Von Wölfen und Schafen - Ursula Hass - E-Book

Von Wölfen und Schafen E-Book

Ursula Hass

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mitten im schönen Schwarzwald, am Kulturdenkmal "Balzer Herrgott", entdeckt Kommissar Kirsch eine Leiche. Es ist eine junge Schauspielerin, die dort ermordet wurde. Somit ist Kirsch bei seinen Ermittlungen auch im Schauspielermilieu anzutreffen. Jan Schwarz kommt ihm zu Hilfe, der als Reporter auch einem Bilderfälscherring auf den Fersen ist. Und so bleiben auch weitere Morde nicht aus. Beim Theaterstück "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller treten so auch einige Irritationen, Intrigen, Liebe, Lust und Leidenschaft bei den Schauspielern zutage. Auch Kirsch muss öfters mit seinen Gefühlen kämpfen, denn alte Bekannte aus den früheren Kirsch-Krimis legen so manche falsche Fährten, wie auch die Flohmarktlady. Spannung und Unterhaltung kommen beim fünften Kirsch-Krimi nicht zu kurz, dafür sorgen schon alle Protagonisten, die Kirsch natürlich kräftig bei seinen Ermittlungen, mal mehr oder weniger, unterstützen. Der fünfte Krimi macht wieder Lust auf den Schwarzwald und seine Menschen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 685

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ursula Hass

Von Wölfen und Schafen

Kirsch, Schwarz und die Flohmarktlady

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Nachtrag

Impressum neobooks

Kapitel 1

Ursula S. Hass

Der Schwarzwald-Krimi

Von Wölfen und Schafen

Kirsch, Schwarz und die

Flohmarktlady

Der Schwarzwaldkrimi:

Von Wölfen und Schafen

Kirsch, Schwarz und die Flohmarktlady

Ursula S. Hass

Copyright: © 2021 Ursula S. Hass

Druck: epubli

www.epubli.de

Ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung, die über den Rahmen des Zitatrechtes bei korrekter vollständiger Quellenangabe hinausgeht, ist honorarpflichtig und bedarf der schriftlichen Genehmigung des Autors.

Die Personen und die Handlung des vorliegenden Krimis sowie die Namen und Dialoge sind sämtlich erfunden. Ähnlichkeiten mit Personen, Namen und Orten wären rein zufällig und sind nicht beabsichtigt.

Personen und Handlung

Kommissar Kirsch lebt und arbeitet im fiktiven Schwarzwaldort Wiesenbach. Doch mitten im neuen Fall wurde er nun nach Offenburg versetzt, da er zusammen mit den Freiburger Kollegen diesen Fall bearbeiten soll. Vorläufig bleibt aber alles noch beim Alten, da die neuen Räume in Offenburg noch nicht zur Verfügung stehen. Unterstützt wird der Kommissar wieder von seinen beiden Assistenten, Helen und Eugen, die ihm loyal ergeben sind. Seine Frau Moni, eine Hobby-Züchterin für Kakteen und Orchideen verwöhnt ihren Schwarzwälder Kommissar Kirsch auch diesmal mit seinen Lieblingsessen, die er manchmal auch so dringend benötigt, wie seine Schwarzwälder Luft, die seine grauen Zellen immer wieder besonders anregt. Kirsch ist ein Genussmensch, was natürlich vor allem auch an den Kochkünsten seiner Frau liegt, die ihm gerne seine Leibspeisen serviert.

In diesem spektakulären Fall wird Kirsch auch vom Reporter Jan Schwarz unterstützt, der mit seinen Recherchen hinter einer Bande von Bilderfälschern her ist. Dass es hierbei auch ziemlich geheimnisvoll zugeht, versteht sich von selbst. Dort, wo der Schwarzwald so dunkel und gefährlich ist, im Mörderloch beim „Balzer Herrgott“, trifft Kirsch auf die erste Leiche. Dabei handelt es sich um eine Schauspielerin. Die Motive der Mordfälle bleiben für den Kommissar ein Rätsel und so werden auch manche falschen Fährten gelegt. Kirschs Gefühlsleben wird dabei ständig auf eine harte Probe gestellt. Auch ein Serientäter soll sein Unwesen treiben. Schwarz und die unbekannte Flohmarktlady sorgen mit echten oder auch falschen Informationen für spannende Momente. Entführt werden die Leser/Innen in das Theatermilieu, das sich zu einem mysteriösen Schauspiel, nicht nur beim Theaterstück „Kabale und Liebe“, entwickelt. Dieser Krimi ist ein Roman, der wie im echten Leben, Intrigen, Verwandlungen, Leidenschaften, Liebe und Hass präsentiert, und so für Kirsch ein fast undurchdringbares Netz über die Handlung legt.

Die blonden Locken fielen Eva nur so ins Gesicht, als sie von ihrem Fahrrad abstieg und in den Hofladen eintrat. Doch dann erschrak sie heftig, denn an der Theke standen ein Mann und eine Frau, und der Mann kam ihr bekannt vor.

Das wird doch nicht Hans Tiefenthal sein, dachte Eva, den sie hier erblickte und mit ihm eine sehr elegante Dame, die sich liebevoll an ihn wandte. Man sah dem Paar schon von Weitem an, dass es sehr vertraut miteinander war.

Eva wollte schon den Hofladen wieder verlassen, da kreuzten sich die Blicke zwischen ihr und dem Mann, der sie ebenfalls seltsam ansah. Sogleich wandte sich Eva ab, denn sie wollte ihm, gerade ihm, nicht begegnen. Zu viele Erinnerungen kamen wieder hoch. Auch dem Mann war es sichtlich peinlich, sie hier zu treffen. Und auch er wandte den Blick wieder von ihr ab und seine Augen suchten seine Partnerin, die ihn musterte. Sie hatte wohl bemerkt, dass er sehr lange seine Augen auf die blonde junge Frau gerichtet hatte.

„Kennst du die Dame?“, wollte sie gleich von ihm wissen.

Eva hatte die Frage auch vernommen.

Merkwürdig, diese Frau ist doch sonst nicht seine Kragenweite, dachte Eva.

Und sie erinnerte sich, dass es eigentlich nur immer sehr junge Damen waren, die ihn anhimmelten, und die er für seine kleinen Amouren auserwählt hatte.

Komisch, überlegte Eva, hat sich sein Geschmack nun gewandelt?

Aber sie wollte sich in die Unterhaltung nicht einmischen und ihm auch keinen schönen Guten Tag wünschen.

Was sucht er hier nur?, überlegte sie weiter. Er ist doch sonst in Norddeutschland unterwegs. Doch dann verließ sie abrupt den Hofladen, ohne überhaupt etwas gekauft zu haben.

Schnell nahm sie ihr Fahrrad, schob es auf die Straße und stieg auf. Mit sichtlichem Tempo fuhr sie los und hätte fast einen Mann umgefahren, wenn dieser nicht gleich auf die Seite gesprungen wäre.

„Nicht so schnell, junge Dame!“, sagte der Mann, und fing sie auf, denn sonst wäre sie vom Fahrrad gestürzt. Sie war so überrascht über das Auftreten von Hans Tiefenthal im Hofladen, dass sie direkt auf der Flucht vor ihm war, und gar nichts mehr wahrnahm.

Dankbar schaute sie den Mann an, der sie mit blauen, blitzenden Augen umfasste und ein Lächeln umspielte seine Lippen.

„Was hat Sie denn veranlasst, so schlagartig die Flucht zu ergreifen und harmlose ältere Männer umzufahren?“

Eva dachte nur, was kokettiert er nur mit mir und schaute ihn ebenfalls mit blitzenden Augen an.

„Bitte, entschuldigen Sie, aber das ist eigentlich nicht meine Absicht, ältere Männer umzufahren, obwohl Sie ja noch sehr jungenhaft zur Seite gesprungen sind“, entgegnete Eva und war froh, dass sie ihm schon gleich die Grenzen aufgezeigt hatte.

„Das ist heute nicht mein Tag!“, gab Eva unumwunden zu und lachte schon wieder.

„Wollen wir auf diesen Schreck hin, nicht eine Tasse Kaffee miteinander trinken. Gerade hatte ich dies vor, bevor ich Sie aufgefangen habe.“

„Dort drüben ist ein kleines nettes Café, da gibt es noch Sitzplätze.“

Eigentlich wollte Eva nur aus dieser Straße fortkommen, um nicht noch einmal Hans Tiefenthal zu begegnen, ihrem Hans, den sie lange Zeit nicht vergessen konnte und der sich ihr gegenüber so abscheulich benommen hatte.

Doch der Mann, der sie so beherzt aufgefangen hatte, hielt noch ihre Hand fest und lachte sie an, dass sie einfach einschlug, und gemeinsam gingen sie zu dem Café.

Hoffentlich haben Hans und die elegante Dame nicht auch noch diesen Gedanken, und ich muss ihm dann nochmals begegnen, dachte Eva weiter darüber nach.

Als sie jedoch das Café betraten, waren nur wenige Besucher da, meistens ältere Damen, die mit ihren Freundinnen einen vergnüglichen Kaffeeklatsch verbrachten.

Schließlich fanden sie einen netten Platz mit einem herrlichen Blick auf die Gartenanlagen und auf die Fontäne. Dann stellte sich der Mann vor.

„Mein Name ist Jan Schwarz, ich bin Journalist und ich bin noch nicht lange in Freiburg.“

„Sind Sie hier aus der Gegend oder auch wie ich, erst hierher gezogen?“, fragte er ein bisschen zu neugierig, für Eva, nach.

„Ich bin auch nicht von hier gebürtig, aber ich arbeite am Theater und bin Schauspielerin“, erzählte Eva.

„Ach, Schauspielerin, das ist ja interessant!“, entgegnete der Journalist.

„Wielange sind Sie schon am Theater engagiert?“, war gleich seine nächste Frage, wobei er sich aber sofort für seine Neugierde entschuldigte.

„Wissen Sie, das ist eine Berufskrankheit, wir Journalisten wollen immer gleich alles wissen“, entschuldigte er sich nochmals.

„Alles, wollen Sie wissen, so, so!“, schmunzelte Eva und stellte sich ihrerseits auch mit ihrem Namen, Eva Warnstede, vor, denn irgendwie war ihr der Mann, den sie auf circa 40 Jahre schätzte, sehr sympathisch.

Auch Jan Schwarz musterte Eva von der Seite und ihre blonden Locken, die ihr einfach immer wieder ins Gesicht fielen, obwohl sie sie sofort wieder zurückschob, gefielen ihm ebenso, wie auch die junge Frau selbst.

Ihre schräg geschnittenen Augen, die manchmal blau, aber auch manchmal grün schimmerten, musterten ihn auch unaufhörlich.

Eva hatte eine schlanke, sportliche Gestalt, die durchtrainiert war. Das sah man sofort. Sie ging auch auf ihren Ballettunterricht zurück, den sie von Jugend an ausführte und sich auch immer noch gönnte.

Dann kam auch endlich die Bedienung an ihren Platz, und beide bestellten eine Schwarzwälder Kirschtorte und einen Cappuccino.

Doch dann schlief das Gespräch zwischen den beiden ein bisschen ein, denn sie widmeten sich genussvoll der Schwarzwälder Kirschtorte, die einfach köstlich schmeckte.

„Das ist sicherlich die Spezialität des Hauses, die Schwarzwälder Kirschtorte“, sagte Eva etwas schleppend, um die Unterhaltung wieder in Gang zu bringen.

„Ja, die Schwarzwälder Kirschtorte ist wirklich einmalig und schmeckt sowieso nur im Schwarzwald so gut, wahrscheinlich liegt es am Schwarzwälder Kirschwässerle“, entgegnete Jan Schwarz und schmunzelte vor sich hin.

„Was wird denn zurzeit am Theater gespielt?“, wollte er schließlich wieder von ihr wissen.

Eva liebte ihren Beruf sehr, und da sie noch nicht lange in Freiburg engagiert war, erklärte sie ihm alles, was mit dem Theater zusammenhing.

„Da werde ich sicherlich wohl dem Theater mal einen Besuch abstatten müssen, vor allem dann, wenn Sie spielen, freute sich der junge Mann, Eva wieder zu sehen.

„Morgen wird der neue Intendant vorgestellt“, hörte sich Eva plötzlich sagen.

Ansonsten war sie nicht so gesprächig, was das Theater betraf, aber irgendwie hatte sie Vertrauen zu diesem Mann gewonnen.

„Ach, ein neuer Intendant kommt auch!“, meinte er daraufhin.

„Wir wissen noch nicht, wer es ist, aber ich bin schon mal gespannt. Bisher hatten wir eine Frau, die wechselte aber jetzt nach Düsseldorf an das dortige Theater und somit war die Stelle wieder vakant.“

„Das hört sich alles sehr interessant an.“

„Ich muss aber jetzt gehen“, erzählte Eva, „ich habe noch Probe. Zurzeit bin ich für ‚Kabale und Liebe‘ engagiert.“

„Ist dieses Stück immer noch auf dem Theaterplan, das haben wir ja schon in der Schule aufgeführt?“, entgegnete Schwarz.

„Das Stück ist ja von Friedrich Schiller und wird immer wieder gespielt, weil es zeitlos ist, denn Intrigen und Liebe, eben ‚Kabale und Liebe‘ gab es schon damals und gibt es immer noch“, sagte Eva mit einem Augenzwinkern und lachte.

„Allerdings wird es bei uns jetzt in einer modernen Fassung gespielt und dazu gehören auch noch tänzerische Einlagen“, erklärte Eva dem Journalisten, der aufmerksam zuhörte.

„Ich war einige Jahre im Ausland und dann in Norddeutschland bei der Zeitschrift ‚Augenblick mal‘ beschäftigt, wo ich mich hauptsächlich auch zeitkritischen und gesellschaftlichen Themen gewidmet habe“, berichtete Jan Schwarz.

„Das hört sich ja alles auch sehr interessant an, aber ich muss jetzt doch gehen. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder?“, war alles, was Eva noch herausbrachte, denn der Mann gefiel ihr, und sie hätte ihn gerne wiedergesehen.

„Sicherlich, Freiburg ist ja nicht so groß, da werden wir uns wieder begegnen, auf jeden Fall werde ich zu Ihrer Premiere kommen, wann ist sie denn?“

„Festgesetzt ist sie auf den Herbst, aber sicherlich wird jetzt der neue Intendant oder die neue Intendantin auch noch ein Wörtchen mitreden“, sprach Eva und stand dann aber endgültig auf.

„Schön, Sie getroffen zu haben und auch noch vielen Dank, dass Sie mich nicht umgefahren haben“, ergänzte Jan Schwarz.

„Ich danke Ihnen, dass Sie mich aufgefangen haben.“

Dann verschwand Eva und Jan Schwarz blickte ihr mit seltsam freudigen Augen nach.

Kapitel 2

Kommissar Kirsch und seine Frau Moni waren nach ihrer Kreuzfahrt, die sie an die Ostsee, nach Kopenhagen, Stockholm, Tallinn und Sankt Petersburg brachte, wieder in ihrem Wiesenbach gelandet. Kirschs letzten Urlaubstag wollten sie aber noch in den heimischen Gefilden, im Schwarzwald, genießen.

Ihr Weg sollte sie diesmal nach dem schönen Ort Furtwangen und nach Gütenbach, zum ‚Balzer Herrgott‘, führen. Kirsch und auch seine Frau Moni lieben einfach die alten Kulturdenkmäler, wie auch den ‚Balzer Herrgott‘. Es ist ein ehemaliges Kreuz, das von einem Baum ganz umhüllt wird, man sieht nur noch das Antlitz des Herrgotts, das von Ästen und Blättern umkränzt wird.

Moni hatte ein kleines Picknick vorbereitet, Schnitzel, Kartoffelsalat und Radieschen eingepackt, und das wollten sie an einem schönen Rastplatz beim Keuz zu sich nehmen. Allerdings ist der Ausblick beim ‚Balzer Herrgott‘ nicht so ergiebig, denn das Denkmal steht mitten im Wald und ganz in der Nähe befindet sich auch noch das Mörderloch, ein Waldstück, das ganz tief, bis in die Ebene eines Tales, hinunterreicht.

Doch vom Mörderloch wollte Moni gar nichts hören, hatte doch ihr Mann, der Kriminalkommissar, immer auch mit schrecklichen Morden und Mördern zu tun. Aber so ein Besuch beim Kulturdenkmal ‚Balzer Herrgott‘ fand auch ihr Gefallen und so fuhren die Kirschs von Wiesenbach nach Gütenbach. Direkt am Wald befand sich ein großer Parkplatz, da stellten sie ihr Auto ab und holten ihre Wanderstöcke und ihre Rucksäcke hervor.

Dann ging es los. Sie warfen noch einen kurzen Blick hinüber zu den Bauernhöfen der Gegend und in die Richtung von Neukirch. Bald kam auch schon der Waldweg und schwarze Tannen säumten ihren Weg. Ganz in der Nähe des ‚Balzer Herrgotts‘ hatten sie einen Rastplatz auserwählt, denn Kirsch verspürte schon wieder etwas Hunger, obwohl sie noch gar nicht solange unterwegs waren. Dort an diesem Rastplatz sollte dann das Picknick eingenommen werden.

Angekommen schnaufte Moni schon ein bisschen. Als sie gerade dabei war, den Tisch zu decken, sah sie, dass etwas unter der danebenstehenden Bank lag. Sie bückte sich und dann hörte Kirsch nur noch einen markerschütternden Schrei. Er zuckte nur so zusammen und ließ sein Messer fallen. Das wäre fast auf die ausgestreckte, blutverkrustete Hand gefallen, die unter der Bank lag, was aber Kirsch noch nicht bemerkte.

„Was ist denn los, Moni, weshalb schreist du denn so?“, rief Kirsch bestürzt aus, der noch keine blutverkrustete Hand gesehen hatte.

„Da, schau, da liegt eine Hand, die ist ganz starr und blutverkrustet.“

Kirsch riss Moni nur so von der Stelle, dass sie beide fast über die Bank gefallen wären. Vor lauter Schreck fiel ihm dann doch noch das Messer aus der Hand.

Moni schleppte sich schnell auf die Seite.

Kirsch stolperte ein bisschen, bückte sich und wollte das Messer aufheben, und dann sah er die Bescherung und die blutverkrustete Hand.

Dann sah er auch einen Körper, einen weiblichen Körper. Er wollte jedoch nichts berühren, um keine Spuren zu verwischen.

„Moni, wo ist mein Handy?“, rief er ganz aufgebracht hervor.

„Moni, wo ist mein Handy?“, rief er nochmals und seine Stimme überschlug sich fast.

„Kirsch, du hast es doch in deinen Anorak gesteckt, da muss es sein!“

„Wir müssen sofort die Polizei verständigen!“

Helen und Eugen, seine treuen Weggefährten aus Wiesenbach, hätte er gerne auch noch einbestellt, aber der Tatort lag doch ein bisschen zu weit weg von Wiesenbach, wie Kirsch überlegte.

„Ich rufe die Freiburger Kollegen an, die kenne ich besser, obwohl auch die Villinger in Betracht kämen. Wir sitzen da, glaube ich, direkt an der Grenze zu den beiden Städten und Landkreisen.“

Doch irgendwie hatte er keinen Empfang, da die Tannen doch zu dicht beieinanderstanden.

„Moni, ich muss zum Parkplatz zurückgehen und von dort die Polizei verständigen. Vielleicht kann ja auch noch jemand vom Hof unterhalb des Parkplatzes dazukommen?“

„Kannst du alleine bei der Leiche bleiben?“

Moni schaute Kirsch nur mit entsetzten Augen an.

„Ich bleibe keine Minute länger hier, vielleicht ist der Mörder noch unterwegs oder sitzt unten im Mörderloch und kommt dann womöglich wieder hoch.“

„Wie stellst du dir das denn vor, mich hier alleine sitzen zu lassen?“ Moni explodierte fast vor lauter Angst und zappelte nur so herum.

„Natürlich das geht gar nicht, dass du da alleine sitzen bleibst, das sehe ich ja ein“, entgegnete Kirsch.

„Ich mache noch ein paar Fotos, nicht, dass noch die Leiche verschwunden ist, wenn ich wieder zurückkomme.“

Also fotografierte Kirsch die Leiche von allen Seiten. Das Gesicht sah man nicht, sondern nur dunkle, schwarze Haare bedeckten den Kopf.

„Ich glaube, es ist eine Frau!“, sagte Kirsch zu Moni, die sich vor lauter Angst nur so schüttelte.

So kannte Kirsch seine Frau gar nicht, die sonst immer sehr tapfer ist, ihre Angst niemals zeigt, und schließlich hatten die beiden auch schon so manche Bluttat erlebt.

Aber in diesem dunklen Wald war es für Moni einfach gar zu gruselig. Auf der einen Seite der ‚Balzer Herrgott‘, der seinen starren Blick auf Kirsch und Moni gerichtet hatte, und dann auf der anderen Seite, das Mörderloch mit seinen tiefen Gefilden, wo sich ein Mörder tagelang verstecken kann.

Selbst Kirsch war es nicht geheuer.

Moni packte ihre Habseligkeiten wieder ein, nicht mal ein Schnitzel oder den Kartoffelsalat hatten die beiden angerührt, geschweige denn gegessen. Das Essen war ihnen leidlich vergangen.

Schnell richtete Moni alles zusammen und dann liefen sie los. Fast hätten sie noch ihre Wanderstöcke vergessen.

Auf dem Parkplatz angekommen, setzten sie sich erst mal ins Auto, denn die Aufregung mit der Leiche und dem vielleicht noch herumgeisternden Mörder war doch zu groß.

Dann holte Kirsch sein Handy hervor und rief die Telefonnummer 112 an, wie ein ganz normaler Tourist.

Er schilderte den Polizisten, dass er eine Leiche direkt am Rastplatz des ‚Balzer Herrgotts‘ gefunden hatte, und dass er auch Fotos von der Leiche und dem Rastplatz gemacht hatte.

„Können Sie uns diese Fotos schnellstens herschicken?“, fragte der Polizist, denn da wusste er ja noch nicht, dass auch Kirsch als Kommissar tätig war.

Kirsch kam natürlich dieser Bitte sofort nach und dann warteten die beiden bis das ganze Polizeiaufgebot, mit Personal und Fahrzeugen, anrückte.

Eugen und Helen, seine beiden Assistenten aus Wiesenbach, hatte Kirsch natürlich auch gleich angerufen und auch sie machten sich auf den Weg, denn diese Leiche am ‚Balzer Herrgott‘ wollten sie sich auch nicht entgehen lassen.

Kirsch erwartete die Polizisten, die schließlich aus Freiburg angereist kamen, und informierte sie über den Leichenfund. Ziemlich schnell fuhren sie gemeinsam den Waldweg entlang bis zum ‚Balzer Herrgott‘ und auch die KTU kam gleich angerückt. Schließlich trafen auch noch Helen und Eugen ein, die ihren Chef, den Schwarzwälder Kommissar Kirsch, nur mit großen Augen ansahen, denn nun wussten sie, dass Kirsch, obwohl noch im Urlaub, wieder in seinem Metier, dem Mörderjagen, angekommen war.

Helen meldete sich zuerst zu Wort und auch Eugen war ziemlich aufgeregt. Dass nun ihr Chef wieder in eine Mordsache verwickelt war, machte sie nicht gerade glücklich. Damit war ja auch wieder Mehrarbeit für die beiden angesagt. Schließlich kannten sie auch Kirsch, seine Ungeduld und seine Sturheit bei den Ermittlungen. Natürlich vergasen sie auch nicht ihren Bürgermeister Wohlgemuth, der sicherlich gar nicht darüber erfreut sein würde, dass Kirsch an seinem letzten Urlaubstag wieder eine Leiche entdeckt hatte, und so wie es sich bisher schon aus den Worten von Kirsch ergab, womöglich auch diese nach Wiesenbach transportieren lassen wird.

„Oh Gott, Herr Kirsch, was wird auch der Bürgermeister dazu sagen, dass Sie sich nun auch dieser Leiche annehmen werden?“, meinte Eugen, der sich als erster wieder gefangen hatte, und gleich schon darauf verweisen wollte, dass der Bürgermeister über diese erneute Leiche sicherlich nicht erfreut sein würde.

„Eugen, was hast du nur, ich kann doch nichts dafür, dass mir gerade an meinem letzten Urlaubstag diese Leiche, noch an meinem Picknickplatz, serviert wird“, murmelte Kirsch mehr in seinen Schnauzer als zu Eugen. Er blickte ihn mit seinen braunen Hundeaugen mitleidsvoll an.

„Doch lass uns jetzt zu den Kollegen von Freiburg gehen, schauen wir mal, was sie entdeckt haben. Ich habe ja die Leiche gar nicht angefasst!“

Die Spusi hatte auch schon alles abgesperrt und Kirsch und Eugen mussten vor der Sperre bleiben, damit sie nicht noch mehr Spuren verwischten.

„Habt ihr auch Doktor Dorer verständigt?“, wollte Kirsch auch noch wissen.

„Ja, er weiß Bescheid und er wird so schnell wie möglich herkommen, hat er gesagt“, versicherten die beiden.

Dann stellte sich noch Kommissar Schnebel vom Freiburger Kommissariat vor und Kirsch und Schnebel besprachen die weiteren Details.

„Wir konnten auch noch keinen Hinweis finden, um welche Person es sich handelt. Ausweispapiere sind keine vorhanden.“

Es ist eine jüngere Frau, so zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt, vermutet unsere Pathologin, die die Leiche schon kurz untersucht hat“, erzählte Kommissar Schnebel.

„Kann man schon was zur Ermordung sagen?“, fragte Kirsch ganz ungeduldig.

Die Pathologin meinte: „Dass sie mit einem Halstuch erwürgt worden ist. Man sieht es auch an ihren Händen, dass sie sich stark dagegen gewehrt hat, denn ihre Hände sind ganz rot angeschwollen, weil sie das Halstuch ziemlich fest gehalten hat, als es wohl der Mörder von hinten über sie geworfen hat.“

„Glauben Sie, dass der Mörder ein Mann oder eine Frau war?“, wollte Kirsch wissen.

„Dazu hat sie sich noch nicht geäußert, wobei man schon sehr viel Kraft dafür benötigt, um die Person mit einem Halstuch zu erwürgen.“

„Wir müssen einen Aufruf in der Zeitung machen!“, gab Kirsch auch noch von sich, was Kommissar Schnebel aus Freiburg jedoch ziemlich irritierte.

„Wir, ja, wollen Sie denn mit mir zusammenarbeiten?“, antwortete Kommissar Schnebel.

„Ich habe die Leiche gefunden und ich bin Kommissar und wir können uns da auch bei den Ermittlungen austauschen“, erwiderte Kirsch, denn die Leiche, die er zusammen mit Moni am ‚Balzer Herrgott‘ gefunden hatte, wollte er nicht so schnell wieder hergeben.

„Wollen Sie wirklich die Leiche nach Wiesenbach überführen lassen?“, fragte Kommissar Schnebel doch etwas ungläubig nach, denn das hatte er noch nie erlebt, dass Leichen bei einem Morddezernat so begehrt sind.

„Jetzt warten wir noch Doktor Dorer ab, den ich auch herbestellt habe, wie auch meine beiden Assistenten, Helen und Eugen, dann wissen wir vielleicht noch etwas mehr.“

Und kaum hatte Kirsch den Namen, Doktor Dorer, auch schon ausgesprochen, kam dieser angehetzt und lief mit seinem Köfferchen den Weg entlang. Von Weitem sah man ihm schon an, dass er nicht gerade über den Leichenfund erfreut war.

„Habt ihr denn in Freiburg keine Pathologen, muss ich jetzt aus Wiesenbach hierher kommen?“, rief er den beiden Kommissaren ärgerlich zu, die sich nur stumm ansahen und gar nicht reagierten.

„Doktor Dorer, Sie sind doch so bewandert mit der Obduktion von Leichen“, antwortete Kirsch schmunzelnd.

Der Doktor würdigte ihn gar keines Blickes, denn er wusste nur zu gut, dass er bei Kirschs Sturheit einfach nicht weiter kam.

„Da sind ja nur Sie daran schuld, weil Sie mir die Leichen nur so am Fließband liefern“, erwiderte der Doktor, der sich aber schon der Leiche zuwandte, und dabei eine fremde Person entdeckte, die sich an der Leiche zu schaffen machte.

„Wer ist denn das, was machen Sie denn an der Leiche?“, schnaubte der Doktor ein bisschen, was eigentlich sonst nicht seine Art war.

Aber jetzt, mitten an einem Sonntag, zu einer Leiche gerufen zu werden, das gefiel ihm gar nicht, wo er doch gerade so schön an seiner Briefmarkensammlung saß und die neuen Briefmarken bewunderte, die er auf einer Auktion ersteigert hatte.

Das wäre jetzt viel schöner, die Briefmarken zu bewundern, als sich dieser Leiche anzunehmen und sie womöglich noch zu sezieren, dachte Dorer.

„Kirsch sitzt mir jetzt schon im Nacken, ich sehe es ihm ja direkt an, dass er schon gleich wissen will, wie die junge Frau ermordet wurde?“, murmelte Doktor Dorer vor sich hin und schaute zu Kirsch.

Doch Kirsch beachtete ihn nicht weiter.

„Ich bin Susanne Bauer, die Freiburger Pathologin“, antwortete die junge Frau, die sich gerade noch über die Leiche gebeugt hatte, als sie so schnöde von Doktor Dorer angesprochen wurde.

„Sie, Sie sind Pathologin, ja weshalb ruft man dann noch mich?“, wandte sich der Doktor ziemlich ärgerlich wieder an Kirsch.

„Wenn wir so eine patente Pathologin aus Freiburg haben, weshalb brauchen Sie dann noch mich?“, wollte er gleich vom Kommissar wissen.

Kommissar Schnebel zuckte nur mit seinen Augen und wollte sich aus dem kleinen Geplänkel zwischen Kirsch und Doktor Dorer zurückziehen.

Auch die Freiburger Pathologin guckte nur perplex von einem zum anderen.

Kirsch war es dann doch etwas leid, dass er den Doktor am Sonntagnachmittag gerufen hatte, aber er hielt halt große Stücke auf Doktor Dorer, und das sagte er ihm auch gleich, sodass dieser dann wieder etwas besänftigt war.

„Können wir jetzt etwas über den Zustand der Leiche erfahren?“, schlug Kommissar Schnebel vor, denn er war schon etwas genervt von Kirsch und dem Doktor.

„Ich kann auch bestätigen, dass die junge Frau mit einem Tuch oder Strick, auf jeden Fall mit einem fasrigen Gegenstand ermordet wurde. Ansonsten kann ich nichts entdecken, allerdings hat sie auch ein paar Hämatome an den Oberarmen. Sicherlich wurde sie an diesen gepackt und festgehalten. Sie hat sich sehr stark gegen das Halstuch oder den Strick gewehrt, das können wir an ihren Fingernägeln entdecken, die ganz blutunterlaufen sind und sie sind auch teilweise abgebrochen“, bemerkte Doktor Dorer.

„Ich denke, sie ist schon einige Stunden tot, aber den genauen Todeszeitpunkt kann ich Ihnen jetzt auf die Schnelle nicht sagen“, entgegnete der Doktor noch.

„Sie ist sehr modern angezogen und auch stark geschminkt im Gesicht. Ihre hochhackigen Schuhe passen gar nicht in diese Gegend und auch ihr Kostüm nicht. Es sieht zu elegant aus für einen Spaziergang im Wald“, brachte noch die junge Pathologin aus Freiburg vor.

Kirsch und der Freiburger Kommissar Schnebel einigten sich dann darauf, dass die Leiche nach Wiesenbach überführt wird, aber der Freiburger Kommissar wollte weiterhin in die Ermittlungen einbezogen werden.

„Es ist gut möglich, dass die junge Frau aus Freiburg stammt, sie ist sehr elegant angezogen, sie könnte direkt aus einer gesellschaftlichen Veranstaltung kommen“, informierte der Freiburger Kommissar Kirsch.

„Ja glauben Sie, bei uns in Wiesenbach gibt es keine gesellschaftlichen Veranstaltungen?“, schnaubte Kirsch.

Kommissar Schnebel bemerkte, dass er schon wieder in ein Fettnäpfchen getreten war, und versuchte Kirsch zu beruhigen.

„Sicherlich gibt es bei Ihnen auch gesellschaftliche Veranstaltungen, aber in Freiburg sind es sicherlich mehr“, meinte der Kommissar und schaute augenzwinkernd zu Kirsch.

„Wir sind jetzt auch mit einem Mordfall an einer jungen Studentin beschäftigt, sodass ich Ihnen gerne diesen Fall mit der jungen Dame überlasse“, bemerkte der Kommissar weiter.

„Ob diese Tat eventuell mit der Tat an der Studentin zusammenhängt, kann ich jetzt noch nicht sagen, aber wir müssen alles in Erwägung ziehen“, sprach Schnebel weiter und Kirsch nickte dazu, blickte aber betrübt zum Kollegen.

Auf einmal fiel ihm auch noch seine Frau Moni ein, die irgendwo draußen, allein auf dem Parkplatz, auf ihn wartete.

Helen und Eugen verdonnerte er dazu, nach seiner Frau zu sehen, damit sie nicht so alleine auf dem Parkplatz ausharren musste, bis der Kommissar schließlich eintreffen würde.

„Wir nehmen die Leiche mit und wir arbeiten zusammen, das ist mir sehr recht“, antwortete Kirsch, der jetzt schnell zu seiner Moni wollte, die sicherlich gar nicht erfreut war, so mutterseelenallein an diesem Mörderloch zu verweilen.

„Wir sind ja schnell von Wiesenbach in Freiburg und umgekehrt, jeweils eine halbe Stunde, mehr benötigen wir nicht, vorausgesetzt die Autobahn ist frei und es gibt keine Baustellen“, entgegnete Kirsch und lächelte vor sich hin.

„Morgen früh werde ich gleich unseren Bürgermeister Wohlgemuth informieren, und wir werden eine Pressekonferenz abhalten. Zunächst müssen Fotos von der Leiche in allen Zeitungen erscheinen“, meinte Kirsch, „und wenn es notwendig werden würde, kommen wir auch nach Freiburg. Wir haben eine gute Pressestelle in Wiesenbach, und die wird sich auch mit Ihrer Pressestelle in Verbindung setzen.“

Alle Informationen der Spusi sollten schnellstens nach Wiesenbach gelangen, forderte Kirsch, und so wurde dann auch die Leiche nach Wiesenbach überführt. Doktor Dorer sandte Kirsch noch einen Blick bei seinem Abgang zu, der für Kirsch gar nichts Gutes verheißen sollte.

Nach kurzer Zeit kam Kirsch dann auch auf den Parkplatz, wo Moni immer noch im Auto ausharrte, bestens betreut von Helen und Eugen.

Alle drei warfen Kirsch auch nur wieder einen sehr bezeichnenden Blick zu, der soviel heißen sollte, was hast du dir da nur wieder aufgehalst, und selbst Eugen und Helen hatten diesmal für Kirsch nicht mal einen mitleidsvollen Blick übrig.

So fuhren dann Kirsch und Moni sowie Helen und Eugen nach Wiesenbach zurück, Doktor Dorer fuhr ihnen hinterher.

Moni war gar nicht glücklich, dass sich Kirsch in diesen Mordfall und in diese Leiche so verbissen hatte und unbedingt die Leiche nach Wiesenbach mitnehmen wollte.

Sie setzte Kirsch dann auch im Auto noch mit Worten zu, die dieser gar nicht hören wollte.

Doch dann kehrte auch wieder Ruhe ein, als sie sich ihrem Haus näherten.

Auf der anderen Straßenseite sahen sie gerade noch Bürgermeister Wohlgemuth, wie er mit einem Hund die Straße entlanglief.

„Hat er jetzt auch einen Hund?“, wollte Kirsch von Moni wissen.

Doch die hatte keine Ahnung. Sie selbst war ja nicht so viel mit dem Bürgermeister zugange wie Kirsch.

Kirsch und Moni gingen dann in ihr Haus und Susi, die kleine schwarze Katze kam ihnen auch gleich entgegengelaufen.

„Du hast wohl Hunger!“, meinte Moni und holte den Fressnapf, füllte ihn und die kleine schwarze Katze schlang das Fressen nur so hinunter.

Kirsch war eigentlich der Hunger vergangen. Aber er schlich immer wieder in die Küche und schaute in den Kühlschrank.

Doch Moni sagte nichts dazu, denn auch ihr war das Essen verleidet, wenn sie an die Leiche und an die Folgen der Ermittlungen dachte.

Als Kirsch wieder in seinem Lieblingssessel Platz genommen hatte, genehmigte er sich doch noch ein Glas Rotwein, einen Schlummertrunk, wie er sagte, der ihn sanft in seine Träume entführte.

„Morgen muss ich dem Bürgermeister von dieser Leiche berichten“, murmelte er noch in seinen Schnauzer.

Und dann schlief Kirsch friedlich ein und die Leiche in seinem Traum wurde immer kleiner und kleiner.

Kapitel 3

Bei Jan Schwarz klingelte am frühen Morgen schon sein Handy, denn er hatte einen Freund im Polizeikommissariat in Freiburg, und dieser berichtete ihm prompt von einer Leiche. Doch Schwarz wimmelte ihn ab, da er augenblicklich mit anderen Themen beschäftigt war.

Das hat mir gerade noch gefehlt, eine Leiche, wo ich ziemlich mit Recherchen zu einem ganz heiklen Thema eingespannt bin, dachte Schwarz.

Denn erst vor Kurzem hatte er einen merkwürdigen Anruf von einer Flohmarktlady erhalten. Zumindest hatte sie sich mit diesem geheimnisvollen Namen gemeldet und vorgestellt.

Und Jan Schwarz überlegte, was denn die Flohmarktlady noch mal gesagt hatte.

„Der Fall soll sehr brisant und geheimnisvoll sein, hat sie jedenfalls gesagt, denn es soll sich um einen alten keltischen Ring handeln, der einer Göttin gewidmet sein soll“, murmelte Schwarz vor sich hin.

Dieser Ring soll verschollen sein und ich soll in einem Bilderfälschermilieu recherchieren, ließ die Flohmarktlady verlauten. Doch was Bilderfälscher auch mit einem keltischen Ring zu tun haben, das konnte sich Jan Schwarz nicht erklären und so sprach er immer wieder von diesem kostbaren keltischen Ring.

Denn manchmal führte Schwarz auch Selbstgespräche, wenn niemand im Zimmer war.

Der Chefredakteur war ja weit weg, dachte er.

Gerade bei diesem brisanten Thema, überlegte er, kommt mir jetzt eine Leiche dazwischen, das passt mir gar nicht.

Doch Jan Schwarz war mit Leib und Seele Reporter, und so wollte er dieser seltsamen Story nachgehen, das war er sich und seiner Journalistenehre, aber auch seinen Lesern, schuldig.

Er schnappte sich noch die Kaffeetasse, trank einen Schluck, und rief dann bei seinem Bekannten bei der Polizei zurück, den er vorher eigentlich sehr kurz abgekanzelt hatte.

„Es ist anscheinend am ‚Balzer Herrgott‘, in der Nähe des Mörderloches, eine Leiche von einer jungen Frau gefunden worden, die sehr elegant angezogen war, als käme sie gerade von einer Modenschau oder einer gesellschaftlichen Veranstaltung“, erzählte der Informant Schwarz.

„Gibt es schon ein Foto von ihr?“, wollte Jan wissen.

„Nein, es ist noch nichts freigegeben“, entgegnete der Informant von der Polizei.

„Es ist noch alles top secret wie immer. Wir sind ja noch mitten im Fall der jungen Studentin, das weißt du ja?“, erzählte er weiter.

„Ja, da tretet ihr auch auf der Stelle und jetzt noch eine Leiche, das ist ein bisschen viel für Freiburg, meinst du nicht auch?“, erwiderte Schwarz.

„Deshalb hat ja auch ein Kommissar Kirsch aus Wiesenbach die Leiche mitgenommen, er hat sie auch entdeckt, vielmehr seine Frau.“

„Kann man einfach so eine Leiche mitnehmen?“, schmunzelte Jan Schwarz und dachte, dass das ja eine lustige Story ergeben würde.

„Bitte, schreibe nichts darüber, sonst wissen ja alle, dass ich es dir gesagt habe!“, brachte der Bekannte ängstlich hervor, obwohl er immer gerne den Journalisten mit Informationen unterstützte.

Jan Schwarz lebte noch nicht lange in Freiburg und bei der Zeitung musste er als Reporter immer schnelle Informationen liefern. Da wurde streng darauf geachtet, dass die Zeitung auch täglich aktuell war.

„Ich danke dir für deine Unterstützung, aber jetzt muss ich wieder an meine Arbeit gehen. Ich bin an einer sehr interessanten Geschichte dran und da kommt mir jetzt diese Leiche gar nicht zur rechten Zeit“, entgegnete Jan Schwarz lachend.

Als wenn Leichen immer zur rechten Zeit kommen, dachte der Informant, der bei der Polizei arbeitete.

„Was ist denn das für eine Geschichte, los erzähl mal!“, wollte der Bekannte dann doch wissen.

„Das geht nicht, das ist nämlich auch top secret, denn meine Informantin kann ich nicht preisgeben“, reagierte Jan energisch.

„Wir hören wieder voneinander und wenn du mehr weißt zur Leichengeschichte, dann informiere mich bitte, denn interessiert bin ich schon daran und wer weiß, wie sich die andere Geschichte entwickelt?“, zeigte sich Jan skeptisch, aber er wollte es sich auch nicht mit seinem Informanten verscherzen.

Schwarz war diesem schon sehr dankbar, dass er sich um ihn kümmerte, denn sie kamen beide aus Norddeutschland und hatten sich mal in einer Kneipe kennengelernt.

Während es Jan schwerfiel, die süddeutsche Mentalität und auch den Dialekt zu verstehen, fiel es seinem Informanten leicht, denn er wohnte auch schon länger im Badischen.

Immer noch musste Jan Schwarz schmunzeln, wenn er daran dachte, dass die Leute sich hier im Badischen mit einem „Teppich“ zudecken, statt mit einer Decke. Und so gab es auch noch einige Worte, die er im Dialekt gar nicht aussprechen konnte.

„Doch nichts jetzt mit Dialekt oder Mundart, ich werde jetzt ganz hochdeutsch an diese geheimnisvolle Sache rangehen“, sagte Jan Schwarz, der auch noch ein bisschen an Eva Warnstede denken musste, die auch eine sehr liebenswürdige badische Aussprache hatte, obwohl sie Schauspielerin war.

Er überlegte auch, dass er ihr noch eine Mail schreiben könnte, denn er wollte unbedingt den Kontakt zu ihr aufrechterhalten.

Doch dann kam sein Redaktionsleiter ins Büro und fragte gleich nach neuen Themen.

„Es gibt anscheinend eine Leiche am ‚Balzer Herrgott‘, das wäre auch mal eine Story. So was interessiert doch unsere Leser.“

„Erfahren Sie mehr Einzelheiten, dann bin ich dabei. Ich kenne den ‚Balzer Herrgott‘.“

„Ich nicht!“, mischte sich Jan Schwarz wieder ein.

Dann fahren Sie nach Gütenbach und schauen sie dieses Kulturdenkmal an. Dann werden Sie verstehen, weshalb die Leute gerne diesen Ort aufsuchen, wobei aber auch das mysteriöse Mörderloch ganz in der Nähe ist.

„Es soll sich um eine junge Frau handeln, die sehr elegant angezogen war und eventuell aus Freiburger Kreisen stammen soll. Hat mir mein Informant verraten.“

„Aber ein Kommissar aus Wiesenbach hat die Leiche mitgenommen.“

„Wie geht denn so was, eine Leiche einfach mitnehmen. Wollten die Freiburger Polizisten diese Leiche nicht, weil sie auch noch mit dem Mord an einer Studentin beschäftigt sind?“, fragte der Redaktionsleiter gleich nach.

„Wahrscheinlich!“, entgegnete Jan Schwarz lakonisch.

„Gut, ich werde mir den ‚Balzer Herrgott‘ mal anschauen und mich um diese Leiche kümmern.“

„Sie müssen die Mentalität unserer Bevölkerung in sich aufnehmen, dann kommen Sie auch an Themen ran“, gab der Redaktionsleiter ihm noch einen guten Rat mit auf den Weg.

Dann rief auch noch die Flohmarktlady an, die ihren wahren Namen einfach nicht preisgeben wollte.

„Sie wollten doch neue Informationen zu diesem Keltenring haben!“, bemerkte die Lady und Jan Schwarz nickte nur, obwohl dies die Lady ja nicht sehen konnte.

Kapitel 4

Kirsch stolperte am nächsten Morgen schweren Herzens in das Kommissariat. Denn eigentlich war Kirsch jetzt über seinen Entschluss, die Leiche der jungen Frau nach Wiesenbach mitzunehmen, auch nicht mehr so glücklich.

„Was hat mich denn da geritten?“, sagte er wieder laut vor sich hin, so wie es manchmal seine Art war.

Helen und Eugen erwarteten ihn schon im Büro. Helen hatte wieder Kaffee gekocht, den er so gern mochte. Eugen hatte Brezeln und Croissants aus der Bäckerei Hutter mitgebracht, und so begann dieser Morgen schon ganz annehmbar.

Nachher gehe ich gleich noch beim Bürgermeister vorbei, dachte Kirsch. Schließlich musste er ihn ja über den neuesten Fall informieren, obwohl Kirsch eigentlich zuerst den Polizeipräsidenten Hubtreu aufsuchen sollte.

Plötzlich klopfte es ganz stark an der Tür zu Kirschs Zimmer, und hereinmarschierte Bella Weigand zusammen mit ihrem Seppi.

Kirsch fühlte sich nach seinem Urlaub im Kommissariat wieder ganz wie zu Hause. Allerdings hatte er sich ja nur zwei Wochen Urlaub gegönnt.

„Wie geht es Ihnen, Frau Weigand, was macht die Bühne?“, fragte Kirsch schon gleich bei der alten Dame nach, die schließlich mal eine stadtbekannte Schauspielerin war.

„Ich wollte nur schauen, wie es Ihnen geht, haben Sie sich gut erholt an der Ostsee?“

Bella Weigand war ansonsten nicht sehr neugierig, aber einen Besuch bei Kirsch und Eugen ließ sich die alte Dame nicht entgehen. Und Seppi hüpfte wieder an Eugen hoch, denn die beiden mochten sich sehr.

„Komm, Seppi, an Eugen sollst du nicht so hochspringen und ich sehe, im Kommissariat wird wieder eifrig gearbeitet, da rauchen schon die Köpfe!“, meinte sie schmunzelnd zu den beiden, die sich dann auch eilig von ihr verabschiedeten.

„Eugen, komm mit, wir gehen zum Bürgermeister! Ich muss ihn doch informieren und außerdem müssen wir auch die Presse verständigen, und das läuft über den Bürgermeister am besten.“

Kirsch war jetzt ganz in seinem Element und nicht mehr zu halten.

Also trabten die beiden, Kirsch und Eugen, zum Bürgermeister, der schon erstaunt war, dass da plötzlich Kirsch und Eugen mit hochroten Köpfen auftauchten.

„Was gibt es denn, Herr Kirsch?“, fragte der Bürgermeister gleich nach, denn ihm schwante schon nichts Gutes.

Da Kirsch hier so plötzlich auftauchte, befürchtete der Bürgermeister schon wieder Unheil. Gerade wollte er auch zusammen mit dem Polizeipräsidenten Golfspielen gehen, und da tauchte wie aus dem Nichts dieser Kirsch auf.

So ganz hatte Bürgermeister Wohlgemuth den letzten Fall mit der schwarzen Katze nicht weggesteckt. Schließlich hatte Kirsch ihn, den Bürgermeister von Wiesenbach, einfach in eine Arrestzelle gesperrt. Das konnte er ihm nicht vergessen.

Doch nach diesen trüben Gedanken wandte er sich wieder Kirsch zu, denn eigentlich hatte er nur vor, ihn abzuwimmeln.

Bevor er überhaupt ein Wort an Kirsch richten konnte, hatte dieser schon auf einem Stuhl Platz genommen. Dabei wurde Kirsch immer unruhiger, denn er kannte ja die Impulsivität des Bürgermeisters.

„Hören Sie, Herr Bürgermeister, als ich gestern mit meiner Frau Moni im Schwarzwald, beim ‚Balzer Herrgott‘, den kennen Sie sicherlich auch, spazieren ging, habe ich eine Leiche entdeckt.“

Der Bürgermeister schaute Kirsch nur mit seinen grauen Augen ziemlich starr und streng an.

Was erzählt Kirsch da, dachte er, Kirsch hat eine Leiche am ‚Balzer Herrgott‘ entdeckt, und langte sich dabei an die Stirn.

„Habe ich das richtig gehört, Sie haben eine Leiche entdeckt?“, fing der Bürgermeister leicht knurrend zu fragen an.

Im Stillen dachte er nur, jetzt fliegen dem Kirsch schon die Leichen an seinem letzten Urlaubstag zu. Was das nur wieder bedeutet? Gibt denn dieser Kirsch nie Ruhe?

Wohlgemuths Ader auf der Stirn schwoll immer stärker an und sie wurde plötzlich blutrot.

Kirsch wurde es fast schwarz vor seinen Augen, als er den Bürgermeister mit seiner blutrot angeschwollenen Ader nur mit einem Auge, so von unten nach oben, anblickte.

Hoffentlich kriegt er nicht noch einen Schlaganfall, und ich bin auch noch an seinem Tod schuld, dachte Kirsch und fing etwas beruhigend auf den Bürgermeister einzureden.

„Regen Sie sich bitte nicht auf!“, brachte er aber nur noch kurz hervor.

Doch das war zu viel für den Bürgermeister. Er musste sich erst mal auf seinen Stuhl setzen und ein Glas Wasser trinken.

„Was haben Sie dann mit der Leiche gemacht?“, fragte Wohlgemuth leise nach.

„Ja, hierher nach Wiesenbach gebracht, das war doch richtig. Doktor Dorer soll sie obduzieren“, fing Kirsch wieder zu sprechen an.

Doch das war nun wieder für den Bürgermeister zu viel.

„Sind Sie denn ganz verrückt geworden, was haben wir in Wiesenbach mit der Leiche vom ‚Balzer Herrgott‘ zu tun, das können doch die Freiburger Kommissare erledigen, das ist doch nicht Ihre Aufgabe!“, schrie der Bürgermeister entsetzt hervor.

Das wäre ja geradeso, als würde ich einfach Akten vom Freiburger Bürgermeister mit nach Hause nehmen, um sie hier zu erledigen und seine Arbeiten zu machen“, entgegnete der Bürgermeister mit hysterischer Stimme.

„Wie käme ich denn überhaupt auf einen solchen Gedanken? Doch die Leiche ist jetzt Ihre Sache und ich will damit nichts zu tun haben, haben wir uns verstanden!“

„Machen Sie Ihre Pressekonferenzen gefälligst in Freiburg, aber nicht hier in Wiesenbach, wo jetzt alles so schön läuft. Die Touristen kommen in unseren Anemonenpark und bestaunen das Denkmal von Anna Metzger und auch das Heimatmuseum wird gerne aufgesucht.“

„Und jetzt kommen Sie, und bringen wieder eine Leiche mit, damit das ganze Dilemma wieder von vorne beginnt.“

„Ich muss Sie jetzt bitten, zu gehen, denn ich habe noch eine dringende Verabredung, übrigens mit Ihrem Polizeipräsidenten, und dem werde ich von Ihrer Einmischung und Entführung einer Leiche nach Wiesenbach berichten, darauf können Sie Gift nehmen!“

Kirsch stand auf und Eugen wäre fast über den Stuhl von Kirsch gestolpert, weil dieser so abrupt aufgestanden war und dabei sein Stuhl umfiel.

„Gut, Herr Bürgermeister, ich habe Sie verstanden, aber ich werde zusammen mit den Freiburger Kollegen den Fall lösen.“

„Das bin ich schon der jungen Frau schuldig, schließlich habe ich sie ja auch gefunden, auch wenn sie schon tot war.“

„Komm, Eugen, wir gehen!“

Beide stolperten aus dem Bürgermeisteramt heraus und gingen ohne irgendein Wort miteinander zu reden, sprachlos und mit hängenden Schultern ins Kommissariat zurück.

Dort angekommen, wurden sie schon von Helen erwartet, die schon Nachrichten hatte.

„Doktor Dorer hat angerufen und Sie möchten doch bei ihm vorbeikommen“, richtete Helen Kirsch aus.

„Komm, Eugen, machen wir uns auf den Weg, mal schauen, was Doktor Dorer uns zu sagen hat!“

Viel war es allerdings nicht, was der Doktor mitteilte.

„Sie wurde mit einem Schal erdrosselt, wie ich es schon gestern mitgeteilt habe. Es gibt auch noch Fasern an ihrem Hals, und ich habe diese unter einem Mikroskop untersucht. Es sind ganz spezielle Fasern in dunkler und gelber Farbe“, meinte Doktor Dorer.

„Ansonsten sind auch nur noch zwei Hämatome am Oberarm zu sehen, wo die junge Frau gepackt oder festgehalten wurde. Es kann auch sein, dass die Hämatome entstanden sind, als sie schon tot war und man sie an diesen Ort gebracht hat. Ich glaube nicht, dass sie an diesem Ort, dort wo wir sie gefunden haben, umgebracht wurde. Viel eher denke ich, dass es noch in der Stadt passiert ist, denn dafür spricht auch ihr ganzes Outfit, mit den Schuhen und ihrem Kostüm und auch der Todeszeitpunkt.“

„Sie müssen schnellstens herausfinden, wer die junge Dame ist?“, richtete Doktor Dorer das Wort wieder an Kirsch.

„Ich habe Fotos von ihr gemacht und diese müssen sofort an die Pressestelle geschickt werden“, betonte Doktor Dorer.

Kirsch nickte nur zu den Worten von Doktor Dorer. Irgendwie ging ihm immer noch die Unterredung mit dem Bürgermeister nicht aus dem Kopf.

„Doktor Dorer, ich veranlasse alles und dann sehen wir weiter.“

Kirsch und Eugen verließen die Pathologie und gingen auf dem schnellsten Weg zurück ins Kommissariat. Auf keinen Fall wollten sie irgendeine Person treffen, denn sie befürchteten, dass es sich schon herumgesprochen hatte, dass es dank Kirsch wieder eine Leiche in Wiesenbach gab.

Und im Büro angekommen, machte Kirsch seinem Ärger wieder Luft, denn er lief wie ein Tiger in seinem Zimmer auf und ab, dass es sogar Eugen und Helen im Nebenzimmer hörten und sich dabei nur vielsagend anschauten.

„Geht ihm doch wohl sehr nahe, der Tod der jungen Frau“, meinte Helen zu Eugen, der nur nickte.

Eugen machte sie aber auch gleichzeitig darauf aufmerksam, dass der Bürgermeister nicht gerade erfreut war über die neue Leiche in Wiesenbach, und das wird Kirsch sicherlich auch noch beschäftigen.

Dann kam Kirsch aus seinem Zimmer gestürzt.

„Ich werde jetzt nochmals an den Tatort zurückfahren und schauen, ob ich irgendwas entdecken kann, was uns weiterbringen wird.“

„Eugen und Helen, ihr beide, fragt mal überall auf den anderen Polizeistationen nach, ob eine Person vermisst wird. Es muss doch jemand geben, der die junge Frau kennt und auch vermisst“, meinte er noch.

„Sobald ich zurück bin, reden wir weiter.“

Kirsch ging zu seinem eigenen Pkw und fuhr mit ziemlichem Tempo zum ‚Balzer Herrgott‘, als wäre dort schon die Lösung für seinen Fall zu finden.

Trostlos erschien ihm jetzt die Schwarzwaldlandschaft, die sich seinen Blicken bot. Überall nur dunkle Tannen und ein Nebel über den Höhen. Die Bäume und Blätter hatten sich schon goldgelb verfärbt, denn es war schon herbstlich, und dazwischen standen die dunkelgrünen und im Sonnenlicht glänzenden, violettgrauen Tannen, deren Äste und Wipfel sich nur geheimnisvoll hin und her bewegten.

Auf dem Parkplatz angekommen, stellte Kirsch das Auto auf dem Wanderparkplatz ab und ging raschen Schrittes dem ‚Balzer Herrgott‘ entgegen.

Kirsch machte sich bereits schon auf seiner Hinfahrt Gedanken über dieses Kulturdenkmal ‚Balzer Herrgott‘, das wirklich existiert, und eine in eine Weidbuche eingewachsene steinerne Christusfigur darstellt.

Kirsch war schon oft mit seiner Frau Moni hier am ‚Balzer Herrgott‘ wandern und es ist nie vorgekommen, dass er jemals eine Leiche erblickt hatte, überlegte Kirsch. Wanderer gab es immer wieder, aber nicht zuhauf. Kirsch kannte daher auch die Legende um den ‚Balzer Herrgott‘, der die Spaziergänger zu einem kurzen Aufenthalt zum Innehalten und Nachdenken einlädt.

Es gibt viele Legenden, nicht nur eine und auch manche Erklärungen sind oft widersprüchlich, wie auch Kirschs Mordfälle, überlegte er.

„So besagt eine Legende, dass Hugenotten das Kreuz auf ihrer Flucht aus Frankreich an dem steilen Hang verloren hatten. Laut einer anderen These hatte es sich bei den Franzosen um Royalisten gehandelt, die während der Französischen Revolution aus Frankreich geflohen waren. Eine Bäuerin aus der Umgebung erzählte, dass das Kreuz aus einem Kloster stammen sollte und dieses in Kriegszeiten an einer Stelle im Wald versteckt worden war. Aus nicht zu klärender Quelle gibt es auch eine andere Version, nach der die Figur um 1800 aufgrund eines Gelübdes von einem Bauern namens Balzer aus Glashütten im Hexenlochtal erstellt worden sei, und dieser Bauer sei später nach Amerika ausgewandert. Auch der Zustand der Figur ist sehr widersprüchlich. Dass ihr Arme und Beine fehlen, soll daran liegen, dass ein Jäger die Extremitäten aus Wut über die entgangene Beute abgeschossen hatte. Laut einer anderen Variante habe Weidevieh, dem auf dem Boden liegenden Korpus, Arme und Beine abgetreten. Aber es könnte sich auch um ein Hofkreuz handeln, wobei der Hof durch eine Lawine zerstört wurde und Arme und Beine der Christusfigur abgebrochen sein könnten. Junge Burschen trugen den Torso heimlich in den Wald zum heutigen Ort, wo er zunächst eine Zeit lang in der Nähe der noch jungen Buche auf dem Waldboden lag. Um die Jahrhundertwende befestigten ihn dann zwei Gütenbacher Uhrmachergesellen an den Baum. Das Alter der Buche kann nur geschätzt werden, die Angaben schwanken zwischen 200 und 300 Jahren.“

Gerade so, wie bei meinen Mordfällen die verschiedensten Aussagen von Tätern und Zeugen kommen, können die vorliegenden Legenden, die sich um den Torso ranken, wie in einem Puzzle zusammengefügt werden, überlegte Kirsch, der diese Christusfigur, die vermutlich aus spätgotischer Zeit stammt, sehr in sein Herz geschlossen hatte.

Nur kurz haben sich der Reporter Schwarz und der Kommissar Kirsch beim ‚Balzer Herrgott‘ getroffen, doch sie waren sich gleich sympathisch. Kirsch wollte auf jeden Fall, sobald er wieder in Freiburg war, sich bei Jan Schwarz melden, denn im Augenblick hatte Kirsch keine Zeit, wie er mitteilte, als er am Tatort auf- und ablief, um noch nach Spuren zu suchen. Dem Reporter Jan Schwarz war dies recht, denn auch er musste wieder in die Redaktion zurück. Doch Kirsch zeigte ihm auch noch die Stelle, an der er die ermordete junge Frau, zusammen mit seiner Frau Moni, erblickt hatte. Dann hatte er auch noch den wirklich verrückten Einfall, die Leiche nach Wiesenbach mitzunehmen und von hieraus die Ermittlungen zu führen.

Als Jan Schwarz wieder in der Redaktion war, kam auch schon das Foto der jungen Frau, die beim ‚Balzer Herrgott‘ ermordet aufgefunden wurde, an, und der Redaktionsleiter, Simon Schneider, wollte das Bild der jungen Frau gleich auf der ersten Seite platzieren.

„Wie war die Fahrt zum ‚Balzer Herrgott‘ und haben Sie ihn gesehen, den Christuskopf, der aus der Buche schaut?“, fragte Simon Schneider gleich nach.

„Ja, ich habe ihn gesehen und auch den Kommissar aus Wiesenbach, einen Herrn Kirsch getroffen, der die Ermittlungen zu diesem Fall nun führt, natürlich auch mit unserer Freiburger Polizei.“

„Und was sagte er zu der toten Frau, konnte sie schon identifiziert werden?“, war die nächste Frage von Schneider.

„Nein, sie wissen auch nicht, wer die Tote ist. Deshalb ist die Veröffentlichung des Fotos auch so wichtig. Sonst hat die Polizei keine weiteren Angaben.“

„Dann bringen wir das Foto auf der ersten Seite als Aufmacherfoto, schreiben Sie bitte den Text dazu und vielleicht könnte man ja auch mal überlegen, eine Reportage über den ‚Balzer Herrgott‘ zu machen, was meinen Sie dazu? Es gibt ja einige Volontäre bei uns, die könnten Sie doch daran setzen, aber das besprechen wir dann in der Redaktionssitzung.“

Jan Schwarz schaute sich das Foto von allen Seiten an. Das Bild zeigte eine junge Frau, zwischen 20 und 30 Jahren mit schwarzen Haaren. Die Augen waren geschlossen, die Nase reckte sich ein bisschen in die Höhe und der Mund hatte sehr feine Linien. Das Kinn war straff, und die Backenknochen waren sehr hoch gestellt.

Irgendwie kommt mir das Gesicht bekannt vor, dachte Jan Schwarz. Er konnte sich jedoch nicht mehr erinnern, wo er es schon mal gesehen hatte, zumal ja auch die Augen geschlossen waren.

Dann setzte er sich an den Computer und fertigte einen Text an, der nicht allzu reißerisch klang, sondern auch das Mitgefühl der Leser wecken sollte.

Als er gerade so mitten am Formulieren war, klingelte das Telefon und am Apparat war Eva Zorn, eine Kollegin aus früheren Zeiten.

„Ich habe gehört, bei euch soll es eine Leiche geben, eine junge Frau wurde ermordet aufgefunden!“, brachte Eva Zorn ziemlich aufgeregt hervor.

„Wo hast du das wieder gehört?“

„Ich habe halt so meine Verbindungen, das weißt du ja, so nette Connections, die man in unserem Beruf einfach braucht.“

„Nein, Spaß beiseite, ich sitze gerade in Wiesenbach bei Kommissar Kirsch, weil ich mal wieder eine Schwarzwaldreportage machen will. Du weißt, unsere Leser lieben den Schwarzwald und da erzählte er mir gerade, dass er einen Reporter aus Freiburg getroffen hat, der auch schon bei der Zeitung ‚Augenblick mal‘ war.“

„Und da habe ich natürlich gleich an dich gedacht, das ist ja klar.“

„Wie gefällt es dir denn im schönen Schwarzwald und in Freiburg?“

„Kannst du alles verstehen, denn der badische Dialekt ist doch ein bisschen eigenartig, aber auch sehr sympathisch, finde ich, habe mich direkt schon an ihn gewöhnt.“

„Wenn ich bei Kommissar Kirsch in Wiesenbach bin, dann fühle ich mich so richtig wohl, weil der Menschenschlag hier ist einfach sehr liebenswürdig und gastfreundlich und daher kann ich es gar nicht verstehen, dass hier die Kriminalstatistik immer wieder einen solchen Aufschwung nimmt.“

„Dass sich jetzt noch Kommissar Kirsch diesen Mordfall aufhalst, kann ich auch nicht verstehen, er hat doch sonst genug zu tun“, redete Eva Zorn immer weiter und Jan Schwarz wollte eigentlich schon mit ihr Schluss machen, als sie ihm noch einen Tipp gab.

„Übrigens, ich arbeite gerade an einer seltsamen Geschichte und bin ja auch deshalb hier noch im Schwarzwald unterwegs. Es gab ja diesen mysteriösen Raub eines Keltenrings in Wiesenbach. Vielleicht hat dir der Kommissar auch darüber erzählt, als ihr euch getroffen habt, und da sind mir einige Informationen wieder zugespielt worden.“

Jetzt war Jan Schwarz doch sehr neugierig, denn von einem Keltenring hatte doch auch die Flohmarktlady gesprochen.

„Wir sollten uns mal zu einer Tasse Kaffee treffen, was meinst du? Hier in Freiburg gibt es schöne kleine Cafés, und dabei dachte er auch ein bisschen an seine Begegnung mit Eva Warnstede, die ihm seither nicht mehr aus dem Kopf ging.“

„Klar, das können wir machen, ich bin jetzt noch im Schwarzwald-Baar-Kreis und in der Offenburger Gegend unterwegs und könnte am Donnerstag in Freiburg eintreffen, wenn es dir recht wäre.“

„Melde dich einfach, wenn du in Freiburg bist, und wir treffen uns dann“, entgegnete Schwarz und freute sich auch ein bisschen, Eva Zorn zu treffen.

Kaum hatte er sein Handy weggelegt, kam schon der nächste Anruf.

Diesmal war die Flohmarktlady wieder am Telefon, die auch wissen wollte, ob Jan Schwarz schon etwas wegen dieses Keltenringes in Erfahrung bringen konnte.

Doch Jan Schwarz hielt sich noch bedeckt, und erzählte nichts von seinem Gespräch mit Eva Zorn.

Die Flohmarktlady war ihm nämlich sehr suspekt. Sie hatte sich ihm noch nie vorgestellt, sondern nur am Telefon, jetzt ein- oder zweimal mit ihm gesprochen und auch sonst war sie nicht gerade sehr gesprächsbereit.

Jan Schwarz wollte die Flohmarktlady gerne abwimmeln, da er noch an seinem Text für die ermordete junge Frau formulierte, und die Seite musste auch noch in Bälde fertiggestellt werden.

„Ich melde mich, wenn ich mehr weiß“, sagte er, obwohl er nicht mal die Telefonnummer der Flohmarktlady hatte, aber er wollte weiterarbeiten, und war deshalb auch kurz angebunden zur Lady, die gleich bemerkte, dass sie jetzt unerwünscht war.

„Es soll auch demnächst einen Diebstahl von Gemälden expressionistischer Maler geben, wobei auch angenommen wird, dass es sich eventuell um Fälschungen handeln könnte“, warf die Flohmarktlady noch kurz ein, weil sie das Interesse des Reporters wecken wollte.

„Wo soll der Diebstahl denn stattfinden?“, fragte Schwarz interessiert nach.

Doch das verriet die Flohmarktlady wieder nicht, dazu war das Thema noch zu geheim. Ihr Informant konnte auch nicht mehr sagen, doch das wiederum verriet sie Schwarz nicht und spielte genauso Maus und Katz mit ihm, wie er mit ihr.

„Wir müssen uns unbedingt kennenlernen!“, brachte Schwarz noch hervor.

Doch davon wollte die Flohmarktlady wiederum nichts wissen.

„Ich melde mich, wenn ich mehr weiß!“, sagte sie nur kurz.

Jan Schwarz schüttelte nur den Kopf, denn diesen Satz hatte er doch gerade erst zu Eva Zorn gesagt.

Kapitel 5

Eva Warnstede schmierte sich, wie jeden Morgen übrigens, ihr Brötchen mit Marmelade und trank ihren Kaffee. Dabei schaute sie auch gleich auf ihr Handy, um die neuesten Nachrichten zu sehen.

„Mord am ‚Balzer Herrgott‘, junge Frau, zwischen 20 und 30 Jahre alt, tot aufgefunden, stand da groß in der Online-Ausgabe der Freiburger Zeitung. Der Reporter war Jan Schwarz.“

Eva fiel fast das Handy aus der Hand, als sie die Nachricht las, und als sie dann das Bild sah, erschrak sie noch mehr. Denn vor ihr lag ihre Schauspielkollegin Sonia Petzoldt auf einem Waldboden. Sie war schon zum zweiten Mal nicht zur Probe erschienen, obwohl sie doch eine Hauptrolle hatte, dachte Eva.

Eva war sehr entsetzt und sie wusste gar nicht, wo sie ihre Kaffeetasse und ihr Brötchen hinstellen sollte.

Zuerst nahm sie noch gleich einen Schluck Kaffee und dann biss sie aus lauter Verzweiflung in ihr Brötchen, stellte die Kaffeetasse ab und rannte im Zimmer auf und ab.

Was soll das denn bedeuten?, überlegte Eva. Und sie dachte darüber nach, weshalb ihre Kollegin so plötzlich ermordet wurde, denn sie konnte keinen Grund erkennen, warum man Sonia getötet hatte. In welche Geschäfte war sie verwickelt, grübelte sie weiter nach, und welche Konsequenzen hatte der Tod der Kollegin auch für das Theater? Die Gedanken gingen ihr, wie bei einem Karussell, immer wieder im Kopf herum.

Ich muss sofort in das Theater gehen, und den Kollegen die Neuigkeit verkünden, überlegte Eva, schüttelte dann aber ihren Kopf, denn sicherlich hatten ja alle auch ein Handy und konnten entweder über das Handy, oder auch über die Zeitung und die Medien informiert werden.

„Nein, ich muss diesen Reporter, diesen Jan Schwarz, treffen!“, murmelte sie kurz entschlossen vor sich hin.

Doch Eva wusste im Augenblick gar nicht, was sie zuerst machen sollte, so aufgewühlt war sie, die eigentlich sonst immer einen klaren Kopf behielt.

Ich muss Wolfi anrufen, überlegte sie weiter. Er muss es als Erster erfahren, denn er war doch schwer verliebt in Sonia und überall, wo Sonia war, war auch Wolfi.

Ob er schon von dem Mord erfahren hatte und so schrecklich es auch war, hatte er sogar mit dem Mord etwas zu tun, überlegte sie hin und her.

Sie erschrak fast vor ihren Gedanken, die sich immer wieder im Kreise drehten.

„Jetzt denke ich schon, dass Wolfi Sonia ermordet hat!“, brachte Eva mühsam hervor.

Eva Warnstede zuckte stumm zusammen, weil sie es gar nicht fassen konnte, dass ihre Kollegin so kaltblütig ermordet wurde.

Dann kam sie aber auch zu dem Entschluss, zuerst mal mit dem Reporter Jan Schwarz zu sprechen, den sie ja erst vor Kurzem kennengelernt hatte, und der eigentlich einen sehr sympathischen Eindruck bei ihr hinterlassen hatte.

Vielleicht weiß er ja mehr, als das, was er jetzt in der Zeitung verkündet hat?, dachte sie noch.

Dann grübelte sie noch weiter, weil sie einfach unschlüssig war, ob sie ihn zunächst anrufen sollte, oder ob sie gleich bei ihm in der Redaktion vorbeigehen sollte.

„Aber was wird er von mir denken, wenn ich so plötzlich auftauche?“, murmelte sie und zeigte sich immer noch unschlüssig.

Doch dann verscheuchte sie alle diese Gedanken und zog sich erst mal an.

Vielleicht ist es aber auch besser, zuerst einmal ins Theater zu gehen?, machte sie sich weitere Gedanken, denn heute soll sich doch auch der neue Intendant vorstellen.

Gemeinsam mit Wolfi Bauer wollte sie dann zu Jan Schwarz gehen. Der Gedanke gefiel ihr dann doch am besten, und so zog sie schnell ihre Haustüre, nachdem sie sich gerichtet hatte, hinter sich zu und machte sich auf den Weg ins Theater.

Im Theater angekommen, standen schon einige Theaterleute in Grüppchen zusammen und flüsterten miteinander.

Wolfi war auch schon da und rannte gleich auf Eva zu.

„Hast du schon gehört oder auch gelesen, Sonia ist ermordet worden?“

„Ja, ich weiß es schon und habe es aus den Online-Nachrichten von der Freiburger Zeitung“, erwiderte Eva und hatte plötzlich nasse Augen.

Denn nun war es auch amtlich, nun wussten es die Kollegen und manche weinten auch nur stumm vor sich hin, denn Sonia Petzold war nicht nur eine hübsche Person, sondern sie war auch eine sehr nette Kollegin zu allen, gar nicht eingebildet, obwohl sie schon bei einigen Regisseuren sehr gut angesehen war und auch schon einige Filme mit bekannten Regisseuren gedreht hatte. Selbst Hollywood soll schon angeklopft haben, wurde gemunkelt.

„Ich habe gedacht, wir könnten zusammen zu diesem Reporter gehen, Wolfi, geht das bei dir, oder hast du jetzt Probe?“, fragte Eva gleich mal bei ihrem Kollegen nach.

„Kennst du diesen Reporter?“, entgegnete Wolfi, der schon ganz aufgeregt hin und her hüpfte und eigentlich gar nicht sonderlich betrübt war, obwohl doch seine Angebetete ermordet wurde.

„Wir müssen aber jetzt noch ein bisschen warten, denn um 10 Uhr stellt sich der Intendant vor und da dürfen wir nicht fehlen“, wies er noch Eva darauf hin, bevor er dann aber doch Eva mit seinen langen Armen umschlang, und plötzlich einen hysterischen Weinkrampf bekam.

Oh Gott, hoffentlich kippt er mir nicht noch um!, dachte Eva.

Aber dann hatte sich Wolfi wieder gefangen und zusammen setzten sie sich im Foyer des Theaters an einen Tisch und warteten auf die Vorstellung des Intendanten. Eva war noch ganz in Gedanken vertieft, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und der Direktor mit dem neuen Intendanten erschien.

Der Direktor stand ziemlich breitbeinig in der Tür und verdeckte ein bisschen den Intendanten, sodass Eva zuerst den Direktor erblickte und sich schon umdrehen wollte, als sie plötzlich den Mann hinter dem Direktor sah.

Ihr Atem stockte und ihr Herz schlug wie wild. Sie glaubte, ihren Augen nicht zu trauen, denn sie sah plötzlich den Mann, den sie eigentlich nie mehr wiedersehen wollte.

Also doch, dachte sie, ich habe es ja schon vermutet, als ich ihn in diesem Hofladen mit dieser eleganten, rotblonden Dame sah.

„Da dachte ich schon, was sucht er hier, was will er hier in Freiburg?“, murmelte Eva leise vor sich hin.

Eva bekam rote Backen und am liebsten wäre sie jetzt in ein hysterisches Lachen ausgebrochen, aber das hätte sich hier, und in dieser Situation, nicht geschickt.

„Wo bin ich denn hier gelandet?“, sagte sie leise, dass es Wolfi nicht hören konnte.

Gerade habe ich mich so in Freiburg eingewöhnt, ich kann doch nicht schon wieder von hier verschwinden, wie schon in Köln und in Düsseldorf, nur weil dieser Mann mir anscheinend zu meinen Theaterengagements nachfolgt, machte sich Eva weitere Gedanken.