Zu jung für ein Kind? - Karina Kaiser - E-Book

Zu jung für ein Kind? E-Book

Karina Kaiser

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Beschreibung

In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. »Ich bekomme ein Kind.« Diese Worte klangen wie drohendes Unheil und machten Martin Rossbach, den angehenden Kindesvater, zunächst einmal sprachlos. Vor Schreck ließ er das Buch fallen, das er sich gerade aus dem Regal genommen hatte. »Sag das noch einmal«, flüsterte er schließlich und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Seine Beine trugen ihn nicht mehr. »Ich bekomme ein Kind.« Antje hob das Buch auf und legte es auf den Schreibtisch. »Und du bist dir ganz sicher?« »Der Arzt hat es bestätigt und sich sogar gefreut. Für mich ist es jedoch eine Katastrophe.« Er hatte sich schnell gefangen und erwiderte nun beschwichtigend: »Aber warum denn? Meinst du nicht auch, dass wir für das Kleine sorgen können?« Die knapp Neunzehnjährige schüttelte den Kopf und erwiderte aufgebracht: »Wovon denn und wann? Oma hat mir nicht viel hinterlassen und Eltern habe ich nicht mehr. Ich habe niemanden, dem ich das Baby andrehen kann. Und meinen Studienplatz will ich nicht aufgeben.« »Musst du denn unbedingt studieren?« »Du studierst doch auch«, versetzte sie und bedachte ihn mit einem wütenden Blick.

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Seitenzahl: 126

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Sophienlust - Die nächste Generation – 8 –Zu jung für ein Kind?

Eine junge Frau auf dem Weg zu sich selbst

Karina Kaiser

»Ich bekomme ein Kind.«

Diese Worte klangen wie drohendes Unheil und machten Martin Rossbach, den angehenden Kindesvater, zunächst einmal sprachlos. Vor Schreck ließ er das Buch fallen, das er sich gerade aus dem Regal genommen hatte.

»Sag das noch einmal«, flüsterte er schließlich und ließ sich auf einen Stuhl sinken. Seine Beine trugen ihn nicht mehr.

»Ich bekomme ein Kind.« Antje hob das Buch auf und legte es auf den Schreibtisch.

»Und du bist dir ganz sicher?«

»Der Arzt hat es bestätigt und sich sogar gefreut. Für mich ist es jedoch eine Katastrophe.«

Er hatte sich schnell gefangen und erwiderte nun beschwichtigend: »Aber warum denn? Meinst du nicht auch, dass wir für das Kleine sorgen können?«

Die knapp Neunzehnjährige schüttelte den Kopf und erwiderte aufgebracht: »Wovon denn und wann? Oma hat mir nicht viel hinterlassen und Eltern habe ich nicht mehr. Ich habe niemanden, dem ich das Baby andrehen kann. Und meinen Studienplatz will ich nicht aufgeben.«

»Musst du denn unbedingt studieren?«

»Du studierst doch auch«, versetzte sie und bedachte ihn mit einem wütenden Blick.

»Das ist etwas ganz anderes. Zum einen bin ich ein Mann, bin bald fertig und werde dann Geld verdienen. Du kannst also ruhig ein paar Jahre mit dem Baby zu Hause bleiben und dir später einen Job suchen.«

»Sag mal, spinnst du?«, schrie sie ihn zornig an. »Ich will Lehrerin werden und keine Aushilfskraft.«

»Und nun willst du dir das Kind wegmachen lassen?«

»Nein, du kannst es haben. Du bist ja bald mit dem Studium fertig. Du kannst es auch bei deinen Eltern unterbringen. Mir ist es egal.«

»Das geht nicht, Antje«, wiegelte er hastig ab. »Ich muss mich auf das Examen konzentrieren, und meine Eltern gehen noch arbeiten.«

»Dann gebe ich es zur Adoption frei.«

»Das kannst du doch nicht machen«, schrie er sie entsetzt an. »Du kannst doch unser Kind nicht weggeben.«

»Mir bleibt ja nichts anderes übrig. Meinst du, ich ändere meine Zukunftspläne wegen so einer Rotznase und bin nur deine Hausfrau und Mutti?«

Antje Heisler warf dem angehenden Bauingenieur ein Sofakissen an den Kopf.

»Nein, nein, so soll es doch auch nicht sein.« Er ging zu ihr, nahm sie in die Arme und setzte einlenkend hinzu: »Wir werden eine gute Lösung finden, ganz bestimmt. Wann soll das Kleine denn zur Welt kommen?«

»Anfang August. Das ist gut, dann habe ich Semesterferien.«

»Du willst wirklich mit dem Studium anfangen?«

»Natürlich.Sie stieß ihn von sich, setzte sich auf das Bett und schluchzte: »Konntest du nicht aufpassen? Wir können kein Kind gebrauchen. Es ist wie ein Klotz am Bein. Das hat meine Oma auch immer gesagt.«

Martin wehrte sich und schimpfte: »Du hättest auch aufpassen können, hast wahrscheinlich die Pille vergessen.«

»Ja, habe ich«, räumte sie verlegen ein. »Aber gegenseitige Vorwürfe nützen nichts. Ich habe da von einer kirchlichen Einrichtung gehört, die Babys an Ehepaare vermitteln, die selbst kein Kind haben können. Es wäre eine Möglichkeit, das Kleine gut los zu werden. Die andere wäre, dass deine Eltern das Kind doch nehmen.«

»Meine Eltern werden sagen, dass wir heiraten sollen und du so lange zu Hause bleibst, bis unser Kind aus dem Gröbsten heraus ist. Meine Mutter hat es seinerzeit mit mir auch so gehalten.«

»Das sind ja Ansichten wie vor zweihundert Jahren«, pfiff sie ihn an. »Bleib du doch zu Hause. Du bist genauso verantwortlich wie ich.«

»Zum Donnerwetter noch mal!«, fluchte er. »Mit dir kann man überhaupt nicht reden.«

»Mit dir auch nicht. Such dir eine, die genauso denkt wie du.« Sie griff nach Tasche und Jacke, verließ den Raum und knallte die Tür hinter sich zu.

Martin schaute ihr wütend nach. Er verstand sie nicht. Es war von der Natur nun einmal so eingerichtet, dass die Frauen die Kinder bekamen. Da musste sie aus dieser so ganz natürlichen Sache doch kein Drama machen. Ja, wenn er nicht zu ihr halten oder das Baby ablehnen würde, dann würde er ihre Bedenken verstehen können. Aber so war es doch nicht. Er wollte und würde dem Kleinen ein guter Vater sein. Und sie würde sich bestimmt bald beruhigen – und einsehen, dass er recht hatte.

Am Wochenende darauf fuhr er zu seinen Eltern, um sich dort Rat und Hilfe zu holen.

*

»Antje bekommt also ein Kind«, wiederholte Gerhard Rossbach das Geständnis seines Sohnes. »Dann kann man euch ja nur noch beglückwünschen. Wann wird denn geheiratet?«

»Wahrscheinlich gar nicht«, erwiderte Martin verbissen. »Sie will auch das Kind nicht haben.«

»Warum denn nicht?«

»Weil sie ab Oktober einen Studienplatz hat.«

»Den braucht sie jetzt nicht mehr. Es reicht, wenn sie eine ordentliche Mutter und Hausfrau ist.«

»Aber Gerhard, so denkt heute kaum noch jemand«, wandte seine neben ihm sitzende Frau mahnend ein. »Die jungen Frauen wollen arbeiten gehen, und dazu gehört eine möglichst gute Ausbildung.«

»Ja, ja, ich weiß. Kinder haben im Leben dieser Damen dann keinen Platz mehr.«

Anna Rossbach lächelte unwillkürlich. In familiärer Hinsicht hatte der Fortschritt einen großen Bogen um ihren Ehemann gemacht. Laut sagte sie jedoch nur: »Antje ist ein sehr kluges und fleißiges Mädchen. Es wäre doch jammerschade, wenn sie keinen Beruf haben würde. Sie wird auch nicht von ihrem Mann abhängig sein wollen.«

»Sie kann doch etwas lernen, später.« Das kam von Martin, ziemlich betreten übrigens, denn ihm war inzwischen klar geworden, wann dieses »Später« möglicherweise sein würde.

Seine Mutter sprach aus, was er dachte, nämlich: »Dann ist sie mindestens dreißig. Meint ihr beide, sie fängt dann noch einmal mit einem Studium an?«

Die Männer zuckten mit den Schultern, schwiegen und waren ratlos.

Gerhard Rossbach murmelte schließlich mit einer gewissen Verlegenheit: »Ein Kind sollte man besser nach der Ausbildung bekommen.«

»Natürlich sollte man das. Aber nun ist es eben schon vorher passiert. Und nun wissen wir nicht weiter.« Seine Frau lächelte seltsam und sagte dann noch: »Antje hat, soweit ich es weiß, außer uns niemanden, der sie unterstützen könnte. Deshalb müssen wir darüber nachdenken, was wir tun können.«

»Das Kind ist ja noch nicht da«, meinte Martin nach einer Weile weiteren Schweigens. »Es kann ja tagsüber auch in eine Kita gebracht werden.«

»In eine Kita? Kommt gar nicht infrage.«

»Warum denn nicht, Papa? Da gehen viele Kinder hin, und man kann froh sein, wenn man dort einen Platz bekommt.«

»Mein Enkelkind kommt nicht in eine Einrichtung, wo die Weiber nur­ herumsitzen und tratschen und kaum auf die Kinder achten.«

»Ganz so ist es nicht, mein lieber Mann. Aber darüber brauchen wir jetzt noch nicht zu sprechen. Das wäre ja auch nur der zweite Schritt. Zunächst einmal müssen wir verhindern, dass Antje die Schwangerschaft unterbrechen lässt.«

»Das wird sie nicht tun, sie will das Kind nur zur Adoption freigeben.«

»Das musst du ihr ausreden und zwar sofort.«

»Wie denn, Papa? Sie hat gesagt, sie macht das. Sie hat sich sogar schon erkundigt, wie so etwas durchzuführen ist. Oder ich nehme das Kind. Aber das geht doch auch nicht. Dann werde ich ja nie mit dem Studium fertig.«

»Aha. Antje soll verzichten, du, mein Sohn, bist aber zu keinem Zugeständnis bereit und willst weiterhin dein freies Studentenleben führen.«

»Doch, Mama, ich will mich schon kümmern«, hielt Martin dagegen, schränkte aber gleich wieder ein: »Soweit es mir möglich ist. Die Verantwortung muss natürlich bei Antje bleiben. Sie ist die Mutter und wird bestimmt noch lernen …«

»So kommen wir nicht weiter«, blaffte sein Vater dazwischen. »Du bist ja noch viel zu jung, um die richtigen Worte zu finden. Ich – werde mit Antje sprechen. Danach wird sie einsehen, dass sie sich um das Baby zu kümmern hat. Basta!«

»Du wirst – nicht mit ihr sprechen, weil du dich wie der Elefant im Porzellanladen aufführen würdest, wie Macho persönlich und ohne jedes Verständnis für eine werdende Mutter. Du würdest nur alles verderben. Ich werde mit ihr reden. Und wenn es wirklich nicht anders gehen sollte, dann werde ich das Baby betreuen. Und ihr beide …« Anna Rossbach schaute Mann und Sohn sehr ernst an und fuhr fort: »Ihr beide werdet mich bei der Pflege des Kindes nach Kräften unterstützen. Ist das klar?«

»Ja, ja, natürlich, Anna«, und: »Selbstverständlich, Mama.« Die Herren atmeten sichtbar auf. Mochte nun kommen, was wollte. Für das Baby war gesorgt. Was die Mutter versprach, das hielt sie auch.

*

Ihre Großmutter war vor fünf Monaten gestorben. Kurz danach hatte Antje ein Zimmer mit Miniküche und Sanitärzelle im sogenannten Plattenbau bezogen. Das hatte sie sich gerade so leisten können, auch später noch, wenn das Erbe der Oma aufgebraucht sein würde und sie vom Bafög leben musste. Ein Kind hatte in diesem ›Mauseloch‹ mit den schon ziemlich wackligen und von der Oma geerbten Möbeln keinen Platz. Sie wollte auch kein Kind, zumindest vorläufig nicht. Einen festen Freund wollte sie eigentlich auch nicht haben. Martin war ein lieber Kerl, gewiss, aber auch ziemlich verwöhnt. Er erwartete einfach viel zu viel von ihr. Sie sollte ihm den Rücken frei halten, damit er sich voll auf sein Examen und seine spätere Arbeit konzentrieren konnte. Und sie sollte sein Kind bekommen und alles aufgeben, was sie sich vorgenommen hatte.

Nie würde sie das tun! Niemals!

Antje seufzte leise. Sie ärgerte sich nicht nur über Martin, sondern auch über sich selbst. Sie hätte die Pille nicht vergessen dürfen. Aber noch einmal passierte ihr so etwas nicht.

»Schau nach vorn und mach was draus«, hätte die Oma jetzt gesagt. Und genau das würde sie tun.

Weiter kam sie mit ihren Gedanken nicht, weil jemand an der Tür klingelte.

Martin ist da, dachte sie sofort. Er ist mir also nicht mehr böse und will mir doch helfen. Gleich darauf blickte sie – ziemlich enttäuscht – auf seine Mutter.

»Guten Tag, Antje«, sagte Anna Rossbach in der ihr eigenen ruhigen Art. »Ich hätte gern etwas mit Ihnen besprochen. Darf ich hereinkommen?«

»Natürlich.« Die junge Frau trat zur Seite, ließ die Ältere an sich vorübergehen und bot ihr einen Platz auf dem bunt geblümten Sofa an und setzte sich anschließend in einen Sessel.

»Martin sagte mir, dass Sie Ihr Kind eventuell zur Adoption freigeben wollen«, begann Anna ohne Umschweife.

»Mir wird nichts anderes übrig bleiben. Ich halte das für eine gute Lösung, auch im Interesse des Kindes. Es gibt so viele Ehepaare, die keine eigenen Kinder haben können und sich über ein Neugeborenes sicher freuen würden.«

»Das ist richtig. Aber meinen Sie nicht, dass es bei den Eltern am besten aufgehoben wäre?«

»Im Prinzip schon, aber Martin und ich haben keine Zeit für ein Kind und werden auch in den nächsten Jahren keine haben. Ich werde das Baby bekommen. Das kriege ich wahrscheinlich gerade so hin. Danach will ich es nicht mehr sehen.«

»Ihnen ist demnach egal, was mit Ihrem Kind geschieht?«

»Nein …«, gab Antje zögernd zurück. »Es soll es schon gut haben.«

Anna Rossbach nickte nur. Dann fragte sie: »Aber Ihre Beziehung zu Martin bleibt doch bestehen?«

»Was soll ich denn mit dem? Wenn es brenzlig wird, macht er sich vom Acker. Außerdem verlangt er von mir, dass ich meinen Studienplatz aufgebe und jahrelang zu Hause sitze und Süppchen für ihn und das Kind koche. Das ist nicht mein Ding. Ich will auch nicht von ihm abhängig sein, mag er auch später eine gut bezahlte Stellung haben. So ist es und so bleibt es. Sie können mich nicht umstimmen, Frau Rossbach.«

»Das will ich auch gar nicht. Ich will Ihnen nur einen Vorschlag machen.«

»So? Welchen denn?« Antje schaute Martins Mutter mit einem Gemisch von Misstrauen und Hoffnung an.

»Mein Mann, Martin und haben den Wunsch, das Baby in unserem Hause aufzunehmen, bis Martin zeitlich und finanziell in der Lage ist, es selbst so zu betreuen, wie es notwendig ist. So haben Sie Zeit für Ihr Studium und können trotzdem darüber nachdenken, ob Sie irgendwann vielleicht doch die Mutti sein wollen.«

»Das glaube ich nicht. Kinder sind nur hinderlich und nerven ständig.«

Anna Rossbach unterdrückte ihren Ärger. Dachte dieses junge Ding nur an sich selbst? Andererseits war ihr Sohn, der Martin, auch nicht viel besser. Er wollte das Baby zwar haben und freute sich auch, schob die Verantwortung aber gern jemand anderem zu.

»Nun, das ist dann Ihre Entscheidung und wird zu gegebener Zeit mit dem Jugendamt geklärt«, erwiderte sie kühl und scheinbar gelassen. »Wären Sie damit einverstanden?«

»Ja, Frau Rossbach.« Antje blickte die ältere Frau dankbar an. »Nun kann ich mein Studium beginnen – und später, wenn ich Geld verdiene, werde ich auch für das Kind zahlen.«

»Soweit ist es noch lange nicht. Bleiben Sie mit Martin in Verbindung?«

»Das muss ich ja wohl«, kam es kurz angebunden zurück. »Er wird früh genug erfahren, wann er mit seinem Ableger abzischen kann.«

»Sie mögen offenbar keine Kinder und wollen dennoch Lehrerin werden. So recht verstehe ich das nicht.«

»Doch, ich mag Kinder und will ihnen gern etwas beibringen, aber daheim will ich meine Ruhe und keine zweite Schicht haben. Außerdem will ich Gymnasiallehrerin werden. Da sind die Kinder schon älter und keine Heulsusen mehr.«

Anna nickte nur, stand auf und dachte, dass aus der kaltschnäuzigen Antje wahrscheinlich niemals eine gute Mutter werden würde.

Danach zog sie einen Umschlag aus ihrer Handtasche und legte ihn auf den Schreibtisch.

Als Antje zögerte, ihn zu öffnen, erklärte sie barsch: »Da ist Geld drin, damit Sie sich und das Kleine pflegen können. Nehmen Sie es nur. Ich werde ja schließlich die Oma des Kindes sein und bin an dessen Entwicklung schon jetzt interessiert.«

»Danke, Frau Rossbach.« Mehr sagte Antje nicht. Und mehr war auch nicht notwendig.

In den nun folgenden Monaten konzentrierte sich Antje vor allem auf ihr Studium, wobei sie von einer Freundin nach Kräften unterstützt wurde. Von Martin hatte sie sich getrennt. Sie sah ihn nur selten, was ihr nur recht war. Ihm offenbar auch. Ihre Liebe – oder was es auch immer gewesen sein mochte – gehörte der Vergangenheit an.

Aber als der kleine Mario an einem sonnigen Tag Mitte August geboren wurde, hatten der Vater und die Großeltern ihm ein schönes Zimmer eingerichtet und für alles gesorgt, was für ein Baby notwendig war. Die Oma hatte ihre Arbeit aufgegeben und wollte nur noch für den kleinen mutterlosen Jungen da sein.

*

Antje hatte sich ihr Kind nur einmal angesehen. Das war gleich nach der Geburt gewesen. Es war gesund und sah Martin ziemlich ähnlich. Danach hatte sie darum gebeten, dass man es dem Vater übergeben möge. Dort sollte der Kleine mit Zustimmung des Jugendamtes aufwachsen. Es hatte ein bisschen weh getan, sich von dem Baby zu trennen. Aber es musste sein. Sie musste an ihre Zukunft denken. Zusammen mit einem Kind würde sie nichts erreichen und immer ein armes Mädchen bleiben.

Drei Tage später holten Martin und seine Eltern den Kleinen ab. Zum gleichen Zeitpunkt kehrte Antje in ihre kleine, armselige Wohnung zurück. Dort angekommen, legte sie sich ins Bett und weinte so lange, bis sie einschlief.

Am nächsten Morgen wirkte sie wie immer. Sie nutzte den Rest der Semesterferien, um sich auf das nächste Studienjahr vorzubereiten und sagte sich dabei ziemlich oft, dass es ihrem kleinen Jungen sicher sehr gut gehen würde.