Von der Gemütsruhe - Seneca - E-Book

Von der Gemütsruhe E-Book

Seneca

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Beschreibung

"Von der Gemütsruhe" ist einer der bekanntesten Texte Senecas, der auch heute noch aktuell ist. Mehr denn je werden Menschen von der Frage getrieben, wie man zufrieden und ausgeglichen wird. Seneca kann Antworten darauf geben - auch heute noch, selbst wenn Jahrhunderte zwischen der Niederschrift und dem Jetzt stehen. Seneca ist insofern einer der zeitlosen, zum Nachdenken anregenden Autoren, den zu lesen, es sich jederzeit lohnt. 100% Sachbuchklassiker: vollständig, kommentiert, relevant, zitierbar. Mit einem einleitenden Essay zu Werk und Kontext.

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Seitenzahl: 71

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Seneca

Von der Gemütsruhe

Mit einem einleitenden Essay

Impressum

ISBN 978-3-86408-023-4 (epub) // 978-3-86408-024-1 (pdf)

Digitalisat basiert auf der Ausgabe von 1925 aus der Bibliothek des Vergangenheitsverlags; bibliografische Angaben:

Seneca, Philosophische Schriften, nach der Übersetzung von J.M. Moser, erster Band, Berlin 1925, S. 216-249.

Digitalisierung: Vergangenheitsverlag. Bearbeitung: Wolf-Rüdiger Knoll

Die Marke „100% - vollständig, kommentiert, relevant, zitierbar“ steht für den hohen Anspruch, mehrfach kontrollierte Digitalisate klassischer Literatur anzubieten, die – anders als auf den Gegenleseportalen unterschiedlicher Digitalisierungsprojekte – exakt der Vorlage entsprechen. Antrieb für unser Digitalisierungsprojekt war die Erfahrung, dass die im Internet verfügbaren Klassiker meist unvollständig und sehr fehlerhaft sind. Die in eckigen Klammern gesetzten Zahlen markieren die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe; durch die Paginierung ist auch die digitale Version über die Referenz zur gedruckten Ausgabe zitierbar.

© Vergangenheitsverlag, 2011 – www.vergangenheitsverlag.de

eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net

Inhalt

Einleitung

Von der Gemütsruhe

Einleitung

Etwas mit „stoischer Ruhe“ zu erledigen, bedeutet, sich bei Handlungen durch nichts aus der Ruhe bringen zu lassen; Gefühlszuständen bei der Bewältigung von Aufgaben keinen Raum einzugestehen. Der Ursprung dieser Wortwendung geht auf die Lehren der Stoa zurück, einer über 2.000 Jahre alten Philosophie aus dem antiken Griechenland. Nach der stoischen Philosophie führt der Mensch ein glückliches Leben, hält er sich an die Prinzipien der Selbstbeherrschung und Selbstgenügsamkeit. Materielle Güter, so die Stoiker, sind für das Glück des Menschen bedeutungslos. Ein Vertreter dieser Ansichten war Lucius Annaeus Seneca (4-65 n. Chr.), ein römischer Universalgelehrter, politischer Berater Neros, Anwalt und eben stoischer Philosoph. Im Vergleich zu früheren Stoikern setzte er sich in seinen philosophischen Werken intensiv mit ethischen Fragestellungen auseinander und verfasste mit der Schrift „De tranquillitate animi“ („Von der Gemütsruhe“) eine anwendungsbezogene Abhandlung über den Weg zur inneren Gelassenheit und seelischen Ausgeglichenheit.

Lucius Annaeus Seneca wurde 4 v. Chr. im spanischen Córdoba als Sohn eines Römers geboren. Seine Jugend verbrachte Seneca in Rom, wo er eine privilegierte Ausbildung genoss und so bereits während seiner Jugend die Grundsätze der stoischen Philosophie erlernte. Da Senecas Gesundheitszustand in jenen Jahren von körperlichen Gebrechen gezeichnet war, zog es den begnadeten Redner nach seiner Ausbildung an den Nil nach Ägypten. Er kurierte seine Atembeschwerden und studierte zeitgleich die Philosophie der Pythagoreer. Zentraler Bestandteil der pythagoreischen Philosophie ist die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele, der Seelenwanderung. Zweifel oder gar Furcht vor dem Tod waren Seneca fortan fremd. Nach seiner Rückkehr ins Römische Reich strebte Seneca eine politische Karriere an. Er stieg in den Rang eines Quästors auf und machte sich zusätzlich als Anwalt und Schriftsteller einen Namen. Unter Kaiser Claudius (41-54 n. Chr.) fiel Seneca aufgrund machtpolitischer Intrigen in Ungnade und wurde für acht Jahre auf die Insel Korsika verbannt. Dort widmete er sich intensiven philosophischen Studien und verfasste als Trauerbewältigung Trostschriften, von denen heute lediglich zwei erhalten sind. Aus dieser Zeit stammt auch die vorliegende Schrift „Von der Gemütsruhe“.

49 n. Chr. kehrte Seneca auf Geheiß Agrippinas, der neuen Frau Kaiser Claudius‘, nach Rom zurück und übernahm die Erziehung und Ausbildung des noch jungen Thronfolgers Nero. Fortan musste Seneca keine materielle Not mehr leiden, lebte aus stoischer Überzeugung jedoch weiter ein asketisches Leben. Nachdem die ersten Regierungsjahre des neuen Kaisers Nero (54-68 n. Chr.) noch von Senecas Morallehre geprägt waren, entwickelte Nero in den Folgejahren eine Machtbesessenheit, die psychopathische Züge trug. Nach dem Mord an seiner eigenen Mutter Agrippina wandte sich Nero auch gegen seinen einstigen Mentor Seneca. Unter dem Vorwurf an einer Verschwörung gegen den Kaiser beteiligt gewesen zu sein, befahl Nero 65 n. Chr. dem bereits aus dem politischen Leben ausgeschiedenen Seneca die Selbsttötung. Dieser Aufforderung kam der römische Philosoph ohne großes Zögern nach. Als Stoiker und Anhänger der Seelenwanderung war Seneca mental auf den Tod vorbereitet und sah diesem ohne Furcht entgegen.

In „Von der Gemütsruhe“, ein Text, der um 53/54 n. Chr. entstand, berichtet Serenus in einem Brief von seiner seelischen Hin- und Hergerissenheit. Die zentralen Fragen darin sind: Soll er sich trotz seines materiellen Wohlergehens einem schlichteren Leben zuwenden, oder dem Drang nachgeben, eine politische Karriere zu verfolgen. Serenus wendet sich mit der Bitte an Seneca, sich seiner anzunehmen und ihn von seinen Lebenszweifeln abzubringen. Gar den Namen seiner Krankheit soll Seneca ihm nennen. Dieser antwortet Serenus, dass innere Ruhe und ein ausgeglichenes Leben nur durch stoische Apathie – eine innere Einstellung geprägt durch Selbstgenügsamkeit und Bedürfnislosigkeit – erreicht werden kann. Anhand exemplarischer Ausführungen zeigt Seneca seinem Freund den Weg zum Seelenfrieden. Die individuelle Gemütsruhe, so Seneca, steht schließlich nicht in Abhängigkeit zu externen Gegebenheiten, sondern ergibt sich durch die eigene innere Geisteshaltung.

„Von der Gemütsruhe“ ist einer der bekanntesten Texte Senecas, der auch heute noch aktuell ist. Mehr denn je werden Menschen von der Frage getrieben, wie man zufrieden und ausgeglichen wird. Seneca kann Antworten darauf geben – auch heute noch, selbst wenn Jahrhunderte zwischen der Niederschrift und dem Jetzt stehen. Seneca ist insofern einer der zeitlosen, zum Nachdenken anregenden Autoren, den zu lesen, es sich jederzeit lohnt, selbst wenn manche Formulierungen dieser Übersetzung aus dem Lateinischen nicht immer sofort zugänglich sind.

Von der Gemütsruhe

(Brief des Serenus an Seneca)

1. Bei einem Blick in mein Inneres, mein Seneca, gewahrte ich einige Gebrechen, offen daliegend, handgreiflich; andere unmerklicher und versteckter; wieder andere nicht anhaltend, mit Unterbrechungen wiederkehrend, und die möchte ich die beschwerlichsten nennen, streifenden Feinden ähnlich, die nur gelegentlich anlaufen, so dass man weder gerüstet bleiben kann als im Kriege, noch sorglos als im Frieden. Und gerade diesen Zustand – warum soll ich dir denn nicht als meinem Arzte die Wahrheit gestehen? – finde ich eigentlich an mir, ich bin von dem, was ich fürchtete und hasste, nicht so frei, dass ich mich darauf verlassen könnte, und auf der anderen Seite ihm doch nicht unterworfen. Ich befinde mich in Umständen, die zwar nicht die Schlimmsten sind, aber doch höchst verdrießlich und widerwärtig: Ich bin nicht krank und nicht gesund. Entgegne mir nicht, dass bei allem Vortrefflichen der Anfang unvollkommen sei, und dass es erst mit der Zeit Dauer und Kraft gewinne. Ich weiß wohl, dass auch das, was sich zum Glanz erheben will, wie Ehrenämter und rednerischer Ruhm und alles, wobei es auf das Urteil anderer ankommt, erst mit der Zeit erstarkt; und es mag nun bei etwas auf wirklichen Gehalt abgesehen sein, oder es mag irgendeine Schminke erborgen, um sich gefällig zu machen: So gehören Jahre dazu, bis es durch die Länge der Zeit nach und nach eine Farbe gewinnt. Allein ich befürchte, durch die Gewohnheit, die alles dauerhafter macht, möchte auch jener fehlerhafte Zustand in mir tiefere Wurzeln schlagen. Ein langer Umgang macht uns am Ende das Böse wie das Gute lieb. – Die eigentliche Beschaffenheit dieser Unstetigkeit eines auf zwei Seiten hinschwankenden Gemütes, das sich weder zum Rechten noch zum Verkehrten mit Kraft hinneigt, kann ich dir nicht sowohl auf einmal als vielmehr nur aus einzelnen Erscheinungen dartun. Ich will die Symptome angeben; einen Namen für die Krankheit magst du auffinden. –

Mir ist, ich gestehe es, eine ungemein große Liebe zur Sparsamkeit eigen; ich mag nicht ein Lager, das zum Prunk eingerichtet ist, nicht ein Kleid, das man aus dem Kasten holt, nicht eines, das mit tausend Gewichten oder Pressmaschinen beschwert wird, die es glänzend machen sollen, sondern ein Alltagskleid, nicht kostspielig, das ich nicht mit Angst aufzubewahren und zu nehmen brauche. Ich mag ein Mahl, wobei keine Dienerschaft zum Zubereiten und zum Aufwarten nötig ist, das nicht viele Tage vorherbestellt und von den Händen vieler Aufwärter besorgt wird, sondern wohlfeil, einfach, ohne kostbare Bestellungen, das man überall haben kann, weder der Kasse noch dem Körper beschwerlich, und dass es nicht wieder hinausgeht, wo es hineinging.

Zum Diener mag ich einen einfachen Sklaven haben ohne Schmuck und ohne Kunst; massives Silber, wie es mein Vater hatte auf dem Lande, ohne weitere Kunst und ohne Namengepräge des Künstlers; einen Tisch, nicht mit mannigfaltiger Maser gezeichnet und nicht durch öfteren Wechsel seiner prachtliebenden Besitzer in der Stadt bekannt, sondern zum Gebrauche hingestellt, ohne eines Gastes Blicke mit Wohlgefallen an sich zu fesseln oder mit Neid zu entzünden. –

So lieb mir nun das alles ist, so neckt mich doch ein Hofstaat von Pagen1, eine Dienerschaft, herrlicher als bei feierlichen Umzügen gekleidet und mit Gold geschmückt und eine Schar prunkender Sklaven; dann ein Haus, auch wo man hintritt voll Pracht, wo in jeder Ecke umher Reichtum ausgestreut ist und selbst die Dächer schimmern, und eine Volksschar, die das schwindende Erbgut überall umlagert und begleitet. Dann die bis auf den Grund kristallhellen Wasser2