Von Monsterschleim, Gummihühnern und Freilandrosen - Nine Olausen Nielebock - E-Book
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Von Monsterschleim, Gummihühnern und Freilandrosen E-Book

Nine Olausen Nielebock

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Beschreibung

Was ist Gaffer? Und was ist Bostik? Was genau geschieht eigentlich bei Dreharbeiten? Einen Film zu drehen ist nur halb so einfach, wie man denken könnte, aber ein Film ohne Requisiten? Undenkbar! Was genau ist denn eigentlich ein Requisit? Und vor allem: Wer kümmert sich darum, dass Schauspieler ihre Requisiten am Start haben? In diesem Buch schildert Nine Olausen Nielebock ihre Erlebnisse hinter der Kamera während diverser Filmproduktionen. Die Suche nach Sonnenschirmen für einen Auftrag führte sie in ein Freibad, bei einer anderen Filmproduktion kam es zu ungeahnten Schwierigkeiten, als die elektronischen Robben zu schnell den Geist aufgaben. Bei all den kleinen und großen Herausforderungen des Show-Business ist stets Flexibilität gefragt – auch wenn einem die Katze auf dem Weg zum Set ins Auto pinkelt! Für Filminteressierte und solche, die es noch werden wollen!

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Seitenzahl: 231

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Nine Olausen Nielebock

VonMonsterschleim,Gummihühnern und Freilandrosen

Eine Requisiteurin beim Film packt aus

Olausen Nielebock, Nine: Von Monsterschleim, Gummi­hühnern und Freilandrosen. Eine Requisiteurin beim Film packt aus. Hamburg, Charles Verlag 2022

Originalausgabe

EPUB- ISBN: 978-3-948486-61-7

PDF-ISBN: 978-3-948486-60-0

Dieses Buch ist auch als eBook erhältlich und kann über den Handel oder den Verlag bezogen werden.

Print-ISBN: 978-3-948486-59-4

Lektorat: Bianca Weirauch, Weida

Umschlaggestaltung: © Annelie Lamers, Charles Verlag

Umschlagmotive: © Nine Olausen Nielebock;

Hintergrund: designed by freepik.com

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://www.dnb.de abrufbar.

Der Charles Verlag ist ein Imprint der Bedey & Thoms Media GmbH,

Hermannstal 119k, 22119 Hamburg

_______________________________

© Charles Verlag, Hamburg 2022

Alle Rechte vorbehalten.

www.charlesverlag.de

Ich widme dieses Buch

Mario Stock

1938–2018

Ohne ihn hätte ich nie Fuß gefasst in diesem seltsamen Gewerbe … Was ich alles bei dir gelernt habe: Pünktlichkeit am Set, Überleben ohne Catering, Außenrequisite zu Zeiten ohne Handy, E-Mail und WhatsApp – aber dafür mit dem furchtbaren Europieper aus der Elektronik­hölle. Dein trockener Berliner Humor war umwerfend, auch wenn du uns manchmal alle zur Weißglut gebracht hast … Ein flotter Spruch und alles war wieder im Lot …

Danke für alles! :-)

Inhalt

„Die Autorin“

„Re·qui·sit“

„Vorwort“

„Das kleine Film-ABC für Interessierte“

„Wie alles anfing – meine Zeit bei derTOBIS-Presseabteilung“

„Szene 1: Beim nächsten Mann wird alles anders, 1988“

„Szene 2:Reunion, 1988“

„Szene 3:Ein Heim für Tiere, 1989“

„Umbau:Wie alles so wirklich anfing, bevor es anfing – wie ich Mario Stock kennenlernte, 1989“

„Szene 4:Otto – der Außerfriesische, 1989“

„Szene 5:Der Tag des Pinguins, 1990“

„Szene 6:Sean Shortbread, 1990“

„Szene 7:Loriot – Pappa ante portas, 1990“

„Szene 8:Cosimas Lexikon, 1991“

„Szene 9:Die auf die Nüsse geh’n, 1992“

„Szene 10:Ein Bayer auf Rügen, 1992“

„Szene 11:Sylter Geschichten, 1994“

„Szene 12:Wozu denn Eltern? 1995“

„Szene 13:Night of Innovation, 2008“

„Szene 14:The Big Black, 2010“

„Szene 15:Actros und Antos – ein Imagefilm für Mercedes Benz, 2011“

„Von Filmkotze, Filmkatzen und fluchenden Kakadus“

„Umbau:Was man am Set erleben kann –Teil 1: Die Filme, an die ich mich kaum erinnern kann …“

„Was man am Set so erleben kann –Teil 2: Ein bunter Blumenstrauß (schon wieder Blumen!) von Begebenheiten …“

„Szene 16:Männer zum Knutschen (2012)“

„Abspann“

Die Autorin

Nine Olausen Nielebock wurde in einem entsetzlich kalten November im Süden von Norwegen geboren. Sie kam mit drei Jahren nach Berlin, hat eine Pressereferentenausbildung bei der TOBIS FILMKUNST beendet, war einige Jahre als Requisiteurin für Film und Fernsehen unterwegs bevor, sie abrupt eine Familie gründete und parallel eine Heilpraktikerausbildung und ein Psychologiediplom absolvierte.

Nine lebt in Berlin und macht leidenschaftlich gerne Flohmärkte und Plattenläden unsicher. Wenn sie genug Schüsseln und Platten aus den 50er-Jahren gekauft hat, geht sie auf Garage-Beat-Konzerte, und wenn man sie lässt, räumt sie anderer Leute Keller auf und Wohnungen um – weil sie es kann.

Re·qui·sit

/rekvi'zi't, Requisít/

Substantiv, Neutrum [das]

Theater • Film

[meist im Plural] Gegenstand, der während einer Aufführung auf der Bühne oder bei einer Filmszene gebraucht wird

Vorwort

Vielleicht sollte ich erst mal erklären, wieso und weshalb. Ich glaube, dass es kaum oder nur wenige Bücher von Filmschaffenden gibt, die Einblicke geben, wie das Filmbusiness ist. Oder wie es sein kann. Und es gibt auch kaum schreibende Kollegen, die es schaffen, auch wenn sie es könnten, halbwegs neutral und nett zu bleiben. Hey, ich könnte richtig vom Leder ziehen über einige Kollegen oder Schauspieler, aber so richtig! Jedenfalls bin ich doch nicht verrückt! Ich werde doch die Millionen, die ich mit diesem Buch vielleicht verdiene, nicht den Anwälten dieser Leute in den Rachen werfen ;-). Aber das Irre ist: Die meisten Kollegen, ob vor oder hinter der Kamera, waren und sind richtig nett … Denn: Wie man in den Wald hineinbrüllt, so brüllt es meist heraus. Und ich gehöre zu den netten Kollegen. Obwohl ich natürlich auch manchmal Pech hatte. Klar. Ein Filmteam besteht aus durchschnittlich 50 Leuten, da kann man nicht jeden mögen. Mich mochten auch nicht alle. Pfffff … c’est la vie.

Nee, im Ernst jetzt: Es ist ein tolles, brutales, gemeines, großartiges Geschäft, dieses Filmbusiness – nicht jeder überlebt es, nicht jeder hat das Glück, auf der Welle oben mitzuschwimmen, jedenfalls nicht immer oder für immer – ich eingeschlossen. Es gibt bessere als mich, vor allem, was die sogenannten »Anschlüsse« angeht. Für die Unkundigen: Ein »Anschlussrequisit« ist ein Requisit, das in einer Szene und – je nach Drehbuch – in der vor- oder nachfolgenden Szene vorkommt. Ein Beispiel: Jemand geht mit einem Blumenstrauß die Straße entlang. In der nächsten Szene, wo dieser Blumenstrauß vorzukommen hat, also überreicht wird oder in eine Vase gestellt oder angezündet oder jemandem um die Ohren geschlagen oder was auch immer, sehen wir diesen Blumenstrauß wieder. De facto muss es natürlich genau dieser Blumenstrauß sein und kein anderer.

Ich hatte so einige »Unfälle« mit Blumen und anderen Anschlussrequisiten, das werdet ihr aber alles noch lesen. Ich war da oft – sagen wir mal – mental herausgefordert. Manchmal wundere ich mich, dass ich es überhaupt so lange verbergen konnte, wie blöd und unfähig ich manchmal war. Und vor allem wachsen inzwischen die jungen Filmkollegen wie … äh … wie junges Gras nach. Also Rasen. Nicht das andere Gras. Okay, davon gab es auch einiges am Set und wird es immer geben. Was ich eigentlich sagen will: In keinem anderen Geschäft liegen, wie ich finde, Vorstellung und Realität weiter voneinander entfernt als Neuseeland und der nördliche Polarkreis. Wie oft haben Freunde (die noch studiert oder gejobbt oder noch zu Hause gewohnt haben) gedacht, ich mache mir einen Lenz am Set und fahre Kohle ein wie ein Kreuzberger Kohlenhändler. Nö. Als ich 1988 mit meiner Ausbildung zur Pressereferentin in der TOBIS-Filmkunst fertig war, dachte ich, ich gucke mal, wie Film so geht, weil es mir die RIALTO FILM, eine Etage über der TOBIS ansässig, netterweise angeboten hatte. Ich habe als junge dünne und nervöse Praktikantin am Set von »Beim nächsten Mann wird alles anders« angefangen, ich glaube, es waren 300 DM die Woche. Oder im Monat? Ich weiß es wirklich nicht mehr, ich kann mit Zahlen schlecht umgehen und habe die ganzen alten Verträge nicht mehr – diverse Umzüge … Außerdem, was will ich damit? Rahmen und an die Wand hängen und haltlos weinen, wie toll ich damals bezahlt wurde?

Also: Das wird hier keine »Weißt du noch, wie schön es mal war?«-Story, auch keine Abrechnung mit einigen Leuten – wie gesagt, das ist arm und zickig und es gibt immer zwei Seiten. Es wird ein hoffentlich unterhaltsames Buch, in dem man als entweder potenzieller »Filmmensch« (wer denkt sich eigentlich immer diese komischen Bezeichnungen aus?) oder als interessierter Filmfan nachlesen kann, wie es ist oder war, wenn Schauspieler (ich nenne oft mit Absicht keine Namen, nur bei netten Geschichten natürlich!) mies gelaunt rumschreien oder Filmkollegen heulend und unterzuckert oder überfordert zusammenbrechen. Aber auch wie Synergien entstehen und man sich mit Kloß im Hals in den Armen liegt (also fast. Nicht immer. Aber kam durchaus vor), weil durch reine Magie auf allen Seiten (Licht, Regie, Talent) der perfekte Take gedreht wurde, einige Sekunden Stille herrschten, spontaner Applaus losbrach und man in diesem magischen Moment dabei sein durfte. Das kam nicht oft vor, aber wenn, dann war dies ein unbeschreibliches Gefühl.

Also los! Schnappt euch das Popcorn, am besten salzig, reißt die Hufe hoch und genießt es! Ich bin froh, dass ich meine ganzen alten Kalender seit 1981 (!) aufgehoben habe – unschätzbar, weil ich nicht mehr genau auf dem Schirm hatte, wann denn nun genau welcher Film auf dem Drehplan stand

PS: Und noch was: Es heißt im Singular »das Requisit«, im Plural »die Requisiten«. Ich kriege jedes Mal Schnappatmung und innere Blutungen, wenn jemand ein einzelnes Requisit als »eine Requisite« bezeichnet. Das ist falsch.

PPS: Wer Zweifel an meinen Geschichten hegt, möge auf »Crew United« nachsehen – mich gibt’s tatsächlich, auch wenn man nur die Hälfte der Filme, die ich bespaßt habe, nachsehen kann. Ich habe nämlich, da out of business, die Nichtzahler-Variante auf Crew United, da sieht man nur die Hälfte. Ihr könnt mir glauben, alle Geschichten in diesem Buch entsprechen der Wahrheit. Einige Menschen werden nicht erwähnt, dafür gibt es auch Gründe oder sie waren nicht mehr auffindbar, um mir eine Datenschutzvereinbarung zu unterschreiben – das war ein Thema für sich und nix mit »sämtliche Personen und Geschichten sind rein fiktiv«. Nö. Guckt euch die Fotos an, dann seht ihr schon … Viel Spaß!

Eure Nine, Requisiteurin a. D.

Das kleine Film-ABC für Interessierte

Beim Film gibt es zum Teil ein ganz eigenes Vokabular, einiges ist total albern, gebe ich ja zu … Darum erkläre ich vielleicht mal einiges für die Interessierten. Bitte merken!

A wie Anschlussrequisit: Wir drehen eine Szene, wo 27 Schweinebären mit 10 roten Gummibällen spielen. Für mich liest sich das wie eine Aufgabe aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung, aber hier kann ich mich so richtig austoben – juhu! In der Szene vorher wurden diese 10 roten Gummibälle von einem Schauspieler laut Drehbuch/Szene in das Schweinebärgehege geworfen. In der Zwischenszene fährt ein Taxi eine Straße entlang und ein Komet schlägt ein, alle überleben. Schnitt zurück auf die Schweinebären (Zeitsprung): Was muss dringend zu sehen sein? Rrrrrichtig: die 27 Schweinebären und natürlich die 10 roten Bälle. Ideal wäre natürlich, alles mit den Schweinebären an einem Tag abzufeiern, aber oft ist dies aus drehplantechnischen, wettertechnischen, schweinebärtechnischen Gründen nicht möglich, sodass der Innenrequisiteur diese 10 roten Bälle (Anschlussrequisiten) an dem Tag, an dem laut Drehplan wieder die Schweinebären und ihre Bälle gedreht werden, dabeihaben muss. Die Schweinebären werden entweder vom Schweinebären-/Tierbetreuer gebracht und betreut oder wohnen auf einer Schweinebärenfarm, zu der das Filmteam fährt, also muss sich der Innenrequisiteur meist um diese Tiere nicht scheren – es sei denn, man will einen für zu Hause haben. Dann muss man Leute bestechen oder den Schweinebären kaufen. Klauen ist nicht! Requisiteursehre!

B wie Bostik: Dieses wundervolle Zeug begegnet uns in diesem Buch öfter. Es handelt sich nicht um einen osteuropäischen Boxmeister oder Professor für Rübenkunde, sondern um einen grauen Knetdichtstoff in Stangenform, der, weich geknetet und leicht chemisch riechend, zumeist benutzt wird, Gegenstände an Ort und Stelle zu halten. Besonders beliebt: kleine Bilderrahmen, Plakate und Poster, Nummernschilder von Autos, sofern man genug davon benutzt und einen gewissen masochistischen Nervenkitzel schätzt, denn diese Nummernschilder in voller Fahrt zu verlieren, ist alles andere als toll. Und bei Regen hilft alles Bostik der Welt nicht mehr. Mittlerweile werden Nummernschilder aber anders befestigt, zum Beispiel mit Click-on-Rahmen oder durchsichtigen Kabelbindern. Zum Glück! Der Nachteil von Bostik ist sein unbändiges Durchfettverhalten bei Papier. Und sein Geruch nach ollen Turnschuhen.

B wie Best Boy: Ein »Best Boy« ist nicht etwa ein Musterknabe, sondern in dem Falle der Assistent des Oberbeleuchters – auch weibliche Assistentinnen werden übrigens als »Best Boy« bezeichnet! Ich wüsste gerne mal, ob es in dieser doch sehr männerlastigen Abteilung schon mal Aufruhr der weiblichen Best Boys deswegen gegeben hat. Ich sage mal so: Manche Dinge sind beim Film einfach seit Urzeiten in Stein gemeißelt. Einen solchen Aufruhr würde von den Kollegen auch niemand so richtig ernst nehmen. Ich war ja auch ein »Prop master« und keine »Prop mastress«. Das sieht lustigerweise 1) eher nach »mattress« aus und gibt dem Ganzen so einen vulgären Touch und hat b) so etwas St. Paulihaftes. Und hat mich persönlich nie auch nur eine einzige schlaflose Nacht gekostet.

C wie Cherrypicker: Ein Cherrypicker (»Kirschen­pflücker« – ja, das ginge auch damit! Korb zum Sammeln dann nicht vergessen!) ist nichts anderes als ein hydraulischer Kran mit einem Ausleger, an dessen Ende eine – wie ich finde – mehr oder weniger wackelige Arbeitsbühne montiert ist. Meist werden diese Kräne benötigt, um entweder eine große Filmlampe in die Höhe zu fahren, wenn zum Beispiel Mondlicht simuliert werden muss, oder um den hoffentlich schwindelfreien Kameramann in die Höhe zu bringen, wenn Dramaturgie und Drehbuch es verlangen, die Szene aus einer gewissen Höhe zu filmen. Ich war einmal gezwungen, in einem Cherrypicker mit einem kichernden, sadistischen Cherrypicker-Betreuer in die Höhe zu fahren, um irgendwelche komplizierten Requisiten durch ein Fenster im 5. Stock anzureichen, und hätte fast vor lauter Grauen wegen der Höhe fast mit dem Leben abgeschlossen. Ich hätte sogar freiwillig Tiramisu oder Königsberger Klopse gegessen, um da nicht hochzumüssen. Für Leute wie mich mit extremer Höhenangst (und sadistischen Kollegen, die das wissen) ist ein Cherrypicker ein Albtraum. Ich glaube sogar, der mitfahrende Kollege hat noch extra viel gewackelt, um mich zu ärgern.

D wie Dolly: Nicht »Hello, Dolly«, aber fast: Ein Dolly ist der Transportwagen, auf dem die Kamera wackelfrei montiert wird. Gezogen oder geschoben wird der Dolly (nicht die Dolly) vom Dolly Grip, das ist der Bühnenmann, entweder auf Schienen oder auf Gummirollen.

F wie Fett-Filter: Eine mit Vaseline oder anderem Fett bestrichene Glasscheibe, die vor der Kamera platziert wird, um interessante verfremdende Effekte zu erzielen. Geht auch mit bunt gefärbter Vaseline. Dann ist es noch interessanter.

G wie Grip: »Get a grip« heißt so viel wie »Komm mal klar«, kann aber auch heißen: »Hol mal einen Bühnentechniker«, denn nichts anderes ist ein »Grip« – mit zahlreichen Unterscheidungen in »Key grip«, »Dolly grip«, »Head grip«. Der Bühnentechniker sorgt unter anderem für das Verlegen der Schienen, auf denen der Dolly (Kamerawagen) fährt, siehe oben unter »D«.

H wie »Ham it up«: Bezeichnet das angestrengte Überagieren eines oder mehrerer Schauspieler, was manchmal stark an einen Stummfilm erinnert. Habe ich alles gesehen. Mehrmals. Wenn ich Glück hatte, konnte ich rausgehen, um ungestört irgendwo lachend rumzurollen. Wenn ich Pech hatte, musste ich bleiben und mich mühsam beherrschen. Es ist dann ratsam, den Blickkontakt zu Filmkollegen zu meiden, die genauso albern sind wie ich.

I wie Insert: Extreme Nahaufnahme von … eigentlich allem: Waffen, Händen am Lenkrad, aufgerissene Augen eines Schweinebären … oder Blumen, wo die Anschlüsse nicht stimmen (lest das Kapitel »Ein Bayer auf Rügen«, dann wisst ihr schon). Inserts sollen die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf ein Detail lenken und dienen meist dem Spannungsaufbau.

K wie Krokoklemme: Eine äußerst starke Klemme, die mit ihren zahnartigen Haltenoppen an ein Krokodilmaul erinnert. An dem Zapfen an der Oberseite kann man kleine Scheinwerfer verankern. Man kann auch unbeliebte Kollegen damit an irgendwelchen Gartenzäunen festklemmen, wenn es beide Seiten wirklich wollen.

L wie Lassoband: Befestigungsband für sämtliche zu lösenden Fixierungsprobleme am Filmset. Gibt’s hauptsächlich in Schwarz, Weiß und Silber, auch bekannt als Gaffa-Tape, Gaffer’s Tape (englisch: gaffer = Oberbeleuchter), Gaffa-Band. Ich liebe es und benutze es im häuslichen Rahmen andauernd. Manche hartgesottenen Kollegen benutzen Gaffa-Band auch als Pflasterersatz. Ich habe das mehrmals miterlebt und in zwei Fällen (einmal Finger, einmal Stirn) dafür gesorgt, dass ein Arzt draufguckt. Beide Fälle endeten damit, dass genäht werden musste. Gern geschehen, Jungs. Keine Helden ohne Narben! Merke: Tetanusspritzen sind ratsam!

M wie Molton: Hat nichts mit Moll oder Dur zu tun, sondern ist ein sehr schwerer schwarzer, wie ich finde, grauenvoll anzufassender Stoff, der zumeist dazu verwendet wird, im Hintergrund unliebsame Dinge, schlafende Kollegen, Leichen oder Ähnliches abzudecken oder Fenster zu verdunkeln, wenn eine Nachtszene gedreht wird.

N wie Nachdreh: Kann passieren: Eine Szene, ein ganzer Drehtag oder nur einige Details müssen aufgrund von technischen oder anderen Gründen wiederholt/nachgedreht werden. Analog dazu der

Nachtdreh: Dreharbeiten, die aus dramaturgischen oder anderen Gründen nachts stattfinden.

O wie O-Ton: O-Ton ist der originale Ton, der einem begegnet, wenn man zum Beispiel im Zoo, im Wald, auf der Straße dreht … Windrauschen, Vogelzirpen, Autolärm, Flugzeuge, auch Rasenmäher, lärmende Handwerker, Züge (sind extrem unbeliebt bei den Kollegen vom Ton!). Am Ende jeder Einstellung bzw. jedes Bildes müssen alle Kollegen innehalten und sozusagen eine Schweigeminute einlegen, während die Tonabteilung mit verträumtem Gesicht den »O-Ton aufnimmt«, auch wenn es nur Stille ist – das ist dann die Raum-Atmo. Blöd, wenn man kurz vor einem Husten-, Lach- oder Niesanfall steht, gepaart mit einer laut tickenden Armbanduhr … auch Kollegen mit Blähungen sind dann nicht gern gesehen bzw. gehört. Das Schlimme ist, dass jeder weiß, wer die Bohnen nicht vertragen hat, denn meist werden diese Kollegen knallrot und lachen verschämt.

O wie Outtakes: Wer liebt sie nicht – die Aufnahmen, die aufgrund von Lachanfällen der Schauspieler, Versprechern und Filmpannen aller Art nicht verwendet werden können (leider!). Bei Film-Abschlussfesten werden sie gerne als Zusammenschnitt gezeigt, deswegen herrscht dort schon immer große Vorfreude. Mein Traum war immer ein abendfüllendes Werk mit ausschließlich Outtakes und Anschlussfehlern …

P wie Polecat: Da gab es doch mal diese Rockabilly-Band in den 80ern … Aber eine Polecat in diesem Falle ist nichts anderes als eine Stange, die zwischen zwei Wänden eingeklemmt wird, um zumeist Scheinwerfer an ihr zu befestigen. Geht natürlich auch, etwas niedriger eingeklemmt, als Limbo-Dance-Stange bei alkoholseligen Abschlussfesten. Es empfiehlt sich – und die Profis machen das natürlich –, bei Wänden mit Seidentapeten ein Stück Molton zwischen den Saugnapf und die teure Tapete zu klemmen, um Abdrücke vom Saugnapf zu vermeiden. Ich habe mal gesehen, was passiert, wenn das vergessen wird. War teuer.

Q wie Quickie: Sorry! Kein Spaß im Licht-LKW mit dem muskulösen Schnittchen von der Baubühne … Ist nur ein Slangausdruck für einen sehr kurzen Einspieler, zum Beispiel eine Straßenumfrage.

R wie Requisiteur/in: Kollege oder Kollegin, der oder die sich mit sämtlichen Gegenständen befasst, die ein Schauspieler im Spiel braucht, und diese verwaltet. Logisch, dass ich hier natürlich einige Seiten zur Thematik schreiben könnte, aber hey, lest das Gesamtwerk!

Man unterscheidet zwischen Außenrequisiteuren: Diese Kollegen organisieren, kaufen oder leihen Gegenstände, die laut Drehbuch als Requisiten benötigt werden, und erstellen hierzu in Absprache mit dem Ausstatter und der Produktion ein Budget, das tunlichst nicht überschritten werden sollte. Diese Kollegen sind nur äußerst selten am Set vorzufinden, da sie meist unterwegs sind. Und wenn sie dann mal da sind, dann essen sie in Lichtgeschwindigkeit so viel, wie reingeht, und trinken so viel Kaffee wie menschenmöglich, bevor sie wieder losstürzen. Ich spreche aus Erfahrung.

Innenrequisiteure hingegen kämpfen an vorderster Front am Drehort und verwalten dort die vom Außenrequisiteur besorgten Requisiten. Diese Kollegen sind permanent am Set vorzufinden, außer sie verfahren sich mal wieder (ich konnte das immer super) und tun bei Ankunft so, als wäre nichts. Innenrequisiteure sind alles: Psychologen, Krankenschwestern (hast du mal ein Pflaster/einen Verband/eine Prothese/ein Präservativ etc.), wir sind Profis darin, in Sekunden abzuschätzen, wie Schauspieler ticken und was sie an Zuwendung und Bemutterung brauchen. Wir müssen wissen, wie weit man gehen kann, was blöde Witze und »Bevormunden« von Schauspielern angeht.

Lange Rede – und viel Sinn: Alle Gegenstände, die in einer Szene von Schauspielern bewegt/benutzt/bespielt werden, sind Requisiten: Getränke, Blumen, Essen, Fahrzeuge … Die Liste ist endlos und von Film zu Film verschieden. Auf meiner Hitliste standen immer die typischen Mädchensachen wie Blumen, Picknickkoffer, niedliche Tierchen und Babys. Schwierig fand ich immer alles Technische: Handys, seltsam zu fahrende Autos – vor allem wenn das halbe Team grinsend dabei zuguckte, wie ich mit irgendwelchem High-Tech-Kram kämpfte und in sumpfigen Gegenden fluchend Autos auf Anschluss fuhr. Das waren die Momente, wo ich erwachsen wurde. Und nass und dreckig. Eine andere Herausforderung sind Restaurantszenen mit brennenden Kerzen, deren abnehmende Höhe die Requisiteurin oder der Requisiteur mit Argusaugen beobachten musste – und wir deshalb mit Maßbändern am Start waren –, da man nur äußerst selten chronologisch dreht, ergo Einstellung 1 bis 10 hintereinander. Dasselbe gilt für Restaurantszenen und den Teller, der sich, wenn ich nicht streng die Komparsen zur Ordnung rief, damit sie das Essen in Ruhe lassen, magisch füllte und leerte, ohne dass gegessen wurde. Da musste ich aufpassen! Aber damit müssen Requisiteure halt klarkommen. Das ist unser täglich Brot, oft jedenfalls.

Wichtig ist natürlich als Requisiteur, sich schnell und umfassend mit Folgendem vertraut zu machen:

1) Wir haben eine Essensszene! Oh Schreck! Sind die essenden Schauspieler Vegetarier, Veganer, mögen eventuell das Essen nicht, das laut Drehbuch serviert werden soll, haben eine Essstörung, eine Allergie, ein Alkoholproblem? Ich bin all diesen Eventualitäten ohne Ausnahme begegnet, habe allerdings auch immer vorher harmlos pfeifend nach Besonderheiten gefragt und musste dennoch in vielen Fällen improvisieren und auch dafür sorgen, dass der betreffende Schauspielkollege sein Gesicht nicht verloren hat, denn ich weiß, dass irgendjemand bei Nichtbeachten oder vermeintlicher Ignoranz von Wünschen dafür immer büßen musste. Immer. Und das wollte nicht ich sein.

2) Ich habe die Schauspieler vorher heimlich, aber immer sehr gründlich analysiert: Braucht der Kollege Zuspruch, hat er Angst vor dem (Requisiten-)Hund, ist er nervös, lässt er die Requisiten mit Absicht oder aus Vergesslichkeit liegen oder achtet er/sie selbst darauf? Das war meist der Fall bei den Schauspielern, die theatererprobt waren – da stehen die Requisiten noch mehr im Fokus. Ich habe mich immer als Dienstleister, oft als »Set-Krankenschwester« gesehen, die in ihrer Abteilung dafür Sorge zu tragen hat, dass der Dreh reibungslos über die Bühne geht – zumindest was die Requisiten betrifft. Persönliche Animositäten gab es natürlich, ich habe aber wenige Schauspieler erlebt, die mich nicht mochten und vice versa … Aber hey, wie immer, wo sich viele Menschen in einem seltsamen Gewerbe zusammenfinden. Diese Animositäten musste man dann gepflegt unter den Tisch fallen lassen, wenn möglich. War manchmal schwierig. Klar. Aber eigene Belange mussten wirklich für die Zeit der Dreharbeiten zurückgeschraubt werden. Ich könnte hier natürlich richtig vom Leder ziehen … aber das könnt ihr vergessen :-). Ihr wisst schon, die Zivilklagen …

S wie Swing Gang: Das ist immer mein Lieblingsausdruck gewesen, klingt so nach Musik und guter Laune – das sind die Kollegen vom Studiobau: Stuckateure, Zimmerleute, Maler etc.

T wie Trivia: Unterhaltsame und lustige Anekdoten zu Filmen oder Ähnliches. Also so was wie das euch hier vorliegende Buch ungefähr.

U wie Unit Manager: Bezeichnung für einen Aufnahme­leiter.

W wie Wet-down: Braucht man für eine Szene Regen oder nasse Straßen, so werden – meist über die Special-Effects-Kollegen – die entsprechenden Areale mittels dafür vorgesehener Fahrzeuge entsprechend präpariert.

X wie Xaver Schwarzenberger: Regisseur, mit dem ich meinen ersten Film (als Film-Praktikantin) gedreht habe, siehe »Beim nächsten Mann wird alles anders«.

V und Y … Sorry! Mir sind da leider keine Begriffe für das ABC eingefallen! Würde das aber gerne so stehen lassen, damit nicht wieder die Besserwisser kommen, die natüüürlich einen Begriff gewusst hätten ...

Z wie Zoom: »Who’s zooming who« … Da gab es doch mal diesen 80er-Jahre-Song von Aretha Franklin … Ich komme vom Thema ab – ein Zoom ist eine Brennweitenveränderung des Kameraobjektivs, in der etwas »herangezoomt« wird, sprich: näher an den Betrachter herangeholt wird. Beim »Zoom-out« entfernt sich die Kamera vom avisierten Gegenstand.

Wie alles anfing – meine Zeit bei derTOBIS-Presseabteilung

»Sag mal, gehört der Schrotthaufenin der Garage dir?«

Wie schon erwähnt: Ich habe eine Ausbildung bei der TOBIS FILMKUNST in Berlin-Charlottenburg als Pressereferentin absolviert, damals noch in der viel befahrenen Bismarckstraße 108 über dem Café Keese im 5. Stock. Die RIALTO FILM unter der Regentschaft vom Meister selbst, Horst Wendlandt, Urgestein der deutschen Filmwirtschaft – eine wilde Mischung aus streng-väterlich und furchteinflößendem Mogul –, war im 6. Stock. Es war 1987 und 1988 und wir hatten noch elektrische Schreibmaschinen von OLYMPIA mit Korrekturband, das gerne riss und sich drehte, und dann mussten wir furchterregend fluchen und brauchten Stunden, um das Elend zu reparieren. Dort haben wir unsere Presseeinladungen für Berliner, Hamburger, Kölner, Hannoveraner, Stuttgarter, Münchner Journalisten, Filmbüros etc. mit Tipp-Ex und Uhu zusammengebastelt (nur die Originalvorlage natürlich), kopiert auf dem heiß laufenden Kopierer ein Stockwerk höher und anschließend gefühlt Tausende von diesen Einladungen eingetütet und verschickt. Holger von der RIALTO FILM oben war der Herr der Frankiermaschine, da saßen wir dann zu dritt wie in einer Nähstube im Jahr 1778 und falteten Presseeinladungen, lachten und tranken Kaffee. Wir, das war meine Kollegin und Chefin der Presseabteilung Silke. Mit ihr hatte ich Spaß wie mit keiner Zweiten. Wir riefen zum Beispiel mit verstellten Stimmen Journalisten an und luden sie zu nicht existenten wichtigen Pressetreffen mit anderen »Pressemenschen« (da ist das Wort wieder!) ein. Oder wir bezeichneten einen wichtigen Ober-Journalisten-Turbo-Boss beim Auflegen als »dämliches Arschloch«, um dann zu bemerken, dass wir nicht richtig aufgelegt hatten und der das alles mitbekommen hatte und brüllend rumtobte wie Rumpelstilzchen am anderen Ende, zum Glück in Süddeutschland. Dann waren da noch meine anderen Kollegen, Peik (der Kaffee trank wie andere Leute Wasser) und Volker (der einfach unbezahlbar war, einer der tollsten Kollegen überhaupt). Leider leben beide nicht mehr – also bis auf einige Verwerfungen hatten wir da echt Spaß. Ich werde nie vergessen, wie ein Kollege von »denen da oben«, also aus der RIALTO, runterkam in unseren Anarchoschuppen im 5. Stock und mich fragte, ob ich zufällig einen VW Käfer führe. Und ob der in der Tiefgarage der RIALTO stünde. Ich: »Ja? Warum?« Gert: »Ach, nee, is’ schon gut, wir dachten nur, da hätte jemand einen alten Schrottkäfer abgestellt, wollte den eben abholen lassen von der Polizei oder dem Abschleppdienst.« Zur Erklärung: Der Käfer war Jahrgang 1974, wärmflaschenfarben, also so kränklich orange-rötlich, das hintere Nummernschild hatte ich mit Schlüpfergummi hochgebunden, weil es schief war – das war keine gute Idee, weil durch die Elastik das Schild immer beim Fahren scheppernd und schreddernd auf dem Boden aufschlug … Na ja, und dass ich Kinderpflaster auf die Roststellen geklebt hatte – nicht zum Abheilen, so blöd war selbst ich nicht, aber damit es nicht weiterrostete, was aber nicht half –, war dem alarmierenden Äußeren des Käfers auch nicht zuträglich … Jedenfalls dachte mein Kollege aus dem 6. Stock, das alte Ding wäre ein geklauter Käfer oder eben ein oller Schrotthaufen zum Abschleppen.

Lange Rede, gar kein Sinn: Silke und Volker hatten plötzlich andere Jobangebote bekommen, die Presseabteilung lag brach und ich war auch der Ansicht, dass ich jetzt nach meiner Ausbildung mal was anderes probieren könnte – also: warum nicht ein Filmpraktikum? Matthias und Susan Wendlandt produzierten damals gerade ihren ersten Kinofilm »Beim nächsten Mann wird alles anders« und ich durfte mitmachen. Juhu! Also auf ein Neues! Praktikantin beim Film! Ich hängte jubelnd das Korrekturband an den Nagel und lernte, per Walkie-Talkie Filmkollegen auf unsere für Filmteams abgesperrten Parkplätze einzuweisen, Brötchen ans Set zu bringen, generell staunend zu gucken, im Weg rumzustehen, und schlich mich gemeinhin ins Filmbusiness ein.

Trivia: Vor Horst Wendlandt, dem Chef der RIALTO FILM, hatte ich einen ungeheuren Respekt: Ich bin einmal mit ihm im Fahrstuhl in die Tiefgarage gefahren … die längste Fahrt meines Lebens vom 6. Stock bis in die Garage. Das kann sich anfühlen wie eine Stunde. Er fixierte mich stumm und ich lächelte verkrampft, aber zugewandt. Der nette Mann mit dem Schnauzbart neben ihm, der mich freundlich anlächelte und den ich nicht erkannte, war Götz George! Fiel mir aber erst viel später und im Nachhinein auf! Die beiden hatten oben gerade das Drehbuch besprochen für den Film »Abwärts« – der in einem Fahrstuhl spielt.

Szene 1: Beim nächsten Mann wird alles anders, 1988

»Fahr mal bitte Edda Seippel zum Flughafen, aber ganz vorsichtig«