Vernetzte Pflegeausbildung gestalten - Jessica Schipf - E-Book

Vernetzte Pflegeausbildung gestalten E-Book

Jessica Schipf

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Beschreibung

Die neue generalistische Pflegeausbildung beschäftigt aktuell Lehrende in den Berufsfachschulen für Pflege. Hierbei spielt neben der Curriculumsentwicklung auch die Vernetzung von Theorie und Praxis eine große Rolle. Praktische Erfahrung für Lernende sollen bereits im Setting Schule innerhalb eines weiteren Lernortes Skills-Lab ermöglicht werden. Dieser dient als dritter Lernort und verknüpft mittels Skillstraining und realitätsnahen Simulationen die Theorie mit der Praxis. Im vorliegenden Band werden zum Thema Skills-Lab konkrete Einflussfaktoren für die Integration des dritten Lernortes genannt und untersucht. Durch Expertenbefragungen konnten im Ergebnis verschiedene Faktoren dargestellt werden, welche für die Implementation eines Skills-Labs sowie die Durchführung von Skills- und Simulationstrainings von Bedeutung sind.

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Seitenzahl: 147

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Inhalt

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1.

Einleitung

1.1 Problemstellung

1.2 Ziel - und Fragestellung

2.

Die zukünftige Ausbildungssituation in der Generalistik

2.1 Rechtliche Rahmenbedingungen

2.2 Curriculare Anforderungen

3.

Traditionelle Lernorte in der Pflegeausbildung und die Rolle des dritten Lernortes

3.1 Definition, Geschichte und didaktische Hintergründe eines Skills-Lab und der Simulationsmethode

3.2 Aufgaben, Funktionen und Ziele des dritten Lernortes Skills-Lab

4.

Implementierung und Umsetzung von Skills-Lab

4.1 Grundlegende Kriterien und Anforderungen für die Implementierung

4.1.1 Räumliche und technische Anforderungen

4.1.2 Materielle Anforderungen

4.1.3 Finanzielle Anforderungen

4.1.4 Personelle, organisatorische und zeitliche Anforderungen

4.2 Durchführung eines Skilltrainings

4.2.1 Phase I – Orientierung und Vorbereitung

4.2.2 Phase II – Übung

4.2.3 Phase III – Beherrschung

4.3 Kompetenzgewinnung für Lernende durch Skillstraining

5.

Zwischenfazit

6.

Methodik

6.1 Methoden der Datenerhebung

6.2 Beschreibung von Stichprobe und Setting

6.3 Transkription und Datenauswertung

7.

Ergebnisse

7.1 Einflussfaktoren, Voraussetzungen und Hürden bei der Implementierung eines Skills-Labs als dritten Lernort

7.2 Umsetzung von Skillstraining

7.3 Notwendigkeiten und Möglichkeiten eines Skills-Labs

8.

Fazit und Ausblick

9.

Literaturverzeichnis

Anhang

Anhang A - Entwurf Stundentafel für die Berufsfachschule für Pflege

Anhang B – Interviewleitfaden

Anhang C – Transkriptionsbeispiel (Auszug)

Anhang D – zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) – Teil I (Auszug Fall A – B1)

Anhang E – zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) – Teil II (Auszug)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anstieg der Pflegebedürftigen in Deutschland (eigene Darstellung in Anlehnung an Statistisches Bundesamt, 2018, o.S.)

Abbildung 2: Der Kern-Zyklus bzw. A Six-Step Approach (Ahlers, 2018, S. 92)

Abbildung 3: Lernort und Wissenstransfer (eigene Darstellung in Anlehnung an Landwehr, 2003, S. 260)

Abbildung 4: Überblick der verschiedenen Simulationssysteme: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Russo, 2013, S. 51)

Abbildung 5: Planung eines OSCE: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Schlegel & Saha, 2007, S. 774)

Abbildung 6: Lernpyramide nach Miller: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Russo, 2013, S. 50; Schroeder, 2011, S. 49)

Abbildung 7: Methodisches Vorgehen (eigene Darstellung)

Abbildung 8: Konkretes Ablaufmodell der zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Mayring, 2015, S. 70)

Abbildung 9: Subkategorien - organisatorische und strategische Anforderungen (eigene Darstellung)

Abbildung 10: Subkategorien - Hürden und Probleme bei der Implementierung (eigene Darstellung)

Abbildung 11: Subkategorien - Herausforderungen und Probleme bei der Umsetzung (eigene Darstellung)

Abbildung 12: Subkategorien für fördernde Faktoren bei der Umsetzung von Skills- und Simulationstraining (eigen Darstellung)

Abbildung 13: Subkategorien – Chancen für Lernende (eigene Darstellung)

Abbildung 14: Subkategorien – Chancen für den Träger und die Pflegeschule (eigene Darstellung)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kostenartenrechnung: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Issleib, Schmidt, Käser & Breuer., 2018, S. 66)

Tabelle 2: Personalbedarf für Simulationen: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Kirsten & Kagermann, 2018, S. 455)

Tabelle 3: Beispielplanung für eine Simulation: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Kirsten & Kagermann, 2018, S. 455)

Tabelle 4: Phasen und Schritte im Skillstraining: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Frei Blatter, Ochsner Oberarzbacher 2008, S. 120ff.)

Tabelle 5: Beschriftung für ein Blueprint: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Schlegel, 2008, S. 186)

Tabelle 6: Charakteristika der Experten (eigene Darstellung)

Tabelle 7: Allgemeines inhaltsanalytisches Ablaufmodell: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Mayring, 2015, S. 62)

Tabelle 8: Ergebnisdarstellung (eigene Darstellung)

Tabelle 9: Vor- und Nachteile der jeweiligen Simulationshilfsmittel (eigene Darstellung)

Abkürzungsverzeichnis

B.

Befragter

B.A.

Bachelor of Arts

BMFSFJ

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

BMG

Bundesministerium für Gesundheit

CAS

Cognitive Apprenticeship

I.

Interviewer

KPH

Krankenpflegehilfe

M.A.

Master of Arts

MPH

Master of Public Health

M. Sc

Master of Science

o. S.

ohne Seite

OSCE

Objective Structured Clinical Examination

PBL / POL

Problembasiertes Lernen /

Problemorientiertes Lernen

PICO-Schema

Formulierungshilfe für evidenz basierte Fragstellungen

PubMed

englischsprachige Meta-Datenbank

SP

Simulationspatient

SimNAT

Simulations-Netzwerk Ausbildung und Training

unv.

unverständlich

VIFSG

Verband zur Integration und Förderung des Skills-Lab-Konzeptes in den Gesundheitsberufen

1 Einleitung

„Erzähle mir und ich vergesse, zeige mir und ich erinnere, lass es mich tun und ich verstehe.“ (Konfuzius, chinesischer Philosoph 551-479 v. Chr.)

Das Zitat von Konfuzius soll dafür stehen, weshalb eigene Erfahrungen und eigenes Handeln im Pflegeunterricht eine unabdingbare Notwendigkeit für Lernende1 ist. Gleichzeitig beinhaltet es eine Erläuterung für die Wichtigkeit eines dritten Lernortes, der durch Handlungsorientierung Kopf, Herz und Hand miteinander verknüpft und dadurch den Praxis-Theorie-Transfer in der Pflegeausbildung positiv beeinflusst.

Der Pädagoge und Schriftsteller Johann Heinrich Campe (1746-1818 zitiert nach Gonon, 2002, S. 29) formulierte treffend, dass reines theoretisches Wissen ohne praktische Übung nicht funktionieren könne. Durch seine Aufforderung, einen Raum an der Schule einzurichten, an dem handwerkliche Fertigkeiten eingeübt werden können, prägte er schon damals das heutige Verständnis für einen dritten Lernort und den Erwerb beruflicher Handlungskompetenz. Genau diese Förderung der Handlungskompetenz sollte eigentlich im Mittelpunkt der Pflegeausbildung stehen, jedoch spiegelt die momentane Situation dieser Berufsausbildung ein anderes Bild wider. Das Lernen und Lehren in der Ausbildung findet derzeit ausschließlich an zwei Lernorten statt, zum einen in der ‚Theorie‘ bzw. Lernort ‚Schule‘ und zum anderen in der ‚Praxis‘. Dies erschwert sowohl den Transfer der gelernten Inhalte als auch die Übung, Umsetzung und Verknüpfung von theoretischen Inhalten mit dem eigenen praktischen Handeln. Unterricht ist geprägt von Lehrenden, die die Rolle reiner Wissensvermittler im Frontalunterricht einnehmen, kaum Methodenvielfalt zulassen und wenig Absprache mit Kollegen bezüglich der Inhaltsverknüpfung stattfindet. (Darmann, 2004, S. 201) Im Lernort ‚Praxis‘ sehen sich Praxisanleiter als auch Auszubildende mit einer Verminderung der praktischen Anleitungszeit konfrontiert, die von einem permanenten Zeit- und Fachkräftemangel herrührt. In der Realität wird das Arbeiten im praktischen Alltag außerdem durch verschiedene äußere Aspekte beeinflusst. Soziodemografische und gesetzliche Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen führen zu stetig veränderten Tätigkeits-, Aufgaben- und Zuständigkeitsbereichen von Pflegenden. Das Pflegepersonal ist einem dauernden gesellschaftlichen Wandel mit veränderten Situationen und Herausforderungen im Berufsalltag ausgesetzt. Diese Hindernisse müssen sie wiederum, durch Anpassung, Optimierung und Reflexion ihres eigenen Handelns meistern und lösen. (Schulze-Kruschke & Paschko, 2011, S. 16; Thomseth, Kirsten & Ostheimer-Koch 2012, S. 3)

Es stellt sich demnach die Frage, wie Lernende durch die reine theoretische Vermittlung von Inhalten innerhalb des Lernortes Schule und der gleichzeitigen Verminderung der praktischen Anleitungszeit eine berufliche Handlungskompetenz in der Pflegeausbildung erwerben und zukunftsfähige, professionell ausgebildete Fachkräfte werden können. Bereits 2003 äußerte Kämmer (2003, S. 37), dass es für die Pflegeausbildung erforderlich sei, die beiden Lernorte miteinander zu verknüpfen. Auch Keuchel (2006, S. 6) beschreibt, dass ein kooperatives Handeln in der Ausbildung zwischen den beiden traditionellen Lernorten Theorie und Praxis von unabdingbarer Wichtigkeit ist. Um die Verknüpfung der beiden Lernorte zu gewährleisten und Lernende auf das berufliche Handeln vorzubereiten, gibt es die Möglichkeit Skills-Lab als dritten Lernort in die generalistische Pflegeausbildung zu integrieren. In einem Skills-Lab gibt es Räumlichkeiten, die die Möglichkeit zum Üben, Demonstrieren und Beobachten von berufsbezogenen Handlungen für Lernende bieten. Dabei steht der Erwerb von spezifischen Fähigkeiten und Fertigkeiten im Mittelpunkt und wird durch das Lernen in sicherer Umgebung außerhalb der Praxis unterstützt. (Riedo, 2006, S. 41) Ebenfalls dient ein dritter Lernort Skills-Lab als Brückenelement zwischen Theorie und Praxis und kann Lernende in der Pflegeausbildung durch simulative Lernsituationen sowie didaktische Ansätze eine Chance geben, ihre berufliche Handlungskompetenz zu entwickeln und als qualifiziertes Pflegefachpersonal, sowohl in der Kinder- und Kranken- als auch in der Altenpflege, komplexe Situationen professionell zu meistern.

Der vorliegende Band setzt sich aus zwei Teilen und insgesamt acht Kapiteln zusammen. Der erste Teil beschäftigt sich mit den theoretischen Inhalten der Kernthemen. In den folgenden beiden Unterkapiteln wird auf die eingangsgenannte Problemstellung sowie daraus folgende Zielformulierung und Fragestellung eingegangen. Die Kapitel zwei bis vier befassen sich mit dem allgemeinen Verständnis des theoretischen Hintergrunds zum Thema Skills-Lab. Hierzu zählt die Erläuterung der zukünftigen Ausbildungssituation in der Generalistik, welche rechtliche und curriculare Bedingungen mit einbindet. Im Anschluss daran werden die beiden traditionellen Lernorte in der Pflegeausbildung, mit Einbettung des dritten Lernortes in Kapitel drei beschrieben. Dieses beinhaltet die geschichtlichen und didaktischen Hintergründe sowie Aufgaben und Ziele von Skills-Lab. Das vierte Kapitel geht auf die Implementierung und Umsetzung von Skills-Lab ein. Dabei werden verschiedene Anforderungen für die Implementierung dargestellt, die Durchführung von Skillstrainings erklärt und der Kompetenzgewinn durch Skills-Lab für Lernende beschrieben. Am Ende des ersten Teils folgt ein Zwischenfazit, welches eine Zusammenfassung der recherchierten Inhalte im Hinblick auf die Forschungsfragen beinhaltet. Nach diesen theoretischen Abschnitten wird im sechsten Kapitel das methodische Vorgehen erklärt, welches die Begründung des qualitativen Forschungsansatzes, die Ausarbeitung der Stichprobe und der Settings, die Transkription nach Kuckartz (2016) sowie die Datenauswertung nach Mayring (2015) darstellt. Abschließend wird das Ergebnis erläutert und mit einem Fazit und Ausblick abgerundet.

1.1 Problemstellung

Betrachtet man den Pflegesektor innerhalb der vergangenen Jahre, so werden Umstrukturierungen und Faktoren deutlich, die nicht nur die Pflege, sondern auch die Pflegeausbildung wesentlich beeinflusst haben und bis heute noch tun. Die Zahlen einer Analyse des Online-Portals Statista zeigen den drastischen Pflegefachkräftemangel in Deutschland auf. Derzeit fehlen ca. 376.100 Pflegefachkräfte im ambulanten und stationären Pflegebereich. Prognosen zufolge werden es im Jahr 2035 insgesamt ca. 493.000 fehlende Pflegepersonen sein. (Radtke, 2019, o. S.) Das Online-Blatt Merkur.de veröffentlichte am 27.12.19 einen Artikel mit der Überschrift: „Auf uns rollt eine Lawine zu: Landkreise schlagen Pflege-Alarm.“ (Horsch, 2019, o.S.) In diesem Beitrag wird bestätigt, dass ca. 88 % der Landkreise in Bayern den Pflegenotstand ausrufen. Allein in Bayern würden 12.000 Pflegefachkräfte benötigt. (Horsch, 2019, o.S.) Gleichzeitig erhöht sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen kontinuierlich, auf 3,414 Millionen (Statistisches Bundesamt, 2018, o. S.).

Abbildung 1: Anstieg der Pflegebedürftigen in Deutschland (eigene Darstellung in Anlehnung an Statistisches Bundesamt, 2018, o.S.)

Experten vermuten, dass diese Zahl bis zum Jahr 2060 auf 4,53 Millionen steigen wird. (Statistisches Bundesamt, 2018, o.S.) Durch die Ökonomisierung des Gesundheitswesens zeichnet sich in Deutschland ein deutlicher Fachkräftemangel ab, der nicht nur aufgrund von Bewerbungsdefiziten geprägt wird. Der Bereich der Pflege wird zunehmenden aus wirtschaftlicher Perspektive heraus bewertet, woraufhin Pflegeleistungen von Krankenkassen reglementiert werden. Es folgen Einsparungen von Seiten der Gesundheitseinrichtungen, die sich durch Aufhebung kostenintensiven Fachpersonals bemerkbar machen. (Schulze-Kruschke & Paschko, 2011, S. 16) Dieser Mangel an Fachkräften führt zu einer Senkung der pflegerischen Versorgung aufgrund enger Zeitkorridore und zunehmender Arbeitsbelastung für das verbleibende Personal. Betrachtet man den ambulanten Bereich in der Pflege, so zeichnet sich hier ein ähnliches Bild ab. Die Erhöhung des Arbeitsvolumens bei gleichbleibender Arbeitszeit, schränkt den Gestaltungs- und Handlungsspielraum des Personals drastisch ein. Dies birgt die Gefahr, dass individuelle Bedürfnisse des Patienten missachtet und die Versorgung nicht mehr ausreichend gewährleistet werden kann. (Schulze-Kruschke & Paschko, 2011, S. 19)

Der derzeitige Mangel an Fachkräften und der gleichzeitig erhöhte Pflegebedarf führen deshalb bereits zu Konsequenzen, die sich auch auf die Pflegeausbildung auswirken. Thomseth, Kirsten & Ostheimer-Koch (2012, S. 4) sehen durch die Ökonomisierung in der Pflege Schwierigkeiten in der praktischen Ausbildung. Der steigende Arbeitsdruck und der geringe zeitliche Faktor für praktische Anleitung der Lernenden wirken sich negativ auf die Ausbildung aus. Um eine berufliche Handlungskompetenz, die durch eine selbständige, individuelle und prozessorientierte Pflege aller Altersstufen im akut- und stationären Bereich gekennzeichnet ist, zu erlangen, muss die gelernte Theorie aus der Schule in den beruflichen Alltag integriert und umgesetzt werden können. Diese Möglichkeit kann jedoch mit den oben genannten Faktoren nur unzureichend gewährleistet werden. Diana Sgolik, Verdi-Jugendkoordinator für Gesundheit und Soziales, beschreibt ein weiteres Problem, welches durch Zeit- und Personalmangel auftritt: „Bereits im ersten Lehrjahr werden Azubis als Fachkräfte eingesetzt, bekommen Verantwortung übertragen, die ihre Kompetenzen überschreiten.“ (Sgolik zit. nach Meier, 2019, o. S) Der durch diese Missstände in der Praxis entstehende Druck führt dazu, dass Lernende entweder ihre Ausbildung abbrechen oder die anfallende Arbeit ohne fachliche Einweisung übernehmen und daraus ggf. fatale Fehler resultieren. Dabei ist den meisten Lernenden nicht bewusst, dass sie auch als Auszubildende eine Übernahmeverantwortung bei alleiniger Durchführung von Pflegehandlungen haben. „Weil nicht genug Personal auf den Stationen da ist, stehen die Azubis sogar mit einem Fuß im Gefängnis, weil sie noch nicht qualifiziert sind […].“ (Sgolik, zit. nach Meier, 2019, o. S.)

Des Weiteren führt die Verkürzung der Liegedauer von Patienten im Krankenhaus dazu, dass Lernende nicht mehr die Gesamtheit der Rekonvaleszensphase mitverfolgen können und somit ein negativer Effekt auf den Lernprozess von Auszubildenden stattfindet, da die Begleitung des Patienten unvollständig wird. (Thomseth, Kirsten & Ostheimer-Koch, 2012, S. 3) Doch nicht nur in der praktischen Ausbildung gibt es momentan erheblich Mängel, auch die Theorie macht es den Lernenden oft schwer, einen Wissenstransfer zur Praxis herzustellen. Gerade in der schulischen Ausbildung sorgen die Vermittlung von wissenschaftlich fundierten Kenntnissen ohne praktischen Bezug sowie die Fächertrennung dafür, dass vernetztes Denken bei Lernenden nicht stattfindet bzw. gefördert wird. Laut dem Pflegeberufegesetz (2019) sind die Ausbildungsziele vom Lernerfahrungserwerb und der Verknüpfung zwischen Theorie und Praxis abhängig. (Igl, 2019, S. 4) Beide Lernorte werden jedoch immer noch zu sehr als einzelne Institutionen angesehen, in denen keine bzw. zu wenig Verbindung von Wissen stattfindet und kaum Transfer geleistet wird. Bereits vor dem Inkrafttreten des Altenpflegegesetzes im Jahr 2003 wurde diese Voraussetzung der Wissensverbindung durch gemeinsame Verantwortungsteilung der beiden Lernorte von dem Autor Kämmer (2003, S. 37) gefordert. Schon damals wurde die Relevanz der gemeinschaftlichen Kooperation von Theorie und Praxis gesehen. Jedoch liegt genau in dieser Lernortkooperation ein weiteres Problem, aufgrund dessen die reibungslose und vertrauensvolle Ausübung des Pflegeberufs in den letzten Jahren nicht funktioniert hat. Es mangelte auch schon vor knapp 20 Jahren, neben Personal, an Konzepten und gemeinsamen Strukturen. Es gilt bis heute der Grundsatz: „In der Praxis wird gearbeitet und in der Schule gelernt.“ (Keuchel, 2006, S. 8f.)

Auch das Zwei-Varianten-System, welches Lernende innerhalb der beiden Lernorte vermittelt bekommen, macht es schwer, eine berufliche Handlungskompetenz zu erlangen. Bensch (2012, S. 189) stellt das daraus resultierende Problem wie folgt dar: Lernende sollten versuchen das Pflegewissen der Theorie in die Praxis umzusetzen, wobei dieses jedoch mit falschen bzw. fachlich unkorrekten Handlungen vonseiten des Fachpersonals im praktischen Alltag dargestellt wird. Eine Erklärung hierfür ist einerseits die hohe Arbeitsverdichtung, andererseits der hohe Arbeitsdruck des Personals. Beides hängt miteinander zusammen und hilft dem Verständnis, weshalb die Integration von theoretischem Wissen in der Praxis nicht so leicht ermöglicht werden kann. (Ried, 2001, S. 71)

Im Gesamten ist zu erkennen, dass Auszubildende nicht ausreichend auf den Berufsalltags als professionelle Pflegekräfte vorbereitet werden. Vielmehr entstehen die genannten Probleme durch mangelnde Fähigkeiten seitens der Lernenden, welche womöglich die Patienten- bzw. Bewohnersicherheit gefährden. Deshalb ist es wichtig, dass die didaktische Organisation sowie Aufgaben und Strukturen der beiden traditionellen Lernorte überprüft werden, um somit die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis zu verringern und Auszubildende auf den beruflichen Alltag als Fachkräfte vorzubereiten. Die genannten Bedingungen und Probleme lassen die Überlegung einer Implementierung und Integration eines dritten Lernortes in die Pflegeausbildung sehr bedeutsam erscheinen, da dadurch der Erwerb beruflicher Handlungskompetenz von Lernenden gefördert wird. Durch die Aussage des Autors Landwehr (2002, S. 44) wird diese Wichtigkeit deutlich unterstrichen: „Die Notwendigkeit eines dritten Lernortes ergibt sich zunächst aus dem Hinweis, dass die beiden traditionellen Lernorte sich zu wenig um eine echte Integration des theoretischen und des praktischen Lebens kümmern.“

Im anschließenden Kapitel werden Fragestellungen und Ziel, die sich aufgrund der erörterten Aspekte der Problemstellung ergeben haben, genauer herausgearbeitet.

1.2 Ziel - und Fragestellung

Der erste Teil des Bandes, Kapitel zwei bis vier, zielt darauf ab, aus der oben genannten Problemstellung und den Überlegungen die Grundlagen zur Implementierung des dritten Lernort Skills-Lab sowie bisherige Forschungsergebnisse zu diesem Thema mittels ausgewählter Studien theoretisch herauszuarbeiten. Im zweiten Teil, Kapitel sechs, werden mit Hilfe von leitfadengestützten Experteninterviews der dritte Lernort Skills-Lab und das damit verbundene Skillstraining näher beleuchtet, um Faktoren, Herausforderungen und Möglichkeiten herauszuarbeiten, die die Umsetzung und Integration an Pflegeschulen beeinflussen. Die Thematik wird speziell aus Sicht von Lehrenden untersucht, die bereits an der Umsetzung des dritten Lernortes beteiligt sind. Die Ergebnisse der Masterarbeit dienen dazu, die Implementierung eines Skills-Lab, innerhalb der generalistischen Ausbildung an Pflegeschulen zukünftig positiv zu beeinflussen, zu fördern und somit eine vernetzte Pflegeausbildung zu schaffen.

Auf Grundlage der in Kapitel 1 dargestellten Problemstellung, welche vor allem die Vernetzung zwischen Theorie und Praxis beinhaltet, lassen sich folgende Forschungsfragen formulieren.

Welche Faktoren beeinflussen die Umsetzung und Integration des dritten Lernortes Skills-Lab in der Pflegeausbildung?

Welche Möglichkeiten und Herausforderungen ergeben sich bei der Umsetzung des dritten Lernortes Skills-Lab in der Pflegeausbildung?

Um diese beiden Forschungsfragen beantworten zu können, werden im folgenden Kapitel theoretische Aspekte zu den Inhalten der Fragestellung gesammelt, sodass sich ein genaueres Bild dieses dritten Lernortes skizzieren lässt. Die somit herausgearbeiteten Einflussfaktoren ermöglichen es im weiteren Verlauf, mithilfe der Experteninterviews gezielter und genauer auf diese Faktoren einzugehen.

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit das generische Maskulinum verwendet. Alle Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle drei Geschlechter.

2 Die zukünftige Ausbildungssituation in der Generalistik

In den letzten Jahren wurde im Bereich der Pflegeausbildung ein Wandel vollzogen. Seit Mitte der 80er Jahre werden Überlegungen für die Weiterentwicklung der Pflegeausbildung getroffen, um die Trennung der Ausbildung