Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Gesine Sonntag seufzte so leise, dass die ihr gegenübersitzende Kollegin ihren Unmut nicht hörte. Manja Sasse, sechs Jahre älter als sie selbst, würde sie ja doch nicht verstehen. Sie fand den Juniorchef außerordentlich gut aussehend, sehr kollegial, charmant und aufmerksam und erkannte nicht, dass er zwar ein guter Fachmann, aber auch ein gewiefter Blender und ein unverwüstlicher Casanova war. Sie glaubte auch nicht, was man sich über ihn erzählte, sie sah seine Fehler offenbar nicht. Gesine wusste es inzwischen besser, hatte aber nicht angenommen, dass auch sie zum Beuteschema dieses Mannes gehören würde, so hübsch war sie gar nicht. Und doch musste sie ihm irgendwie gefallen. Vielleicht mochte er rotblonde Frauen mit Sommersprossen. Nun, irgendeinen Grund musste es ja geben, dass er ihr oft über den Weg lief und ihr zulächelte, als wäre sie die Frau seiner Träume. Erst vor ein paar Tagen, als sie allein im Zimmer gewesen war, hatte er hinter ihr gestanden und seine Hand wie unbeabsichtigt auf ihre Schulter gelegt. Und das nicht zum ersten Mal. Und dann hatte er sie zum Abendessen eingeladen. Sie war innerlich entsetzt und empört gewesen, hatte aber doch recht sachlich antworten können: »Vielen Dank, Herr Henderlein, aber ich glaube nicht, dass dieser Vorschlag gut ist. Ich bin hier angestellt und möchte kein Gerede. Und Ihren Eltern wäre es sicher auch nicht recht.« »Wer soll denn reden?«, hatte er lachend abgewinkt. »Mein Privatleben geht niemanden etwas an, auch meine Eltern nicht. Es interessiert sie ohnehin nicht, was ich mache, zumal sie sich allmählich aus dem Geschäftsleben zurückziehen wollen. Sie wissen doch, dass ich inzwischen die Hauptverantwortung für die Firma trage.« Oh ja, das wusste sie und sagte sich oft genug, dass sie Fred Henderlein nicht verärgern durfte, wenn sie ihren Job behalten wollte.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 102
Veröffentlichungsjahr: 2024
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Gesine Sonntag seufzte so leise, dass die ihr gegenübersitzende Kollegin ihren Unmut nicht hörte. Manja Sasse, sechs Jahre älter als sie selbst, würde sie ja doch nicht verstehen. Sie fand den Juniorchef außerordentlich gut aussehend, sehr kollegial, charmant und aufmerksam und erkannte nicht, dass er zwar ein guter Fachmann, aber auch ein gewiefter Blender und ein unverwüstlicher Casanova war. Sie glaubte auch nicht, was man sich über ihn erzählte, sie sah seine Fehler offenbar nicht.
Gesine wusste es inzwischen besser, hatte aber nicht angenommen, dass auch sie zum Beuteschema dieses Mannes gehören würde, so hübsch war sie gar nicht. Und doch musste sie ihm irgendwie gefallen. Vielleicht mochte er rotblonde Frauen mit Sommersprossen. Nun, irgendeinen Grund musste es ja geben, dass er ihr oft über den Weg lief und ihr zulächelte, als wäre sie die Frau seiner Träume.
Erst vor ein paar Tagen, als sie allein im Zimmer gewesen war, hatte er hinter ihr gestanden und seine Hand wie unbeabsichtigt auf ihre Schulter gelegt. Und das nicht zum ersten Mal. Und dann hatte er sie zum Abendessen eingeladen.
Sie war innerlich entsetzt und empört gewesen, hatte aber doch recht sachlich antworten können: »Vielen Dank, Herr Henderlein, aber ich glaube nicht, dass dieser Vorschlag gut ist. Ich bin hier angestellt und möchte kein Gerede. Und Ihren Eltern wäre es sicher auch nicht recht.«
»Wer soll denn reden?«, hatte er lachend abgewinkt. »Mein Privatleben geht niemanden etwas an, auch meine Eltern nicht. Es interessiert sie ohnehin nicht, was ich mache, zumal sie sich allmählich aus dem Geschäftsleben zurückziehen wollen. Sie wissen doch, dass ich inzwischen die Hauptverantwortung für die Firma trage.«
Oh ja, das wusste sie und sagte sich oft genug, dass sie Fred Henderlein nicht verärgern durfte, wenn sie ihren Job behalten wollte. Und sie musste ihn behalten. Unbedingt! Er wurde gut bezahlt, und sie brauchte das Geld, um ihre kranke Mutter und sich selbst zu erhalten – und den gewohnten Lebensstandard zu gewährleisten.
»Es ist gleich Mittag. Kommst du mit zum Essen?« Mit diesen Worten brachte sich ihre Kollegin jetzt in Erinnerung.
»Ja, natürlich«, wollte Gesine sagen. Doch da in diesem Moment das Telefon klingelte, entgegnete sie nur: »Ich komme nach.«
»Na, dann bis gleich.« Manja Sasse schaltete ihren Computer aus und verließ das Büro. Es gab schließlich auch noch andere Kollegen, mit denen sie zu Tisch gehen und tratschen konnte.
Es schien so, als hätte der smarte Fred Henderlein nur auf diesen Augenblick gewartet. Er war jedenfalls plötzlich da, bedachte Gesine mit einem strahlenden Lächeln und erklärte: »Stellen Sie sich vor, Frau Sonntag, wir haben den Zuschlag für den Bau des neuen Ordnungsamtes bekommen. Daran haben Sie auch einen großen Anteil.«
»Das freut mich sehr.«
»Ja, das freut uns alle«, bekräftigte er und strich ihr über den Rücken. »Es bedeutet schließlich Arbeit für einen großen Zeitraum. Und das ist ein Grund, dass wir beide doch miteinander ausgehen sollten. Wie wäre es mit heute Abend?«
»Ich – muss das noch - mit meiner Mutter abstimmen«, stammelte sie und ärgerte sich, weil ihr auf die Schnelle keine andere und bessere Ablehnung eingefallen war.
»Wieso denn das?«, erkundigte sich der Juniorchef, während er seine Tätschelei ungeniert fortsetzte.
»Nun ja, sie ist krank und ist besonders abends nicht gern allein.«
»Dann können Sie ja nie ausgehen«, gab er verwundert und mit einem Anflug von Ärger zurück.
»Doch, ab und zu geht das schon. Wenn ich der Nachbarin Bescheid sage, dann sieht diese nach ihr und sie fühlt sich dann nicht so allein. Aber wie schon gesagt, das muss vorher abgesprochen werden. Anderenfalls hätte ich an dem Abend mit Ihnen keine Freude.«
»Das stimmt natürlich«, versetzte er und dachte: Nun ist sie auch noch das Kindermädchen für eine senile Alte. Aber ich muss mich wohl damit abfinden, wenn ich bei diesem zickigen Rotkopf landen will.
Laut meinte er jedoch in jenem freundlichen Tonfall, den man so sehr an ihm schätzte: »Reden Sie mit Ihrer Mama. Vielleicht freut sie sich, wenn die Tochter mal ein bisschen Abwechslung hat. Ich werde mich bald wieder melden.«
Gesine nickte nur, was er als Sieg auf der ganzen Linie wertete. Und dann ging er – endlich, während ihr das Mittagessen nicht mehr schmeckte. Und sie fragte sich beklommen und verunsichert, was sie nun tun sollte.
Am Abend sprach sie mit ihrer Mutter, vorsichtig und möglichst unbekümmert. Deren Antwort war allerdings fast so, wie sie erwartet hatte. Helma Sonntag sagte nämlich: »Natürlich musst du die Einladung annehmen. Du kannst doch nicht jeden Abend bei mir zu Hause sitzen. Du bist doch noch so jung, gerade erst 28, bist chic und schlank und willst doch sicherlich mal einen Ehemann haben. Und der junge Henderlein soll sehr nett sein, habe ich gehört. Und hier in Maibach ist doch ohnehin kaum etwas los. Da ist es schwer, den richtigen Partner zu finden.«
»Ja, da hast du wohl recht, Mama. Ich kann ja schon mal Andrea Bescheid sagen, wann sie Zeit für dich hätte.«
»Das wäre mir lieb.« Die etwas naive, erwerbsunfähige und bescheidene Frau lächelte zufrieden. Ihr gefiel es, dass die Tochter ausgehen wollte – mit einem wohlhabenden Mann, der sie sicher bald heiraten würde.
*
Fred Henderlein sah, wie immer, sehr gut aus und verschwendete all seinen Charme auf seine Mitarbeiterin, die er an diesem Samstagabend zu einem opulenten Abendessen in das beste Restaurant der Stadt eingeladen hatte. Ja, dieser Abend würde einiges kosten, aber Gesine Sonntag würde ihn hoffentlich angemessen entschädigen. Und wenn nicht?
Der Juniorchef der Firma Henderlein & Sohn lächelte tückisch. Wenn der Rotfuchs sich nicht revanchierte, dann würde er die Dame entlassen. So einfach war das. Ein Grund würde sich finden, ein Grund fand sich immer.
Gesine hingegen durchschaute recht schnell das Spiel, das vor allem ihm gefallen sollte. Er wollte sie beeindrucken, damit sie ihm einige Wochen sehr dankbar war und ihn oft in seiner Wohnung besuchte – zwecks gemeinsamer Freizeitgestaltung.
Nun, darauf konnte er lange warten. Und so nickte sie nur, als er vorschlug, noch einen Spaziergang durch den kleinen Park zu machen. Daran anschließend würde er sie nach Hause bringen. So drückte er sich jedenfalls aus, aber sie konnte ihm nicht glauben, denn sie sah das begehrliche Glitzern in seinen Augen und spürte seine Hände.
Es dauerte nicht lange, als er wie zufällig einen Arm um ihre Taille legte und sie dichter an sich heranzog.
»Sie sind eine wunderbare Frau, Gesine«, flüsterte er ihr zu, nachdem sie sich auf eine Bank gesetzt hatten. »Sie machen mich ganz verrückt.«
»Jetzt übertreiben Sie aber, Herr Henderlein«, antwortete sie und löste sich wie unabsichtlich von ihm. »Es gibt viel hübschere Frauen. Ich bin nur besserer Durchschnitt.«
»Mag sein, aber nicht für mich.« Der Juniorchef griff erneut nach ihr und wollte sie küssen.
»Lassen Sie das! Ich mag nicht überrumpelt werden.« Ihr scharfer Ton ließ keinen Zweifel aufkommen.
»Aber Schätzchen, nun hab dich doch nicht so«, säuselte er dennoch, während er sie fester an sich drückte. »Wir wollen uns doch nur einen schönen Abend machen. Komm, wir fahren jetzt zu mir …«
»Nein, auf gar keinen Fall!« Sie stieß ihn so heftig von sich, dass er ins Gebüsch taumelte, auf die Knie sank und sich seine elegante Hose beschmutzte.
»Sie haben wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank«, schrie er, nachdem er sich aufgerappelt hatte. »Meinen Sie, ich gebe wer weiß wie viel Geld für diesen Abend aus und habe dann nichts davon?«
»Dann hätten Sie sich genauer ausdrücken sollen, dann wäre ich nämlich gar nicht mitgekommen. Auf einen Vorstadtcasanova verzichte ich gern.«
»Ich verzichte auch – auf Ihre Mitarbeit«, gab er höhnisch zurück. »Und nun können Sie zusehen, wie Sie zu ihrer kranken Mama kommen. Bei der sind Sie auch besser aufgehoben.«
Danach ließ er sie im Park stehen.
Gesine sah ihm zornig nach, war sich aber bewusst, dass sie nun mit ihrer Entlassung rechnen musste.
Genauso war es auch. Der Firmenchef gab sich in den nächsten Tagen nach außen hin kühl und gelassen. Er schien seine - ihm so ungefällige - Mitarbeiterin nicht zu bemerken – bis sie ihre Kündigung – aus betrieblichen Gründen – entgegennehmen durfte.
Sie hätte sich nun dagegen wehren können, doch was brachte eine Beschwerde schon?
Fred Henderlein würde es ihr für immer ankreiden, dass sie ihn abgewiesen hatte. Er würde Mittel und Wege finden, sie zu schikanieren, eventuell sogar vor den anderen bloßstellen und ihr das Leben fortan zur Hölle zu machen. Das würde sie auf die Dauer nicht ertragen können. Darum war es besser, wenn sie mit dem ihr noch zustehenden Urlaub die Kündigungsfrist verkürzte.
Ihre Mutter sagte sie jedoch nur, dass es ihr in der Firma nicht mehr gefallen, und sie bestimmt bald eine neue Stellung finden würde. Überzeugt war sie davon nicht. Maibach war auch nur ein Ort wie viele in Deutschland und eine Stadt, in der es an Arbeitsplätzen mangelte. Und umziehen konnte sie leider nicht. Ihre Mutter würde das Grab des Vaters nicht verlassen wollen, sie konnte auch ihre Freundinnen nicht aufgeben und ihr gewohntes Umfeld. Das alles würde sie nicht verkraften und wahrscheinlich krank werden. Dann würde sie, ihre Tochter, sich ewig Vorwürfe machen.
*
Eine neue und möglichst gleichwertige Arbeit zu finden, erwies sich als extrem schwierig.
Das musste Gesine feststellen, nachdem sie schon beinahe zwei Monate nach einer Stellung in Maibach und Umgebung gesucht hatte. Niemand konnte anscheinend eine Bauingenieurin und Kalkulatorin gebrauchen. Aber sie brauchte eine Stellung, sie konnte nicht länger warten und darauf hoffen, dass eine ihrer zahlreichen Bewerbungen zum Ziel führte.
»Mach doch vorübergehend etwas anderes«, riet ihr ihre Freundin Andrea, als sie an einem Abend beieinander saßen. »Dann bist du erst einmal in Arbeit und kannst in Ruhe weitersuchen.«
»Ja, aber was? Soll ich mich in einem Friseursalon bewerben oder in einem Supermarkt? Dafür braucht man auch entsprechende Zeugnisse.«
»Kannst du kochen und backen?«
»Natürlich, das weißt du doch«, versetzte Gesine verwundert. »Das habe ich lernen müssen, weil Mama kaum noch am Herd stehen kann. Ich koche abends, damit sie sich das Essen am nächsten Tag in der Mikrowelle warm machen kann. Aber wieso fragst du?«
»Ich weiß, dass in Sophienlust eine Küchenhilfe gesucht wird, eine Frau, die sofort anfangen und mit Kindern umgehen kann.«
»Kochen und Abwaschen?« Gesine war nicht begeistert. Eine Bürotätigkeit wäre ihr lieber gewesen.
»Es wäre nicht weit von hier und die Leute sind alle sehr nett. Soll ich dir die Telefonnummer geben?«
»Na ja, ich kann es ja mal versuchen. Schlimmer als jetzt kann es kaum noch kommen. Dieses ewige Warten macht mich ganz verrückt. Und Mama fragt und fragt und ist überdies noch der Ansicht, ich soll mir so schnell wie möglich einen gut verdienenden Mann suchen. Dann bräuchte ich nämlich nicht mehr zu arbeiten. Ich kann es schon nicht mehr hören.«
»Ja, in dieser Hinsicht lebt sie noch in einer anderen Zeit. Damals war es wohl üblich, nur Hausfrau und Mutter zu sein.« Andrea Wessel lachte amüsiert und schrieb der Freundin dann auf, wie und wann man Frau von Schönecker und ihren Sohn am besten erreichen konnte.
Gesine lächelte dazu, obwohl ihr überhaupt nicht so zumute war. Aber sie musste diese Chance nutzen. Sie würde sich in Sophienlust bewerben.
*
»Mein Sohn ist der Leiter des Kinderheimes, ist aber zurzeit für einige Wochen mit Freunden im Ausland, so wie es auch andere Studenten tun.« Mit diesen Worten hatte Denise von Schönecker die junge Frau begrüßt und ihr gleichzeitig einen Platz angeboten.
»Und da einige andere Mitarbeiter ebenfalls Urlaub haben, wäre es mir sehr lieb, wenn Sie für einige Monate aushelfen würden, vorausgesetzt, Sie wären den Anforderungen gewachsen. Ihre bisherige Tätigkeit war immerhin eine ganz andere.«
»Ja, das stimmt«, gab Gesine mit gepresster Stimme zurück. »Ich möchte auch so schnell wie möglich wieder in meinem erlernten Beruf arbeiten, kann es mir aber nicht leisten, lange arbeitslos zu sein. Meine Mutter ist krank und bekommt nur eine kleine Rente. Sie ist auch ein wenig weltfremd und versteht nicht, dass es mitunter lange dauert, ehe man eine neue Stellung findet.«
»Sie möchten sie nicht beunruhigen, nicht wahr?«, fragte Denise verständnisvoll.
»Nein, Aufregung verträgt sie nicht.«
Die Heimleiterin war etwas enttäuscht, ließ sich diese Empfindung aber nicht anmerken. Gesine Sonntag tat ihr irgendwie leid. Sie hatte die Verantwortung für eine ältere und kranke Frau und schien nach längerer Arbeitssuche schon recht verzweifelt zu sein.