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Das vorliegende Buch, geschätzte Leser, ist tausendmal mehr als meine Autobiografie. Vielmehr bringt es doch zum Ausdruck, dass ein jeder von uns mit Mut und fester Überzeugung ungewöhnliche Dinge erreichen kann. Viele unter uns benutzen die eigene Fähigkeit nur zu fünfzig Prozent und lassen die andere Gehirnhälfte, die uns von Natur aus mitgegeben ist, brach liegen. Warum?
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Seitenzahl: 158
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Epilog
Das vorliegende Buch, geschätzte Leser, ist tausendmal mehr als meine Autobiografie. Vielmehr bringt es doch zum Ausdruck, dass ein jeder von uns mit Mut und fester Überzeugung ungewöhnliche Dinge erreichen kann. Wir alle benutzen die eigene Fähigkeit meist nur zu fünfzig Prozent und lassen die andere Gehirnhälfte, die uns von Natur aus mitgegeben ist, brach liegen. Warum?
In unserer derzeitigen weltpolitischen und globalen wirtschaftlichen Situation, die leider voller kriegslüsterner Ungeheuer ist, ist es wichtig, eigene Ansichten für eine friedliche Welt mit großem Respekt vor anderer Hautfarbe, Geschlecht, Religion und wirtschaftlichen Interessen zum Wohle und Erhaltung unseres Erdballs zu betrachten.
Wir zertrümmern ganze Gebiete und morden unschuldige Menschen in Massen. Soll das unser Gott und Vorbild irgendeiner Weltreligion gewollt haben? Das bezweifle ich. Unsere gewählten oder nicht gewählten Politiker sind nicht in der Lage, ihren Egoismus und ihre Machtgelüste zu zügeln, um mit religiösen und wirtschaftlichen Konkurrenten Verträge zum Wohle beider Seiten abzuschließen. Die Welt gehört uns allen. Wenn ich einem anderen etwas wegnehme, begehe ich Diebstahl und erzeuge Gegenangriff, das gilt im Kleinen und im Großen. Internationaler Handel ohne Korruption verbunden mit logistischen Lösungen bietet allen Menschen ein auskömmliches Leben. Bei gutem Willen ist es doch einfach, Verteilungsmechanismen zu implementieren, damit wir alle auf dieser Welt auskömmlich leben. Wir müssen dringend umdenken, damit jeder in seiner Heimat sein Leben genießen kann. Dann gibt es keine Vertreibungen oder Flüchtlinge mehr. Wir reichen Länder müssen auf die ärmeren zugehen und diesen Lebensperspektiven vor Ort schaffen, dafür sind wir ausgebildet worden. Menschen in ärmeren Ländern sind nicht schuld, dass zu viel Sonne scheint und es deshalb keine Ernte gibt, oder dass ganze Regionen unter Wasser stehen. Viele dieser Extremwetter haben doch wir in den hochindustrialisierten Ländern verursacht, folglich sind auch wir verpflichtet, einen gerechten Ausgleich zu organisieren. Setzen wir doch die toten fünfzig Prozent unseres Gehirns ein. Wir müssen bei dem anderen Menschen ankommen, dann werden wir respektiert. Ein Problem erkennt man bei Geflüchteten, die in einem vermeintlich sicheren Staat Zuflucht suchen. Wir verlangen von diesen, sich unseren Gesetzen und Strukturen anzupassen. Deshalb müssen wir auf diese neuen Mitbürger zugehen um sich zu integrieren, was meist an Sprachschwierigkeiten hapert. Das dauert.
Haben wir nicht aus hundertfachen Kriegen gelernt, dass wir uns damit nur selbst ruinieren und andere zerstören, anstatt mit unseren sogenannten Feinden zusammenzuarbeiten? Glauben Sie mir, das geht. Die meisten Kriege waren und sind religiös- oder ressourcen-basiert. Das ist irgendwie bekloppt. Wann hört die Zeit der Missionierungen auf? Lasst doch den Menschen ihren Glauben, dann lassen auch sie uns in Ruhe. Christen, Muslime und Juden, in Deutschland, in Europa, und überall in der Welt. Sogar beim Eurovision Song Contest in Malmö wird über Religion gestritten. Was bitte, hat die Religion mit einem Musikwettbewerb zu tun? Warum Ausgrenzungen bei internationalen Sportwettkämpfen? Sollen wir nicht alle unsere eigene Religion leben und uns ansonsten auf unsere Arbeit und Liebe zu unseren Mitmenschen konzentrieren? Ich respektiere jeden, der seinen Glauben lebt, gleich wessen Glaubens er ist. Dafür erwarte ich, dass ich mit meinem Glauben in Ruhe gelassen werde. Selbst heute noch nach vielen Jahrhunderten streiten sich Länder um die Vorherrschaft der besten Religion. Was soll das? Oder man streitet über die Bodenschätze in anderen Ländern. Gerade zanken sich die Herrscher von Russland und den USA über die Ukraine, um deren Bodenschätze auszurauben; um was anderes geht es nämlich nicht.
Kennen Sie das Gefühl, ein Mensch unterer Klasse zu sein, ein Underdog? Ich habe es erlebt, mich aber nie damit abgefunden. Die Wirren nach dem Krieg haben mich spüren lassen, wie armselig, ja erbärmlich ich war. Genau dieses Gefühl gab mir Auftrieb, mich selbst zu behaupten. Mein Großonkel in USA hat mich gelehrt: Hilf dir selbst, sonst hilft dir Gott. Genau dieses Gefühl gab und gibt mir Auftrieb, mich selbst zu behaupten, zu kämpfen, in die Gesellschaft aufgenommen und von ihr akzeptiert zu werden, ja, Vorbild zu sein für andere, es hilft dir niemand, außer du dir selbst!
Warum nutzen wir nicht unsere gesamte Stärke und unseren Mut, die eigene Faulheit zu überwinden. Es gibt für einen gesunden Geist keine Barriere sich fortzuentwickeln. Wir chillen zu viel. Nur ein Bruchteil der Menschen erkennen die eigene Stärke, sich emporzuarbeiten. Man wartet lieber darauf, dass ein anderer mir etwas Gutes tun, besseres Jobangebot, bessere Bezahlung. Bequemlichkeit ist so schön, dass man sich nicht selbständig zu einem neuen Höhenflug aufschwingt. Man ist zufrieden. Unser Gehirn bremst uns aus, wir verharren in Ruhe, bis jemand anderer uns anstößt. Wir sollten unsere eigenen Fähigkeiten bis zur Grenze ausschöpfen, dafür ist der Mensch geschaffen. Warum geben wir nicht ständig Gas? Erst dann haben wir uns auch eine schöpferische Pause verdient.
Ich bin meinen Lehrherren als Vorbild dankbar, die sind alle schlauer als ich, denn ich hatte keine Gelegenheit zum Studium, aber ich habe alles in mich aufgesaugt, was mich interessierte und daraus eigene Ideen entwickelt, die mich von Erfolg zu Erfolg geführt haben. Das ist mein Studium.
Ich wünsche, dass meine verehrten Leser die eigene Lebenseinstellung kritisch betrachten und prüfen, wie sie selbst durch Eigeninitiative die Welt friedlicher machen und verschönern können.
Warum schreibe ich eigentlich
Eine Biografie ist immer eine Selbstdarstellung und hat oft den Anstrich lehrmeisterisch zu wirken. In gewisser Weise soll es das auch, aber ohne den Push geht das nicht. So soll jeder bitte mitnehmen, was zu ihm am besten passt. Auf geht’s.
Wo anfangen?
Seit 1. Juli in Rente. Ich probiere noch, wie das geht, mit heldenhaften 84 Jahren. Wohlfühlzeit. Kein Druck. Keine Verantwortung für Mitarbeiter, Umsatz, Erträge, Steuern, was weiß ich noch alles. Trauer doch, weil ich viele Freunde, Kunden, Lieferanten hinter mir lassen musste. Aber man muss loslassen können. Zukunft genießen und neue altersgerechte Ziele stecken.
Im Alter von 54 Jahren habe ich mich entschlossen, mich als Consultant in der Transportlogistik zu verselbstständigen. Eine mutige Idee, während meine Freunde und Bekannte mich auf die bevorstehende Rente einstimmen wollten. Nichts für mich. Ich brauche Ziele, will meine Lebens- und Berufserfahrung austesten. Nun sitze ich hier und vertrödele die Zeit. Nein, eigentlich nicht. Ich stecke neue Ziele, zermartere mein Gehirn, beziehungsweise, was vom Gehirn übriggeblieben ist. Bin schließlich als gelernter Speditionskaufmann und in zweiter Lehre bei Lufthansa zum Luftverkehrskaufmann ausgebildet worden. Sollte aufschreiben, wozu ich eigentlich gelebt habe. Was erlebt man schon als schwarzes Schaf in einer 6-köpfigen Familie ab April 1939?
Kaum habe ich das Licht der Welt erblickt, hat Herr Dr. Horchler wohl um mich gekämpft. Die Infusionen, die mir verabreicht wurden, (wofür auch immer?), sammelten sich als dicke Blase an meinem linken Fußknöchel und musste durch einen mutigen Schnitt in die Freiheit entlassen werden. Die dazugehörige Narbe steht in meinem Pass als unveränderliches Kennzeichen, mein Leben lang. Wenigstens etwas, was bei mir unveränderlich blieb. Dann begann der Zweite Weltkrieg.
Die Wirren danach
Dass ich schlecht zu ernähren war, wie wir alle damals, ist auf die allgemeine Lebensmittelknappheit und Mangel an geeigneten Medikamenten zurückzuführen. Paul nahm nicht zu und war mager, ständig kränklich und immer müde. Wir waren im Krieg, bewohnten aber unser eigenes Haus in der Jülicher Straße gegenüber der Dreifaltigkeitskirche. Das Haus hatte unser Opa Paul 1905 erbauen lassen. 4 Etagen plus Anbau mit 3 Etagen, mit einem Innenhof und einer zweistöckigen Werkstatt. Unten die Malerwerkstatt von meinem Opa, angesehener Malermeister und Schildermaler in Düsseldorf, und obendrauf die Druckerei Rayer. Als Nachbarn gab es vor dem Krieg eine Essigfabrik, die immer gestunken hat, hat sich aber durch die Bombeneinschläge verflüchtigt. Tief unter den Kellern floss die Düssel, ein Bach, dem die Stadt ihren Namen verleiht.
Opa brachte mich morgens in den Kindergarten beim nahe gelegenen Sankt Vincenz Krankenhaus. Ich saß im Bollerwagen, gezogen von 2 Hunden. Opa hatte vier davon, einen Dalmatiner, eine Deutsche Dogge, einen Dobermann und einen Schäferhund. Zuvor setzte er mich auf die Werkbank und schnürte meine Schuhe. Abgeholt wurde ich mittags von unserer Nanni, Tante Annelise. Die hab ich nach vielen Jahren während meiner Ausbildung in Hamburg wieder getroffen.
Opas Dobermann wurde früh morgens zum Gassi geschickt, solo. Der Dobermann kam zurück, kauend. Opa hat sich gewundert, keine Erklärung, denn Dobermänner können nicht reden. Das klärte sich aber bald, denn Opa hatte einen Freund in der Nachbarschaft. Der erzählte, dass seit rund zwei Wochen die vom Bäcker gelieferten Brötchen nicht vor seiner Tür lagen. Jetzt durfte der Dobermann nicht mehr allein raus, der arme Hund.
Unsere Oma muss wohl schon früh an Nierenversagen gestorben sein, die habe ich nie kennengelernt. Annelise hat auf uns Kinder aufgepasst, meinen drei Jahre älteren Bruder Rolf, meine ein Jahr ältere Schwester Ursula, genannt Uschi, und mich. Nach mir gab es noch zwei Geburten, Gerd kam tot zur Welt und Bert ist bald als Baby verstorben. Im September 1943 kam dann unser Brüderchen Werner zu uns, wohl ein Weihnachtsgeschenk von Papi während eines Heimaturlaubes, fleißig, fleißg. Vor den Kriegswirren hat unsere Mami den Haushalt geführt und die Buchhaltung vom Opa gemacht.
Es wurde Fliegeralarm über Düsseldorf gemeldet. Das war am 12.06.1943, ein verheerender Luftangriff der britischen Luftwaffe, den Sir Winston Churchill in seiner Rede anlässlich seiner Verleihung des Londoner Ehrenbürgerrechts am 30.06.1943 ausdrücklich als Überlegenheit der britischen Streitkräfte besonders hervorhob. Tolles Resultat, Hauptsache viele Tote und alles in Trümmern. Es war eben Krieg.
Alle runter in den Keller. Paul schlief wie immer, wenn er abgelegt wurde, musste geweckt werden. Wir wurden evakuiert nach Linz am Rhein. Dort wohnten Papis Eltern Josef und seine Frau Kaczmira, gut zwei Kopf kleiner als er. Opa Josef kam als Kriegsgefangener vom Ersten Weltkrieg aus dem damaligen Ostpreußen mit seiner Kaczmira nach Duisburg. Oma Kaczmira stammte aus der Ukraine. Opa startete seine Arbeit bei Krupp als Hafenarbeiter und ging in Pension als Hafenmeister, Respekt, Respekt. Wahrscheinlich hat auch er öfter seine zweiten fünfzig Gehirn-Prozent bemüht. Er zog um nach Linz am Rhein. Die Wohnung war zu klein für uns alle. Opa Josef kaufte ein kleines Haus in Unkel am Rhein, eng, aber mit Platz für uns alle. Hier blieben wir ein paar Wochen bis auch hier die Bomber kamen. Fliegeralarm, Haus räumen, und ab in die öffentlichen Luftschutzbunker. Die Familie rannte aus dem Haus, jedoch ohne Paul. Paul war auf dem Klo und guckte aus der Dachluke, war begeistert, wie die Bomben in den Rhein platschen. Irgendwann merkte Mami, dass Paul fehlte, rannte zurück zum Haus, mich zu holen. Im Bunker schlief ich sogleich ein, wie immer, wenn ich irgendwo abgesetzt wurde. Wegen steigender Bombengefahr wurden wir weiter geschickt nach Oberlahnstein, Nahe Koblenz. In der Nähe wohnte unsere Tante Paula, die Schwester unserer Mami. Inzwischen wurden wir informiert, dass unser Haus in Düsseldorf bei dem massiven Angriff am 12.06.1943 bombardiert wurde. Volltreffer. Nur die Grundmauern blieben stehen. Opa erlag einem Herzinfarkt, als er in der Werkstatt war. Wir konnten nicht zur Beerdigung. Der Turm der gegenüberliegenden Dreifaltigkeits-Kirche stürzte durch die Druckwellen der Bomben kopfüber vor den Haupteingang. Das riesengroße Loch haben wir später nach Kriegsende gesehen. Der Kirchturm war kupferbeschlagen und war bereits verschrottet worden, als wir zurückkamen.
In Oberlahnstein erreichten uns auch die Bomben. Also nächste Evakuierung nach Sonneberg in Thüringen auf einen Bauernhof. Die lange Zugfahrt führte teils durch Wälder. Der Zug hielt an wegen Bombenalarm. Alle aussteigen und im Waldboden flach hinlegen und muksmäuschenstill sein. Fliegerschwadronen über uns. Nach Stunden durfte der Zug weiter, aber Rolf war verschwunden, der machte einen Waldspaziergang außer Hörweiter. Als wir ihn wieder eingefangen hatten, ging die Fahrt weiter nach Sonneberg auf einen Bauernhof, amerikanische Besatzungszone. Wenig Begeisterung bei unserer Ankunft, denn nun wurde es auf dem Bauernhof eng. Die Bäuerin unfreundlich, kann man im Nachhinein verstehen. Hier gab es Obstbäume in einem großen Garten. Rolf, Ursula und ich nix wie auf die Bäume, wann hatten wir solche Äpfel und Birnen gesehen? Die Bäuerin hat uns aber verjagt, bei der mussten wir stets parieren. Die wollte keine weiteren Kinder. Die Bauersleute mussten täglich raus aufs Feld, denn es war Erntezeit. Sie setzten ihre zehnjährige Tochter in einen Apfelbau als Aufpasser, damit wir nicht mehr in die Bäume kletterten. Paul entdeckte über die Straße einen anderen Bauernhof. Dort bekam ich eine Schnitte Brot mit dick Butter und Zucker drauf. Mit dieser rannte ich zu meinen Geschwistern zum Teilen. Tags drauf war ich wieder drüben, bekam wieder eine Schnitte mit dick Butter und Zucker drauf, wurde aber festgehalten, bis ich allein aufgegessen hatte. Mutter hat mich nicht mehr rüber gelassen, entweder alle Kinder oder keins. Ich war immer noch sehr mager, ich tat denen leid, ich mir nicht, denn ich hatte endlich Spaß bei neuen Freunden, ebenfalls Kriegsflüchtlinge. Von einheimischen Kindern haben wir eine zeitlang nichts gesehen, die wurden von uns ferngehalten.
Der Zweite Weltkrieg wurde als beendet erklärt. Dann kamen die Amis mit großen Lastwagen durch die Straßen von Sonneberg, beladen mit allerhand Spielzeug für alle Kinder sowie Lebensmitteln. Von da an hatten wir Möglichkeit und Spaß zum Spielen auf der Straße. Und siehe da, wir lernten Kinder aus der Nachbarschaft kennen und spielten zusammen. Geht also doch. Wir blieben noch ein paar Monate, mussten aber irgendwann wieder weg, weil die Bombengefahr vorüber und der Krieg angeblich beendet war.
Es ging zurück nach Oberlahnstein, denn unser Haus in Düsseldorf war bis auf die Grundmauern zerstört. Diesmal ging es in eine größere Wohnung in der Nähe von Tante Paula’s Familie. War trotzdem sehr eng dort. Der Hausherr und Ehemann von Tante Paula war Onkel Franz mit einem Holzbein. Kriegsverletzung. Er betätigte sich als Sportjournalist, spezialisiert auf Fußball. Das Verhältnis der Familie war irgendwie gestört. Als Kinder konnten wir das zunächst nicht einordnen. Aber es stellten sich unterschiedliche politische Ansichten heraus. Onkel Franz war braun, Tante Paula nicht. Die hatten drei Kinder, Wilfrid und Sigrid und Gloria. Und es gab ein Damenfahrrad, was meine besondere Aufmerksamkeit erregte. Darauf lernte ich leidlich fahren, natürlich zuerst auf der Hauptstraße, dort gab es damals keinen Verkehr. Rolf hielt mich am Gepäckträger, bis ich zu schnell wurde, er ließ los, flog aufs Gesicht, und ich raste planlos weiter, die Hosen voll, denn ich konnte nicht richtig lenken und nicht bremsen, das Rad war zu groß für mich. Schließlich platzte ich auf dem Sportplatz mitten in ein lokales Fußballspiel hinein. Das gab Theater und Gebrüll. Ich flog auf die Nase, schrammte mir Hände und Knie auf dem Schotter auf, und der Schiedsrichter sorgte für Ruhe und ließ mich nachhause bringen.
Monate später Rückfahrt nach Düsseldorf in die Jülicher Straße. Mein Vater Josef, genannt Jupp, der inzwischen aus dem Krieg von Warschau zurück war, und ein Vorkriegsmieter, Herr Leers, hatten inzwischen zwei Zimmer im alten Anbau als passable Behausung für uns sechs hergerichtet.
Im Schlafzimmer waren jetzt Mami und Papi im Ehebett, Rolf, Ursula und Paul in je einem Kinderbettchen, und Werner im Körbchen neben den aktiven Eltern. Im Ehebett kriegten wir dann mit, wie man Kinder macht. Mami war Papis Goldfischlein. Wir haben uns gekringelt vor Lachen. Dann war eine zeitlang wieder Ruhe, bis das das Goldfischlein wieder munter wurde.
Abend für Abend stets dieselbe Langeweile. Wir drei waren nicht müde, mussten aber um sechs Uhr in unsere Bettchen. Nebenan im Wohn-, Ess-, Küchenund Arbeitszimmer Mami und Papi am Volksempfänger. Fernseher gab es noch nicht. Ich unterhielt meine Geschwister. Zehn kleine Negerlein kannten wir aus Kinderbüchern. So spielte ich für Rolf und Uschi zehn kleine Negerlein mit meinen dreckigen Füssen vor, denn waschen war für mich ein Fremdwort. Wir haben uns gekringelt vor Lachen. Das kriegte Mami mit und kam ins Schlafzimmer. Nun musste ich mir doch die Stinkfüße gründlich waschen. An einem anderen langweiligen Abend versuchte ich, den lockeren Deckel vom Lichtschalter mit der Großzehe festzuschrauben. Der Schalter lag gleich an meinem Bettchen neben der Tür. Die Schraube drehte sich, leider aber in die falsche Richtung und der Deckel fiel zu Boden. Durch den Lärm stürzte unsere Mami ins Zimmer und wollte Licht anschalten, stattdessen bekam sie einen Stromschlag. Alles dunkel, weil die Sicherung rausgeflogen ist. Mami schrie, Papi kam zu Hilfe, packte Paul und verhaute mich nach Strich und Faden. Mami brachte zwei Kochlöffel mit, denn die Hände taten ihnen weg, weil ich zu knöchern war. Die Holzlöffel zersprangen einer nach dem andern und ich lachte mich krank, aber nach der Tortour schlief ich ein.
Was treiben drei Kinder tagsüber, wenn sie allein sind? Papi ging seinem Beruf nach und Mami war halbtags in der Telefonzentrale bei seiner Firma angestellt, nachmittags war sie oft bei ihrer Freundin, die wir Tante Irmchen nannten. Von ihr bekam sie den Tipp, eine Vertretung für KNITTAX Strickmaschinen zu übernehmen, also musste ein Auto her, ein Brezel-Käfer. Im Alter von fünfundvierzig oder so hat Mami den Führerschein im fünften oder sechsten Anlauf bestanden. Aber richtig Autofahren war dann wieder eine andere Sache. Ich soll niemals die Fahrkünste meiner lieben Mami in Zweifel ziehen, aber sie konnte nie richtig mit dem Lenkrad umgehen, weil es wohl viereckig war, nicht rund. So waren ihre Kurven, immer eckig. Ihr lagen mehr gerade Straßen und winkelige Kurven. Aus heutiger Sicht kann ich das verstehen, denn der Käfer hatte noch keine Servolenkung. Die eckigen Kurven hat sie jedoch immer beibehalten, auch bei den neuen Käfern mit Servolenkung. Einmal hat sie die eckige Kurve nicht richtig gekriegt und fuhr dem Polizisten auf der Kreuzung knapp über den Stiefel, zum Glück mit Stahlkappen. Es gab keine Anzeige, denn Mami kannte den Wachmann gut. Ampelregelung gab es noch nicht. Im Winter ging der Motor oft nicht an. Dann musste man den Motor mit einem Drehschwengel anwerfen, Mami konnte das nicht, aber Rolf und Paul konnten .
Mami war oft außer Haus, KNITTAX verkaufen, und Papi bei Krupp im Büro. In unserer Dreisamkeit stellten wir immer etwas an, oft nichts Gutes, außer wir bekamen Aufgaben. Neben unserem großen Hühnerstall hatten wir noch einen kleinen Garten im Hof. Jeder hatte eine kleine Ecke zu bewirtschaften. Meine Lieblingsblume war die Schwertlilie. Die hab ich mit in Wasser aufgelöstem Hühnermist regelmäßig gedüngt. Sie wuchsen prächtig. Petersilie und Schnittlauch hatte ich auch. Der Garten meiner beiden Geschwister sollte aber auch gut gedüngt werden. Paul wurde mit Bollerwagen und Schaufel durch Derendorf geschickt, Pferdeäppel einsammeln. Pferde gab es mehr als Autos. Zuhause angekommen, wurden die Äppel ebenfalls in Wasser aufgelöst. Bester Dünger. Nun konnte der Garten gedeihen und wir hatten wieder Zeit für neue Streiche. Ich tat aber auch etwas anderes. Auf meinen Pferdeäppeltouren fand ich jede Mengen Altmetall. So sammelte ich Schrott und verkaufte das in der Nähe. In allen Trümmergrundstücken fand ich Eisenschrott, damit peppelte ich meine Kasse auf und habe das meiste davon gespart.