der Hand hielt und sie mit offenen Armen empfing. Klara ließ sich umarmen, spürte sofort den Geruch von Basilikum, Rotwein und leichter Euphorie.

„Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr!“

„Der Bus hatte Verspätung.“ Eine Lüge. Sie war mit dem Auto da. Doch Nadine glaubte ihr, wie sie immer alles glaubte. Weil sie Klara kannte. Dachte, sie kannte sie.

Leon war in der Küche. Als sie ihn sah, wurde es still in ihr. Er stand an der Arbeitsplatte, trug ein dunkelblaues Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, das seine Unterarme betonte, in der Hand ein Glas Rotwein. Als er sie bemerkte, lächelte er – aber nicht mit jugendlicher Unschuld. Nein, das war ein anderes Lächeln. Ein Lächeln, das sagte: Ich erinnere mich an unsere Blicke. Und ich hab nicht aufgehört, daran zu denken.

„Hey“, sagte er ruhig, trat näher. Seine Augen glitten über sie. Nicht plump. Nur bewusst. Zu bewusst.

„Hey“, erwiderte Klara, fast heiser. „Lasagne also?“

„Meine Spezialität. Willst du probieren, bevor sie in den Ofen kommt?“ Er reichte ihr einen kleinen Löffel, hielt ihn ihr hin, aber so, dass sie sich vorbeugen musste – näher zu ihm.

Der Duft der warmen Soße vermischte sich mit seinem Parfüm, das sie jetzt kannte. Holzig, warm, gefährlich.

Sie kostete. „Mh. Gut.“

„Nur gut? Ich geb mir hier richtig Mühe.“

„Okay... sehr gut.“

„Besser als Mamas?“

„Leon!“, rief Nadine aus dem Hintergrund, empört. „Du Angeber!“

„Besser als Mamas“, wiederholte Klara und sah ihn dabei direkt an.

Er grinste, doch in seinem Blick lag etwas, das tiefer ging. Kein Witz. Kein Spaß. Eine Art Bestätigung. Als hätte sie gerade ein Spiel mitgespielt, das sie längst verstand.

Beim Essen saßen sie wie gewohnt: Nadine am Kopfende, Leon rechts daneben, Klara ihm gegenüber. Der Tisch war voll – Lasagne, Salat, Brot, Wein. Und doch war da ein unsichtbares Gewicht zwischen Klara und Leon. Ein Draht aus Spannung, der sich über den Tisch spannte wie eine Linie aus Strom.

Nadine redete wie immer. Über den Garten. Über den Nachbarn, der seinen Zaun falsch gestrichen hatte. Über ihre Kollegin, die schon wieder krank war. Klara hörte zu, nickte, lachte. Aber sie sah immer wieder zu Leon – und er zu ihr.

Nie lange. Nie offensichtlich. Nur ein Blick zu viel. Ein Moment zu lang. Ein Augenwinkel, der sich nicht abwendete.

Er fuhr sich über den Hals, als er trank. Streckte die Beine unter dem Tisch aus – so weit, dass er beinahe ihr Bein berührte. Sie wusste nicht, ob es Absicht war. Doch als es doch passierte, als sie seine Wade spürte, zuckte sie nicht zurück. Auch er nicht.

Ihre Blicke trafen sich über den Kerzen. Eine Sekunde. Zwei. Zu lang.

„Alles okay, Klara?“ Nadine unterbrach den Moment. Klara zuckte leicht zusammen.

„Was? Ja. Alles gut. Der Wein ist stark, glaub ich.“

Leon nahm einen Schluck. Sein Blick war ruhig. Sicher. Er wusste, was er tat. Und sie wusste es jetzt auch.

Nach dem Essen blieb es noch eine Weile ruhig. Nadine war wie immer die perfekte Gastgeberin: Wein nachschenken, lachen, über Belanglosigkeiten reden, kleine Anekdoten erzählen, die sie selbst komischer fand als alle anderen. Klara kannte das gut – es war angenehm, aber auch eine Art Kulisse. Und heute wirkte diese Kulisse wie eine Bühne, auf der etwas ganz anderes gespielt wurde.

Leon stand irgendwann auf, sammelte die Teller ein, fragte beiläufig: „Hilft mir jemand in der Küche?“

Klara wollte gerade ablehnen, doch Nadine winkte sofort ab. „Ich hab gekocht, ihr räumt ab. Alte Regel.“

„Eigentlich hast du ja ich gekocht“, grinste Leon.

„Dann eben: Der Koch räumt ab – mit Hilfe seiner attraktiven Assistentin.“ Nadine hob das Glas und prostete Klara zu. Klara tat so, als wäre es ein Spaß, lächelte schief und folgte Leon in die Küche.

Kaum waren sie außer Sichtweite, veränderte sich alles.

Die Atmosphäre in dem hellen, offenen Raum war plötzlich dichter. Leon stellte die Teller ab, zog die Schublade mit dem Besteck auf, ohne sie anzusehen.

„Danke, dass du gekommen bist“, sagte er ruhig.

„Wollte ja nur die legendäre Lasagne kosten.“

Er lächelte. „War das der einzige Grund?“

Klara ignorierte die Frage. „Du bist mutiger geworden, Leon.“

Er hob eine Augenbraue. „Ist das schlecht?“

„Es ist… auffällig.“

Er trat näher, hatte eine Serviette in der Hand, wischte dabei ganz ruhig die Tischplatte ab – als wäre es das Normalste der Welt. Dabei war er nun keine zwei Schritte entfernt. Sie konnte seinen Atem hören. Seine Wärme spüren.

„Du hast mich angesehen“, sagte er dann, ohne sie dabei direkt anzuschauen.

„Du auch.“

„Du hast zuerst weggesehen.“

„Weil ich es muss.“

Jetzt hob er den Kopf. Die Luft vibrierte. Kein Lachen. Kein Spiel. Nur zwei Menschen, die plötzlich an einem Punkt standen, an dem die Vernunft nicht mehr automatisch die Oberhand hatte.

„Sag’s mir, wenn ich zu weit gehe.“

Er stand jetzt so nah, dass sich ihre Finger fast berührten, obwohl sie nichts taten. Klara wollte etwas sagen – eine Grenze ziehen, ein Zeichen geben. Doch ihre Stimme versagte.

Stattdessen flüsterte sie: „Du darfst das nicht.“

„Ich weiß.“

„Du bist der Sohn meiner besten Freundin.“

„Ich weiß.“

„Du bist… zu jung.“

Ein Lächeln zog über seine Lippen. Kein überhebisches – sondern wissendes. „Ich bin alt genug, zu wissen, was ich will.“

Klara wich einen Schritt zurück. Nicht panisch. Nur vorsichtig. Ihre Hand streifte dabei die Küchenspüle, als müsste sie sich an etwas festhalten, das real war – im Gegensatz zu allem, was gerade in ihr tobte.

„Wir dürfen das nicht mal denken“, sagte sie leise.

„Aber wir tun es.“

Ein Geräusch aus dem Esszimmer ließ sie aufschrecken – Nadine lachte, rief irgendetwas, das sie nicht verstand. Der Zauber brach, wie Glas, das auf Fliesen fällt.

Klara räusperte sich, griff nach den restlichen Gläsern, stellte sie ins Spülbecken. „Ich… fahr gleich. Es ist spät.“

„Ich weiß, dass du nicht wirklich wegen der Lasagne gekommen bist.“

Sie drehte sich nicht um. Sie antwortete nicht. Stattdessen nahm sie ihren Mantel, schlüpfte hinein und trat zurück ins Wohnzimmer.

Nadine saß mit dem letzten Glas auf dem Sofa, Füße unter sich geschlagen, schon leicht beschwipst. „Oh, da ist sie ja wieder! Du, ich sag’s dir, Klara – Leon hat echt Talent in der Küche. Und aufgeräumt hat er auch, wie ein Großer, oder?“

„Total“, sagte Klara knapp, zwang ein Lächeln auf ihre Lippen.

„Bleibst du noch ein bisschen? Oder musst du wieder los in dein glamouröses Singleleben?“

„Ich fahr gleich. Früh raus morgen.“

Nadine zog eine Schnute. „Du bist langweilig geworden.“

„Bin ich nicht. Ich bin nur vernünftig.“

Leon kam ins Wohnzimmer, warf sich neben seine Mutter auf die Couch. Ihre Knie berührten sich beinahe – Klara tat instinktiv einen halben Schritt zurück. Und trotzdem: ihr Blick wanderte wieder zu ihm. Und seiner… zu ihr.

Es war dieser Moment – dieser eine Blick zu viel – der alles veränderte.

Er war nur kurz, aber er war nackt. Entblößt. Ohne Ausflüchte. In diesem Blick lag das ganze Spiel, das sie spielten, das Verbotene, das Feuer, die Grenze, die sie beide sahen und doch ignorierten.

Klara holte tief Luft, lächelte Nadine an. „Danke für den Abend. Und die Lasagne. Ich muss jetzt wirklich.“

Nadine stand auf, um sie zu umarmen. „Sag Bescheid, wenn du wieder Lust auf Hausmannskost hast.“

„Mach ich.“

Leon blieb sitzen. Aber sein Blick folgte ihr, bis sie durch den Flur ging, die Tür öffnete, ins Dunkel trat.

Erst draußen atmete sie frei.