Vermögensabschöpfung - Wiebke Reitemeier - E-Book

Vermögensabschöpfung E-Book

Wiebke Reitemeier

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Beschreibung

Das Recht der Vermögensabschöpfung ist eine spezielle und hochkomplexe Materie, die bislang nur wenigen Strafverfolgern geläufig ist. Aufgrund des zum 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung ist es erforderlich, in jedem Ermittlungsverfahren gleich zu Beginn zu prüfen, ob und ggf. wer etwas durch oder für die Tat im Sinne der §§ 73 ff. StGB erlangt hat. Die Strafverfolgungsbehörden stehen insoweit vor einer enormen Herausforderung. Vor diesem Hintergrund stellt die Autorin des vorliegenden Buches die komplizierten und stärker denn je mit dem Zivilrecht verknüpften Regelungen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung übersichtlich und praxisbezogen dar. Sie richtet sich dabei vorrangig an die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft ("Ermittler"), die in der Pflicht stehen, von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens an, zielgerichtete und effektive Ermittlungen zum Taterlangten aufzunehmen. Inhaltlich legt die Autorin den Schwerpunkt deshalb auf die materiell-rechtlichen Vorschriften der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (§§ 73 ff. StGB). Soweit es für die praktische Arbeit der Ermittler erforderlich ist, geht sie auch auf den gesamten weiteren Verfahrensablauf von den vorläufigen Sicherungsmaßnahmen (§§ 111b ff. StPO) über die Hauptverhandlung bis hin zum Vollstreckungs- und Entschädigungsverfahren (§§ 459g ff. StPO) ein. Mit über 30 Schemata, die die jeweiligen theoretischen Erläuterungen veranschaulichen sowie mit mehr als 100 Fallbeispielen und zahlreichen Formulierungsvorschlägen für Anträge, Begründungen und Musterschreiben bietet diese Darstellung ihren Lesern zudem wertvolle Hilfestellung für die tägliche Ermittlungspraxis.

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Seitenzahl: 413

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Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

E-Book

1. Auflage 2018

© VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb; Hilden/Rhld., 2018

ISBN 978-3-8011-0811-3 (EPUB)

ISBN 978-3-8011-0812-0 (Mobipocket)

Buch

1. Auflage 2018

© VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb; Hilden/Rhld., 2018

Druck und Bindung: Griebsch & Rochol Druck GmbH, Hamm

ISBN 978-3-8011-0807-6

Alle Rechte vorbehalten

Unbefugte Nutzungen, wie Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Satz und E-Book: VDP GMBH Buchvertrieb, Hilden

www.vdpolizei.de

E-Mail:[email protected]

Vorwort

Das Recht der Vermögensabschöpfung ist eine spezielle und hochkomplexe Materie, die bislang nur wenigen Strafverfolgern geläufig ist. Aufgrund des zum 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung muss sich dies ändern. Infolge der Gesetzesreform ist es erforderlich, in jedem Ermittlungsverfahren gleich zu Beginn der Ermittlungen zu prüfen, ob und ggf. wer etwas durch oder für die Tat im Sinne der §§ 73 ff. StGB erlangt hat. Nur so ist sichergestellt, dass evtl. erforderliche weitergehende Ermittlungen zu dem Erlangten und etwaigen Verletzten zeitnah aufgenommen bzw. strafprozessuale Maßnahmen zur vorläufigen Sicherung des Erlangten veranlasst werden können.

Über die Inhalte, den Zeitpunkt und die sehr knappe Umsetzungsfrist der Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung kann man zweifellos kontrovers diskutieren. Manche Regelungen mögen nicht in allerletzter Konsequenz durchdacht oder ausreichend klar formuliert sein. Für die praktische Arbeit der Strafverfolger hilft nun aber alles Lamentieren nichts: Die Abschöpfung des Taterlangten ist materiell-rechtlich zwingend vorgeschrieben, und das Gesetz ist seit dem 1. Juli 2017 umzusetzen, ganz gleich, ob man die Vorschriften als gelungen beurteilt oder nicht. Die Strafverfolgungsbehörden stehen insoweit vor einer enormen Herausforderung!

Vor diesem Hintergrund will das vorliegende Buch die komplizierten und stärker denn je mit dem Zivilrecht verknüpften Regelungen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung möglichst übersichtlich und praxisbezogen darstellen. Theoretische Erläuterungen der wichtigsten Vorschriften des Vermögensabschöpfungsrechts werden veranschaulicht durch Schemata und ergänzt durch Hinweise für die praktische Arbeit. Das Buch richtet sich dabei vorrangig an die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (Ermittler), die in besonderer Weise gefordert sind, von der Einleitung des Ermittlungsverfahrens an zielgerichtete und effektive Ermittlungen zum Taterlangten aufzunehmen. Der Schwerpunkt liegt deshalb auf den materiell-rechtlichen Vorschriften der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (§§ 73 ff. StGB), doch wird auch auf den gesamten weiteren Verfahrensablauf von den vorläufigen Sicherungsmaßnahmen (§§ 111b ff. StPO) über die Hauptverhandlung bis hin zum Vollstreckungs- und Entschädigungsverfahren (§§ 459g ff. StPO) eingegangen, soweit es für die praktische Arbeit der Ermittler erforderlich ist. Das Buch bietet damit einen praxisbezogenen Einstieg in das gesamte strafrechtliche Vermögensabschöpfungsrecht. Für eilige Leser empfiehlt es sich, mit dem Überblick zum Ablauf der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung (Kapitel 1.3) zu beginnen und über den Abschluss der polizeilichen Ermittlungen (Kapitel 4) direkt in die typischen Fallkonstellationen (Kapitel 9) einzusteigen.

Ein Buch für Praktiker lebt von den Erfahrungen der praktischen Arbeit. Das gilt erst recht, wenn ein derart umfangreiches Reformgesetz umzusetzen ist. Viele Verständnisfragen, die im Zuge justizieller und polizeilicher Veranstaltungen zur „Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung“ an mich herangetragen wurden, sind in der Darstellung berücksichtigt worden.

Weitere Anregungen und Nachfragen sind unter der E-Mail-Anschrift

[email protected]“ jederzeit sehr herzlich willkommen!

Cuxhaven, im Januar 2018

Dr. Wiebke Reitemeier

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

1Einstieg in das Vermögensabschöpfungsrecht

1.1Entwicklung des Vermögensabschöpfungsrechts

1.2Anwendungsbereich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

1.3Ablauf der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – ein Überblick

1.4Ermittlungen zur finanziellen Situation

2Einziehungstatbestände

2.1Gesetzessystematik

2.2Einziehung des Taterlangten beim Tatbeteiligten, §§ 73, 73c, 73d, 73e Abs. 1 StGB

2.2.1Strukturen

2.2.2„Rechtswidrige Tat“

2.2.3„Etwas“

2.2.4„Erlangen“

2.2.5Kausalzusammenhang: „durch oder für die Tat“

2.2.6Verbleib des Erlangten: Originär oder Wertersatz

2.2.7Bestimmung des Wertes des Taterlangten, § 73d Abs. 1 StGB

2.2.7.1Grundsatz: Abzug von Aufwendungen, § 73d Abs. 1 S. 1 StGB

2.2.7.2Ausnahme: Kein Abzug von Aufwendungen für die Tat, § 73d Abs. 1 S. 2 Hs. 1 StGB

2.2.7.3Rückausnahme: Abzug auch von Aufwendungen für die Tat, § 73d Abs. 1 S. 2 Hs. 2 StGB

2.2.7.4Zusammenfassung

2.2.8Ausschluss der Einziehung, § 73e Abs. 1 StGB

2.2.8.1Anspruch des Verletzten

2.2.8.2Erlöschen des Anspruchs

2.2.9Nutzungen und Surrogate, § 73 Abs. 2 und Abs. 3 StGB

2.2.9.1Nutzungen, § 73 Abs. 1 StGB

2.2.9.2Surrogate, § 73 Abs. 3 StGB

2.2.10Praktisches

2.2.10.1Originär durch eine Straftat Erlangtes, § 73 Abs. 1 StGB

2.2.10.2Wert des Erlangten, § 73c StGB

2.2.10.3Abzug von Aufwendungen, § 73d Abs. 1 StGB

2.2.10.4Ausschluss der Einziehung, § 73e Abs. 1 StGB

2.3Einziehung des Taterlangten bei anderen (Drittbegünstigten), § 73b StGB

2.3.1Strukturen

2.3.2„ein anderer“

2.3.3Kausalzusammenhang: Vertretungs-/Verschiebungs-/Erbfälle, § 73b Abs. 1 StGB

2.3.3.1Vertretungsfälle, § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB

2.3.3.2Verschiebungsfälle, § 73b Abs. 1 Nr. 2 StGB

2.3.3.3Erbfälle, § 73b Abs. 1 Nr. 3 StGB

2.3.3.4Verschiebungs-/Übertragungsketten, § 73b Abs. 1 S. 2 StGB

2.3.4Ausschluss der Einziehung bei Drittbegünstigten, §§ 73e Abs. 1 und Abs. 2 StGB

2.3.5Nutzungen, Wertersatz und Surrogate, § 73b Abs. 2 und Abs. 3 StGB

2.3.6Praktisches

2.3.6.1Kausalzusammenhang zwischen rechtswidriger Tat und Bereicherung des Drittbegünstigten

2.3.6.2Bösgläubigkeit des Drittbegünstigten in den Verschiebungsfällen, § 73b Abs. 1 S. 1 Nr. 2b StGB

2.3.6.3Ausschluss der Einziehung, § 73e Abs. 2 StGB

2.3.6.4Gewährung rechtlichen Gehörs, §§ 424, 426 StPO

2.3.6.5§ 30 OWiG als Alternative zu § 73b Abs. 1 Nr. 1 StGB 100

2.4Erweiterte Einziehung, § 73a StGB

2.4.1Strukturen

2.4.2Anknüpfungstat

2.4.3Erwerbstat

2.4.4Praktisches

2.5Selbständige Einziehung, § 76a StGB

2.5.1Selbständige Einziehung in den Fällen des § 76a Abs. 1–3 StGB

2.5.1.1Struktur

2.5.1.2Praktisches

2.5.2Selbständige Einziehung in den Fällen der non-conviction-based confiscation, § 76a Abs. 4 StGB

2.5.2.1Struktur

2.5.2.2Anknüpfungstat

2.5.2.3Erwerbstat

2.5.2.4„Gegenstände“

2.5.2.5Praktisches

2.6„Konkurrenzen“

2.6.1Mehrere erlangte Gegenstände

2.6.2Mehrere verwirklichte Straftatbestände

2.6.3Mehrere zeitgleich um denselben Vermögenswert Bereicherte

2.6.4Mehrere nacheinander um denselben Vermögenswert Bereicherte

3Vorläufige Sicherungsmaßnahmen

3.1Gesetzessystematik

3.2Beschlagnahme

3.2.1Voraussetzungen

3.2.2Verfahren bei der Anordnung und Vollziehung

3.2.3Art und Weise der Vollziehung

3.2.4Wirkung

3.2.5Praktisches

3.3Vermögensarrest

3.3.1Voraussetzungen

3.3.2Verfahren bei der Anordnung und Vollziehung

3.3.3Art und Weise der Vollziehung

3.3.4Wirkung

3.3.5Praktisches

3.4Insolvenz

3.4.1Konkurrenz zwischen Insolvenzrecht und der Wirksamkeit strafprozessualer Maßnahmen

3.4.2Insolvenz und Beschlagnahme

3.4.3Insolvenz und Vermögensarrest

3.4.3.1Regelungsinhalte der §§ 111h, 111i Abs. 1 StPO

3.4.3.2Insolvenzantrag der Staatsanwaltschaft, § 111i Abs. 2 StPO

3.4.4Praktisches

3.5Verwaltung, Notveräußerung und Herausgabe gesicherter Vermögenswerte

3.5.1Verwaltung gesicherter Vermögenswerte, § 111m StPO

3.5.2Notveräußerung gesicherter Vermögenswerte, § 111p StPO

3.5.3Herausgabe beweglicher Sachen, §§ 111n, 111o StPO

3.6Mitteilungen an die Verletzten der Tat

3.6.1Inhalt und Bedeutung der Mitteilungen

3.6.2Empfänger der Mitteilungen: Verletzte der Tat und ihre Ansprüche

3.6.3Praktisches

3.6.3.1Darstellung in den Akten

3.6.3.2Erstinformation der Verletzten im Zuge der Aufnahme der Strafanzeige bzw. zeugenschaftlichen Vernehmung

3.7Rechtsmittel

4Abschluss der polizeilichen Ermittlungen

Checkliste zu vermögensabschöpfenden Maßnahmen

5Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen / Anklage

5.1Absehen von der Einziehung, § 421 Abs. 3 StPO

5.2Anträge

6Hauptverhandlung

6.1Beweisaufnahme

6.2Absehen von der Einziehung, § 421 Abs. 1 StPO

6.3Abtrennung der Einziehung, §§ 422, 423 StPO

6.4Einziehungsbeteiligte, §§ 424 ff. StPO

6.5Adhäsionsverfahren, §§ 403 ff. StPO

6.6(Teil-)Einstellungen

6.7Verständigung, § 257c StPO

6.8Verzicht

6.9Urteil

7Vollstreckungsverfahren

7.1Rechtskraft

7.2Vollstreckung der Einziehung des originär Taterlangten

7.2.1Ziel der Vollstreckung

7.2.2Beitreibung

7.2.3Verwertung

7.2.4Ausschluss der Vollstreckung

7.2.5Praktisches

7.3Vollstreckung der Einziehung des Wertes des Taterlangten

7.3.1Ziel der Vollstreckung

7.3.2Beitreibung

7.3.3Verwertung

7.3.4Ausschluss der Vollstreckung

7.3.5Unterbleiben der Vollstreckung

7.3.6Praktisches

8Entschädigungsverfahren

8.1Ziel des Entschädigungsverfahrens

8.2Ablauf des Entschädigungsverfahrens

8.2.1Mitteilungen

8.2.2Anmeldung der Ansprüche

8.2.3Prüfung der Berechtigung der angemeldeten Ansprüche

8.2.4Entscheidung über die Entschädigung

8.2.4.1Einziehung des originär Erlangten

8.2.4.2Einziehung des Wertes des Erlangten

8.2.5Anhörung des Verurteilten

8.2.6Vornahme der Entschädigung

8.3Praktisches

9Einige typische Fallkonstellationen

9.1„Auffinde-Fälle“ / „ad hoc-Situationen“

9.2Betäubungsmitteldelikte

9.2.1Erwerb und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG 248

9.2.2Gemeinschaftlicher Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, §§ 29a BtMG, 25 Abs. 2 StGB

9.2.3Handelsketten beim Handel mit Betäubungsmitteln

9.3Betrug

9.3.1(Internet-)Betrug mit Nichtleistung

9.3.2(Internet-)Betrug mit Schlechtleistung

9.3.3Sozialleistungsbetrug

9.3.4Bettel-/Spendenbetrug

9.3.5Anstellungsbetrug

9.4Diebstahl

9.4.1Einfacher Diebstahl, § 242 StGB

9.4.2Wohnungseinbruchsdiebstahl, § 244 StGB

9.4.3Diebstahl mit betrügerischem Weiterverkauf

Verzeichnis der Übersichten

Verzeichnis der Fallbeispiele

Verzeichnis der Formulierungsbeispiele

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

a.A.

anderer Ansicht

aaO

am angegebenen Orte

Abs.

Absatz

abw.

abweichend

a.F.

alte Fassung

allg.

allgemein

a.M.

anderer Meinung

Anm.

Anmerkung

AO

Abgabenordnung i.d.F. der Bek. vom 1.10.2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Art. 6 des Gesetzes vom 18.07.2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

AWG

Außenwirtschaftsgesetz vom 06.06.2013 (BGBl. I S. 1482), das durch Art. 4 des Gesetzes vom 20.07.2017 (BGBl. I S. 2789) geändert worden ist

Az.

Aktenzeichen

BAnz

Bundesanzeiger

BeckRS

Beck-Rechtsprechung

Bek.

Bekanntmachung

Beschl.

Beschluss

betr.

betreffend

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch i.d.F. der Bek. vom 02.01.2002 (BGBl. I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 20.07.2017 (BGBl. I S. 2787) geändert worden ist

BGBl. I, II, III

Bundesgesetzblatt Teil I, II und III

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen

BRDrucks.

Drucksachen des Bundesrates

Bsp.

Beispiel

bspw.

beispielsweise

BTDrucks.

Drucksachen des Bundestags

BtMG

Betäubungsmittelgesetz i.d.F. der Bek. vom 01.03.1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 16.06.2017 (BGBl. I S. 1670) geändert worden ist

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

bzgl.

bezüglich

bzw.

beziehungsweise

ChemG

Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Stoffen (Chemikaliengesetz) i.d.F. der Bek. vom 28.08.2013 (BGBl. I, S. 3498, 3991), das zuletzt durch Art. 2 des Gesetzes vom 18.07.2017 (BGBl. I, S. 2774) geändert worden ist

Drucks.

Drucksache

EBAO

Einforderungs- und Beitreibungsanordnung i.d.F. vom 01.08.2011

entspr.

entsprechend

evtl.

eventuell

f., ff.

folgende

Fischer

Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kommentar, 63. Auflage (2016)

Fn.

Fußnote

FPR

Familie Partnerschaft Recht

GenStA

Generalstaatsanwaltschaft

Ges.

Gesetz

ggf.

gegebenenfalls

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

h. M.

herrschende Meinung

Hs.

Halbsatz

i.d.F.

in der Fassung

i.d.R.

in der Regel

i.H.v.

in Höhe von

i.S.

im Sinne

i.S.d.

im Sinne des/der

i.V.m.

in Verbindung mit

insb.

insbesondere

InsO

Insolvenzordnung vom 05.10.1994 (BGBl. I, S. 2866), zuletzt geändert durch Art. 19 des Gesetzes vom 20.12.2011 (BGBl. I S. 2854)

JBeitrG

Justizbeitreibungsgesetz i.d.F. der Bek. Vom 27.06.2017 (BGBl. I, S. 1926), das zuletzt durch Art. 5 des Gesetzes vom 30.06.2017 (BGBl. I S. 2094 geändert worden ist

JGG

Jugendgerichtsgesetz i.d.F. der Bek. vom 11.12.1974 (BGBl. I S. 3427), das zuletzt durch Art. 4 des Gesetzes vom 27.08.2017 (BGBl. I S. 3295) geändert worden ist

jur.

juristisch

KK OWiG

Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, hrsg. von Wolfgang Mitsch, 5. Auflage (2018)

KK StPO

Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, hrsg. von Rolf Hannich, 7. Auflage (2013)

Koenig

Koenig, Abgabenordnung, Kommentar, 3. Auflage (2014)

LK

Leipziger Kommentar, Strafgesetzbuch, hrsg. v. Heinrich Wilhelm Laufhütte/Ruth Rissing-van Saan / Klaus Tiedemann, 12. Auflage (2015)

Löwe-Rosenberg

Löwe-Rosenberg Großkommentar, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, hrsg. v. Volker Erb / Robert Esser / Ulrich Franke / Kirsten Graalmann-Scheerer / Hans Hilger / Alexander Ignor, 26. Auflage (2006-2010)

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

Meyer-Goßner/Schmitt

Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung mit GVG, Nebengesetzen und ergänzenden Bestimmungen, Kommentar, 59. Auflage (2016)

MüKo BGB

Münchener Kommentar zum BGB, hrsg. v. Franz Jürgen Säcker, Roland Rixecker, Hartmut Oetker und Bettina Limperg, 7. Auflage (2015)

Musielak/Voit

Musielak/Voit, Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz, Kommentar, 14. Auflage (2017)

n.F.

neue Fassung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

NStZ-RR

NStZ-Rechtsprechungs-Report

NZI

Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht

OHG

offene Handelsgesellschaft

OLG

Oberlandesgericht

RegE

Regierungsentwurf

RiStBV

Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren vom 01.01.1977, zuletzt geändert durch die Bekanntmachung vom 15.08.2017 (BAnz AT 24.082016 B1)

Rn.

Randnummer

Rpfleger

Der Deutsche Rechtspfleger

RPflG

Rechtspflegergesetz i.d.F. der Bek. vom 14.04.2013 (BGBl. I S. 778, 2014 I S. 46), das zuletzt durch Art. 6 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2429) geändert worden ist

Rspr.

Rechtsprechung

S.

Satz, Seite

Schmidt

Schmidt, Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfahren (2006)

Schönke/Schröder

Strafgesetzbuch, Kommentar, bearb. v. Albin Eser, 29. Auflage (2014)

SGB

Sozialgesetzbuch

sog.

sogenannte

StA

Staatsanwalt, Staatsanwaltschaft

StGB

Strafgesetzbuch i.d.F. der Bek. vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 17.08.2017 (BGBl. I S. 3202) geändert worden ist

StPO

Strafprozessordnung i.d.F. der Bek. vom 07.04.1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 27.08.2017 (BGBl. I S. 3295) geändert worden ist

StrEG

Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnamen vom 08.03.1971 (BGBl. I, S. 157), das zuletzt durch Art. 6 Abs. 19 des Gesetzes vom 13.04.2017 (BGBl. I, S. 872) geändert worden ist

Staudinger

J. v. Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Buch 2, §§ 255–304 Neubearbeitung 2014 und §§ 397–432 Neubearbeitung 2017

StVollstrO

Strafvollstreckungsordnung i.d.F. der Bek. vom 13.07.2011 (BAnz. Nr. 112a vom 28. Juli 2011), die zuletzt geändert worden ist am 10.08.2017 (BAnz. AT 18.08.2018 B6)

Urt.

Urteil

u.U.

unter Umständen

Var.

Variante

usw.

und so weiter

vgl.

vergleiche

VO

Verordnung

wistra

Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht

z.B.

zum Beispiel

ZInsO

Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht

zivilr.

zivilrechtlich

ZJJ

Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe

Ztp.

Zeitpunkt

ZPO

Zivilprozessordnung i.d.F. der Bek. vom 05.12.2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431; 2007 I S. 1781), die zuletzt durch Art. 11 Absatz 15 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2745) geändert worden ist

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

1Einstieg in das Vermögensabschöpfungsrecht

1.1Entwicklung des Vermögensabschöpfungsrechts

„Straftaten sollen sich nicht lohnen!“ oder „Crime doesn`t pay!“ Dieser Grundsatz ist seit 1975 das Leitmotiv der Vorschriften über die Vermögensabschöpfung, der §§ 73 ff. StGB und §§ 111b ff. StPO,1 die durch das Unternehmensstrafrecht in den §§ 30, 130 OWiG flankiert werden. Obwohl sich die Strafverfolger2 wohl grundsätzlich einig sind, dass sich Straftaten tatsächlich nicht lohnen sollen, werden die gesetzlichen Grundlagen, dem Täter das Taterlangte zu entziehen, von jeher wenig konsequent angewendet.

Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Zunächst war es vor allem das Nettoprinzip, das in der Strafjustiz für wenig Akzeptanz sorgte, denn dem Täter durfte danach nur das entzogen werden, was er als Netto-Gewinn aus der Straftat erlangt hatte („Gewinn-Abschöpfung“). Das Nettoprinzip wurde 1992 zugunsten des Bruttoprinzips abgeschafft,3 die zuvor erforderliche Brutto-Netto-Saldierung wurde obsolet. Doch auch das Bruttoprinzip führte zu Schwierigkeiten, weil es in bestimmten Fallkonstellationen als ungerecht empfunden wurde: Bestand zwar Einigkeit, dass beispielsweise einem Drogendealer grundsätzlich der gesamte mit Drogenhandel erwirtschafteten Umsatz entzogen werden sollte (ohne Abzug des Einkaufspreises für die Betäubungsmittel, evtl. Kosten für Beschaffungsfahrten etc.), stellte sich zum Beispiel bei der Solarfirma, die unter Verstoß gegen das ChemG eine Solaranlage auf einem astbesthaltigen Dach montierte, die Frage, ob tatsächlich der Brutto-Umsatz oder nicht vielmehr doch nur der (um die Lohn- und Materialkosten bereinigte) effektive Gewinn abzuschöpfen ist. In der Rechtsprechung führte dies zu unterschiedlichen Ansätzen und Einzelfall-Entscheidungen.4

Darüber hinaus begründeten auch die Fälle der Rückgewinnungshilfe die fehlende Akzeptanz. Der Begriff „Rückgewinnungshilfe“ bezeichnet nach altem Recht jene Fallkonstellationen, in denen das, was der Täter zu Unrecht erlangt hat, zugleich einem durch die Tat Geschädigten (Verletzten) genommen wurde, beispielsweise in den Fällen des Betruges, Diebstahls, Raubes, der Erpressung usw. In jenen Fällen war es nach den gesetzlichen Vorschriften die Aufgabe der Strafjustiz, Vermögenswerte zugunsten der Verletzten zu sichern. Diese hatten sodann ursprünglich bis zu 3 Monate nach dem Strafurteil Zeit, auf die gesicherten Vermögenswerte selbst durch Erwirken eines (Zivil-)Urteils und Veranlassung entsprechender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Zugriff zu nehmen.5 Unterblieb ein Zugriff der Verletzten, waren die gesicherten Vermögenswerte spätestens 3 Monate nach dem Strafurteil wieder an den Täter herauszugeben – eine äußerst unbefriedigende Rechtslage, die denn auch der Rechtsprechung zu unterschiedlichen „Klimmzügen“ Anlass gab, um die an sich gebotene Rückgabe der Vermögenswerte zu umgehen.6

Den Durchbruch für die Rückgewinnungshilfe sollte das zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Rückgewinnungshilfe und der Vermögensabschöpfung bei Straftaten bringen.7 Die zentrale Vorschrift dieser Reform, § 111i StPO a.F., sah nunmehr vor, dass die Verletzten nicht nur 3 Monate, sondern 3 Jahre ab Rechtskraft des Strafurteils Zeit hatten, auf die gesicherten Vermögenswerte Zugriff zu nehmen. Soweit kein Zugriff durch die Verletzten erfolgte, erwarb der Staat das Eigentum an den inkriminierten und vorläufig gesicherten Vermögenswerten oder in Höhe eines durch das Strafgericht ausgeurteilten Betrages einen Zahlungsanspruch gegen den Verurteilten, in dessen Vollstreckung die vorläufig gesicherten Vermögenswerte verwertet werden durften. Mit diesem Institut des staatlichen Auffangrechtserwerbs schaffte § 111i StPO a.F. zwar eine Lösung für die zuvor unbefriedigende Rechtslage. Die Vorschrift erwies sich jedoch in der Handhabung als kompliziert. Zudem führte sie zu rechtlichen Unstimmigkeiten in jenen Fällen, in denen nach vorläufiger Sicherung von Vermögenswerten im Wege der Rückgewinnungshilfe über das Vermögen des Täters/Verurteilten das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, denn aufgrund der insolvenzrechtlichen Vorschriften konnten die Verletzten mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr auf die extra für sie gesicherten Vermögenswerte Zugriff nehmen, und auch der Insolvenzverwalter konnte die gesicherten Vermögenswerte unter Umständen nicht mehr zur Insolvenzmasse ziehen, sofern die hierfür vorgeschriebenen Fristen verstrichen waren (§§ 88, 89, 129 ff. InsO).

All diese Schwierigkeiten führten dazu, dass das Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – also die Vorschriften über das Aufspüren, die vorläufige Sicherung und das endgültige Abschöpfen des Taterlangten8 im Sinne der §§ 73 ff. StGB in Verbindung mit §§ 111b ff. StPO – nicht konsequent angewendet wurde. Zur Intensivierung der Vermögensabschöpfung wurden deshalb in manchen Bundesländern organisatorische Maßnahmen ergriffen. Hervorzuheben ist insbesondere die Einführung des sog. Trennungsprinzips, wonach die Ermittlungen zu der dem Strafverfahren zugrundeliegenden Straftat durch den Grundermittler oder Grunddezernenten „getrennt“ erfolgen von der Prüfung und Durchführung vermögensabschöpfender Maßnahmen, die den Vermögens- oder Finanzermittlern obliegt.

Das zum 1. Juli 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung bringt vor diesem Hintergrund eine einschneidende Änderung:9 Vermögensabschöpfung bedeutet jetzt die Einziehung des Taterlangten und ist im Grundsatz als zwingendes Recht ausgestaltet, die bisher eröffneten Ermessensspielräume wurden eingeschränkt. Zudem erfolgt die Einziehung des Taterlangten nun nach einem – neu geschaffenen – normativen Bruttoprinzip, durch das der Gesetzgeber die bislang uneinheitliche Rechtsprechung zum Bruttoprinzip gesetzlich kodifizieren und eine klare Rechtsgrundlage schaffen will. Die bislang praktizierte Rückgewinnungshilfe ist durch ein neues Konzept der Einziehung des Taterlangten zugunsten des Staates abgelöst worden, wobei der Staat seinerseits in einem neu ausgestalteten Verfahren die Entschädigung der Verletzten vorzunehmen hat, soweit diese ihre Ansprüche geltend machen.

Durch die Gesetzesreform wird das Recht der Vermögensabschöpfung damit grundlegend neu geregelt. Die neuen Vorschriften gelten gemäß Art. 316h EGStGB und § 14 EGStPO für alle Verfahren, in denen nach dem 1. Juli 2017 erstmals eine Entscheidung über die Abschöpfung des Erlangten ergeht.10 Mit der Ausgestaltung als im Grundsatz zwingend anzuwendendes Recht wandelt sich das Grundsatz „Straftaten sollen sich nicht lohnen“ in einen Imperativ „Straftaten haben sich nicht zu lohnen!“ oder auch „Straftaten lohnen sich nicht!“ Die bisherige Spezialisten-Aufgabe wird zu einer „Jedermann-Aufgabe“: Jeder Ermittler muss jedenfalls die Grundzüge dieser neuen Vorschriften beherrschen und wissen, wann und unter welchen Voraussetzungen die Einziehung des durch die Tat Erlangten in Betracht kommt oder sogar rechtlich geboten ist und welche Ermittlungen zu diesem Zweck erforderlich sind. Jedes Ermittlungsverfahren muss zwingend auch unter dem Aspekt der Einziehung des Taterlangten geprüft, relevante Erkenntnisse aktenkundig gemacht und evtl. erforderliche Ermittlungen bis hin zum Vollstreckungsverfahren durchführt oder zumindest mit der Staatsanwaltschaft abgestimmt werden.

1.2Anwendungsbereich der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

Gleich zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens, mit dessen Einleitung, ist die allerwichtigste Weichenstellung vorzunehmen, nämlich überhaupt zu erkennen, ob in einem Verfahren Vermögensabschöpfung in Betracht kommt. Die entscheidende Frage lautet:

„Hat irgendjemand – der Täter, Teilnehmer oder ein Dritter – durch oder für die Straftat etwas erlangt?“

Das ist häufig ganz einfach zu erkennen: Der Dieb hat das Diebesgut erlangt, der Betrüger das Ertrogene, der Erpresser den erpressten Vermögensvorteil, der Räuber das Raubgut, der Leistungserschleicher die erschlichene (Beförderungs-)Leistung usw. Dies gilt für alle Eigentums- und Vermögensdelikte und auch für alle Strafvorschriften, die ein Handeltreiben unter Strafe stellen: Beim Handel mit Betäubungsmitteln, mit Waffen, mit Stehlgut (Hehlerei), mit Kinderpornographie, mit unrechtmäßig erlangten Lizenzen oder Adressdaten usw. – in all diesen Fällen erlangt der Täter durch seine Tat einen wirtschaftlichen Vorteil.

Doch nicht immer ist es so einfach, zu erkennen, ob jemand durch die Tat etwas erlangt hat. Da mit dem Vermögensabschöpfungsrecht ein (durch eine Straftat verursachter) Zustand ungerechtfertigter Bereicherung bereinigt werden soll, helfen in aller Regel zwei Hilfsfragen weiter:

„Steht irgendjemand – der Täter, Teilnehmer oder ein Dritter – infolge der Straftat wirtschaftlich anders dar als wenn die Straftat nicht begangen worden wäre?“

und

„Hatte der Täter oder Teilnehmer zumindest auch wirtschaftliche Gründe, diese Straftat zu begehen?“

Der Steuerhinterzieher erreicht durch die Steuerhinterziehung, dass die ihn treffende Steuerlast gar nicht oder zu niedrig festgesetzt wird; im Ergebnis hat er infolge der Straftat mehr Geld zur Verfügung. Der Arbeitgeber, der die Beschäftigungsverhältnisse seiner Arbeitnehmer nicht ordnungsgemäß angemeldet hat, erlangt einen falschen Beitragsbescheid der Krankenkassen als Einzugsstellen der Arbeitnehmer- und Arbeitsgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Der Umweltsünder, der chemisch belastete Abwässer rechtswidrig in Flüsse einleitet, handelt regelmäßig auch wirtschaftlich motiviert; er erlangt einen Kostenvorteil in Form der Ersparnis für die ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung. Gleiches gilt für denjenigen, der entsorgungspflichtige Materialien verbotswidrig in der Natur „entsorgt“, denn er erlangt den Vorteil, dass der Müll kostenfrei beseitigt ist. Wer Lebensmittel falsch deklariert in den Warenumlauf bringt, handelt regelmäßig ebenso (auch) wirtschaftlich motiviert, wie derjenige, der in seinem Imbiss die Hygienevorschriften missachtet. Wer durch Bestechung erwirkt, dass sein Ackerland als Bauland ausgewiesen wird oder dass er einen bestimmten lukrativen Auftrag erhält, handelt ebenso aus wirtschaftlichen Gründen wie derjenige, der eine nicht genehmigte Anlage – beispielweise eine Windkraftanlage – betreibt. Wer ohne Fahrerlaubnis Auto fährt, erlangt die in dieser Form nicht ordnungsgemäße Beförderung vom Start- zum Zielpunkt.

Die vorgenannten Beispiele zeigen, wie breit gefächert der Anwendungsbereich des Vermögensabschöpfungsrechts ist. Die weit überwiegende Anzahl der Straftaten ist jedenfalls auch wirtschaftlich motiviert. Es gibt nur wenige Deliktsbereiche, in denen Vermögensabschöpfung nicht in Betracht kommt, z.B. bei nicht wirtschaftlich motivierten Körperverletzungs- oder Tötungsdelikten (anders jedoch beim Auftragsmord, dem Mord aus Habgier oder dem beauftragten Schläger) oder beim Stalking.

Überhaupt erst einmal zu erkennen, ob in einem Verfahren Vermögensabschöpfung in Betracht kommt, erfordert noch nicht, rechtlich sogleich richtig zu subsumieren, bei wem was als Taterlangtes eingezogen werden kann. Es kommt zunächst auch nicht darauf an, ob es durch die Tat Verletzte gibt oder nicht, denn die Differenzierung zwischen Fällen mit Verletzten (Rückgewinnungshilfe) und den Fällen ohne Verletzte ist durch die Reform der Vermögensabschöpfung grundsätzlich irrelevant geworden.11 Es ist zunächst auch irrelevant, ob der Täter es bei seinem Handeln oder Unterlassen gezielt auf einen wirtschaftlichen Vorteil angelegt hat, oder ob dieser – wie häufig bei Fahrlässigkeitsdelikten – nur Nebenfolge seines Handelns war. Der Bauunternehmer, der seine Handwerker auf ein nicht ordnungsgemäß gesichertes Baugerüst schickt, erlangt durch die günstigeren Gerüstkosten einen wirtschaftlichen Vorteil. Verunglückt einer seiner Handwerker infolge der fehlenden Sicherheitsmaßnahmen, handelt es sich um eine fahrlässige Körperverletzung oder sogar fahrlässige Tötung, auf die der Unternehmer es gerade nicht angelegt hatte; gleichwohl hat er durch sein fahrlässiges Handeln – den Verstoß gegen die Arbeitssicherheitsbestimmungen – einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt.

Vermögensabschöpfung ist dabei nicht nur beim Täter oder Teilnehmer (Tatbeteiligten), sondern auch bei Dritten möglich: Hat der Täter selbst offensichtlich keinen Vorteil erlangt hat, ist stets zu hinterfragen, ob gegebenenfalls ein Dritter – z.B. die von dem Täter vertretene Firma, ein Verwandter oder Bekannter des Täters – einen wirtschaftlichen Vorteil durch oder für die Straftat erlangt hat. Das Umfeld des Täters ist immer mit im Blick zu behalten.

Dabei geben nicht nur die Tat als solche, sondern oftmals auch auffällige Vermögensverhältnisse Anlass, vermögensabschöpfende Maßnahmen in Betracht zu ziehen.

Dies gilt zunächst für jene Fälle, in denen im Zuge von Ermittlungen Erkenntnisse zu den Lebensumständen des Täters oder der ihm nahestehenden Personen bekannt werden, die zu den offiziellen finanziellen Verhältnissen nicht passen. So zum Beispiel, wenn der Bankrotteur in einem schönen Haus wohnt – Wem gehört das Haus? Wer hat es finanziert? Oder wenn im Rahmen von verdeckten Ermittlungen bekannt wird, dass sich ein wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verfolgter Sozialleistungsempfänger für den Erwerb eines teuren Autos interessiert – Von welchem Geld will er das Auto bezahlen? Oder wenn im Zuge solcher Ermittlungen bekannt wird, dass zwar der Beschuldigte selbst über keine nennenswerten Vermögenswerte verfügt, seine gerade 18 Jahre alte Tochter jedoch Eigentümerin einer Immobilie ist – Wie kann sie diese finanziert haben? Diese Fragen bilden bereits den Ausgangspunkt für die im Weiteren erforderlichen Vermögensermittlungen.

Gleiches gilt für die typischen ad hoc-Situationen, z.B. wenn ein offensichtlich mittelloser Ausländer in einem Auto mit einer Vielzahl an Alkoholflaschen angetroffen wird – Wie hat er die bezahlt? Kann er den ordnungsgemäßen Erwerb der Flaschen belegen? Oder wenn bei einer Verkehrskontrolle oder einer Durchsuchung ein ganz erheblicher Bargeldbetrag aufgefunden wird, der zu den sonstigen finanziellen Verhältnissen des Betroffenen augenscheinlich nicht passt. In diesen ad hoc-Situationen stehen die vor Ort eingesetzten Beamten regelmäßig unvermittelt vor der Frage, ob der als auffällig erkannte Vermögenswert vorläufig zu sichern ist oder nicht. In dieser Lage wird – auch von den im Eildienst angerufenen Staatsanwälten – immer wieder entschieden, den Vermögenswert im Gewahrsam des Betroffenen zu belassen, weil keine eindeutigen Anhaltspunkte für eine deliktische Herkunft erkennbar seien. Dabei bedarf es für die vorläufige Sicherung nur eines einfachen Anfangsverdachtes, der – wenn denn der Vermögenswert nicht zu den Gesamtumständen passt – oft recht problemlos begründet werden kann. Lässt sich die legale Herkunft eines Vermögenswertes also vor Ort nicht oder nicht zweifelsfrei klären, sollte in aller Regel zunächst eine vorläufige Sicherung erfolgen, damit anschließend weitere Ermittlungen zur Herkunft des gesicherten Wertes veranlasst werden können (zu der vorläufigen Sicherung und den hierbei erforderlichen Maßnahmen siehe noch nachstehend in Kapitel 3; zu den sich in den „ad hoc-Situationen“ typischerweise stellenden Problemen siehe überdies die Fallbeispiele in Kapitel 9.1).

Die Frage, ob irgendjemand – der Täter, Teilnehmer oder ein Dritter – in dem vorgenannten Sinne durch die Straftat irgendeinen Vorteil erlangt hat oder erlangt haben könnte, muss bereits ganz am Anfang der Ermittlungen, unmittelbar nach Entstehen des Anfangsverdachts, gestellt werden. Nur so ist sichergestellt, dass dieser Aspekt bei den weiteren Ermittlungen sachgerecht berücksichtigt wird. Nach neuem Recht ist das kein Aspekt mehr, der in das Ermessen der Ermittler gestellt ist: Das durch die Tat Erlangte ist grundsätzlich zwingend abzuschöpfen, wer dies bei den Ermittlungen unberücksichtigt lässt, missachtet das Gesetz.

1.3Ablauf der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung – ein Überblick

Wie funktioniert die strafrechtliche Vermögensabschöpfung nach der zum 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Reform? Ein kurzer Überblick über den Verfahrensablauf hilft zu verstehen, was in welcher Verfahrenssituation zu bedenken ist. Die Darstellung beschränkt sich dabei auf die im Strafgesetzbuch und der Strafprozessordnung enthaltenen Vorschriften zur strafrechtlichen Vermögensabschöpfung. Hat man dieses „Kerngeschäft“ der Vermögensabschöpfung verstanden, erschließen sich auch die Bereiche des Unternehmensstrafrechts und Ordnungswidrigkeitenrechts (§§ 17 Abs. 4, 29a, 30, 130 OWiG).

Jedes Ermittlungsverfahren beginnt mit dem Anfangsverdacht gefolgt von einer Ermittlungsphase, die ganz unterschiedlich verlaufen kann: Manchmal sind strafprozessuale Standardmaßnahmen wie eine Durchsuchung oder Zeugenvernehmungen erforderlich, manchmal erfolgen zunächst verdeckte Ermittlungen in Form von Observations- oder Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen, oftmals wird nach der Aufnahme der Strafanzeige einfach nur noch dem Beschuldigten rechtliches Gehör gewährt. All diese Maßnahmen sind darauf gerichtet, den Tatverdacht zugunsten oder zu Lasten des Beschuldigten aufzuklären. Es geht also darum, Beweismittel für das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Strafvorschrift zu erlangen. Am Ende dieser Ermittlungen kann die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob das Ermittlungsverfahren eingestellt oder ob wegen des hinreichenden Tatverdachts einer Straftat Anklage erhoben wird. Wird Anklage erhoben, folgt anschließend die Hauptverhandlung und schließlich – im Falle der Verurteilung – die Vollstreckung der verhängten Strafe.

Übersicht 1: Verfahrensablauf und vermögensabschöpfende Maßnahmen

Nach der Reform des Vermögensabschöpfungsrechts muss die Staatsanwaltschaft nun bei Abschluss der Ermittlungen mit der Anklage oder dem Strafbefehl grundsätzlich immer einen Antrag auf Einziehung des vom Täter durch oder für die Straftat Erlangten stellen.12 Die Abschöpfung des durch oder für die Straftat Erlangten erfolgt durch dessen Einziehung zugunsten des Staates. Eingezogen wird, soweit möglich, immer das originär Taterlangte; ist dies nicht möglich, wird ein Betrag eingezogen, der dem Wert des Taterlangten entspricht (Wertersatz, §§ 73, 73c, 73d StGB).

Damit die Staatsanwaltschaft diesen Einziehungsantrag stellen kann, bedarf es deshalb neben den Ermittlungen zur Aufklärung der Straftat in allen Fällen, in denen ein Tatbeteiligter oder Dritter – wie vorstehend in Kapitel 1.2. dargestellt – durch oder für die Tat etwas erlangt hat bzw. erlangt haben könnte, Ermittlungen zur Aufklärung und ggf. Sicherung des Erlangten (Vermögensermittlungen). Die Einziehung des Taterlangten ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig; es muss einer der im materiellen Strafrecht in den §§ 73 ff. StGB geregelten Einziehungstatbestände erfüllt sein (siehe dazu im Einzelnen in Kapitel 2). Ebenso wie die Tatbestandsvoraussetzungen des verwirklichten Straftatbestandes des Diebstahls, Betruges usw. aufzuklären sind, sind also auch die Voraussetzungen der verschiedenen Einziehungstatbestände aufzuklären.

Sind die Voraussetzungen eines Einziehungstatbestandes erfüllt, ist überdies gemäß §§ 111b ff. StPO eine vorläufige Sicherung des durch oder für die Tat Erlangten zu erwägen (siehe dazu näher in Kapitel 3). Die vorläufige Sicherung erfolgt durch die Beschlagnahme des originär Taterlangten oder durch die Vollziehung eines Vermögensarrestes zur Sicherung eines dem Wert des Taterlangte entsprechenden Betrages (Wertersatz).

Sofern Maßnahmen zur vorläufigen Sicherung des Taterlangten (oder dessen Wertes) gemäß §§ 111b ff. StPO erfolgen, umfassen die Vermögensermittlungen dabei auch die Verwaltung und ggf. Notveräußerung der gesicherten Vermögenswerte (§§ 111m, 111p StPO). Unter bestimmten Voraussetzungen kommt zudem eine frühzeitige Herausgabe gesicherter beweglicher Sachen an den Verletzten oder einen Dritten in Betracht (§§ 111n, 111o StPO). Überhaupt dienen die Vermögensermittlungen in dieser Ermittlungsphase auch dazu, die Verletzten – also jene, denen spiegelbildlich das durch die Tat entzogen wurde, was der Tatbeteiligte (oder ein Dritter) zu Unrecht erlangt hat – zu ermitteln und über die Sicherung von Vermögenswerten zu informieren, um so ihre spätere Entschädigung vorzubereiten und zu ermöglichen (siehe dazu insbesondere in Kapitel 3.6).

Sind nach dem Ergebnis dieser Ermittlungen die Voraussetzungen einer materiell-rechtlichen Vorschrift zur Einziehung des Taterlangten gemäß §§ 73 ff. StGB erfüllt, ist die Staatsanwaltschaft bei Abschluss der Ermittlungen grundsätzlich verpflichtet, einen Antrag auf Einziehung des Taterlangten (oder des Wertes des Taterlangten) zu stellen (siehe dazu in Kapitel 5). Dieser Antrag hängt nicht davon ab, ob Vermögenswerte vorläufig gesichert wurden oder nicht. Wird die Einziehung des Taterlangten mit der Anklage oder dem Strafbefehlsantrag beantragt, ist das Vorliegen der Voraussetzungen der Einziehung darzulegen und unter Beweis zu stellen. Der Antrag auf Einziehung ist ausnahmsweise nicht zu stellen, wenn der Ausschlussgrund des § 73e StGB erfüllt ist, insbesondere soweit der Anspruch des durch die Tat Verletzten erloschen ist (siehe dazu näher in Kapitel 2.2.8). Überdies kann die Staatsanwaltschaft gemäß § 421 Abs. 3 StPO von dem Antrag auf Einziehung des Taterlangten absehen, muss dies jedoch in den Akten vermerken (siehe dazu näher in Kapitel 5.1).

Stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Einziehung des Taterlangten, muss das Gericht über die Voraussetzungen der Einziehung im Zuge der Hauptverhandlung Beweis erheben (siehe dazu näher in Kapitel 6). Ist das Gericht davon überzeugt, dass die Voraussetzungen vorliegen, muss es mit dem Urteil die Einziehung des Taterlangten (oder des Wertes des Taterlangten) anordnen.13 Auch das Gericht hat dabei die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen gemäß § 421 Abs. 1 StPO von der Einziehung abzusehen, bedarf hierzu jedoch der Zustimmung der Staatsanwaltschaft. Zudem kann das Gericht gemäß §§ 422, 423 StPO die Entscheidung über die Einziehung von der Entscheidung über die anderen Rechtsfolgen abtrennen und später – nach Rechtskraft des Urteils – nachholen.

Ist die Einziehung des Taterlangten gerichtlich rechtskräftig angeordnet worden, schließt sich die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung gemäß § 459g StPO an (siehe dazu in Kapitel 7). Diese obliegt den Rechtspflegern der Staatsanwaltschaft oder – in Jugendsachen – dem Jugendgericht (§§ 82, 110 JGG). Die Vollstreckung der Einziehungsanordnung zielt darauf ab, dem Täter das wegzunehmen, was er zuvor zu Unrecht durch oder für die Tat erlangt hat (§ 459g Abs. 1 StPO; „Naturalrestitution“), oder vom Täter einen Betrag in Höhe des Wertes des Taterlangten beizutreiben (§ 459g Abs. 2 StPO). Um die Einziehungsanordnung zu vollstrecken, können Durchsuchungs- und Fahndungsmaßnahmen erfolgen (§ 459g Abs. 3 StPO). Die Vollstreckung kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn sie in absehbarer Zeit aussichtslos, der Täter entreichert oder die Vollstreckung aus sonstigen Gründen unverhältnismäßig ist (§ 459g Abs. 5 und § 459g Abs. 2 i.V.m. § 459c Abs. 2 StPO). Ebenso wie die Anordnung der Einziehung ist auch die Vollstreckung einer Einziehungsanordnung ausgeschlossen, soweit der Anspruch des Verletzten erloschen ist (§ 459g Abs. 4 StPO).

Soweit das, was der Täter, Teilnehmer oder Dritte durch oder für die Tat erlangt, zugleich einem durch die Tat Verletzten entzogen wurde, ist parallel zum Vollstreckungsverfahren gemäß §§ 459h ff. StPO ein Entschädigungsverfahren durchzuführen (siehe dazu in Kapitel 8). Dieses beginnt mit einer Mitteilung an die Verletzten, mit der diese aufgefordert werden, ihre Entschädigungsansprüche binnen 6 Monaten nach Zustellung der Mitteilung anzumelden. Alle angemeldeten Entschädigungsansprüche sind anschließend auf ihre Berechtigung hin zu prüfen, ggf. sind die Akten dabei auch noch einmal dem Gericht vorzulegen. Der Verurteilte ist zu der beabsichtigten Entschädigungsentscheidung noch einmal anzuhören, bevor die Entschädigung (Rückgewähr des eingezogenen Erlangten oder Auskehrung der eingezogenen Wertersatzbeträge) schließlich durchgeführt werden kann.

Dieses Einziehungs-, Vollstreckungs- und Entschädigungsverfahrens verfolgt das Ziel, dem durch die Straftat zu Unrecht bereicherten Täter, Teilnehmer oder Dritten das durch oder für die Tat Erlangte originär oder seinem Wert nach wieder wegzunehmen:

•Entweder soll der durch die Tat Verletzte das zurückerhalten, was ihm durch die Tat entzogen wurde oder er soll einen dem Wert des Erlangten entsprechenden Entschädigungsbetrag erhalten,

•oder der Staat soll das Eigentum an dem durch oder für die Tat Erlangten erwerben bzw. von dem verurteilten Täter einen Betrag erhalten, der dem Wert des Taterlangten entspricht.

Die Vermögensermittlungen in der Ermittlungsphase dienen somit dazu, in allen Verfahren, in denen ein Tatbeteiligter oder Dritter durch oder für die Straftat etwas erlangt hat

•den mit Abschluss der Ermittlungen zu stellenden Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einziehung des Taterlangten,

•die Beweisaufnahme zur Einziehung des Taterlangten,

•das Urteil zur Einziehung des Taterlangten,

•die Vollstreckung dieser Einziehungsentscheidung sowie

•ggf. die Entschädigung der Verletzten

vorzubereiten bzw. umzusetzen.

Wer erfolgreich Vermögensabschöpfung betreiben will, muss daher wissen

•aufgrund welcher Rechtsgrundlagen eine Einziehung des Taterlangten möglich ist,

•welche Ermittlungen zum Nachweis und zur Durchsetzung dieser Rechtsgrundlagen erforderlich sind,

•worauf es für das Gericht in der Hauptverhandlung ankommt und welche Verfahrenssituationen auftreten können,

•wie die gerichtlich angeordnete Einziehungsentscheidung vollstreckt wird und wie das Entschädigungsverfahren abläuft.

Dem folgt der Aufbau dieses Buches, indem zunächst in Kapitel 2 die Einziehungstatbestände vorgestellt, hierauf aufbauend in Kapitel 3 die vorläufigen Sicherungsmaßnahmen – inklusive der Besonderheit der insolvenzrechtlichen Bezüge – und anschließend der weitere Verfahrensgang sowie das Vollstreckungs- und Entschädigungsverfahren erläutert wird (Kapitel 4–8).

1.4Ermittlungen zur finanziellen Situation

Um vermögensabschöpfende Maßnahmen durchzuführen, bedarf es Ermittlungen zur finanziellen Situation des Tatbeteiligten oder Drittbegünstigten. Derartige (Vermögens-)Ermittlungen gehören nicht zum Standardrepertoire eines jeden Ermittlers, deshalb sollen die Grundzüge vorab knapp skizziert werden.

Ein Überblick über die finanzielle Situation einer natürlichen oder juristischen Person (Finanzstatus) erfordert in der Regel Ermittlungen zu den

•Konten,

•Kraftfahrzeugen (im Einzelfall auch zu Flugzeugen oder Schiffen),

•Immobilien,

•Einkünften und

•Forderungen (Lebensversicherungen, Forderungen gegen Auftraggeber usw.).

Einen Überblick zu allen Konten, die in Deutschland auf den Namen einer bestimmten natürlichen oder juristischen Person registriert sind, erhält man durch eine Abfrage bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Sobald die Konten bekannt sind, können durch die Staatsanwaltschaft oder gemäß § 163 Abs. 3 StPO im Auftrag der Staatsanwaltschaft Auskunftsersuchen an die kontoführende Stelle gerichtet werden. Aus den Kontoauskünften ergeben sich häufig viele Erkenntnisse nicht nur zur Kontoeröffnung, evtl. Schließfächern und Verfügungsberechtigungen, sondern insbesondere auch zu Bargeldabhebungen oder -einzahlungen, Überweisungen an oder von Versicherungen, Zahlungen von Kraftfahrzeugsteuer oder Überweisungen von Dritten oder an Dritte.

Ermittlungen zu Kraftfahrzeugen erfolgen am einfachsten über das Kraftfahrtbundesamt. Dort ist nicht nur registriert, welches Fahrzeug auf wen aktuell zugelassen ist oder war, sondern es sind auch fahrzeugbezogene Abfragen möglich. Solche Fahrzeughistorien sind wichtig, wenn zu ermitteln ist, wann und unter welchen Umständen ein Kraftfahrzeug erworben wurde, denn dann muss der Voreigentümer zum Verkauf des Kraftfahrzeugs befragt werden. Erkenntnisse zu Kraftfahrzeugen ergeben sich auch aus Kontoauszügen. Hieraus lassen sich – zumindest einmal pro Jahr – die Zahlung von Kraftfahrzeugsteuer und -versicherung ersehen. Auskünfte zu Schiffen, Schiffsbauwerken oder Flugzeugen (Luftfahrzeugen) erhält man über das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig oder das Schiffs- bzw. Schiffsbauregister am jeweiligen Heimat- oder Bauort des Schiffs bzw. Schiffsbauwerkes.

Aufzuklären, ob eine Person Eigentümer eines Grundstücks oder einer Immobilie ist, ist demgegenüber nicht ganz so einfach, weil es hierfür in Deutschland bislang keine bundesweit zentrale Abfragemöglichkeit gibt. Über Erkenntnisse verfügen natürlich immer die jeweiligen Besteuerungsfinanzämter, die jedoch – je nach Einzelfall und Tatvorwurf – an das Steuergeheimnis (§ 30 AO) gebunden sind. Möglich sind weiterhin Auskunftsersuchen an die Grundbuchämter der Gemeinden, in denen die Person ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, doch geben diese Auskünfte nie ein vollständiges Bild. Am einfachsten ist es, ein Auskunftsersuchen an das in jedem Bundesland vorhandene Landesamt für Geoinformation, Bodenmanagement bzw. Landvermessung zu richten, soweit es Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Person dort über Grundbesitz verfügt. Die Landesämter können über das amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem abfragen, ob eine bestimmte Person als Eigentümer registriert ist. In einigen Bundesländern besteht für Ermittlungsbehörden auch die Möglichkeit, solche Abfragen online selbst durchzuführen.

Erkenntnisse über die Einkünfte einer Person ergeben sich fast immer aus Bankauskünften. Um Auskunft können auch die Jobcenter, Bundesagenturen für Arbeit oder die Rentenversicherungsträger ersucht werden, die jedoch nur begrenzt Auskünfte erteilen dürfen; um weitergehende Auskünfte zu erhalten, bedarf es gemäß § 73 SGB X eines Gerichtsbeschlusses.

Ob eine Person werthaltige Forderungen gegen einen Dritten hat (z.B. gegen eine Versicherung auf Auszahlung einer Lebensversicherung, gegen das Finanzamt auf Zahlung einer Steuererstattung, gegen einen Auftraggeber auf Begleichung eines Rechnungsbetrags), lässt sich hingegen ohne Weiteres nicht erkennen. Aus Kontoauskünften lassen sich (sofern entsprechende Zahlungen nicht verschleiert werden) die Versicherungsunternehmen ersehen, die mit der jeweiligen Person in Verbindung stehen. An diese können sodann durch die Staatsanwaltschaft oder im Auftrag der Staatsanwaltschaft (§ 163 Abs. 3 StPO) Auskunftsersuchen gerichtet werden. Im Übrigen bedarf es hierzu jedoch nicht selten Durchsuchungsmaßnahmen.

Abgesehen von den Ermittlungen zu diesen fünf wichtigsten Aspekten ist durch Anfragen bei dem zuständigen Vollstreckungs- oder Insolvenzgericht stets zu prüfen, ob

•die jeweilige Person bereits eine Vermögensauskunft abgegeben hat oder ob gegen sie Vollstreckungsaufträge vorliegen und ob

•über das Vermögen dieser (juristischen) Person ein Insolvenzverfahren anhängig ist.

Soweit es in Betracht kommt, sind zudem Auszüge aus dem Handelsregister einzuholen und die zuletzt im Bundesanzeiger veröffentlichen Bilanzen abzufragen.

Ergänzend bringen Recherchen im Internet, insbesondere in den social media, oft erstaunliche Erkenntnisse über die im Fokus stehenden Personen zu Tage, so zum Beispiel, wenn ein Täter Fotos von seinem neuen Auto oder von einer teuren Urlaubsreise postet.

Viele der vorgenannten Abfragen können im Internet erfolgen, sofern man über die erforderlichen Zugangsberechtigungen verfügt. Die Einholung mancher Auskünfte – insbesondere zu den Konten – beansprucht allerdings regelmäßig mehrere Wochen Zeit, worauf nicht immer gewartet werden kann.

Zu bedenken ist schließlich bei all diesen Ermittlungen, dass das Ermittlungsverfahren offengelegt wird, sobald Auskünfte von Dritten erfordert werden. Sollen die Ermittlungen zur Aufklärung der Straftat verdeckt erfolgen, ist daher mit Ermittlungen zur finanziellen Lage des Tatbeteiligten oder Dritten Zurückhaltung geboten oder zumindest sicherzustellen, dass die Auskunftsersuchen von den zur Auskunft Verpflichteten vertraulich behandelt werden.

1Eingeführt durch das 2. Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4.07.1969 (BGBl. I, S. 717), das am 1.1.1975 in Kraft getreten ist. Ausführlich zur Entstehung der Bestimmungen zur Gewinnabschöpfung siehe Schmidt, Rn. 1 ff.

2Die Begriffe Täter, Teilnehmer, Drittbegünstigter, Verletzter, Beschuldigter, Angeklagter, Jugendlicher, Heranwachsender, Ermittler, Strafverfolgter o.ä. werden – wie im Gesetz – geschlechtsneutral verwendet.

3Die Änderung erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze vom 28.02.1992 (BGBl. I, S. 372).

4Zusammenfassend zu der divergierenden Rspr. insb. des 1. und des 5. Senats des BGH siehe bspw. Fischer, § 73 Rn. 8b ff.

5So § 111i StPO in der bis zum 01.01.2007 geltenden Fassung für die Fälle des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB.

6Siehe zum Beispiel die Entscheidungen BGH, Beschl. v. 15.03.1984 – 1 StR 819/83, NStZ 1984, S. 409; LG Bielefeld, Beschl. v. 28.05.1999 – 1 KLs B 1/98 I, zitiert nach Hunsiecker, Präventive Gewinnabschöpfung, S. 131; OLG München, Beschl. v. 19.04.2004 – 2 Ws 167/04 und 2 Ws 168/04, NStZ 2004, S. 443; BGH, Urt. v. 11.05.2006 – 3 StR 41/06, NStZ 2006, S. 621.

7BGBl. I 2006, S. 2350.

8In Abgrenzung zu Tatmitteln, Tatprodukten, Tatobjekten im Sinne der §§ 74 ff. StGB, um deren Einziehung es hier nicht geht.

9Heim, NJW-Spezial 2017, S. 248, bezeichnet das Reformgesetz daher auch als „Rundumschlag“.

10Zur Übergangsregelung siehe Köhler/Burkhardt, NStZ 2017, S. 682. Zum Verschlechterungsverbot nach Zurückverweisung durch das Revisionsgericht: LG Kaiserslautern, Urt. v. 20.09.2017 – 7 KLs 6052 Js 8343/16 (3), BeckRS 2017, 133371; in der Berufungsinstanz: KG Berlin, Beschl. v. 01.12.2017 – 161 Ss 148/17 (bislang nicht veröffentlicht).

11Für einige Aspekte bleibt die Differenzierung zwischen Verfahren mit Tatverletzten bzw. ohne Tatverletzte allerdings relevant: Zum Beispiel für die Bezüge zum Insolvenzrecht in den Fällen des Wertersatzes (§§ 111h. 111i StPO) oder für die Frage, ob die Anordnung einer Einziehung des Taterlangten bzw. die Vollstreckung einer solchen Einziehungsanordnung gemäß § 73e Abs. 1 StGB bzw. § 459g Abs. 4 StPO ausgeschlossen ist oder nicht.

12Zu den Einziehungsanträgen siehe die Formulierungsbeispiele 7–10. Die Einziehung des Taterlangten hat gemäß § 76a Abs. 3 StGB i.V.m. § 435 StPO grundsätzlich auch dann zu erfolgen, wenn das Ermittlungsverfahren nach einer Ermessensvorschrift eingestellt wird; siehe dazu in Kapitel 2.5.1.

13Die den Gerichten bislang mit § 73c StGB a.F. zur Verfügung stehende Ermessensvorschrift, ganz oder teilweise von vermögensabschöpfenden Maßnahmen abzusehen (Härtefallregelung), ist durch die Reform des Vermögensabschöpfungsrechts entfallen, die Inhalte der bisherigen Regelung finden sich jetzt teilweise in § 421 StPO, teilweise in § 459g Abs. 5 StPO.

2Einziehungstatbestände

Die verschiedenen Strafvorschriften und ihre Voraussetzungen, zum Beispiel des Diebstahls oder Betruges, der Hehlerei oder Unterschlagung, lernt jeder Ermittler in der Ausbildung. Die Voraussetzungen der immer mitzuprüfenden und auszuermittelnden Vorschriften, nach denen das durch oder für die Tat Erlangte eingezogen werden kann, werden hingegen (bislang) nicht in der Grundausbildung, sondern nur in Speziallehrgängen vermittelt. Nur wer weiß, auf welche Rechtsgrundlage die Einziehung des Taterlangten gestützt werden kann, kann die – je nach Rechtsgrundlage unterschiedlichen – Voraussetzungen für eine spätere gerichtliche Entscheidung sachgerecht und zielgerichtet ausermitteln und die gerichtliche Einziehungsentscheidung vorbereiten. Deshalb werden die Einziehungstatbestände14 nachstehend mit ihren jeweiligen Voraussetzungen dargestellt.

2.1Gesetzessystematik

Die Einziehung des Taterlangten ist im materiellen Strafrecht, also im Strafgesetzbuch geregelt. Ziel dieser Vorschriften ist es, einen – durch eine Straftat verursachten – Zustand ungerechtfertigter Bereicherung zu beenden und dem zu Unrecht Bereicherten das Erlangte zu nehmen („Straftaten dürfen sich nicht lohnen!“). Es handelt sich also um strafrechtliches Bereicherungsrecht, das viele Bezüge zum zivilrechtlichen Bereicherungsrecht der §§ 812 ff. BGB hat. Die Einziehung des Taterlangten ist damit eine quasi-kondiktionelle (bereicherungsrechtliche) Maßnahme, die selbst keinen Strafcharakter hat.15

Die Vorschriften über die Einziehung des Taterlangten folgen einer bestimmten Systematik:

§ 73 StGB

Grundnorm: Einziehung des Taterlangten

§ 73a StGB

erweiterte Einziehung

§ 73b StGB

Einziehung bei anderen

§ 73c StGB

Einziehung von Wertersatz

§ 73d StGB

Bestimmung des einzuziehenden Wertes

§ 73e StGB

Ausschluss der Einziehung

§§ 74 ff. StGB

Einziehung von Tatmitteln, Tatprodukten, Tatobjekten

§ 75 StGB

Rechtsfolgen bei rechtskräftiger Einziehung

§ 76 StGB

Nachträgliche Einziehung von Wertersatz

§ 76a StGB

selbständige Einziehung

§ 76b StGB

Verjährung

•§ 73 StGB normiert grundlegend die Voraussetzungen, unter denen das durch oder für eine Straftat Erlangte beim Täter oder Teilnehmer (Tatbeteiligten) eingezogen werden kann. Unterschieden wird dabei – wie im Zivilrecht (§§ 818 Abs. 1, 819 BGB) – zwischen

•dem Erlangten (§ 73 Abs. 1 StGB),

•den hieraus gezogenen Nutzungen (§ 73 Abs. 2 StGB) sowie

•den durch Veräußerung o.ä. erworbenen Ersatzgegenständen (Surrogaten) für das ursprünglich Erlangte (§ 73 Abs. 3 StGB).

•§ 73a StGB erweitert den sachlichen Anwendungsbereich der Einziehung des Taterlangten: Eine Einziehung ist danach unter bestimmten Voraussetzungen auch dann möglich, wenn die Straftat, durch oder für die ein Gegenstand erlangt wurde, nicht konkret nachweisbar ist.

•§ 73b StGB erweitert den persönlichen Anwendungsbereich der Einziehung: Eine Einziehung ist danach auch bei „anderen“ möglich, also Personen, die nicht selbst Täter oder Teilnehmer der Straftat sind. Ebenso wie § 73 StGB differenziert auch § 73b StGB zwischen

•dem ursprünglich Erlangten (§ 73b Abs. 1 StGB),

•den hieraus gezogenen Nutzungen (§ 73b Abs. 2 StGB) sowie

•etwaigen Ersatzgegenständen (Surrogaten) (§ 73b Abs. 3 StGB).

•§ 73c StGB regelt für alle drei vorgenannten Paragraphen, dass immer dann, wenn das Erlangte, die hieraus gezogenen Nutzungen oder ein Surrogat originär nicht oder nicht mehr vorhanden ist, dessen jeweiliger Wert einzuziehen ist (Einziehung von Wertersatz).

•§ 73d StGB ergänzt die Regelung des § 73c StGB, indem konkretisiert wird, wie der Wert des Erlangten (Wertersatzbetrag) genau zu bestimmen ist.

•§ 73e StGB enthält schließlich zwei Gründe, die eine Einziehung des Taterlangten ausschließen, und zwar

•das Erlöschen des Anspruchs des Verletzten (§ 73e Abs. 1 StGB) und

•nur für die Fälle des § 73b StGB die Entreicherung des gutgläubigen Drittbegünstigten (§ 73e Abs. 2 StGB).16

•§§ 74 ff. StGB regeln die Einziehung von Tatmitteln, Tatprodukten und Tatobjekten.

•§ 75 StGB bestimmt die Rechtsfolgen einer rechtskräftigen Einziehungsanordnung.

•§ 76 StGB lässt unter bestimmten Voraussetzungen zu, dass die Einziehung des originär Taterlangten, Tatmittel pp. nachträglich in die Einziehung von Wertersatz geändert wird.

•§ 76a StGB ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen eine Einziehung des Erlangten auch dann, wenn ein subjektives Strafverfahren gegen eine bestimmte Person nicht durchgeführt werden kann oder soll. Dabei setzen die § 76a Abs. 1-3 StGB einen der vorstehend genannten Einziehungstatbestände voraus, während § 76a Abs. 4 StGB einen eigenständigen Einziehungstatbestand normiert, die sog. „non-conviction-based confiscation“.

•§ 76b StGB stellt klar, unter welchen Voraussetzungen eine Einziehung selbst dann noch möglich ist, wenn die zugrundeliegende Straftat verjährt ist.

Die Gesetzessystematik macht deutlich, dass die Einziehung des Taterlangten nicht nur auf der Grundlage einer einzigen Vorschrift zulässig ist, sondern dass die Voraussetzungen mehrerer Vorschriften erfüllt sein müssen – zum Beispiel:

•Eine Einziehung des originär Taterlangten nach § 73 StGB setzt immer auch voraus, dass der Ausschlussgrund des § 73e Abs. 1 StGB nicht erfüllt ist.

•Eine Einziehung des Wertes des Taterlangten nach §§ 73, 73c StGB setzt immer eine Wertbestimmung nach § 73d StGB voraus; zugleich darf auch hier der Ausschlussgrund des § 73e Abs. 1 StGB nicht verwirklicht sein.

Gleiches gilt auch für die Einziehung bei anderen (Drittbegünstigten) nach § 73b StGB bzw. für die erweiterte Einziehung nach § 73a StGB.

Im Ergebnis gibt es damit folgende sieben „Haupt“-Einziehungstatbestände:

Betroffener der Einziehungsanordnung

Rechtsgrundlage für die Einziehungsanordnung

Einziehung des Taterlangten beim Tatbeteiligten (Täter/Teilnehmer)

(1)

originär Erlangtes§§ 73 Abs. 1, 73e Abs. 1 StGB

(2)

Wertersatz§§ 73 Abs. 1, 73c, 73d, 73e Abs. 1 StGB

erweiterte Einziehung

(3)

originär Erlangtes§§ 73 Abs. 1, 73a Abs. 1, 73e Abs. 1 StGB

(4)

Wertersatz§§ 73 Abs. 1, 73a Abs. 1, 73c, 73d, 73e Abs. 1 StGB

Einziehung bei anderen (Drittbegünstigten)

(5)

originär Erlangtes§§ 73 Abs. 1, 73b Abs. 1, 73e Abs.1–2 StGB

(6)

Wertersatz§§ 73 Abs. 1, 73b Abs. 1, 73c, 73d, 73e Abs. 1-2 StGB

selbständige Einziehung

(7)

non-conviction-based confiscation,§ 76a Abs. 4 StGB.

Übersicht 2: Einziehungstatbestände

Diese sieben Einziehungstatbestände werden ergänzt um die Möglichkeit, sowohl beim Tatbeteiligten als auch beim Drittbegünstigten – jeweils originär oder in Form von Wertersatz –

•die aus dem Erlangten gezogenen Nutzungen oder

•einen für das Erlangte erhaltenen Ersatzgegenstand (Surrogat)

einzuziehen.

Die verschiedenen Rechtsgrundlagen stehen dabei zueinander in einer bestimmten Reihenfolge bzw. in einem bestimmten Verhältnis:

•So kommt die Einziehung von Wertersatz nur in Betracht, wenn die Einziehung des originär Erlangten aus bestimmten Gründen ausscheidet.

•Die erweiterte Einziehung nach § 73a StGB kommt nur in Betracht, wenn die Einziehung nach §§ 73, 73c, 73d StGB nicht möglich ist.

•Die non-conviction-based confiscation kommt nur in Betracht, wenn keiner der anderen Einziehungstatbestände greift.

In einem Verfahren können auch gleichzeitig mehrere Einziehungstatbestände zum Tragen kommen. So zum Beispiel in den Diebstahlsfällen, in denen ein Teil des Diebesgutes originär aufgefunden wird und eingezogen werden kann, während für den anderen Teil des Diebesgutes die Einziehung von Wertersatz zu beantragen ist (siehe dazu z.B. die Falllösung in Kapitel 9.4.2).

Für die ganz überwiegende Anzahl der Ermittlungsverfahren genügt es dabei, nur zwei der Rechtsgrundlagen zu kennen und zu wissen, wie diese Vorschriften der Vermögensabschöpfung beim Tatbeteiligten (Täter/Teilnehmer) von der vorläufigen Sicherung bis hin zur endgültigen Einziehung funktionieren, nämlich

•die Einziehung des originär Taterlangten gemäß §§ 73 Abs. 1, 73e Abs. 1 StGB und

•die Einziehung des Wertes des Taterlangten (Wertersatz) gemäß §§ 73 Abs. 1, 73c S.1, 73d Abs. 1, 73e Abs. 1 StGB.

Erst wenn eine Abschöpfung des vom Tatbeteiligten durch oder für die Tat Erlangten aufgrund einer dieser beiden zentralen Rechtsgrundlagen nicht möglich ist, sind die weiteren (zum Teil nur subsidiär anwendbaren) Rechtsgrundlagen zu prüfen.

Daneben ist stets die Abschöpfung bei Drittbegünstigten zu beachten, die jedoch relativ einfach zu verstehen ist, wenn man die Strukturen der Vermögensabschöpfung beim Tatbeteiligten kennt.

2.2Einziehung des Taterlangten beim Tatbeteiligten, §§ 73, 73c, 73d, 73e Abs. 1 StGB

2.2.1Strukturen

§ 73 Abs. 1 StGB: