Vertrauen – die härteste Währung der Welt - Arnd Zschiesche - E-Book

Vertrauen – die härteste Währung der Welt E-Book

Arnd Zschiesche

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Beschreibung

Sind alle völlig TikTok? Weder Digitalisierung noch Disruption noch andere hippe New-Economy-Wörter hebeln den maßgeblichen sozialen Grundmechanismus aus, auf dem jede seriöse Organisation ihre Existenz gründet: Vertrauen. Umso unverständlicher ist es, wenn wir tagtäglich mitverfolgen müssen, wie Vertrauen erodiert: Wirecard, der Dieselskandal, die Cum-Ex-Geschäfte oder Lobby-Politik erschüttern das öffentliche Vertrauen und die langfristigen, auch volkswirtschaftlichen Folgen sind weder in Euro noch in Wählerstimmen oder einer anderen messbaren "Währung" auszudrücken. Doch gerade diese Verwerfungen sind es, die den unschätzbaren Wert von Vertrauen erkennen lassen. Vertrauen setzt ehrliche Leistung voraus – und Zeit. Jedes Unternehmen, ob kleine Kneipe oder großer Konzern, muss es zunächst schaffen, Vertrauen in seine Leistung aufzubauen: Anders ist nachhaltiger Erfolg nicht möglich. Weder vollmundige Marketingkampagnen noch eingekaufte Markenbotschafter und Influencer ersetzen die solide Arbeit an der eigenen Leistung. Das war vor tausend Jahren so und ist im Zeitalter von Industrie 4.0 unverändert brandaktuell. Solange Menschen miteinander kommunizieren, ist nichts effizienter. Der Markensoziologe Arnd Zschiesche liefert eine kluge und alltagstaugliche Betrachtung darüber, warum Vertrauen der einzige valide Mehrwert für jede Organisation ist. Mit analytischem Sachverstand und auf pointierte Art und Weise setzt er unserer grassierenden Aufmerksamkeitsökonomie eine in ihrer Tiefenwirksamkeit unschlagbare Vertrauensökonomie entgegen. Arnd Zschiesche bringt auf den Punkt, worauf Unternehmen, aber auch Politiker oder Wissenschaftler ihren Fokus richten müssen, um langfristig das Vertrauen zu gewinnen: Konzentration auf Substanz und Leistung, auf Selbstähnlichkeit und klare Abgrenzung sowie eine integre Kommunikation machen den Unterschied. Ein dringend notwendiger, so zeitkritischer wie zeitgemäßer Beitrag voller Denkanstöße und konkreter Handlungsempfehlungen. Vertrauen gewinnt. Nicht als Schlagwort, aber als Handlung. Und Haltung.

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Arnd Zschiesche

VERTRAUEN –

die härtesteWährung derWelt

Warum Leistung und Haltungfür Unternehmen essenziell sind

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buchs geprüft.

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Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

© 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2021 erschienenen Buchtitel »Vertrauen – die härteste Währung der Welt« von Arnd Zschiesche © 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-035-3

ISBN epub: 978-3-96740-044-1

Lektorat: Claudia Maas, Garrel

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Autorenfoto: Privat

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

Copyright © 2021 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

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Inhalt

Einleitung: Vertrauen als allgemeiner Sehnsuchtsort (Sønderho)

1 Szenenwechsel: Vertrauen auf der Resterampe von Wirtschaft und Gesellschaft (Frankfurt/M.)

2 Absurdes Theater: Ein Wirtschaftszweig zerlegt sein eigenes Vertrauensfundament

3 Akute Ansteckungsgefahr: Kein Vertrauensmissbrauch ohne massive Nachwirkung

4 Von der Muschel zum Bitcoin: Das Geld als rein kulturell geprägtes Vertrauensmedium

5 Vertrauen hat Herkunft und Historie: Grundsätzliche Wort-Bestandsaufnahme

6 Vertrauen als Überlebensgarantie in beschleunigten Zeiten: Grundsätzliche Alltags-Bestandsaufnahme

7 Inhalte dringend benötigt: Nur mit Substanz wird man zur (Vertrauens-)Instanz

8 Trust goes World Wide Web: Analoges Vertrauen digital umsetzen

9 Oft vergessen: Im Wort »Vertrauen« steckt das Wort »Treue«

10 Wie aus Treue zu sich selbst kollektives Vertrauen erwächst: Die öffentliche Person Angela Merkel

11 Treue im steten Wandel: Das Betriebsgeheimnis der Natur lautet Selbstähnlichkeit

12 Kundentreue entsteht immer intern – externes Vertrauen ist »nur« Wirkung

13 Nur Erkennbares zieht an: Um Vertrauen entwickeln zu können, muss Gestalttreue gewährleistet sein

14 Vertrauensabbau mit Megafon-Ansage: Wachstum über alles – bis hin zur eigenen Unkenntlichkeit

15 Je komplexer die Organisation, umso anspruchsvoller das Vertrauensmanagement: Die Nähe zur eigenen Leistung ist (und bleibt) essenziell

16 Nur das Besondere lässt Vertrauen entstehen: Allgemeine Emotionen sind kein Werbe- oder Verkaufsargument

17 Ohne konkrete Handlungen und Leistungen kein Vertrauen: Warum Vertrauen mehr als ein Marketing-Gag oder »Purpose« ist

18 Vertrautheit durch geteilte Geschichte: Unsere Zukunft liegt in unserer Vergangenheit

19 Das Urfundament von Vertrauen: Die soziale Gemeinschaft (keine Hipster-Community)

20 Das Handlungsmuster hinter Vertrauen: Wiedererkennung und Wiederholung

21 Das Lebenselixier von Vertrauen: Warum Grenze jedes »Wir sind alles für alle«-Marketing schlägt

22 Der reale Inhalt von Vertrauen: Ein positives Vorurteil

23 Warum Vertrauen immer konkret und spezifisch ist – nie universell

24 Ein Zeitgeist-Problem: Vertrauen ist keine Zahl und kein Modell

25 Der Gegenstand von Vertrauen: Das Soziale als Substanz

Quellen und Anmerkungen

Literatur

Danksagung

Der Autor

Vertrauensaufbau ist die mit Abstand effizienteste Wertschöpfungsmaßnahme – regional wie global. Nur aus kontinuierlicher persönlicher Konsequenz im Handeln entsteht authentische Prägnanz in der Wahrnehmung – die Voraussetzung für jede Vertrauensbildung im öffentlichen Raum. Alle Aussagen in diesem Buch beziehen sich auf die Wirksamkeit und Gültigkeit dieser langfristig wirksamen Sozialmechanismen.

Wenn ein Vertrauen in mir wär

So groß und stark, so wie das Meer

Ich würde jeden Berg bezwingen

Dann wär ich frei

Wie ein Kind

Wie ein Vogel würd ich fliegen

Weit hinaus, mit dem Wind

Nach überall

Und suchte ihn, den Diamant

Ja wenn

Wenn

Wenn

AUS »WENN«, LIED VON KLAUS HOFFMANN

Vertrauen ist eine »Währung«, mit der wir im Alltag ununterbrochen 24/7 hantieren müssen: von privaten über berufliche Beziehungen bis zum Supermarkteinkauf oder zur Wahl des Urlaubsortes. Richtig zum Tragen in aller »Härte« kommt das Vertrauen immer dann, wenn die existenzielle Krise vor unserer eigenen Haustür steht.

Warum waren zu Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 plötzlich seriöse Ratgeber – Institutionen wie das Robert Koch-Institut – gefragt? Auf einmal hatten »echte« Experten* das Sagen. Keine Influencerin weit und breit … Stattdessen vertrauten alle einem Virologen (im weiteren Verlauf der Pandemie dann mehreren).

Trotz langjähriger Lügenpresse-Diskussion eroberten im Angesicht existenzieller Krise gern geschmähte Leitmedien Terrain zurück. Die regierende, zuvor manchmal totgesagte Altpartei und ihre Kanzlerin profitierten massiv – was sagt das über die Funktionsweise von Vertrauen aus?

Trotz eines sozial-brutalen Kollektiv-Shutdowns, Existenzängsten und vieler Toter: Warum empfinden wir im Leid auch schöne Gemeinschaftsgefühle und manchmal sogar ein diffuses »Wir schaffen das«-Grundvertrauen, wenn eine Krise uns emotional näher zusammenrücken lässt?

Mit dem Vertrauen ist es wie mit der Bekämpfung des Klimawandels: Wir alle wissen in der Theorie ziemlich genau, was richtig und gut wäre. Aber dennoch fällt es schwer, sich im Alltag überall und immer stringent zu verhalten … Dabei gilt unverändert: Jeder gute Politiker, Berater, Trainer, Lehrer, Manager, Künstler und weitere seriöse Selbstdarsteller, sie alle betreiben in erster Linie Vertrauensmanagement. Jede starke Organisation macht das auch. Warum? Das Erfolgsgeheimnis liegt im langfristig orientierten Denken und Handeln (analog verhält es sich übrigens beim Klimaschutz). In diesem Buch lernen Sie, wie Vertrauensaufbau funktioniert und warum Vertrauen so unerlässlich wie effizient ist.

Weil viele Menschen sich wünschen, dass es mehr hyggeliges Vertrauen zueinander in unserer oft kalten Welt geben möge, ist Vertrauen zu einer wohlig-harmlosen Allzweckwaffe geworden – das zeigt sich an Postkartenzitaten, Politikerreden, Firmenansprachen und in besonders (herz)erwärmender Weise sogar an Teebeutel-Sprüchen. Auch wenn Sie keinen ayurvedischen Tee, sondern ein Buch in den Händen halten, wird das Momentum des »Tee-Sinnspruchs« genutzt, um die tiefe Wahrheit hinter den Aussagen zu unterstreichen. Dahinter steckt meist mehr als ein launiges Lippenbekenntnis. Denn immer wenn es im Leben hart auf hart kommt, zählt eine einzige Frage: Wem kann ich jetzt vertrauen?

»Mache nicht nur Eindruck, sondern schaffe Vertrauen.«

Markensoziologische Weisheit

*Wenn in diesem Buch an mehreren Stellen jeweils nur die weibliche oder nur die männliche Personenbezeichnung gebraucht wird, so ist es dem Autor wichtig, dass selbstverständlich immer jedes mögliche Geschlecht inkludiert ist. Durch die Verwendung nur einer Form sind die entsprechenden Passagen im Fließtext für die Leserin wie auch den Leser deutlich angenehmer lesbar und leichter verständlich.

Einleitung: Vertrauen als allgemeiner Sehnsuchtsort (Sønderho)

Das kleine Dorf Sønderho liegt an der Südspitze der dänischen Nordseeinsel Fanø inmitten des einzigartigen Naturparks Wattenmeer. Die rund 340 Einwohner pflegen ihre Traditionen und ihre wunderschönen reetgedeckten Häuser inklusive blumiger Vorgärten. Sie tun dies derart beeindruckend, dass ihr Dorf bereits mehrfach zum schönsten Dorf im Staate gekürt wurde und der Tourist sich dort bei Sonnenschein als Wanderer durch ein skandinavisches Pop-up-Kinderbuch erlebt. Auf der Tour durch pittoreske Gässchen und an hyggeligen Häusern vorbei steht ab und an ein kleiner Tisch oder ein offener Schrank mit Marmeladengläsern am Wegesrand. Jedes der erkennbar individuell abgefüllten Gläschen in unterschiedlichen Größen trägt ein mit Filzstift handbeschriebenes Etikett, wie »Mirabellenmarmelade, Juli 2020«. Und am Schrank findet sich ein Zettel mit der Bitte, den auf dem Deckel notierten Betrag in die kleine Metallbox zu legen, die irgendwo zwischen den Gläsern hervorblitzt.

An diesem Punkt werden einige Leser denken: »Moment, das kenne ich, das gibt’s doch in Dänemark häufiger.« Ja, das stimmt. So ein Straßenangebot ist typisch für viele Gegenden in Dänemark wie auch ganz Skandinavien: Brennholz, Spargel, Honig, Kartoffeln, Eier, Blumen, alles, was die Jahreszeiten hergeben oder der hyggelige Kaminofen benötigt. In ländlichen Gegenden Deutschlands und anderer Länder kommt diese Art von Self-Service-Straßenhandel manchmal ebenfalls vor. Hierzulande lautet der offizielle Begriff passenderweise »Kasse des Vertrauens« oder »Vertrauenskasse«.

Quelle: Privat

Achtung: Hier läuft gerade ein psychosozialer Vorgang zwischen einem Menschen und einem Holzschrank ab. Es sieht vielleicht auf den ersten Blick so aus, als ob es hier nur um Marmelade geht, doch das eigentliche Thema ist Vertrauen.

Da dieses Buch nicht als Standardwerk für reisefreudige Konfitürenfreaks, sondern als Standardwerk für Vertrauensökonomie und verantwortungsbewusste Führungskräfte konzipiert ist, stellt sich an dieser Stelle die Frage: Was ist an einem wackeligen, selbst gezimmerten Marmeladenschränkchen am Wegesrand interessant? Antwort: Ein so einfaches wie gleichzeitig diffiziles Sozialphänomen. Ein Vorgang, der die Weltkugel rundlaufen lässt oder eben nicht. Konkret: Es geht um Vertrauen. Das unvermeidliche Sozialgewürz steckt überall dort mit drin, wo Menschen miteinander in Kontakt treten – ob bei einer offiziellen Konferenz wie dem G-20-Gipfel in Tokio oder beim privaten Konfitüre-Gipfel in Sønderho. Es ist überall dort vorhanden, wo es um die Wurst, pardon, um die Entscheidung geht … (oder halt um den Aufstrich). In dem fruchtvollen Beispiel versteckt sich das Sozialgewürz in einem hellgetünchten Schränkchen und wird relevant, wenn jemand davorsteht. Kuckuck, ruft’s aus all den Verkaufsschränken am Wegesrand – und zumeist liegt kein faules Ei darin; der Erfahrung nach oft sogar ein extrem frisches.

Die stärkste und schnellste zwischenmenschliche Verbindung: Vertrauen

Vor allem aber ist Vertrauen keine soziale Einbahnstraße, sondern im Idealfall eine soziale Autobahn, weil beide Seiten effizient und entspannt profitieren: Einerseits vertraue ich beim Kauf den mir meist persönlich unbekannten Marmelademachern, dass sie in ihrer heimischen Küche kein Schindluder auskochen, stattdessen eine ordentliche Marmelade einwecken, die niemanden umbringt und mein Brot versüßt. (Achtung an alle Angsthasen: Der Verkaufstisch steht nicht zwangsläufig vorm Herstellerhaus!) Andererseits vertrauen die Abfüller darauf, dass die Menschen, die vorbeikommen und Aufstrichappetit verspüren, ordnungsgemäß je nach Glasvariante bis zu 25 dänische Kronen in die Box legen. Die marmeladenfabrizierende Familie muss dafür nicht ihren ganzen Tag am staubigen Wegesrand verbringen und warten, ob eventuell jemand vorbeikommt. Dabei ist der obstige DIY-Belag keineswegs preisgünstiger als im Supermarkt vor Ort und kein zertifizierter (Marken-)Absender besiegelt höchste Qualität oder verspricht ein vollmundiges Geschmackserlebnis. Auch werden keine Inhaltsstoffe – weder Frucht- noch Zuckeranteil – ausgewiesen, und das in der aktuellen Helikoptergesellschaft und sämtlichen EU-Regularien zum Trotz (zudem in Zeiten des Zuckerfrei-Trends).

Dafür wird die qualitativ hochwertigste Sozialzutat en masse eingekocht und figurschonend abgefüllt: Vertrauen. In jeder Hinsicht und in jede Richtung: zweimal gratis verschenktes Vor-Vertrauen zwischen einander prinzipiell unbekannten Personen, die sich eventuell nie im Leben begegnen werden. Dazu eine nicht statistisch überprüfte persönliche Autoren-Beobachtung als Fanø-Stammkunde: Die Touristen sind angetan, ja sogar fasziniert von den anonymen wie zugleich persönlichen Self-Service-Läden mit Social-Self-Control. Dabei geht es wohl nicht primär um die (eventuell) leckere Marmelade, sondern um die Tatsache, dass hier ein schmackhafter Deal allein auf Basis von Vertrauen stattfindet. Speziell als Tourist fühle ich mich bewusst oder unbewusst geschmeichelt: Mir als dem vor Ort Unbekannten und Kurzzeitbesucher, also einer kulturell außenstehenden Person, einem Fremden, wird Vor-Vertrauen geschenkt. Der Gast darf an diesem einen Punkt an der Inselgemeinschaft teilhaben, selbst wenn es eventuell nur geschieht, um Geld mit ihm zu verdienen. Ein Vorgang, der automatisch eine tiefe Sehnsucht in vielen Menschen hervorruft: nach der guten heilen Welt im Damals (ob es sie damals oder jemals gab oder nicht), nach Nähe und Authentizität im Umgang miteinander. Oft verbunden mit einem Gedanken oder dem Gedenken an frühere Zeiten, als alles besser war, zumindest im romantisierenden Rückblick. Gefühlt gibt es so was – in der Produktwelt – nur noch als goldige Werther’s-Echte-Lutschbonbons1 von Opa im Schaukelstuhl. Oder im Manufactum-Katalog mit Dingen aus der Zeit, als Opa noch nicht Opa war und Mönche allerlei Tinkturen verkauften. Der dazugehörige Claim des Manufaktur-Warenhauses lautet passgenau: »Es gibt sie noch, die guten Dinge.« Und die haben sehr viel mit Vertrauen zu tun …

Kollektives Vertrauen schafft Wir- und Gemeinschaftsgefühl

Das Vorhandensein so offensichtlicher wie greifbarer Vertrauensanker an Gartenzaun und Wegesrand ist eingekochtes Indiz für ein brennendes Bedürfnis: Viele Menschen tragen in sich – so scheint es – eine tiefe Sehnsucht nach Verlässlichkeit und Vertrauen. Das Schränkchen strahlt über sein frei zugängliches Angebot soziale Geborgenheit aus und damit automatisch Aufgehobensein in einer größeren Gemeinschaft. Ein Gefühl von Zusammenhalt, welches sonst sozial übergreifend in Industrienationen nur noch bei gewaltigen Naturkatastrophen oder nationalen Großereignissen existiert. So z.B. in einer Katastrophensituation, wenn sich ein ganzes Land solidarisiert – wie im Frühjahr 2020 im Angesicht des nur gemeinsam zu bekämpfenden Corona-Virus: Allabendlich um 21 Uhr applaudierten in Südeuropas Städten Menschen auf den Balkonen (Deutschland tat es ihnen später nach), um dem medizinischen Fachpersonal auf diese Weise ihren symbolischen Dank für übermenschlichen Einsatz zu zollen. In Italien verabredeten sich die Menschen und ließen ihre Stimmen oder den Klang ihrer Instrumente durch die menschenleeren Gassen hallen. Die Bilder gingen um die Welt. Nur wenige Monate später war Corona Alltag und die Balkone blieben leer. Langfristig braucht es mehr für die »Helden des Alltags« als Applaus oder Musik, denn jede langfristige Gemeinschaftsbildung benötigt mehr Zeit und Nähe.

Ein anderes Beispiel für bewegenden Zusammenhalt in der Katastrophe ist das Elbhochwasser im August 2002, das in Deutschland, Österreich und Tschechien ganze Existenzen zerstörte. In der dramatischen Ausnahmesituation erfuhren die Menschen in den betroffenen Gebieten, die in Deutschland von Bayern über Sachsen bis Brandenburg und Schleswig-Holstein reichten, viel spontane und tatkräftige Unterstützung. Im Gedächtnis bleibt nicht nur der damalige Bundeskanzler in gelben Gummistiefeln, sondern der Einsatz zahlreicher Menschen, die Sandsäcke gegen die ansteigenden Wassermassen stapelten, die Helfer mit Essen versorgten und den Flutopfern beim Aufräumen des Chaos halfen – nicht zu vergessen die enorme finanzielle Spendenbereitschaft.

Erfreulicherweise schaffen auch erfreuliche Großereignisse Solidarität, wie z. B. 2014, als eine ganze Nation sich zur Fußball-Weltmeisterschaft hinter der eigenen Nationalmannschaft versammelte und deren Erfolge fahnenfreudig bejubelte – im tiefen Vertrauen auf »unsere« Fähigkeiten am Ball (oder zumindest im festen Glauben daran).

All das umfasst der Begriff Vertrauen: Geborgenheit in einer Gruppe, einer Gemeinschaft, die mich mitträgt und deren Unterstützung mir sicher ist. Hier kann ich fallen und man wird mich auffangen … Daher findet sich das eingangs beschriebene Schrank-Phänomen meist in ländlichen Gegenden, wo die soziale Kontrolle prinzipiell noch stärker, die Gemeinschaft größtenteils noch intakt ist – mit allen positiven wie negativen Begleiterscheinungen. Gerade in kleineren Ländern ist oft über das dörfliche Umfeld hinaus das Zusammengehörigkeitsgefühl insgesamt stärker erkennbar, was sich nicht zuletzt an der landesweiten Existenz von Vertrauenskassen zeigt. Im fernen Inselstaat Neuseeland mit weniger als fünf Millionen Einwohnern gibt es eine lange Tradition solcher Stände, bisweilen sind es ganze Garagen oder kleine Häuschen voller Ware. Manchmal sind diese Miniläden sehr liebevoll dekoriert und besonders individuell ausgestattet. Dazu gibt es dort, am schönsten Ende der Welt im Südwestpazifik, den vielleicht apartesten Begriff für die Geldbox am Verkaufsstand: die »Honesty-Box«.

1.

Szenenwechsel: Vertrauen auf der Resterampe von Wirtschaft und Gesellschaft (Frankfurt/M.)

Wir sind wieder zurück in Nordeuropa, unternehmen aber zwecks Erkenntnisgewinn eine fixe Fährfahrt von Fanø zum Festland nach Esbjerg, der siebtgrößten Stadt Dänemarks (72 000 Einwohner), und bewegen uns von dort zügig 812 km weiter südlich in die siebtgrößte Stadt Deutschlands (753 000 Einwohner): Frankfurt am Main liegt im Bundesland Hessen, in unmittelbarer Nähe zum beliebten Naturpark Taunus. Viele Frankfurter pflegen ihre Traditionen, unterstützen gemeinschaftlich »ihre« Eintracht (e.V.) oder trinken ortsüblichen Apfelwein, regional: »Äppelwoi« oder »Ebbelwoi«. Einige von ihnen sind stolz darauf, dass Goethe hier geboren wurde, andere auf die historischen Altstadtbauten rund um den Kaiserdom, die immer noch zahlreichen Messen (die erste gab es hier im 12. Jahrhundert), den globalen Drehkreuz-Flughafen (der viertgrößte Europas) oder die imposanten Wolkenkratzer im Stadtzentrum. Der Bahnhof ist der verkehrsreichste und das Autobahnkreuz darüber hinaus das meistbefahrene Deutschlands. Doch der Ort ist nicht nur ein gewaltiger Verkehrsknoten im traditionellen Wortsinn. Hier existiert überdies – gemessen am Datendurchsatz – der weltweit größte Internet-Verkehrsknoten. Zur schönsten Stadt im Staate wurde Frankfurt zwar noch nie erwählt, aber immerhin wurde der Goethe-Wanderweg zum schönsten Wanderweg Deutschlands in der Kategorie »Stadt und Kultur« gekürt (11 km, Startpunkt Goethehaus, Großer Hirschgraben 23–25).

Die zahlreich vorhandenen Hochhäuser bilden eine an US-Metropolen erinnernde Skyline, was dazu führt, dass die Main-Metropole in Reiseführern stets als »Mainhattan« bezeichnet wird, angelehnt an den bevölkerungsreichsten Bezirk von New York City (NYC), Manhattan. Insgesamt sollen es 450 Hochhäuser sein. Ab ca. 150 Meter Höhe gehören sie in die Kategorie Wolkenkratzer. Ganze 19 der 20 höchsten Wolkenkratzer Deutschlands stehen hier in Mainhattan. Und bei dem anhaltenden Bauboom vor Ort kommen wohl noch einige hinzu. Eine der Ursachen für die stadtbildprägenden Hochhäuser ist die kulturell gewachsene Bedeutung Frankfurts als ein maßgeblicher Finanzplatz Kontinentaleuropas neben Paris und London: Bereits 1194 erhielt die Krönungsstadt deutscher Kaiser und Könige erstmals das Recht auf eigene Münzprägung, 1585 wurde die Frankfurter Börse gegründet.

Die meisten der richtig hohen Häuser stehen dementsprechend im sogenannten Bankenviertel. Der von Stararchitekt Lord Norman Foster entworfene Commerzbank Tower am Kaiserplatz bildet mit 259 Metern Höhe den absoluten Gipfel des örtlichen Bankengebirges, in der gesamten EU baute bisher niemand höher. Wer dort als Tourist im Sonnenschein durch die beeindruckenden und zudem schattenspendenden Häuserschluchten schlendert und vor den Repräsentanzen internationaler Großbanken oder der Europäischen Zentralbank (Ostend), von Versicherungen oder sonstigen finanzkräftigen Institutionen verweilt, entdeckt weder blumige Vorgärten noch selbst gebaute Marmeladenschränkchen. Ein hyggeliges Flair ist trotz vereinzelter, perfekt in Form frisierter Grünpflanzen nicht zu entdecken (eventuell oben in den Teppichetagen, vielleicht haben einige Firmen bereits cozy »Innovation-Labs«2). Behaglich oder gar heimelig muss es hier aber auch gar nicht sein, denn die Faszination und Intention des Finanzdorfes ist eine völlig andere … Dennoch oder gerade deswegen starren ein paar der Turmbewohner etwas ermattet auf ihre zahlenschweren Bildschirme. Vielleicht träumen einige dabei gar nicht vom Urlaub im Porsche, sondern vom Urlaub in Dänemark. Der beschleunigt zwar weniger das Ego, sondern entschleunigt primär die Seele, wirkt dafür aber meist nachhaltiger als die 4,2 Sekunden bis Tempo 100 (reine Typenfrage).

Lieber Schein(e) als Sein

Gerade Banken auf der tempolastigen Überholspur, die ihre diversen High-Performance-Anlageschäfchen bevorzugt grenzübergreifend vermehren, bemühen sich gerne um repräsentative Dependancen in bester A-Lage. Ein traditioneller Grund dafür war das damit verbundene Werben um das Vertrauen der Kundschaft – neben dem Wunsch nach Selbstdarstellung, Präsenz, Reputation, Seriosität: »Bei uns ist Ihr Geld sicher.« Die Bank winkt mit dem selbsterklärenden Zaunpfahl bzw. der Carrara-Marmorsäule: Wir können mit Geld umgehen, das sollen unsere Kunden ruhig sehen und spüren. Die älteste Zentralbank der Welt, die 1668 gegründete Schwedische Reichsbank, hatte einst das Motto »Hinc robur et securitas«, zu Deutsch: »Von hier stammen Stärke und Sicherheit.« Es wurde zur massengängigen Bekräftigung der Johanniskraut-Aussage zeitweise sogar auf die 100-Kronen-Scheine gedruckt. Aber als Zentralbank ist ihre Aufgabenstellung naturgemäß deutlich sicherheitslastiger und für alle Schweden definiert.

Wer heute als Nichtbanker vor den höchsten Bankhäusern Frankfurts steht, der spürt vermutlich etwas anderes als eine Aura von persönlicher Sicherheit: Die gewaltigen Bankentürme demonstrieren zwangsläufig – und sind darin durchaus mit Burgen oder Kathedralen des Mittelalters vergleichbar – Macht und Überlegenheit gegenüber der »normalen« Welt. Es sind imposante Burgen aus Stahl, Beton und Glas, die etwas hermetisch Verriegeltes ausstrahlen, sogar ohne Wassergraben und hochgezogene Zugbrücke: Gräben und Mauern sind hier von ganz anderer menschlicher Natur und sozialer Härte … Viele draußen vor den Glastüren würden wohl das Wort »Abgehobenheit« oder – in Bezug auf das massenwirksam überlieferte Verhalten einiger Turmarbeiter – sogar »Arroganz« oder altmodisch »Niedertracht« hinzufügen. Die preisgekrönte deutsche TV-Serie »Bad Banks« hat den Mythos von Gier, Gefühlskälte und Egomanie vor Frankfurts Global-Finance-Kulisse massentauglich mit Coolness-Faktor inszeniert und so ein überzeugendes Investment in alle negativen Vorurteile vorgenommen. Nur einer klemmt sie alle im Vorbeigehen unter seine Hosenträger: Der gut gegelte Finanzhai Gordon Gekko3, dargestellt von Michael Douglas, hat im Film »Wallstreet« von 1987 mit seinem »Gier ist gut«-Credo oscarprämierte Pionierarbeit für die Anziehungs- wie Abstoßungskraft der Branche geleistet.

Quelle: picture-alliance/dpa

Ihr sympathischer und vertrauensvoller Finanzexperte von nebenan: Herr G. Gekko. Mit eingebauter Vorbildfunktion für mindestens eine Generation Banker.

Die perfekt polierte Oberfläche vieler Banken zeigt Korrosionserscheinungen. Und in der Wahrnehmung vieler Menschen deutlich weniger Oscar-Glamour à la Hollywood, dafür aber mehr Oskar in der sozialen Mülltonne. Im Ergebnis sämtlicher Vorgeschehnisse, spätestens seit der Finanzkrise 2008, ist im 21. Jahrhundert »tiefes Vertrauen« sicher nicht der erste Begriff, der externen Normalmenschen im Angesicht hochstapeliger Frankfurter Finanzbollwerke einfällt. Und »Gemeinschaft«4 vermutlich nicht das zweite Wort, das einem in den Kopf kommt, wenn allmorgendlich gepflegt-stromlinienförmige Anzugträger mit weißen Bluetooth-Knöpfchen im Ohr aus den U-Bahnschächten stromlinienartig in Richtung ihrer jeweiligen Heimattürmchen streben. Übrigens: Headhunter empfehlen mantraartig, für den perfekten CV bzw. Lebenslauf alle zwei bis drei Jahre das Türmchen zu wechseln …

Die soziale Abrissbirne hat kapitales Vertrauen abgeschlagen (dank Dauerbetrieb)

All diese brutal-zerstörerischen Vorgänge sind selbstverständlich weder im Falle pulsgebender Banken noch anderer kapitaler Organisationen der aufstrebenden Architektur zuzuschreiben; diese Architektur ist allerdings ein in Beton gegossener Ausdruck des prestigeorientierten Selbstverständnisses einiger Protagonisten – und soll es wohl auch sein. Die zwei 155 Meter hohen verspiegelten High-End-Zwillingstürme der Deutschen Bank im Frankfurter Westend sind so oft medial gezeigt worden, dass sie mittlerweile zu einem Sinn- und Abziehbild deutscher Wirtschaft geworden sind – im Guten wie zuletzt zunehmend im Schlechten. Ein im Zuge der Cum-Ex-Affäre als Kronzeuge auftretender ehemaliger Banker und Hauptbeschuldigter im größten bundesdeutschen Steuerermittlungsverfahren formuliert es im Interview (anonym) so: »Wir haben da oben in diesem 32. Stock aus dem Fenster auf die Taunusanlage geschaut, da erscheinen dir die Menschen unten ganz klein, und wir haben gedacht, wir sind die Schlauesten, wir sind die Genies hier oben, und ihr da unten, ihr seid alle doof.«5

Diese unter einigen Topbankern anscheinend verbreitete Einstellung fand ihr öffentlich-plakatives Sinnbild bereits Jahre zuvor: in einem vom damaligen Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, im Gerichtssaal fingerfertig und mit breitem Grinsen in die Kamera gehaltenes Victory-Zeichen. Mittlerweile ist das Foto eine Ikone der Kapitalismuskritik (»Causa Josef Ackermann« anno 2004). Und diese Art der Provokation hat bei der Deutschen Bank offenbar System: Zur Beschreibung der 50 Millionen Mark an offenen Handwerkerrechnungen, die ein Frankfurter Pleitier der Bank hinterließ, hatte ein anderer Deutsche-Bank-Chef zehn Jahre zuvor bereits ein Wort kreiert, das Ikonen-Status erlangte: Weil es bei dieser Sache um – zumindest aus Sicht von Hilmar Kopper – sehr wenig Geld ging, sprach er von »Peanuts« und gewann mit seinem englischen Beitrag im Anschluss überlegen die Wahl zum deutschen Unwort des Jahres 1994. Eines der wenigen Unworte, die sich im alltäglichen Sprachgebrauch (und Duden) etablieren konnten. Darüber, wie die Kinder aus der weltberühmten US-Comic-Serie mit dieser Verunglimpfung und Vereinnahmung klarkommen, ist nichts bekannt.

Derart unnahbar-unsoziale Wesenszüge einiger Banker »da oben« sind inzwischen bis zu einigen Nichtbankern »da unten« durchgesickert: Nach einer Langzeitstudie des Meinungsforschungsunternehmens Gallup aus dem Jahr 2019 misstraut jede zweite Person Banken im Allgemeinen6 – und es ist davon auszugehen, dass sich dieser Wert bereits deutlich verbessert hat seit der Finanzkrise im Jahr 2008. Interessant ist, dass das Vertrauen in die Banken laut Studie bei der Landbevölkerung deutlich höher ist als bei Stadtbewohnern; dies wird mit der stärkeren persönlichen Nähe zur Bank begründet. Auf dem Dorf wird dem Banker des Vertrauens zum persönlichen Finanzgespräch in der Kreissparkasse vielleicht noch ein selbst eingewecktes Gläschen aus dem privaten Marmeladenschränkchen mitgebracht – und der lokale Experte seinerseits kann es sich sozial nicht leisten, in seinem (Wohn-)Ort schimmlige Finanzanlagen oder Finanzierungen zu verkaufen. Die genossenschaftlich organisierten Volks- und Raiffeisenbanken mit regionaler Verankerung lancierten 2020 konsequenterweise einen Youtube-Spot, der sich direkt an die Landwirte – traditionsgemäß eine für diese Bankengruppe attraktive Klientel – wandte: »Wir sind die Banken, die Landwirte besser verstehen, weil wir seit unserer Gründung tief in der Agrarwirtschaft verwurzelt sind.«7 Ob Stadt, Land oder Feld: Hinzu kommt, dass Volksbanken und Sparkassen prinzipiell wie strukturell dezentraler organisiert sind und daher mit ihren Entscheidungen zur Kreditvergabe in jeder Hinsicht näher an der Familie oder der (kleineren) Firma dran sind, die sich bei ihnen um einen Kredit bewirbt. Auch die für die Wirtschaft aus strategischen (Nonsens-)Gründen weiterhin am heißesten begehrte Zielgruppe ist sich relativ einig: Jüngere Menschen zwischen 15 und 29 Jahren haben laut dieser Studie das mit Abstand geringste Vertrauen in die Finanzindustrie, ganze 38 Prozent von ihnen halten ihr persönliches Geldhaus noch für glaubwürdig.8 Der stoische Philosoph Seneca macht die Wurzel allen Übels deutlich:

»Mangelndes Vertrauen ist nichts als das Ergebnis von Schwierigkeiten. Schwierigkeiten haben ihren Ursprung in mangelndem Vertrauen.«

Seneca, römischer Philosoph, ca. 70 v. Chr.

2.

Absurdes Theater: Ein Wirtschaftszweig zerlegt sein eigenes Vertrauensfundament

Das erste Fazit aus »Bankfurt« und assoziierten Finanzhochburgen weltweit lautet: Ein Wirtschaftsbereich, der allein vom Vertrauen seiner Kundschaft lebt, wird von sehr vielen Menschen – darunter der eigenen Kundschaft – nicht mehr mit Vertrauen in Verbindung gebracht. Auch wenn die Bank of Scotland unverdrossen mit dem Claim »Vertrauen seit 1695« wirbt, scheint der klassische Banker als eine gesellschaftlich angesehene, seriöse Vertrauensperson im grauen Anzug mit grauer Krawatte nur noch eine naive Petzi-Figur aus dem Wirtschafts-Pleistozän zu sein. Apropos: Nachdem viele der – allerspätestens seit der Finanzkrise – öffentlich bewusst bodenständig und gezielt regional auftretenden Sparkassen bereits länger die Krawatte offiziell entsorgt haben, warfen 2019 sogar die US-Investmentbanker von Goldman Sachs den Old-Economy-Krawatten-Dresscode über Bord.9 Selbst das uraltehrwürdige Frankfurter Privatbankhaus Metzler (seit 1674) gesteht seinen Mitarbeitern inzwischen weitgehende Binderfreiheit zu.

Neue Nahbarkeit braucht die Bank: die Einführung des bodenständigen Bankers

Natürlich geht es bei alldem um viel mehr als um halsbelastende Krawattenpflicht, auch wenn das hängende Stückchen Stoff wichtiger Bestandteil des hochstehenden Selbstverständnisses von Bankern war. Banken möchten auf diese neue, von der Weiberfastnacht inspirierte Weise demonstrieren, dass sie den Zeitgeist erfolgreich erkannt haben. Banker wollen als normale Menschen, die »rein zufällig« in einer Bank arbeiten, viel näher bei ihren Kunden sein und daher wirklich alles tun, um nicht abgehoben oder unzugänglich zu erscheinen. Eine Krawatte wäre dabei nur im Weg, genauso wie hohe Schalter oder verschlossene Türen, hinter denen sich Angestellte mit dunklen Geheimnissen verschanzen könnten. Deswegen werden Banken derzeit zu einladenden »Open Spaces« mit Wohnzimmer-Lounge-Treffpunkt-Atmosphäre transformiert, manchmal fläzt sich ein Kuscheltier auf den skandinavisch-weißen Möbeln, Bücher stehen im sozial nahbaren Original-Ikea-Regal. Die »Overall«-Botschaft: Es ist ja alles so transparent, offen und einladend bei uns. Der wichtigste Satz des dynamischen Bankberaters von heute lautet: »Vielleicht ein Cappuccino oder Latte Macchiato für Sie?«

Ein Problembewusstsein dafür, dass eine Vertrauensstörung im Verhältnis zur Kundschaft existiert, es mehr Nähe benötigt, ist prinzipiell ein guter erster Schritt. Aber kann ein derart äußerlicher Ansatz, ohne Krawatte, dafür mit Ikea-Möbeln und Cappuccino, überhaupt problemorientiert und somit vertrauensförderlich sein? Eine Binsenweisheit, die sich in der Beobachtung von Wirtschaft und Politik immer wieder bestätigt, ist, dass die schnelle Arbeit an oberflächlichen Symptomen gern der deutlich mühsameren und zeitaufwendigeren Arbeit an den systemischen Ursachen vorgezogen wird: So muss das Logo immer zuerst leiden, wenn eine Organisation sich »glaubhaft« neu erfinden oder seine (neue) Positionierung verdeutlichen will, siehe z. B. VW, Lufthansa.10 In dieser Oberflächen-Logik werden Bankfilialen mithilfe einer hübsch getünchten Kulisse und der Positionierung als nahbare »Bank in deinem Viertel« zu einem sympathischen kleinen Nachbarschaftstreffpunkt (mit Leseecke) umgebaut. Um die Marketing-Kosmetik zu unterstützen, greift das einstige Vorzeigeland des formalen Siezens zum dänischen »Du«: »Deine Filiale in Hamburg-Winterhude« leuchtet die Hamburger Sparkasse den Passanten jeweils passend pro Stadtteil-Filiale mittels Digitaldisplay bereits vor der Tür entgegen. Dazu kleben groß auf der Scheibe »Deine Bankberater:« – alle mit Vor- und Nachnamen aufgelistet. Jedem Kunden sein gemeinschaftlich geprägtes Finanz-Sønderho …

Bedauerlicherweise erscheint trotz neu geschaffener Nähe und Nachbarschaft (zumindest in Optik und Gestaltung) in der öffentlichen Wahrnehmung weiterhin einiges schief gebunden. Immerhin scheuert es bei mancher Bank stärker am weißen Kragen als zuvor, manche wurden sogar abgewickelt. Alles, was sonst noch »böse« ist oder war, z.B. Kredite sanierungsreifer Banken, kann durch Gründung einer Bad Bank, zu Deutsch: »Abwicklungsbank«, ausgegliedert und so anstrengende Ausfallrisiken an dumme Dritte wie den Staat abgegeben werden. Ein Konzept, das 2007 in mehreren Ländern zum Einsatz kam. Wobei für viele Normalo-Nichtbanker – gerade wenn sie eigenes Vorsorgegeld verloren haben oder sich als Steuerzahler unfreiwillig zur Unterstützung einer milliardenschweren Bankenrettung gezwungen sahen – längst nicht genug (Nach-)Druck und Kontrolle von externen Instanzen existiert. Der Skandal um den Finanzdienstleister Wirecard beweist aufs Neue, dass es bei der Kontrolle von Finanzkonzernen erhebliche Mängel gibt und die staatliche deutsche Finanzaufsicht BaFin offensichtlich nicht umfassend, aber vor allem nicht kritisch genug prüft (von involvierten privaten Beratungsunternehmen ganz zu schweigen).

Die Banken in ihrer potenten Positionierung in Politik und gehobener Gesellschaft haben ihren Kritikern im Nachgang zur Finanzkrise weiterhin massive Argumente geliefert und so für andauernde Frustration gesorgt. Der sogenannte Bail-out der Boni-Banker nach 2008 und die allgemeine Wahrnehmung, dass deren Finanzparty minimal später wieder volle Fahrt aufnahm und sich am Wesen der Branche rein gar nichts geändert hat – 2018 neu befeuert durch den Cum-Ex-Steuerskandal –, vertiefte den ohnehin negativen Beigeschmack. So verteilte die Hypo Real Estate Bank im Jahr 2009 an ihre Topbanker 25 Millionen Euro an Boni, als sie längst nur noch dank einer über 100 Milliarden schweren Bürgschaft des Staates existierte.11 Ausgehend von derartigen Vorgängen sind Autoaufkleber, Graffitis, Demo-Plakate und Greenpeace-Banner gut zu verstehen, die eindrücklich formulieren: »Wenn die Welt eine Bank wäre, hättet ihr sie längst gerettet.« Oder das Bertolt Brecht (1898−1956) zugeschriebene und offensichtlich zeitlose Zitat: »Bankraub ist eine Initiative von Dilettanten. Wahre Profis gründen eine Bank.«

Die Banken als zentrales Beispiel für ein zunehmendes Vertrauensmissverhältnis

Dennoch wurde das Beispiel Kreditanstalt nicht allein wegen der Geschehnisse in jüngerer Zeit gewählt, sondern auch, weil nahezu ausnahmslos alle Menschen dieser Institution ihre zumeist hart erarbeiteten Ersparnisse anvertrauen müssen: Unterm Teppich verstecken ist trotz völlig ausgefranster Zinssätze keine mehrheitsfähige Option. Eine Bank ist aus dieser psychologischen Perspektive noch grundsätzlicher gelagert als der tägliche Einkauf im Supermarkt, bei dem es aber selbstverständlich ebenfalls ein starkes Vor-Vertrauen in die produzierenden Unternehmen benötigt – wie etliche Skandale in der Lebensmittelindustrie negativ belegen. Die Grundlage des Bankproduktes ist aus analytischer Perspektive ebenfalls eine Besonderheit: Denn das Geld ist ein internationales Mittlermedium, welches allein auf Basis von Vertrauen funktioniert (siehe Kapitel 4).

Aus diesen Gründen macht eine Bank, als quasi unumgängliche Institution, dieses in vielen wirtschaftlich-gesellschaftlichen Arealen entstandene Vertrauensmissverhältnis explizit und in negativer Hinsicht nahezu idealtypisch deutlich. Die Skandale der jüngeren Geschichte belegen ein völliges Unverständnis, wahlweise Desinteresse, der Banken bezüglich des entscheidenden sozialen Vorganges, der sie überhaupt erst in ihre machtvolle Position gebracht hat: das mühsam, manchmal über Jahrhunderte aufgebaute Vertrauen innerhalb ihrer eigenen Kundschaft. Die Bank ist der Träger des Vertrauens in die Organisation. Irgendwann einmal muss auch die Deutsche Bank das Thema intern noch etwas anders bewertet haben, denn ab 1995 gab es immerhin für ganze zwei Jahre einen Claim, der das Vertrauen als seriöse Geschäftsgrundlage anerkannte (siehe wie folgt).

»Vertrauen ist der Anfang von allem.«

Deutsche Bank

Der Slogan oder Claim (Unterscheidung marginal, zweiter Begriff ist hipper) ist leider nur ein weiterer von x vergessenen Claims der Bank. Aber die Aussage für sich ist vollkommen richtig und existenziell wichtig: Jedes Unternehmen, das erfolgreich geworden ist – ob kleine Kneipe oder großer Konzern –, musste es zunächst schaffen, ein Basisvertrauen in seine (neue) Leistung aufzubauen. Ohne vertrauende und zahlende Kundschaft ist ein wirtschaftlicher Aufbau oder überhaupt ein in die Zukunft gerichtetes Handeln nicht möglich. Auch der Kneipenwirt kann erst ab dem Moment gewinnbringend wirtschaften, wo er ungefähr absehen kann, wie viele trinkende Menschen seine Schenke in der nächsten Woche an welchen Tagen frequentieren werden. Die hohe Kunst und zugleich der Mindestanspruch an jede Unternehmung ist es daher, dieses durch die Kundschaft entgegengebrachte Vertrauen immer wieder neu zu bestärken – auch noch 50 oder 100 oder 500 Jahre nach Gründung. Eine einmal festgelegte Aussage bezüglich der Leistung darf nie zur austauschbaren, inhaltsleeren Claim-Kommunikationsphrase verkommen; sie muss verstanden und gelebt werden.

Ob wissentlich oder unwissentlich: Wer soziale Systeme und Organisationen nicht konsequent ganzheitlich betrachtet und in deren Sinne vertrauensstärkend handelt, schadet ihnen im Zweifelsfalle massiv. Jede einmal aufgebaute Vertrauensstruktur muss sensibel geschützt und vertieft werden.

3.

Akute Ansteckungsgefahr: Kein Vertrauensmissbrauch ohne massive Nachwirkung

Masse zieht Masse an, heißt es in der Physik, ein sozialer Kreis zieht seine Kreise, sagt der Soziologe: Die Folgen öffentlich gewordenen unredlichen Umgangs mit dem kollektiven Vertrauen ziehen meist deutlich weitreichendere Sozialkosten nach sich – Kosten, die sämtliche juristisch verordneten Strafzahlungen für das verantwortliche Unternehmen nicht annähernd abbilden können. Der Skandalstrudel zieht eben nicht nur die direkt betroffene Organisation in den öffentlichen Abgrund, sondern trifft in der Regel die ganze jeweilige Branche und ihre Reputation bis ins Mark. Das öffentliche Vertrauen wird erschüttert und die langfristigen Folgen daraus sind weder in Wählerstimmen noch in Fans, Euro oder Renminbi oder irgendeiner anderen messbaren Größe hinreichend auszudrücken. Wer ist denn nicht davon überzeugt, dass, wenn bei einem großen Fleischkonzern skandalöse tierschutzrechtliche Zustände und/oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen aufgedeckt wurden, es bei anderen großen Produzenten ähnlich tierisch-menschliche »Schweinereien« gibt? Wer glaubt denn nicht, dass, wenn der jahrelangen deutschen Aushängeschild-Firma Wirecard umfänglich betrügerisches Verhalten nachgewiesen wurde, es bei anderen jungen hochgejubelten (Fin-)Tech-Firmen auch jede Menge Luftbuchungen gibt?

Nur weil es fast alle machen, wird es keinesfalls besser

Das an solcher Stelle oft gehörte Gegenargument, dass es doch heutzutage kein einziges Großunternehmen mehr gibt, welches vollkommen skandalfrei »arbeitet«, scheint in Bezug auf viele einstige Vorzeigekonzerne berechtigt. Vor einer gefühlten Ewigkeit soll der erste Kompaktwagen von Mercedes-Benz, die A-Klasse, bei einem Fahrtest im Norden Europas umgekippt sein. Der Elchtest machte 1997 weltweit Schlagzeilen: Der Nimbus der Mercedes-Sicherheit, der Mythos Mercedes, ist zerstört, so der mediale Tenor. Zu Recht: 20 Jahre später ist die Tatsache, dass Mercedes 135 000 A-Klassen, 7235 C-Klassen sowie prestigeträchtige AMG-Fahrzeuge wegen gravierender technischer Mängel zurückruft,12 eine von vielen minütlichen Kurzmeldungen auf dem n-tv-Nachrichtenbalken, über die niemand mehr spricht. Die Nachricht taugt zu keinem Aufreger mehr. Schon eine Million weltweiter Rückrufe im Oktober 2017 wegen spontan auslösender Airbags waren keine große Geschichte.13 Das ist für das einstige Vorbildunternehmen im Bereich der Sicherheitstechnik ein Trauerspiel. Es zeigt aber zugleich, dass es sich langfristig lohnt, zuerst in Vertrauen zu investieren statt in die Verwässerung der eigenen Leistung – zumindest wenn man keine Firma bzw. kein Autobauer wie jeder andere sein möchte und sich seine volle Wertschöpfungskraft erhalten will. Bei Vorständen, deren leistungsbezogene Verträge nur über zwei Jahre laufen, ist Langfristigkeit im unternehmensbezogenen Denken und Handeln allerdings unmöglich zu etablieren oder zu erwarten.

Das prominente Beispiel, aber vor allem die Tatsache, dass sich noch viele derartige finden lassen und es inzwischen für den besseren Überblick sogar täglich aktualisierte Rückruf-Webseiten gibt (siehe Kapitel 14, Die Nachfrage darf nie nachlassen), macht die Sache an sich auf keinen Fall besser oder sozial verdaulicher: Nur weil wir uns alle an einen gewissen medialen Grundumsatz von Skandalen gewöhnt haben und unsere persönliche Kraft daher manchmal nur noch zum verbalen Kurzaufreger im Rahmen der »heute-show« reicht, verfängt das Prinzip Vertrauen nicht weniger oder wird gar irrelevant. Im Gegenteil.

Die besonders in den ersten Monaten der Corona-Krise in der Öffentlichkeit konstant als verlässlich-sachorientiert wahrgenommene deutsche Kanzlerin oder ihr öffentlich ähnlich professionell agierender österreichischer Amtskollege Sebastian Kurz – aber auch ein x-beliebiger seit x Jahrzehnten unaufgeregt-qualitätsorientierter Mittelständler – erfahren genau deswegen einen umso stärkeren Vertrauenszuspruch und Zulauf (teilweise sogar von Gegnern und Konkurrenten), weil in der Wahrnehmung vieler Menschen aktuell wenig ebenbürtig-valide Gegenmodelle existieren. Für die Politik gilt: Gerade die Tatsache, dass es zunehmend mehr erratisch oder – vielleicht der neue Begriff dafür – »trumpistisch« auftretende Staatenlenker gibt, steigert bei vielen Menschen den Wunsch nach sortiert-verlässlichem »Merkelismus«. Funktioniert umgekehrt allerdings ähnlich, wenn etablierte Strukturen Widerstand hervorrufen … (siehe US-Wahl 2016; vier Jahre später reichte es dann aber für den Erfinder des Trumpismus nicht mehr).

Andersherum gedacht wird ein handgenähter Schuh daraus: Eventuell war es noch nie so einfach, zu einem Leuchtturm des öffentlichen Vertrauens zu werden. Erfahrungsgemäß erfordert dies aber gerade in großen Organisationen besonders viel Handarbeit im Detail, weil gerade hier mit Nachdruck gelebte interne Sorgfalt von der obersten Leitungsebene erforderlich ist, um eine Verantwortungs- und Vertrauenskultur quer über alle Ebenen hinweg zu verankern, deren Leuchtkraft durch die Marke bis hin zu den Kunden strahlt. Grob, aber richtig gesagt: Wenn der CEO oder das Topmanagement es nicht als selbstverständlich ansieht, ein auf dem Fußboden liegendes Kaugummipapier sowohl in der Firmenkantine als auch im Flagship-Store höchstpersönlich aufzuheben, dann ist dieses Verantwortungsbewusstsein intern nicht ausreichend etabliert. Aber was genau soll es mit Markenbewusstsein zu tun haben, wenn Mitarbeiter aller Hierarchieebenen sich für die Sauberkeit der Firmenfußböden persönlich verantwortlich fühlen? Sehr viel. Es sind erfahrungsgemäß oft Firmen mit einer internen Sorgfaltskultur, einem übergreifend fürsorglichen Denken im Sinne der Organisation (bis ins Detail), die auch im Außen so wahrgenommen werden, nämlich als eine Einheit, der man Vertrauen schenken kann, oder knapp formuliert: Anstand erzeugt Anstand. Manchen Unternehmen wurde nicht nur kaufmännischer, sondern auch sozialer Anstand bereits von dem Unternehmensgründer in die Wiege gelegt. Dort existiert oftmals noch eine generationsübergreifende Fürsorge und Sensibilität und somit eine Vertrauenskultur – intern wie extern.

»Ich würde lieber Geld verlieren als Vertrauen.«

Robert Bosch, deutscher Industrieller, 1861–1942

Verlierer jedes Vertrauensmissbrauchs: wir alle

Der Einsatz dieser brutalen Art von sozialer Abrissbirne ist langfristig extrem teuer, kurzfristig meist nur sehr teuer. Ganz am Ende zahlen eigentlich immer alle drauf, in vielerlei Hinsicht. Und wir tun dies eben nicht nur als privater Steuerzahler oder dampfender Wutbürger. Denn bei hoher gesellschaftlicher Relevanz des Vorfalls und entsprechender Skandalgröße verhagelt die Bilanz auch im globalen Maßstab: Gerade bei exportorientierten europäischen Ländern, wo das »Made in XYZ« ein lang erlernter, daher oft global funktionierender Kompetenzindikator – und somit Ursache für Vertrauen – ist, wirkt jeder medienprächtige Skandal einer berühmten Einzelmarke stets negativ auf die gesamte Volkswirtschaft dahinter: Wenn der VW-Konzern seine Kunden weltweit betrügt, schadet dieser Vorgang auch allen normalen deutschen Mittelständlern, jedem Hidden Champion auf der Schwäbischen Alb (oder anderswo versteckt) – soliden Firmen, die ehrlich und fokussiert ihre Filtersysteme, Küchen oder Klimaanlagen bauen, die sie oft ebenfalls weltweit exportieren. Dabei würden die meisten niemals auf die krude Idee kommen, sich ein Produkt auszudenken, das gar nicht das leisten kann, was es in der Öffentlichkeit laut verspricht, und – damit dies wirklich unbemerkt geschieht – im Hintergrund noch zusätzlich mit professionellem IT-Gehirnschmalz eine eigene Software