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Wo die Liebe hinfällt ... lässt du sie am besten liegen! Die Sonne scheint und Emilys kleines Catering-Business läuft endlich richtig gut. Dass sie mit ihrem Foodtruck die Törtchen für die Hochzeit von Sinéads Freundin Louise liefern darf, könnte den endgültigen Durchbruch für ihr Geschäft bedeuten. Louise hat ihren Verlobten, einen wohlhabenden neapolitanischen Geschäftsmann, über eine Dating-App kennengelernt und schwebt auf Wolke 7. Doch bald braut sich über dem jungen Glück ein Gewitter zusammen und wieder einmal ist Emilys Ermittlungstalent gefragt ...
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Veröffentlichungsjahr: 2025
IMPRESSUM
KAPITEL 1
KAPITEL 2
KAPITEL 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
KAPITEL 7
KAPITEL 8
KAPITEL 9
KAPITEL 10
KAPITEL 11
KAPITEL 12
KAPITEL 13
KAPITEL 14
KAPITEL 15
KAPITEL 16
KAPITEL 17
KAPITEL 18
KAPITEL 19
KAPITEL 20
KAPITEL 21
KAPITEL 22
KAPITEL 23
KAPITEL 24
KAPITEL 25
KAPITEL 26
IMPRESSUM
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Batheyer Str. 115-117, 58099 Hagen, 2024
Alle Rechte vorbehalten.
Wo die Liebe hinfällt … lässt du sie am besten liegen!
»Ich fasse noch mal zusammen«, sagt Emily und blickt von ihrem Notizbuch auf, in dem sie sich während der vergangenen halben Stunde eifrig Notizen gemacht hat. »Wir bereiten Pastryccini für einhundert Gäste vor, insgesamt zehn verschiedene Sorten, und servieren dazu Prosecco und Limoncello Spritz.«
»Aber nur mit neapolitanischem Limoncello«, wirft Raffaele Di Caro ein. »Diese sizilianische Plörre würde ich ja nicht mal meinem Hund servieren.«
Emily hofft, dass ihr Kunde seinem hypothetischen Hund überhaupt keinen Zitronenlikör kredenzt, egal aus welcher Region, aber sie verkneift sich einen Kommentar und tut das, was man als Dienstleisterin eben tut – lächeln und nicken. Seit sie ihrem alten Leben in London endgültig den Rücken gekehrt und entschieden hat, in Galway zu bleiben, fühlt sich ihre Selbstständigkeit nicht mehr wie ein Hobby an, sondern wie ein richtiger Job. Scheitern ist keine Option, wenn sie nicht auf Dauer im Gästezimmer ihrer Grandma Deirdre hausen will, was sich, zumindest ihrer Meinung nach, für eine erwachsene Frau Anfang vierzig auch nicht gehört.
Der nostalgische Foodtruck, mit dem sie die köstlichen Kreationen ihrer Freundin Sinéad auf diversen Märkten verkauft, hat den Großteil ihrer Ersparnisse verschlungen. Zwar wirft ihr kleines Catering-Business nach ein paar flauen Monaten mittlerweile Gewinn ab. Seit das Wetter wieder besser ist und sie sich ein paar lukrative Standplätze auf Festivals und Märkten sichern konnte, schreibt sie durchgängig schwarze Zahlen. Aber große Sprünge kann sie von dem erwirtschafteten Geld noch nicht machen. Eine Hochzeit mit vielen Gästen ist daher eine willkommene Gelegenheit, für Emily’s Delicacies die Werbetrommel zu rühren und auf diese Weise hoffentlich weitere lukrative Aufträge an Land zu ziehen.
»Auf alles, was mit dem Wort Hochzeit beginnt, kannst du locker noch mal zwanzig Prozent aufschlagen«, hat Sinéad ihr eingebläut, und auch wenn ihr das nicht besonders moralisch zu sein scheint, ist es in der gesamten Branche mehr als üblich.
»Ecco«, nickt der Bräutigam nun, »dann können wir uns ja jetzt dem eigentlichen Thema zuwenden. Luisa, amore, sag den Signoras doch, was du dir wünschst.«
Luisa, die eigentlich Louise heißt und mit ihren kurzen, naturblonden Haaren und den grauen Augen auch nicht unbedingt wie eine Italienerin aussieht, zuckt mit den Schultern.
»Ich hab da eigentlich gar keine konkreten Vorstellungen. Vielleicht ein ganz einfacher Victoria Sponge? Den mögen doch alle. Und dann zweistöckig, damit wir genug haben?«
»No, no, no! Amore! Du bist zu bescheiden!«
Emily findet Louises Bescheidenheit eigentlich sehr sympathisch, aber ihrem Verlobten geht diese Charaktereigenschaft offensichtlich vollkommen ab. Das hat sie schon gemerkt, als er mit seinem röhrend-lauten Lamborghini in Metallic-Orange vor dem Tea & Tarts vorgefahren ist und dort seitdem zwei Drittel der engen, gepflasterten Straße blockiert.
»Für meine zukünftige Frau soll es nur das Beste sein«, deklamiert er jetzt. »Wir brauchen mindestens eine fünfstöckige Torte. Mit viel Gold. So in der Art. Der Preis spielt keine Rolle.«
Mit diesen Worten hält er Sinéad sein Handy unter die Nase, die sichtlich erblasst. Emily kann einen Blick auf ein Foto erhaschen, das ein monumentales Gebilde zeigt, an dem vermutlich ein halbes Dutzend Konditoren eine Woche lang herumgebastelt haben. Seit sie mit eher mäßigem Erfolg einen Backkurs an der CookAdemy absolviert hat, weiß sie die Fähigkeiten ihrer Freundin noch mehr zu schätzen.
»Ich bin mir sicher, Sinéad wird etwas Wunderbares für uns erschaffen«, lenkt Louise ein. Sie und Sinéad kennen sich schon seit vielen Jahren und Emily ist sich bewusst, dass sie den Cateringauftrag nur der Freundschaft der beiden Frauen zu verdanken haben. »Überlassen wir das Design doch einfach ihrer Kreativität. Einverstanden?«, lächelt sie ihren Verlobten an.
»Va bene«, brummt Raffaele schließlich und wirft dann einen Blick auf die protzige goldene Armbanduhr, die unter seinem Designerblouson hervorblitzt. »Amore, ich glaube, wir müssen langsam los.«
»Oh, du hast recht. Sollen wir eigentlich eine Anzahlung leisten?«, wendet sich Louise an Sinéad, während sie nach ihrer Handtasche greift. Der Verlobungsring an ihrer Hand funkelt dabei so stark, dass Emily kurz versucht ist, eine Sonnenbrille aufzusetzen.
Sinéad winkt ab.
»Normalerweise verlange ich zwanzig Prozent im Voraus, aber bei dir ist das nicht nötig. Wir kennen uns schließlich schon Jahrzehnte.«
Als das glückliche Paar nach diversen Handküssen und Komplimenten seitens des Italieners endlich das Tea & Tarts verlassen hat, lässt Emily mit einem lauten Seufzer den Kopf auf die Tischplatte sinken. Sinéad greift wortlos hinter die Kuchentheke, fördert eine Flasche irischen Whisky zutage und kippt einen großzügigen Schluck davon in ihre Kaffeetassen.
»Holy moly, wie anstrengend ist bitte dieser Typ?!«, stöhnt Emily. »Deine Freundin Louise ist wirklich super sympathisch, aber was macht so eine tolle Frau mit diesem Schmierlappen?«
Sinéad grinst.
»Wie redest du denn über unsere geschätzten Kunden? Aber du hast recht, Raffaele ist wirklich ein bisschen … speziell. Ich freue mich einfach, dass Louise wieder richtig glücklich ist. Ihre Scheidung vor ein paar Jahren war der totale Rosenkrieg und seitdem hat sie einen großen Bogen um Männer gemacht.«
»Wo haben sich die beiden überhaupt kennengelernt?«, will Emily wissen.
»Über SoulConnect. Louise ist es zwar ein bisschen peinlich, dass sie ihren Zukünftigen über eine Dating-App gefunden hat, aber heutzutage ist das doch normal, oder?«
Emily nickt zustimmend.
»Ich glaube, Paare wie du und Brendan, die sich noch in der Schule kennengelernt haben, sind wohl die Ausnahme. Dabei es doch viel schöner, wenn man sich in der richtigen Welt begegnet.«
»Na ja. Kommt darauf an. Wir sind natürlich schon Ewigkeiten zusammen, aber Brendan war auch damals nie so romantisch wie Raffaele. Ich meine, hast du den Klunker gesehen, den er Louise an den Finger gesteckt hat?«
Sinéad spielt mit dem zierlichen goldenen Claddagh-Ring, den sie an einer Kette um den Hals trägt.
»Versteh mich nicht falsch, es muss jetzt nicht der Privatjet zu einem Liebeswochenende in die Toskana sein, aber ein bisschen Romantik würde ich mir manchmal schon wünschen. Früher hat mir Brendan zumindest ab und zu einen Song geschrieben, heute ist es der Gipfel der Zuneigung, wenn er unaufgefordert die Teetasse in die Spülmaschine räumt.«
»Mach dir nichts draus«, grinst Emily. »George hat mir zu unserem ersten Jahrestag einen Toaster geschenkt. Es war ein schöner Toaster … aber eben ein Toaster. Und dreimal darfst du raten, wer von uns beiden das Ding hauptsächlich benutzt hat.«
Die beiden Frauen schweigen für einen Moment und nippen an ihrem Irish Coffee.
»Apropos George«, sagt Sinéad schließlich, »hast du mal darüber nachgedacht, dich auch bei SoulConnect anzumelden? Ich meine, jetzt wo du definitiv Single bist, könntest du dir doch einen netten, irischen Mann suchen.«
»Ach, ich weiß nicht«, wehrt Emily ab. »Ich finde, Online-Dating ist ein bisschen wie Online-Shopping, und wir beide wissen doch, dass ich lieber im Secondhandladen einkaufe als im Internet.«
»Na ja, secondhand sind die Typen in unserem Alter garantiert, das müsste dir dann ja entgegenkommen«, lacht Sinéad. »Aber gut, wenn du nicht online daten willst, wie wäre es dann mal wieder mit einem Rendezvous in der realen Welt?«
»Gerne, aber ich kann mich nicht erinnern, dass mich in letzter Zeit jemand dazu eingeladen hätte.«
»Emily Thompson! In welchem Jahrhundert leben wir, dass du darauf warten musst, dass dich ein Mann um eine Verabredung bittet?«
»Du hast ja recht«, gibt Emily zu. »Vielleicht sollte ich Juan doch fragen, ob er noch mal mit mir ausgehen möchte.«
»Das kannst du natürlich tun«, nickt Sinéad, »aber eigentlich hatte ich eher an Tony gedacht.«
»Tony?« Emily schüttelt den Kopf. »Aus dem werde ich nicht schlau. Mal ist er total nett zu mir, dann wieder total abweisend. Mal heiß, mal kalt. Nachdem ich ihm von meiner Entscheidung erzählt habe, nicht nach London zurückzukehren, dachte ich, wir würden uns vielleicht näherkommen. Aber irgendwie schafft es keiner von uns, den nächsten Schritt zu machen. Manchmal glaube ich, dass er etwas für mich empfindet und dann wieder tut er so, als würde er mich kaum kennen.« Sie zuckt die Schultern. »Ich werde aus Tony nicht schlau. Und so attraktiv er auch sein mag, ich glaube, er hat leider kein wirkliches Interesse an mir.«
»Und Juan hat ernsthaftes Interesse?«, fragt Sinéad.
Emily schüttelt den Kopf.
»Nein. Aber er hat fantastische Bauchmuskeln.«
Superintendent Tony Doyle ist gereizt. Das für Irland ungewöhnlich warme Wetter verursacht ihm Kopfschmerzen und der Umstand, vor dem er sich bei seiner Versetzung von Dublin nach Galway am meisten gefürchtet hat, scheint nun einzutreten: Ihm ist langweilig. Dabei haben sich die ersten anderthalb Jahre in der irischen Provinz durchaus vielversprechend angelassen – er hat eine fingierte Entführung, einen mysteriösen Einbruch und drei Morde erfolgreich aufgeklärt. Gut, er kann sich den Erfolg nicht allein auf die Fahnen schreiben, denn an all diesen Fällen war nicht nur sein Kollege, Inspector Mick Finnigan, sondern auch die bezaubernde Zivilistin Emily Thompson beteiligt. Der Gedanke an sie verbessert seine Stimmung nicht unbedingt. Hat er sich anfangs noch Hoffnung auf ein Date mit ihr gemacht, muss er sich wohl damit abfinden, dass die hübsche Frau mit den blauen Augen ihn wohl niemals so anschauen wird wie diesen spanischen Don Juan. Den er eigentlich auch mal wieder anrufen müsste, da in einer Ecke seines Schlafzimmers der Putz von der Decke rieselt und er sich nicht sicher ist, ob seine bescheidenen handwerklichen Fähigkeiten einer Über-Kopf-Reparatur gewachsen sind.
Seit er vor ein paar Wochen die Mörderin der Fernsehköchin Antonella Dawson gefasst hat, steht sein Telefon still. Abgesehen von den üblichen Nachbarschaftsstreitigkeiten und gelegentlichen Kneipenschlägereien ist es verdächtig ruhig in Galway und mit solchen Bagatelldelikten gibt sich ein Superintendent nun mal nicht ab.
»Ich mach Feierabend«, brummt er Mick zu, der sich im Nachbarbüro mit einer Ausgabe des Galway Chronicle Luft zufächelt und dabei genüsslich ein Käsesandwich verspeist.
Irgendetwas Sinnvolles muss er heute noch tun, damit er nicht das Gefühl hat, seine Zeit komplett zu verschwenden. Vielleicht sollte er seinen Flur streichen? Bei den aktuellen Temperaturen trocknet die Farbe schnell und länger als einen halben Tag dürfte dieses Unterfangen auch nicht in Anspruch nehmen.
Eine halbe Stunde später lenkt er seinen Wagen durch die Innenstadt. Eigentlich wollte er, wie immer, den Baumarkt um die Ecke aufsuchen, aber dann erinnert er sich, dass Sinéad ihm neulich erzählt hat, dass eine alte Freundin von ihr Designerfarben verkauft. Es heißt doch immer, dass man regionale Unternehmen unterstützen soll, also biegt er von der Shop Street auf die Abbeygate Street ab. Vor dem Showroom von Haywood & Blake steigt gerade ein elegant gekleidetes Paar in einen orangefarbenen Sportwagen und braust mit überhöhter Geschwindigkeit gegen die Fahrtrichtung der Einbahnstraße davon. Der Verkehrspolizist in Tony möchte sofort das Blaulicht rausholen und die Verfolgung antreten, aber leider ist das nicht sein Job.
Im Inneren des Geschäfts, das eher an eine teure Boutique als an einen Farbenhandel erinnert, ist es angenehm kühl.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Eine Frau mit dunklen Locken und grünen Augen lächelt ihn erwartungsvoll an.
»Äh, ja, ich wollte Farbe kaufen«, stammelt er und könnte sich in diesem Moment selbst ohrfeigen. In dem Laden gibt es nichts zu kaufen außer Farben. Was soll er also sonst wollen? Das Lächeln der Verkäuferin vertieft sich und Tony fallen die Lachfältchen an ihren Augenwinkeln auf, die ihn an Emily erinnern.
»Ich fange am besten noch mal an«, seufzt er. »Also, ich würde gern meinen Flur streichen und eine Freundin von mir, Sinéad aus dem Tea & Tarts,hat Sie mir empfohlen.«
»Ah, ja, ich glaube, sie ist eine Bekannte meiner Chefin«, nickt die Verkäuferin. »Wollten Sie zu ihr? Sie ist leider gerade raus, aber vielleicht erwische ich Sie noch …«
»Nicht nötig«, winkt Tony ab. »Dann gehört ihr wohl der orangene Sportwagen, den ich vorhin gesehen habe?«
»Nein, der gehört ihrem Verlobten. Der ist Italiener«, schiebt sie noch hinterher, als würde das den gewagten Fahrstil erklären. Obwohl, wenn er sich an seinen ersten und bisher letzten Italienurlaub erinnert, tut es das vielleicht sogar.
»Wie kann ich Ihnen denn helfen? Haben Sie schon eine Vorstellung, welche Farbe Sie suchen?«, unterbricht die Verkäuferin seine Gedanken.
»Was würden Sie denn für einen Flur empfehlen, der eher dunkel ist? Die Türen und die Treppe sind aus Holz … so mittelbraun … und der Boden ist schwarz-weiß gefliest.«
Seine Beraterin führt ihn zu einer Wand, die von oben bis unten mit Farbmustern gepflastert ist, und beginnt einen Vortrag zum Thema Farbenlehre, dem er schon ab dem zweiten Satz nicht mehr folgen kann. Stattdessen fällt ihm auf, wie sehr ihr Haar glänzt und dass die kleinen Ohrstecker mit den grünen Steinen, die sie trägt, genau zu ihrer Augenfarbe passen. Plötzlich bemerkt Tony, dass sein Gegenüber aufgehört hat, zu sprechen und ihn erwartungsvoll ansieht.
»Grün?«, antwortet er auf gut Glück.
Die Verkäuferin lacht.
»Ein bisschen konkreter müssten wir schon noch werden.«
Nach weiteren zehn Minuten steht Tony endlich mit einer überraschend kleinen Dose Whispering Pine an der Kasse.
»Das macht dann vierundachtzig Euro«, sagt die Verkäuferin.
Tony schluckt. Für den Preis sollten sie den Anstreicher eigentlich gleich mitliefern. Aber er will sich keine Blöße geben und hält mit einem leicht schiefen Grinsen seine Karte an das Lesegerät.
»Wir machen übrigens auch Farbberatung vor Ort, falls Sie noch weitere Räume umgestalten möchten. Ganz unverbindlich«, erklärt ihm die Frau mit den grünen Augen und reicht ihm ihre Karte. Anna O’Neill, Colour Consultant, steht darauf.
Tony steckt sie sorgfältig in seine Brieftasche. Er möchte sich gar nicht ausmalen, was es kostet, wenn er sein ganzes Haus mit diesem flüssigen Gold bepinselt, aber trotzdem hätte er nichts dagegen, diese Anna mal zu sich einzuladen. Wie sie schon sagte, »ganz unverbindlich« …
»Na, Liebes, wie war dein Tag?«
Deirdre O’Mally blickt von ihrem Buch auf, mit dem sie es sich auf der Bank vor ihrem Cottage gemütlich gemacht hat.
»Gut. Sogar sehr gut«, nickt Emily. »Sinéad und ich haben einen neuen Auftrag an Land gezogen. Wir dürfen das Catering für eine Hochzeit ausrichten. Wenn wir uns nicht all zu dumm anstellen und wir weiterempfohlen werden, können wir uns in der nächsten Saison vor Aufträgen bestimmt nicht mehr retten.«
»Das ist ja wunderbar«, freut sich ihre Grandma. »Wusste ich’s doch, dass aus meiner Enkelin mal eine erfolgreiche Unternehmerin wird.«
»Na ja, so weit würde ich jetzt nicht gehen«, winkt Emily ab, »aber hoffentlich verdiene ich dann endlich genug Geld, um mir eine eigene Wohnung leisten zu können. Vielleicht sogar hier in der Nachbarschaft. Ich kann dir ja nicht ewig zur Last fallen.«
»Ach, das sehen wir dann«, winkt Deirdre ab. »Wer heiratet denn? Jemand, den man kennt?«
»Louise Haywood. Die hat wohl einen Farbenladen.«
Emilys Grandma lacht.
»Das ist ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts. Das ist kein Laden, das ist ein Imperium. Die gute Louise hat nach ihrer Scheidung das Geschäft von ihrem Vater übernommen und es groß gemacht. Früher hat höchstens das Heritage Council die Farben für die Restaurierung irgendwelcher alten Gemäuer gekauft, aber Louise hat ihnen vollkommen bekloppte Namen gegeben und seitdem scharwenzeln Interior Designer aus aller Welt um sie herum. Ich hab neulich gehört, sie tindert sogar auf Twatter.«
Emily überlegt für eine Sekunde.
»Meinst du: trendet auf Twitter?«
»Ja, genau, das war’s. Jedenfalls catert ihr auf der Hochzeit einer lokalen Berühmtheit.«
»Wow«, sagt Emily, die Louise bis zu diesem Moment einfach nur als Sinéads Freundin in ihrem Kopf abgespeichert hat. Aber jetzt stellt sich bei dem Gedanken, mit ihrem Foodtruck bei einem solchen Ereignis dabei zu sein, sogar ein wenig Lampenfieber ein.
»Ich wusste gar nicht, dass Louise einen neuen Mann hat. Ihr Ex war ein ziemlicher Hallodri, nach allem, was man so gehört hat. Kann man nur hoffen, dass der Neue nicht nur auf ihr Geld aus ist«, fährt Deirdre fort.
»Glaube ich nicht. Seinem Auto nach zu urteilen, hat er selbst genug Kohle. Und der Diamant auf Louises Verlobungsring ist ungefähr so groß wie die Kirschen auf Sinéads Bakewell Tarts.«
Ihre Grandma scheint beeindruckt.
»Gut für sie. Wenn man jetzt noch wüsste, wo sie dieses Prachtexemplar gefunden hat, könntest du da ja auch mal nach einem neuen Verehrer Ausschau halten. Ich meine, jetzt wo wir den langweiligen Engländer endgültig los sind …«
Mit Emilys Ex war sie nie wirklich warm geworden und die Tatsache, dass es sich bei ihm um einen Briten handelte, hatte ihn ihr nicht unbedingt sympathischer gemacht.
»Angeblich haben sich die beiden online kennengelernt«, erklärt Emily.
»Aha«, sagt Deirdre. »Na dann, worauf wartest du noch?«
»Diese Dating-Apps sind nicht so meins.«
»Okay«, nickt Deirdre, was Emily gleich verdächtig erscheint. Normalerweise lässt sie sich von ihren Ideen nicht so schnell abbringen, vor allem nicht, wenn sie ihre Enkelin betreffen.
»Dann schicken wir dich im September halt nach Lisdoonvarna.«
»Wohin?«
»Lisdoonvarna. Mit dem Van schaffst du die Strecke locker in anderthalb Stunden.«
»Und was soll ich da?«
»Ist hübsch da. Wildromantisch.«
Emily stemmt die Hände in die Hüften.
»Granny!«
»Du weißt, dass ich es nicht leiden kann, wenn du mich so nennst. Als ob ich eine alte Frau wäre …«
»Dann sag mir jetzt sofort, was es mit diesem Lisdoon…dings auf sich hat. Ich seh dir doch an, dass du was im Schilde führst.«
»Ah, meiner Enkelin, der erfolgreichen Ermittlerin, kann man auch nichts verheimlichen. Also, jedes Jahr im September findet in Lisdoonvarna das größte Matchmaking-Festival der Welt statt.«
»Matchmaking?« Emily kann nicht glauben, was sie da hört. »Du meinst, da werden Paare verkuppelt? Sowas gibt es heute noch?«
»Aber selbstverständlich.« Deirdre wirkt geradezu beleidigt, dass ihre Enkelin es wagt, so einen altehrwürdigen Brauch infrage zu stellen.
»Und warst du selbst schon mal dort?«, will diese wissen.
»Ich bin doch nicht verrückt. Meinst du, ich riskiere, dass ich mit einem vierten Ehemann nach Hause komme? Für wen hältst du mich? Liz Taylor? Zsa-Zsa Gabor?«
»Ach, aber mich willst du verkuppeln? Du willst mich wohl doch so schnell wie möglich aus dem Haus haben, was?«, lacht Emily.
»Nein, überhaupt nicht«, protestiert Deirdre. »Ich möchte nur, dass du glücklich bist.«
»Das bin ich doch! Seit wann braucht man denn zum Glücklichsein einen Mann?«
Auf diese Frage hat ihre Grandma offenbar keine Antwort.