Warum scheißen die Vögel auf Buddhas Kopf? - Harry Mi Sho Teske - E-Book

Warum scheißen die Vögel auf Buddhas Kopf? E-Book

Harry Mi Sho Teske

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Beschreibung

Koans sind scheinbar unlösbare Aufgaben, die Zen-Meister ihren Schülern stellen. Auf den Laien wirken sie paradox und sinnlos. Diese Meditationsaufgaben dienen der Ausbildung des Zen-Schülers und öffnen eine Ebene des Geistes, die dem rationalen, westlichen Denken verschlossen bleibt. Harry Mi Sho Teske hat die beiden über 800 Jahre alten Hauptwerke der Koanausbildung neu übersetzt, erklärt, kommentiert und erstmalig in deutscher Sprache in einem Buch vereint:- Mumonkan - Die torlose Schranke- Hekigan Roku - Die Aufzeichnung von der smaragdgrünen FelswandDas Mumonkan umfasst 48 Koans und ist unabdingbar für das Verständnis des Zen-Buddhismus. Das Hekigan Roku dient mit seinen 100 Koans der Ausbildung angehender Zen-Meister und verlangt dem Verständnisvermögen höchste Konzentration ab. Vorangestellt ist eine Sammlung aus 10 Einstiegskoans, die dem Leser einen ersten Zugang in diese wunderbare Welt der Meditation eröffnen.

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Harry Mi Sho Teske

Warum scheißen die Vögel

Harry Mi Sho Teske

Warum scheißen die Vögel auf Buddhas Kopf?

Mumonkan & Hekigan Roku Zwei Klassiker des Zen –

Originalausgabe

1. Auflage 2015

Verlag Komplett-Media GmbH

2015, München/Grünwald

www.komplett-media.de

ISBN Print: 978-3-8312-0422-9

ISBN E-Book: 978-3-8312-5758-4

Hinweis: Das vorliegende Buch ist sorgfältig erarbeitet worden. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autoren noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Design Cover: Pinsker Druck und Medien, Mainburg

Satz: Daniel Förster, Belgern

eBook-Herstellung und Auslieferung: HEROLD Auslieferung Service GmbHwww.herold-va.de

Inhalt

Der Hintergrund

Die zehn vorbereitenden Kōan

Die 48 Kōan des Mumonkan

Mumons Vorwort

Fall 1: Jōshū’s Mu

Fall 2: Hyakujō’s Fuchs

Fall 3: Gutei hebt einen Finger

Fall 4: Der Barbar aus dem Westen ohne Bart

Fall 5: Kyōgens „Mann im Baum“

Fall 6: Der Buddha hält eine Blume hoch

Fall 7: Jōshūs „Wasch’ deine Schale“

Fall 8: Keichū, der Radmacher

Fall 9: Daitsū Chishō Buddha

Fall 10: Seizei ist völlig verzweifelt

Fall 11: Jōshū sieht die Eremiten

Fall 12: Zuigan ruft seinen Meister

Fall 13: Tokusan trägt seine Schalen

Fall 14: Nansen schneidet die Katze entzwei

Fall 15: Tōzans sechzig Schläge

Fall 16: Wenn die Glocke ertönt

Fall 17: Chū, der Nationale Lehrer, ruft dreimal

Fall 18: Tōzans „Masagin“

Fall 19: Nansens „Alltäglicher Geist ist der Weg“

Fall 20: Der Mann von großer Kraft

Fall 21: Ummons „Kanshiketsu“

Fall 22: Kāshyapas „Hau den Fahnenmast um“

Fall 23: Denke weder Gut noch Böse

Fall 24: Fuketsus Sprechen und Schweigen

Fall 25: Kyōzans Traum

Fall 26: Zwei Mönche rollen die Jalousien hoch

Fall 27: Nansens „Kein Geist, kein Buddha, keine Dinge“

Fall 28: Ryūtan bläst die Kerze aus

Fall 29: Der sechste Patriarch „Euer Geist bewegt sich“

Fall 30: Basos „Genau dieser Geist ist Buddha“

Fall 31: Jōshū prüft eine alte Frau

Fall 32: Ein nicht-buddhistischer Philosoph befragt den Buddha

Fall 33: Basos „Kein Geist, kein Buddha“

Fall 34: Nansens „Verstand ist nicht der Weg“

Fall 35: Seijos Seele ist getrennt

Fall 36: Wenn du einen Menschen des Weges triffst

Fall 37: Jōshūs Eichenb aum

Fall 38: Ein Büffel geht durchs Fenster

Fall 39: Ein Fehler beim Sprechen

Fall 40: Eine Wasserflasche umkippen

Fall 41: Bodhidharmas Geist-Beruhigung

Fall 42: Das Mädchen kommt aus dem Samādhi

Fall 43: Shuzans Shippei

Fall 44: Bashōs Stock

Fall 45: Hoens „Wer ist er?“

Fall 46: Gehe weiter von der Spitze eines Mastes

Fall 47: Tosotsus drei Barrieren

Fall 48: Kempōs eine Straße

Mumons Nachwort

Mumons Zen-Warnung

Sōjus Verse zu Ōryūs drei Barrieren

Mōkyōs Nachwort

Ambans 49. Fall

Die 100 Kōan des Hekigan Roku

Fall 1: Kaiser Wu befragt Bodhidharma

Fall 2: Jōshūs „Der wahre Weg ist nicht schwer“

Fall 3: Basos „Buddha mit dem Sonnengesicht, Buddha mit dem Mondgesicht“

Fall 4: Tokusan besucht Isan

Fall 5: Seppōs „Ein Reiskorn“

Fall 6: Ummons „Jeder Tag ist ein guter Tag“

Fall 7: Hōgens „Du bist Echō“

Fall 8: Suigans Augenbrauen

Fall 9: Jōshūs vier Tore

Fall 10: Bokushūs „Hohlköpfiger Narr“

Fall 11: Ōbakus „Tresterlecker“

Fall 12: Tōzans „Masagin“

Fall 13: Haryōs „Schnee in der Silberschale“

Fall 14: Ummons „Predigen im Angesicht der Einheit“

Fall 15: Ummons „Kein Predigen im Angesicht der Einheit“

Fall 16: Kyōseis Anweisung über Picken und Klopfen

Fall 17: Kyōrins „Lange sitzen und müde werden“

Fall 18: Kaiser Shukusō fragt nach dem Stil der Pagode

Fall 19: Guteis Ein-Finger-Zen

Fall 20: Ryūge fragt Suibi und Rinzai

Fall 21: Chimons Lotusblume und Lotusblätter

Fall 22: Seppōs Schildkrötennasenschlange

Fall 23: Hofuku zeigt zum Myōhōchō

Fall 24: Ryūtetsuma, die alte Büffelkuh

Fall 25: Der Meister von Rengehōs Stab

Fall 26: Hyakujō sitzt auf dem großen erhabenen Gipfel

Fall 27: Ummons „Goldene Brise“

Fall 28: Was die Heiligen nicht gelehrt haben

Fall 29: Daizuis „Es wird mit dem anderen verschwunden sein“

Fall 30: Jōshūs „Ein großer Rettich“

Fall 31: Mayoku kommt zu Shōkei

Fall 32: Jō Jōza steht still

Fall 33: Chinsō Shōso besucht Shifuku

Fall 34: Kyōzans „Du bist nicht am Rozan gewesen“

Fall 35: Mañjusrīs „drei und drei“

Fall 36: Chōsha geht spazieren

Fall 37: Banzans „Drei Welten, kein Dharma“

Fall 38: Fuketsu und das Dharma-Siegel der Patriarchen

Fall 39: Ummons „Kayakuran“

Fall 40: Nansens „Diese Blumen“

Fall 41: Jōshū und der Große Tod

Fall 42: Hō Kojis „Wundervolle Schneeflocken“

Fall 43: Tōzan „Weder Hitze noch Kälte“

Fall 44: Kasans „Schlag die Trommel“

Fall 45: Jōshūs sieben Pfund schweres Leinenhemd

Fall 46: Kyōseis „Stimme der Regentropfen“

Fall 47: Ummons „Jenseits der Sechs“

Fall 48: Ō Taifu und die Teezeremonie

Fall 49: Sanshōs „Der goldene Karpfen ist aus dem Netz“

Fall 50: Ummons „Stück für Stück Samādhi“

Fall 51: Seppōs „Was ist das?“

Fall 52: Jōshūs Steinbrücke

Fall 53: Hyakujō und eine wilde Ente

Fall 54: Ummon streckt seine Hände aus

Fall 55: Dōgos „Ich würde es dir nicht sagen“

Fall 56: Kinzan und ein Pfeil, der die drei Barrieren durchbricht

Fall 57: Jōshūs „Ich allein bin heilig im Himmel und auf der Erde“

Fall 58: Jōshūs „Keine Begründung“

Fall 59: Jōshūs „Warum nicht zu Ende rezitieren“

Fall 60: Ummons Stab wird zum Drachen

Fall 61: Fuketsus „Ein Staubkörnchen“

Fall 62: Ummons „Ein Schatz“

Fall 63: Nansen schneidet die Katze entzwei

Fall 64: Jōshū legt sich seine Sandalen auf den Kopf

Fall 65: Ein nicht-buddhistischer Philosoph befragt den Buddha

Fall 66: Gantō lacht laut

Fall 67: Fu Daishi beendet seine Lehrrede über das Sūtra

Fall 68: Kyōzan fragt nach Sanshōs Namen

Fall 69: Nansen zieht einen Kreis

Fall 70: Isan „Ich bitte dich, es zu sagen“

Fall 71: Gohōs „Sei still“

Fall 72: Ungans „Hast du sie oder nicht?

Fall 73: Baso und die hundert Verneinungen

Fall 74: Kingyū Oshō und der Reistopf

Fall 75: Ukyūs unfaire Schläge

Fall 76: Tankas „Hast du zu Abend gegessen“

Fall 77: Ummons „Ein Sesambrötchen“

Fall 78: Bodhisattvas im Bad

Fall 79: Tōsu und „Jede Stimme ist des Buddhas Stimme“

Fall 80: Jōshūs „Ein neugeborenes Baby“

Fall 81: Yakusans König der Königs-Hirsche

Fall 82: Tairyūs „Unzerstörbarer Dharmakörper“

Fall 83: Ummons „Der alte Buddha hält Zwiesprache mit dem Pfeiler“

Fall 84: Yuimas „Das Tor zum Einen und Einzigen“

Fall 85: Der Meister der Tōhō-Einsiedelei brüllt wie ein Tiger

Fall 86: Ummons „Jeder hat sein eigenes Licht“

Fall 87: Ummons „Medizin und Krankheit heilen sich gegenseitig“

Fall 88: Genshas Mann mit drei Behinderungen

Fall 89: Ungans „Der ganze Körper ist Hand und Auge“

Fall 90: Chimon und das Wesen von Prajñā

Fall 91: Enkan und der Rhinozerosfächer

Fall 92: Der Weltverehrte nahm seinen Sitz ein

Fall 93: Taikos „Du Fuchsteufel“

Fall 94: Das Shūrangama-Sūtra und „Ungesehen“

Fall 95: Chōkei und Hofuku diskutieren die Buddhaworte

Fall 96: Jōshūs drei erlösende Worte

Fall 97: Das Diamant-Sūtra „Der Verstoß ist getilgt“

Fall 98: Tempyōs zweifaches Falsch

Fall 99: Chū Kokushi und der Hirte mit den zehn Körpern

Fall 100: Haryōs Schwert, gegen welches ein Haar geblasen wird

Nachwort

Stammbaum der Meister des Mumonkan und des Hekigan Roku

Glossar

Über den Autor

Der Hintergrund

Zen Buddhismus ist das ausgewogene Zusammenspiel von Mitgefühl und Weisheit und somit Buddhismus in Reinform. Zen ist ein Weg zur Befreiung aus eigener Kraft, weil er gänzlich mit den Fähigkeiten und Kräften des Praktizierenden arbeitet. Rinzai-Zen bietet über das „Sitzen in Stille“ hinaus noch die Methode der Kōan an, also der Meditationsaufgaben, die dem logischen Denken zunächst unverständlich erscheinen und dem Zen-Schüler helfen sollen, seine eigene freie Buddhanatur zu erkennen.

Da Mitgefühl und Weisheit die beiden Standbeine des Zen-Buddhismus sind, ist es naheliegend, dass die Kōan des Rinzai-Zen sich zuerst mit der Entwicklung von Weisheit befassen, bevor sie sich dem Mitgefühl widmen. Und zwar aus einem guten Grund: Weisheit ist die Ursache, die Buddhismus zu dem macht, was er ist: Der Weg der Befreiung durch Leerheit. Auf Grundlage der Erkenntnis der Leerheit ist die Entwicklung von Mitgefühl eine unweigerliche Folge, weswegen im Zen so viel Wert auf Erkenntnis gelegt wird.

Wenn Sie sich wundern sollten, warum ich die japanischen Namen für die chinesischen Meister verwende, so liegt es daran, dass wir den Zen-Buddhismus in seiner jetzigen Form nur noch in Japan finden.

Die zwei Kōansammlungen Mumonkan (Das torlose Tor) und Hekigan Roku (Die Aufzeichnung von der smaragdgrünen Felswand) sind die beiden wichtigsten Werke der Kōanausbildung und bilden zusammen das Mark des Rinzai-Zen. Das Mumonkan ist das Einstiegswerk in die Kōanausbildung und wurde von dem chinesischen Zen-Meister Mumon Ekai im Jahre 1228 erstmals veröffentlicht. Es enthält 48 Kōan, die das Weisheitsauge des Zen-Schülers öffnen sollen, wenn er diese Meditationsaufgaben mit seinem Meister durcharbeitet.

Die zweite Sammlung Hekigan Roku wurde von dem chinesischen Zen-Meister Engo Kokuron rund einhundert Jahre vor dem Mumonkan veröffentlicht und enthält 100 Kōan des Meisters Setchō Jūken. Sie haben den Zweck, das geöffnete Weisheitsauge zu schärfen und die Einsicht in das Wesen der Wirklichkeit zu vertiefen.

Die Lebensdaten der alten historischen Meister habe ich, soweit vorhanden, mit aufgenommen; die einiger Meister und handelnden Personen sind jedoch nur bruchstückhaft erhalten geblieben, dafür bitte ich um Nachsicht.

Ich habe mich bei den Kōan, Kommentaren und Gedichten auf das Original beschränkt und jeder Interpretation enthalten, um dieses Buch als Arbeitsgrundlage für die Kōanausbildung zur Verfügung zu stellen. Die ergänzenden Anmerkungen sind auf das Notwendige begrenzt und nur angebracht, wo sie zur Verdeutlichung des Sachverhaltes unabdingbar sind. Sie sollen dem Zen-Schüler die Möglichkeit geben, in die Gepflogenheiten des Chinas der T’ang-Dynastie, der Blütezeit des Zen, einzutauchen und den unverfälschten Geschmack der Kōan zu genießen.

Kōan sind eine effiziente Methode der Wirklichkeitserkenntnis und können dem Schüler zu einer neuen Weltsicht verhelfen, die ihn die Dinge des Lebens mit anderen Augen sehen lassen und eine Sicht ermöglichen, die ihn über die Tragik und das Leiden des menschlichen Lebens erheben. Er wird in die Lage versetzt, das Dasein als spielerische Angelegenheit zu empfinden, in der er keine größere Aufgabe erkennt, als allen fühlenden Wesen mit unendlichem Mitgefühl und liebender Güte zu begegnen und ihnen auf ihrem Weg zur Befreiung behilflich zu sein.

Allein dieser Aufgabe dienen die Kōan. Es ist Sinn und Zweck dieses Buches, sie ihrer eigentlichen Bestimmung zuzuführen.

Das Wort Zen geht zurück auf das Chinesische Wort Ch’an, das wiederum ein Kurzform von Ch’anna und die Übersetzung des Sanskritausdruckes Dhyāna ist. Dhyāna ist die Bezeichnung für Versenkung oder Meditation ganz allgemein und im Besonderen die Bezeichnung für die acht Versenkungsstufen des Buddhismus, die im Folgenden noch näher beschrieben werden. Das Anliegen des Buddhismus ist in erster Linie die Erkenntnis und Verwirklichung der vier edlen Wahrheiten, die der Reihe nach besagen, dass die menschliche Existenz mit Unzufriedenheit und Leiden verbunden ist. Das Leiden und die Unzufriedenheit sind durch Ursachen entstanden und die Hauptursache ist der Durst oder das Verlangen nach Dasein und positiven Sinneseindrücken und das bildet den Inhalt der zweiten edlen Wahrheit. Weil die Unzufriedenheit durch Ursachen entstanden ist, kann sie auch durch Aufhebung dieser Ursachen wieder beseitigt werden. Die dritte edle Wahrheit besagt, dass das Ende der Ursachen für die Unzufriedenheit das Nirvāna ist. Die vierte und letzte der edlen Wahrheiten ist der achtfache Pfad, der langsam ins Nirvāna führt. Dieser Pfad besteht aus der Stufe der Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten und der Leerheit aller Erscheinungen sowie dem Entschluss, dieser Unzufriedenheit ein für alle mal zu entkommen. Als dritte Stufe kommt die Rede, indem man alles Schädigende aus der Sprache entfernt sowie viertens das rechte Handeln, das auf alle körperlichen Aktivitäten verzichtet, die zu weiteren Leiden führen würden. Die fünfte Stufe ist der richtige Lebenserwerb, der zum Beispiel empfiehlt, nicht mit Drogen oder Waffen zu handeln. Als sechste Stufe folgt die Anstrengung, die alles unternimmt, was dem Heil förderlich ist und alles unterlässt, was ihm zuwider läuft. Die siebente Stufe ist die vollkommene Achtsamkeit mit den vier Grundlagen, auf die ich ebenfalls noch zu sprechen komme, und die achte Stufe bedeutet vollkommenen Sammlung: Das ist das Kerngebiet des Zen-Buddhismus.

Die vier Grundlagen der Achtsamkeit sind erstens die Achtsamkeit auf den Körper mit allen Handlungen, die eine materielle Ebene haben, und allen körperlichen Voraussetzungen, die der oder die Praktizierende mitbringt. Die zweite Grundlage sind die Gefühle, die normalerweise eingeteilt werden in positive, neutrale und negative Gefühle, wobei man sich darüber streiten kann, was denn neutrale Gefühle sein sollen. Als dritte Grundlage der Achtsamkeit kommt der Geist ins Spiel, womit die allgemeine Verfassung des Geistes gemeint ist, also ob er zum Beispiel dumpf und träge ist oder wach und aufmerksam und so weiter. Dann kommt die vierte und gleichzeitig auch die schwierigste Grundlage der Achtsamkeit, die Objekte des Geistes und das sind die Gedanken, die deswegen so schwierig zu beobachten sind, weil man sich leicht mit ihnen identifizieren kann.

Diese vier Grundlagen der Achtsamkeit machen einen Großteil des buddhistischen Weges aus. Ihre Übung ist Jedem zu empfehlen, der Fortschritte auf diesem Weg machen will. Sie stehen in ihrem Wert noch vor der Sammlung, die doch den Abschluss des edlen achtfachen Pfades darstellt. Man kann zur Not ohne größere Fortschritte in der Sammlung den Weg durchaus gewinnbringend praktizieren, aber ohne eine Zunahme an Achtsamkeit ist niemals ein Fortschritt auf dem meditativen Weg zu erreichen.

Als vordringlichste Aufgabe haben wir uns jetzt jedoch den Hindernissen zu widmen, die vor der Meditation stehen und uns den Eintritt in eine meditative Versenkung häufig schwer machen. Diese Hindernisse sind eine verzerrte Form der reinen geistigen Energie und sie suchen jeden Meditierenden heim, egal wie begabt er oder sie ist. Das erste der fünf Hindernisse ist die Müdigkeit, die jeden Meditierenden früher oder später überkommt und häufig schon im Vorfeld der Meditation dafür sorgt, dass wir gar nicht erst anfangen zu meditieren. Das nächste der Hindernisse, die auch als Nīvaranas bezeichnet werden, ist die Gier, die anfängt bei ganz kleinen Sachen, wie etwa einem Keks oder etwas zu trinken, und sich ausdehnen kann bis zu einer enormen sexuellen Gier, die man kaum mehr beherrschen kann. Sie überkommt wie Jeden in mehr oder weniger spektakulären Anfällen. Unsere Aufgabe dabei ist lediglich, sie zu beobachten! Das dritte Hindernis, das manchmal auch als Hemmung bezeichnet wird, ist die Boshaftigkeit, die sich auf einen Menschen oder einen Sachverhalt richten kann. Sie reicht von einer ganz leichten Ablehnung bis hin zu abgrundtiefem Hass und ist auch eine der Haltungen, mit der wir in der Meditation früher oder später intensiv zu kämpfen haben. Auch hier heißt das Mittel der Wahl: einfach nur beobachten ohne der Boshaftigkeit in Rede oder Tat nachzugehen. Als nächstes und viertes der fünf Hindernisse ist das Gedankenrasen zu nennen, das jeder von uns schon erlebt und zur Genüge versucht hat, zu bekämpfen. Aber es lässt sich nicht bekämpfen und wird im Gegenteil noch sehr viel intensiver, wenn wir den Fehler machen und versuchen, dagegen anzugehen.

Man sagt, dass der Grund dieses verbreiteten Hindernisses eine Art von Schuldgefühlen oder ein schlechtes Gewissen ist. In der Tat leiden wir viel mehr darunter, wenn wir uns irgend etwas vorzuwerfen oder zu bereuen haben, und merken es kaum, wenn wir zufrieden mit uns selber sind. Aber auch dieses Hindernis vergeht schnell, wenn wir die Gedanken einfach nur beobachten, dann können sie schon fast in die erste Meditationsstufe übergehen, aber dazu später mehr. Das letzte und fünfte Hindernis ist gleichzeitig das heimtückischste von allen, denn wenn wir es nicht ganz objektiv beobachten, führt es dazu, dass wir mit der Übung Schluss machen und dann haben die Hindernisse oder Nīvaranas gewonnen! Das fünfte Hindernis ist der Zweifel. Anfangs kommt er ganz unterschwellig daher, um sich dann zum Zweifel an unserem Lehrer und dem ganzen Buddhismus zu verdichten. Der Zweifel ist das gefährlichste der fünf Hindernisse. Wenn wir ihn nicht früh genug erkennen, führt er dazu, dass wir mit der Meditation Schluss machen und wieder in unser altes Leben mit seiner Unzufriedenheit zurückfallen. Aber was hilft, ist, wenn wir die Nīvaranas Müdigkeit, Gier, Boshaftigkeit, Gedankenrasen und Zweifel nur aufmerksam beobachten. Dann verwandeln sie sich in ihre eigentliche Natur und werden klarer und erleuchteter Geist, was sie eigentlich schon sind. Wie gesagt stellen sie nur eine verzerrte Form unseres reinen Geistes dar!

Wenn die Hindernisse einmal nicht anwesend sind, und das kommt häufiger vor als wir es zu Beginn der Zen-Übung mitbekommen, dann sind wir auch schon in der ersten Versenkungsstufe, der Gedankenfassung. Diese Meditationstufe wird häufig gar nicht als solche wahrgenommen weil sie noch Ähnlichkeit mit unserem normalen Geisteszustand hat. Dieser Zustand hat das Denken als wesentliches Merkmal. Aber in der Gedankenfassung identifizieren wir uns nicht mehr mit dem Denken, sondern beobachten es nur noch, und zwar so wie eine Wolke, die am Himmel erscheint, eine Zeitlang vorüberzieht und am Horizont verschwindet und dann erscheint auch schon die nächste Wolke. Oder wir betrachten die Gedanken wie den Klang einer kleiner Glocke, die angeschlagen wird, der Klang dauert eine kurze Zeit und vergeht wieder, bis die Glocke erneut angeschlagen wird.

Die zweite Versenkungsstufe tritt ein, wenn das Denken zum Schweigen kommt und wir in der Meditation ein Gefühl der Freude und des fast ekstatischen Wohlbefindens erleben. Diese Freude ist gerade dadurch bedingt, dass das Denken nicht mehr im Vordergrund steht und wir endlich die Ruhe des Geistes erfahren, der nicht mehr Denken muss. So eine Freude ist noch etwas grober Natur denn sie braucht als Auslöser den Moment des Aufhörens mit dem Denken und weil dieser Zustand, diese Freude noch durch Bedingungen entstanden ist, folgt darauf der Einstieg in die dritte Meditationsstufe.

Diese Meditationsstufe trägt den Namen Glückseligkeit und sie ist in der Tat ein Zustand puren Glücks, der die einzige Eigenschaft des Geistes darstellt, der vollkommen in sich selber versunken ist. Ein Geist, der völlig in Ruhe gelassen wird, unbeeinflusst von äußeren Reizen bleibt und auch nicht mehr danach giert, ist von Natur aus glücklich und zufrieden und das ist seine einzige Qualität. So kann man sagen, dass auf dieser Versenkungsstufe der Geist des Menschen in seiner eigentlichen Heimat angekommen und zu Hause ist. Sie haben vielleicht bemerkt, dass die zunehmend höheren Stufen der Meditation dadurch erreicht werden, dass man dem Geist erlaubt, sich immer mehr zu entspannen. Eigentlich werden diese Stufen durch reines Loslassen erlangt, sie gehen sozusagen vom Gröberen zum Feineren durch zunehmende Entspannung.

Als nächstes kommt eine Versenkungsstufe, die nicht mehr auf irgendwelche Wohlgefühle oder Wehgefühle angewiesen ist und sich durch reine Präsenz im Hier und Jetzt auszeichnet, diese Meditationsstufe heißt Gleichmut.

Der Gleichmut ist die höchste Stufe, die im Bereich der körperlichen Meditation erreicht werden kann. Sie ist keinesfalls verwandt mit der Gleichgültigkeit, die fast das Gegenteil vom Gleichmut darstellt. Die Gleichgültigkeit ist eine Geisteshaltung, die bewusst ausgrenzt und auf ganze Teile der Wahrnehmung absichtlich verzichtet, wohingegen dem Gleichmut nichts entgeht. Seine Achtsamkeit ist vollkommen geworden. Es ist eine klare und, um es mit einem optischen Vergleich zu sagen, sehr helle geistige Anwesenheit, die sich selber klar bewusst ist. Mit dem Gleichmut haben wir die Grenze der körperlichen Wahrnehmung erreicht. Jetzt haben wir die Möglichkeit, uns entweder mit diesen Versenkungsstufen zu begnügen oder aber den Körper zu verlassen und uns auf eine Reise in die unkörperlichen Meditationsstufen zu begeben. Wenn wir die zweite Alternative wählen, dann erwarten uns erstaunliche Erfahrungen in Bereichen, die uns bis dahin eher utopisch vorgekommen sind.

Der erste unkörperliche Bereich ist die Versenkungsstufe der Raumunendlichkeit, in der jegliche Begrenzungen ihre Aufgabe verlieren und wir uns dem unendlichen Raum anvertrauen. Diese Erfahrung kann uns im ersten Moment etwas Angst machen, aber wir können die Angst schnell überwinden, indem wir uns klarmachen, dass alles, was wir im Bereich der Raumunendlichkeit erleben, sich lediglich in unserem Geist abspielt.

Am schnellsten kommen wir in diese Meditationsstufe, indem wir den Raum immer weiter ausdehnen, beginnend mit dem Zimmer, in dem wir uns befinden, und folgende Meditation ausführen: Wir stellen uns vor, dass dieser Raum keine Grenzen hat, wie auch nicht die Stadt oder der Ort, an dem wir uns befinden und ebenso wenig der Landkreis und die Nation, in der sich dieser Ort befindet. Nicht einmal der Kontinent, in dem dieses Land liegt und der Planet, auf dem sich dieser Kontinent befindet, ist durch irgendwelche Grenzen von der Außenwelt abgeschnitten. Der Planet Erde kreist frei in einem Sonnensystem, das wiederum nur einen kleinen Teil einer unendlich größeren Galaxie, der Milchstraße, ausmacht und schon sind wir im Bereich der Raumunendlichkeit, in dem es keinerlei Grenzen gibt. Und das ist erst der Beginn einer Reise ins vollkommen Unbekannte.

Die nächste Versenkungsstufe erreichen wir, indem uns klar wird, dass der unendliche Raum durch unser Bewusstsein entstanden ist und eben dieses Bewusstsein ist genauso unendlich wie der Raum. Dem zufolge trägt diese Meditationsstufe auch den Namen „Bewusstseinsunendlichkeit“, denn sie hat im Vordergrund die Unendlichkeit des Bewusstseins. In dieser Meditationsstufe wird der Raum zu Bewusstsein, denn der ganze Raum ist nur im Geist entstanden und somit auch ein Produkt des Geistes, der auf dieser Stufe keinerlei Begrenzungen mehr hat. Wir sind, wie Sie sich erinnern, immer noch im Bereich der körperlosen Meditation und diesen Bereich verlassen wir auch in den nächsten beiden Meditationsstufen nicht mehr!

Die eigentliche Stufe des Zen-Buddhismus ist jetzt der folgende Bereich der „Nicht-Irgendetwasheit“, in dem es keinerlei Definitionen und keine Begriffe mehr gibt und jeglicher Versuch, ihn zu beschreiben, versagt. Der Bereich den Raumunendlichkeit und der Bewusstseinsunendlichkeit liegen hinter uns und wir sind bereit uns auf eine Ebene zu begeben, die jenseits aller Worte und mündlichen Aussagen liegt und vor der ein Versuch der Beschreibung von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Es ist hier keine Grenze im materiellen und körperlosen Bereich auszumachen und wir haben die volle geistige Freiheit erlangt, zu der unser jetziges Bewusstsein fähig ist. Als nächstes betreten wir die letzte Meditationsstufe des unkörperlichen Bereichs. Diese Versenkungsstufe trägt den Namen „Weder-Wahrnehmung-Noch-Nicht-Wahrnehmung“.

Mit dieser geistigen Meditationsstufe sind wir im feinsten Bereich des Bewusstseins angekommen und wir können nicht mehr davon sprechen, ob ein Wahrnehmender da ist oder nicht und ebenso wenig, ob eine Wahrnehmung stattfindet oder nicht. Es ist ein erhabener Zustand, den wir eigentlich erst würdigen können, wenn wir uns wieder auf den Weg zurück durch die unkörperlichen Versenkungsstufen machen und ich kann Ihnen nur raten, nicht in den unkörperlichen Stufen aus der Meditation auszusteigen, sondern immer zuerst in Ihren Körper zurückzukehren.

Wir gehen von der Stufe der Weder-Wahrnehmung-Noch-Nicht-Wahrnehmung in den Bereich des Nicht-Irgendetwas, von hier in den Bereich der Bewußtseinsunendlichkeit, weiter in die Raumunendlichkeit und kehren wieder in unseren Körper, in den Gleichmut zurück. Hier können wir gefahrlos aus der Meditation aussteigen, wir können aber auch im Bereich der Glückseligkeit, im Bereich der Freude oder im Bereich der Gedankenfassung mit der Meditation Schluss machen. Anfangs werden wir auch noch von den Hindernissen, also der Müdigkeit, der Gier, der Boshaftigkeit, dem Gedankenrasen oder dem Zweifel, heimgesucht. Diese werden allerdings immer brüchiger und verschwinden schließlich ganz.

Das ist kurz gesagt der Gang durch die acht Versenkungsstufen, der den Pfad der Meditation ausmacht und im Normalfall zwei bis drei Jahre an Meditationserfahrung braucht. Es ist dabei zu bedenken, dass die Erleuchtung damit noch nicht erreicht ist und es einer Art geistigen Quantensprungs bedarf, um zu einer Erkenntnis der Leerheit durchzudringen.

Dieser Pfad über die acht Versenkungsstufen dient in erster Linie dazu, die fünf Geistesgifte unter Kontrolle zu halten, dann zu minimieren und sie schließlich zum Erliegen zu bringen. Diese fünf Geistesgifte sind die Wut, der Egoismus oder Stolz, die Begierde, die Eifersucht und die Unwissenheit als absichtliches Nicht-Wissen-Wollen, also die Ignoranz. Inwieweit die Meditation diese fünf Geistesgifte im Einzelnen bekämpft, würde den Rahmen dieser Einleitung sprengen, es sei nur gesagt, dass die intensive Beschäftigung mit den Kōan (nichts anderes ist der Gang durch die acht Versenkungsstufen) zu einer schrittweisen Auflösung der fünf Geistesgifte führt. Außerdem geleitet der Pfad der Meditation den oder die Praktizierende dahin, in sich die zwei Eigenschaften des geklärten und gleichmütigen Geistes zu verwirklichen, die die unbedingte Voraussetzung für den Weg eines Bodhisattvas sind. Diese beiden Eigenschaften sind die Weisheit, die im Idealfall die Leerheit direkt zu erkennen vermag, und das große Mitgefühl, das den Pfad zu einem Befreiungsweg für alle fühlenden Lebewesen macht.

Nachdem man eine Zeit lang diese Meditationen durchgeführt hat, kommen immer deutlicher die sieben Erleuchtungsglieder zum Vorschein, die aus der Achtsamkeit, der Wirklichkeitsergründung, der Willenskraft, der Freude, der Ruhe, der Sammlung und dem Gleichmut bestehen. Es ist klar, dass bei einer regelmäßig ausgeübten Meditation gar nichts anderes als Achtsamkeit herauskommen kann, denn wenn die Meditation nicht gerade aus einer Art Trance besteht -was bei Anfängern, die keine vernünftige Einweisung in das Zazen bekommen, der Fall sein kann-, dann nimmt die Achtsamkeit mit jeder Meditationsrunde weiter zu. Achtsamkeit ist also das erste Erleuchtungsglied, das ständig zunimmt und bei nicht nachlassender Anstrengung vollkommen wird. Als nächstes nimmt die Fähigkeit, das Gesetz von Ursache und Wirkung in der Realität zu beobachten, im enormen Maß zu und man kann gar nicht anders als dieses grundlegende Naturgesetz immer besser zu verstehen. Wirklichkeitsergründung ist also das nächste Erleuchtungsglied, das auf diesem Pfad der Meditation verwirklicht wird.

Aus dieser Wirklichkeitsergründung folgt direkt die Willenskraft oder Energie, denn die Anstrengung in der Meditation wird im Laufe der Zeit zu einer gewohnten Eigenschaft, die sich zu einer automatischen Qualität der Person verwandelt. Die Freude ist das logische Resultat dieser Anstrengung, die über Jahre in die Meditation gesteckt worden ist und sich nun in reine Freude verwandelt.

Im Laufe der Zeit hat sich ebenfalls eine weitere Eigenschaft des erleuchteten Geistes herauskristallisiert, nämlich die Ruhe oder auch Gestilltheit genannt, und diese Ruhe führt dazu, dass der menschliche Geist nach nichts anderem mehr giert und mit dem momentan Vorhandenem völlig zufrieden ist. Er ist im wahrsten Sinn des Wortes gestillt und seine Aktivitäten sind nicht mehr auf die Außenwelt ausgerichtet. Das heißt, dass er frei von allen überflüssigen Leidenschaften geworden ist. Stattdessen hat er oder sie nun das Erleuchtungsglied der Sammlung beziehungsweise des Samādhi erreicht, dass vollkommen zu einem Teil der Persönlichkeit geworden ist und die Wahrnehmung der Welt grundlegend verändert hat.

Das letzte Erleuchtungsglied, das noch fehlt, ist wieder der Gleichmut, der die vollkommene geistige Unerschütterlichkeit mit sich bringt und die Krönung der geistigen Eigenschaften darstellt.

Diese sieben Erleuchtungsglieder sind zum unveräußerlichen Besitz des Praktizierenden geworden und er kann sich immer und überall auf sie verlassen, ohne sie erst durch Mediation hervorrufen zu müssen.

Durch die Entwicklung der Erleuchtungsglieder haben sich fünf weitere Fähigkeiten herausgebildet, die man als die fünf Kräfte bezeichnet und die die Erhabenheit eines derartigen geistigen Zustandes widerspiegeln. Diese fünf Kräfte, auch Balas genannt, sind das Vertrauen, die Energie, die Achtsamkeit, die Konzentration und die Weisheit. Sie gehören zusammen mit den Erleuchtungsgliedern zur Gruppe der zur Erleuchtung gehörenden Dinge.

Die erste und wichtigste Eigenschaft ist das Vertrauen in die buddhistische Lehre und die eigenen Fähigkeiten, aber auch in den Lehrer und in die Gemeinschaft derjenigen, die dieser Lehre und dem Lehrer folgen. Die zweite Fähigkeit ist die Energie beziehungsweise die freudige Energie, die ein Kraftpotential ohne vergleichbares Gegenstück bildet und zu vorher nicht geahnten Aufgaben befähigt, die weit über das normale menschliche Maß hinausreichen. Die dritte Eigenschaft ist wieder die Achtsamkeit, die aus der Übung der vier Grundlagen der Achtsamkeit hervorgegangen ist und die vierte Eigenschaft ist die Sammlung oder Konzentration auf die acht Versenkungsstufen. Die fünfte Eigenschaft oder Fähigkeit ist schließlich die Weisheit, die die Leerheit der Person und aller Erscheinungen erkennt und letztlich von der Unwissenheit als letzte der zehn niederen Fesseln befreit.

Die zehn niederen Fesseln sind die Bindungen an das niedere Dasein im Kreislauf der Wiedergeburten und letztlich für alles verantwortlich, was wir als Leiden und Unzufriedenheit in unserem weltlichen Dasein erleben. Die stufenweise Befreiung von diesen Fesseln befreit uns gleichzeitig von allem Leiden, das wir bis hierhin in Samsāra, der Welt der Leidenschaften und Begierden, erfahren haben. Diese zehn Fesseln tragen den Namen Saṃyojana und bezeichnen den Pfad über die vier Stufen der Heiligkeit, die nacheinander zur vollkommenen Freiheit führen.

Die erste Fessel ist der Glaube an eine feste Persönlichkeit oder einen unverbrüchlichen Wesenskern in der Seele, der von Wiedergeburt zu Wiedergeburt immer gleich bleibt. Die zweite Fessel ist die Zweifelsucht, die nicht zu verwechseln ist mit dem Zweifel, der eine positive und eine zerstörerische Ausformung hat. Die Zweifelsucht ist die zerstörerische Gestalt des Zweifels und kommt niemals zur Ruhe solange diese Fessel besteht, sie muss alles und jeden anzweifeln und kann bildlich gesprochen an nichts ein gutes Haar lassen. Die dritte niedere Fessel ist das Hängen an Riten und Regeln, das uns weismachen will, wir müssten auf viele Rituale und Vorschriften achten, wenn wir die Erleuchtung erreichen wollen. In Wirklichkeit brauchen wir keine Regeln, denn die Erleuchtung ist schon in uns anwesend und das einzige, was wirklich nottut, ist, dass wir auf unsere alten Konzepte und Denkmuster verzichten. Sind diese drei niederen Fesseln einmal überwunden, dann haben wir die Stufe eines Siebenmal-Wiederkehrers oder In-den-Strom-Eingetretenen, eines Sotāpanna erreicht und wir sind sicher, dass wir nur noch siebenmal in einem der höheren Daseinsbereiche wiedergeboren werden, bevor wir die endgültige Befreiung erlangen.

Die nächsten beiden Fesseln vier und fünf sind die Begierde und der Hass in ihren gröberen Formen, die, wenn sie einmal weitgehend überwunden sind, zur Stufe des Einmalwiederkehrers führen, der wie der Name sagt nur noch einmal in dieser Welt erscheinen wird. Sind die ersten fünf Fesseln ganz überwunden, führt das automatisch zur Stufe des Nichtwiederkehrers, der nicht mehr in dieser Welt wiedergeboren wird.

Die letzten fünf Fesseln sind feinerer Natur und ihre Überwindung befreit den Praktizierenden von aller Unzufriedenheit in dieser Existenz. Sie sind der Reihe nach das Hängen und die Begierde nach Feinkörperlichkeit, dann das Hängen und die Begierde nach Unkörperlichkeit, das Eingebildetsein auf die Stufe der Verwirklichung, die körperliche und geistige Unruhe und schließlich als letzte der zehn Fesseln die Unwissenheit. Wenn diese Fesseln alle überwunden sind gibt es nichts mehr, was den oder die Praktizierende noch an den Kreislauf der Wiedergeburten bindet und er oder sie ist jetzt vollkommen frei.

Der Weg ist nun auch frei für die sechs Eigenschaften eines Bodhisattvas, eines Erleuchtungswesens, denn der Praktizierende hat jetzt nicht mehr die Vorstellung von sich als ganz normales menschliches Durchschnittswesen, sondern er hat den großen Pfad des Mahāyāna Buddhismus betreten, des großen Fahrzeuges, das alle fühlenden Wesen mit zur Erleuchtung nimmt. Er ist nicht mehr allein auf dem Weg in die Freiheit, sondern bietet allen Wesen einen gangbaren Pfad ins Nirvāna an.

Die Eigenschaften, die er dafür benötigt, sind Vollkommenheit des Gebens, denn das Geben ist das direkte Gegenmittel gegen den Egoismus, der das grundsätzliche Übel unserer Zeit darstellt; dieses Geben bezieht sich sowohl auf materielle Dinge wie Geld oder Lebensmittel, aber auch auf geistige Dinge wie Wissen und Erkenntnisse. Die zweite Vollkommenheit ist das ethische Verhalten. Diese Eigenschaft macht ihn zu einem Anziehungspunkt für andere fühlende Wesen, die in seiner Gegenwart keinerlei Angst mehr zu haben brauchen. Die nächste Eigenschaft, die nicht mehr so einfach zu entwickeln ist, ist die Geduld; vor allem die Geduld angesichts ungerechter Behandlung oder verletzender Worte. Die vierte Vollkommenheit ist die Energie oder Lebenskraft, die ansteckend auf interessierte Mitmenschen wirkt. Diese Energie ist nicht mehr abhängig von der Meditation oder irgendeiner Übung und steht jederzeit dem Praktizierenden zur Verfügung. Die fünfte Eigenschaft eines Bodhisattvas ist die Meditation oder das Samādhi, das jetzt nicht mehr zu erschüttern ist und dem Zen-Praktizierenden eine ständig verfügbare Quelle der Kraft und Inspiration ist. Die sechste und wichtigste Eigenschaft des Bodhisattva ist die Weisheit, die die Leerheit aller Erscheinungen und Personen zweifelsfrei erkannt hat. Ohne diese Weisheit kann er wieder auf niedrigere Grade der Erscheinungswelt zurückfallen, aber mit dieser Weisheit ist ihm ein dauerhafter Verbleib im Hier und Jetzt sicher!

Jetzt kommen vier Eigenschaften, die auch zu den Eigenschaften eines Bodhisattva gezählt werden, aber erst in einem späteren Stadium dazukommen. Diese vier Eigenschaften sind die Vollkommenheit der Methode, die Vollkommenheit des Gelöbnisses, die Vollkommenheit der Kraft und die Vollkommenheit des Wissens.

Die Vollkommenheit der Methode folgt direkt auf die Weisheit, das heißt, sie baut auf den anderen sechs Vollkommenheiten auf und beinhaltet die Fähigkeit, jedem Lebewesen die passende Methode zur Erleuchtung zuzuordnen und ihm die ihm gemäße Aufgabe zu geben, die genau zu seinen Fähigkeiten passt, ihn weder überfordert noch unterfordert und ihm so auf dem Weg zur Erleuchtung in adäquater Weise hilft. Die Vollkommenheit des Gelöbnisses besagt, dass er sich einer besonderen Meditationsgottheit verschrieben hat und gelobt, diesen Weg bis zu seinem körperlichen Ende weiterzugehen. Es ist sozusagen ein Bund fürs Leben, den er eingeht und auf dem er die weiteren Fortschritte bis zur Befreiung aller Lebewesen praktiziert. Auf dieser Vollkommenheit des Gelöbnisses basiert auch seine Vollkommenheit der Kraft, die ihm aus der Verbindung mit der Gottheit erwächst und die das menschliche Maß um ein vielfaches übersteigt. Die Arbeit mit einer Meditationsgottheit ist nicht zu vergleichen mit einem gewöhnlichen Gottesdienst, denn das Wesen, dem man sich verpflichtet hat, ist vollkommen aus der Leerheit entstanden und kehrt auch wieder dahin zurück, wenn seine Aufgabe erfüllt ist. Ihm kommt keinerlei Existenz in der Außenwelt zu und es ist die Vereinigung von Leerheit und Glückseligkeit.

Die vierte Vollkommenheit ist schließlich das Wissen um die Definitionen, die mit dem Buddhismus im Zusammenhang stehen und es ist nicht umsonst die letzte der insgesamt zehn Vollkommenheiten, denn mit ihr ist die Unwissenheit völlig beseitigt. Der Buddhismus hat seine Aufgabe erfüllt, wenn dieses letzte und hartnäckigste Geistesgift entwurzelt ist und dann kann man ihn getrost wieder zurück in die Werkzeugkiste der Methoden legen, aus der er gekommen ist. Dann braucht man ihn nicht mehr und es wäre töricht, ihn weiter mit sich herumzuschleppen und sein freies Leben mit irgendeinem „ismus“ zu beschweren, denn dann gibt es nichts mehr außer dem Weg, er ist so weit und grenzenlos geworden wie der Weltraum.

Man hat jetzt die Stufe eines vollkommen Erleuchteten erreicht und könnte an dieser Stelle aus dem Existenzkreislauf aussteigen, allerdings hält einen die Vollkommenheit des Gelöbnisses davon zurück und man arbeitet weiter an der Befreiung aller fühlenden Wesen, bis auch der letzte die vier edlen Wahrheiten verstanden hat und alle auf der gleichen Stufe der Wirklichkeit angekommen sind. Es gibt auf dieser Ebene keinen Unterschied mehr zwischen Absoluter Wirklichkeit und Relativer Wirklichkeit und doch sind sie nicht dasselbe. Die Relative Wirklichkeit ist die Ebene der Worte und Begriffe, des Denkens und der Konzepte und diese Ebene ist eine ganz andere als die Absolute Wirklichkeit, in der es keinerlei Konzepte, keine Worte und Begriffe mehr gibt. Wir lernen auf dem spirituellen Weg zuerst diese Ebene der Wirklichkeit kennen und haften dann für gewöhnlich eine ganze Zeit an ihr fest, bis wir wieder zur Relativen Ebene der Wirklichkeit zurückkehren und dann die Verschiedenheit in der Einheit wahrnehmen. Dies ist noch nicht das Ende des spirituellen Weges, aber an dieser Stelle kann ich nicht weiter darauf eingehen, um den Rahmen des Vorwortes nicht zu sprengen.

Das, was wir normalerweise als Person wahrnehmen, ist nichts weiter als eine Ansammlung von körperlichen Faktoren, von Gefühlen und Emotionen, von Wahrnehmungen und gedanklichen Konzepten, von psychischen Willenskräften und geistigen Gestaltungen und schließlich vom Bewusstsein allgemein. Dieser Ansammlung zusammen wie auch jedem einzelnen der körperlichen und geistigen Faktoren, die auch als Gruppe der Anhaftungen, Skandhas, bezeichnet werden, kommt keinerlei Wesenhaftigkeit zu. Sie sind in sich vollkommen unbeständig, sie sind leer von inhärenter Existenz und sie sind letztendlich leidvoll. Wenn wir unser Heil in ihnen suchen, dann sind wir dazu verurteilt, Runde um Runde im Existenzkreislauf zu erleben, ohne dass jemals ein Ausweg aus dieser Situation zu erwarten wäre. Wenn wir jedoch die Leerheit der fünf Skandhas zweifelsfrei erkennen, dann sind wir befreit und unser Dasein ist nicht mehr an Existenz und Nicht-Existenz gebunden, wir sind frei von Leben und Tod und nicht mal mehr an die menschliche Existenz gebunden, auch nicht an die göttliche! Wir können in jedem Bereich vollkommen frei entstehen und wieder verschwinden, ohne ein Spur darin zu hinterlassen. Meister Rinzai hat es einmal als „wahrer Mensch“ bezeichnet, der jederzeit durch unser Gesicht ein- und ausgeht.

Zum Schluss möchte ich Ihnen die zwölffache Kette des bedingten Entstehens vorstellen, die verantwortlich ist für unser ständiges Wiedererscheinen in dieser Welt und die gleichzeitig den Schlüssel bietet, wie wir aus dieser ausweglos erscheinenden Lage ausbrechen können.

An erster Stelle steht wie immer die Unwissenheit um die vier edlen Wahrheiten und die Leerheit der gesamten Erscheinungen, die den Anfang der Kette bildet. Aus dieser Unwissenheit entstehen die Willensregungen mit ihren heilsamen, schädlichen oder neutralen Auswirkungen und dem nächsten Glied der Kette, dem Bewusstsein, das die Grundlage für alle weiteren Entwicklungen schafft. Dieses Bewusstsein bringt das hervor, was wir als Name und Gestalt bezeichnen und das alle geistigen und körperlichen Komponenten eines neuen Menschen beinhaltet, insbesondere die sechs Sinne Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und das Denken. Durch diese Sinnestore nehmen wir Kontakt mit der Außenwelt auf und erleben eine scheinbar von uns getrennte Welt, die bestimmte Empfindungen wie angenehm, unangenehm oder neutral hervorrufen. Aus dieser Empfindung entsteht das Begehren nach den angenehmen Dingen des Lebens und durch das wiederholte Begehren schließlich die Anhaftung an diese angenehmen Dinge. Die Anhaftung unter anderem an die Konzepte und Vorstellungen setzt einen neuen Werdeprozess in Gang, der letztlich in einer Geburt mündet und mit Alter, Krankheit und Tod seinen Abschluss findet.

So dreht sich dieses Rad von Unwissenheit, Willenskräften, Bewusstsein, Name und Form, sechs Sinnestoren, Kontakt, Empfindungen, Begehren, Anhaftung, Werden, Geburt und schließlich Alter und Tod unaufhörlich bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir die Erleuchtung erreichen und uns klar wird, dass wir nur an einer Stelle Einfluss auf dieses Rad haben, nämlich an der Stelle zischen dem siebten und achten Glied, der Empfindung und dem Begehren. Wenn auf eine Empfindung kein Begehren mehr erfolgt, sind wir frei von den weiteren Folgen dieses Kreislaufs und der ganze Spuk hat ein Ende.

Damit sind wir am Ende dieser Einführung und sehen, dass durch eine relativ kurze Zeit der Schulung in den drei Bereichen von Meditation, bewusster Lebensführung und Weisheit ein Prozess zum Stillstand gebracht werden kann, der sonst ewig weiterläuft.

Wir beginnen jetzt mit dem praktischen Teil der Ausbildung, den Kōan, wobei ich Ihnen gleich sage, dass Sie keine Antworten auf diese Probleme erhalten, sondern zu Anfang mit noch mehr Fragen dastehen werden als jetzt, aber seien Sie hoffnungsvoll! Wenn Sie das Glück haben, diese Kōan mit einem Meister des Zen durchzuarbeiten, dann steht am Ende die größte Erfahrung eines menschlichen Lebens vor Ihnen: Die Freiheit von Leben und Tod.

Die zehn vorbereitenden Kōan

Nachdem der Schüler erste Meditationserfahrungen mit dem Sitzen in Stille gemacht und gelernt hat, mithilfe des Zählens der Atemzüge von eins bis zehn allmählich zur Ruhe zu kommen, kann mit der Übung der Kōan begonnen werden. Dazu wird eine Auswahl an vorbereitenden Kōan benutzt, die frei kombiniert werden können und je nach den Vorerfahrungen des Praktizierenden eingesetzt werden.

Beginnen wir mit dem ersten Fall, in dem der Schüler sich an den Sprachgebrauch in der Kōan-Schulung gewöhnt und merkt, dass ihm nichts geschehen kann. Trotz der vordergründig aggressiven Ausdrucksweise herrscht im Raum der Begegnung zwischen Lehrer und Schüler, im Dokusan-Raum, eine Atmosphäre des gegenseitigen Respekts und der Hochachtung vor den Bemühungen des jeweiligen Gegenübers und niemals wird die geistige und körperliche Grenze des anderen verletzt. Obwohl im Zen-Buddhismus ein durchaus bestimmter Ton die gegenseitige Kommunikation bestimmt, ist doch das Verhältnis unter den Praktizierenden und mit dem Zen-Meister von einer Harmonie geprägt, die im gewöhnlichen Alltagsleben Ihresgleichen sucht. Dazu müssen aber alle Ängste verschwinden, die sonst den normalen Umgang unter den Menschen bestimmen und genau dazu dient dieses Kōan:

Auf dem Boden liegt ein Fächer. Wenn du ihn einen Fächer nennst, bekommst du dreißig Schläge. Wenn du ihn nicht einen Fächer nennst, bekommst du auch dreißig Schläge. Was ist das?

Hat der Zen-Übende diese erste Hürde gemeistert wird ihm oder ihr klar, dass überhaupt nichts Schlimmes in der Kōan-Ausbildung passiert und es lediglich unsere Vorstellungen und Konzepte sind, die uns den Spaß am alltäglichen Leben immer wieder verderben. Wir müssen mit diesen Phobien ein für alle mal Schluss machen, wenn wir ein Leben führen wollen, das nicht mehr bestimmt wird durch die täglichen Hindernisse wie Antriebslosigkeit und dem Fehlen an Lebensenergie, die so lange unseren Alltag dominiert haben.

Als nächstes kommt ein Kōan dessen Betonung darauf liegt, dass es nichts gibt, was nicht aufs Engste mit uns verbunden wäre. Es gibt im Zen-Buddhismus keine Kleinigkeiten, wie es auch nichts Großartiges gibt, das unseren Geist beeinflussen könnte, außer den Dingen, denen wir diese Macht einräumen. Wir sind vollkommen frei zu entscheiden, ob irgendein Ding oder Sachverhalt in der Außenwelt Einfluss auf uns und unser tägliches Leben hat oder auch nicht. Das Kōan dazu lautet:

Eine Glocke steht vor dir, ist sie innerhalb oder außerhalb deines Geistes?

In diesem Kōan geht es darum, nicht mehr auf die äußeren Maßstäbe von innerhalb oder außerhalb zu reagieren, sondern direkt zur Wirklichkeit der Glocke vorzudringen. Was ist die Wirklichkeit einer Glocke? Ist es eine Eigenschaft unseres Geistes oder existiert die Glocke vollkommen unabhängig davon? Es geht gar nicht mal um die Eigenschaft der Glocke, sondern viel mehr um die Eigenschaft unseres Geistes, den wir erst einmal bis in alle Einzelheiten ergründen müssen. Genau genommen hat dieser Geist gar keine Eigenschaften und er ist immer so groß oder so klein wie die Objekte, mit denen er sich gerade beschäftigt. Er hat keine Farbe und kann doch jede Farbe der Welt annehmen, er hat keine Gestalt und kann doch jede Gestalt annehmen, die wir ihm geben. Er ist die Grundlage dafür, dass wir in einem fortgeschrittenen Stadium der Meditation unseren Körper unendlich vervielfältigen und ihn sofort wieder vereinfachen können.

Das dritte Kōan, dass zum Einüben der grundlegenden Arbeitsweise mit diesen scheinbar so komplizierten Fällen gedacht ist, die jedoch in Wahrheit die einfachste Sache der Welt darstellen, ist ein Fall, der mit dem Ritual in der Zendo, der Meditationshalle, zusammenhängt. Er behandelt die Tatsache, dass, bevor die Meditierenden in der Zendo Tee eingeschenkt bekommen, zuerst der Buddha auf dem Altar bedient wird. Obwohl diese scheinbar aus Metall bestehende Figur den Tee gar nicht anrührt, ist er doch der erste, der dieses köstliche Getränk erhält, und die Frage taucht auf, ob das nicht pure Verschwendung ist. Mit dieser Frage soll sich auch der Schüler des Zen-Buddhismus beschäftigen und so lautet das nächste Kōan:

Warum bekommt der Buddha auf dem Altar Tee?

Es ist eine oberflächlich betrachtet belanglose Frage, aber auf einer tieferen Ebene bekommt diese Frage dadurch Gewicht, das es ohne den Buddha auf dem Altar in der Zendo gar keinen Tee geben würde. Ohne den Buddha auf dem Altar oder besser gesagt ohne Mañjushrī, den Bodhisattva der Weisheit, würde es nicht einmal die Zendo geben, in der die Meditierenden des Zen-Buddhismus gemeinsam üben.

Den nächsten Fall bildet ein Kōan, der das Problem von Leben und Tod behandelt und dieses Problem ist eines der wichtigsten im ganzen Zen-Buddhismus. Woher kommen wir, wohin gehen wir und was ist unsere letztendliche Bestimmung? Wenn wir dieses Kōan wirklich gemeistert haben, dann kann uns kein Tod mehr schrecken und kein Leben kann uns über Gebühr in seinen Bann ziehen, dann sind wir wirklich frei, jederzeit zu kommen und zu gehen ohne eine Spur hinter uns zu lassen. Das Kōan, das zu dieser Art von Erfahrung führt und von der Angst vor dem Tod befreit, lautet folgendermaßen:

Wenn du und ich gestorben sind, wo werden wir uns wiedertreffen?

So ein Kōan ergibt erst dann Sinn, wenn wir aufgehört haben über ein Jenseits zu spekulieren, das ausschließlich in unserer Fantasie existiert und eine Ausgeburt der überschäumenden Hoffnungen oder Befürchtungen tief in unserem Inneren ist. Nichts ist gegen diese Vorstellung einer jenseitigen Welt einzuwenden, außer der Tatsache, dass sie uns völlig vom Geschehen im Hier und Jetzt ablenken und dazu noch in einen Bereich entführen, der niemals Wirklichkeit wird. Eine Wiedergeburt im Himmel oder der Hölle ist genauso reine Spekulation wie die Erwartung eines endgültigen Todes mit dem dazugehörigen vollkommenen Verschwinden unserer geistigen und körperlichen Komponenten.

In dieselbe Kerbe schlägt der folgende Fall, in dem es unter anderem um die Frage nach der Determination, der Vorbestimmung des Menschen geht. Aber anders als im vorherigen Kōan geht es hier nicht oder nur ansatzweise um unser Schicksal nach dem Tod, sondern genau umgekehrt um unsere Vergangenheit. Im Buddhismus herrscht die Vorstellung einer unendlichen Kette von Wiedergeburten, nach der wir schon endlose Weltzeitalter im Rad der Zeit unterwegs sind und unser jetziges Leben nur eine Vorbereitung auf das ist, was uns nach dieser unendlich kurzen Episode erwartet. Das Kōan, das diesen Aspekt unserer menschlichen Existenz behandelt, lautet wie folgt:

Wer warst du vor der Geburt deiner Eltern?

Diese 5. Kōan behandelt die Frage, wer wir gewesen sind, noch bevor unsere Eltern die Gestalt angenommen haben, in der wir sie kennen. Sie ist auf der logischen Ebene vollkommen unsinnig, aber führt uns ebenfalls in den Bereich der Spekulation, in dem wir uns immer wieder herumtreiben, ohne dass uns die Tatsache so recht bewusst ist. Wir beschäftigen uns häufiger mit diesem inneren Selbstbildnis, als es den meisten von uns gegenwärtig ist und das führt zu den wildesten Annahmen, die keiner genauen Untersuchung standhalten.

Der nächste Fall in dieser Reihe von vorbereitenden Kōan ist die Frage nach dem konkreten Alter des Bodhisattva Avalokiteshvara. Ein Bodhisattva ist ein Wesen, das aus lauter Mitgefühl mit allen leidenden Mitwesen auf die Erleuchtung verzichtet, bis alle auf diesem Stand sind und befreit vom Leiden und der Unzufriedenheit in der Welt. Avalokiteshvara bedeutet „der auf die Schreie der Welt hört“ und wirklich ist er derjenige, der allen Wesen mit liebender Güte beisteht. Er verkörpert eine der beiden Eigenschaften der Buddhaschaft, das Erbarmen „Karunā“, und deswegen wird er häufig als Mahākarunā, das große Erbarmen, bezeichnet, während die andere Eigenschaft die Weisheit ist, die vom Bodhisattva Mañjushrī verkörpert wird. Avalokiteshvaras grenzenloses Erbarmen drückt sich in seiner wunderbaren Macht aus, allen Wesen zu helfen, die sich in akuter Gefahr an ihn wenden. Im Volksglauben der Asiaten schützt er zudem vor Naturkatastrophen und gewährt reichen Kindersegen. Ikonographisch sind dreiunddreißig verschieden Darstellungsformen des Avalokiteshvara bekannt, die sich durch die Anzahl der Köpfe und Arme sowie die Attribute unterscheiden. Häufig wird er zum Beispiel mit tausend Armen und Augen und elf Gesichtern abgebildet.

In China wird Avalokiteshvara unter dem Namen Kuan-Yin verehrt, in Japan unter den Namen Kannon oder Kanzeon und in beiden Ländern wird sie vorwiegend als ein weibliches Wesen betrachtet. Die Kōanfrage lautet:

Wie alt ist der Bodhisattva Avalokiteshvara?

Mit dieser Frage nach dem Lebensalter eines transzendenten Wesens betritt der Zen-Übende Neuland und zu Beginn versucht er oder sie die Frage von sich zu weisen oder auf eine Ebene zu verlagern, die jenseits der Vorstellungskraft ist. Wenn er dann sein ganzes Pulver verschossen hat, kommt er langsam zu der Erkenntnis, dass die ganze Welt ja das ganze Universum in seinem Geist existiert und natürlich auch alle transzendenten Wesen wie der wunderbare Bodhisattva Avalokiteshvara. Kommen wir zu einem weiteren Fall, der sich mit den Eigenschaften von zwei anderen Bodhisattvas befasst, nämlich dem Bodhisattva Mañjushrī und dem Bodhisattva Samantabadhra. Sie stellen zusammen mit dem historischen Buddha Shakyamuni eine Dreiheit dar, die in japanischen Zen-Tempeln überall anzutreffen ist. Der Bodhisattva Mañjushrī verkörpert, wie schon gesagt, die Weisheit, die die Leerheit der eigenen Person und aller Erscheinungen erkennt, und sein Name bedeutet wörtlich „Der edel und sanft ist“. Er ist am besten an seinem Reittier, einem Löwen, zu erkennen und in der Regel wird er in japanischen Tempeln und Klöstern mit ihm zusammen dargestellt. Der Bodhisattva Samantabhadra wird mit seinem Reittier, einem weißen Elefanten, abgebildet und als Schützer all jener verehrt, die die Lehre darlegen. Sein Name bedeutet „Der Ringsum Segensreiche“ und er verkörpert die Weisheit der Wesensgleichheit, die die Einheit von Gleichheit und Verschiedenheit begreift. Sein Symbol ist das alle Wünsche erfüllende Juwel und häufig wird er mit tiefblauer Körperfarbe dargestellt. Die zu diesen beiden Bodhisattvas gehörende Kōanfrage lautet:

Mañjushrī reitet auf einem Löwen. Samantabadhra reitet auf einem weißen Elefanten. Was ist dein Reittier?

Hinter dieser Frage steht die Aufforderung, den Wirkungsbereich von transzendenten Wesen in der eigenen Erlebnissphäre zu erkennen und aktiv an ihr teilzunehmen. Die Gefahr ist groß, dass wir die Wirkungsweise der beiden Vertreter des buddhistischen Pantheons nach außen verlagern und so den Kontakt zu ihnen verlieren. Derjenige, der die Leerheit der Person und aller Erscheinungen erkennt, und derjenige, der alle Wünsche erfüllt und die Lehrenden des Buddhismus beschützt, ist nicht irgendwo da draußen zu finden sondern sie sind Anteile deiner eigenen Person, die du selber in dir entdecken kannst. Jetzt kommen zwei Kōan, die die Distanz des Schülers zu diesen schwierigen Problemen verringern sollen und sie kommen aus dem ganz gewöhnlichen Alltag der Zen-Praktizierenden, um ihnen den Zugang zu erleichtern. Die erste Frage betrifft die Definition der Dinge, die unseren Tagesablauf bestimmen, und es ist eine einfache Frage nach dem Zustand der Blumen in einer imaginären Vase. Verstricken wir uns in eine Aussage über die Lebenskraft dieser Pflanze beziehungsweise den Zustand ihres Verblühens, sind wir auch schon in einer Falle, aus der es kein Entkommen mehr gibt. Ziehen wir uns von dieser Frage zurück und reagieren mit totaler Verweigerung, ist das nur ein Zeichen für die Vermeidung von Konflikten und führt ebenfalls nicht zu einer befriedigenden Lösung. Die für diesen Fall wie geschaffene Frage bezüglich der Blumen in der Vase lautet:

Sind die Blumen in der Vase tot oder lebendig?

Eine zufriedenstellende Antwort auf diese Kōanfrage ist schlicht und einfach nicht möglich. Wir müssen unbedingt zur Wirklichkeit dieser Blumen vordringen, um dieses Problem einfach hinter uns zu lassen. Es ist das Verstricktsein in das dualistische Denken, dass diese Frage so überaus schwierig erscheinen lässt, aber wie bei allen Kōan ist die Lösung der Aufgabe von einer entwaffnenden Einfachheit.

Der zweite Fall betrifft unsere Identifikation als Mann oder als Frau, an die wir uns so intensiv gewöhnt haben, dass uns gar nicht mehr auffällt, wie unsere wahre Natur die dualistische Trennung von Mann und Frau einfach übersteigt. Wir sind zwar als Mann sozialisiert oder auch als Frau aber auf einer tieferen Ebene unseres Dasein sind wir weder Mann noch Frau und doch beides zugleich. Die Rolle, an die wir uns gewöhnt haben und die seit unserer Empfängnis mehr oder weniger festgelegt ist, wird durch ein Übungskōan aufgedeckt, das in seiner Form recht einfach aussieht aber mehr beinhaltet, als auf den ersten Blick erscheint. Das Kōan lautet:

Ein Mann geht über die Straße, ist es der jüngere oder ältere Bruder?

Im Fall, dass der Praktizierende ein Mann ist, wird eine alternative Form des Kōan benutzt, die lautet:

Eine Frau geht über die Straße, ist sie die jüngere oder ältere Schwester? Je nach dem Grad der Rollenidentifikation reagiert der Schüler oder die Schülerin erst einmal mit Ablehnung auf dieses Kōan und es gibt kaum jemanden, der es auf Anhieb und ohne weitere Hilfe sofort meistert. Damit sind wir schon fast am Ende unserer zehn vorbereitenden Kōan angekommen und es bleibt noch ein einziges übrig, bis wir soweit sind, dass wir uns den Aufgaben aus dem Mumonkan und dem Hekigan Roku widmen können.

Das letzte Problem, das wir zu bewältigen haben und das für viele eine nicht zu unterschätzende Aufgabe darstellt , betrifft eines der Zufluchtsobjekte des Buddhismus, zu denen der Schüler in der Regel jetzt oder im Laufe der kommenden zehn Kōan seine Zuflucht nimmt und das ihm hilft, die weiteren Fälle immer müheloser und mit weniger Anstrengung zu durchlaufen. Das letzte der vorbereitenden Kōan lautet:

Warum scheißen die Vögel auf Buddhas Kopf?

Diese Kōan stammt vom Zen-Meister Hakuin Ekaku und wurde im 17.Jahrhundert in Japan in die Kōan- Schulung eingebracht. Meister Hakuin, von dem ein sehr bekannter Lobgesang auf die Praxismethode des Zazen stammt, wollte mit diesem Fall seine Schüler testen, ob sie schon in Lage sind, das Objekt ihrer Ehrfurcht zu transzendieren. Damit sind die zehn Übungskōan vollständig, können den Zen-Schülern vorgelegt werden und wir widmen uns jetzt den achtundvierzig Kōans aus der Sammlung Mumonkan.

Die 48 Kōan des Mumonkan

Mumons Vorwort

Buddhismus macht Geist zu seiner Grundlage und das Torlose zu seinem Tor. Nun, wie kommst du durch dieses torlose Tor? Es wird gesagt, dass Dinge, die durch das Tor kommen, niemals dein eigener Schatz sein können. Was durch äußere Umstände gewonnen wird, verschwindet am Ende wieder. Jedoch erzeugt solche Rede Wellen, wenn gar kein Wind da ist. Es ist ein Schnitt in makellose Haut. Was die angeht, die versuchen durch anderer Leute Worte zu verstehen, so schlagen sie den Mond mit einem Stock; kratzen den Schuh, wo es der Fuß ist, der juckt. Welches Anliegen haben sie an die Wahrheit?

Im Sommer des ersten Jahres von Jōtei war Ekai im Ryūshō Tempel als Obermönch und arbeitete mit den Mönchen, indem er die Fälle der alten Meister als Ziegelbrocken benutzte, um das Tor einzuschlagen, und leitete sie gemäß ihrem jeweiligen Vermögen an. Der Text wurde nicht nach irgendeinem Schema niedergeschrieben, sondern lediglich, um eine Sammlung von Achtundvierzig Fällen zu erstellen. Sie wird Mumonkan genannt, das „Torlose Tor“.

Ein entschlossener Mensch wird unerschrocken seinen Weg vorwärts gehen, ohne Rücksicht auf alle Gefahren. Dann kann nicht einmal der achtarmige Nata ihn noch hindern. Sogar die viermal sieben aus dem Westen und die zweimal drei aus dem Osten werden um ihr Leben betteln.

Wenn jemand keine Entschlossenheit hat, dann wird er wie einer sein, der einen flüchtigen Blick auf ein Pferd zu erhaschen hofft, das am Fenster vorbei galoppiert: Im Handumdrehen ist es schon wieder weg.

Der große Weg ist torlos.

Tausend Wege führen zu ihm hin.

Bist du einmal durch diese Barriere hindurch,

durchschreitest du frei das ganze Universum.

Erklärung:

Mumon Ekai (Wu-men Hui-k’ai) 1183–1260, war ein Schüler und Dharmanachfolger von Gatsurin Shikan (Yüeh-lin Shih-kuan). Er hat diese achtundvierzig Kōan zusammen gesammelt und verfasst einen kurzen Kommentar dazu, den er noch durch ein Gedicht am Schluss des Kōan ergänzt und diesen Fall damit zusammenfasst.

das Torlose Es ist eines der faszinierendsten Phänomene, dass die Lehre des Buddhismus keinen Eingang hat und kein Tor, durch das man sich ihm nähern könnte. Du bist praktisch aufgefordert, diesen torlosen Eingang zu finden, wenn du die Lehre des Buddhismus verstehen willst und er mehr sein soll als lediglich eine neue und exotische Sicht der Welt. Wenn du direkten Einblick in das Wesen der Dinge haben willst, dann musst du durch das torlose Tor des Zen-Buddhismus hindurch.

das Tor Dieses Tor ist der Einstieg in eine völlig neue Sicht der Wirklichkeit, die dir bis zum Augenblick deiner Erleuchtung völlig unbekannt ist und deinen persönlichen Blick auf die Dinge dieser Welt umdreht. Es ist nicht so, dass die Welt sich verändert, sie bleibt immer so wie sie ist. Nur unser Blick auf die Welt wird durch das Sitzen in Stille vollkommen anders.

dein Schatz Es ist der Schatz in dir, den du entdecken musst, wenn du mit dem Leiden und der Unzufriedenheit ein für alle mal fertig werden willst. Dieser Schatz liegt in jedem von uns verborgen und die ihn entdecken sind für immer vom Leiden dieser Welt befreit. Zu Anfang geraten wir noch in den verschieden Situationen des Lebens ins Straucheln, wissen aber schon um den Weg und wie wir uns aus den Schwierigkeiten lösen können. Mit der Zeit werden wir immer geschickter und erkennen zweifelsfrei den Zusammenhang von Ursache und Wirkung, der uns immer wieder in dieselben Schwierigkeiten hineingetrieben hat.

anderer Leute Worte Durch die Worte anderer Leute werden wir verleitet, nicht mehr den Dingen selber auf den Grund zu gehen, sondern uns auf das zu verlassen, was sie uns zu sagen haben. Das wird besonders schwierig, wenn es sich um anerkannte große Meister aus der Vergangenheit handelt, die uns natürlich etwas zu sagen haben. Aber im Fall der Erkenntnis der Leerheit, um die es in erster Linie geht, nützen uns die Worte anderer überhaupt nichts, sie werden sogar zu einer großen Falle, und deswegen wird im Zen-Buddhismus davon abgeraten. Wir können uns ruhig mit anderen Büchern, Audio-Dateien und sonstigen Veröffentlichungen beschäftigen, aber wenn es um das Wesentliche geht, dann sollten wir uns ausschließlich auf das verlassen, was uns durch unsere eigene Anstrengung zugekommen ist.

den Mond mit einem Stock Wenn man einmal dazu gelangt ist, die Wirklichkeit mithilfe der Worte anderer Menschen zu begreifen, dann kann man sicher sein, dass diese Sicht der Wirklichkeit wieder vergehen wird. Vielleicht scheint sie uns eine ganze Zeit äußerst passend zu sein, um die Wirklichkeit zu definieren, aber wir können gewiss sein, dass wir in ein paar Jahren völlig anders über diesen Sachverhalt denken werden. Wenn sie sich allerdings auf unsere eigene Erfahrung stützt, die wir im Laufe unser Meditation gemacht haben und die immer weiter gefestigt wird, dann kann dieser Schatz nicht mehr verloren gehen und wir haben eine Erkenntnis, die unerschütterlich geworden ist.

Ekai Ekai war der Mönchsname von Meister Mumon, der ihm von seinem Meister gegeben wurde, als dieser ihn als seinen Schüler angenommen hat. Er wird im Laufe der Zeit so wichtig, dass der persönliche Name völlig in den Hintergrund tritt.

die Fälle der alten Meister Dies ist eine andere Ausdrucksweise für die Kōan, mit denen uns Meister Mumon im Folgenden belästigen wird und die uns hoffentlich eine ganze Menge an Kopfzerbrechen verursachen werden. Denn dieses Kopfzerbrechen ist ein Anzeichen dafür, dass die gewöhnliche Art des dualistischen Denkens immer mehr an Kraft verliert und wir langsam in einen Bereich kommen, in dem man von einer direkten Erkenntnis der Wirklichkeit sprechen kann.

Mumonkan Das Mumonkan ist die Sammlung dieser achtundvierzig Kōan und bedeutet wörtlich „das torlose Tor“, was darauf hindeuten soll, dass es zur Wirklichkeit des Zen-Buddhismus kein Eingangstor gibt. Man erkennt sie einfach oder eben nicht. Das Mumonkan wurde etwas später als das Hekigan Roku verfasst und stellt den einfachsten Zugang zur Kōan-Schulung des Rinzai-Zen dar, denn die Kōan und vor allem die Kommentare sind noch nicht so kunstvoll wie im Hekigan Roku. Nichts desto trotz bildet es die erste Barriere, die ein Zen-Schüler bezwingen muss, wenn er zum Kern der Absoluten Wirklichkeit vordringen will.

der achtarmige Nata Dieses Fabelwesen stammt aus der indischen Mythologie und ist ein Wesen mit drei Gesichtern und acht Armen. Er ist der Sohn von Vaisravana und einer der zwanzig Götter und Meister Engo sagt im Kōan Nr. 87 des Hekigan Roku von ihm: „Wenn er die Wut von Nada (ein anderer Name für ihn) zeigt, dann hat er drei Gesichter und sechs Arme“. Er kann also in mehreren Gestalten auftreten, wie fast alle Götter und Dämonen der umfangreichen indischen Götterwelt.

viermal sieben aus dem Westen Mit den viermal sieben sind die achtundzwanzig Patriarchen der indischen Tradition gemeint, angefangen mit dem historischen Buddha Shakyamuni bis hin zum achtundzwanzigsten Patriarchen Bodhidharma, der gleichzeitg als der erste Patriarch der chinesischen Tradition gezählt wird.

zweimal drei aus dem Osten So sind die zweimal drei dem entsprechend die sechs Patriarchen der chinesischen Linie, wieder angefangen mit Bodhidharma als dem ersten Patriarch bis hin zu Hui-neng als dem sechsten und letzten Patriarchen. Mit Hui-neng ist die Einrichtung des Patriarchats erloschen und eine neue Tradition ist entstanden, die der Dharmanachfolge, in der durch das Inka-Siegel vom Meister die Bestätigung gegeben wird, dass der Schüler denselben Grad an Erleuchtung erreicht hat wie er selber.

diese Barriere Hiermit ist die Erfahrung der Erleuchtung gemeint, in der einem die Leerheit aller Erscheinungen eindeutig und zweifelsfrei klar wird und keine Unklarheit bezüglich den Vorgängen in dieser Welt zurückbleibt.

Fall 1: Jōshū’s Mu

Das Kōan

Ein Mönch frage Meister Jōshū: „Hat ein Hund die Buddha-Natur?“

Jōshū antwortete: „Mu“.

Mumons Kommentar:

Um Zen zu meistern, musst du durch die Schranke der Patriarchen hindurchdringen. Um diese subtile Erkenntnis zu erlangen, musst du den Fluss der Gedanken völlig abschneiden. Wenn du die Schranke nicht durchschreitest und den Fluss der Gedanken nicht abschneidest, dann bist du wie ein Geist, der an Büschen und Gräsern hängt. Nun frage ich dich, was ist die Schranke der Patriarchen?

Warum ist es dies einzige Wort „Mu“. Das ist der Vordereingang zum Zen.

Deswegen wird es die „Die Torlose Schranke des Zen“ genannt.

Wenn du hindurch bist, wirst du nicht nur Jōshū von Angesicht zu Angesicht erblicken, sondern du wirst Hand in Hand mit der endlosen Reihe der Patriarchen gehen, deine Augenbrauen mit ihren verbinden, mit denselben Augen sehen, mit denselben Ohren hören. Ist das nicht eine wunderbare Aussicht? Möchtest du nicht durch diese Schranke hindurch?