Waldbrandfrüherkennung - Dirk Schneider - E-Book

Waldbrandfrüherkennung E-Book

Dirk Schneider

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Beschreibung

Der Autor gibt mit seinem Werk eine umfassende Übersicht zu den herkömmlichen und neuesten Methoden der Waldbrandfrüherkennung und geht hierbei auch auf die Wirtschaftlichkeit dieser Systeme ein. Zudem wird die Bedeutung der unterschiedlichen Technologien auch im Hinblick auf den Umweltschutz untersucht. Durch die Umsetzung der vorgestellten Methoden zur Waldbrandfrüherkennung wird es ermöglicht, früher mit der Brandbekämpfung zu beginnen und dadurch den Menschen, Fauna, Flora und die Umwelt zu schützen und Finanzmittel in beträchtlichem Umfang einzusparen.

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Dirk Schneider

Waldbrandfrüherkennung

Verlag W. Kohlhammer

Für meine Tochter Lea Nicole, die in ihren jetzt sehr jungen Jahren in einem Waldkindergarten mit Rehen und Eichhörnchen um die Wette rennt und dies hoffentlich auch in der Zukunft mit ihren Kindern dort noch lange kann.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Die Abbildungen stammen – sofern nicht anders angegeben – vom Autor.

1. Auflage 2021

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-036505-6

E-Book-Formate:

pdf:        ISBN 978-3-17-036507-0

epub:     ISBN 978-3-17-036508-7

mobi:     ISBN 978-3-17-036509-4

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Vorwort

 

Die Idee zur Ausarbeitung dieses Themenkomplexes, der auch die Grundlage meiner Dissertation war, entwickelte sich aus dem Einsatz und den dabei persönlich gewonnenen Erfahrungen bei der Bekämpfung des zur Katastrophe erklärten Waldbrandes am Thumsee, Landkreis Berchtesgadener Land, im Jahr 2007.

Während die technischen und taktischen Erkenntnisse der luftgestützten Brandbekämpfung dieses Einsatzes durch mich bereits aufgearbeitet und veröffentlicht wurden, stellt sich mir auch heute noch, viele Jahre nach dem Brand, die Frage, auf welchem Weg und mit welchen Methoden Brände in Wäldern und Vegetationsgebieten schnell und zuverlässig erkannt sowie ausreichend präzise lokalisiert und eingeschätzt werden können. Dies immer mit dem Ziel, entstehende Schäden an Leben, Umwelt und Gütern zu verringern sowie den oftmals hohen logistischen Aufwand für die Gefahrenabwehr und die Entstehung solcher Brandkatastrophen allgemein zu vermeiden.

Die großen Wald- und Vegetationsbrände auf dem amerikanischen Kontinent oder in Russland haben mich immer sehr beeindruckt und waren steter Anschub für die Erstellung des vorliegenden Buches. Die durch diese Brände verlorenen Menschenleben, darunter immer wieder auch Kollegen und Kameraden der Feuerwehr, die enormen Schäden an Umwelt und Sachwerten und zuletzt die Bilder aus dem Wald fliehender und dabei brennender Koala-Bären in Australien, haben mich oft berührt und niemals losgelassen.

Was mag in diesen wehrlosen und flüchtenden Tieren vorgehen, die ihre Heimat, den Wald als ihr natürliches zu Hause, durch meist von Menschenhand verursachte sinnlose Brände verloren haben? Wenn sie sich umdrehen und auf das brennende Inferno zurückblicken, machtlos, stumm und sich teils nur mit schweren Verbrennungen retten konnten? Welche Qualität hat ihr weiteres Leben, wenn sie überleben? Dies sind zugegeben einige etwas pathetische Überlegungen. Man stelle sich nur vor, das Leben im Wald verbringen zu müssen, weil es der einzige Raum ist, in dem eine Vielzahl von Organismen leben können, Nahrung, Schutz und Zuflucht finden. Grund genug für den Menschen, sich des Schutzes der in Waldökosystemen existierenden Lebewesen anzunehmen! Für den Menschen ist es an der Zeit sich der Arroganz zu entledigen, sich stets über andere Lebensformen zu erheben und über deren Schicksal durch Missachtung von Grundwerten des Lebens zu entscheiden.

Mit der Erstellung des vorliegenden Buches, das im Vergleich zur Dissertation noch um einige Kapitel erweitert und in vielen Kapitel noch inhaltlich verfeinert wurde, eröffnete sich die faszinierende Welt der angewandten Wissenschaften, wie – hier hervorhebend genannt – die Bereiche Forstwesen sowie Luft- und Raumfahrt, aber ebenso auch das breite Ideenspektrum von Forschern und Wissenschaftlern auf der ganzen Welt. Ihren vorausgehenden Arbeiten gebührt an dieser Stelle mein Dank.

Besonderer Dank gebührt auch den Herren Univ.-Prof. Dr. Michael Müller, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Uli Barth und Prof. Dr.-Ing. Peter Protzel für ihre Bereitschaft, sich dieses Themas während meiner Promotion nicht nur anzunehmen, sondern durch ihre konstruktive Kritik und ihr besonderes Fachwissen in unterschiedlichsten Fachgebieten mich auch immer wieder zu weiteren Leistungen zu beflügeln. Großer Dank gebührt auch meinen Eltern, Herrn Dipl.-Ing. Eugen und Rita Schneider, die sich wieder einmal der ungeliebten Aufgabe des Korrekturlesens stellten und durch ihre Verständnisfragen und Korrekturhinweise einen wesentlichen Anteil daran haben, dass die so aufbereitete Materie auch für den Laien verständlich wurde.

Ebenfalls sei meiner Familie gedankt, die die Zusatzbelastung der Dissertation und der anschließenden Entwicklung des nun vorliegenden Buches, neben den vielen Verpflichtungen und belastenden »Überraschungen«, die sich aus dem aktiven Berufsfeuerwehrdienst und Ehrenämtern ergeben, einmal mehr, fast stillschweigend, hingenommen hat. Es war ein nicht einfacher Verzicht auf viele Dinge. Aber das mit dem vorliegenden Buch anvisierte Ziel, einen Beitrag zu leisten, unseren Nachkommen durch den Schutz von Wald- und Vegetationsflächen eine Umwelt zu hinterlassen, die unser Leben schön, bunt, lebendig und lebenswert macht, war diesen hohen Preis wert. Es ist oft die Entscheidung eines Einzelnen, die das Schicksal vieler bestimmt.

Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Landkreis München, im Januar 2021

Dirk Schneider

Branddirektor Dr.-Ing. M. Sc. Dipl.-Ing.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1   Einleitung

2   Die Waldbrandsituation in Deutschland

3   Brandursachen in Wäldern und Vegetationsgebieten

4   Methoden der Waldbrandfrüherkennung

4.1   Herkömmliche Methoden der Waldbrandfrüherkennung

4.1.1   Notrufmeldung durch die Öffentlichkeit

4.1.2   Feuerwachtürme

4.1.3   Luftbeobachtung

4.1.3.1   Feuerwehrflugdienst Niedersachsen

4.1.3.2   Die Polizeifliegerstaffel Hessen

4.1.3.3   Luftrettungsstaffel Bayern

4.1.3.4   Avialesookhrana

4.1.4   Waldbrandstreife

4.2   Moderne Systeme

4.2.1   Terrestrische Systeme

4.2.1.1   FireWatch

4.2.1.2   Firehawk Forestwatch

4.2.1.3   Integriertes Waldbrand-Beobachtungssystem (IPNAS)

4.2.1.4   FireALERT

4.2.1.5   Fire Wall

4.2.1.6   Radio-Akustisches-Sondierungssystem (RASS)

4.2.1.7   Mobile Biological Sensors (MBS)

4.2.1.8   Light Detection And Ranging (LIDAR)

4.2.1.9   Golden Eye

4.2.1.10   Blitzanalyse

4.2.1.11   Differenzielle optische Absorptionsspektroskopie (DOAS)

4.2.2   Aeronautische Systeme

4.2.2.1   National Infrared Operations Program (NIROPS)

4.2.2.2   Wildfire Airborne Sensor Program (WASP)

4.2.2.3   Unmanned Aerial Vehicles (UAV)

4.2.2.4   Luftschiffe

4.2.3   Orbitale Systeme

4.2.3.1   Nomos

4.2.3.2   Bispectral Infrared Detection (BIRD)

4.2.3.3   Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer (MODIS)

4.2.3.4   Polar Operational Environmental Satellite Project (POES)

4.3   Methoden zur Erkennung unterirdischer Brände

4.3.1   Thermal Imaging Systeme

4.3.2   Hyperspektraldaten

4.3.3   Pyrometer

4.3.4   Gasmesstechnik

4.3.5   Ground Penetrating Radar

4.3.6   Transienten-Elektromagnetik (TEM)

5   Wirtschaftlichkeit

5.1   Wirtschaftlichkeit unter betriebs- und finanzwirtschaftlicher Betrachtung

5.2   Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung

5.3   Personalkosten

5.4   Kostenvergleich verschiedener Früherkennungssysteme

6   Entwicklung eines Leistungspositionskataloges

6.1   Funktionale Anforderungen

6.1.1   Melde- und Dispositionszeiten

6.1.2   Einsatzbereitschaft

6.2   Nicht-Funktionale Anforderungen

6.2.1   Zuverlässigkeit

6.2.2   Leistungsvermögen

6.2.3   Benutzbarkeit

6.3   Sicherheitsanforderungen

6.3.1   Umweltsicherheit

6.3.2   Technische Betriebssicherheit

6.4   Wirtschaftlichkeit

6.5   Der Leistungspositionskatalog

7   Beurteilung und Bewertung der Methoden

7.1   Die Notwendigkeit des Einsatzes von Früherkennungssystemen

7.2   Grundlegende Bewertung der Leistungsfähigkeit

7.2.1   Public Report (Notrufmeldung durch die Öffentlichkeit)

7.2.2   Feuerwachtürme

7.2.3   Luftbeobachtung

7.2.4   Unmanned Aerial Vehicles (UAV)

7.2.5   Luftschiffe

7.2.6   Terrestrische CCTV-Technik

7.2.7   Terrestrische OSS-Videotechnik

7.2.8   Erdgebundene Infrarotsysteme

7.2.9   Erdgebundene Temperatursensoren

7.2.10   Light Detection And Ranging (LIDAR)

7.2.11   Sonic Detection and Ranging (SODAR) und Radio-Akustische-Sondierungssysteme (RASS)

7.2.12   Mobile biologische Sensoren (MBS)

7.2.13   Satellitentechnologie

7.2.14   Zusammenfassung der grundlegenden Bewertung

7.3   Bewertung nach dem Leistungspositionskatalog

7.3.1   Public Report (Notrufmeldung durch die Öffentlichkeit)

7.3.2   Feuerwachtürme

7.3.3   Luftbeobachtung

7.3.4   Unmanned Aerial Vehicles (UAV)

7.3.5   Luftschiffe

7.3.6   CCTV-Technik

7.3.7   OSS-Videotechnik

7.3.8   Erdgebundene Infrarotsysteme

7.3.9   Erdgebundene Temperatursysteme

7.3.10   Light Detection And Ranging (LIDAR)

7.3.11   Sonic Detection and Ranging (SODAR) und Radio-Akustische-Sondierungssysteme (RASS)

7.3.12   Mobile biologische Sensoren (MBS)

7.3.13   Satellitentechnologie

7.3.14   Zusammenfassung der Bewertung nach dem Leistungspositionskatalog

7.4   Bewertung anhand komplexer Kriterien

7.5   Die Vulnerabilität von Ökosystemen

7.6   Kostenvergleich ausgewählter Früherkennungssysteme

7.7   Bewertung der betriebs- und finanzwirtschaftlichen Methoden

7.8   Wirtschaftlichkeit und beeinflussende Nebenaspekte

7.9   Die Anwendung von Analysemethoden

8   Diskussion

8.1   Grundlagen und Methoden der Waldbrandfrüherkennung

8.2   Die Komplexität der Findung eines geeigneten Früherkennungssystems

8.3   Der Kostenvergleich von Früherkennungssystemen

9   Schlussfolgerungen

Fazit

Abkürzungsverzeichnis

Literatur- und Quellenverzeichnis

Stichwortverzeichnis

1          Einleitung

 

»Holz ist ein einsilbiges Wort,aber dahinter verbirgt sich eine Welt der Märchen und Wunder.« Theodor Heuss

Die Bedeutung von Wäldern und Vegetationsgebieten für den »Lebensraum Deutschland« wird seitens der Bevölkerung, der Politik, aber auch von Dienststellen zur Gefahrenabwehr zum Teil stark unterschätzt. Selbst Eigentümer oder Pächter von Waldgebieten verkennen häufig die ökologische Bedeutung des Waldes bzw. orientieren sich bei der Wertschätzung ihres Waldes vielfach nur an Rohholzpreisen, den Pachteinnahmen für die Jagd oder den finanziell gering bewerteten Waldgrund. Führt man sich aber vor Augen, dass insbesondere Wälder für das Umweltsystem wichtige und multifunktionale Aufgaben erfüllen, ändert sich diese am kurzfristigen Profit orientierte Einschätzung schnell.

Wälder sind nicht nur ein wertvoller Lebensraum für Fauna und Flora, sondern auch Lieferanten für den wichtigen und nachwachsenden Rohstoff Holz. Holz ist wiederum unverzichtbarer Werkstoff u. a. für die Bauwirtschaft, für die Möbel- oder Verpackungsindustrie und nicht zuletzt für die Printmedien.

Für den Menschen stellt der Wald einen wertvollen Erholungsraum dar, sei es um sich in den Wäldern zu erfrischen oder schlicht den Anblick zu genießen. Nicht ohne Grund werden Freizeit-, Kur-, Hotel- und Sportanlagen bevorzugt in der Nähe des Waldes oder sogar innerhalb von Waldgebieten angesiedelt.

Wälder sind darüber hinaus für unser Klima wertvolle »Verbraucher« von Kohlendioxid und absorbieren weitere, die lebensnotwendige Atemluft belastende Schadstoffe. Zudem binden Wald- und Vegetationsgebiete große Mengen an Umweltstäuben und fungieren als natürliche Reduktionsquelle für Lärm. Ferner tragen Wälder dazu bei, extreme Witterungen zu vermeiden. So werden Erosion, Hitze, Frost und die Auswirkungen von Starkregenfällen und Stürmen deutlich reduziert. Auch sind die Wälder der Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten. Nicht zuletzt dienen Wälder als gewaltige Trinkwasserspeicher und Sauerstofflieferanten (König, 2007).

Somit ist ersichtlich, dass dem Schutz unserer Wälder eine weitaus größere Bedeutung beigemessen werden muss, als dies in weiten Teilen der Bevölkerung und verantwortlichen Stellen tatsächlich der Fall ist.

Betrachtet man nun den forstwissenschaftlich erbrachten Nachweis, dass ein Waldgebiet, welches durch einen Vollbrand vernichtet wurde, ca. 60 bis 70 Jahre Zeit benötigt (König, 2007) (etwa die Dauer eines durchschnittlichen Menschenlebens oder die Dauer zweier Generationen!), um sich wieder zu regenerieren oder sich zumindest in Teilen zu erholen, muss klar sein, dass die Wälder vor Brandeinwirkung und anderen Schadenseinflüssen zu schützen sind. Diese Aussage muss aber insofern eingeschränkt werden, da einige Ökosysteme durch Einwirkung von Feuer auch Nutzen ziehen oder für die weitere Entwicklung sogar darauf angewiesen sind. Der WWF Deutschland schätzt, dass ca. 46 % der weltweiten Ökoregionen von Feuer abhängig sind oder dadurch positiv beeinflusst werden. Innerhalb dieser Regionen sind Feuer ähnlich wichtig wie z. B. Regen oder Sonneneinwirkung (Hirschberger, 2012). Dieser Schätzung folgend verbleiben 54 % an weltweiten Ökosystemen, in denen ein Feuer keinen natürlichen Nutzeffekt aufweist und somit in vielerlei Hinsicht nur eine in unterschiedlichen Ausprägungen schädigende Wirkung eintritt.

Betrachtet man nun noch die Erfahrungswerte von Feuerwehren und Forstdienststellen, die belegen, dass die Brandbekämpfung in Waldgebieten nicht nur körperliche Schwerstarbeit ist, sondern die Gefahrenabwehr auch vor große strategische und logistische Probleme stellt, liegt nahe, dass ein Brand in einem feuerunabhängigen Ökosystem schon so früh wie möglich entdeckt, zuverlässig eingeschätzt, gemeldet und mit Einsatzkräften beschickt werden muss.

Waldbrände stellen eine konstante Gefahr für feuerunabhängige ökologische Systeme, Infrastruktur und alle Lebensformen dar. Betrachtet man die Prognosen für die zukünftigen Waldbestände, ist festzustellen, dass Waldbrände und die Rodung des Regenwaldes die Hauptursachen dafür sind, dass sich die Waldbestände mit Stand des Jahres 2000 bis zum Jahr 2030 weltweit halbiert haben werden (Stipaničev et al., o. A. und Kührt et al., 2000).

Bild 1: Momentaufnahme der Entstehung des Waldbrandes am Thumsee, Stadt Bad Reichenhall, Landkreis Berchtesgadener Land, am 13.04.2007. Dieser Entstehungsbrand entwickelte sich über einen Zeitraum von drei Tagen zu einer der größten Waldbrandkatastrophen im Freistaat Bayern (Quelle: Florian Weiß).

Jedes Jahr zerstören Brände mehrere Millionen km2 Pflanzenbewuchs in der Savanne und – zusätzlich zu dessen Rodung – ca. 100.000 km2 tropischen Regenwald (Kührt, o. A.). In Europa werden jedes Jahr ca. 10.000 km2 Wald durch Brände vernichtet (Bild 1). In den Regionen Nord Amerikas und Russland fallen jedes Jahr ca. 100.000 km2 Wald, den meist von Menschen verursachten Bränden, zum Opfer. Rund 20 % der das Weltklima beeinflussenden CO2-Emmissionen werden durch Waldbrände verursacht (Stipaničev et al., o. A.).

Im Jahr 2009 fanden sich Spezialisten verschiedener Dienststellen der Vereinigten Staaten von Amerika zusammen, um u. a. die von Bränden in der Vegetation ausgehenden Risiken und Gefahren zu bewerten, aber auch die Wirksamkeit der Strategien von Brandschutzprogrammen der Vergangenheit und Gegenwart zu untersuchen und daraus eine Prognose für künftige Anforderungen an das »Fire Management« zu erstellen (National Association Of State Foresters, 2009). Beteiligte Dienststellen waren u. a. das

  U.S. Department of the Interior, Bureau Of Indian Affairs,

  U.S. Department of the Interior, Bureau of Land Management,

  U.S. Department of the Interior, U.S. Fish & Wildlife Service und

  U.S. Department of Agriculture, Forest Service

sowie der National Park Service, die National Association of State Foresters und Dienststellen einzelner Bundesstaaten der USA, darunter Feuerwehren, Universitäten und Spezialisten von Nicht-Regierungsorganisationen (National Association Of State Foresters, 2009).

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden im »Quadrennial Fire Review 2009« zusammengefasst, der für die kommenden vier Jahre – daher der Name des Berichtes – und darüber hinaus die Rahmenbedingungen aller Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in Wald- und Vegetationsgebieten prognostiziert. Ergebnisse dieser Untersuchungen waren unter anderem (MV Group Ltd., 2009 und National Association Of State Foresters, 2009):

Die Auswirkungen des Klimawandels führen aller Wahrscheinlichkeit nach zu einer Verlängerung derWaldbrandsaisonmit größeren und intensiveren Brandverläufen. Ferner werden Brände in mehreren Gebieten (der USA) ausbrechen, als dies früher üblich war.

(…)

ZunehmendeDürreperiodenführen zu einer vermehrten Anhäufung von Brennstoffen, einer schnelleren Austrocknung der Vegetation und einer leichteren Entzündbarkeit der Brennstoffe.

(…)

Trotz eines größeren Bewusstseins derÖffentlichkeitbesteht ein kontinuierliches Risiko für die Entstehung von Bränden in Wäldern und Vegetationsgebieten.

(…)

Der Finanzmittelhaushalt von Gefahrenabwehrdienststellen wird durch steigendeAnforderungenund Kosten in der Zeit, in der eine Regierung nur geringe Einnahmen verzeichnet, überlastet.

(…)

Neue Denkansätze und Modelle, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und neu entstehendes Wissen über Zuverlässigkeit, Sicherheit und Risikomanagement müssen gefördert werden und in allen Ebenen des »Fire Managements« integriert werden.

Bild 2: Erderwärmung seit dem Jahre 1850. Deutlich erkennbar ist der Anstieg der Temperatur oberhalb des globalen Temperaturdurchschnittes (Nulllinie) (Quelle: Umweltbundesamt).

Die Ergebnisse dieses Berichtes, aber auch die vielfältigen Schäden betrachtend, die jährlich durch Brände in Wald- und anderen Vegetationsgebieten entstehen, lassen daher nur eine logische Schlussfolgerung zu: Wald- und Vegetationsgebiete müssen einer steten Überwachung zugeführt werden, um die sich durch Brände ergebenden negativen Folgen für das Ökosystem im Allgemeinen und den Menschen im Besonderen deutlich zu reduzieren.

Alle Methoden der Waldbrandfrüherkennung haben dabei gemeinsam, dass diese die Anzahl der Waldbrände nicht reduzieren können, wohl aber deren Auswirkungen. Je früher und sicherer das Brandereignis dabei detektiert und gemeldet werden kann, desto

  mehr Waldflächen können geschützt werden,

  mehr Finanzmittel können eingespart werden,

  früher und effizienter kann die Brandbekämpfung aufgenommen werden,

  weniger Löschmittel und kostenintensive Löschmittelzusätze müssen eingesetzt werden,

  mehr Lebensformen von Fauna und Flora können geschützt werden und

  größer sind die globalen Erfolge des Umweltschutzes.

All dies sind Gründe, der Waldbrandfrüherkennung in vorliegendem Buch besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Ziel des Buches ist der Erhalt einer Übersicht über systemtechnisch völlig unterschiedlich wirkende herkömmliche und moderne Methoden der Waldbrandfrüherkennung. Auf Basis dieser Übersicht sind die unterschiedlichen Systeme und Methoden einem vorwiegend technischen und in begrenztem Umfang einem wirtschaftlichen Leistungsvergleich zu unterziehen, der sich sowohl an spezifischen technischen Funktionsmerkmalen als auch am Wirkbetrieb für einen frei gewählten Schutzbereich und folgend an einem realen Schadensfall, der Waldbrandkatastrophe in der Lüneburger Heide im Jahre 1975, orientiert.

Wesentliches Ziel ist auch die Entwicklung definierter Anforderungskriterien an Systeme zur Früherkennung von Wald- und Vegetationsbränden, die in einem Leistungspositionskatalog zu bündeln sind. Die zu definierenden Anforderungskriterien sollen die praktischen Erfordernisse des Einsatzdienstes der Feuerwehr sowie Belange der Sicherheitstechnik, der freien Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes berücksichtigen. Dabei ist davon auszugehen, dass dieser so entwickelte und nachfolgend dargestellte Leistungspositionskatalog Neuigkeitscharakter aufweist. Im Weiteren sind auch die Einflussfaktoren zu ermitteln, die sich auf die Beschaffung bzw. den Einsatz eines Früherkennungssystems auswirken. Für ein weitergehendes Verständnis wird neben der Darstellung unterschiedlicher Methoden der Früherkennung von Wald- und Vegetationsbränden auch auf die Waldbrandsituation speziell in der Bundesrepublik Deutschland und ihre Ursachen eingegangen.

2          Die Waldbrandsituation in Deutschland

Der Begriff der »Waldbrandgefahrenklassen« wurde schon vor dem zweiten Weltkrieg erdacht. Hierzu wurde durch Professor Weck eine Statistik der preußischen Staatsforsten ausgewertet, welche sich inhaltlich über einen Zeitraum von 60 Jahren erstreckte. Die Ergebnisse dieser Statistik kamen jedoch erst nach dem zweiten Weltkrieg – zunächst in den Ländern der Sowjetischen Besatzungszone, dann im Hoheitsgebiet der entstehenden DDR – zum Tragen (Sobczyk, 2014). So wurden die Waldbrandgefahrenklassen nach langen aber praxisnahen Diskussionsprozessen, beginnend ab dem Jahre 1950 (König, 2007), in der DDR eingeführt. Hierzu wurden alle Oberförstereien zunächst in drei, später, durch Einwirkung der »Arbeitsgemeinschaft Waldbrandschutz« (Sobczyk, 2014), in vier Waldbrandgefahrenklassen eingestuft:

A  Gebiete mit über 50 ha Vollbrandfläche pro 100.000 ha Wald und Jahr

B  Gebiete mit über 5 - 50 ha Vollbrandfläche pro 100.000 ha Wald und Jahr

C  Gebiete mit weniger als 5 ha Vollbrandfläche pro 100.000 ha Wald und Jahr

Hinzu kam zu einem späteren Zeitpunkt die zusätzliche Waldbrandgefahrenklasse A1, welche besonders gefährdete Gebiete noch einmal besonders hervorhob:

A1  Gebiete, die im Zeitraum von 1925 bis 1964 mehr als drei Brände über 100 ha Größe und über 50 ha Vollbrandfläche pro 100.000 ha Wald aufwiesen.

Ähnliche, aber nicht direkt vergleichbare Einstufungen in Gefährdungsbereiche lagen im Hoheitsgebiet der damals noch jungen Bundesrepublik Deutschland nur in Bayern, Niedersachsen und Hessen vor (König, 2007).

Im Jahr 1992 schloss sich die mittlerweile wieder vereinigte Bundesrepublik Deutschland dann den Vorstellungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, dem Vorläufer der heutigen Europäischen Union an, das Staatsgebiet auf Ebene der Landkreise in Waldbrandrisikogebiete zu unterteilen. Infolge dieser europaweit einheitlichen Einordnung auf rechtlicher Grundlage der EWG-VO Nr. 2158/92 ff werden die Waldbrandrisikogebiete wie folgt eingeteilt (König, 2007):

  Landkreise mit hohem Waldbrandrisiko,

  Landkreise mit mittlerem Waldbrandrisiko und

  Landkreise mit geringem Waldbrandrisiko.

Auf Basis dieser Einteilung ergab sich für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland die durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten im Jahre 1995 erstellte Karte für Waldbrandrisiken (Engel, 2014). Der Karte ist zu entnehmen, dass der Nordosten Deutschlands das Gebiet mit dem höchsten Risiko für einen Waldbrand ist. Das Agrarministerium des Landes Brandenburg mit Sitz in Potsdam begründet diese hohe Waldbrandgefahr mit einem hohen Anteil an Kiefernwäldern, leichten Sandböden und geringen Niederschlagsmengen (König, 2007). Daher ist es nicht verwunderlich, wenn im Land Brandenburg bzw. im Nord-Osten der Republik vergleichsweise hohe Anstrengungen für den Schutz des Waldes vor Bränden unternommen werden. Bis zum Jahre 2013 wurde die Waldbrandgefahr in den einzelnen Bundesländern auf Basis inhaltlich nicht einheitlicher Parameter ermittelt und mittels unterschiedlicher Begrifflichkeiten zum Ausdruck gebracht. Hierdurch kam es insbesondere in den Grenzbereichen der Länder immer wieder zu Irritationen.

Seit 2014 (SMUL, 2014) verwenden alle Länder der Bundesrepublik Deutschland das gleiche fünfstufige Modell, über welches die Waldbrandgefährdung einheitlich definiert wird. Dieses als Waldbrandgefahrenindex (WBI) bezeichnete Prognosemodell basiert auf der von George M. Byram entwickelten Feuerintensitätsgleichung, in welcher die Laufgeschwindigkeit eines Brandes in Abhängigkeit der Waldstruktur (z. B. Bodenbeschaffenheit, Streuauflagen, Ausbildung der Kronen) und die gegebenen bzw. prognostizierten Wetterdaten (z. B. Luftfeuchte, Temperatur, Windgeschwindigkeit, Niederschlagsmenge, Schneehöhe, Strahlung innerhalb der Atmosphäre) berücksichtigt werden.

Die Formel der Brandintensität nach George M. Byram lautet (Johnston et al., 2017):

FI =   Fire Intensity

H =   Low heat of Combustion

w =   Fuel consumed

R =   Rate of Spreading

Der WBI entspricht dem internationalen Standard und gibt den Stand der Waldbrandforschung wieder. Das Prognosemodell des täglich aktualisierten WBI wird seitens der Länder dazu benutzt, die Waldbrandgefahr einzuschätzen und auf Basis dieser Erkenntnisse Waldbrandwarnungen bzw. Handlungsempfehlungen auszusprechen, die weitreichend bis hin zur Erteilung des Verbotes zum Betreten der Wälder reichen können (Bild 3).

Die Ausgabe des Waldbrandgefahrenindex erfolgt in fünf Stufen (DWD, 2018):

Bild 3: Gefahrenstufen nach Waldbrandgefahrenindex

Die Verwendung des Begriffes »Kronenfeuer« (auch als »Wipfelfeuer« bezeichnet) entspricht dem herkömmlichen Sprachgebrauch, stellt jedoch keine eigenständige Waldbrand- oder Verlaufsform dar, da ein »Kronenfeuer« ausschließlich mit einem Vollbrand (auch als »Totalfeuer« bezeichnet) einhergeht (König, 2007). Wald- und Vegetationsbrände lassen sich somit in

  Moor- bzw. Erdbrände (Abbrand unterirdischer organischer Schichten),

  Bodenbrände (Abbrand des brennbaren Bodenbelages und -bewuchses),

  Stammbrände (Abbrand eines einzelnen Baumstammes) und

  Vollbrände (Totalfeuer)

unterscheiden (König, 2007 und Schott/Ritter, 2013).

Eine Besonderheit bei den Erdbränden ist der Abbrand unterirdischer Kohleschichten, der sehr zur globalen Luftverschmutzung und Treibhausemissionen beiträgt. Infolge dieser weltweit bestehenden Problematik des ungewollten Abbrandes von Kohlevorkommen beschäftigt sich das interdisziplinäre geowissenschaftliche Verbundprojekt »The Sino-German Coal Fire Research Initiative« mit den Möglichkeiten der Erkundung, Bekämpfung und Überwachung von unterirdischen Kohlebränden.

Die Einteilung bzw. Unterscheidung von unterschiedlichen Verlaufsformen der Brände in Wald- und Vegetationsgebieten ist für die Auswahl und Anwendung geeigneter und nachhaltig wirkender Maßnahmen zur Brandbekämpfung durch die Feuerwehr von Bedeutung (Cimolino, 2014 und Cimolino et al., 2015). Die Beschreibung taktischer und strategischer Einsatzmaßnahmen sowie der hierfür benötigten Ausrüstung der Feuerwehr ist jedoch nicht Gegenstand des Buches. Vielmehr stellt dieser Themenkomplex ein eigenes Tätigkeitsfeld dar, welches sich nach präventiv wirkenden Maßnahmen des Waldbrandschutzes (Waldbrandprävention) nahtlos an die Früherkennung von Wald- und Vegetationsbränden anschließt.

Die Gesamtheit der durch Schadenfeuer verbrannten Waldfläche in der Bundesrepublik Deutschland weist derzeit, betrachtet ab dem Jahr 2002 (Bild 4), eine zunehmende Tendenz auf (Quelle: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, 2020). Im Einsatzjahr 2018 kam es dabei nicht nur zu den meisten Waldbränden seit 15 Jahren, sondern auch zur in Deutschland größten vernichteten Waldbrandfläche seit 26 Jahren. Die vernichtete Fläche von 2348,81 Hektar entspricht dabei ungefähr einer Fläche von 3290 Fußballfeldern (Quelle: Deutscher Landwirtschaftsverlag GmbH, 2020)

Bild 4: Verbrannte Waldfläche in der Bundesrepublik Deutschland seit dem Jahre 2002 (Quelle: Forstpraxis.de)

3          Brandursachen in Wäldern und Vegetationsgebieten

»Das Talent der Menschen, sich einen Lebensraum zu schaffen,

wird nur durch ihr Talent übertroffen, ihn zu zerstören.«

Georg Christoph Lichtenberg

Brandursachen in Wäldern und Vegetationsgebieten lassen sich anhand des Zündquellenkataloges der Explosionsschutzrichtlinie, der Einteilung von Brandursachen aufgrund von Erfahrungswerten nach Schneider (1997) oder auch der Waldbrandstatistik der Bundesrepublik Deutschland, geführt durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (Tabelle 1 und 2), auf zwei Hauptursachen reduzieren: natürliche und anthropogen bedingte Brandursachen.

Natürliche Brandursachen sind der Blitzeinschlag sowie Vulkanausbrüche. Zudem können unterirdische Kohleschichten durch exotherm verlaufende Selbstentzündungsprozesse in Brand gesetzt werden (Drebenstedt et al., 2010), in deren Folge auch Brände an der Oberfläche möglich sind. Während die Selbstentzündung von Kohle der Reaktion mit der Umgebungsluft oder Lufteinschlüssen in der Kohle selbst geschuldet ist, lässt sich die relativ seltene (König, 2007) Selbstentzündung von Torf auf das Vorhandensein thermophiler, vorwiegend aerober Mikroorganismen zurückführen (Schwarz, 1964, Schneider, 2003 bis 2009). Bedingung hierfür ist jedoch eine einhergehende Dürre (König, 2007).

Die Blitzeinschläge, die zu einer Zündung von natürlichen Brennstoffen in der Vegetation führen, unterliegen, betrachtet man die Region im Bereich des Landkreises Bautzen, einer Zunahme (Sobczyk, 2019). Dies kann einerseits an einer bereits einsetzenden Klimaänderung liegen, in deren Folge durch vermehrten Wassereintrag in die Atmosphäre und stärkere Winde zunehmend elektrische Ladungen und Spannungsfelder entstehen, die sich mittels Blitz(einschlag) entladen. Andererseits ist es den hochmodernen meteorologischen Erkennungssystemen (vgl. Kapitel 4.2.1.10) geschuldet, welche Blitzeinschläge im Vergleich zu früheren Zeiten heute präzise erkennen, analysieren und aufzeichnen.

Aussagen, die Meteoriten als Brandursache bei baulichen Anlagen oder in Vegetationsgebieten nennen, können nicht bestätigt werden. Meteoriten verbleiben infolge der hohen Fluggeschwindigkeit nur kurzzeitig in der Atmosphäre und verlieren während des Fluges deren geschmolzene Oberfläche (Ablation), wodurch ein vollständiges

Tabelle 1: Anzahl Waldbrandursachen in der BRD 2018 (Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung, 2019)

Bund / LandVorsatz (Brandstiftung)FahrlässigkeitSonstige handlungsbed. EinwirkungenNatürliche UrsachenUnbekannte UrsachenZusammen

Durchheizen des Meteoriten unterbleibt. In der letzten Phase des Fluges (Dunkelphase) verliert der Meteorit infolge sich reduzierender Geschwindigkeit seine dünne Schmelzkruste, wodurch die beim Durchlaufen der Atmosphäre mögliche einhergehende Leuchterscheinung zum Erliegen kommt. Erfahrungswerte belegen, dass gleich nach dem Fall gefundene Meteoriten handwarm sind, woraus gefolgert werden darf, dass die Zündtemperaturen von natürlichen in Wald- und Vegetationsgebieten vorkommenden Brennstoffen nicht erreicht werden können. Größere auf der Erde einschlagende Himmelskörper können große Krater verursachen, jedoch reicht auch hier weder die Temperatur der Meteoritenoberfläche noch die mitgeführte kinetische Energie dazu aus, einen Brand in der Vegetation zu verursachen. Sehr große Meteoriten hingegen können Materie zur Entzündung bringen, nicht jedoch durch deren Eigenwärme, sondern durch die thermische Energie, die bei der atmosphärischen Abbremsung durch die Umwandlung der Bewegungsenergie entsteht. Dabei wird kurz vor dem Einschlag auf dem Erdboden eine nach unten gerichtete thermische Impulswelle erzeugt, die brennbare Stoffe entzündet und hinsichtlich der Wirkung mit einer Atombombe vergleichbar ist (Flohrer, 2017).

Alle anderen Waldbrände finden ihren Ursprung im Wirken des Menschen, sei es, weil dieser Handlungen begeht oder unterlässt (König, 2007). Diese anthropogen bedingten Brandursachen lassen sich unter Betrachtung des strafrechtlichen Aspektes stark vereinfacht in fahrlässige und vorsätzliche Brandstiftungen unterteilen. Während die Methoden der vorsätzlichen Brandstiftung mannigfaltig und stets auch der Ingeniösität des Brandstifters geschuldet sind und daher nur schwer statistisch aufgeschlüsselt werden können, lassen sich die fahrlässigen Brandstiftungen (Tabelle 2) im Bereich von Wald- und Vegetationsgebieten gemäß der Waldbrandstatistik der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im Wesentlichen auf folgende Kausalitäten zurückführen:

  Landwirtschaftliche Maßnahmen,

  Holzernte und andere forstliche Maßnahmen,

  Industrielle Aktivitäten,

  Kommunikation (Eisenbahn, elektrische Leitungen),

  Allgemeinheit (Camper, andere Besucher, Kinder),

  Sonstiges.

Somit ist die Brandstiftung, fahrlässig oder vorsätzlich, direkt durch die Hand des Menschen oder indirekt durch in den Wald eingebrachte naturfremde Objekte, die zweite große Brandursache. Typisches menschliches Fehlverhalten ist beispielsweise jede Entzündung von Lager-, Camping-, Abfallverbrennungs- oder Traditionsfeuern im Wald oder in Waldnähe, das Spielen von Kindern mit Zündmitteln, die

Tabelle 2: Übersicht zu der Anzahl durch Fahrlässigkeit ausgelöster Waldbrände (Quelle: Bundesamt für Landwirtschaft und Ernährung, 2019)

Bund / LandLandwirtschaftliche MaßnahmenHolzernte und andere forstl. MaßnahmenIndustrieelle AktivitätenKommunikation (Eisenbahn, elektrische Leitungen)Allgemein (Camper, andere Besucher, Kinder)Sonstiges

achtlos fortgeworfene Zigarette sowie die vorsätzlich herbeigeführte Brandstiftung in Vegetationsgebieten mit Hilfe von Zünd- und Hilfsmitteln aller Art. Die Motive, die diesen Fehlhandlungen zu Grunde liegen, sind vielfältig, werden im Folgenden jedoch nicht weiter untersucht.

Weitere durch Menschenhand verursachte Brände ergeben sich beispielsweise durch Selbstentzündungsprozesse, hervorgerufen durch aufbrechende bzw. reagierende Munitionsrückstände im Oberboden des Waldes (König, 2007) oder Kontakt heißer Bauteile von Kraftfahrzeugen (im Regelfall der Abgasanlage) mit trockenem Pflanzenbewuchs. Auch das Schießen mit Leuchtspurmunition oder auch die durch schnell drehende Maschinenbauteile, beispielsweise bei Schnittwerken, entstehende Reibungsenergie, kann zu Brandereignissen führen. Häufige Ursache ist auch der Funkenflug bei Bremsvorgängen von Schienenfahrzeugen mit den dabei teils absplitternden, heißen Bestandteilen der Bremsanlage, die im Bereich der Böschung der Gleiskörper zu Bränden führen können (Schneider, 1997).

Im Bereich des (Braun-)Kohlebergbaus kann eine damit einhergehende Grundwasserabsenkung zu einer Veränderung bzw. Umstellung der umgebenden Vegetation führen. Dies kann, genauso wie die durch den Kohletagebau und die durch diesen in Vegetationsflächen eingetragenen Luftschadstoffe, zu einer Begünstigung der Brandentstehung bzw. Brandentwicklung und -ausbreitung führen (Sobczyk, 2014).

Bezüglich der durch Menschenhand verursachten Schadenfeuer sei im Zusammenhang mit Waldbränden auch erwähnt, dass in Informations- und Merkblättern unterschiedlicher Herausgeber, darunter teilweise sogar der Feuerwehren, immer wieder der Hinweis zu finden ist, dass Glasscherben in Wäldern durch Bündelung der Sonnenstrahlung zu Bränden führen können. Betrachtet man die Anzahl der Notwendigkeiten, die vorliegen müssen, damit dies gelänge, ist offenkundig, dass dieser Zufall schon stochastisch kaum eintreten kann. So müssten z. B. Brennweite, Glasbeschaffenheit, Einstrahlungswinkel, Wetterverhältnisse, Brennstoff, Brennstoffverteilung und Lichtenergie in räumlicher und zeitlicher Koinzidenz stehen, um zu einer Initialzündung zu führen. Dies ist kaum möglich. So führten auch Müller et al. (2007) auf Basis einer eigenen wissenschaftlichen Versuchsreihe aus, dass sich auch bei »sommerlich-trockenem Wetter, lichtbündelnden farblosen Flaschenböden, mit optimalen lichtfokussierenden Abständen zwischen Glas und Streuoberfläche und lufttrockenen Streumaterialien« keine Zündung beobachten ließ.

So fasst König (2007) in seinem Werk »Waldbrandschutz« zusammen, dass etwa 98 % bis 99 % aller Waldbrände in der Bundesrepublik Deutschland auf das Handeln bzw. Nichthandeln von Menschen zurückzuführen sind. Lediglich 1 % bis 2 % der Brände in der Vegetation werden durch natürliche Brandursachen, im Regelfall durch Blitzeinschläge, verursacht. Barnier (2003) vom Wisconsin Department of Natural Resources, Division of Forestry, bestätigt die Häufigkeit von Blitzeinschlägen als Brandursache mit ebenfalls 2 % Gesamtanteil. Weitere 69 % der Brände in Wisconsin werden durch den Menschen verursacht, wobei Schienenfahrzeuge 8 % Gesamtanteil aufweisen. Hinzu kommen sonstige Brandursachen mit einem Anteil von 21 %.

Fasst man die Brände in Wisconsin, im Norden der USA gelegen, verursacht durch Menschen, Schienenfahrzeuge und sonstige Ursachen zusammen, ergibt sich die durch König (2007) ermittelte prozentuale Beteiligung des Menschen an Bränden in Wald- und Vegetationsgebieten.

4          Methoden der Waldbrandfrüherkennung

»Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht.«

Friedrich Schiller

In nachfolgenden Kapiteln werden die Methoden der Früherkennung von Bränden in Wald- und Vegetationsgebieten vorgestellt. Dabei werden sowohl die herkömmlichen Methoden näher betrachtet, die in allen Ländern der Erde verbreitet sind und zur Anwendung kommen, als auch modernste Verfahren, die sich zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches teils noch im Erprobungsstadium befinden und daher kaum bekannt sind, vorgestellt.

4.1       Herkömmliche Methoden der Waldbrandfrüherkennung

Die älteste Methode ist die Erkennung von Brandereignissen durch die Öffentlichkeit, gefolgt vom Bau und Betrieb spezieller Feuerwachtürme. Nicht überall, aber global gesehen vielfach wird die Luftbeobachtung vollzogen, die anhand dreier Beispiele aus der Bundesrepublik Deutschland, dem Feuerwehrflugdienst Niedersachsen, der Polizeifliegerstaffel Hessen und der Luftrettungsstaffel Bayern, dargestellt wird. Auch wird die russische Avialesookhrana, als weltweit ältester fliegender Dienst im Waldbrandschutz, näher beleuchtet.

4.1.1     Notrufmeldung durch die Öffentlichkeit

 

Die älteste Methode der Menschheit, Gefahrenzustände zu erkennen bzw. zu erfahren – zu früherer Zeit noch dazu ohne jedes Hilfsmittel – ist die Mitteilung und Verbreitung entsprechender Meldungen durch die Öffentlichkeit.

Die Wahrscheinlichkeit der Erkennung von Bränden in Wald- und Vegetationsgebieten durch die Öffentlichkeit steht dabei in Abhängigkeit der Besiedelungsdichte einer Region, des Straßen- und Wegenetzes sowie den zur Verfügung stehenden Kommunikationstechniken und -mitteln und natürlich der Größe des Wald- und Vegetationsgebietes selbst. So ist es nicht weiter verwunderlich, wenn in dicht besiedelten Regionen, die noch dazu mit einer guten allgemeinen Infrastruktur versehen sind, auch bei größeren Waldgebieten die Mitteilung über einen Waldbrand vergleichsweise schnell erfolgt, sei es, weil Einwohner das Brandereignis sehr schnell erkennen oder weil Touristen und Wanderer auch in abgelegenen Gebieten der Tourismuszentren ein Brandereignis über Mobilfunk- oder Satellitentelefon melden. Dabei ist weltweit zu beobachten, dass sich staatliche Dienststellen zum Schutz von Wald- und Vegetationsgebieten, sofern vorstehende Konstellationen vorliegen, teilweise ausschließlich auf die Meldung von Gefahrenzuständen durch die Öffentlichkeit verlassen. Vielfach werden keine anderen Melde- bzw. Erkennungssysteme flankierend eingesetzt. So werden beispielsweise infolge zahlreicher über dem Grand Canyon liegender Luftverkehrsrouten und einer dadurch bedingten Luftverkehrsdichte ziviler Luftfahrzeuge viele Rauchentwicklungen in diesem Gebiet auf relativ schnellem Weg erkannt und gemeldet. Infolge dieser guten Erfahrung ist das Konzept des Grand Canyon Nationalparks zur Früherkennung von Brandereignissen genau auf diese verlässliche Informationsquelle abgestimmt (Pyne, 1996).

Anders erleben wir dies in Regionen mit großen Wald- und Vegetationsgebieten, aber mit geringer Bevölkerungsdichte und spärlicher Infrastruktur. Hier ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass Waldbrände durch Menschen früh entdeckt und dann auch noch ausreichend präzise und ohne größeren Zeitverzug an die Einsatzkräfte gemeldet werden. Diese auf einigen Kontinenten riesigen und kaum erschlossenen Wald- und Vegetationsgebiete sind jedoch von geradezu überlebenswichtiger Bedeutung für die Natur insgesamt. Geht man nun davon aus, dass sich die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung von Bränden mit zunehmender Größe dieser gering erschlossenen Wald- und Vegetationsgebiete weiter reduziert, wird deutlich, dass diese Gebiete ihrer Bedeutung entsprechend besondere Anstrengungen zu ihrem Schutz und damit zum Schutz der gesamten Natur erfordern.

Erhebungen des Forest Service in British Columbia, Kanada, haben gezeigt, dass rund 30 % bis 35 % der Waldbrände, auch in abgelegenen Gebieten, durch die Öffentlichkeit gemeldet werden (Wilde, 2003). In Wisconsin, USA, sind es nach Erhebungen des Wisconsin Department of Natural Resources, Division of Forestry, sogar rund 60 % (Barnier, 2003). Somit verbleiben ca. 40 % bis 70 % der Waldbrände, je nach Region, die über einen langen Zeitraum durch die Öffentlichkeit nicht entdeckt werden. Infolge dessen müssen Brände in diesen Regionen durch geeignete Methoden, die in den Folgekapiteln dargestellt werden, erkannt, gemeldet und lokalisiert werden.

4.1.2         Feuerwachtürme

 

Eine weltweit verbreitete Methode zur Entdeckung von Bränden in Vegetationsgebieten ist die Errichtung und der Betrieb von Feuerwachtürmen. So wurden schon im Jahre 1891 in Bad Muskau, Landkreis Görlitz (Sachsen), zwei Wachtürme errichtet, die bei Brandereignissen im Revier Geißlitz zur Verwendung kamen. Diese Wachtürme wurden jedoch noch ohne Melde- und Signaleinrichtungen betrieben (Sobczyk, 2014).

Das Prinzip des Feuerwachturms mit Signaleinrichtung zur Erkennung, Ortung und Übermittlung von Brandereignissen (Sobczyk, 2014) wurde um das Jahr 1900 durch Oberförster Walter Seitz (Hanl, 2010) aus der Lausitz entwickelt und mit einem deutschen Reichspatent versehen (König, 2007). Der erste Turm dieser Art (Bild 5), vollständig aus Holz konstruiert, wurde im Bereich der Gemeinde Weißwasser, Landkreis Görlitz, Land Sachsen, errichtet (Hanl, 2010). Auf der Weltausstellung 1904 in St. Louis, USA, wurde dieses Prinzip des Feuerwachturms mit Signaleinrichtung zur Überwachung brandgefährdeter Wälder mit einer Auszeichnung bedacht (König, 2007). Infolge seiner weitreichenden Verdienste um das Forstwesen wurde Oberförster Walter Seitz später zum königlich preußischen Forstmeister ernannt (Schmidt, 2015).

Bild 5: Feuerwachturm in Massivholzbauweise mit Signaleinrichtungen nach Walter Seitz (Modell, ausgestellt im Stadtmuseum Hoyerswerda) (Quelle: Thomas Sobczyk)

Noch bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts wurden diese Türme in Massivholzbauweise gebaut. Je nach Bauhöhe wurden dabei ca. 25 m3 bis 30 m3 Rundhölzer benötigt. Die Lebensdauer der aus Holz gebauten Feuerwachtürme war mit ca. 20 bis 25 Jahren als eher gering einzustufen und führte daher in vielen Ländern zu Neu- und Weiterentwicklungen (Mißbach, 1982). So erfand bzw. entwickelte Marusch im Jahre 1962 in Hoyerswerda, Sachsen, einen Rundturm, dessen tragende Konstruktion aus Schnittholz und einer imprägnierten Bretterverschalung bestand, die die Konstruktion vor Witterungseinflüssen schützte (Mißbach, 1982).

Auf Basis dieses Rundturmes wurden von Baumeister Marusch und Oberforstmeister Dr. Lange – ebenfalls aus der Lausitz kommend – weltweit erstmalig Feuerwachtürme in Stahlskelett-Betonbauweise baulich weiterentwickelt und errichtet. Diese Türme (Bilder 6 und 7) konnten in einer Höhe von 20 Metern, 23 Metern und 26 Metern geliefert werden (König, 2007 und Mißbach, 1982). Der Bautyp »B32«, ein mit leichten Betonplatten verkleideter Feuerwachturm, erreichte eine Höhe von 32 Metern und war hinsichtlich seiner tragenden Konstruktion umweltresistenter als seine Vorgänger (Mißbach, 1982).

Bild 6: Waldbrandwachturm im Revier Hermannsdorf, Sachsen (Quelle: Staatsbetrieb Sachsenforst)

Bild 7: Stahlskelett des Feuerwachturms »Jagdschloss«, Lkr. Görlitz, Sachsen (Quelle: Landratsamt Görlitz)

Die Form dieser Feuerwachtürme entspricht einer Röhre, die frei im Fundament eingespannt ist. Im Turminneren verläuft eine Holz- oder Metalltreppe vom Grund bis zur oben aufsitzenden Beobachtungskabine. Die Außenhaut des Turmes dient als Sicht- und Wetterschutz, bei einigen Konstruktionen auch der Statik. In vielen Fällen ist die Außenhaut nicht bündig geschlossen, wodurch eine Belüftung und Temperierung des Feuerwachturmes gewährleistet ist (König, 2007).

Die auf den Feuerwachtürmen eingesetzten Beobachtungsposten bestimmten mittels Fernglas und einer Peilung, die mittels Winkelmessgeräten vorgenommen wird, die Richtung in welcher der Brand liegt (Bild 8). Die so ermittelten Daten wurden der Zentrale gemeldet, die mittels mindestens zweier vorliegender Winkel den Ort der Brandentstehung eingrenzen bzw. festlegen konnte. Auf Basis dieser Informationen wurden anschließend unverzüglich die örtlich zuständigen Gefahrenabwehrbehörden informiert. Diese Methode der Branderkennung war so etabliert und gängig, dass Feuerwachtürme, z. B. in der DDR, standardisiert wurden. Im ehemaligen Hoheitsgebiet der DDR wurden ab dem Jahre 1971 nur noch Stahlskelettrundtürme vom Typ »Hoyerswerda AP/F« zugelassen, die bis zu einer Höhe von 32 m gebaut und noch bis heute zur Waldbrandfrüherkennung eingesetzt werden (Schneider, 2002), wobei der Betrieb der Türme inzwischen mit modernster Sensortechnik (3.3.2.1.1 »FireWatch«) erfolgt.

Die Feuerwachtürme sollen – nach deutschen Vorgaben auf Basis der Untersuchungen von Lange aus dem Jahre 1963 (Mißbach, 1982) – in einem gleichschenkligen oder gleichseitigen Dreieckverband angeordnet sein und in geschlossenen Waldgebieten der ehemaligen Waldbrandgefahrenklassen A1 und A der ehemaligen DDR (heute: Kreise mit hohem Waldbrandrisiko, siehe auch Kapitel 2) nicht weiter als 15 km Luftlinie auseinanderliegen. Damit können von einem Feuerwachturm im Durchschnitt zwischen 5.000 ha und 25.000 ha Waldfläche überwacht werden (Mißbach, 1982). Diese Anordnung gewährleistet eine ausreichende Sicht- und Erkennungsmöglichkeit für den Beobachtungsposten und sichert gleichzeitig die Möglichkeit der trigonometrischen Einmessung eines Brandes (Schneider, 2002). Gebiete mit geringerer Vegetationsdichte erlauben eine größere Entfernung der Feuerwachtürme (Mißbach, 1982).

So überwachte z. B. das Land Brandenburg seine ca. 1,1 Millionen Hektar großen Wälder mittels 133 Feuerwachtürmen, die von Mitarbeitern der Forstbehörde besetzt wurden. Die hierbei entstehenden Kosten für Personal sowie für den Bau und Unterhalt von Feuerwachtürmen sind abhängig von der Größe und der Geländestruktur der jeweiligen Wald- und Vegetationsgebiete (Schneider, 2002). Zur Reduktion von Betriebs- und Unterhaltskosten von Feuerwachtürmen kam es in den USA auch zur Entwicklung von mobilen Beobachtungsposten, die, befestigt auf einem Anhänger, mittels eines Fahrzeuges in entsprechende Gefährdungsgebiete verbracht und nach Abklingen der Brandgefahr dort wieder abgebaut wurden (Pyne, 1996).

Feuerwachtürme und Beobachtungsposten lassen sich nach Pyne (1996) in drei Kategorien unterteilen, die sich vorwiegend an der Besetzungszeit und der Gefährdungslage orientieren:

1.  Primäre Beobachtungsposten,

2.  Sekundäre Beobachtungsposten und

3.  Temporäre Beobachtungsposten.

PrimäreBeobachtungsposten sind während der Waldbrandsaison ununterbrochen mit entsprechendem Einsatzpersonal besetzt. SekundäreBeobachtungsposten werden nur dann besetzt, wenn eine besondere Waldbrandgefahrensituation dies erfordert. TemporäreBeobachtungsposten werden nur besonderen Ausnahmesituationen wie z. B. Notfällen besetzt oder durch Einsatzkräfte dann bemannt, wenn diese einen Brandschadensort präziser lokalisieren müssen.

Ein wesentliches Problem der Feuerwachtürme ist, dass diese nach den geltenden (deutschen) Arbeitsplatzbestimmungen als Arbeitsstätte nicht mehr zulässig sind und daher im besten Fall – auch in Ermangelung von Alternativen – nur noch »geduldet« werden. Problematisch sind bei der Besetzung von Feuerwachtürmen weltweit auch die klimatischen Bedingungen, denen die Beobachtungsposten in Winter- und Sommermonaten ausgesetzt sind. Ebenso schwierig gestalten sich die sanitären Bedingungen und der Umstand, dass der Dienst im Feuerwachturm meist alleine versehen wird, mit dem Risiko, dass ein medizinischer Notfall unter Umständen nicht bzw. nicht rechtzeitig bemerkt wird und somit ein rettungsmedizinisch erfolgreicher Zugriff auf den Mitarbeiter der Forstverwaltung in angemessener Zeit nicht mehr möglich ist (Bild 9). Daher wurden seit den 1980er Jahren zuverlässigere und betriebssicherere Alternativen zum Betrieb von Feuerwachtürmen gesucht.

Bild 8: Peilkreis zur trigonometrischen Einmessung eines Brandes im Feuerwachturm Neukollm (Hoyerswerda, Sachsen) (Quelle: Thomas Sobczyk, Landratsamt Bautzen). Im Bild erkennbar die Skalierung der Peilvorrichtung. Die Verwendung des Peilkreises mit Gradeinteilung wurde von Schmiedecke im Jahre 1922 erstmals erdacht. Der Peilkreis muss dabei exakt nach Norden ausgerichtet werden (Mißbach, 1982).

Schon zu dieser Zeit wurden Kamerasysteme auf den Feuerwachtürmen montiert, um auf opto-elektronischem Weg den Beobachtungsposten zu ersetzen bzw. die Arbeitsbedingungen zu erleichtern. Allerdings erwiesen sich zum damaligen Zeitpunkt sowohl die in Frankreich als auch in Polen entwickelten Wärmebildkameras als untauglich. Dennoch war dieses Ansinnen der Grundstein für den Beginn der Überlegungen zur Entwicklung des Systems FireWatch, welches in Kapitel 4.2.1.1 näher vorgestellt wird (Schneider, 2002). Dieses System hat inzwischen die Brandentdeckung mittels Feuerwachtürmen in Deutschland weitgehend abgelöst.

Bild 9: Feuerwachturm in Polen. Deutlich erkennbar ist die Abgeschiedenheit dieses Arbeitsplatzes aus welcher Problemstellungen der Arbeitssicherheit resultieren (Quelle: Thomas Sobczyk, Landratsamt Bautzen).

Von Vorteil waren stets spezielle Ortskenntnisse der den Feuerwachturm besetzenden Mitarbeiter der Forstdienststellen. Infolge der Ortskenntnisse über das jeweilig zu überwachende Waldgebiet waren auch Quellen bekannt, die Rauchgase emittierten, wie z. B. Heizanlagen, Schornsteine oder Müllverbrennungsanlagen. Täuschungsalarme konnten somit durch das Wissen der Beobachter über die örtlichen Gegebenheiten vermieden werden. Die Beobachter waren ferner dazu in der Lage, bereits abgelöschte Waldbrandflächen weiter in ihrer Entwicklung zu kontrollieren, um ein Aufflammen einer vermeintlich gelöschten Fläche sofort zu erkennen (König, 2007).

Die Untersuchungen von Lange ergaben, dass die Sichtweite von einem Feuerwachturm primär von der Sehstärke des Türmers abhängig ist. Aber auch die Oberflächengestalt, also das Relief einer Landschaft und mögliche Schätzfehler nahmen Einfluss auf die Untersuchungen zur Sichtweite von einem Feuerwachturm. So ergab sich auf Basis dieser Untersuchungen eine Sichtweite mit bloßem Auge von 4 km bis 30 km. Unter Berücksichtigung der genannten Einflussfaktoren kommt Lange zu der Ansicht, dass zur Erkennung eines Brandes mittels eines Feuerwachturmes eine Sichtweite von 10 km bis 12 km als optimal anzusehen ist. Bei Verwendung eines Weitwinkelfeldstechers wird die Sichtweite verdoppelt (Mißbach, 1982). Thomas und McAlpine (2010) hingegen halten sogar eine Sichtweite von bis zu 80 km für möglich. Diese nach Ansicht des Verfassers sehr hoch angegebene Sichtweite bedarf jedoch zwingend einer hoch erhobenen Beobachterposition von ca. 500 bis 600 Metern, da die geodätische Krümmung der Erde die maximale Sichtweite einschränkt. Verringert man die Position der Beobachtungshöhe und strebt weiterhin eine Sichtweite von 80 km an, so ist dies nur zu Lasten einer frühzeitigen Erkennung von Brandrauch im Entstehungsstadium möglich. Je tiefer dabei die Beobachtungsposition, desto schwieriger zugleich auch die Bestimmung des genauen Brandortes, da dieser infolge der Erdkrümmung nicht klar erkannt wird. Zudem bedarf es auch geeigneter Wetterbedingungen, sodass auch die atmosphärische Sichtweite nicht durch Regen, Nebel, Stäube, Schneeflocken oder Luftverschmutzung wie z. B. Abgasen beeinträchtigt wird. Ebenso müssen die Lichtstärke und der Kontrast ausreichen, um Formen, Farben und Konturen gegen den jeweiligen Hintergrund hin abgrenzen zu können. Ferner bedarf es zur Abklärung von Brandereignissen auf diese Distanz hin geeigneter leistungsstarker Sehhilfen wie z. B. einem Fernglas mit ausreichender Lichtstärke, Transmission, Randschärfe, Schärfentiefe, Dioptrienausgleich und Vergrößerung (Möser, 2003 und Palamaro/Wilhelmus, 2014). Als nachteilig kann sich in Abhängigkeit von Hochdruckwetterlagen und bei Entfernungen von über einem Kilometer zwischen Feuerwachturm und Brandort die Genauigkeit der Erkennung von Rauchentwicklungen infolge wetterbedingter Schlierenbildung erweisen (König, 2007). Ferner führen die Ungenauigkeiten der Peilmessungen mehrerer Feuerwachtürme, wenn diese viele Kilometer vom Brandort entfernt stehen, bei der Übertragung der Messdaten in üblicherweise verwendete Karten vom Maßstab 1:50.000 zu ungenauen Ortsangaben, die ohne Weiteres einige hundert Meter vom eigentlichen Brandort abweichen können (König, 2007). Diese Ungenauigkeiten können die bei Waldbränden besonders wichtige Logistik der eingesetzten Feuerwehr sehr nachteilig beeinflussen. Die Praxiserfahrung von König (2007) zeigt überdies, dass durch Feuerwachtürme entdeckte Brände – bis zur Detailortung durch Kräfte vor Ort – eine Fläche von mindestens 0,10 ha vernichtet haben. Diese Fläche vervielfacht sich in Abhängigkeit des Zeitansatzes für die Heranführung und das Wirken von Einsatzkräften der Feuerwehr.

4.1.3         Luftbeobachtung

 

Eine weitere häufig gebräuchliche Verfahrensweise zur Erkennung von Bränden in Vegetationsgebieten ist der Einsatz von Luftbeobachtern, die ihren Dienst in luftgestützten Einsatzmitteln bzw. Trägersystemen versehen.