Warum ich keine Feministin bin - Jessa Crispin - E-Book

Warum ich keine Feministin bin E-Book

Jessa Crispin

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Beschreibung

In ihrem radikalen, geistreichen und dringlichen Manifest rechnet die amerikanische Aktivistin und Kulturkritikerin Jessa Crispin mit dem Feminismus ab. Am Ende ihres Essays steht nichts weniger als der Aufruf zum Umsturz der Gesellschaft.

Keine Feministin zu sein – für die amerikanische »Feministin« Jessa Crispin der einzige Ausweg. Während sich in den USA Hundertausende Pussyhats anziehen und demonstrierend durch die Straßen laufen, Popstars zu feministischen Ikonen gekürt werden und »Self-empowerment« à la Sheryl Sandberg zur neuen Religion des Lifestyle-Feminismus wird, erklärt Crispin den Feminismus für tot. Banal, anbiedernd und lächerlich findet sie den »Kampf« um die Freiheit der Frau. Was also tun? Crispin fordert nichts weniger als eine Revolution.

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Seitenzahl: 131

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Jessa Crispin

Warum ich keine Feministin bin

Ein feministisches Manifest

Aus dem amerikanischen Englisch von Conny Lösch

Suhrkamp

Ein Buch muß Wunden aufwühlen, sogar welche verursachen. Ein Buch muß eine Gefahr sein.E. M. Cioran

Einleitung

Sind Sie Feministin?

Halten Sie Frauen für Menschen und denken, sie haben es verdient, als solche behandelt zu werden? Glauben Sie, Frauen stehen dieselben Rechte und Freiheiten zu wie Männern? Wenn ja, dann sind Sie Feministin, zumindest wenn es nach den Feministinnen geht.

Obwohl die Definition laut Wörterbuch einfach und naheliegend ist, ich jahrelang für feministische Non-Profit-Organisationen tätig war und mich über Jahrzehnte hinweg für den Feminismus eingesetzt habe, will ich inzwischen nichts mehr damit zu tun haben. Wenn Sie mich heute fragen, ob ich Feministin bin, schüttele ich nicht nur den Kopf, sondern grinse sogar abfällig dabei.

Keine Angst – ich bestehe nicht deshalb darauf, keine Feministin zu sein, weil ich fürchte, für eine jener behaarten, wütenden, männerhassenden Emanzen gehalten zu werden, die Männern wie Frauen als Feindbild dienen. Noch werde ich Ihnen versichern, wie zugänglich, vernünftig und heteronormativ ich eigentlich bin, wie sexuell offen und wie sehr ich Männer liebe – auch wenn diese Erklärung gefühlt allen feministischen Schriften vorangestellt wurde, die in den vergangenen fünfzehn Jahren erschienen sind.

Im Gegenteil, das Getue – ich bin harmlos, beiße nicht und lasse mich gerne ficken – ist der Grund, weshalb ich die Bezeichnung als Feministin ablehne: wegen all der schlechten Feministinnen, all jener talmudisch geführten »Kann man Feministin sein und sich trotzdem die Bikini-Zone enthaaren«-Diskussionen. Wegen der an die (männliche) Leserschaft gerichteten Beteuerungen, man wolle auf keinen Fall zu viel fordern und bloß nicht zu weit gehen – »Wir wissen auch nicht, was Andrea Dworkin eigentlich wollte! Das könnt ihr uns glauben«. Wegen all der Feministinnen, die ständig Schwänze lutschen, als wäre dies Teil der missionarischen Arbeit.

Irgendwann auf dem Weg zur Befreiung der Frau kam man zu dem Schluss, die effektivste Methode bestehe darin, den Feminismus zu verallgemeinern. Statt eine Welt und eine Philosophie zu schaffen, die den Massen attraktiv erscheint – eine Welt beruhend auf Fairness, Miteinander und gegenseitigem Austausch –, bekam der Feminismus selbst ein neues Image verpasst, um modernen Männern und Frauen zu gefallen.

Dabei wurde vergessen, dass etwas nur dann breit akzeptiert wird, wenn es möglichst banal, unbedrohlich und wirkungslos ist. Daher das Getue. Menschen lieben keine Veränderungen, und deshalb muss der Feminismus möglichst nah am Status quo bleiben – mit geringfügigen Modifizierungen –, wenn er möglichst viele für sich gewinnen will.

Mit anderen Worten, er muss seines Sinns vollkommen entkleidet werden.

Radikale Veränderungen machen Angst. Entsetzliche Angst. Und der Feminismus, den ich fordere, bringt eine umfassende Revolution mit sich. Frauen sollen nicht an der Welt, wie sie bislang existiert – einer von Grund auf korrupten Welt, die vom Patriarchat erschaffen wurde, um seine Gegner zu unterwerfen, zu kontrollieren und zu zerstören –, teilhaben dürfen, sondern in die Lage versetzt werden, diese umzugestalten. Sie zu einer Welt zu machen, in der Frauen nicht nur an die Türen von Kirchen, Regierungen, kapitalistischen Märkten klopfen und höflich um Einlass bitten, sondern in der sie eigene religiöse Systeme, Regierungen und Wirtschaftssysteme aufbauen. Mein Feminismus ist keiner der schrittweisen Veränderung, der sich zum Schluss als dasselbe alte Lied nur mit neuem Refrain entpuppt. Er ist ein reinigendes Feuer.

Ein explizit zum Zweck der Unterdrückung geschaffenes System zu bitten, einen »äh, bitte nicht mehr zu unterdrücken«, ist Blödsinn. Gewonnen ist nur dann etwas, wenn wir es demontieren und ersetzen.

Ich kann mich keinem Feminismus verbunden fühlen, der sich gedankenlos auf »Selbstermächtigung« fixiert, ohne die Unternehmenskultur restlos zerstören zu wollen, einem Feminismus, dem es genügt, für einen höheren Prozentsatz an weiblichen Vorstandsvorsitzenden und Militäroffizieren zu sorgen, aber weder intensives Nachdenken noch Unannehmlichkeiten oder echte Veränderungen verlangt.

Wenn Feminismus universal ist, so allgemein gehalten, dass alle Frauen und Männer »mit von der Partie« sein können, dann ist er nichts für mich.

Wenn Feminismus nicht über einen als politischen Fortschritt getarnten persönlichen Vorteil hinausgeht, dann ist er nichts für mich.

Wenn ich mich nicht als Feministin bezeichnen darf, ohne versichern zu müssen, dass ich weder wütend bin noch eine Bedrohung darstelle, dann ist dieser Feminismus ganz bestimmt nichts für mich.

Denn ich bin wütend. Und ich stelle eine Bedrohung dar.

Feminismus ist:

Ein narzisstischer, reflexhafter Denkvorgang: Ich definiere mich als Feministin, daher ist alles, was ich mache, feministisch, egal wie banal oder rückwärtsgewandt es ist – das heißt, ich bin ganz unabhängig von dem, was ich tue, eine Heldin.

Ein Kampf, der Frauen erlaubt, gleichberechtigt an der Unterdrückung der Machtlosen und Armen mitzuwirken.

Eine Methode, jeden zu beschämen oder mundtot zu machen, der einem widerspricht, indem man naiv davon ausgeht, dass abweichende Ansichten oder Konflikte bereits einen Übergriff darstellen.

Ein Schutzsystem, das mit Hilfe von Triggerwarnungen, politisch korrekter Sprache, Pöbelherrschaft und Strohmannargumenten verhindert, dass man sich je unwohl oder hinterfragt fühlt.

Ein Kampfhund, der tut, als wäre er ein Kätzchen mit einem Tröpfchen frischer Milch auf dem Schnäuzchen.

Eine jahrzehntelange Diskussion darüber, welche Fernsehsendungen gut und welche schlecht sind.

Eine geschmacklose, auf allgemeine Verträglichkeit und Harmlosigkeit zielgruppengetestete Limonade, die wissenschaftlich erwiesen den Calciumgehalt der Knochen senkt, aber mit einem riesigen Budget beworben wird. Slogan: »Los doch, sei ein Scheusal. Du hast es verdient.«

Ein Anspruch. Die Ihnen hierarchisch Untergeordneten mögen zu bemitleiden sein, aber das ist eigentlich nicht Ihr Problem. Ihre Vorbilder sind die, die über Ihnen stehen, sie leben das bestmögliche Leben, wozu laut Definition Wohlstand, Bequemlichkeit und ein Knackarsch gehören.

Etwas, bei dem Sie allein im Mittelpunkt stehen.

Aus diesen und anderen Gründen bin ich keine Feministin.

Warum ich keine Feministin bin

1

Das Problem mit dem universalen Feminismus

»Jede Frau sollte Feministin sein.« Heutzutage liest und hört man das häufig, vor allem online, in Zeitschriften und Unterhaltungen. Und tatsächlich behaupten die Fürsprecherinnen eines universalen Feminismus, dass auch Sie längst eine sind! Sind Sie der Ansicht, dass Frauen für die gleiche Arbeit die gleiche Bezahlung erhalten und das Recht haben sollten, eigene Entscheidungen zu treffen, wenn es um medizinische Versorgung und Familienplanung geht? Dann sind Sie Feministin und sollten den Begriff gefälligst auch für sich »in Anspruch« nehmen.

Nachdem weibliche Prominente jahrzehntelang den Stempel vermieden hatten, um ja nicht schwer vermittelbar zu erscheinen, hat die Vorstellung von einem verallgemeinerbaren, universalen Feminismus inzwischen Einzug in die Populärkultur gehalten. Das Blatt hat sich gewendet. Was einst als unschick galt, ist jetzt extrem schick geworden. Was früher als unverkäuflich galt, wurde zur Verkaufsstrategie. Prominente, Musiker und Schauspielerinnen identifizieren sich mit dem Begriff. Er taucht in unseren Modezeitschriften auf, in unseren Fernsehsendungen, unserer Musik. Feminismus liegt im Trend.

Klar ist also, dass wir uns alle als Feministinnen verstehen. Weniger klar ist, was genau wir damit erreichen. Oder was wir eigentlich anfangen wollen, wenn wir die Bezeichnung übernehmen, sie zurückfordern, die entsprechenden T-Shirts kaufen (den Schal von Acne Studios für 220 Dollar mit der Aufschrift »Radical Feminist« oder vielleicht auch den Pulli für 650 Dollar, auf dem dasselbe steht) und sie voller Stolz in der Öffentlichkeit tragen? Und, wenn die Frage gestattet ist, von wem fordern wir die Bezeichnung überhaupt zurück?

Haben Männer den Begriff verdorben? Indem sie ihn über lange Jahre als Beleidigung verzerrt und Panik vor hexenhaften Feminazis geschürt haben, die angeblich den Niedergang der Gesellschaft herbeiführten und Gottes Zorn in Form von Wirbelstürmen und Erdbeben heraufbeschworen? Nein, wie sich herausgestellt hat, trägt man den Begriff mit noch mehr Stolz, wenn man ihn von einem rechten Prediger entgegengeschleudert bekommt.

Heutzutage sind es vielmehr Frauen, die andere Frauen auffordern, den Begriff »Feministin« von Frauen zurückzufordern. Moderne Feministinnen werfen den ursprünglichen Feministinnen vor, die Bewegung in Verruf gebracht und Menschen abgeschreckt zu haben, so dass diese sich dem Anliegen nicht anschließen wollten.

Feminismus war immer eine Randkultur, er bestand aus einer kleinen Gruppe von Aktivistinnen, Radikalen und Spinnerinnen, die die Gesellschaft zwangen, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Die überwältigende Mehrheit der Frauen schloss sich nicht den Suffragetten an, kettete sich nicht an Zäune, organisierte keine Hungerstreiks, warf keine Bomben und schmiss keine Scheiben ein. Die überwältigende Mehrheit der Frauen blieb dem gegenüber entweder gleichgültig oder wünschte, die anderen würden aufhören, so ein Theater zu veranstalten. Die überwältigende Mehrheit der Frauen schuf kein öffentliches Leben für andere Frauen, gründete keine Banken und Unternehmen, organisierte kein Netzwerk von Ärztinnen, die sichere Abtreibungen durchführten (obwohl diese illegal waren), erkämpfte keine Plätze für Frauen im Bildungssystem und verfasste keine radikalen Texte und Manifeste. Während der zweiten Welle des Feminismus wünschte sich die überwältigende Mehrheit der Frauen ein bequemes (Ehe-)Leben mit ein klein wenig mehr Unabhängigkeit.

Es war immer eine kleine Anzahl radikaler, engagierter Frauen, die die harte Arbeit auf sich nahmen, die Stellung der Frau zu verbessern, meist durch schockierende Worte und Taten. Die Mehrheit der Frauen profitierte von der Arbeit dieser wenigen, auch wenn sie häufig nichts mit ihnen zu tun haben wollten.

Doch mittlerweile herrscht eine andere Dynamik zwischen den Radikalen und dem Mainstream. Mittlerweile will der Mainstream den Raum der Radikalen für sich beanspruchen und erkennt dabei die Arbeit der Radikalen nicht an. Heutzutage höre ich den Begriff Feminazi häufiger von jungen Feministinnen, als ich ihn je von rechten Männern gehört habe. Sie verwenden ihn ebenfalls, um andere zu diffamieren und sich von Aktivistinnen und Revolutionärinnen zu distanzieren. Die prominentesten feministischen Autorinnen überschlagen sich derzeit fast dabei, sich von ihren Vorgängerinnen loszusagen, sie stellen die Arbeit von Frauen wie Andrea Dworkin und Catharine MacKinnon vorsätzlich falsch dar und leugnen jede Verbundenheit mit ihnen. Dworkins »zur Waffe gemachte Scham«, schrieb Laurie Penny in einer Kolumne für den New Statesman, ohne zu erklären, wie sie überhaupt dazu kommt, Dworkins Weltanschauung so zusammenzufassen, »hat in einem Feminismus, wie ich ihn vertrete, keinen Platz«.

Um den Feminismus allen schmackhaft zu machen, dürfen dessen Ziele niemandem Unbehagen bereiten; und damit sind die Frauen raus, die für radikale gesellschaftliche Veränderungen eintraten. Dabei ging es im Feminismus doch vor allem darum, Unbehagen zu erzeugen. Damit sich eine Person oder eine Gesellschaft drastisch verändert, muss es zunächst zu mentalem oder emotionalem Aufruhr kommen. Man muss die Notwendigkeit von Veränderung spüren, erst dann kann man sie bewusst herbeiführen. Ein Feminismus, in dem sich jeder wohlfühlt, ist einer, in dem jeder aus Eigeninteresse agiert statt im Interesse des Ganzen.

Obwohl Feminismus also en vogue ist, ist die eigentliche feministische Aufgabe, eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen, so wenig en vogue wie eh und je.

Feminismus zum universalen Ziel zu erklären, mag nach einer guten Sache klingen – oder zumindest einer neutralen –, in Wirklichkeit wird dadurch aber ein Prozess befördert und wie ich glaube sogar beschleunigt, der der feministischen Bewegung schadet: Der Fokus verschiebt sich weg von der Gesellschaft hin zum Individuum. Was einst kollektives Handeln und eine gemeinsame Vision von einer Welt, in der Frauen leben und arbeiten können, bedeutete, ist jetzt zur Interessenpolitik und Konzentration auf persönliche Geschichten und Errungenschaften verkommen. Es fehlt die Bereitschaft, sich Räume mit Menschen zu teilen, die andere Meinungen, Weltanschauungen und Geschichten mitbringen. Wir wurden in immer kleinere Gruppen gespalten und sind nun schließlich ganz auf uns alleine gestellt, unsere Anliegen und unsere Energie richten sich nach innen anstatt nach außen.

Wenn man die aktuelle feministische Literatur liest, könnte man sich fragen: Warum wird so viel Wert darauf gelegt, den Begriff in Anspruch zu nehmen? Wenn eine Frau davon überzeugt ist, dass sie für die gleiche Arbeit auch die gleiche Bezahlung verdient, ein Recht auf Abtreibung fordert und entsprechend wählt, kann es uns dann nicht egal sein, ob sie sich selbst als Feministin bezeichnet?

Es gibt legitime Gründe, weshalb Frauen, auch solche, die überzeugt für gleiche Rechte eintreten, sich ungern als Feministinnen verstehen möchten. Der Feminismus hatte seine trostlosen Momente – vom blinden Rassismus einiger seiner Wortführerinnen bis hin zum Bündnis mit christlichen Organisationen im Rahmen der Anti-Porno-Kampagne –, und einigen Frauen fällt es verständlicherweise schwer, diese Ausfälle mit der Bewegung insgesamt in Einklang zu bringen.

Doch anstatt sich anzuhören, weshalb Sie vielleicht zögern, sich zum Feminismus zu bekennen, werden universale Feministinnen Ihnen in dem Versuch, Sie zu bekehren, lieber gleich selbst Ihre Gründe erklären. Sie glauben wohl, behaupten sie, dass alle Feministinnen Lesben seien, sich die Beine nicht enthaaren, Männer hassen und weder Ehefrau noch Mutter sein wollen. Sie glauben wohl, dass man sich den Schädel kahl rasieren, Kunst mit Menstruationsblut machen und Folk Music hören müsse, um Feministin zu sein. Diese Feministinnen denken, Sie schrecken vor dem Feminismus zurück, weil er ein Image-Problem hat, woran angeblich die radikalen Feministinnen der zweiten Welle schuld sind.

Wenn Allgemeingültigkeit das Ziel ist, dann müssen diese Feministinnen die Botschaft derart vereinfachen, dass nur noch religiöse Freaks und Hardcore-Frauenhasser dem Konzept widersprechen. Anscheinend begreifen sie nicht, dass diese Vereinfachung des Feminismus zu etwas Weichgespültem, Disneytauglichem der Grund ist, weshalb Frauen sich abwenden.

Und ja, ich hab’s kapiert, ihr feministischen Missionarinnen. Es ist enttäuschend, dass wir immer noch nicht weiter sind. Über hundert Jahre nach Beginn dieser Revolution ist es nicht fair, dass sich die Welt noch immer dagegen sträubt, dass Frauen in ihr stattfinden (und das tut sie). Frauen sehen sich noch immer in unverhältnismäßig hohem Maß Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt, sie haben nicht nur darunter zu leiden, sondern bekommen auch noch die Schuld dafür zugeschoben. Wer vergewaltigt wird, ist wohl selbst schuld. Befindet man sich in einer Missbrauchsbeziehung, ist man wohl selbst schuld. Wird man bei einer Beförderung übergangen, während männliche Kollegen aufsteigen, ist man wohl selbst schuld. Auch ist es nicht fair, dass die Quote sexueller Übergriffe weiterhin hoch, die der erfolgreich strafrechtlich verfolgten Fälle aber nach wie vor niedrig ist und sich die Gesellschaft am meisten dafür interessiert, wen Frauen zur Welt gebracht und wen sie geheiratet haben, und nicht für das, was diese Frauen selbst geleistet haben.

Auch widersetzen sich viele Frauen der eigenen Befreiung und vereiteln damit unsere Fortschrittsvorhaben.

Einige wollen sich nicht als Feministinnen bezeichnen, weil Männer den Begriff abstoßend finden. Frauen entscheiden sich noch immer häufig dafür, aus der Arbeitswelt auszuscheiden, zu Hause zu bleiben und die Kinder großzuziehen, sie belegen Pole-Dancing-Kurse, weil sie dies für eine sportliche Betätigung halten. Frauen entfernen ihre gesamte Körperbehaarung, teilweise unter Schmerzen, und stellen sich dumm, damit ihre männlichen Verehrer sich nicht bedroht fühlen. Noch immer verwenden sie Geld und Zeit auf Musiker, die ihnen erklären, sie seien zwar scharfe Bräute, aber an sich wertlos, und jetzt mach den Mund auf, Bitch, und lutsch mir den Schwanz. Frauen sehen sich noch immer Blockbuster-Filme an und träumen davon, in die Rolle der Frau oder der sexy Freundin an der Seite des Helden zu schlüpfen, die gerettet werden muss, anstatt in die der Figur des Mannes, der sie und die ganze Welt rettet. Frauen produzieren in Hollywood immer noch Filme, in denen Männer die Welt retten. Frauen lieben, unterstützen und heiraten Männer, die Frauen schlagen, vergewaltigen und verachten. Frauen wählen Republikaner.

Was sollen wir machen mit unseren widerspenstigen Schwestern? Viele Feministinnen glauben, die Lösung bestehe darin, sie zum Feminismus zu bekehren. Und der erste Schritt hin zu ihrer Bekehrung ist (oft auch der letzte im neuen Zeitalter des Flachfeminismus), sie davon zu überzeugen, sich das Etikett und die Identität anzueignen – statt ihnen zu zeigen, dass die Welt und die Rolle, die sie darin spielen, scheiße sind.

Erstens sollten wir uns darüber klar werden, warum