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Alfons Maria Wachsmann (25.01.1896 Berlin - 21.02.1944 Brandenburg-Görden) war seit 1929 Pfarrer in der katholischen St.-Joseph-Kirche in Greifswald. Am 23.06.1943 wurde er in Zinnowitz von der Gestapo verhaftet, am 04.12.1943 durch den Volksgerichtshof wegen "Wehrkraftzersetzung und Verstoß gegen das Rundfunkgesetz" zum Tode verurteilt und am 21.02.1944 in Brandenburg-Görden hingerichtet. Die Herausgabe seiner Fastenpredigten erfolgt 2021 anlässlich seines 125. Geburtstages und des 100. Jahrestages seiner Priesterweihe am 19.06.1921 in Breslau.
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Seitenzahl: 115
Veröffentlichungsjahr: 2021
„In unserem Jahrhundert sind die Märtyrer zurückgekehrt, häufig unbekannte, gleichsam 'unbekannte Soldaten' der großen Sache Gottes. Soweit als möglich dürfen ihre Zeugnisse in der Kirche nicht verloren gehen. Wie beim Konsistorium empfohlen wurde, muss von den Ortskirchen alles unternommen werden, um durch das Anlegen der notwendigen Dokumentation nicht die Erinnerung zu verlieren an diejenigen, die das Martyrium erlitten haben.“
Papst Johannes Paul II.
In "Tertio millennio adveniente" 10. November 1994
Der Karneval ist vorüber
Neugeburt des Menschen aus Gott!
Zum christlichen Glaubensakt.
Um das Wesen der Sünde.
Heimkehr in Reue und Buße.
Opfern mit Christus.
Rang und Struktur des Gebets.
Unter dem Kreuz.
Gebet um die Seligsprechung
Lebenslauf
Kriegsfreiwilliger 1914
Auszug aus seiner Predigt zu Allerseelen
Doktorbrief 01.03.1935
Fronleichnamsprozession 1939
Beerdigung der Mutter Valeska 1941
Brief vom 11.02.1944 an Maria Wachsmann
Verfügung und Vollstreckung der Hinrichtung 21.02.1944
Auszug aus Brief Nr. 123 Pius XII. an Bischof Preysing 21.03.1944
Pontifikalrequiem am 31.05.1951 in Greifswald
Stätten der Erinnerung
Veröffentlichungen von Pfarrer Dr. A. M. Wachsmann
Morgenfeier - Berliner Rundfunk auf Wellenlänge 483,9
Veröffentlichungen über Pfarrer Dr. A. M. Wachsmann
Diözesanarchiv Berlin - DAB V/86– …
Pfarrer Dr. A. M. Wachsmann Archiv (Greifswald)
Der Karneval ist vorüber; all der Mummenschanz übermütiger Fastnachtstage ist verweht; weltliche Lust hat Ihren Höhe- und Siedepunkt überschritten. Die Tanzsäle habt Ihr verlassen und zum Gotteshaus seid ihr geeilt. Priesterhand hat das Aschenkreuz auf die sterbliche todgeküßte Stirn gezeichnet; Worte vom Sterbenmüssen haben die Seele zurückgerufen von ewiger Sinnenlust des Lebens. Gestern noch schrill gellende Töne der Lust und heute ernstes Lied vom Gotteshaupt dornumwunden; gestern hellfarbenes Kleid für lachenden Tanz, heute das ernste Kleid, das der Fastenzeit ziemt; gestern Singen und Johlen jauchzender Leiber, heute De profundis-Rufe aus tief einsam gewordenen Seelen. Ja, stille ist es geworden um uns. Und das ist gut so: denn nun soll es stille werden in uns. Stille, ganz stille muß es werden im Herzen; tiefe heimliche Stille muß sein in den Gründen unserer Seele. Vergessen wollen wir den Lärm des Alltags, weit von uns weisen die Sorgen des Lebens; ein Gedanke nur und eine Sorge, eine einzige Liebe und eine einzige Leidenschaft darf uns folgen in die Stille der Fastenzeit. Dieser einzige Gedanke: der Gedanke an meine Seele;
die einzige Sorge: die Sorge um die Ewigkeit;
eine einzige starke Sehnsucht: die Sehnsucht nach dem Himmel;
eine einzige große Leidenschaft: die Leidenschaft für Gott.
Stille, ganz stille muß es sein, muß es werden; denn Ewigkeit will zu uns reden, und Ewigkeit spricht eine leise doch vernehmbare Sprache. Fastenzeit soll Dir das große Besinnen bringen: Du sollst Dir einmal Zeit nehmen für Dich selbst; denn sonst hast Du doch keine Zeit vor lauter Arbeit und Geschäft, vor lauter Politik und Interessenvertretung. Zeit sollst Du Dir einmal nehmen, daß Du Dich auf Dich selbst besinnst. Ganz klar soll es Dir einmal werden, wie es um Dich steht. Du sollst wieder wissen, wer Du bist: Mensch bist Du! Und Mensch sein, das heißt für Gott sein. Bist Du von Gott, so mußt Du ein Königsdiadem an deiner Stirn tragen, leuchtend von göttlichem Schimmer: den Kronenreif heiliger Kindschaft; heiligmachende Gnade hast Du es genannt vor vielen Jahren, als Du den Katechismus noch studiertest. Trägst Du sie noch, die Reichsinsignien Gottes oder ist ihr Glanz schon erloschen? Bist Du für Gott, dann mußt Du auf dem Weg stehen, der hinführt zu Gott, dem Heimweh Deines blutenden Herzens. Und dieser Weg geht durch die Nacht von Golgatha. Wächter, wie weit ist es in der Nacht? Beginnt's nicht bald zu tagen! In der Welt draußen spricht man so viel von Neuorientierung aus den Wirrnissen politischer und kultureller Irrungen. Fastenzeit, Zeit der Neuorientierung aus den Irrnissen des Seelenlebens. Krisen des Staatslebens haben wir viel erlebt. Krisis des Seelenlebens soll die Fastenzeit uns bringen, auf daß Gesundung eintrete. Sturz des Ministerpräsidenten oder Kanzlers ist oft Ziel wütender Parteien. Wer ist in Deinem Herzen Präsident? Christus oder Belial? Von der Reform der Steuern, von der Sanierung des Staatshaushaltes erhofft man wirtschaftlichen Aufstieg, völkische Gesundung. Wie steht es um den Haushalt Deiner Seele? Die Bilanz sollst Du ziehen und prüfen, ob Dein Schuldkonto an Sünde und das Manko an Gutem aufgewogen wird durch ein Plus an Liebe, getilgt und gelöscht wird durch Reue und Buße.
Von der Außenwelt sollst Du in diesen stillen Wochen hinabsteigen in den wichtigen Bezirk Deiner Seele. Dich selbst und was Du bist in Deiner Seele, sollst Du kennen lernen. Vor allem sollst Du prüfen, wie es steht mit Deinem Leben vor Gott! Ist Dein religiöses Leben tief und echt, und bringt es Dir reine Freude? Oder ist das religiöse Leben nur eine schlimme Qual? Ist Sonntagsmeßbuch eine drückende Last, ist Dein Streben vergiftet von der Angst vor dem Beichtstuhl? Erschöpft sich Deine Frömmigkeit in einer kleinen Zahl unandächtiger Gebete, religiös dekorierter Äußerlichkeiten? So lass Dir einmal all den eitlen Plunder herunterreißen und öffne einmal Dein Auge für das eine, was nottut in der Seele. Wenn wir in die Tiefen der Seele steigen, wollen wir gewiß unser Auge nicht schließen vor der Verwüstung an hl. Stätte, vor der Öde und Leere, die uns entgegengähnt. Das alles wollen wir ehrlich sehen; aber unser Haupt-Augenmerk wollen wir lenken auf die Seele, wie sie ist, wenn Gott in ihr wohnt. Ein verödetes Haus regt im Besucher kaum den Wunsch an, selbst ein Haus zu haben. Der Blick in ein schönes Haus mit wertvollem Hausrat weckt Heimgefühl und Sehnsucht nach Besitz. So lade ich Euch herzlich ein zur Wanderung in die Menschenseele, wie sie ist, wenn Christi Erlösungsblut über sie ausgegossen ist. Denn das ist ja der Grund für Christi Erlöserleiden, das ist ja der Zweck seiner großen Passion, daß der Mensch heimkehre aus der Verwüstung in die Ordnung, aus der Gottferne in die Nähe, aus dem Dunkel der Schuld in den Glanz der Verklärung.
So sollen unsere Fastenbetrachtungen gehalten werden über das Gnadenleben der Christen. Wir wollen sehen, wie es geboren wird aus dem Taufbrunnen, wie es gelebt wird und sich auswirkt im lebendigen Glauben, wie es gefährdet ist durch die Sünde, wie es neu aufbricht aus der Verschüttung im Heimkehrsakrament der Buße, wie es genährt wird an der Tafel der Liebe, wie es täglich neu belebt wird aus dem Zwiegespräch der Seele mit Gott, wie es besiegelt ist im Zeichen des Kreuzes.
So lasst uns heute beginnen in heiliger Nüchternheit ohne Rausch der Begeisterung mit der
Wir Menschen leben ein zweifaches Leben. Als Mensch sind wir gezeugt aus Manneswollen und Frauenliebe. Dieses Menschsein haben wir nicht aus uns; der Vater hat es durch die Mutter uns gegeben. Wir leben dieses Leben mit der Selbstverständlichkeit, die der natürlichen Ordnung eigen ist. Atem und Herzschlag, Lachen und Weinen, Freude und Schmerz, Nahrung und Schlaf, langsames Aufblühen und ständiges Welken, Geburt unter Schmerzen, Sterben in Angst und Sorge, das sind die Etappen dieses rein natürlichen Lebens, das allen gegeben ist, die Menschenantlitz tragen, gleich aus welcher Rasse und Nation, gleich in welcher Sprache und Zone. Über dieses Leben, das nur natürliche Leben, sagt der hl. Paulus: Was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch!
Was aus dem Geist geboren ist, ist Geist, fährt der hl. Paulus fort und bezeugt das andere Leben, das zweite Leben, das nicht aus dem klaren Quell elterlicher Liebe gezeugt ist. Von diesem neuen Leben geht die Rede zwischen Jesus und Nikodemus in der Einsamkeit einer Sternennacht. Sagt Jesus: Wahrlich, wahrlich, ich sage Dir, wenn jemand nicht neu geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen. Antwortet Nikodemus: Wie kann ein Mensch neu geboren werden, wenn er schon alt ist? Kann er etwa in den Mutterschoß zurückkehren? Darauf der göttliche Heiland: Wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus Wasser und heiligem Geist, so kann er in das Reich Gottes nicht eingehen. Hier spricht Christus klar und eindeutig, daß es eine wirkliche Geburt ist, und zweitens nennt er die Organe dieser heiligen Zeugung: Wasser und heiliger Geist. Wie aus der elterlichen Vereinigung etwas ganz Neues hervorgeht, dieser neue Mensch so wird das Menschenkind aus dem zeugenden Quell des geistesgesättigten Taufwassers wesentlich neu; es wird so, wie es vorher in keinem Betracht war. Bis zur Taufe ist im Kinde nur das natürliche Leben eines Menschen; von der Taufe an ist das ganz wirkliche Leben Gottes eingesenkt in die Seele. Das natürliche Leben wird nicht ausgelöscht; es bleibt voll und ganz bestehen. In dies natürliche Leben wird organisch eingesenkt das Leben, das aus Gott geboren ist. Das Recht, daß wir zu unsern Eltern Vater und Mutter sagen dürfen, gründet sich auf den Quell des Blutes, aus dem wir geboren sind. Die Neugeburt durch den hl. Geist geschieht aus dem Blute Jesu Christi. Aus ihm wird uns Menschen die neue Wesenheit geschenkt; wir werden Gotteskind, sodaß wir mit Recht zu Gott sagen dürfen: Vater! Ja, wir werden in der Taufe Söhne Gottes, weil wir zu Brüdern Christi erhoben sind. Christus hat von uns die Menschennatur genommen, hat sie ganz innig verbunden mit seiner göttlichen Natur, sodaß nur vom Gottmenschen Jesus Christus gesprochen werden kann. In seiner Menschwerdung, seiner Leibannahme ist Christus unser höchster, ja göttlicher Menschenbruder geworden. In derselben Tat, durch die er dich erniedrigte, hat er uns erhöht, weit über uns selbst hinaus, indem er uns zu Söhnen Gottes schuf. Christus selbst ist von Natur durch göttliche Zeugung aus dem Vater Sohn Gottes: das begründet das vertraute Du zwischen Gottvater und seinem wesensgleichen Sohn: denn sie sind wesensgleich und ebenbürtig. Der Vater ist Gott, der Sohn ist Gott. Wir Menschen werden erst in der Taufe angenommen an Kindesstatt. Wir werden Adoptivkinder göttlicher Liebe. Aus Gnade und Erbarmen hat der Vater uns verarmte und verelendete Bettelkinder dieser Welt zu Söhnen angenommen durch die Erlösungstat seines Sohnes. Wir sind durch die Taufe aus Gott geboren. Wir sind teilhaft geworden am göttlichen Leben, wie es sichtbar geworden ist in der wesentlichen Heiligkeit Christi. Weil wir Söhne sind, sind wir auch Erben. Als Erben haben wir Hoffnung und Anspruch auf das Erbe unseres großen Bruders Jesus Christus, auf den Besitz und auf die Schau Gottes, auf die Wirklichkeit des Himmels. Von der Heiligkeit und Gottverbundenheit, die im Menschen Christus war, wird uns in der Taufe mitgeteilt. Das Kind, das eben getauft worden ist, ist ganz heilig. Von ihm gilt, daß der Vater Wohlgefallen an ihm hat. Stirbt ein Kind in der Tauf-Heiligkeit, gelangt es ohne Läuterung zu Gott. So wird deutlich, daß diese religiöse Heiligkeit, die als Erlösungsfrucht Christi verdienstlos nur empfangen werden kann, uns den Himmel öffnet. Diese religiöse Heiligkeit heißt in der Sprache des Katechismus heiligmachende Gnade. Sie kann durch keine menschliche Kraftleistung erreicht werden. Sie ist ein Geschenk, das ganz aus der Güte und Freiheit Gottes kommt. Im Besitz dieser Heiligkeit Christi kann ein Kind, das noch keinen einzigen Akt sittlicher Heiligkeit hat setzen können, ins ewige Leben eingehen.
Ohne diese religiöse Heiligkeit ist es unmöglich, Gott zu gefallen, zu Gott zu gelangen. Nur wer das hochzeitliche Kleid trägt, nur wer neu geboren ist aus Gott, ist zugelassen zum Bankett des ewigen Lebens. Die sittliche Heiligkeit wird verwirklicht im Kampf gegen die Sünde, in der Setzung der Tugend. Sie hat zum Ziel: die Bewahrung und Bewährung der Tauf-Heiligkeit, durch die wir gleichförmig sind dem Bilde seines Sohnes. Aus der Tauf-Heiligkeit fließen die Kraftströme in der sittlichen Ordnung als Söhne Gottes als Brüder Christi zu leben und zu handeln. Nicht dem ungetauften Edelmenschen will Gott sich zu ewigem Besitz schenken, sondern demjenigen, der in der Taufe ähnlich geworden ist dem Bilde seines Sohnes, der in sittlicher Bewährung hineingewachsen ist in das Vollalter Christi.
In frühchristlicher Zeit wurde die Erwachsenentaufe gespendet durch Untertauchen. Was dieses Untertauchen bedeutet, sagt der hl. Paulus: Im Untertauchen werden wir begraben mit Christus. Der alte Mensch der Sünde stirbt, wird abgelegt. Im Auftauchen aus dem Taufbade sieht der hl. Paulus ein Aufstehen mit Christus, das Anziehen des neuen Menschen, der geboren ist in Heiligkeit und in Gerechtigkeit. Nur wer mit Christus gestorben ist, kann mit Christus auferstehen. Der Vollzug der Taufe ist ein sakramentales Symbol. Diesem ist es eigen, zu bewirken, was es sinnbildet. So sind wir in der Taufe ganz wirklich, seins mäßig hineingezogen in das Sterben und Auferstehen Christi. In der Taufe kommt das Sterben, Auferstehen und Verklärt werden Christi über uns.
Wie lebendig und wirklich die Taufe uns mit Christus eint, umschreibt der hl. Paulus. Durch die Taufe werden wir Glieder an jenem wundersamen Leib, zu dem Christus das Haupt ist. Vom Haupt kommen die Gedanken und Impulse, denen die Glieder gehorchen. Vom Haupte her wird der ganze Leib — alle Getauften — lebendig gehalten. Der Leib lebt aus dem Leben und aus der Heiligkeit Christi. Wenn ein Glied sich abschließt gegen den Lebensstrom des Hauptes, dann ist es tot. Es bleibt solange tot, solange die Abschnürung in vollbewußter Sünde anhält. Stirbt ein Glied in dieser Trennung vom Haupte so lautet der Spruch des ewigen Richters: ich kenne Dich nicht. Ist ein Glied durchpulst vom Leben Christi, so trägt alles Gute und Edle das Siegel des göttlichen Lebens; es erhält Rang und Wert aus der Heiligkeit Christi.