Warum? - Nathalie Schmidt - E-Book

Warum? E-Book

Nathalie Schmidt

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Beschreibung

Der Tod dient dem Leben. Altern, Gebrechlichkeit, Sterben und Tod gehören immer noch zu den großen Tabuthemen in unserer modernen Gesellschaft und werden gerne im Alltag ausgeblendet. Anhand von Beispielen aus ihrer therapeutischen Praxis macht die Autorin auf einfühlsame Weise die seelischen Zusammenhänge, die zum Tod führen, erfahrbar: Sterben und Tod sind Stufen des seelischen Entwicklungsweges - und somit ein integraler Bestandteil des Lebens. So ist es aus energetischer Sicht möglich, die verschiedenen Ursachen des Todes als natürliche und logische Vorgänge zu verstehen. Ein Buch, das Sie zum Nachdenken über Ihr bisheriges Leben anregt und Ihnen alternative Handlungsweisen zur klassischen Trauerarbeit anbietet.

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NATHALIE SCHMIDT

WARUM?

Der Tod als

Entwicklungsweg

Dieses Buch enthält Verweise zu Webseiten, auf deren Inhalte der Verlag keinen Einfluss hat. Für diese Inhalte wird seitens des Verlags keine Gewähr übernommen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich.

Alle beschriebenen Personen sind frei erfunden. Jedwede Ähnlichkeit zu lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig und nicht beabsichtigt. Der Einfachheit halber ist im Text oft die männliche Form gewählt, wenn beide Formen (männlich und weiblich) Anwendung finden.

ISBN 978-3-8434-6232-7

Nathalie Schmidt:

Warum?

Der Tod als Entwicklungsweg

© 2013 Schirner Verlag, Darmstadt

Umschlag: Murat Karaçay, Schirner, unter Verwendung von # 30099003 (Schokolaune), # 38856343 (rolffimages), # 45332554 (JohanSwa- nepoel), www.fotolia.de

Redaktion & Buchsatz: Sandra Frey, Schirner

E-Book-Erstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt, Germany

www.schirner.com

1. E-Book-Auflage 2015

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten

Inhalt

Vorwort

Der Tod ist Teil des Lebens

Tabuthema Tod

Das natürliche Ende eines Lebens

Kampf gegen den Tod

Der Tod hat viele verschiedene Gesichter

Jeder Tod erzählt eine Geschichte

Der Tod bewegt die Menschen

Der Sinn des Lebens

Trauerarbeit – vom Todesfall zurück ins Leben

Wenn der Tod uns überrennt

Der natürliche Tod auf Wunsch

Der Tod als Möglichkeit seelischer Entwicklung

Der Tod als Entwicklungshelfer

Zwei unterschiedliche Entwicklungswege

Tod eines Kindes

Tod eines Jugendlichen

Tod eines jungen Erwachsenen

Tod zwischen 30 und 40

Tod zwischen 40 und 60

Tod zwischen 60 und 70

Tod vor dem eigentlichen Leben

Warum stirbt jemand, bevor er alt ist? – Fallbeispiele

Tod durch Krankheit

Tod durch Unfall

Tod durch Verbrechen

Selbsttötung

Erweiterter Selbstmord

Koma – zwischen Leben und Tod

Fehlgeburt und Totgeburt

Praktische Hilfe zur Trauerarbeit

Unterschiedliche Arten der Trauer

Trauer zulassen

Gefühle äußern

Aussprache

Kommunikation mit dem Verstorbenen

Tagebuch/Trauerbuch

Ort der Erinnerung

Weiterleben – mit und ohne den Verstorbenen

Schuldgefühle

Seelische Verbindung

Hilfe von außen

Worte zum Abschied

Nachwort

Fußnoten

Du kamst in diese Welt wie ein Segen,

du lebtest unter uns wie ein göttlicher Funke,

und du bist wieder gegangen wie ein Engel.

Dein Lächeln wärmte unsere Erde, dein Strahlen erhellte unsere Welt,

und deine Augen funkelten vor Freude und Glück.

Du hast uns nur kurz begleitet, und doch war es ein Leben lang.

Du hast uns gezeigt, wie die Sonne scheint,

auch wenn tiefe Dunkelheit uns umhüllt.

Du warst glücklich und frohen Mutes.

Du warst der Himmel auf Erden und der hellste Stern am Firmament.

Du warst Wegzeiger und Vorbild. Du warst immer für alle da.

Du warst weise und hast überlegt gehandelt.

Du warst der Fels in der Brandung.

Du warst der Leuchtturm im Nebel.

Du warst da.

Und nun bist du für immer fort, fort von uns und unserer Welt.

Ohne dich sind wir einsam, einsam und verlassen.

Was bleibt, ist unser Klageschrei in tiefer Nacht,

dessen Echo sich auf unsere ganze Welt erstreckt.

Was bleibt, sind unsere Tränen,

die sich in der Tiefe unseres Seins zu einem riesigen See sammeln.

Was bleibt, ist ein Schmerz, der uns tief in unserer Seele berührt.

Dein Leben währte nur kurz, und dennoch war es reich.

Du hast für uns gestrahlt und erhelltest unsere Welt.

Du wirst für immer in den Herzen und Seelen derer sein,

die dich kennenlernen durften.

In Erinnerung an alle, die zu früh aus diesem Leben geschieden sind.

Vorwort

Wenn jemand stirbt,

der uns nahestand,

ändert sich unsere Welt für immer.

Nichts ist mehr so, wie zuvor. Nie wieder wird unsere Welt so sein, wie sie zuvor war. Denn ein Mensch, den wir geliebt haben, ein Mensch, der uns in unserem Leben begleitet hat, ein Mensch, mit dem wir gelacht, geweint und gelebt haben, ist für immer von uns gegangen …

Auf einmal ist er weg, und er wird auch nie wiederkommen. Sein Tod ist endgültig. Sein Tod ist wie eine Tür zu einem Kapitel unseres Lebens, die für immer geschlossen wurde und die sich niemals wieder öffnen lässt.

War dieser Mensch, den wir geliebt haben, am Ende seines Lebens angelangt, dann bleibt uns der Trost, dass er ein langes und erfülltes Leben hatte. Vielleicht hatte er auch ein aufregendes und bewegtes Leben. Auf jeden Fall fällt es uns dann leichter, seine Seele gehen zu lassen. Doch was ist mit all den Menschen, die eigentlich zu jung waren, um zu sterben? Mit geliebten Menschen, die noch ihr ganzes oder ihr halbes Leben vor sich hatten? Was ist mit den Menschen, bei denen wir nicht damit gerechnet hätten, sie so schnell zu verlieren? Menschen, die mit ihrem Tod eine riesige Lücke in unserem Leben hinterlassen? Eine Lücke, die sich niemals ganz schließen lässt …

Gestern waren sie noch da. Wir konnten sie sehen, hören und fühlen. Heute sind sie für immer für uns verloren. Sie sind einfach weg, verschwunden, in eine uns fremde Welt, in eine andere Dimension. Sie sind nicht mehr da, wo wir sind, und das tut unendlich weh …

Ihr Tod hat uns einsam gemacht. Ihr Tod gibt uns das Gefühl, für immer verlassen worden zu sein. Wir klagen über das Schicksal, und wir stellen uns alle dieselbe Frage: »Warum?«

»Warum bist du gegangen? Warum hast du uns verlassen? Warum bist du nicht mehr hier? Warum wurdest du so krank? Warum wolltest du nicht mehr leben? Warum ist dieser schreckliche Unfall geschehen?«

Jeder, der einen geliebten Menschen verloren hat, möchte wissen, warum dies geschehen ist. Er möchte wissen, welchen Grund der Tod gehabt hat, denn nichts ist schlimmer als ein Tod, der sinnlos erscheint. Doch der Tod ist niemals sinnlos, auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag. Er ist uns niemals ohne Grund so nahe gekommen, auch wenn wir es manchmal nicht wahrhaben möchten. Der Tod ist nichts Zufälliges, nichts Grundloses, nichts Sinnloses, genauso wenig wie alle anderen Begebenheiten in unserem Leben. Alles, was uns widerfährt, hat seinen Sinn und Zweck. Alles geschieht aus einem bestimmten Grund, und auch der Tod eines geliebten Menschen hat seinen Sinn, seinen Zweck und seinen Grund …

Dieses Buch dient nicht dazu, nach Schuldigen zu suchen. Dieses Buch dient nicht dazu, anzuklagen und Menschen zu verurteilen. Menschen, die leben, können Fehler machen. Es gibt Fehler, die man entschuldigen kann. Andere Fehler lassen sich wiederum niemals entschuldigen. Wichtig ist jedoch, dass jeder Einzelne von uns über die Dinge nachdenkt, die er tut, und auch über die Dinge, die er unterlässt. Denn alles, was wir hier auf Erden bewegen, bewirkt etwas. Es verändert unsere Welt. Alle unsere Aktionen ziehen Reaktionen nach sich. Alles ist energetisch mit uns verbunden. Daher sind wir in der Lage, alles zu erschaffen, aber auch alles zu zerstören. Wenn wir irgendetwas im Leben tun, egal was, dann verändern wir diese Welt. Ja, wir verändern diese Welt allein durch unsere Anwesenheit, aber auch durch unsere Abwesenheit. Die Welt, in der wir leben, ist ein Teil von uns, so, wie auch wir ein Teil dieser Welt sind. Wir müssen uns bewusst werden, welche Macht wir dadurch haben, aber auch, welche Verantwortung. Wir haben diese Verantwortung übernommen, als wir beschlossen, ein Mensch zu werden. Wir dürfen uns ihrer niemals entziehen. Wir müssen uns stets bewusst sein, was es heißt, hier auf Erden zu sein, was es bedeutet, wenn wir mit anderen kommunizieren, mit anderen umgehen. Wir müssen wissen, was es bedeutet, hier zu leben. Der Mensch hat in jedem Augenblick seines Lebens die Aufgabe, sich mit allem, was er tut, mit allem, was er sagt, und mit allem, was er denkt, auseinanderzusetzen. Wir können Geschehnisse nicht rückgängig machen, aber wir können aus ihnen lernen …

Der Tod ist Teil des Lebens.

Tabuthema Tod

Wir alle wollen leben.

Über den Tod sprechen wir nicht gerne. Wir versuchen möglichst, ihn aus unserem Leben auszugrenzen. Wenn jemand im Sterben liegt, wird nur hinter vorgehaltener Hand davon geflüstert, dass der Tod ihn bald ereilt. Kaum einer wagt es, dem Sterbenden die Wahrheit zu gestehen. Lieber wird mit Ausreden und Lügengeschichten am Leben festgehalten, auch wenn es nur noch am seidenen Faden hängt.

Jeden Augenblick sterben Menschen auf dieser Welt, und andere werden geboren.

Dies ist eine Tatsache, die besonders wir Menschen im Westen weder sehen noch hören wollen. Viel zu sehr klammern wir uns an unser Leben. Manche von uns versuchen, niemals alt zu werden, in dem irrigen Glauben, damit dem Tod entgehen zu können. Doch dies kann kein Mensch auf dieser Welt.

Solange er nicht geschieht, solange er uns nicht streift, ignorieren wir den Tod gerne. Er existiert für uns einfach nicht. Wir wollen ihn nicht sehen, nicht spüren, nicht haben. Wir wollen uns nicht mit dem Tod beschäftigen, denn der Tod ist unserer Ansicht nach schlecht. Der Tod ist für uns böse. Der Tod bedeutet für uns Schmerz und Verlust.

Niemand redet gerne über den Tod. Das Leben und der Tod scheinen sich zu widersprechen. Sie scheinen zwei völlig gegensätzliche Teile eines Ganzen zu sein. Und da uns das Leben geschenkt wurde, meinen wir, den Tod durch Ignoranz und Verdrängung verhindern zu können. Doch diese Meinung ist falsch. Wir können und dürfen den Tod nicht aus unserem Leben ausklammern.

Der Tod ist Teil des Lebens, so, wie Atmen und Herzschlag zum Menschsein gehören.

Wir müssen uns jeden Augenblick bewusst sein, dass wir hier auf Erden sind, um eines Tages zu sterben. Eines Tages heißt vielleicht schon morgen, übermorgen, nächste Woche, nächsten Monat, nächstes Jahr oder erst in langer Zeit. Doch wir wurden alle geboren, um eines Tages zu sterben.

Sterben ermöglicht erst das Leben.

Unsere Welt besteht aus Kreisläufen, und auch unser aller Leben ist diesem endlosen Kreislauf unterworfen. Wir werden geboren, wir leben, und wir sterben. Diesem Kreislauf gehorcht die gesamte Welt. Alle Pflanzen, alle Tiere und auch der Mensch sind Teil dieses nie enden wollenden Kreislaufs.

Wenn wir ein Menschenleben mit dem Leben einer Fliege vergleichen, die nur einen Tag auf unserer Erde weilt, wie viele Tode kann der Mensch dabei betrachten? Wie viele Kreisläufe von Geburt und Tod? Oder nehmen wir einen Hund, den der Mensch als Haustier hält: Wie viele Hunde kann ein Mensch im Leben halten und wieder sterben sehen, bevor seine eigene Uhr abgelaufen ist? Wie viele Hunde könnten sein Haustier sein, wenn er immer nur ein einziges hat?

Der Tod begleitet uns Menschen von Anbeginn, doch sehen wollen wir ihn nicht. Schon immer starben Menschen vor ihrer eigentlichen Zeit – bevor sie alt und grau waren und ihr Körper nicht mehr konnte. Früher waren es oft Kriege, schlimme Erkrankungen und Schicksalsschläge, die ein junges Leben nahmen. Heute ist es nicht anders, und dennoch meinen wir, mit unserer modernen Medizin, mit unserem tiefen Wissen und sicheren Regionen in Europa, dass wir den Tod hierzulande besiegt hätten. Doch dem ist nicht so. In Wirklichkeit hat sich im Vergleich zu früher nicht viel geändert. Nur die Todesarten haben sich zum Teil gewandelt.

Der Tod ereilt uns nach wie vor genauso oft wie vor Hunderten von Jahren, nur die Art zu Sterben hat sich geändert.

Früher starben die Menschen bei Kutschunfällen, heute sind es Flugzeugabstürze. Früher starben die Menschen bei Reit- und Jagdunfällen, heute sind es Fahrrad-, Motorrad- und Autounfälle, denen sie zum Opfer fallen. Früher wurden Menschen von Wegelagerern überfallen und getötet, heute stechen sie sich im Streit ab. Früher töteten sie Entzündungen an Wunden, der Blinddarm oder ähnliches. Heute sind es Mutationen von Bakterien und Viren, denen wir Menschen zum Opfer fallen. Früher starben Mutter und Kind oft bei der Entbindung oder im Wochenbett, heute sorgen Depressionen für ganze Familienauslöschungen. Der Tod war immer da, und er wird auch immer da sein.

Wir Menschen können den Tod niemals besiegen, denn er ist ein Teil unseres Selbst, er ist Teil unseres Lebens.

Warum versuchen wir Menschen dann, den Tod Zeit unseres Lebens zu ignorieren? Warum sprechen wir so ungern über ihn? Warum tun wir alle so, als gäbe es ihn nicht? Und warum klammern wir uns alle so verzweifelt ans Leben?

Der Tod macht uns Angst, denn er zeigt uns, wer wir wirklich sind. Er zeigt uns, dass wir vergänglich sind, sterblich und zerstörbar, wie alles andere auf der Welt. Wir Menschen versuchen jedoch, diese Tatsache zu ignorieren. Wir meinen, wir wären besser, größer und stärker als alles andere auf dieser Welt. Doch tatsächlich sind wir genauso zerbrechlich wie feinstes Glas, so zerstörbar wie eine Tasse aus Porzellan, so anfällig wie Mutter Natur. Wir sind weder aus Stahl noch aus Granit. Wir bestehen aus zerstörbarer Haut, aus blutenden Muskeln und aus empfindlichen Organen. Unser knöcherner Kopf, der das wichtige Gehirn ummantelt, ist leicht zu zerstören. Krankheitserreger schaffen es immer wieder, unsere Immunbastion zu durchdringen. Wir sind nicht unzerstörbar. Tatsächlich sind wir mehr als verletzlich.

Auch wenn wir denken können, schützt uns dies oft vor Torheit nicht. Auch wenn wir fühlen können, begeben wir uns oft in Gefahr. Auch wenn wir sehen können, gehen wir oft den falschen Weg, und auch wenn wir hören können, ignorieren wir oft den Alarm.

Meist geht dies gut, aber eben nicht immer. Was bleibt, sind Leid und Schmerz – Leid und Schmerz für den Betroffenen selbst oder im schlimmsten Fall für die Angehörigen. Doch auch wenn wir Beispiele von Todesfällen sehen, hören oder lesen, meinen wir immer, dies beträfe uns nicht. Wir meinen, wir wären unzerstörbar und uns würden diese schlimmen Schicksalsschläge nicht ereilen. Doch auch die, die vor uns gegangen sind, werden dies gedacht haben. Auch diejenigen, die gestorben sind, haben einst gedacht, sie würden ewig leben. Auch die Angehörigen dieser Menschen hätten niemals gedacht, dass diese Tragödie einem Mitglied ihrer Familie widerfahren würde.

Der Tod ist da, er ist immer und jederzeit in unserer Nähe. Er begleitet uns ein Leben lang. Manchmal kommt er uns nahe, manchmal ist er nur in der Ferne, doch er ist in jedem Moment unseres sterblichen Lebens unser Begleiter.

Wir Menschen müssen uns dessen bewusst sein. Denn erst wenn wir lernen, den Tod als Tatsache und als allgegenwärtigen Teil unseres Lebens zu akzeptieren, können wir auch wahrhaftig leben.

Das natürliche Ende eines Lebens

Die Natur gibt uns das Leben,

und sie nimmt es uns auch wieder.

Der Tod an sich ist nichts Ungewöhnliches, auch wenn er uns Schmerz und Kummer bringt. Das Sterben ist ein ganz natürlicher Vorgang. So, wie die Geburt den Beginn des Lebens markiert, so beendet der Tod das Leben. Wir alle werden geboren, um zu leben und um eines Tages wieder zu sterben. Das ist ganz normal und der Lauf der Dinge, und dennoch schmerzt uns der Tod wie nichts auf der Welt.

Wie alt muss ein Mensch werden, damit wir »einverstanden« sind mit seinem Tod? Was ist das »richtige« Alter zum Sterben? Gibt es das überhaupt, oder existiert dieser Zeitpunkt nur in unserer Vorstellung? Wann ist ein Leben für uns Menschen abgeschlossen, und wann hat der Tod das Recht, zuzuschlagen? Wann ist ein Leben wirklich und wahrhaftig »zu Ende« gelebt?

Jeder Mensch hat eine andere Vorstellung vom richtigen Zeitpunkt des Todes.

In der Regel sagen nur alle, dass ein Mensch alt sein sollte, wenn er stirbt. Doch was heißt »alt«? Wer ist alt? Der 30-Jährige der seinen Körper mit Drogen, Alkohol und Nikotin kaputt gemacht hat und mehr tot als lebendig durchs Leben geht? Oder die 90-Jährige, die Fallschirm springt und sich voller Kraft und Leben fühlt? Wer bestimmt, was alt ist? Ist man alt, wenn man 70 Jahre alt ist, oder ist man mit 80 alt? Hat man als alter Mensch das Recht, 90 zu werden oder gar die magischen 100 zu schaffen?

Wann sind wir alt genug, um zu sterben? Wann dürfen wir sterben? Wann verursachen wir in unserem Umfeld keinen Schmerz mehr durch unseren Tod?

Diese Fragen kann kein Mensch beantworten, denn der Tod wird in unserer Gesellschaft immer seinen Schmerz hinterlassen. Irgendjemand wird immer traurig sein und die verstorbene Person vermissen. Dennoch können wir mit einem späten Tod besser leben als mit einem frühen.

Manchmal sind wir sogar dankbar für den Tod eines Menschen, weil dadurch sein unendliches Leid beendet wird. Dann sehen wir den Tod als Erlösung von Schmerz und Qual. In diesen Situationen sehnen wir den Tod herbei, und auch der Sterbende ist oft dankbar, wenn sein Leid endlich ein Ende hat.

Der Tod beendet das Leben, so, wie der Schlaf den Tag beendet.

Wir dürfen den Tod nicht fürchten und auch nicht hassen, denn er ist immer ein Teil unseres Lebens. Jeder Mensch, der lebt, wird vom Tod begleitet. Jeder Mensch, der atmet, begegnet dem Tod viele Male im Laufe des Lebens.

Der Tod ist immer da, so, wie auch das Leben immer da sein wird.

Tod und Leben sind zwei Teile eines Ganzen, und wenn wir leben wollen, dürfen wir den Tod nicht von uns schieben, denn er ist, wie unser Schattenbild in der hellen Sonne, immer mit uns verbunden. Er folgt uns, und er beobachtet uns. Und wenn wir ihn vergessen, dann schlägt er eines Tages zu – plötzlich und unvermittelt und mit all seiner Endgültigkeit, die uns den Boden unter den Füßen wegzieht.

Jeden Tag, den wir hier auf Erden verbringen, müssen wir wissen, dass dieses Leben ein Geschenk ist, kostbar und einzigartig und unheimlich zerbrechlich. Das Leben kann von heute auf morgen anders sein, als wir es uns gedacht haben. An jedem Tag in unserem Leben kann etwas geschehen, sodass sich von einem Augenblick auf den anderen alles wandelt. Mit einem Schlag kann unser Leben oder das eines geliebten Menschen für immer vorbei sein. Wir wissen nicht, wann dies geschieht, aber wir müssen die Erkenntnis in uns tragen, dass es jederzeit geschehen kann. Jeder einzelne Augenblick ist daher kostbar und ein unendlich großes Geschenk. Leben Sie in vollen Zügen, tun Sie die Dinge, die Ihnen wichtig sind. Verbringen Sie Zeit mit Menschen, die Ihnen wichtig sind, und schieben Sie diese kostbaren Augenblicke nicht auf später, denn wer weiß, was später ist …

Eine Liebeserklärung ist das wertvollste Geschenk für einen Menschen.Verteilen Sie Ihre Liebe, und fassen Sie sie in Worte und Taten, wo immer Sie können.

Niemals wissen wir, was das Morgen bringt. Vielleicht ist das, was uns wichtig war, morgen nicht mehr da. Vielleicht sind wir morgen selbst nicht mehr da, oder die Person, die uns wichtig ist. Sie mögen sagen, die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass wir morgen nicht mehr das sagen können, was wir sagen wollten oder sagen sollten. Es mag sein, dass diese Wahrscheinlichkeit nicht sehr hoch ist, aber sie ist dennoch gegeben. Sie ist immer und jeden Augenblick des Lebens vorhanden. Denn wir Menschen sind schwach und klein. Vieles kann uns geschehen. Wir sind nicht so stark, wie manch einer meint. In Wirklichkeit sind wir Menschen allen möglichen Gefahren ausgeliefert. Und auch wenn wir uns durch das moderne Leben vor vielen Gefahren schützen können, erschaffen wir dadurch auch weitere Gefahren.

Der Tod kann uns überall ereilen. Er kann hinter der nächsten Ecke lauern. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, dann kann sich der Mensch nicht gegen den Tod wehren. Denken Sie an Reichsgraf Berghe von Trips, den Formel-1-Rennfahrer. Er starb am 10. September 1961 während eines Formel-1-Rennens bei einem schlimmen Unfall. Doch wäre er an diesem Tag dieses Rennen nicht gefahren, wäre er dennoch gestorben. Denn am gleichen Tag stürzte ein Flugzeug der »President Airlines« auf dem Weg von Düsseldorf nach Chicago ab, bei dem alle Insassen starben.1Trips sollte ursprünglich mit an Bord dieses Fluges sein. Sein Todestag war anscheinend vorprogrammiert. Dafür spricht ebenfalls, dass er seltsamerweise seinem Mechaniker vor dem Start seinen Ring, seine Uhr und seinen Ausweis übergab, was er nie zuvor getan hatte.2 Auch Ayrton Senna, ein anderer Rennfahrer, spürte sein Unglück anscheinend voraus, und dennoch stieg er ins Formel-1-Auto an jenem Tag, der sein letzter war. So soll er am Abend vor dem Rennen zu seiner Freundin am Telefon gesagt haben, dass er ein schlechtes Gefühl für das Rennen habe und am liebsten gar nicht fahren würde.3

Den Tod kann der Mensch nicht mit herkömmlichen Mitteln aufhalten. Der Mensch kann nur so leben, dass der Tod ihn nicht vorzeitig ereilt.

Der Tod sollte erst am Ende eines langen und reichen Lebens auf sanften und leichten Füßen kommen. Wenn ein Mensch ein erfülltes Leben hatte und im Alter von mehr als 80 Jahren für immer entschläft, dann ist der Tod friedlich und willkommen. Dann ist der Tod der Schlaf am Ende eines schönen Lebens.

Kampf gegen den Tod

Der Tod ist der einzige Feind,

den wir niemals besiegen können.

Wenn die letzte Stunde eines Menschen wirklich geschlagen hat, dann gibt es keinen Weg zurück. Trotz moderner Medizin und trotz jeder Menge Technik sind wir machtlos gegen den Tod. Es ist die Seele selbst, die entscheidet, wann der Zeitpunkt gekommen ist, von dieser Welt zu gehen. Ist die Entscheidung wirklich getroffen, dann gibt es keinen Weg zurück.

Der Tod ist schlau. Der Mensch vermag ihn selten zu besiegen. Nur wenn es die Seele will, sind wir Menschen in der Lage, über ihn zu triumphieren. Doch meist behält der Tod die Oberhand im Kampf um Fleisch und Blut. Er nimmt sich, wen er bekommen kann, ohne Erbarmen, ohne Rücksicht und ohne jedes Mitgefühl.

Jedes Bitten, jedes Flehen hat keinerlei Sinn, wenn die Zeit eines Menschen gekommen ist.

Jedes Hoffen, jedes Bangen ist Verschwendung, wenn der Tod bereits sein nächstes Opfer auserwählt hat. Auch wenn wir klagen, schreien und versuchen, alles Erdenkliche zu tun – wenn der Augenblick des Todes gekommen ist, sind wir machtlos. Dann nimmt er uns den Menschen, den wir liebten, aus unserer Mitte. Er nimmt ihn aus unseren Händen. Egal, was wir versuchen, egal, was wir bereit sind zu geben, wenn der Tod kommen soll, dann wird er es tun.

Selbst wenn wir direkt neben seinem nächsten Opfer sitzen, sind wir kaum in der Lage, etwas gegen den Tod zu tun. Wir können versuchen, den Menschen wiederzubeleben, doch es liegt allein in Gottes oder des Todes Hand, ob uns dies auch gelingt.

Unzählige Menschen mit Nahtoderfahrungen, die dem Tod in letzter Sekunde von der Schippe gesprungen sind, haben alle das Gleiche berichtet: Die Seele hatte die Erkenntnis, dass sie zurück in unsere Welt musste, dass sie noch eine Aufgabe hatte, dass sie unsere Welt noch nicht verlassen durfte.

Nur, wenn die Seele weiterleben will, kann ein Mensch im Angesicht des Todes ins Leben zurückgeholt werden.

So wie wir Menschen oft machtlos dagegen sind, wenn ein Paar kein Kind bekommen kann, so machtlos sind wir im Kampf gegen den Tod. Manche Dinge können wir trotz Weiterentwicklung niemals wirklich beherrschen. Auch wenn die Medizin sich fortentwickelt und weitere Erfolge erzielt – Leben und Tod sind und bleiben Teil des seelischen Plans.

Nehmen wir einen Menschen, der nach einem schweren Unfall mit Kopfverletzungen im Koma liegt. Niemand weiß, ob dieser Mensch jemals wieder aufwachen wird. Die Mediziner mögen ihn mit Apparaten am Leben erhalten, doch ob er im eigentlichen Sinne noch lebt, das weiß niemand. Oft klammern wir uns an dieses Leben, und dennoch ist die Seele vielleicht bereits nicht mehr in diesem Körper. Der Mensch wäre tot, wenn die Maschinen ihn nicht künstlich beatmen und alle anderen Körperfunktionen übernehmen würden.

Die große Frage hierbei ist: Ist das noch ein Leben? Oder anders ausgedrückt: Wo beginnt der eigentliche Tod?

Andere Menschen liegen lange Zeit im Koma und wachen wieder auf. Sie geben denen Hoffnung, die selbst so einen Fall in ihrer Familie wissen. Diese Fälle geben Zuversicht, dass alles wieder gut werden kann. Leider kann man nicht mit Sicherheit sagen, welche Gehirnaktivität Komapatienten aufweisen, obwohl es mittlerweile Untersuchungen gibt, die eine Kommunikation des Komatösen bestätigen. Dennoch bleibt den Angehörigen oft nur übrig, sich an ihre Hoffnung zu klammern.

Im Koma ist die Seele weit vom Körper entfernt und dennoch immer mit ihm verbunden. So ist beides möglich: Leben und Tod.

Die richtige Entscheidung in so einem Fall zu treffen, ist sehr schwer, doch auch das ewige Warten auf das Aufwachen ist für die Angehörigen zermürbend und eine endlose Qual. Manchmal dauert es Jahre, bis sich die Seele letztendlich vom Körper löst und damit auch den Angehörigen die schwere Entscheidung über das Leben oder den Tod ihres Angehörigen abnimmt.

Gegen den Tod können wir ansonsten nicht gewinnen. Wir sind ihm machtlos ausgeliefert, es sei denn, wir verstehen die Gesetze des Lebens. Dann sind wir dazu in der Lage, den Tod nach hinten zu verschieben und ihn in ein angenehmes Wesen zu verwandeln. Ganz aufhalten können wir ihn jedoch nicht. Doch wir können unser eigenes Leben und Sterben zu einem Großteil mitbestimmen. Nur so können wir Herr über unser Leben und letztendlich auch Herr über unseren eigenen Tod werden. Doch dies betrifft lediglich uns selbst, denn den Tod anderer können wir damit nicht beeinflussen. Nur unser eigenes Leid lässt sich durch das Meistern der Lebensgesetze reduzieren. Dies ist nicht einfach. Ganz im Gegenteil: Eigentlich ist es eine Kunst, und dennoch kann sie jeder erlernen.

Den Tod können wir nicht bekämpfen. Wir können ihn aber verstehen und damit beeinflussen.

Der Tod hat viele verschiedene Gesichter

Wenn der Tod dich ereilt,

dann lächle noch ein letztes Mal.

Der Tod hat ganz unterschiedliche Facetten. Kein Tod gleicht dem anderen, und dennoch ist das Ergebnis jedes Mal gleich: Ein Mensch, den wir geliebt haben, ist nicht mehr hier in unserer Welt.

Manchmal kommt der Tod auf leisen Schritten. Er pirscht sich an, hält sich im Verborgenen wie eine giftige Schlange, bereit, jederzeit zuzuschlagen. Dabei verfolgt er sein Opfer. Er lässt es nie ganz aus den Augen. Manchmal ist er dabei ganz nahe, und wir wähnen den Kampf um den geliebten Menschen als verloren, doch dann entfernt der Tod sich wieder einige Schritte. Er bleibt in unserem Bewusstsein und demonstriert uns seine Macht – die Macht, uns jederzeit das zu nehmen, was unser Herz begehrt.

Andere Male schlägt der Tod aus heiterem Himmel zu, wie ein Raubvogel, der sich plötzlich auf sein Opfer stürzt. Wie ein Blitz stürzt er herab, packt sich sein Opfer und greift gnadenlos zu. Dabei kann es so schnell gehen, dass das Opfer nicht einmal merkt, dass sein Leben bereits vorbei ist. Erst im Jenseits stellt die Seele fest, dass sie nicht mehr auf unserer Erde weilt.

Es gibt Menschen, die lange krank sind und für die der Tod als eine Art Erlösung kommt. Auch wenn die Krankheit meist aus dem Nichts kommt, können sich in so einem Fall die Angehörigen auf den Tod vorbereiten, denn er kommt schleichend und lässt ihnen Zeit zum Abschied nehmen. Allerdings birgt er viel Schmerz und Leid für denjenigen, der unsere Welt verlassen muss.

Viele Menschen sterben an Krebs, der Erkrankung, die den Körper innerlich zerfrisst und vollends zerstört. Sie gehen einen unendlich schmerzhaften und leidvollen Weg. Auch wenn der betroffene Körper noch jünger ist, zerfrisst der Krebs alles Leben. Innerhalb von wenigen Monaten oder manchmal auch nur Wochen verwandelt die Krankheit den Körper in ein noch lebendiges, aber sterbendes Wrack. Aller Glanz, aller Lebensmut verschwindet am Ende eines solchen Weges.

Zurück bleibt beim Krebstod nur die Essenz des Menschen, seine Seele.

Andere Menschen sterben an Demenz oder Alzheimer. Sie behalten einen recht intakten Körper, wenn andere ihn bis zu ihrem Tod pflegen. Doch es ist ihr Kopf, der hier seinen Dienst quittiert. Ohne Hilfe von außen vergehen diese Menschen jämmerlich. Doch sie sind sich dessen nicht einmal bewusst. Für viele Menschen ist dies eine der schlimmsten Arten, ihren Angehörigen zu verlieren. Denn auch wenn der Körper noch lange verweilt, ist die Essenz des Menschen am Ende nicht mehr vorhanden. Diese Menschen sind wie eine leere Hülle auf Erden. Nur ein kleiner Rest ihres Seins, dessen, was sie einst waren, bleibt noch mit dem Körper verhaftet. Doch der Hauptanteil der Seele weilt bereits in einer anderen Welt. Der Körper kann diesen Teil nicht mehr erreichen. Zu weit entfernt ist sein eigenes Sein.

Alzheimer- und Demenzkranke sind durch einen intakten Körper an unsere Welt gefesselt, obwohl ihre Seele sich bereits seit Langem gelöst hat.

Sich ausbreitende Lähmungen sind ein weiterer Weg zum Tod. Die betroffenen Seelen wählen diesen Weg bewusst. Oft konzentrieren sich Menschen mit solchen Krankheiten sehr auf ihr Gehirn. Viele von ihnen sind hochintelligent. Schließlich müssen sie keine Energie mehr in ihren Körper investieren, und alle Ressourcen stehen dem Denken zur Verfügung. Dennoch ist es kein einfacher Weg, denn wir sind hier auf Erden auf einen intakten Körper angewiesen. Versagt er letztendlich den Dienst, dann kann auch das Gehirn nicht allein weiterexistieren. Menschen, die aufgrund von Krankheiten an Lähmungen leiden, sind oft kopfgesteuert. Sie verzichten auf einen intakten Körper zugunsten anderer Bereiche, wie logisches Denken, wissenschaftliche Intelligenz und neue Erkenntnisse.

Bei einem Schlaganfall wird ein Teil des Gehirns zerstört. Es geht einfach zugrunde, entweder durch einen Mangel oder durch einen Überschuss an Blut. Daran können wir erkennen, wie ausgeklügelt der menschliche Körper funktioniert. Meist ist die goldene Mitte das richtige körperliche Maß für Gesundheit und Wohlgefühl. Das Blut ist unser Lebenssaft, der unseren großen Motor, das Herz, in Gang hält, genauso wie die vielen kleinen Motoren in Form von Billionen Zellen. Unser Gehirn ist die Schaltzentrale, die gewöhnlich alles reguliert. Bei einem Schlaganfall wird durch ein Übermaß an Leben oder ein Mangel desgleichen die Zentrale schwer gestört. Je nachdem, wie stark und groß die beeinträchtigten Bereiche sind, ist ein Weiterleben des Betroffenen eingeschränkt möglich oder auch nicht mehr machbar. Doch selten bleibt eine derartige Attacke ohne Folgeschäden. Halbseitige Lähmungen an einem Arm und oder einem Bein sind häufig, ebenso Sprachstörungen sowie weitere Lähmungserscheinungen. Nicht immer sind diese Schäden komplett reversibel. Der Betroffene muss nun lernen, mit einem äußerst angeschlagenen Körper in einer scheinbar von Perfektion geprägten Welt weiterzukommen. Unser Lebensmotor, das Herz, auch das Sinnbild der Liebe, ist häufig Sitz der Todesursache. Oft kommt ein Anfall aus heiterem Himmel, ohne große Vorzeichen oder zumindest keine, die ernst genommen wurden. Plötzlich ist ein Infarkt da, mit einem starken, vernichtenden Schmerz, der sich ähnlich anfühlt wie ein Messerstich mitten in die Brust. Dieser Vernichtungsschmerz ist oft so groß, dass der Betroffene in eine Schmerzstarre verfällt. Er kann kaum mehr atmen, er kann sich kaum mehr bewegen, und alles scheint stillzustehen. Wenn der Infarkt zu stark ist, kippt der Mensch plötzlich um und ist sofort tot. Lediglich eine Reanimation kann ihn eventuell noch retten, doch in den meisten Fällen bleibt sie ohne Erfolg. Ist der Infarkt etwas weniger stark, dann läuft der einst kräftige Lebensmotor nur noch auf niederen Touren. Alles muss künftig langsamer und mit mehr Bedacht vonstatten gehen. Der betroffene Mensch darf sich keiner Hektik und keinem Stress mehr aussetzen, sonst steht der Motor künftig ganz still. Nach einem starken Infarkt ist das Leben selten wieder wie zuvor.

Manche Menschen wirkten scheinbar gesund, und dennoch brechen sie plötzlich zusammen. Der eine ist dabei sofort tot, andere lösen sich etwas langsamer von dieser Welt und leben noch einige Stunden bis Tage. Im Nachhinein bekommen die Angehörigen gesagt, dass der Verstorbene herzkrank war oder an einem Aneurysma (Ausbuchtung eines großen Blutgefäßes, welches plötzlich reißen kann) oder einer Blutung im Gehirn litt. Oft bleibt dabei keine Zeit für sie, sich zu verabschieden, bevor der Tod zuschlägt.

Andere kommen bei einem Unfall ums Leben, im Auto, im Flugzeug, in den Bergen oder beim Sport. Oft wird danach festgestellt, dass der Betroffene einfach zur falschen Zeit am falschen Ort war. Hat der Unfall zum sofortigen Tod geführt, ist er dennoch für die Angehörigen mit sehr viel Leid und Schmerz verbunden. Zu plötzlich hat der Tod zugeschlagen und meist auch viel zu früh.

Andere Menschen sind unglücklich in ihrem Dasein und werfen ihr Leben einfach weg. Sie stürzen sich in den Tod, schneiden sich die Pulsadern auf oder setzen ihrem Leben anderweitig ein Ende. Dieser Tod ist für die Angehörigen ein Schlag ins Gesicht. Sie machen sich Vorwürfe, fragen sich, ob sie sich zu wenig um die betroffene Person gekümmert haben, ob sie mehr hätten tun sollen oder können, ob sie schuld sind und versagt haben. Auch hier ist für die Angehörigen kein Abschied möglich, und selbst wenn der Verstorbene seinen Angehörigen einige Zeilen hinterlassen hat, trösten diese meist kaum über den Schmerz hinweg.

Der Tod ereilt einen Menschen manchmal bereits im Mutterleib, bevor sein Leben überhaupt richtig beginnen kann. Fehl- und Totgeburten beenden das Leben eines Menschen bereits vor seiner Geburt in unsere Welt. Komplikationen bei der Geburt, angeborene Krankheiten und der gefürchtete plötzliche Kindstod nehmen jungen Eltern ihr Glück, bevor sie es richtig kennenlernen oder leben durften.

Streitereien, Mord und Bosheit können ebenso zum Tod führen. Unachtsamkeit, Größenwahn, Drogen und Alkohol holen sich immer wieder ihre Opfer. Der Tod hat unendlich viele Gesichter, mit dem er uns das Liebste auf Erden nehmen kann. Doch das Gesicht eines toten Menschen ist immer gleich: leer und ohne Leben, eine Hülle ohne Kern. Der Mensch an sich weilt nicht mehr auf Erden, nur noch seine Hülle – der Körper – bleibt eine Zeit lang bestehen.

Im Tod haben alle Menschen das gleiche Gesicht: Es ist leer, ohne einen Funken, ohne ein Strahlen. Es ist das menschliche Gesicht ohne Seele.