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Eine gelingende Paarbeziehung ist das beste Fundament für das Familienleben und für ein glückliches Aufwachsen der Kinder. Wie schafft man es als Paar, für die Beziehung zu sorgen, wenn die Kinder und oft der Job so viel Zeit und Aufmerksamkeit einfordern? Als Hebamme kennt Anja Gaca die Herausforderungen für junge Eltern aus nächster Nähe. Zusammen mit ihrem Mann, auf der systemischen Familienberatung aufbauend und mit Elementen aus der gewaltfreien Kommunikation gibt sie wertvolle und praxisnahe Tipps, wie Paare die ersten Familienjahre gut überstehen - auch wenn die Zeit für Zweisamkeit rar ist.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 205
Veröffentlichungsjahr: 2017
Die Autoren
Anja Constance Gaca, geboren 1975, ist Hebamme und Still- und Laktationsberaterin (IBCLC). Sie hält Vorträge, gibt Weiterbildungen für Fachpersonal und schreibt Artikel für Fachzeitschriften. Im Kösel-Verlag sind von ihr und Loretta Stern die Bücher Das Wochenbett, Das breifrei-Kochbuch und Breifrei! Das Veggie-Kochbuch erschienen.
Christian Gaca, geboren 1975, hat Wirtschaftskommunikation studiert, ist gelernter Journalist und Redakteur im Kulturbereich. Gemeinsam schreiben sie ihren erfolgreichen Blog vonguteneltern.de. Sie haben vier Kinder und leben in Berlin.
Eine gelingende Paarbeziehung ist das beste Fundament für ein glückliches Familienleben. Doch wie schafft man es als Paar nur, für die Beziehung zu sorgen, wenn die Kinder und der Job so viel Zeit und Aufmerksamkeit einfordern?
Als Eltern von vier Kindern kennen die beiden Autoren alle Höhen und Tiefen, die ein Kind für die Paarbeziehung mit sich bringt. Mit dieser Erfahrung und dem fundierten Hebammenwissen vonAnja Constance Gaca zeigen sie offen, ehrlich und herzlich, wie junge Eltern gut durch die turbulente Kinderzeit kommen. Ihre praxiserprobten Tipps helfen dabei:
sich in Ruhe auszutauschen,gemeinsam Abmachungen zu treffen oder gute Entscheidungen zu fällen,für kleine Auszeiten zwischendurch zu sorgen,den Alltag stressfreier zu gestalten … und bei all dem Kinderchaos den Humor nicht zu verlieren.Von den Autoren des erfolgreichen Familienblogs vonguteneltern.de
Anja Constance GacaChristian Gaca
Von guten Eltern … und glücklichen Paaren
Die Kinderjahre entspannt gemeinsam bewältigen
Kösel
Inhalt
Einleitung
Kapitel 1: Die Beziehung der Eltern ist das Fundament
Augen auf bei der Partnerwahl
Warten aufs Wunschkind
Überrascht von der Schwangerschaft
Phase der Anpassung
Folgeschwangerschaft nach frühen Verlusten
Von Wohlbefinden und Anstrengungen
Beschwerliche Tagesordnung
Von Erwartungen und Enttäuschungen
Was für eine Mutter und was für ein Vater möchte ich sein?
Welche Rolle spielt unsere Beziehung für unser Kind?
Kapitel 2: Eintritt in ein neues Leben
(K)eine leichte Geburt
Neuland betreten
Zwischen Babyblues und Wochenbettdepression
Wochenbett und Babyflitterwochen
Kapitel 3: Worüber wir reden müssen
Kommunikation
Wer hat an der Uhr gedreht? Zeitmanagement und Absprachen
Wer macht mehr? Warum 50/50 nicht funktioniert
Über Geld muss man reden
Liebe und Sexualität
Von getrennten Betten und dem Familienbett als Erotikkiller
»Ihr müsst endlich mal was für euch machen!«
Selbstfürsorge – Zeit für mich
Das ganze Haus ein Kinderspielplatz?
Wir sind ein Team
Gemeinsam Eltern bleiben trotz Trennung
Kapitel 4: Kindererziehung gemeinsam meistern
Eine gemeinsame Erziehungsidee entwickeln
Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen
Aus dem Gröbsten raus
Und jetzt noch ein Kind?
Die Ankunft des zweiten Kindes
Das Wochenbett als Mehrkindfamilie
Ausblick in die Zukunft als Eltern
Anhang
Einleitung
Als Eltern von mittlerweile vier Kindern kennen wir die Höhen und Tiefen, die jedes Kind für die Paarbeziehung mit sich bringt. Auch im beruflichen Alltag ist Anja als Hebamme jeden Tag mit diesem Thema konfrontiert, wenn sie Paare auf die Elternschaft vorbereitet und sie auf dem Weg in ihr Elternleben begleitet. Seit 2013 schreiben wir gemeinsam auf www.vonguteneltern.de über Familien- und Hebammenthemen – viel aus Mutter- und Hebammensicht, aber immer wieder auch von der Warte des Vaters aus.
Viele Eltern beschäftigen sich heute ausführlich damit, was ihre Kinder brauchen und wie sie sie am besten bei einem glücklichen und geborgenen Aufwachsen begleiten können. Nicht selten werden dabei die eigenen Bedürfnisse und die des Liebespaares vernachlässigt oder sogar vergessen. Dabei ist eine gelingende Elternbeziehung das beste Fundament für ein Kind.
Dieses Buch zeigt die Veränderungen und Hürden auf, die Paare erleben können, wenn sie ein Kind bekommen. Wir beleuchten Hintergründe und geben alltagstaugliche Tipps, die Eltern hoffentlich dabei helfen, weiter ein glückliches Paar zu bleiben und nicht zu vergessen, für sich und ihre Beziehung zu sorgen.
Mutter, Vater, Kind und andere Familienkonstellationen
Eine neue Familie wird mit der Geburt oder der Ankunft eines Kindes geboren, ganz egal, ob es als leibliches oder adoptiertes Kind oder als Pflegekind in eine Familie kommt. Und auch unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet, alleinerziehend, gleichgeschlechtlich, als Patchwork-Familie oder in anderen Lebensformen unterwegs sind. Familien bestehen natürlich heute nicht immer stets aus Mutter, Vater und Kind bzw. Kindern. Der Fokus dieses Buches liegt allerdings auf dieser häufig anzutreffenden Konstellation. Vieles lässt sich sicherlich ohne Probleme auch auf Paarbeziehungen übertragen, in denen sich zwei Mütter oder zwei Väter gemeinsam um die Kinder kümmern. Trotzdem haben andere Familienkonstellationen noch einmal ganz andere Erfahrungen, Fragen und Herausforderungen, denen dieses Buch sicherlich nicht gerecht werden kann. Mittlerweile gibt es aber auch hier viel spezielle Literatur (s. Anhang), die sich ebenso mit den Herausforderungen der gemeinsamen Elternschaft beschäftigt.
Was für Sie und Ihre Familie passt
Als wir unser erstes Kind erwarteten, war das Kind unserer Hebamme noch kein Jahr alt. Einmal sagte sie während eines Hausbesuchs beiläufig: »So oft gestritten wie im ersten Babyjahr haben mein Mann und ich uns wohl in den ganzen Jahren unserer Beziehung davor nicht. Aber es geht ja immer nur darum, wer was wann wie macht. Eigentlich alles keine unlösbaren Probleme …«
Damals, umschlossen von der harmonischen Schwangerschaftsblase, dachten wir beide wohl, dass wir leichter durch diese Zeiten kämen. Als das Baby dann da war, standen wir uns aber natürlich auch so manches Mal motzend mit tiefen Augenringen gegenüber und versuchten, das Chaos zu sortieren. In diesem Moment zu wissen, dass es auch vielen, wenn nicht allen anderen Eltern so geht, war sehr tröstlich. Und es half auch dabei, genauer hinzuschauen, was hilft, gut durch diese turbulenten Zeiten hindurchzukommen.
Aber letztlich gibt es weder für das eigene Kind noch für die eigene Beziehung einen besseren Experten als sich selbst. Richtig gelesen, das stimmt. Sehen Sie dieses Buch darum bitte nicht als die ultimative Anleitung für eine gute Paarbeziehung und eine entspannte Elternschaft, sondern eher als Gedankenanstoß und Leitfaden auf Ihrem eigenen ganz individuellen Weg.
Nehmen Sie sich aus diesem Buch, was für Sie und Ihre Familie passt. Probieren Sie vielleicht auch einmal neue Wege aus und vor allem: Sorgen Sie gut für sich und Ihre Beziehung in diesen aufregenden ersten Jahren der Familiengründung.
Idealerweise lesen Sie dieses Buch bereits vor der Geburt Ihres Kindes. Wenn Sie und Ihr Partner schon mitten im Familienalltag drinstecken, können Sie auch vieles als Inspiration mitnehmen und konkrete Tipps im eigenen Familienalltag gleich ausprobieren.
Dieses Buch ist übrigens in den Monaten entstanden, als wir selbst gerade unser viertes Kind erwarteten. Und auch wenn wir das alles schon dreimal erlebt hatten, haben wir doch wieder mit Respekt auf die große anstehende Veränderung geschaut, die jedes Kind für eine Familie bedeutet. Aber vor allem haben wir uns mit viel guter Hoffnung auf dieses neue Menschlein gefreut, das unsere Familie bereichern wird. Und viel gute Hoffnung und Vorfreude auf ein glückliches Familienleben, vor allem das wünschen wir Ihnen auch.
Kapitel 1: Die Beziehung der Eltern ist das Fundament
Augen auf bei der Partnerwahl
Wenn man seinen zukünftigen Partner kennen lernt, spielt ein späterer Kinderwunsch vielleicht noch nicht gleich eine große Rolle. Und trotzdem gibt es Hinweise darauf, dass wir evolutionsbedingt schon bei der Partnerwahl nach Kriterien Ausschau halten, die sich positiv auf eine mögliche spätere Familienplanung auswirken könnten. So schauen Frauen vermehrt auf Charaktereigenschaften bei einem Mann, die das Überleben der Kinder sichern. Ein gewisser finanzieller Status, Intelligenz und Ehrgeiz wirken deshalb scheinbar besonders anziehend. Männer suchen nach Kriterien, die darauf hinweisen könnten, dass die Partnerin Kinder bekommen und diese gut versorgen kann. Körperliche Attraktivität, Gesundheit und Qualitäten bei der Haushaltsführung sind ihnen deshalb wichtig.1
Viele Paare werden sich aber sicherlich auch ganz unabhängig von solchen Punkten kennen und lieben lernen. Auch wie sie letztlich später als Eltern sein werden, lässt sich nie wirklich vorhersagen. Es sind also mit Sicherheit wesentlich mehr Faktoren als die oben genannten im Spiel, die dafür sorgen, dass wir uns in einen Menschen verlieben oder eben auch nicht. Aber der Gedanke, ob der momentane Partner auch die zukünftige Mutter oder der Vater eines Kindes sein könnte, beschäftigt viele Menschen im Laufe ihrer Beziehung. Natürlich spielen das eigene Alter, der Zeitpunkt des Kennenlernens sowie frühere Beziehungserfahrungen eine große Rolle, wenn zwei Menschen beschließen, gemeinsam durchs Leben zu gehen und vielleicht auch eine Familie zu gründen. Gerade die anfängliche Verliebtheit sorgt dafür, dass man seinen Partner besonders positiv wahrnimmt und unwillkürlich selbst eigene Schwächen vor ihm verbirgt. Jeder zeigt sich anfangs von seiner besten Seite, was ja auch sinnvoll ist, wenn man einen Menschen für sich als dauerhaften Beziehungspartner gewinnen möchte. Das Gehirn schüttet derweil allerlei Glückshormone und andere Botenstoffe wie Serotonin, Oxytocin, Dopamin, Noradrenalin aber auch Östrogen und Testosteron aus. Das Verliebtheitsgefühl hält unterschiedlich lange an. Forschungen dazu sprechen von Zeiträumen von drei bis 18 Monaten, manchmal auch länger.
Die Verliebtheitsphase wird vor allem durch starke körperliche Empfindungen wie die berühmten »Schmetterlinge im Bauch« wahrgenommen. Beide Partner sind aufgeregt, wenn sie sich treffen und verspüren eine große Sehnsucht, wenn der andere nicht da ist. In Gedanken sind sie ständig beim anderen. Trotzdem ist in dieser Phase noch kein tiefes Vertrauen in den Partner vorhanden, so dass man sich noch nicht traut, sich auch mit all seinen Schwächen zu zeigen. Der Psychologe Ulrich Mees, dessen Forschungsschwerpunkte Emotions- und Motivationspsychologie sind, schreibt zur Unterscheidung zwischen Liebe und Verliebtheit ganz richtig: »Dagegen hat ein Verliebter kein ›Vertrauen‹ in die geliebte Person, ist zu ihr nicht ›offen und ehrlich‹ und will keine ›Verantwortung‹ für sie übernehmen. Gerade diese Merkmale sind nun aber zentrale Bestandteile der Liebe.«2
Viele Paare können sich ein gemeinsames Kind aber erst dann überhaupt vorstellen, wenn sie dieses starke Vertrauen zueinander aufgebaut haben. Manchmal jedoch stellen sich auch der Kinderwunsch oder gleich die Schwangerschaft noch in der ersten Beziehungsphase ein, wenn die große Verliebtheit den Alltag dominiert. Damit kommt sehr schnell die große Aufgabe, sich selbst, das Kind und die damit verbundene große Herausforderung kennen zu lernen. Dies kann genauso gut gelingen, wie eine lange stabile Beziehung nicht automatisch ein Garant dafür ist, dass ein Paar die Elternschaft gut und ohne allzu große Schwierigkeiten hinbekommt. Dennoch ist klar: Wenn das Verliebtheitsgefühl nachlässt, kann sich immer ein bisschen Enttäuschung einstellen, weil das Bild vom gefundenen idealen Partner plötzlich ins Wanken gerät. Jeder Partner kommt mit seinen ganz persönlichen Erwartungen und Hoffnungen in eine Beziehung hinein. Und dann gilt es, einen gemeinsamen Weg zu finden, der auch Kompromisse erfordern wird, damit es sich letztlich für beide Partner gut anfühlt.
Aus Verliebtheit wird Liebe
Wer also als Paar noch sehr frisch zusammen ist, darf daran denken, dass sich die anfänglichen Gefühle irgendwann ändern werden, damit die Verliebtheit überhaupt zur Liebe werden kann. Der zuvor schönste, intelligenteste, humorvollste und natürlich fehlerlose Partner wird auf einmal zu einem Menschen mit Ecken und Kanten. Dafür kommen neue Gefühle wie tiefe Verbundenheit, Verantwortung und Vertrauen dazu – zumindest dann, wenn man nach dem hormonellen Höhenflug immer noch der Meinung ist, den »Richtigen« gefunden zu haben. So schön so eine Phase der ersten Verliebtheit auch ist, so anstrengend ist sie auch gleichzeitig und deshalb wohl auch kein geeigneter Dauerzustand einer Beziehung. Kurzum: Man muss seinen Partner nicht 24 Stunden am Tag großartig finden und wird trotzdem eine wunderbare und vertrauensvolle Beziehung miteinander haben.
Gerade in Bezug auf das Kinderkriegen werden andere Attribute geschätzt als jene, die einem vielleicht anfänglich besonders imponierten. Sich von seinem Partner verstanden und bei ihm geborgen zu fühlen sind gute Voraussetzungen, wenn man darüber nachdenkt oder bereits aktiv plant, miteinander eine Familie zu gründen. Es ist gut und wichtig, wenn genug Vertrauen da ist, sich als Partner auch von seiner verletzlichen Seite zeigen zu können. Schwangerschaft, Geburt und die erste Zeit als Eltern sind gewissermaßen Ausnahmezustände, in denen man sich manchmal selbst nicht mehr so richtig wiedererkennt. Es wäre schwierig, in dieser besonderen Zeit dem Partner zuliebe ein wie auch immer geartetes Idealbild von sich aufrechtzuerhalten. Es ist also durchaus auch eine gute Vorbereitung auf die Elternschaft, schon im Vorfeld schwierige Zeiten oder Konflikte gemeistert zu haben, ohne gleich getrennte Wege zu gehen.
In Momenten, in denen es kriselt, können sich viele Menschen ihren Partner nicht mehr als verantwortungsvolles Elternteil vorstellen. Aber so weitreichende Entscheidungen wie das Kinderkriegen sollte niemand von einer Momentaufnahme abhängig machen. Konflikte gehören einfach dazu, wenn Menschen beschließen, gemeinsam durchs Leben zu gehen. Die Gesamtbilanz für alle Beteiligten sollte natürlich schon positiv sein, denn ein gemeinsames Kind wird eine ohnehin schon komplizierte Beziehung mit Sicherheit nicht retten, sondern vor ganz neue Herausforderungen stellen. Es lohnt sich also eigentlich immer, mögliche Probleme zeitnah zu klären und nicht erst auf die lange Bank zu schieben. Mit einem Kind wird aus der Dyade, also der sozialen Beziehung zwischen zwei Menschen, stets eine Triade. Der Begriff Triade bezeichnet in der Familientherapie das Beziehungssystem zwischen drei Personen mit all seinen Ausprägungen und Veränderungen in alle Richtungen. Damit bieten sich viele neue Chancen. Genauso können die Veränderungen aber auch als Störungen erlebt werden. Man kann im Vorfeld Hoffnungen, Erwartungen und Wünsche diesbezüglich haben. Wie die Realität dann später aussieht, wird sich aber erst zeigen, wenn ein Kind dann tatsächlich erwartet und geboren wird.
Elterntagebuch Anja: Ein Mann zum Kinderkriegen?
Christian und ich haben uns recht jung kennen gelernt, so dass das Thema Familiengründung für uns beide zu diesem Zeitpunkt noch keine konkrete Rolle spielte – auch wenn für uns beide klar war, dass wir uns irgendwann auch Kinder wünschen. Im Zuge meiner Hebammenausbildung wurde dieses Thema aber persönlich präsenter und ich lernte natürlich auch eine Vielzahl von ganz verschiedenen Vätern dadurch kennen. Väter, die es mal mehr und mal weniger gut hinbekommen haben. Deshalb habe ich dann schon ein bisschen mehr hingeschaut, wie ich Christian in Bezug auf Kinderthemen oder mit Kindern erlebe. Die gemeinsame Zeit mit meinem Patenkind oder Kindern von Freunden hat bei mir das gute Gefühl hinterlassen, dass es vielleicht irgendwann mal eine gute Idee sein könnte, zusammen eine eigene Familie zu gründen. Dass wir tatsächlich später einmal vier gemeinsame Kinder haben werden, war für mich zu diesem Zeitpunkt allerdings noch eine völlig utopische Vorstellung. Und für Christian ganz bestimmt auch. Aber alles fing letztlich doch mal mit dem Gedanken an, dass Christian ein ganz guter Vater für die Kinder sein könnte, die ich mir wünsche.
Warten aufs Wunschkind
Der Kinderwunsch spielt in einer Beziehung eine große Rolle, sobald er bei einem oder beiden Partnern auftritt. Nicht immer wünschen sich beide Partner gleichzeitig ein Kind, was durchaus zu Konflikten führen kann. Ein Kinderwunsch ist etwas sehr Existenzielles, ebenso wie die Sorge, der Familiengründung noch nicht gewachsen zu sein. Beides kann nicht einfach kleingeredet werden. Heutzutage können Paare selbst entscheiden, ob sie ein Kind bekommen möchten oder zumindest, ob sie aktiv verhüten wollen, um keines zu bekommen. Ob sich bald nach dem Kinderwunsch auch ein Kind in der Gebärmutter einnistet, liegt hingegen viel weniger in unserer Hand. Während sich Paare anfangs noch mit einer sehr positiven und romantischen Einstellung in das Projekt Familienplanung stürzen, kann sich recht bald ein gewisser Frust einstellen, wenn die so sehr erwünschte Schwangerschaft auf sich warten lässt.
Auch wenn statistisch gesehen eine gewisse Wartezeit ganz normal ist, kann es für das jeweilige Paar recht belastend sein, Monat für Monat wieder enttäuscht zu werden. Je nach Wartezeit, Alter und persönlichen Voraussetzungen stellt sich vielleicht auch irgendwann die Frage, ob man »mal nachschauen« lassen sollte, ob es einen körperlichen Grund dafür gibt, dass sich bisher noch keine Schwangerschaft eingestellt hat. Ab diesem Punkt ist es spätestens vorbei mit der Romantik in Sachen Kinderwunsch.
Mögliche körperliche Ursachen für einen unerfüllten Kinderwunsch liegen gleichmäßig verteilt bei der Frau oder dem Mann, oft sind sie dabei diagnostisch gar nicht erfassbar. Trotzdem stellen sich nicht selten bei einem Partner oder auch beiden defizitäre Gefühle in Bezug auf den eigenen Körper ein. Keine besonders gute Voraussetzung, um eine entspannte Sexualität miteinander zu erleben. Ebenso kann sich der Sex nach Kalender beziehungsweise je nach Ergebnis des Ovulationstestes auf Dauer auch belastend anfühlen. Aber leider gibt es keinen sinnvollen Ausweg aus diesem Dilemma. Das gerne von Außenstehenden daher gesagte »Entspannt euch doch einfach mal« erhöht eher noch den Druck, als dass es dem Paar etwas Gutes tut. Schon die Kinderwunschphase kann ein Paar also sehr stark herausfordern…
Erkennen Sie diese Belastung an und reden Sie miteinander darüber. Manchmal kommt auch einer der Partner derart an seine Grenzen, dass er erst einmal eine kleine Pause braucht. Vergessen Sie in dieser Zeit nicht, weiterhin auf das zu schauen, was Sie als Paar glücklich macht, ganz unabhängig vom Kinderwunsch. Das ist sicherlich die größte Herausforderung, wenn sich Kopf, Herz und Bauch etwas so sehr wünschen. Auf einmal ist da ganz wenig Raum für andere Themen, gerade das ist für Kinderwunschpaare so erschöpfend. Zudem stehen Entscheidungen bezüglich weiterer Maßnahmen fast immer unausgesprochen im Raum. Auch hier sind die Partner nicht immer zwangsläufig am gleichen Punkt, wenn es darum geht, weitere Optionen auszuprobieren.
Die moderne Reproduktionsmedizin bietet zwar viele Möglichkeiten, doch es darf nicht vergessen werden, dass auch ein großer Teil von Paaren kinderlos aus dieser körperlich und seelisch sehr anstrengenden Behandlung hervorgeht. Rund 15 Prozent aller Paare sind in Deutschland von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen.3 Je älter ein Paar ist, umso kleiner wird statistisch die Chance, aber gleichzeitig steigt der Druck, dass es doch möglichst zeitnah »noch klappen« sollte. Die Reproduktionsmedizin und generell der Markt rund um das Thema Kinderwunsch versprechen viel, dennoch gehört zu jedem erfüllten Kinderwunsch auch immer ein kleines Wunder. Und kleine und große Wunder lassen sich nun mal nicht planen.
Hilfen in der Kinderwunschphase
Die Geduld der Wunscheltern wird in dieser Zeit fast immer sehr auf die Probe gestellt. Nur selten wird im Freundes- oder auch Familienkreis offen über das Thema oder direkt über die Kinderwunschbehandlung gesprochen – auch weil sie völlig ungerechtfertigt für die Paare mit Scham oder Versagensgefühlen verknüpft ist. So werden alle Emotionen zwischen Hoffnung, Angst, Vorfreude, Enttäuschung bis hin zu tiefer Trauer vielfach nur zwischen den Partnern geteilt. Auch wenn die Frauen körperlich durch eine Behandlung meist mehr belastet sind, ist es auch für die Männer eine große Belastung auf vielen Ebenen. Statt die Schulter zum Anlehnen sein zu können, bräuchten auch die Partner meist Unterstützung und Raum, um das Erlebte zu verarbeiten. Rein medizinisch sind die Paare oft sehr gut betreut, die hohe psychische Belastung hingegen findet noch zu wenig Begleitung. So langsam wird das Problem aber erkannt und so gibt es erste entsprechende Beratungsangebote. Franziska Ferber zum Beispiel bietet als Kinderwunschcoach die Begleitung durch die Kinderwunschphase aber auch bei einem eventuellen Abschied vom Kinderwunsch an.4 Ihr Leben und ihre Partnerschaft waren viele Jahre von einem unerfüllten Kinderwunsch betroffen. In dem von ihr veröffentlichten Buch »Unsere Glückszahl ist die Zwei«5wird auch immer wieder deutlich, welchen Belastungen eine stabile und glückliche Beziehung in dieser Zeit ausgesetzt ist. Es fängt beim Geld an. Von den gesetzlichen Krankenkassen wird nur eine bestimmte Anzahl von Kinderwunschbehandlungen mitfinanziert – und dies auch nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Es sind also viele Aspekte, die bereits vor einer Schwangerschaft auf ein Paar zukommen, wenn sich das Wunschkind nicht so leicht einstellt.
Meist sagen Eltern, die einen sehr langen und belastenden Weg zu ihrem Wunschkind gegangen sind, dass sie alle Strapazen jederzeit wieder auf sich nehmen würden. In der Schwangerschaft wird die anstrengende Kinderwunschzeit zunächst in der Regel »verdrängt«, was wahrscheinlich auch ein bisschen dabei hilft, diese als möglichst normal zu erleben. Der mögliche Redebedarf sollte aber nicht ignoriert werden. Viele in der Schwangerschaft zu treffenden Entscheidungen sind eventuell auch mit der persönlichen Vorgeschichte verknüpft. Deshalb ist es auch gut, wenn die eigene Hebamme und auch der Frauenarzt wissen, wie es Ihnen als Eltern geht. Alle Gefühle diesbezüglich sind berechtigt und sollten genug Raum bekommen.
Auch wenn das Wunschkind dann da ist, gilt es anzuerkennen, welchen Belastungen die Eltern und deren Partnerschaft bereits ausgesetzt waren. Sehen Sie auch stolz darauf, wie gut Sie es letztlich zusammen gemeistert haben. In den ersten Monaten mit Kind bleiben für diese Gespräche über das Erlebte nicht viel Zeit, aber den meisten Eltern ist es schon irgendwann ein Bedürfnis, noch einmal darüber zu reden. Nehmen Sie sich also ganz bewusst die Zeit dafür. Gut ist es oft auch, wenn Sie dies tun, bevor der Wunsch nach einem weiteren Kind eventuell erneut bestimmte Entscheidungen erforderlich macht. Doch an erster Stelle steht, dass Hier und Jetzt mit dem Baby im Arm zu genießen – und sicherlich auch einfach mal durchzuatmen.
Überrascht von der Schwangerschaft
Während manche Paare lange auf ihr Baby warten müssen, werden andere wiederum geradezu von einer Schwangerschaft überrumpelt. Mal liegt es daran, dass nicht eindeutig genug geklärt ist, wie sich das Paar für eine gewünschte Verhütung zuständig fühlt. Manchmal aber liegt es auch daran, dass die Verhütung versagt, denn eine hundertprozentige Sicherheit gibt es in dieser Sache nun mal nicht. Als Hebamme erlebe ich gar nicht so selten, wie sich trotz widrigster Umstände doch eine Schwangerschaft einstellt, obwohl »das doch eigentlich gar nicht sein kann«. Für manche Paare passt das Überraschungskind, andere fühlen sich zunächst völlig überfordert. Und dies kann auch noch ganz individuell bei jedem Partner anders sein. Gespräche sind da unerlässlich, um allen damit verbundenen Gefühlen auch den nötigen Raum zu geben. Wenn die Meinungen sehr weit auseinandergehen, enden diese Gespräche nicht selten in einem Streit oder darin, dass ein Partner sich abwendet. Aber vor dem Thema »Eltern werden« kann man nicht davonlaufen, schon gar nicht, wenn die Schwangerschaft bereits eingetreten ist. Oft ist es deshalb hilfreich, sich externe Unterstützung und Beratung zu holen, sodass ein gemeinsames Gespräch möglich ist. Diese hinzugezogene Person hat die Aufgabe, ergebnisoffen zu informieren und die Anliegen beider werdender Eltern zu moderieren. Im Idealfall findet sich eine gemeinsame Lösung. Diese muss aber nicht gleich von Anfang an sichtbar sein. Genau wie eine Frau körperlich in eine Schwangerschaft hineinwachsen muss, müssen auch beide Partner in ihre spätere Elternrolle hineinwachsen. Und da man sich gerade beim ersten Kind zum Teil nur schwer vorstellen kann, was einen erwartet, ist das alles mit Sorgen und teils großen Ängsten, zum Glück aber auch mit vielen positiven Erwartungen und Vorfreude verbunden.
Viele Paare sind auch ein bisschen dankbar, wenn ihnen das »Überraschungskind« die Entscheidung über den vermeintlich perfekten Zeitpunkt zum Kinderkriegen einfach abnimmt. Denn dieser ideale Zeitpunkt lässt sich in der Regel ohnehin nie finden, weil es immer irgendwelche rationalen Gründe gibt, die eher dagegen als dafür sprechen. Die meisten auch überraschten Eltern sagen rückblickend, dass der Zeitpunkt gut gepasst hat – wahrscheinlich auch, weil sie es sich anders gar nicht mehr vorstellen können, wenn das Kind erst einmal ein Teil ihres Lebens ist.
Phase der Anpassung
Diese ganzen Zweifel gibt es auch bei Paaren, die sich beide zusammen sehnlichst ein Baby gewünscht haben. Wenn der Schwangerschaftstest dann doch plötzlich den ersehnten zweiten Strich anzeigt, kann neben Freude schnell auch eine Überforderung oder sogar richtige Angst einsetzen. Eine konkrete Angst davor, dass sich das Leben und auch die Beziehung nun unumkehrbar verändern werden. Auch die körperlichen Veränderungen empfinden nicht alle Frauen als wunderbar und selbst die werdenden Väter sind bisweilen irritiert. Im ersten Drittel der Schwangerschaft steht noch nicht das Wachstum des Bauches im Vordergrund – und trotzdem passiert so unheimlich viel, wenn sich da aus anfangs nur einigen Zellen ein vollständiger Mensch entwickelt. Die weibliche Brust bereitet sich von Anfang an auf ihre zukünftige Aufgabe vor, das Stillen des Babys. Deshalb sind Veränderungen im Empfinden oder auch in der Brustgröße u.a. die ersten körperlichen Anzeichen, die Frauen mit dem Schwangerschaftsbeginn spüren. Durch die große hormonelle und auch auf anderen Ebenen körperliche Umstellung, fühlen sich viele Frühschwangere oft müde und erschöpft. Bis zu drei Viertel aller Schwangeren sind von Übelkeit betroffen, die meist zwischen der 5. und 14. Schwangerschaftswoche auftritt. Einige haben nur morgens ein sehr flaues Gefühl im Magen, anderen ist den ganzen Tag über schlecht und sie müssen sich vielleicht mehrmals übergeben. Der Einstieg in die Schwangerschaft ist also nicht immer so freudig und glänzend, wie es medial gelegentlich gerne dargestellt wird.
Das erste Schwangerschaftsdrittel wird deshalb auch die Phase der Anpassung genannt. Nicht nur das Baby nistet sich ein und wächst recht rasant heran, auch der Körper und die Seele der Frau stellen sich auf die kommenden Monate einer Schwangerschaft ein. Und das ist wirklich anstrengend. Manche Frauen reißt dieser Umstand bisweilen richtiggehend aus ihrem bisherigen Alltag heraus. Sich als eher leidend und nicht mehr so leistungsfähig zu erleben, ist für viele Frauen eine hohe psychische Belastung. Da ist dieser kleine Mensch im Bauch noch so winzig klein und schon nimmt er so viel Raum ein?! Wie sollen da erst die Veränderungen nach der Geburt aussehen?
